Twilight in the Shadow von hatchepsut ================================================================================ Kapitel 3: Erstes Buch des Königs --------------------------------- Wann es passierte weiß ich nicht mehr, ich weiß auch nicht mehr wie es passierte. Aber alles was ich wusste, war das ich nach einer Zeit, die mir unendlich vor kam, etwas spürte. Etwas spürte, von dem ich nicht mehr zu hoffen gewagt hatte, das es jemals wieder geschehen würde. Menschen. Menschen näherten sich meinem Grab. Ich spürte sie am Rande meines Bewusstseins. Denn wach war ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gewesen. Ich hörte wie sie den Riegel von der Tür entfernten und bemerkte das Licht durch meine geschlossenen Augenlieder. Licht in dieser ewigen Dunkelheit. Leise Geräusche verrieten mir, das sie miteinander sprachen. Dann ein lautes Quietschen, als sich die Ketten in Bewegung setzten, die meinen Käfig hielten und ein lauter Ruck, als er auf dem Boden aufsetzte. Hände die sich an meinem Hals zu schaffen machten und nach so langer Zeit das Eisen von ihm entfernten. Dann ein erneutes Quietschen, als der Käfig geöffnet wurde und wieder Hände, die nach mir griffen und mich aus meinem Gefängnis zogen und mich sacht auf den Boden ablegten. Dann eine starke Präsenz die sich mir näherte. Stärker als die anderen in dem Raum und langsam öffnete ich, nach einer Ewigkeit, die Augen und sah auf die Beine einer Gestallt, die sich zu mir herunter beugte und nach meinen Armem griff und mit einem Ruck die Stifte aus den Schellen zog. Verwundert sah ich auf meine freien Hände hinab und auf die Wunden die sich unendlich langsam zu schließen begannen. Und zum ersten mal, seit es die Zeit gab, so glaubte ich, bewegte ich mich. Stützte mich auf die Arme und sah zu der Person auf, die mich befreit hatte. Ein junger Mann, gekleidet in eine lilane Rüstung, sah auf mich herab. Er wirkte edel und ich wusste, das dieser Mensch etwas besonderes war. Ich spürte es an einer unsichtbaren Aura die ihn umgab. Und zum ersten mal, seit ich als Geschöpf der Nacht geboren wurde, sah ich in ein Gesicht, dass mich nicht mit Hass betrachtete. Das mich mit Augen ansah, als währe ich einer von seines Gleichen. Aber so kurz der Augenblick auch war, in dem ich mich aufgerichtete hatte, soviel Kraft hatte er mich gekostet und ich viel zurück auf den Boden und schwebte in der Wiege zwischen Schlaf und dem erwachen aus einem langem, unendlich langem Traum. Ich war frei! Langsam erwachte ich aus der Ohnmacht, die von mir besitz ergriffen hatte. Zum ersten mal seit einer Ewigkeit, erwachte ich wirklich und fand mich in einem Bett wieder. Ich konnte es immer noch nicht glauben. Ich war frei. Nach einer unendlichen Zeit, sah ich zum ersten mal wieder das Licht der Sonne, als ich meinen Kopf drehte und aus dem Fenster sah. Langsam richtet ich mich auf und fuhr mir mit den Händen über das Gesicht und durch die Haare. Dann schlug ich die decke zur Seite und richtete mich vorsichtig auf. So wie es aussah, hatten man mich gereinigt und versorgt. Ich griff nach der Hose, die über der Lehne eines Stuhles hing und zog sie an. Dann stand ich langsam auf. Spannte die Arme an und bewegte mich vorsichtig durch das Zimmer. Am Anfang war es noch schwierig. Aber schnell gewöhnten sich meine Beine und Muskeln wieder an die Belastung und ich ging zum Fenster. Meridian lag unverändert vor mir und weiter draußen konnte ich die Bäume sehen und das Grass, wie es sich im Wind wiegte. Wie lange ich wohl eingesperrt war? Ich hob meine Hand um das Fenster zu öffnen, auch wenn ich davon ausging, dass er verriegelt war. Aber das war es nicht. Wer auch immer mich befreit hatte, er war sich sicher, dass ich nicht verschwinden würde. Und damit hatte er recht. Ich zog das Fenster auf und ein schon lang vergessener Duft wehte durch das Zimmer. Es war der Duft des Windes, der Duft der Natur, ja selbst der Duft der Stadt war mir willkommen. Ich beugte mich aus dem Fenster und genoss das Gefühl, als die leichte Brise über meine Haut strich und durch meine Haare fuhr. Es mir um den Kopf wehte und ich dessen Bewegungen spürte. Langsam zog ich mich wieder in das Zimmer zurück und blieb einfach am Fenster stehen. Genoss die Strahlen der Sonne, die herein schienen und meine Haut wärmten. Es war ein wunderbares Gefühl des Lebens. Ein Gefühl, dass ich vergessen hatte. Dann hörte ich wie jemand hinter mir das Zimmer betrat, aber wer auch immer er wahr. Er konnte warten. Nichts würde mir dieses Gefühl verderben. Nichts. Ich stand einfach weiter am Fenster und schloss die Augen. Versuchte alles zu vergessen und einfach nur die wieder erwachten Gefühle wahr zu nehmen. Ich weiß nicht wie lange ich so dagestanden hatte, aber irgendwann trat der Unbekannte neben mich und ich erkannte aus den Augenwinkeln, dass es der Mensch war, der mich befreit hatte. Aber er blickte nicht zu mir herüber und sagte auch nichts, sondern sah einfach nur aus dem Fenster, wofür ich ihm sehr dankbar war. Er war jung. Vielleicht Mitte zwanzig, hatte kurze, schwarze Haare und wache, willensstarke Augen. Sein Gesicht war hübsch, zumindest für einen Menschen. Es wirkte edel und stark. Kein Zweifel, er musste ein Prinz oder Ritter sein. Auf keinen Fall ein einfacher Soldat. Meine Augen wanderten wieder aus dem Fenster. Ich würde wohl noch genügend Zeit haben, mich mit ihm zu beschäftigen, aber jetzt wollte ich einfach nur das wieder entdeckte Leben genießen. Wenn ich doch nur wüsste, wie lange es her war, dass ich solche Gefühle empfunden hatte. „Es wahren hundert Jahre.“ Ich drehte mich zu ihm um und auch er sah mich an. „Verzeih, aber die Frage hang gerade zu in der Luft.“ Ich schaute ihn an und er musterte mich ebenso. Aber nicht mit, vor Hass oder Angst, erfüllten Augen. „Ein ganzes Jahrhundert?“ Er nickte und schaute wieder aus dem Fenster. „Ja, soviel Zeit ist vergangen, seit dich mein Vater eingesperrt hat.“ Auch ich drehte mich wieder um. Er war also der Sohn des Mannes, der mich zu jenem Leid verdammt hatte. Eigentlich hatte ich bei dieser Nachricht erwartet, dass in mir wieder Gefühle wie Hass oder auch Zorn entstanden, aber es geschah nicht. „Mein Name ist Atrieleges. Ich bin der neue König von Meridian.“ Ich trat vom Fenster zurück. „Du weiß was ich bin und hast doch keine Angst vor mir?“ Ich sah ihm direkt in die Augen. Wenn er mich anlog, würde ich es merken. „Du bist ein Vampir, ja, ich weiß es. Aber warum sollte ich Angst vor dir haben?“ Er erwiderte meinen Blick, ohne scheu oder Angst. „Ich könnte versuchen zu fliehen, oder über dich herfallen.“ Atrieleges schüttelte den Kopf und wandte mir den Rücken zu. „Das könntest du, aber du wirst es nicht. Du warst ein Jahrhundert lang eingesperrt. Versteh mich nicht falsch. Ich will damit nicht sagen, dass du schwach bist. Aber selbst einer von deiner Art, erholt sich nicht so schnell. Außerdem würdest du es auch nicht tun, selbst wenn du es könntest.“ Er drehte sich wieder um. „Woher willst du das wissen?“ Dieser Mensch war erstaunlich. In all den Jahrhunderten, in denen ich gegen die Menschen und Herrscher gekämpft hatte, war mir noch nie Jemand wie er begegnet. „Wenn du mir dein Wort gibst, dann zeige ich dir, was ich meine.“ „Und woher willst du wissen, dass ich mich an mein Wort halte?“ „Du wirst es halten. Du bist kein einfacher Vampir. Du hast Ehre, das findet man heute nur noch selten, unter deines, wie unter meines Gleichen. Deshalb wirst du dich an dein gegebenes Wort halten.“ Wirklich ein erstaunlicher Mensch. „Gut Mensch, du hast es.“ Atrieleges lächelte. „Ich werde dir etwas zum Anziehen bringen lassen und ich dann später abholen.“ Mit diesen Worten verschwand er. Die Tür ließ er offen. Ich sah ihm noch kurz hinterher. Ehre, das traf aber auch auf ihn zu. Er war stark, das fühlte ich an seiner Aura. Ein geborener Herrscher ohne irgendwelchen Zierrat, wie bei seinem Vater. In ihm erkannte man den König wenn man ihn sah. Ich drehte mich wieder zum Fenster um und blickte hinab auf meine Hände. Langsam strich ich mit den Fingern über dir runden Narben, die deutlich oben und unten auf meinem Handgelenk abgezeichnet wahren. Narben. Ich trat vor dem Spiegel in meinem Zimmer und drehte ihm den Rücken zu. Wie ich es erwartet hatte. Über meinen Rücken zog sich ein Netz dünner Narben und an den Schulterblättern zeichneten sich ebenfalls die Narben der Pflöcke ab. Ich berührte sie. Ein Vampir mit Narben. Da war ich bestimmt der Einzige in meiner ganzen Rasse. Meine Rasse. Wie es ihnen wohl ergangen war? Und was machten meine Brüder und Kain? Hoffentlich würde Atrieleges mir auf dies Fragen antworten können. Ich musste wissen, was die letzten hundert Jahre geschehen war. Ich fühlte das jemand vor meiner Tür stand. „Komm rein.“ Ein junges Mädchen steckte schüchtern den Kopf durch den Türspalt. „Ich wollt nicht stören Herr, aber ich soll euch diese Gewänder bringen und ... und... .“ „Leg sie da hin.“ Das Mädchen gehorchte und verschwand dann wieder. Offenbar war Atrieleges verhalten die Ausnahme. Ich stand auf und nahm mir die Kleider. Es wahren lange Gewänder, mit schönen Stickereien und einem Gold beschlagenem Gürtel. Ähnlich den Kleidern, die Atrieleges getragen hatte. Ich zog sie an und stellet fest, das sie passten. Kein Wunder, Atrieleges und ich wahren fast gleich groß. Danach wandte ich mich wieder dem Fenster zu und genoss erneut die Aussicht. Es dauerte nicht lange, bis er schließlich zurück kehrte und ich mit ihm durch die Gänge der sarafanischen Festung lief. Unterwegs begegneten wir vielen Menschen, die mich alle halb neugierig, halb ängstlich beäugten. Offenbar war es kein Geheimnis, dass ich ein Vampir war. Um so mehr verstand ich nicht, warum die Meisten bei meinem Anblick so ruhig blieben. „In den letzten achtzig Jahren ist es um euch ziemlich ruhig geworden.“ Atrieleges schaute zu mir herüber. „Nach der großen Schlacht um Meridian die, die Vampire verloren, zogen sie sich nach Norden zu den Säulen zurück. Hier bei uns im Süden sieht man nur noch selten welche von euch und wir haben Angefangen, wieder ein einigermaßen normales Leben zu führen. Natürlich sind wir nach wie vor auf der Hut, aber es ist einfach still um euch geworden.“ „Ihr werdet immer zu unvorsichtig, wenn ihr eine Zeit lang nichts von euren Feinden hört, das ist schon immer eure größte Schwäche gewesen.“ „Mag sein, aber so sind wir Menschen nun mal.“ Er grinste. „So, da sind wir.“ Ich blickte mich um. Wir waren in einer größeren Halle, in deren Mitte sich ein Springbrunnen befand und die durch Treppen in mehrer Ebenen unterteilt war. An den Wänden wahren Fresken verteilt die, die verschiedenen Geschichten dieses Landes und ihrer Herrscher erzählten. Und eine Freske zog sofort meine Aufmerksamkeit auf sich. Es war die Größte, an der Stirnseite des Raumes. Sie zeigte Kain, wie er von einem Felsen gestoßen wurde, den Soul Reaver fallen lassend, und von einem monströsen Sarafankrieger geschlagen wurde. „Wer ist das?“ Atrieleges trat neben mich. „Sein Name war Lord Sarafan, wer er genau war, weiß niemand. Er war über zwei Jahrhunderte Anführer der Sarafanbruderschaft, bis er schließlich auf unerklärliche weiße verschwand.“ Eine weile schaute ich mir das Bild noch an, auf dem ich Kain zum ersten mal als jungen Vampir sah. Damals hatte er noch die selbe Ähnlichkeit mit den Menschen wie meine Brüder und ich. Dann ging ich weiter an den Fresken entlang und blieb schließlich vor einem weitern stehen, das einen Vampir am Boden zeigte und den alten König, wie er über ihm stand und ihm das Schwert an die Kehle hielt. Es war ein neueres Bild. Das konnte ich sehen. Langsam streckte ich meine Hand danach aus und strich über den am Boden liegenden Vampir. „Das bin ich.“ „Ja, das war der Grund, warum ich wollte, das du mit mir hier her kommst.“ Er war hinter mich getreten und ich machte einige Schritte zurück, um das Bild in seiner Ganzheit zu betrachten. „Er hat dich nicht so besiegt, oder?“ Ich schüttelte den Kopf. „Dachte ich mir. Mein Vater war nie so stark, wie er es gerne gewesen währe. Er hätte es nie geschafft, den ersten Sohn von Kain so zu besiegen.“ Ich drehte mich um und zog eine Augenbraune hoch. „Ja, ich weiß wer du bist Raziel. Oberster General von Kain. Ich habe nach gelesen, was damals geschehen ist.“ Er kam etwas näher. „Allerdings hab ich es nie so richtig glauben können. Dann vor einiger Zeit sagte mir mein Vater auf dem Sterbebett, dass er in seiner Jugend einen fürchterlichen Vampir besiegt hatte. Ein monströses Wesen, dass er in den Kellern dieser Festung einmauern ließ. Dazu verurteilt, auf ewig zu leben und niemals sterben zu dürfen.“ Atrieleges drehte sich zu mir um. „Er warnte mich davor dich zu befreien, du würdest schreckliches Unheil über das Land bringen. Ich tat es als die alten Hirngespenste, eines sterbenden Mannes ab. Aber dann machten mich diese Fresken neugierig und ich begann nach dem Verließ zu suchen, bis ich es schließlich gefunden hatte. Meine Berater sagten ich solle es nicht öffnen um die Kreatur nicht frei zu lassen.“ Er machte eine Pause und betrachtete nochmals die Freske. „Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass das Wesen so schlimm sein konnte und egal, was es für eine Kreatur war, niemand verdient es, über so lange Zeit lebendig begraben zu sein und schon gar nicht für die Ewigkeit. Also öffnete ich dein Gefängnis und in dem selben Augenblick wo ich dich sah, wusste ich, das alles eine einzige Lüge gewesen war.“ Atrieleges sah mich an. Und in diesem Augenblick merkte ich, wie uns etwas verbannt. Er mochte ein Mensch sein, der Sohn des Mannes, der mich begraben hatte, aber ich hatte Respekt vor ihm. Er war jemand der wusste was er wollte und der auch wusste, wie er seine Überzeugung durchsetzten konnte. Ein starker Herrscher, der zu seinem Wort stand und für das eintrat, woran er glaubte und seine Prinzipien niemals verraten würde. Ich sah ihm in die Augen und wusste, das er das selbe fühlte. Er mochte ein Mensch sein, aber in diesem Augenblick war er ein Spiegel meiner eigenen Seele und ihm musste es wohl genauso gehen, denn es breitete sich ein gespannte Stille zwischen uns aus. Und so blieben wir stehen, beide in die Betrachtung des jeweils anderen vertieft, bis uns ein Räuspern aus der Erstarrung riss. „Mein König, das Essen ist angerichtet.“ Der Diener verneigte sich in einiger Entfernung und verließ fluchtartig den Raum, als Atrieleges ihn mit einem winken entließ. Offensichtlich war ihm die Ähnlichkeit zwischen mir und dem Wandgemälde aufgefallen. Atrieleges schluckte kurz und fragte dann: „Möchtest du mich zum Essen begleiten Raziel?“ Ich nickte und zusammen verließen wir den Raum wieder. Ich schreckte aus einem langen quälenden Traum hoch und ließ mich zurück in die Kissen sinken, als ich merkte, das es eben nichts weiter als ein Traum war. Den vergangenen Abend hatte ich mit Atrieleges verbracht. Wir hatten gegessen und uns dann auf das Dach der Festung zurück gezogen, wo wir uns ungestört unterhalten hatten. Meine Vermutungen was ihn anging, hatten sich bestätigt. Er war das genaue Gegenteil seines Vaters und versuchte auch Meridian nach seinem eigenen Ermessen zu regieren. Er wollte nicht auf die Vorschläge alter Berater eingehen, die noch nach den Wünschen seines Vaters handelten. Aber trotz seiner Freundlichkeit bleib ich skeptisch. Er war immerhin ein Mensch und ich ein Vampir. Todfeinde! Das er mich überhaupt befreit hatte wunderte mich immer noch und nachdem ich die ersten Gefühle über mein neugewonnenes Leben überwunden hatte, so fragte ich mich doch, was er sich davon versprach. Vielleicht war ja alles auch nur eine Falle und er versuchte auf diese Art an Informationen heran zu kommen. Obwohl ich mir das eigentlich nicht vorstellen konnte. Es passte nicht zu ihm. Ich richtete mich erprubt auf. Herr Gott noch mal, jetzt fing ich schon an einen Menschen sympathisch zu finden und ihn vor mir selbst in Schutz zu nehmen. Ich war Kains erster Statthalter und normaler weiße hätte ich ihn schon längst umbringen und fliehen müssen. Aber warum hatte ich es dann nicht getan? Warum war ich nicht schon längst geflohen? Gelegenheiten hatte ich genug gehabt. War es Angst vor der neuen Welt? Nein, ich schüttelte den Kopf. Das war es nicht. Aber was dann? Was hielt mich hier zurück? Und plötzlich wusste ich es. Alles in mir sträubte sich zwar, als sich mir dieser Gedanke aufdrängte, aber es war der einzige, der einen Sinn ergab. Ich war diesem Menschen dankbar. Ich war ihm etwas schuldig. Ich! Erneut schüttelte ich den Kopf. Ein Vampir einem Menschen dankbar. Das war so selbstverständlich wie Schnee in der Wüste. Aber trotzdem schien dieser absolut verständnislose Fall eingetroffen zu sein. Einem Menschen dankbar. Ich war noch nie in meinem Leben irgend jemanden dankbar gewesen, vor allem war ich noch nie in die Situation gekommen, jemandem dankbar sein zu müssen und schon gar nicht einem Menschen. Ich schlug die Bettdecke zur Seite und stand auf. Im vorüber gehen warf ich einen Blick in den Spiegel und wand meinen Blick gleich wieder ab. Es war mir immer noch unheimlich, wenn ich die Narben sehen musste. Einen kurzen Moment blieb ich unschlüssig im Zimmer stehen, dann nahm ich mir die Gewänder und verließ mein Zimmer. Immerhin hatte er mir gesagt, das ich mich frei bewegen konnte, solange ich nicht versuchte jemanden umzubringen oder zu fliehen. Ich musste gegen meinen Willen schmunzeln. Von wegen kein Gefangener. Aber sollten sie ruhig glauben, das sie mich unter Kontrolle hatten, wenn ich fliehen wollte, würden sie mich nicht aufhalten können. Aber erst musste ich wissen, wie stark ich wirklich war und dafür bräuchte ich eine Waffe. Also richtete ich meine Schritte Richtung Burghof und schon nach kurzem hörte ich das wohl vertraute klirren von Metall. Ich änderte meine Richtung und schritt auf einen Balkon hinaus, von dem ich auf den Innenhof der Feste schauen konnte und ich wurde nicht enttäuscht. Auf dem Hof fanden Übungen statt. Als ob sie mit ihren Fähigkeiten jemals gegen die Vampire hätten antreten können. Ich lehnte mich auf das Geländer und schaute dem Spielchen eine Weile zu. Mittelmäßig. Alle miteinander. Das heißt, alle bis auf einen. Er war mir recht früh aufgefallen, den im Gegensatz zu den anderen, vollgepanzerten Rittern, trug er nur einen einfachen Lederwams, der ihn zwar angreifbarer, aber um einiges schneller und wendiger machte. Und er beherrschte das Schwert meisterhaft. Es dauerte nicht lange, bis er seinen Gegner entwaffnet und geschlagen hatte. Er half ihm wieder auf die Beine und nahm seinen Helm ab. Großartig überrascht war ich nicht, als ich Atrieleges erkannte. Er war wirklich gut. Ich hatte schon Vampire gesehen, die schlechter gekämpft hatten. Jemand musste ihm etwas gesagt haben, den er drehte sich plötzlich zu mir um und hob seine Hand zur Begrüßung. Dann winkte er mir zu. Ich maß kurz die Höhe, ungefähr sechs Meter und ließ mich, mit einem Sprung über das Geländer lautlos zu Boden gleiten. Dann richtete ich mich auf und ging auf ihn zu, die misstrauischen Blicke die mir folgend, ignorierend. „Haltet ihr es wirklich für klug einen Vampir frei herum laufen zu lassen, eure Hoheit?“ Fragte ihn gerade der Ritter, mit dem er gekämpft hatte. Aber Atrieleges hob seine Hand und der Ritter verstummte. Dann kam er mir entgegen. „Willst du es auch einmal versuchen? Ich währe dein Gegner.“ „Majestät!“ Von einem düsteren Blick Atrieleges getroffen verstummte der Ritter erprubt. Dann schaute er mich wieder an. „Was ist?“ Er legte sein Übungsschwert auf die Seite, zog ein anderes aus der Scheide und reichte es mir. „Du bist ganz schön direkt.“ „Ich hasse langes drum herum reden. Außerdem sehe ich es dir an, dass du dich an der Waffe versuchen willst.“ „Bist du dir sicher, das du es wagen willst, mir eine Waffe in die Hand zu geben?“ Ich zog eine Augenbraue hoch. „Ich könnte dich töten!“ „Das wirst du nicht. Wie ich gestern schon sagte, wenn du es gewollt hättest, dann hättest du es schon längst getan.“ Er hob das Schwert noch ein Stück höher und meine Hand schloss sich um das warme Leder des Griffes. Bewundern hob ich die Waffe hoch. Es war eine einzigartige Klinge. Perfekt ausbalanciert und ohne üppigen Zierrat. Eine einfache, aber absolut tödliche Waffe. Ich ließ sie einige male durch die Luft gleiten und das Metall verwandelte sich in eine unsichtbare Linie vor meinem Gesicht. Wirklich fantastisch. Und fantastisch war auch, wie schnell sich mein Körper wieder an das Gewicht einer Waffe gewöhnte. So als hätte ich das letzte Jahrhundert nicht in Ketten sondern mit einem Schwert in der Hand verbracht. „Also gut,“ meinte ich. „Wenn du willst kämpfte ich gegen dich. Aber nicht mit diesem Schwert. Es währe dir gegenüber nicht fair mit einer besseren Waffe zu kämpfen.“ Ich reichte ihm das Schwert zurück. Atrieleges gab es an seinen Ritter weiter und dieser brachte es fort. Dann drehte er sich lächelnd zu mir um. „Ich wusste du würdest den Wert dieser Waffe zu schätzen wissen. Ich hab mich in dir nicht getäuscht. Also werden wir beide unsere Schwerter neu wählen. Komm mit.“ Er führte mich über den Hof zu einem Holzgestell, in dem mehrere Waffen standen. Vorsichtig ließ ich mein Blick über die Schwerter gleiten und zog schließlich eines heraus. „Gute Wahl.“ Atrieleges wählte ebenfalls eines. „Was wählst du für eine Rüstungsart?“ Mein Blick glitt von der Klinge zu Atrieleges. „Ich kämpfe ohne Rüstung.“ Er nickte, als hätte er nichts anderes erwartet und legte seinen Wams ab. „Eure Hoheit das könnt ihr nicht machen! Wenn euch dieser Vampire nun verletzt! Das währe unverzeihlich!“ Anstatt zu antworten legte ihm Atrieleges den Wams in die Arme. „Ich will meinem Gegner gegenüber nicht im Vorteil sein.“ Ich schaute ihn skeptisch an und zog dann ebenfalls die Gewänder aus, bis wir uns beide nur noch mit Hemd und Hose gegenüber standen. „Bist du dir sicher, das du den Wams nicht anbehalten willst? Wenn du mich verletzt ist das innerhalb weniger Minuten verheilt. Bei dir ist das nicht so. Du bist ein Mensch.“ „Ich werde den Wams nicht wieder anziehen.“ Damit drehte er sich um und betrat die Mitte des Hofes. Mit einer entschlossenen Geste blickte der Ritter zu mir. „Wenn du ihn verletzt Vampir, dann werde ich dich töten, egal was er sagt!“ Ich drehte mich zu ihm um. „Ich wird ihn schon nicht töten Menschlein. Auch wenn es dir nicht gefallen mag, aber auch wir Vampire haben Ehre.“ Damit ließ ich ihn stehen und begab mich zu Atrieleges. „Sei gewarnt Raziel, ich bin nicht so schlecht wie du vielleicht denkst.“ Er hob seine Waffe. „Ich habe nicht dreihundert Jahre lang überlebt, weil ich meine Gegner unterschätzte, Mensch.“ Auch ich ließ meine Waffe durch die Luft gleiten. „Und jetzt greif an!“ Atrieleges schwang die Waffe und stürmte heran. Aber keineswegs ungestüm, sondern überlegt. Das Schwert schmetterte von unten gegen meine Klinge und ich parierte den Schlag, machte eine halbe Drehung und konterte von hinten. Funken stoben auf, als sich die Klingen aneinander rieben. Atrieleges vollführte einen Ausfallschritt und führte sein Schwert von rechts heran, wechselte im letzten Moment die Richtung und kam nun von Oben. Ich duckte mich unter dem Schlag weg, rollte mich ab und ließ meine Klinge von links auf ihn herab sausen, wo sie abermals mit seiner Klinge kollidierte. Mit einer schnellen und entschlossenen Drehung seines Handgelenkes ließ er sein Schwert von meinem abrutschen und ich konnte gerade noch zurück weichen, als die Klinge Sekunden später über meine Wange strich und einen Hauchdünnen Strich darauf hinterließ. Durch diese sehr stürmische Bewegung für kurze Zeit ungedeckt, sprang ich nach vorne, packte ihm am Arm und schleuderte ihn über meinen Kopf gegen eine Säule. Nun verlor ich keine Zeit und war mit einem Sprung bei ihm, aber mein Plan ihm das Schwert aus der Hand zu schlagen wurde durch einen Schwertstrich vereitelt und anstatt in zu entwaffnen, ritze meine Klinge sein Schulterblatt. Mit einem festen Stoß seines Griffendes brachte er mich wieder auf Abstand. Und so ging es weiter. Die Schwerter trafen funkensprühend aufeinander, trennten sich wieder, nur um sich im nächsten Moment wieder zu begegnen. Ich verletzte ihn und er verletzte mich. Jeder Schlag wurde von einem nachkommenden des Gegners ausgeglichen und egal was ich machte, er sah die Angriffe immer voraus und genau so wich ich auch seinen Attacken aus. Wir gaben uns keine Blößen und obwohl ich ein Vampir war, war mir dieser Mensch absolut ebenbürtig. Und mit jedem verflogenen Schwertstrich, mit jedem Fehlgeschlagenem Angriff, wuchs in mir der Respekt vor diesem Menschen. Und je länger dieser Kampf dauerte, um so klarer wurden mir diese Gefühle und um so bewusster war mir, dass ich noch lange nicht in der Lage war zurück zu kehren, wo ich hingehörte. An die rechte Seite Kains. Ziemlich erschöpft und außer Atem ließen wir schließlich unsere Schwerter sinken und sahen uns an. „Du bist verdammt gut für einen Menschen.“ Stieß ich hervor. „Aber dafür, das du gerade mal seit zweit Tagen wieder auf den Beinen bist, schlägst du dich nicht schlecht. Hättest du deine volle Kraft, würde ich gegen dich kein Land sehen.“ Atrieleges hob sein Schwert. „Glaub aber ja nicht, das ich deshalb aufgebe!“ Und mit einem entschlossenen Schrei stürmten wir aufeinander zu. Die Waffen kreuzten sich, ich wirbelte herum und bremste meine Waffe Millimeter vor seinem Hals ab. Er ebenfalls. Und so standen wir uns gegenüber und blickten in die Augen unseres Gegenübers. Jeder das Schwert an der Kehle des Gegners. Unentschieden! Fast gleichzeitig senkten wir unsere Waffen und ließen uns erschöpft auf den Boden fallen. „Mir ist bisher noch nie ein so guter Schwertkämpfer wie du unter gekommen.“ Atrieleges schaute mich an. „Das kann ich nur zurück geben.“ Erwiderte ich. „Und ich hab schon einige gesehen.“ Atrieleges grinste und erhob sich. „Wenn du möchtest können wir jeden Tag üben. Das kann uns beiden nur nützlich sein.“ Ich nickte und erhob mich ebenfalls. „Gerne. Ich hab mich lange nicht mehr so wohl gefühlt.“ Spielerisch ließ ich das Schwert durch die Luft gleiten. „Irgendwie fühl ich mich erst jetzt richtig lebendig.“ Atrieleges Augen folgten meinen Bewegungen. „Ich glaub, wir können beide viel von einander lernen.“ Ich sah zu ihm hinüber. „Mag sein Mensch, mag sein.“ So sehr ich diesen Kampf auch genossen hatte. So stutzig hatte er mich gemacht. Atrieleges schien es durchaus ehrlich mit mir zu meinem, was ich bisher immer noch nicht richtig verstand. Und so ganz konnte ich ihm trotzdem nicht trauen, obwohl war das Schwert an meinem Hals nicht Beweiß genug gewesen? Aber trotzdem blieb ich unsicher. Immerhin war er ein Mensch. Ich würde abwarten müssen, was passieren würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)