Twilight in the Shadow von hatchepsut ================================================================================ Kapitel 4: Zweites Buch des Königs ---------------------------------- Von da an holte mich Atrieleges jeden Tag ab um mit mir zu trainieren und ich spürte von mal zu mal, wie mein Körper langsam zu seiner alten Kondition zurück fand. Mehr noch, ich kam an den Punkt wo ich spürte, dass ich über meine frühere Kraft hinaus gekommen war. Nach den ersten paar Tagen, suchten wir uns jedoch einen anderen Übungsplatz, als den Trainingshof der Ritter. Wir wollten ungestört sein. Uns gegenseitig aneinander heran tasten, bis sich jeder von uns sicher sein konnte, mit wem er es zu tun hatte. Zugegeben, er war ein außergewöhnliches Exemplar der Spezies Mensch. Er war unglaublich stark und Geschickt. Freundlich und Vorurteilslos, aber gleichzeitig unnachgiebig in seiner Position als König. Der geborene Herrscher und ich merkte, wie mein Misstrauen von Tag zu Tag kleiner wurde, bis es sich schließlich fast ganz aufgelöst hatte. Aber ein kleiner Teil wollte einfach nicht weichen. Ein kleiner Teil sagte mir immer wieder, dass er der Sohn des Mannes ist, der mich gefoltert hatte. Und dieser kleine Teil blieb beständig in meiner Seele. Ich hatte schon einmal jemandem bedingungslos vertraut und diese Person hatte mich verraten. Solch ein Fehler würde mir nie mehr passieren. Diesen Fehler würde ich nie mehr begehen. So vergingen Wochen, Monate, vielleicht auch ein Jahr, in denen ich bei den Menschen lebte und diese Rasse anfing kennen zu lernen. Und zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass sie sich gar nicht so arg von uns unterschieden. Wir wahren uns sogar ziemlich ähnlich und so wie ich mich an die Menschen im Schloss gewöhnt hatte, so hatten sie sich auch an mich gewöhnt und fingen an mich wie einen der Ihren zu behandeln. Ich verbrachte viel Zeit in der Gesellschaft von Atrieleges und mir wurde schon bald klar, dass ich gehen konnte wohin ich wollte. Selbst wenn ich mir ein Pferd nehmen würde, um Meridian zu verlassen, würde mich niemand aufhalten. Aber trotzdem blieb ich noch in der Stadt der Menschen. Ich glaube ich genoss dieses friedliche Leben, fern ab, von Hass erfüllten Vampiren und großen Schlachtplänen. Ein kurze Zeit des Innehaltens und des Ausruhens, in einer kriegerischen und erschütterten Welt. Und doch wusste ich, dass ich früher oder später zu Kain zurück kehren müsste. Zurück an seine Seite, als oberster General seiner Armee und vielleicht würde ich dann gegen eben jenen Ort in die Schlacht ziehen müssen, an dem ich Himmel wie Hölle gleichermaßen erlebt hatte. Wie so oft, wenn mir diese Gedanken keine Ruhe ließen, stieg ich auf das Dach der Festung und versuchte meinen Geist zu beruhigen, in dem ich mein Schwert ergriff und die Schwerthiebe in langsamen Bewegungen wiederholte. Irgendwann trat Atrieleges aus den Schatten und gesellte sich zu mir. Schweigend steckte ich das Schwert weg und wir beobachteten gemeinsam den Mond, der in seiner vollen Rundung über Nosgoth stand und das Gebiet außerhalb der Stadtmauern in einem geisterhaften Licht erstrahlen ließ. „Du bist in letzter Zeit oft hier oben. Was ist los?“ Ich schaute ihn von der Seite an und musste lächeln, unverblümt wie immer. „Ich denke nach.“ „Über uns?“ „Das auch,“ meinte ich. „Aber vor allem über unseren Stand. Ich kann nicht ewig hier bleiben Atrieleges, dass weißt du eben so gut wie ich. Ich werde bald zu ihm zurück kehren müssen und sollte er immer noch Meridian angreifen wollen, dann werden ich ihm helfen. Ich werde an seiner Seite in die Schlacht gegen deine Stadt ziehen. Und dennoch würdest du mich gehen lassen, wenn ich gehen wollte.“ Ich sah ihn von der Seite an und er nickte. „Mit ihm, meinst du Kain, oder?“ Diesmal nickte ich. „Ich verstehe es nicht Raziel. Wie kannst du so treu hinter jemandem stehen, der dich einfach im Stich gelassen hat?“ Ich schaute düster zu ihm herüber, dieses Thema hatten wir schon so oft gehabt und jedes Mal machten mich seine Wort traurig und zornig zu gleich. „Warum kannst du ihn nicht einfach vergessen und statt dessen hier bleiben?“ Ich musste lächeln. Dummer Mensch. „Wie oft soll ich es dir noch erklären Raziel? Kain würde merken, wenn ich ihn verraten würde. Er würde es merken und sich rächen wollen. Denn Kain ist Niemand, der so etwas wie Verrat vergibt und außerdem, bin ich kein Verräter! Ich werde niemals einer sein.“ Ich betrachtete wieder den Mond. „Und doch würdest du mich verraten, wenn er es dir befehlen würde.“ Ich atmete tief ein. „Ja, ich würde es tun, aber ich würde es nicht gerne tun.“ „Aber du würdest es machen! Warum? Bist du ihm den mehr schuldig als mir?“ Ich zuckte zusammen, dass hatte weh getan. „Verzeih, du bist mir nichts schuldig, vergiss was ich gesagt habe, aber du hast recht, ich würde dich ziehen lassen, selbst wenn es den Untergang von Meridian bedeuten würde. Ich würde dich gehen lassen, denn ich vertraue dir.“ Ich drehte mich zu ihm um. „Atrieleges, ich ... .“ Er brach mir das Wort mit einer Handbewegung ab. „Aber du vertraust mir nicht, ich weiß. Ich spüre es jedes Mal, wenn wir zusammen sind. Du würdest es gerne, aber du kannst es nicht.“ Er machte eine Pause. „Liegt es daran, das ich ihr Sohn bin? Der Sohn des Mannes, der dich gefoltert hat und der Sohn der Frau, die dich zu einem Jahrhunderte langem Leid verdammt hat?“ Ich sah ihn verwirrt an, aber er drehte sich weg und beobachtet wieder den Mond. „Ja, ich bin der Sohn des Königs, aber gleichzeitig auch der Sohn der Hexe. Deswegen konnte ich dich auch befreien. Ich besitze zwar nicht die Kraft, dieser Frau, aber ich bin durchaus dazu fähig, Magie anzuwenden. Hast du dich nie gefragt, warum ich der Sohn des Königs und nicht sein Enkel bin, was von der Zeitrechnung wesentlich verständlicher währe?“ Ich schwieg. „Mein Vater hatte schon immer Angst vor dem Tod gehabt und als er älter wurde, bat er die Hexe um Hilfe. Sie gewährte ihm diesen Wunsch und verlängerte sein Leben, aber die Gegenleistung war mein Vater selbst. Sie wollte seine Frau werden, um so zu noch mehr Macht zu kommen. Also heiratete mein Vater sie und eines Nachts wurde er von ihr verführt und so wurde ich geboren.“ Er ballte die Fäuste und seine Stimme wurde um einiges bitterer, als er fortfuhr. „Mein Vater verfluchte mich, er sagte, ich währe der Sohn von Dämonen und nicht sein eigenes Kind. Er wollte mich töten, aber meine Mutter erpresste ihn, sie würde den Zauber von ihm nehmen, wenn er mir etwas tun würde. So wuchs ich als der Sohn des Königs auf, immer verfolgt vom Hass und der Eifersucht meines Vaters. Er hatte Angst, dass ich ihm den Thron streitig machen würde.“ Er lächelte traurig. „Als ob mich dieser Thron jemals interessiert hätte. Aber irgendwann überschätzte meine Mutter ihre Kräfte und beschwor einen Zauber herauf, denn sie nicht mehr kontrollieren konnte. Dieser Zauber kostete sie das Leben und nach ihrem Tod begann mein Vater immer schneller zu altern. Bis er schließlich starb. Aber vorher hat er mir noch beigebracht, was es bedeutet, wenn man über jemanden absolute Macht hat und das Eigentum von jemandem ist, der einen hasst!“ Ich schwieg und ließ ihm Zeit seine Gefühle zu ordnen, aber schließlich musste ich ihm eine Frage stellen. „Warum erzählst du mir das alles?“ Er schaute mich an. „Aus einem ganz einfachen Grund.“ Damit drehte er sich um, hob sein Hemd hoch und meine Augen fielen auf einen Rücken, der gänzlich von feinen, im Mondlicht silbern schimmernden Narben überzogen war. „War er das?“ Atrieleges nickte, ließ sein Hemd wieder sinken, drehte sich um und sah mir in die Augen. „Du hast keinen Grund mir zu Misstrauen Raziel, denn wir wurden von dem selben Mann gezeichnet und werden seine Spuren ein Leben lang mit uns tragen.“ Ich sah ihn an und wusste, dass er recht hatte. Es gab keinen Grund ihm zu Misstrauen und mit jeder verstrichenen Sekunde, die wir uns ansahen, erstarb das letzte bisschen dieses Gefühls in mir, bis es wieder jemanden gab, dem ich ohne zu zögern mein Leben anvertrauen würde. „Ja, du hast recht, irgendwie hast du immer recht gehabt.“ Atrieleges nickte. „Wir haben viel gemeinsam Raziel und es stört mich nicht, dass du zu der Rasse der Vampire gehörst. Warum sollte es mich stören?“ Wieder musste ich lächeln. „Warum es dich stören solle? Nun, vielleicht weil Vampire und Menschen Todfeinde sind?“ Atrieleges lachte. „Todfeinde? Warum? Unsere Rassen sind sich so ähnlich. Nicht alle Vampire werden geboren oder erschaffen, mache sind einmal Menschen gewesen. Ebenso, wie die Seelen von Vampiren nach ihrem Tod wiedergeboren werden können, eben als Menschen. Also Raziel, warum müssen wir Todfeinde sein, wo wir doch so viel gemeinsam haben?“ Er sah mich an und ich wusste, dass ich auf diese Frage keine Antwort hatte. Ich war in die Welt, die von Kains Zorn auf die Menschen schon fast vernichtet worden war, hineingeboren worden. Ich kannte Nosgoth nicht, wie es vor Kains Herrschaft ausgesehen hatte und so konnte ich mir auch kein Urteil darüber bilden, ob Menschen und Vampire jemals etwas anderes wahren, außer Feinde. „Ich kann dir darauf keine Antwort geben Atrieleges. Weil ich die Antwort nicht weiß. Es mag sein, dass unsere Rassen sich ähnlich sind, aber weder du noch ich wissen, ob diese Rassen jemals etwas anderes wahren außer das, was sie heute sind.“ „Sie wahren es mal. Meine Mutter, die Hexe, hat es mir mal erzählt. Menschen und Vampire wahren zwar keine Freunde, aber zwischen beiden Rassen herrschte ein Einverständnis. Eine art Friedenspakt. Natürlich gab immer mal wieder Übergriffe auf beiden Seiten. Das ist normal wenn zwei Rassen so dicht bei einander leben. Aber es gab nie größere Zwischenfälle. Bis irgendwann ein Vampire alle Regeln brach und ganz Nosgoth in den Krieg stürzte. Und ich wette, du weißt wen ich meine.“ „Kain.“ „Ganz recht. Kain. Er ist die Wurzel allen Übels. Mit ihm hat es angefangen und es muss mit ihm auch enden. Er ist schuld, dass Nosgoth sich im Krieg aufgelöst hat, dass nur noch Schatten von diesem einstmals blühenden Land übrig sind. Das hängt mit den Säulen zusammen. Solange Kain Macht über sie hat, werden sie weiter verfallen und mit ihnen Nosgoth.“ „Du irrst dich Atrieleges. Es kann nicht nur an Kain liegen. Er war mal genauso Mensch wie du, oder alle in Meridian. Es muss noch einen anderen Grund geben.“ „Ach ja und welchen? Mach die Augen auf Raziel, es liegt an Kain. Wenn er verschwinden würde, dann ginge es nicht nur den Menschen besser. Auch die Vampire könnten wieder in Frieden leben.“ Ich drehte mich um und wollte gehen, wenn ich mir das noch länger anhören würde, dann würde das neu gewonnene Vertrauen, das mich mit Atrieleges verband gleich wieder zerbrechen. Aber dann bleib ich noch mal stehen. „Dies mag deine Meinung sein Mensch, aber ich denke nun mal anders und daran wird sich auch nichts ändern. Wenn du es nicht verstehen willst, dann wird es wohl besser sein, wenn ich bald aufbreche und zu meiner Rasse zurück kehre.“ Damit ließ ich ihn stehen und ging zurück in meine Gemächer. „Herr Raziel? Herr ... Herr Raziel, seid ihr wach?“ Ich griff in einer blitzschnellen Reaktion unter mein Kopfkissen und sprang kampfbereit aus dem Bett. Aber alles was sich mir entgegenstellte, war ein erschrockener Diener, der mich mit weit aufgerissenen, erschrockenen Augen ansah. „Ver ... verzeiht, wenn ich euch geweckt habe, aber der König wünscht euch in der großen Halle zu sprechen.“ Ich entließ ihn und setzte mich wieder auf mein Bett. Was war nur eben mit mir los gewesen? Als ich aufgesprungen war, fühlte ich plötzlich das wilde Verlangen zu töten. Ich war kurz davor gewesen, dem Diener die Kehle durchzuscheiden. Ich schüttelte den Kopf und steckte den Dolch wieder weg, war bestimmt nichts schlimmes, nur etwas überreizt, wegen dem Streit mit Atrieleges. Überhaupt, er wollte, das ich zu ihm in die große Halle kam? Da war doch sonst nicht so seine Art. Wenn er etwas von mir wollte, dann kam er einfach zu mir und in die große Halle würde er mich eh nicht bestellen, er wusste genau, wie ich diesen Ort hasste. Müde erhob ich mich und kleidete mich an. Irgendetwas musste geschehen sein, etwas wichtiges. Aber das würde ich erfahren, wenn ich mit Atrieleges geredet hatte. Unterwegs begegnete ich einigen Menschen, die erschrocken und verängstigt zur Seite huschten , als ich an ihnen vorbei ging. Seltsam, so hatten sie sich schon eine Ewigkeit nicht mehr benommen. Es hatte fast den Anschein, als hätten sie Angst vor mir. Schließlich ging ich die Treppe hinunter, die zur großen Halle führte und blieb auf halben Wege stehen. „Ich weiß, das ihr große Stücke auf ihn haltet Hoheit, aber wir dürfen nicht vergessen, dass er trotz allem noch ein Vampir ist. Letzte Nacht, das ist Beweis genug.“ „Schweig!“ Atrieleges Stimme schallte zornig durch die ganze Halle. „Das sind nur dumme Anschuldigungen Großminister Il`Banni. Ohne Sinn und Verstand. Es gibt keine Beweise dafür.“ „Aber bedenkt doch Hoheit. Er ist der einzige, der dafür in Frage kommt. Wer sollte es sonst gewesen sein.“ „Es gibt genügend Personen in Meridian, denen Raziels Anwesenheit hier ein Dorn im Auge ist, Großminister. Ich kenne die Gerüchte, die um ihn und mich mittlerweile in der Stadt kursieren. Sie könnten so etwas eingefädelt haben.“ „Für solche Anschuldigungen habt ihr keine Beweise Hoheit!“ Empörte sich Il`Banni. „Ebenso wenig wie ihr gegen Raziel habt, außer das er eben nun mal ein Vampir ist. Und davon gibt es viele in Nosgoth. Des weiteren, will ich davon nichts mehr hören, solange sich nichts Handfestes finden lässt. Und nun entfernt euch bitte, Großminister, ich erwarte jemanden.“ „Diesen Vampir?“ Zischte Il`Banni verachtend hinaus. „Großminister! Das habe ich überhört und nun geht!“ Einige Sekunden später bog Il`Banni um die Ecke und blieb wie angewurzelt stehen, als er mich sah. Dann senkte er schnell seinen Kopf und ging raschen Schrittes an mir vorbei. Ich brauchte mich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass er mich hasserfüllt anstarrte. Ich ging weiter und fand Atrieleges am anderen Ende der Halle, wo er vor der Freske stand, die seinen Vater und mich zeigte. Und bei dessen Anblick mich jedes Mal aufs neue eine ungute Vorahnung überkam. Genau wie in diesem Augenblick, nur war sie diesmal wesentlich stärker, als die anderen paar Male, die ich das Bild betrachtet hatte. Warum war mir bisher eigentlich nie aufgefallen, wie ähnlich Atrieleges seinem Vater sah? Aber noch bevor ich mir weiter Gedanken, über diese Gedankengänge machen konnte, drehte er sich zu mir um. Sein Gesicht, erst verstimmt und mürrisch, hellte sich etwas auf, blieb aber trotzdem ernst. „Du hast uns belauscht?“ „Es war leider nicht zu vermeiden. Was ist passiert?“ Atrieleges drehte sich um und warf noch einmal einen langen Blick auf die Wandfreske. Dann atmete er tief ein und wand sich wieder mir zu. „Heute Morgen wurden in Meridian drei Menschen tot aufgefunden. Ihnen wurde das Blut ausgesaugt.“ Ich nickte. „Und nun denken alle, dass ich es war.“ „Warst du es?“ Atrieleges blickte mich durchdringend an und ich erwiderte seinen Blick. „Nein, auch wenn mir das wahrscheinlich Niemand glauben wird.“ Atrieleges kam auf mich zu. „Ich glaube dir. Du würdest niemanden einfach grundlos töten. Das passt nicht zu dir. Außerdem war eben keine Lüge in deinen Augen zu sehen. Es wird nur schwierig sein, dass den anderen zu erklären.“ „Atrieleges, glaubst du wirklich, dass sie auf dich oder mich hören würden? Selbst wenn du ihnen Beweise lieferst, werden sie etwas finden, dass sie gegen mich verwenden können. Und wenn es nur die Tatsache ist, dass ich ein Vampir bin.“ Atrieleges schaute traurig zu mir auf. „Ich weis. Es gibt viele im Rat und in der gehobenen Bevölkerung, die etwas gegen deine Anwesenheit hier haben. Ich bin mir sogar fast sicher, dass sie das Ganze eingefädelt haben, um alle anderen auch gegen dich aufzubringen. Ich bin zwar der König, aber alleine kann ich auch nichts ausrichten, ich brauche die Unterstützung der Minister.“ Er atmete schwer aus und ich wand mich um und betrachtete die Wandmalereien. „Atrieleges, ich kann dir noch nicht mal sagen, ob ich es wirklich nicht war.“ Er drehte sich zu mir um und starrte mich an. „Als wir uns Gestern trennten, war ich unheimlich aufgewühlt und wanderte im Schloss umher. Meiner Meinung nach, lenkte ich meine Schritte dann Richtung Zimmer und legte mich schlafen, aber als ich heute Morgen aufwachte, war ich überreizt und angespannt, so als hätte ich einen Kampf hinter mir. Fast hätte ich den Diener, der mich geweckt hat die Kehle durchgeschnitten.“ „Was willst du mir damit sagen Raziel? Das du es vielleicht doch gewesen sein könntest?“ „Atrieleges, wenn wir Vampire erschaffen oder geboren werden, ergreift ein Dämon besitzt von unserer Seele. Er verleiht uns Kraft und schenkt uns ein fast unsterbliches Leben. Um es genau zu sagen, er ist eigentlich der Vampir. Die meisten von uns, versuchen ihn zu verdrängen und ein relativ normales Leben zu führen. Aber einige von uns erliegen der Versuchung, in die dieser Vampir sie führt. Und jene werden zu Gewissenlosen Bestien, die alles töten was sich ihnen in den Weg stellt.“ Ich machte eine Pause. „Normalerweise, zeigt sich der Vampir in uns nicht. Wenn wir ihn einmal besiegt haben, spüren wir ihn gar nicht mehr und genau darin liegt die Gefahr. Wenn wir kämpfen oder dem Tod nahe sind, steigt er aus den Tiefen unsere Seelen empor und manchmal übernimmt er die Oberhand über unser handeln, denn er will um jeden Preis überleben. Das ist das einzige Ziel seiner Existenz.“ „Was willst du mir damit sagen?“ „Wenn dieses Wesen von uns besitz ergriffen hat und es uns soweit gelenkt hat, dass sein Ziel erreicht ist, verschwindet es wieder, aber manchmal können wir uns nicht mehr dran erinnern, was geschehen ist, wenn es und steuert.“ „Das heißt also, dass du oder das Wesen in dir, die Menschen umgebracht haben könnte, ohne das du davon etwas weißt?“ Ich nickte. „So ist es.“ „Da hört ihr es!“ Il’Banni kam die Treppe herunter, gefolgt von den anderen Minister. „Der Vampir gibt es sogar selber zu, dass er es gewesen war. Ich verlange, dass man ihn zum Schutz der Bevölkerung sofort hinrichtet!“ Atrieleges stellte sich zwischen ihn und mich. „Was geht hier vor Il’Banni? Ich verlange sofort eine Erklärung von euch!“ Aber anstatt zu Antworten, drehte er sich zu den anderen Ministern um. „Ihr habt es alle mit eigenen Ohren gehört. In diesem Vampir steckt ein Dämon, den er nicht unter Kontrolle hat und der erbarmungslos alles nieder Metzelt, was ihm in den Weg kommt! Können wir verantworten solch einen Dämon frei herum laufen zu lassen?“ Die Minister nickten zustimmend und ich spannte meine Muskeln an. Wenn dieser Kerl sich einbildete, dass er so leicht Herr über mich werden würde, dann sollte er eine böse Überraschung erleben. „Il’Banni!“ Erklang Atrieleges Stimme ungerührt. „Nicht nur, dass ihr meinen Befehl missachtet habt, ihr habt mich auch noch belauscht und als währe das nicht schon genug, habt ihr auch noch die Unverschämtheit, einen Gast von mir anzugreifen und seine Worte in das genaue Gegenteil zu verdrehen? Sagt mir, wollt ihr eure Position so leichtfertig aufs Spiel setzen?“ „Nicht ich bin es Hoheit, der seine Position aufs Spiel setzt! Sondern ihr! Bedenkt, dass ihr nur mit dem Rat der Minister herrschen könnt. Ihr beherbergt einen Todfeind bei euch im Schloss. Das allein, ist nach dem Gesetz eures Vaters schon eine Todsünde und nun, wo er selbst sogar gesteht, dass er ein Mörder ist, nehmt ihr ihn auch noch in Schutz. Bedenkt eure Position Hoheit! Oder ist euch dieser Blutsauger am Ende mehr wert, als euer eigenes Folk?“ Ich spürte, das Atrieleges sich sehr zusammen nehmen musste, um ruhig zu bleiben.. „Il’Banni! Dies ist meine Herrschaft und nicht die meines Vaters. Dieser Vampir ist Gast in meinem Haus und als solcher steht er unter dem Schutz des Gastrechtes!“ „Ja, aber jeder Gast hat die Verpflichtung sich den Gesetzten des Hauses zu beugen und nicht dagegen zu verstoßen! Außerdem wurde dieser Vampir von eurem Vater verurteilt und eingesperrt und ihr habt ihn einfach befreit. Das verstößt auch gegen das Gesetz! Hinzu kommt noch, dass diese Freske an der Wand beweist, dass er gegen die Menschen gekämpft hat und somit ein Feind unseres Reiches ist. Ich sage, er muss nach dem Gesetz verurteilt und die Strafe sofort vollzogen werden!“ In diesem Moment platzte Atrieleges der Kragen. Er trat nach vorne und Packe Il’Banni bei seiner Robe. „Ich sage? Was heißt hier ich sage? Ich bin immer noch der König und solange ihr keine Beweise vorlegt, wird Niemand diesen Vampir auch nur angreifen! Habt ihr das verstanden?“ Il’Banni riss sich mit einer entschlossenen Geste los. „Ihr vergesst euch Hoheit! Ein angriff auf einen Minister ist genauso strafbar, wie der Hochverrat, den ihn begangen habt, als ihr einen Feind eures Volkes in eurem Haus aufgenommen habt.“ Er drehte sich zu den Ministern um. „Ihr habt es eben alle gesehen, der König hat mich eben angegriffen,“ er wendete sich wieder zu Atrieleges. „Und so klage ich euch hier vor allen Minister des Hochverrates an eurem Volk an! Aber ich will milde sein, ihr habt euch von dem Zauber des Vampirs beeinflussen lassen und seit nicht mehr Herr eurer Gedanken, deswegen will ich euch euer unüberlegtes handeln verzeihen, aber diese Kreatur, die euch verhext hat verurteile ich hiermit zum sofortigen Tode!“ Er drehte sich zu den anderen Ministern um. „Da stimmt ihr mir doch zu?“ Die Minister nickten zustimmend und Il’Banni drehte sich, mit einem überlegenen Lächeln wieder zu Atrieleges um. „Ihr seht Hoheit, dass der Rat beschlossen hat milde walten zu lassen, aber ihr müsst euch sofort von diesem Dämon befreien, der euren Verstand umnebelt und euch gegen euer eigenes Folk aufgebracht hat!“ Atrieleges trat auf Il’Banni zu und beugte sich über ihn. „Jetzt hör mal zu du aufgeblasener, kleiner ... .“ Ich legte ihm die Hand auf die Schulter und hielt ihn mit einem sanften Druck zurück. Dann wand ich mich an Il’Banni und die Minister. „Hört mir zu. Weder habe ich euren König verhext, noch habe ich einen der Eurigen letzte Nacht getötet. Ich verstehe, dass ihr mir nicht traut, dass würde ich an eurer Stelle auch nicht tun. Aber ihr solltet auch bedenken, was sich Il’Banni in den letzten Minuten herausgenommen hat. Er hat euren König angeklagt und ihn beleidigt. Aber hat euch euer König jemals Anstoß gegeben an seiner Führung zu zweifeln?“ Ich machte eine Paus um meine Worte wirken zu lassen. „Ihr als Minister habt die Aufgabe, eurem König zur Hand zu gehen und ihn in seinen Entscheidungen zu unterstützen und zu beraten. Ebenso habt ihr das Recht ihn zu kritisieren. Aber Niemand sollte die Autorität des König so untergraben, wie es eben dieser Minister hier getan hat. Wenn euer König nun den Vorderrungen Il’Bannis nachgeben würde, glaubt ihr dann nicht auch, dass immer mehr Leute glauben würden, sie könnten den König erpressen? Die Frage ist was ihr wollt, wollt ihr einen König der Stark ist und zu seinem Wort steht, oder wollt ihr einen schwachen, erpressbaren König, der schon bei den ersten Anzeichen von Schwierigkeiten alles anderen überlässt?“ Die Minister nickten zustimmend. „Und noch etwas möchte ich euch sagen. Einige von euch wissen nicht wer ich bin. Ich bin Raziel, Erstgeborener Sohn Kains und oberster Statthalter. Meine Stellung ist gleichzusetzen mit der eines eurigen Prinzen. Was glaubt ihr wird passieren, wenn Kain erfährt, dass ihr mich zum Tode verurteilt habt?“ Ich sah Gesichter erbleichen und hörte Stimmen, die sich leise unterhielten. „Dies soll keineswegs eine Drohung sein, ich möchte euch nur davor bewahren, einen großen Fehler zu begehen. Hinzu kommt noch, dass ich in diesem einen Jahr, in dem ich bei den Menschen gelebt habe, eure Rasse kennen lernen durfte. Und meiner Meinung nach, haben wir mehr gemeinsam als nur unser Aussehen und deshalb haben Atrieleges und ich beschlossen, dass ich Morgen aufbrechen werde, um zu meinem König zurück zu kehren und ihm ein Friedenangebot zu unterbreiten. Mir ist egal wie ihr euch entscheidet, aber seit versichert, dass ich mich weder eurem Gericht noch einem andern Urteil das Menschen über mich fällen freiwillig beugen werde.“ Damit drehte ich mich herum und verließ die Halle. Kaum war ich um die erste Ecke gebogen, hörte ich es hinter mir heftig anfangen zu diskutieren und ich war mir sicher, dass sie mich gehen lassen würden. Il’Banni hatte versucht mit einem geschickten Schachzug gleichzeitig mich und den König los zu werden. Aber da hatte ich ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich war solche Spielchen gewohnt und wusste, wie man damit umgehen musste. Menschen und Vampire hatten wirklich sehr viel gemeinsam. Langsam lenkte ich meine Schritte Richtung Dach. Ich musste raus aus diesem Gebäude, in dem die Luft nach Verrat roch. Es war mittlerweile Zeit zum Abendessen geworden, aber ich blieb auf dem Dach sitzen. Zurück wollte ich nicht. Ein zurück gab es nun auch nicht mehr. Ich hatte keine Angst davor morgen aufzubrechen, aber ein ungutes Gefühl rief der Aufbruch doch bevor. Ich war hundert Jahre meiner Rasse fern geblieben und in dieser Zeit konnte sich viel geändert haben. Und ich war mich auch nicht sicher, wie mich meine Brüder empfangen würden und wie Kain reagieren würde, wenn ich plötzlich wieder bei den Säulen auftauchen würde. Es gab einfach zu viele Ungewisse, die ich berücksichtigen musste, die sich aber nicht klar einordnen ließen, um absolut sicher zu sein, dass meine Reise gut verlaufen würde. Eine Zeit lang hatte ich mit dem Gedanken gespielt, dass ich immer noch nach Meridian zurückkehren könnte, wenn mein eigenes Volk nicht mehr zu mir passen würde. Aber diese Idee hatte ich sehr schnell wieder verworfen und die heutigen Geschehnisse hatten mir wieder einmal gezeigt, dass Atrieleges Verhalten immer noch die Ausnahme war. „Raziel?“ Ich drehte mich zu ihm um. „Hier.“ Er kam auf mich zu und langsam wuchs sein Schatten vor mir empor. „Du hast dich also entschieden?“ Ich nickte. „Du siehst doch selbst, dass meine Anwesenheit hier nur Schaden nach sich zieht. Wenn ich es mir recht überlege, dann weile ich schon viel zu lange unter den Menschen. Es wird wirklich Zeit, dass ich mich zu meiner Rasse zurück begebe. Das haben mir die heutigen Ereignisse deutlich gezeigt.“ „Es war eine gute Rede, die du gehalten hast. Besser hätte das wohl niemand hin bekommen. Sie haben sich entschieden dir freies Geleit aus der Stadt zu geben. Allerdings konnte ich sie nicht davon abhalten, auf Il’Bannis Geheiß hin dich aus Meridian zu verbannen.“ Seine Stimme wurde bitter. „Wir werden uns wohl nie wieder sehen, Raziel.“ Ich musste lächeln. Dummer Mensch. „Es war ein Traum Atrieleges, nichts weiter. Menschen und Vampire mögen sich vielleicht ähnlich sein, aber sie werden wohl immer Todfeinde bleiben. Und jetzt fang bitte nicht wieder mit deiner Theorie an, dass wir es werden könnten, wenn Kain tot ist. Ich will mich nicht an diesem letzten Abend mit dir streiten.“ „Es war ein schönes Jahr, Raziel. Du hasst mir viel über das Herrschen bei gebracht und mir auch in vielen Dingen die Augen geöffnet. Ich bedaure es, dass du gehen musst.“ „Auch ich habe viel von dir gelernt Mensch. Aber irgendwann geht jeder Traum zu Ende und niemand weiß, was die Zukunft uns bringen wird. Vielleicht, stehen wir uns schon nächstes Jahr auf einem Schlachtfeld gegenüber und müssen beide bedenken, wem unsere Treue gilt.“ Ich drehte mich um und wollte gehen. Ich mochte diesen Menschen aufrichtig. Und genau das war der Grund, warum ich jetzt gehen musste. Er war ein Mensch. Ich ein Vampir. Eine schwierige Kombination ohne Zukunft. Das hatten wir beide gewusst und trotzdem waren wir das Wagnis eingegangen. „Warte Raziel. Was hältst du davon, wenn wir uns noch mal an einander messen?“ Ich nickte. „Auch mich würde es reizen, noch ein letztes mal gegen dich anzutreten. Ich werde mein Schwert holen.“ „Das ist nicht nötig. Hier fang.“ Er warf mir eine Klinge zu, die er in der Hand hielt. Ich fing sie auf und zog sie aus der Scheide. Sie lag fast gewichtslos in der Hand. Perfekt ausbalanciert und unglaublich scharf. Ihre Klinge glänzte silbern im Mondlicht und ich bewunderte ihren Goldenen Griff, der einfach und doch unglaublich Kunstvoll war. Dann erinnerte ich mich. „Das ist doch dein Schwert, dass das du mir vor unserem ersten Kampf gezeigt hast.“ Atrieleges schüttelte den Kopf und zog ebenfalls seine Klinge, die derjenigen., die er mir gegeben hatte zum verwechseln ähnlich sah. „Nein, es ist der Bruder meiner Klinge. Vor einigen Jahren war ein sehr alter Schmiedemeister bei uns im Schloss und ich ließ mir von ihm zwei gleiche Klingen schmieden, warum weiß ich bis heut noch nicht. Als er mir die Beiden Schwerter übergab, meinte er, dass er sie aus ein und dem selben Stück Metall geschmiedet hätte und das die eine der anderen in nichts nach stehen würde. Sie währen Brüder, geschmiedet für Brüder.“ Er machte eine Pause und beobachtete sein Schwert. „Ich möchte dir diese Klinge schenken, denn ich kenne niemanden, der dieses Schwert mehr verdienen würde, außer dir.“ Ich ließ meine Augen nochmals über diese kunstvolle Waffe gleiten. Es war wirklich eine einzigartige Klinge und ich nickte, dann stellte ich mich in Position. „Also gut Mensch, dann zeig mir mal wie gut du geworden bist.“ Atrieleges lächelte und hob sein Schwert. „Diesmal werde ich es dir nicht so einfach machen Raziel.“ „Na los, greif an!“ Aber entgegen der ganzen Kämpfe die wir vorher hatten blieb er stehen und überließ mir den ersten Schlag. Also gut, wenn du es so haben willst. Ich sprang nach vorne und mein Schwert beschrieb einen weiten Kreis, der ihm den Kopf von den Schultern hätte trennen können. Aber Atrieleges ließ mein Schwert abgleiten und vollführte aus der selben Bewegung heraus einen Schlag nach meinen Beinen. Ich sprang zurück und er setzte sofort nach. Ich parierte seine Schläge und griff aus den gleichen Bewegungen heraus wieder an, konnte aber keinerlei Treffer verbuchen. Egal was ich mir einfallen ließ, er war mir immer einen Schritt voraus Aber genauso wenig ließ ich mich treffen. Es war der Kampf zweier gleichwertiger Gegner und je länger er dauerte um so mehr steigerte ich mich hinein. Ich spürte nichts mehr. Nahm nur noch das schrille klirren der Schwerter war, die sich aneinander rieben und sich wieder trennten, nur um im nächsten Augenblick wieder erbarmungslos aufeinander einzustechen. Es gab nichts mehr für mich. Keinen Wind, keine Nacht, kein Morgen und kein Gestern. Mein Kreis zog sich immer weiter zusammen, bis ich nur noch meinen Gegner wahr nahm. Jede einzelne Bewegung von ihm mit fast übernatürlichen Sinnen erkannte und reagiert, wieder agierte und reagierte, bis ich das Gefühl hatte, dass nicht mehr nur Blut durch meine Adern floss, sondern Adrenalin. Es war ein herrliches Gefühl, schon so lange nicht mehr vernommen und fast übermächtig, dieses wilde Gefühl, alles zu können und jeden zu besiegen. Ich mochte früher gut gewesen sein. Jetzt war ich besser. Und mit jedem verflogenen Schlag, mit jeder fehlgeschlagenen Attacke wurde ich stärker, bis ich mit einem gut gezielten Schlag meinem Waffengegner das Schwert aus der Hand schlug. Ja, ich hatte gewonnen. Der Sieg war mein. Ich wirbelte um die eigene Achse um den Kampf zu beenden und in jenem Augenblick wurde mir klar, was ich im Begriff war zu tun und bremste die Drehung nur wenige Zentimeter vor Atrieleges Kehle ab. Erschöpft und verwirrt wich ich zurück. Was war das eben nur gewesen? Solch einen Kampfrausch hatte ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr verspürt, diese unwiderrufliche Verlangen zu töten und den Gegner nieder zustrecken. Atrieleges atmete tief ein, dann beugte er sich nach seinem Schwert und steckte es weg. „Verloren, wie die ganzen anderen Male davor. Gegen dich werde ich wohl nie gewinnen.“ Auch ich steckte mein Schwert weg. „Du bist aber immer besser geworden. Ich habe es von mal zu mal immer schwerer gehabt dich zu besiegen und am Anfang hast du mich ja auch ein paar mal geschlagen.“ Atrieleges lächelte bitter. „Aber nur, weil du noch nicht Herr deiner Kräfte warst. Es war ein schöner Kampf heute, ich werde sie vermissen wenn du weg bist. Es gibt hier niemanden außer dir, der mich besiegen kann.“ Ich nickte. „Ich werde mich jetzt zurück ziehen Atrieleges, ich werde morgen sehr früh aufbrechen. Es ist ein weiter Weg bis zu den Säulen. Und ich will als einfacher Vampir reißen, weil ich nicht weiß, wie sich meine Rasse verändert hat.“ Ich drehte mich um. „Raziel.“ „Ja?“ „Morgen werde ich dich leider nur rein offiziell verabschieden können, deshalb nimm jetzt meine Hand Freund und lass dir sagen, dass ich dich nicht vergessen werde.“ Ich ergriff sie. „Leb wohl Atrieleges.“ Damit drehte ich mich um und verschwand in den Schatten des Daches. Der nächste Morgen kam und ich erwachte, noch bevor die ersten Sonnenstrahlen durch meine Fenster fielen. Ich stand auf und öffnete eins von ihnen und der frühe Morgenwind wehte mir ins Gesicht, als ich zum letzten mal auf die mir vertraute Silhouette der Stadt schaute. Es war der selbe Anblick, wie nach meiner langen Gefangenschaft, nur dass sich die meisten Häuser noch in den Schatten der Nacht versteckten. Ich drehte mich um und griff nach meinen Kleidern, streifte ein Kettenhemd über und legte einen leichten Harnisch an, den mir Atrieleges geschenkt hatte. Dann nahm ich die Klinge, band sie mir um und legte einen Mantel an. Ich öffnete die Tür und warf noch mal einen Blick zurück in das Zimmer. Ich musste langsam aufhören, dem Vergangenen nachzutrauern und musste mich wieder daran erinnern, dass ich ein Vampir und kein Mensch war. Im letzten Jahr hatte ich zu viele der menschlichen Sitten übernommen. Ich musste mich wieder an das erinnern, was ich war. Ich schloss die Tür wieder und ging zum Fenster und mit einem lautlosen Sprung ließ ich mich vier Stockwerke tief in den Innenhof des Schlosses gleiten. Ich schlich mich über die freien Plätze zu den Stallungen, wo die meisten Pferde schon nervös wieherten, als sie mich witterten. Nur eines kam mir ohne scheu entgegen und rieb seinen Kopf an meiner Schulter. Ich tätschelte ihm den Hals und fing an es zu satteln. Es war ein schöner, schwarzer Hengst, der mir schon bei meinen ersten Ausflügen zu den Stallungen, wegen seinem Temperament und seiner wilden Art aufgefallen war. Atrieleges erzählte mir, dass er niemanden in seine Nähe gelassen hätte, außer mir, als hätte er gespürt, dass ich genauso wie er, nicht hier her gehörten und hatte mir den Hengst kurzerhand geschenkt. Ich führte ihn aus den Stallungen und wollte mich schon in den Sattel schwingen, als Atrieleges gefolgt von Il’Banni und noch einigen Ministern aus dem Schatten der Festung auf mich zutraten. Atrieleges reichte mir das Schreiben an Kain, von dem wir beide wussten, dass es nichts bringen würde. Ich nahm es entgegen und nickte ihm zum Abschied zu. Dann schwang ich mich auf den Rücken von Midnight, wie ihn die Menschen genant hatten und drehte Meridian den Rücken zu. Midnights Hufe hallten hohl in den lehren Strassen der Stadt, als ich ihn durch die engen Gassen lenkte und schließlich durch das Stadttor und zum ersten mal seit hundert Jahren betrat ich wieder den Boden von Nosgoth. Kaum wahren wir über die Zugbrücke ließ er ein befreites wiehern hören und ich ließ ihm seinen Willen, als er von alleine los galoppierte, der neu gewonnenen Freiheit entgegen. Auf einem der Hügel hielt ich ihn an und blickte noch einmal zurück. Meridian lag dunkel im Schatten des Berges, eingehüllt von Nebel, wie ein Geschöpf aus einer anderen Welt. Unwirklich und unantastbar. Plötzlich wurde mir bewusst, dass dies genau die selbe Stelle war, an der ich vor hundert Jahren gestanden hatte und auf die selbe Silhouette herabgeblickt hatte. Und, wie um meine Worte zu bestätigen, schoss die Sonne über den Berg und tauchte den Hügel auf dem ich stand in gleißend helles Licht. Ich schloss geblendet die Augen und als ich wieder aufblicken konnte, war sie schon ein kleines Stück weiter gezogen. Aber am höchsten Punkt von Meridian glitzerte etwas in den frühen Sonnenstrahlen und auch ich zog mein Schwert und hielt es der Sonne entgegen. Ich war mir sicher, dass er es sehen würde. Midnight bäumte sich auf und wir drehten Meridian entgültig den Rücken zu. Einer Stadt, in der es Freude wie Leid gab, Verzweiflung wie Hoffnung und eine Rasse, der die Zukunft gehören würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)