Meer sehen von Antiana ================================================================================ Kapitel 1: Meer sehen --------------------- Serie: Reborn! Disclaimer: Akira Amano Pairings: AmicellixGiotto Autor: Antiana Warnungen: Sad, OOC Kommentar: Achtung! Die Story hat Leute zum weinen gebracht. Ich hab versucht Atmosphäre zu schaffen, aber es artete wieder etwas in Geschafel aus... Meer sehen Er spürte das kühle, glatte Holz unter seinen Fingern und strich sanft ja geradezu liebevoll über die glänzende, ebene Fläche aus Mahagoni. Er fühlte sich nicht bereit, in ihm herrschte eine seltsame Unruhe, ähnlich einer Flamme, die tief in ihm loderte. Sein strenges Gesicht, gab über seinen Zustand keinen Aufschluss, aber an seinen schmalen Fingern und seinem Handrücken, sah man ein Muster, wie Marmor. Das Adrenalin fegte durch seine Blutbahnen. Die Aufregung und gleichzeitig Angst waren unerträglich. ‚Ruhig bleiben!’, befahl er sich selbst und versuchte sich etwas angenehmeres vorzustellen, ließ die Hand über die Stelle gleiten, gegen die das hübsche, blonde Haupt mehr als nur einmal gestoßen war, wenn sie die Kühnheit überfallen hatte, aber darin war keine Delle, das Holz war viel zu hart, als das irgendetwas hätte zurückbleiben können. Er sah, wie seien Hand zu zittern begann und ballte sie schnell zu einer Faust. Beruhigen, beruhigen, das war seine Devise. Er wusste nicht einmal, weshalb er so nervös war. Es war nicht das erste Mal, dass er dieses Zimmer betrat. Er kannte es, jeden Winkel, jede Ecke, jedes Regal und auch jede Feder auf dem Schreibtisch. Alles würde sein wie immer, aufgeräumt, sauber, fein geordnet. Amicelli machte einen tiefen Atemzug, dann öffnete er die Tür und trat ins Innere. Das Zimmer in das er eintrat war großzügig geschnitten. Die Mitte des Raumes war fast leer, bis auf einen kleinen Tisch, der im Mittelpunkt stand und auf dem ein großer Blumenstrauß stand, war alles, was auf dem Boden noch zu finden war ein großes Steinmosaik, in Form des Familiensiegels. ‚Vongole’ stand in großen Lettern vor seinen Füßen und er betrachtete die Schriftzeichen voller Ehrfurcht, denn immerhin war auch er ein Teil dieser Familie. Erst jetzt fiel ihm ein, dass er nicht geklopft hatte und holte es nach, in dem er zweimal kräftig gegen die Mahagonitür schlug, Antwort erhielt er allerdings Keine. Er blickte sich suchend im Raum um. Die Regale an den Wänden waren sauber, der Schreibtisch voll mit Papierstapeln, die Federn lagen, der Größe nach geordnet, daneben. Sie schienen schon länger nicht mehr benutzt zu sein und eine von den Vieren fehlte. Amicelli bemerkte es sofort. Alle Fenster im Raum waren geschlossen, aber die Vorhänge waren geöffnet, dennoch kam ein leichter Zug auf und brachte den Vorhang zum schwingen, der sich in einem Türrahmen befand, der den Wohnraum von dem Schlafraum abtrennte. Das das Zimmer vor ihm leer war, beschloss Amicelli dieser Spur nachzugehen und bewegte sich quer durch den Raum, an den Blumen vorbei. Ein Strauß bunter Frühlingsblumen, Margeriten in verschiedenen Farben, hauptsächlich. Er war schon etwas vertrocknet und Amicelli nahm sich vor ihnen später ein wenig Wasser zu bringen. Aber zunächst marschierte er, strengen Schrittes, auf den Durchgang zu und schob den Vorhang beiseite. Er ließ die hellen, freundlichen Möbel hinter sich und trat in einen Raum, der fast dunkel war. Die schweren Samtvorhänge waren vor die Fenster gezogen worden und auch die schweren, weißen Vorhänge des Bettes waren vorgezogen und hüllten dessen Insassen wohl in vollkommene Dunkelheit. Der Luftzug, den er zuvor schon gespürt hatte, war durch die geöffneten Fenster entstanden. Drei der Fünf Vorhänge, die Kreisrund angeordnet waren, da er sich in einem Turmzimmer befand, wehten in der leichten Frühlingsbrise und nur durch sie drang ab und zu ein Quäntchen Licht in den Raum hinein. Amicelli sah sich einen Moment lang um. Auch hier war nichts verändert. Alles stand an seinem Platz. Das Grammophon, das schwieg, die Wanduhr, die schon seit Jahren still stand, der Kleiderschrank, dessen Tür immer leicht geöffnet war, da sie nicht mehr zuging. Die ecke eines dunklen Mantels hing daraus. Es sah immer bewohnt aus, wenn die Schranktür offen stand. Ein wenig fahrlässig und unordentlich, aber Giotto wollte es so, sonst hätte er es längst beheben lassen. Amicelli blickte sich noch einen kurzen Moment um, dann ging er geradewegs auf das Bett zu und drückte die Vorhänge zur Seite. Das Gefühl des Samtstoffes unter seinen Fingern, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken, aber er versuchte zu ignorieren, wie unangenehm ihm das war und er gab stattdessen seiner Neugier, seiner Aufregung nach und kämpfte sich durch die Stoffschicht, bis er mit den Händen auf die seidenen Kissenbezüge stieß. Das Gefühl war ihm vertraut, weich und kühl, rutschig.. Dieses Bett war ihm bestens vertraut, nicht aus Kindertagen, wie man jetzt vielleicht vermuten könnte, eher aus wilden Jugendtagen. Jetzt dachte er schon wie ein alter Mann. Seine Jugendtage waren noch längst nicht vorbei. Er war noch nicht einmal Vierzig, da sollte man noch einiges vom Leben erwarten können… Er musste sich endlich beruhigen. Sicher überreagierte er nur. Er fixierte seinen Blick, griff nach der decke, die ausgebeult aussah und vermutete einen Körper unter der Decke, bekam aber nicht mehr als eine weitere decke zu fassen, die den Platz für jemand anderen füllte. Entsetzen erfasste ihn, seine Hände durchwühlten das Bett suchend, aber er wurde nicht fündig. Sein Herzschlag schlug einen schnellen Takt an, den er bis in seinem Kopf hörte und seine Panik vernebelte ihm für einen Moment jegliche Wahrnehmung. Wenn er nicht hier war, wenn er sich nicht in diesem Zimmer befand, wo war er dann, wo war er in seinem Zustand? Er konnte doch kau, noch… „Mice?“, er überhörte das Flüstern und wühlte sich stattdessen aus dem Samtvorhang auf der anderen Seite des Bettes. Er stand wieder im Schlafzimmer, allein… Wo zur Hölle war er? „Mice…“, erst jetzt wurde er aufmerksam, auf das zitternde, kleine Stimmchen, dass von überall her zu kommen schien. Er blickte sich um, ungeduldig, aufgebracht und ließ schließlich seinen eigenen bass erschallen: „Giotto?“, fragte er ins Blaue hinein und kam sich ein wenig dumm vor. Ein leises Lachen ertönte, dann wurde einer der Vorhänge ein Stück zur Seite geschoben und ein blonder Haarschopf kam dahinter zum Vorschein. „Komm schnell rein.“, sagte die noch gesichtslose Stimme. Amicelli tat wie ihm geheißen, marschierte zum Vorhang und kletterte mit auf die großzügig geschnittene Fensterbank, die mit Kissen ausgelegt worden war. Er konnte einen Moment lang nicht in das Licht sehen, dass durch das geöffnete Fenster drang, dann gewöhnten sich seine Augen daran und er blickte sich neugierig um. Giotto saß, umringt von Kissen in einer Ecke und hatte eine warme decke über seinen Schoß ausgebreitet. In seiner Hand hielt er ein Holzbrett, auf dem ein kleiner Stapel Papier lag und in der Anderen, hielt er seinen bereits vermissten Füllfederhalter. Er lächelte, grinste geradezu spitzbübisch, als Amicelli sich auch hingesetzt hatte und ihn neugierig betrachtete. „Was machst du hier hinten? Solltest du nicht im Bett liegen?“, fragte Amicelli und zog eine Augenbraue hoch. Sein Gesicht blieb streng und es schien fast, als wolle er Giotto maßregeln, der aber lachte nur, setzte noch ein kurzes Schnörkel auf die untere Seite seines Blattes und schloss seinen Füller dann, um ihn zur Seite zu legen. Das Holzbrett mit dem Papier, ließ er auf seinen Knien liegen und wartete wahrscheinlich darauf, dass die Tinte trocknete. „Ich verstecke mich. Ich wollte etwas allein sein.“, meinte Giotto leise und als Amicelli schon aufspringen wollte, legte er seine Beine, auf die des Dunkelhaarigen. „Du darfst bleiben.“, sagte er wispernd und zog das Fenster, samt Fensterladen, das nach außen geöffnet war ein Stück an sich heran, damit die Sonne aufhörte ihn zu blenden und es ihm möglich war Amicelli anzublicken. Erst jetzt fiel dem Dunkelhaarigen auf, wie blass Giotto war. Er unterschied sich kaum von einem Blatt Papier, die Augen wirkten müde, schläfrig, seine Züge, trotz des Lächelns ernst und nachdenklich. „Du siehst schlimmer aus, als ich dachte.“, meinte Amicelli emotionslos. „Danke auch.“, meinte Giotto sarkastisch und macht es sich auf der Fensterbank noch etwas bequemer, in dem er das Holzbrett von seinen Knien nahm und diese ausstreckte, ums eine Beine komplett auf die seines Freundes zu legen. „Schön das du gekommen bist.“, flüsterte er begann die obersten drei Blätter, die er beschrieben hatte zusammen zu falten. „Ich hab mir Sorgen gemacht… Die Nachricht kam so plötzlich. Was zum Teufel hast du gemacht, dass du zusammenbrichst?“, Amicelli war ungeduldig und drängte darauf eine Antwort zu bekommen, indem er Giotto direkt in die müden Augen blickte. „Ich weiß es doch nicht, nur ein Schwächeanfall. Ich hab mir eben etwas eingefangen.“, erwiderte der Blonde unbekümmert und lächelte. „Ist sicher alles bald wieder vorbei.“. Amicelli zog eine Augenbraue hoch und betrachtete ihn nachdenklich. „Aber wenn es schon drei Wochen so geht? Und besonders gesund siehst du nicht aus. Wieso, verdammt nochmal, wieso hast du mir keinen Brief zukommen lassen. Ich hätte diese dumme Mission abbrechen können. Es war Nichts, was wichtig war. „Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst, das ist alles.“, erwiderte Giotto ruhig und steckte die Zettel, die er feinsäuberlich zusammen gefaltet hatte, in einen Umschlag, den er Amicelli reichte. „Nimm den ja? Öffne ihn nicht, bist du weißt, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Du wirst wissen, wann das ist, davon bin ich fest überzeugt.“. Er ließ eine kurze Pause zwischen seinen Worten, dann ergänzte er in einem anderen, weniger ernsten Tonfall: „Und dann hör auf so ein Gesicht zu ziehen. Ich möchte raus. Ich will das Meer sehen.“, sagte er und setzte wieder dieses spitzbübische Lächeln auf, das ihn wirken ließ, wie ein Kind. Manchmal war es gruselig zu wissen, dass Giotto fast zwei Jahre älter war als er selbst. „Du willst so raus? Man sagte mir du kannst nichtmal stehen.“ Giotto lachte: „Kann ich auch nicht, deswegen darfst du mich tragen.“, meinte er leise und ließ die Decke von seinem Körper gleiten, dann schob er den Samtvorhang zur Seite und ließ Licht ins Zimmer fallen.. Giotto trug nur einen Pyjama, aber er hatte sich offenbar etwas bereitgelegt. Er bückte sich und zog einen seiner schwarzen Mäntel hervor, den er sich um beide Schultern schlang. Seine fahrigen Hände hatten Mühe den Verschluss zu schließen, schafften es aber schließlich, kurz bevor Amicelli aufgesprungen und es für ihn getan hätte. Als er fertig war, wickelte er den Mantel um seinen Körper und streckte dann die Arme, nach dem Dunkelhaarigen aus. „Nur falls du es nicht so verstanden hast, das war ein befehl. Ich will das Meer sehen, sofort!“, sagte er streng. Amicelli konnte seinem Paten und freund diesen Wunsch kaum abschlagen und erhob sich nun auch. Er ließ sich vor dem Blonden in eine leichte Hocke nieder und ließ ihn die Arme und Beine, um seinen Körper schlingen, dann fasste er ihn fest an den Oberschenkeln und ließ ihn seinen Kopf auf den seinen legen, während er ihn trug. Wann hatten sie das zum letzten Mal gemacht? Als Kinder? Schon als junge Erwachsene? Amicelli konnte sich nicht mehr auf den Zeitpunkt entsinnen. Er konnte sich kaum mehr daran erinnern, wann er begonnen hatte Giotto so nahe zu sein. Natürlich waren sie teil derselben Familie. Giotto gehörte zur Hauptfamilie, dem großen Zweig, während Amicelli ein Kind aus einer eher kleinen Zweigfamilie war. Seine Großmutter hatte, irgendwann einmal eine Affäre mit dem Bruder von Giottos Großvater gehabt und jetzt gehörten sie… irgendwie dazu. Die Gabe, die in der Vongola vererbt wurde war stark und dominant. Auch er hatte sie bekommen, nur deswegen war er jetzt hier und war immer wieder erstaunt, wie gleich Giotto ihn und seine Familie behandelte. Es war erstaunlich, dass er es nicht wagte Unterschiede zu machen. Für ihn waren Menschen, Menschen, egal von wem oder aus welchen Umständen sie entstammten. Seine Ansichten waren bewundernswert. Fortschrittlich, geradezu. Amicelli hatte nie verstanden, warum er sich nicht eine Frau gesucht hatte. Er hätte sie so glücklich machen können, ihr Kinder schenken, die wurden wie er… Eine Schande eigentlich, aber Amicelli wollte sich auch nicht beschweren. Er wusste durchaus, dass er der Grund für seine Kinderlosigkeit war und einerseits war es ihm auch recht, doch andererseits… Andererseits wäre es vielleicht besser gewesen… Amicelli hatte gar nicht auf die Umgebung geachtet. Er kannte den Weg zum Strand und es war auch nicht weit.. Sie waren bereits an der kleinen, privaten Promenade, jetzt nur noch eine Treppe, dann spürte er schon Sand unter seinen Schuhen. Er lief noch bis zum Wasser, dann ließ er den Blonden auf seinen Schultern hinunter, stützte ihn aber weiterhin, damit er nicht umfiel. „Da ist es ja.“, rief Giotto erfreut und seine Arme schlangen sich fest, um den dargebotenen Arm des Schwarzhaarigen. „Eine Schande, dass ich es von meinem Zimmer aus nicht sehe.“, meinte Giotto leise und nahm nun auch den zweiten Arm um Halt zu suchen. Da Amicelli nicht wusste, was zu antworten schwieg er und betrachtete nur das stetige Wogen der Wellen und achtete auf ihr leises Rauschen. Die Ebbe würde bald kommen, in nur einer halben Stunde würde das Wasser verschwunden sein. Giotto hatte Glück, dass er sich so beeilt hatte. Schweigen.. Es war nicht erdrückend, sondern angenehm. Das Meer hatte etwas Beruhigendes. Der salzige Geruch klärte die Sinne und erfrischten. Amicelli atmete ein paar mal tief ein und aus, dann spürte er, wie Giotto seine Arme, ums einen hals schlang und sich an ihn presste. „Bring mich zu den Felsen.“, wisperte er und Amicelli fiel sofort auf, dass sich ein leichter Rotschimmer auf seinen Wangen bildete. Auch Amicelli war die Erwähnung dieser Felsen unangenehm. Sonst verstanden sie sich wortlos, der eine zog den Anderen, führte ihn…Dieses Mal, musst er darum bitten und Amicelli gehorchte, nahm ihn auf seine Arme und trug ihn zu einer kleinen Felsenformation etwas Abseits. Sie stand im Wasser und Amicelli streifte seien Schuhe ab, bevor er die kurze Distanz durch die flachen Wellen zurücklegte und gemeinsam mit dem Blonden auf das schmale Fleckchen Erde kletterte. Die kleine Steininsel war vom Strand aus nicht einzusehen… Hinter einem der Felsen, da war ihr kleines Lager, eine winzige Höhle, ein paar Kerzen und eine kleine decke, die zusammengeknüllt und eingepackt zwischen den Felsritzen steckte. Amicelli setzte Giotto ab, nahm sie heraus und breitete sie über den Stein, dann setzte er Giotto wieder darauf ab und ließ sich neben ihm nieder und blickte von dieser Position auf das Meer hinaus. „Wie oft wir hier… ertrunken sind.“, sagte er schließlich, als Giotto keinen Laut von sich gab, brachte diesen aber damit zum Lachen. „Ja, ertrunken in Lust.“, sagte dieser leise und schmiegte seinen Kopf gegen die Schulter des Jüngeren. „Wir können es wieder tun.“, fügte er an, aber Amicelli hob abwehrend die Hand. „Nicht heute, wenn es dir besser geht.“, meinte er und er hatte natürlich recht, auch wenn Giotto das wieder nicht einsehen wollen würde, doch der Blonde erwiderte nichts. Etwas verwundert über den fehlenden Widerspruch, aber gleichzeitig auch zufrieden, dass Giotto endlich einmal etwas akzeptierte, was er sagte, legte er seinen Arm um die Schultern des Anderen und drückte ihn an sich. „Ja… Nicht heute. Heute….“, wisperte er und drehte sein blasses Gesicht langsam in Amicellis Richtung, „…heute, will ich einfach nur...“, da er nicht weiter sprach, drehte Amicelli seinen Blick und blickte mit seinen meerblauen Augen direkt in die des Anderen, der diese Gelegenheit nutzte und die letzte Distanz zwischen ihnen schloss. „Heute… will ich einfach nur… mehr sehen.“, sagte er leise und lachte, obwohl Amicelli nicht verstand warum. Eigentlich war er sonst der, der die schlechten Witze machte, aber heute war ihm nicht danach zumute, und ihm war es auch nicht danach, über Giottos Witz nachzudenken. Er schloss die Augen und ließ den Kuss auf sich wirken, erwiderte ihn schließlich leicht, aber züchtig und legte seinen Kopf dann gegen den seines Freundes. „Ja… lass uns… das Meer ansehen.“ Wisperte er und schloss die Augen. Es war nur wenige Tage später, da Amicelli erneut den Raum betrat, in dem es noch immer genauso aussah, wie immer. Ordentlicher Schreibtisch, das Mosaik auf dem Boden, ein Tisch mit Blumen, weiße Lilien und Calla. Ihm war zum Weinen Zumute, aber sein Stolz verbot es ihm. Er durfte nicht, nicht jetzt in dieser schwierigen Zeit. Nicht nur er brauchte Zuspruch, er musste an Andere denken. Über das Geschehene wollte er nicht nachdenken. Er war nur hier, um zumindest den Versuch zu unternehmen, es zu verarbeiten. Müde, Traurig, ja irgendwie auch kraftlos, schritt er durch den Raum, besah sich alles, betrachtete alles und schaute, ob es auch so war, wie es gehörte. Er fand keine Fehler. Das Bett war zerwühlt und der Fenstersims, auf dem er neulich noch gesessen hatte, war mittlerweile wieder aufgeräumt, die Kissen zurück im Bett. Er setzte sich, an die Stelle ans Fenster und öffnete es langsam, das Sonnenlicht drang herein, das Rauschen des Meeres, der Trubel der Stadt… Alles war gut zu hören. Er erinnerte sich an Giotto, sein blasses Gesicht, sein spitzbübisches Lächeln und auch an den Brief, den er noch immer in seiner Hemdtasche hatte. Der richtige Moment… Er hatte ihn gefürchtet, doch er war jetzt, das wusste er und so nahm er ihn, öffnete das Couvert und blickte neugierig auf die geschriebenen Zeilen, die groß mit Testament überschrieben waren. Der Inhalt interessiert ihn allerdings wenig. Der Brief war formell gehalten, sachlich und Amicelli suchte, suchte nach etwas, dass keine mutwillige Verteilung von Gütern und Positionen war, etwas das ihn betraf, aber er fand lange nichts… Erst als er die letzten Zeilen erreichte, begann er langsam zu verstehen. Den Witz zu verstehen, den Giotto gerissen hatte und er konnte auch die Bedeutung und den Sinn dieses Briefes langsam aber sicher. In schöner Schreibschrift stand dort geschrieben: „Als meinen Nachfolger bestimme ich, meinen guten Freund Amicelli, denn in ihm habe ich immer mehr gesehen.“ Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)