Dämonisch von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 18: Im Angesicht der Schneefrau --------------------------------------- Soo, hiermit wären wir also (endlich?) am Ende des Falles angelangt. Hoffe, es hat euch gefallen ;) Im Angesicht der Schneefrau Mai wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Nur, dass es lange genug war um langweilig zu werden… und kalt. Zwar war ihr Oberkörper dank Naru immer noch angenehm warm, aber ihre Beine und vor allem ihre Zehen waren trotz flauschig weicher Wollsocken eiskalt. „Nicht mehr lange und meine Zehen frieren ab.“ murrte sie leise. „Das könnte tatsächlich passieren.“ meinte Naru leise schmunzelnd. „Was?! Ich meine…. Ist das dein Ernst???“ „Natürlich. Wir liegen bewegungslos unter einer Lawine- eigentlich können wir froh sein, wenn wir nur abgefrorene Zehen davontragen.“ Mai schluckte hart. Natürlich hatte er Recht, aber… sie mochte ihre Zehen. Die würde sie gerne behalten. „Versuch sie zu bewegen. Wenn sie besser durchblutet werden, werden sie wahrscheinlich auch wieder wärmer.“ Zumindest ihm hatte es geholfen. Und Mai beschloss den weisen Rat ebenfalls anzunehmen. Tatsächlich wurde es-langsam aber immerhin- tatsächlich besser. „Und was sollen wir jetzt machen bis die anderen kommen und uns ausgraben, mal ausgenommen von Zehen bewegen?“ „Gute Frage.“ Das war auch alles, was er sagte. „Du könntest mir ja etwas erzählen.“ Schlug sie halbherzig vor. „Zum Beispiel?“ „Öhm… zum Beispiel wie es weiter geht wenn wir hier raus sind. Du musst doch sicher irgendwelche Pläne haben, oder?“ Naru seuftste leise. „Nachdem ich nicht denke, dass die Yuki Onna uns den verschollenen Wanderer finden lässt, müssen wir uns wohl oder übel zuerst um sie kümmern.“ „Oh… und wie willst du das machen? Das klingt ja fast, als würdest du sie töten wollen.“ „Das kam mir auch in den Sinn, ja. Und es ist immer noch eine Möglichkeit.“ Er klang, als würde er Wut unterdrücken. „Du willst sie töten?!“ fragte Mai völlig entsetzt. „Ich sagte, es wäre eine Möglichkeit.“ meinte er jetzt eher genervt als wütend. „Nein!!! Naru, das kannst du nicht machen, nicht nachdem sie schon so viel durchmachen musste und-„ „Mai!“ unterbrach er sie scharf und brachte sie so zum schweigen. „Nach allem was du über mich und meine Arbeitsmethoden gelernt hast, was denkst du WILL ich machen?“ Sie schwieg und biss sich auf die Lippe. Es hatte schon öfter den Anschein gegeben, als würden ihm die Opfer gleichgültig sein und er würde alles tun, nur um seine Ziele zu erreichen. Aber hinterher hatte sich immer herausgestellt, dass das eben nicht der Fall war. Das er tat was er konnte um alles zu einem “Happy End“ zu bringen, auch wenn das Risiko sich für ihn selbst deutlich erhöhte. Die Schneefrau zu töten wäre also die allerletzte Möglichkeit, wenn er sich dazu gezwungen fühlte. Wohl fühlte sie sich dabei trotzdem nicht. „Fakt ist, das man schlicht und einfach nicht weiß was passiert, wenn man einen Geist vernichtet. Ob seine gesamte Existenz völlig ausgelöscht wird- oder vielleicht auch nur alle seine Kräfte. Oder möglicherweise auch einfach nur aus der Welt der Lebenden verbannt wird und irgendwo anders weiter existiert. Und es gibt auch keine Möglichkeit für uns, das herauszufinden. Ich gebe natürlich zu, dass ich durchaus so etwas wie Mordlust gegenüber der Yuki Onna empfinde, nachdem sie versucht hat dich zu töten. Und nachdem sie uns in diese Situation gebracht hat…“ „Wie, in diese Situation gebracht hat?“ fragte Mai verwirrt. „Ich dachte, du hättest sie auch gesehen.“ meinte Naru schlicht. „Moment-…. Da war ja was….“ murmelte sie leise. „Ganz genau. Sie hat die Lawine auf uns- oder eher dich- losgelassen. Wie gesagt, dafür könnte ich sie töten. Aber natürlich bevorzuge ich auch jetzt noch eine andere Lösung.“ Mai schwieg einen Moment lang. „Und wenn sie es schafft mich zu töten?“ fragte sie leise. Naru sog scharf Luft ein. „Das wird nicht passieren.“ „Gesetzt den Fall, es wäre so.“ Sie merkte, wie sich sein Puls wieder beschleunigte. „Dann würde ich sie töten.“ knurrte er. Mai schluckte hart. So wütend hatte sie ihn noch nie erlebt. „Auch wenn ich dich jetzt bitten würde es nicht zu tun?“ Er schwieg einen Moment lang und schien nachzudenken. „Auch dann.“ Und seine Stimme klang kälter als Eis. „Aber das wird nicht passieren.“ Setzte er deutlich sanfter nach. „Hm.“ „Warum würdest du wollen, dass ich sie ungeschoren davonkommen lasse, sollte sie –was nicht passieren wird- es schaffen dich zu töten?“ „Ich habe ihre Vergangenheit gesehen, Naru. Sie war… ich kann es gar nicht beschreiben. So schön, so freundlich und so warm. Sie ist jetzt das komplette Gegenteil ihres früheren Selbst. Und ich konnte aus erster Hand miterleben, was diese Veränderung hervorgerufen hat. Naru, ich will sie einfach nicht noch mehr leiden sehen!“ Er schwieg einen Moment, bevor er das Gespräch fortsetzte. „Dann dürfte dir der andere Plan gut gefallen.“ „Der andere Plan?“ „Hast du überhaupt nicht zugehört? Ich sagte, sie zu töten wäre EINE Möglichkeit. Das schließt ein, dass es noch eine andere gibt.“ „Wirklich?“ fragte sie gleichermaßen glücklich wie neugierig. „Ja, wirklich. Denk Mal nach, was der allererste Schlag war. Was hat ihr das Herz gebrochen?“ Mai schwieg und dachte einen Moment lang nach. „Das was wohl, als ihr Geliebter sie ausgeliefert hat, ohne scheinbar einen Gedanken an sie verschwendet zu haben. Dass er sie auch noch verhöhnte und schlug, bevor er sie in ihre Hölle geworfen hat.“ Murmelte sie traurig. „Ganz genau. Aber ihr Geliebter HAT sie nicht ausgeliefert. Das war bloß sein Körper unter der Kontrolle eines anderen.“ „Oh. Ja, aber das ändert nichts an dem, was der Fürst ihr angetan hat.“ „Das nicht“ gab er zu. „Aber das war der Anfang von allem. Sieh Mal Mai, übertrag das ganze doch einfach Mal auf uns: Wie würdest du dich fühlen, wenn ich dir das angetan hätte?“ „Ich weiß es nicht. Das entzieht sich jeder Vorstellungskraft.“ „Du würdest mich hassen. Und das mit Recht. Und jetzt denk nach, wie du dich fühlen würdest wenn du erfährst, dass es völlig anders war? Das ich dich nie ausgeliefert hätte? Was wäre wohl deine Reaktion? Würdest du mich immer noch hassen?“ Das war eine gute Frage. Würde sie? Vor allem, wenn sie an die Reaktion des Mannes dachte, als der Fürst die junge Frau von ihm gefordert hatte. Er hätte sie nie verraten. Also wie könnte die Yuki Onna ihn hassen, wenn er bis zu seinem letzten Blutstropfen für sie gekämpft hätte? Wenn er keine Möglichkeit gehabt hatte sich zu wehren, völlig egal wie sehr er sie auch liebte? Konnte sie ihn deswegen noch hassen? Dass er schlicht und einfach verhext worden war? „Wahrscheinlich nicht.“ nuschelte sie schließlich leise. Irgendwie mochte sie es nicht, wenn Naru davon sprach, dass sie ihn hassen würde. „Genau, wahrscheinlich nicht. Der Plan sieht also so aus, dass wir versuchen der Yuki Onna klar zu machen, was wirklich geschah. Und dann wird sie vielleicht aufhören, alle Männer zu hassen. Allerdings nur vielleicht. Und nach allem was sie durchgemacht hat, ist diese Chance auch nur recht gering. Aber groß genug, um es zu versuchen.“ Das stimmte. Alles was funktionieren könnte war es wert versucht zu werden, bevor Naru sie tötete. Plötzlich spannte er sich an und sein Kopf zuckte unwillkürlich in die Höhe. „Sie sind wieder da. Und sie fangen an, uns auszugraben.“ „Endlich!“ „Freu dich nicht zu früh. Es kann immer noch eine Weile dauern.“ Mai seuftste darauf hin nur leise. „Aber wahrscheinlich kann ich immerhin meine Zehen behalten.“ „Wahrscheinlich.“ Es wurde auch langsam Zeit, dass sie aus diesem Loch hier herauskamen. Nicht, dass es ihr unangenehm gewesen wäre so an Naru zu kleben- aber sie zog es vor sich bewegen zu können, wenn er sie einmal so leidenschaftlich küsste wie er es zuvor getan hatte. Sofort lief sie wieder rot an, als sie den Gedanken zu Ende gedacht hatte. „Langsam kann ich sie hören.“ Unterbrach Naru ihren peinlichen Gedankengang. Wieder in der Realität lauschte Mai aufmerksam-… und hörte es auch. Gedämpftes Stimmengemurmel, das Knirschen von Schnee und Grabgeräusche- und sogar einen inbrünstigen Fluch von der Bergführerin. „Müssten sie uns nicht langsam hören, wenn wir nach ihnen rufen?“ „Das glaube ich nicht. Auch wenn wir sie hören- der Schnee würde alle unsere Geräusche schlucken. Darüber habe ich einmal einen Bericht gelesen. Die meisten Lawinenopfer, zumindest die die bei Bewusstsein sind, hören die Einsatzkräfte. Aber egal wie laut sie rufen, von Außerhalb sind sie nicht hörbar.“ „Naja, immerhin wissen sie ja wo wir sind…“ Langsam doch ungeduldig werdend lauschte sie den lauter werdenden Grabgeräuschen- bis endlich der Schnee bei ihren Füßen aufbrach. „Naru? Mai? Seid ihr in Ordnung?“ fragte ein höchst besorgter John. „Ja, alles Okay. Warte, ich versuche heraus zu rutschen!“ Was sich allerdings als weit schwieriger gestaltete als gedacht. Das Loch befand sich bei ihren Füßen- sie musste bei all der Enge also versuchen, rückwärts nach oben aus dem Loch zu robben. Und wie sie bald herausfand, war das ein unmögliches unterfangen. „Warte. Bist du verletzt?“ fragte Midori, die an dem Loch aufgetaucht war. „Nein. Bloß eine Beule.“ keuchte sie leise. „Eine Beule?! Ist dir Schwindlig? Schlecht?“ „Nein, und ich habe auch keine Gehirnerschütterung, danke der der Nachfrage.“ „Also seid ihr in Ordnung? Spürst du noch alle deine Gliedmaßen?“ „Ja, sogar meine Zehen sind noch dran.“ „Gut, dann werd ich dich jetzt an den Füßen nehmen und heraus ziehen, ok?“ „Ja, danke.“ „Bei drei. Eins…Zwei…Drei!“ Mit erstaunlicher Kraft zog die junge Bergführerin Mai an den Beinen aus dem Loch, die das nicht erwartet hatte und daher erst einmal Schnee spuckte. Darauf hin konnte sich auch Naru -reichlich unelegant- aus dem Loch hieven, da er endlich genug Platz dazu hatte. Und da noch alle mit Mai beschäftigt waren, sie in eine Decke wickelten und ihr einen dampfenden Becher Tee in die Hand drückten, bemerkten sie seine uneleganten Versuche aus dem Loch zu kommen nicht. Erst als er aufrecht und durch das lange Liegen doch ein wenig wackelig vor ihnen stand wurden sie auch auf ihn aufmerksam. So wurde auch er sofort in eine Decke gewickelt und eine sitzende Position verfrachtet, um sich anschließend mit einem Tee in der Hand neben Mai wieder zu finden. Midori überzeugte sich noch einmal, dass es ihnen gut ging und sie keine Erfrierungen davon getragen hatten, bis sie erleichtert aufatmete. „Und meint ihr, ihr schafft es zu der Hütte zurück zu gehen? Oder sollen wir hier ein Nachtlager aufschlagen? Das wäre zwar wohl ziemlich kalt, aber…“ „Nein, das wird schon noch gehen.“ meinte Mai zuversichtlich. „Immerhin war es da zwar kalt, aber nicht so kalt wie erwartet.“ Midori lächelte leise. „Was daran liegt, dass ihr in einem sehr engen Raum zu zweit gelegen seid. Natürlich wärmt sich da die Luft auf. Es dürfte wohl so ca. 4°C gehabt haben.“ „Oh… wirklich?“ Sie lachte leise. „Ja. Okay, ich schlage vor, dass wir uns besser früher als später auf den Weg machen. Es wird schneller dunkel als man denkt…“ Beide nickten und tranken ihren Tee aus, bevor sie sich aufrafften und die anstrengende Wanderung begannen. Mai merkte bald, dass das ganze Abenteuer sie mehr erschöpft hatte als sie anfangs dachte, und so wurde der Weg über die Berge eine richtige Quälerei. Sie befand sich in einem seltsamen Zustand: Zwar lag bleierne Müdigkeit über ihr, trotzdem hatte sie das Gefühl als wären ihre Sinne schärfer als normal. Und dazu das seltsame Gefühl, dass ihr zugleich kalt und heiß war. Abwechselnd überwiegte dann die eine oder andere Seite. Auch die restliche Gruppe war völlig erschöpft. Immerhin waren sie, so schnell sie nur konnten zur Hütte und wieder zurück gewandert. Auch geschlafen hatten sie nur kurz, da sie in die Nacht hinein alles vorbereitet hatten was sie möglicherweise brauchen konnten. Dazu zählte das provisorische Nachtlager, falls einer von beiden nicht weiter konnte oder verletzt war, die erste Hilfe und die Decken. Und über die Nacht hatten sie in der Hütte bleiben müssen, da sie sich bei der Finsternis nur in Gefahr gebracht hätten und nicht fähig gewesen wären wirklich zu helfen. Dann hatten sie die schwere Ausrüstung zum Unfallort und wieder zurück tragen müssen, obwohl jeder Rucksack ungefähr 30 Kilo gewogen hatte. So war es nicht verwunderlich, dass sie in der Hütte erst einmal erschöpft zusammensanken- sowohl die Lawinenopfer, als auch die Helfer. Midori raffte sich auf und verteilte mühsam noch schnell ein kaltes Abendessen, bevor auch sie sich ebenfalls einen Moment der Erschöpfung hingab. Während Mai noch schnell ihr Abendessen verdrückte, fiel ihr erst auf wie hungrig sie eigentlich gewesen war. Allerdings schaffte sie nur noch ein müdes Schulterzucken, bevor sich ihr Blick sehnsüchtig auf die einladenden Matten richtete. Und da niemand sich die Mühe gemacht hatte, Licht zu entzünden, machte es das Halbdunkel der Hütte nicht gerade einfacher die Augen offen zu halten. Gerade als sie beschlossen hatte, dass die Matten einfach zu weit weg waren und der Fußboden doch auch eine angenehme Alternative war, wurde sie wortlos ein letztes Mal von Naru hochgezogen und zur nächsten Matte bugsiert, obwohl er eigentlich genauso müde war wie sie selbst. Allerdings schlief sie auf halben Weg im stehen ein und durch die plötzlich fehlende Körperspannung und das zusätzliche Gewicht, kugelten sie einfach zusammen auf die Matte. Und als er erst einmal lag, schaffte es auch Naru nicht mehr die Augen offen zu halten und glitt sofort in tiefen Schlaf. Bei diesem Anblick noch einmal leise kichernd, raffte sich Midori ein allerletztes Mal auf um den Kamin zu entzünden, den sie glücklicher Weise vor der Rettungsaktion vorbereitet hatte, da sie schon angenommen hatte nachher keine Kraft mehr dazu zu haben. Als letztes noch waches Gruppenmitglied, da Lin und John ebenfalls schon schliefen, ließ auch sie sich auf die Matte fallen und gönnte sich den wohlverdienten Schlaf. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Als Mai am nächsten Morgen durch einen kitzelnden Sonnenstrahl geweckt wurde, war sie wieder Erwarten einmal als erste wach. Blinzelnd sah sie sich einen Moment um, bevor sie sich schulterzuckend wieder hinlegen wollte- bis ihr Blick unverhofft an Narus schlafendem Gesicht hängen blieb. Er sah einfach niedlich aus. Zwar hatte sie ihn schon schlafen sehen- sogar bei ihrem ersten Fall bei SPR- dennoch war das immer noch ein ungewohnter Anblick. Genau genommen hatte sie ihn sogar seltener schlafen sehen als Lächeln. Und das wollte schon etwas bedeuten. Unwillkürlich breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus, als sie ihn verträumt musterte. Was für einen gutaussehenden Freund sie doch hatte. Und er hatte gesagt, er würde sie lieben. Das Lächeln wurde noch breiter. Da hatte die Lawine doch tatsächlich etwas gutes an sich gehabt. Tatsächlich konnte sie ihn einmal so lange verträumt anstarren wie sie wollte, ohne einen sarkastischen Kommentar von ihm darüber zu hören. Grinsend beschloss sie die Gelegenheit beim Schopf zu packen und in aller Ruhe noch ein wenig weiter zu glotzen. Wie lange sie ihn einfach nur angestarrt hatte, wusste sie nicht. Aber irgendwann kroch der kitzelnde Sonnenstrahl weiter und weckte zu Mais Bedauern auch ihn auf. „Morgen.“ Nuschelte sie verschämt und beschloss ihr knallrotes Gesicht am Besten in seinem Hemd zu verstecken. „Morgen.“ Einen Moment lang ins Sonnenlicht blinzelnd setzte er sich schließlich vorsichtig auf und sah sich um. Der Rest der Gruppe schlief immer noch tief und fest. Ein Umstand, den er bald zu ändern gedachte. Da ihm die Yuki Onna mit ihrer letzten Aktion schwer auf die Nerven gefallen war, war es Zeit diesem unangenehmen Fall ein Ende zu setzten. Und da brauchte er auf alle Fälle Lin dazu. Als sein Blick allerdings auf seine aus irgendeinem Grund höchst verlegene Freundin fiel, beschloss er, dass die Arbeit auch ruhig noch ein wenig warten konnte. Sie blickte in mit einem leicht entrückten Gesichtsausdruck an und lächelte verträumt. Ein wirklich schöner Anblick am frühen Morgen. So tat er das einzig Richtige in dieser Situation und küsste sie, um kurz darauf die ganze Welt zu vergessen. In die Realität zurück holte sie erst ein deutliches Räuspern, halb belustigt und halb verärgert. Beide schreckten auseinander und starrten auf einen Lin, der tatsächlich so aussah als müsste er ein Grinsen unterdrücken. „Ich unterbreche euch ja wirklich ungern, aber… wolltest du dem Fall nicht bald ein Ende setzen?“ //Er sieht nicht im Geringsten aus, als würde er uns ungern unterbrechen…// schoss es Naru leicht säuerlich durch den Kopf, bevor ihn die Verlegenheit beinahe rot anlaufen ließ. Mais Gesicht neben ihm hatte schon die schönste purpurrote Farbe angenommen die man sich vorstellen konnte. Er räusperte sich leise und riss sich zusammen. „Ja. Haben deine Shiki ihn ausfindig gemacht?“ „Haben sie. Seit ungefähr zwei Stunden. Er ist bereit, uns mit unserem Plan zu helfen.“ „Um wen geht es?“ fragte Mai verwirrt. „Um den Geliebten der Yuki Onna.“ Darauf hin ließ er seine erstaunte Freundin auf der Matte sitzen und brachte das verschlafene Team in Gang. Während Mai versuchte nicht im Weg zu stehen, konnte sie nur erstaunt zusehen wie Lin einen Kreis auf den Boden malte und seltsame Zeichen und Muster an den Rand oder in die Mitte zeichnete. Am Ende setzte er vier Kerzen in je eine Himmelsrichtung und nickte Naru zu. Midori stand genauso verwirrt am Rand wie Mai und auch John sah aus, als würde er nicht im Geringsten wissen was auf sie zukam. Schließlich schlich sich Midori zu Mai. „Was zu Hölle tun die da?“ fragte die Bergführerin verwirrt. Mai seuftste leise. „Ganz ehrlich? Ich habe nicht die geringste Ahnung! Aber nachdem wir hier von Naru sprechen ist das wahrscheinlich der Abschluss unseres Falles.“ „Er will damit den vermissten Mann finden?“ „Öh… ich denke nicht. Ich glaube, dass das eher für die Yuki Onna gedacht ist. Aber wie gesagt, ich weiß es nicht. Irgendwie will er der Yuki Onna klar machen, dass ihr Geliebter sie nicht verraten hat. Wie auch immer er das anstellen will.“ Sie wurden von Naru unterbrochen, der sie anwies, alles in der Hütte an deren Rand aufzustellen, sodass der Boden des Raumes so leer wie möglich wurde. Wahrscheinlich, um genügend Platz zu haben, für was auch immer er da plante. „Mai, sobald es richtig dunkel ist, wirst du den Lockvogel spielen.“ „Den…. was???“ „Du wirst dich in den Kreis stellen, da die Yuki Onna von uns allen dich am meisten hasst. Dadurch hat Lin die Verbindung zu ihr die er braucht, um sie hier her zu zwingen.“ Erklärte er ungeduldig. „Sie soll HIER HER???“ „Ja. Und hier wird sie bewegungsunfähig gehalten, von Lins Shiki.“ Er runzelte die Stirn und wandte sich sofort wieder an Lin. „Übrigens, sollen Risa und Gene ebenfalls mitmachen?“ Lin brauchte nicht lange zu überlegen, bevor er nickte. „Je mehr Shiki ihre Kraft zu Verfügung stellen, desto sicherer wird es.“ „Gut.“ Da Naru, zumindest laut eigenen Angaben, am frühen Nachmittag alle nötigen Vorbereitungen abgeschlossen hatte, legte sich eine nervöse Anspannung über die Gruppe, die nichts tun konnte als auf das Unbekannte zu warten. Nur Naru und Lin sahen völlig ruhig aus. Midori hielt sich, nervös und zappelig, ständig in Mais Nähe auf und löcherte sie mit Fragen, die sie sowieso nicht beantworten konnte. Schließlich hatte das junge Mädchen genug davon. „Gut, hör Mal zu. Naru hat die Angewohnheit nie auszuplaudern was er genau plant. Genauso wie er die Angewohnheit hat, alles zu einem guten Ende zu führen. Also hör auf so nervös zu sein, er weiß nämlich immer genau was er plant, wenn es irgendwas mit einem Fall zu tun hat.“ Midori seuftste nur und hörte endlich auf, sinnlose Fragen zu stellen. Und das warten ging weiter, bis sich die Abenddämmerung über die Berge legte. „Gut, es geht los.“ Meinte Naru schließlich. „Mai, du stellst dich in den Kreis da. Ihr beide geht bitte an den Rand und bewegt euch nicht. Unter keinen Umständen, verstanden?“ Midori und John nickten hastig, bevor sie sich zurückzogen. „Mai, sobald ich dir ein Zeichen gebe, läufst du so schnell aus dem Kreis wie möglich und stellst dich zu den anderen.“ „Gut.“ Meinte sie mit einem mulmigen Gefühl, während sie auf die seltsamen Zeichen zu ihren Füßen starrte. Naru überflog die Hütte noch einmal schnell und genau, bevor er sich an Lin wandte und nickte. Dieser schien noch einmal Luft zu holen, bevor er die Augen schloss und anfing etwas zu murmeln. Allerdings konnte Mai nicht verstehen, was genau er sagte. Fassungslos sah sie zu, wie die Zeichen auf dem Boden zu glühen anfingen. Und sie wurden warm, wie sie spürte, da sie teilweise auch darauf stand. „Mai, jetzt!“ Erschrocken zuckte sie zusammen, bevor sie aus dem Kreis sprang und zu den Anderen stolperte. Und als sie sich wieder umdrehte, sah sie eine vor Zorn zitternde Yuki Onna im Kreis stehen. Es war, als wären alle ihre Alpträume wahr geworden. Keine zwei Meter von ihr entfernt stand der Geist, der sie töten wollte. Seltsamer Weise bewegte sie sich nicht- oder eher, konnte sich nicht bewegen, wie sie auf dem zweiten Blick feststellte. Sie zischte und knurrte, bewegte sich aber keinen Millimeter vom Fleck. Allerdings beruhigte sie sich schnell wieder. Die eisblauen Augen nahmen einen lauernden Ausdruck an und suchten ihre Umgebung nach einer Fluchtmöglichkeit um. Vergeblich, wie sie aus dem mordlüsternen Blick der Schneefrau erkennen konnte. Lin hörte schließlich mit der Beschwörung auf und stieß einen Pfiff aus. Und direkt neben ihm, knapp außerhalb des Kreises materialisierte sich ein zweiter Geist. Ein Mann, wie Mai erkennen konnte. Mai sog scharf Luft ein, als sie ihn erkannte. Sie hatte ihn schon einmal gesehen- in ihrem Traum. Das war der Geliebte der Yuki Onna gewesen. Und er starrte mit einem schmerzverzerrten Blick auf die mittlerweile wieder tobende Frau. Sie zischte und knurrte wieder und bebte am ganzen Körper. Einen Moment lang wandte er, ebenfalls zitternd, den Blick ab. „Mein Herz….“ Flüsterte er leise. „WIE KANNST DU ES WAGEN?!“ brüllte sie ihm entgegen. „WIE KANNST DU ES WAGEN, DICH VOR MIR ZU ZEIGEN???“ Sie sah aus, als hätte der Wahnsinn sie erfasst, als sie zitterte und ihm mit überschlagender Stimme furchtbare Schimpfwörter an den Kopf warf. Sie sah aus wie ein wildes Tier in ihrem hilflosen Toben. Und das war sie auch. Wahnsinnig vor Wut und Schmerz und Mordlust. Und ein Tier in ihrem Trieb, alles um sie herum zu zerstören und zu töten. Nur, dass sie sich immer noch nicht bewegen konnte. Mai wusste nicht wie lange sie tobte. Und sie konnte nur zusehen, wie der Mann bei jedem Wort heftig zusammenzuckte. Leider hörte sie nicht über die tobende Schneefrau hinweg was Naru zu dem Geist sagte, doch dieser nickte nur und fixierte den rasenden Geist entschlossen, bevor er eine zitternde Hand ausstreckte und sie beinahe sanft an der Stirn berührte. Vor der Berührung schien sich das Toben einen Moment lang noch zu steigern, bevor sie langsam ruhiger wurde und schließlich verstummte. Ihr Blick wurde glasig und starrte bewegungslos gerade aus, als würde sie mehr sehen als die Hüttenwand. Verwirrt und mit fragendem Blick sah sie zu Naru. Dieser erwiderte ihren Blick und beantwortete ihre stumme Frage. „Er zeigt ihr seine Sicht der Geschichte.“ Sagte er leise, gerade laut genug um es zu verstehen. Mit einem stummen „Oh“ auf den Lippen wandte sie sich wieder der Schneefrau zu und beobachtete, wie sich ihr Blick langsam wieder klärte. Allerdings war sie immer noch stumm. Sie fixierte ihren Gegenüber abschätzend, bevor ihr Blick wieder kalt wurde. „Na und?“ sagte sie höhnisch und mit eisiger Ruhe. „Glaubst du, es ändert irgendetwas daran, was du getan hast, bloß weil du es nicht tun wolltest?!“ Der Mann senkte den Blick und schüttelte den Kopf. „Nein. Aber ich dachte, es würde dich interessieren, dass ich gerne gestorben wäre um dich zu beschützen.“ Flüsterte er traurig. „Toll.“ Meinte sie höhnisch. „Glaubst du, das ändert etwas? Du hast gesagt, du würdest mich beschützen!!!“ zischte sie, jetzt wieder wütend. „Ja.“ „Und? Was hast du getan? Was hast du getan, nachdem du mich in die Hölle geworfen hast?!“ Er seuftste leise. „Ich habe mein Leben beendet um dir zu folgen und um dich um Knien nach Verzeihung zu bitten“ „Und du denkst also, dass ich dir verzeihen werde?“ fragte sie höhnisch. Er schnitt eine schmerzverzerrte Grimasse. „Nein. Das ist etwas, das nicht verziehen werden kann.“ füsterte der Geist. „Ganz genau. Ich werde dir niemals verzeihen. Du wolltest mich beschützen, warst aber so erbärmlich schwach, dass du nicht einmal ansatzweise Widerstand leiste konntest. Schwächlinge wie du verdienen es nicht zu existieren.“ Er nickte nur, während er die hasserfüllte Mine der Yuki Onna musterte. Schweigend starrten sie sich an. Und plötzlich veränderte sich die Yuki Onna wieder. Sie fing an zu zittern. „Also? Was willst du noch? Deine Botschaft ist angekommen!“ sagte sie leise, wobei auch ihre Stimme schwankte. „Dich erlösen, mein Herz.“ „Sag das nicht mehr!“ zischte sie leise. „Dein Herz existiert nicht mehr.“ Die Augen des Mannes wurden auf einmal weich und er lächelte schwach. „Auch wenn mein Herz gebrochen ist, ist es immer noch mein Herz. Ganz egal, was aus dir wird: Du bist du, und ich liebe dich. Ich will das Beste für dich. Daran wird sich nie etwas ändern.“ „ACH JA??? UND WO WARST DU DANN, ALS…. Als… als mein ganzes Wesen zerschmettert wurde? Wo du doch das Beste für mich willst? Wo warst du da? WO WARST DU?!“ Sie fing an, stärker zu zittern und Mai konnte nur ungläubig zusehen, wie sie anfing zu weinen. Als der Mann weiter sprach, zitterte seine Stimme vor Selbsthass. „Ich war fünf Zellen weiter, geknebelt und gefesselt und war dazu verdammt deine Schreie mit anzuhören.“ Sie schwieg, während immer noch Tränen aus ihren Augen flossen. „Aber… aber vielleicht… hilft es dir ein wenig zu erfahren, dass der Fürst ein unseliges Ende erfahren hat.“ Flüsterte er leise. Sie schwieg, also erzählte er weiter. „Zwei Wochen, nachdem deine Schreie verstummt waren, machte einer meiner Wachen einen Fehler. Er kam in meine Reichweite- ich tötete ihn und konnte mich aus der Zelle befreien. Ich kämpfte mich bis zum Fürsten durch. Bevor er mich wieder verhexen konnte, nutzte ich die Gelegenheit und stach ihm die Augen aus, sodass er keine Möglichkeit mehr dazu hatte.“ Er schwieg kurz, bevor er weiter sprach, und diesmal war es seine Stimme die kälter wurde als Eis. „Natürlich war sein Tod nicht einmal ansatzweise eine Entschädigung für das, was er dir angetan hat, aber- es war ein sehr, sehr schmerzvoller Tod, das kann ich dir versichern, mein Herz.“ Die junge Frau schwieg und starrte ihn weiter an, bevor sie von Schluchzern geschüttelt wurde. „Du… hast mir…. nicht…. geholfen….“ wimmerte sie leise. „Obwohl ich… dir vertraut….“ Sie wurde unterbrochen, indem der Mann zu ihr sprang und sie umarmte. Und diesmal tobte sie nicht bei seiner Berührung. Naru gab Lin ein Zeichen, und dieser nickte nur. Und die zuvor bewegungslose Yuki Onna sank in die Knie und krallte sich verzweifelt schluchzend an ihrem Gegenüber fest, welcher sie sanft streichelte und ihr, ebenfalls weinend, beruhigende Worte ins Ohr flüsterte. Das war zu viel für den weiblichen Teil der Gruppe, die ebenfalls haltlos heulend am Boden zusammen sanken. „Warum… warum weinst DU denn?“ schluchtste Midori. „Weil… weil… waaaah, das ist so traurig!!!“ „Uh-huh…sooo… traurig.“ Stimmte Midori zu, bevor beide nicht mehr in der Lage waren zu sprechen. Einen Moment lang schweifte Narus Blick auf die weinenden Frauen ab, bevor er ein genervtes seuftsen unterdrückte und sich wieder auf die Yuki Onna konzentrierte. Sie war immer noch hoch gefährlich und konnte sich zudem jetzt bewegen. Ein Fehler konnte Mais Tod bedeuten. So fixierte er die sich langsam beruhigende Frau sehr genau. Vorsichtig setzte sie sich auf und sah ihr Gegenüber unsicher an. Dieser musterte sie mit einem sanften Lächeln, wobei seine Augen aber immer noch voller Schmerz waren. „Ich liebe dich, mein Herz. Und jetzt kann mich wirklich nichts mehr auf der Welt von dir trennen.“ Wieder weinend schmiegte sie sich an ihn und wirkte dabei wie ein ängstliches Kind, das einen furchtbaren Alptraum gehabt hatte und getröstet werden wollte. Und der Mann widmete sich dieser Aufgabe hingebungsvoll. Und beide schienen die Welt um sich herum zu vergessen. Es dauerte lange, bis sie wieder in die Realität zurückfanden. Schließlich zog er seine Geliebte vorsichtig wieder in die Höhe und diese wandte sich zögerlich an die abwartende Gruppe. Zuerst sah sie Mai in die Augen, was Naru beunruhigt zur Kenntnis nahm und sich kampfbereit machte. „Es tut mir Leid, dass ich versucht habe dich umzubringen, nur weil wir uns ähnlich sind.“ flüsterte sie leise. Mai, immer noch mit verweinten Augen, lächelte sie breit an. „Ach was…s’is ok. Mir is ja nichts passiert, also…“ Schüchtern lächelte die ehemalige Yuki Onna zurück, bevor sie sich an Naru wandte. „Wie können wir dir jemals danken?“ Er runzelte leise die Stirn. „Indem du uns verrätst, wo dein letztes Opfer ist… und es vielleicht sogar gleich für uns ins Tal bringst.“ Ihr Gesicht wurde ausdruckslos. „Wie du wünscht…. Wenn ich fragen darf…. was habt ihr mit diesem…“ sie stoppte kurz. „Mit dieser Person zu schaffen?“ „Seine Mutter beauftragte uns, ihn zu finden.“ war die kühle Antwort. „Oh… Ach so. Gut, wie du wünschst. Ist das alles?“ „Ja.“ Sie nickte kurz, bevor sie sich zaghaft an ihren Geliebten wandte und ihn fragend ansah. Dieser nickte nur kurz und beide verblassten, bis sie verschwunden waren. Und die ganze Gruppe atmete erleichtert auf. Mai hatte nicht die geringste Ahnung wie spät es geworden war, doch es war gleichgültig. Der Abend klang entspannt mit einem Abendessen aus, bevor sich die Gruppe erschöpft die wohl verdiente Ruhe gönnte. Endlich hatten sie diesen Auftrag zu Ende geführt und konnten schlafen, ohne Angst haben zu müssen von der Yuki Onna attackiert zu werden. _________________________________________________________________________________________ So, das wars also mit der Yuki Onna. Zwar war das Ende vielleicht ein bisschen... tja, zu sehr Friede Freude Eierkuchen, da die Schneefrau ihrem Geliebten schließlich doch verziehen hat... aber ich persönlich mochte die Figur der Yuki Onna und wollte ihr ein Happy End geben.^^' Wie es jetzt weiter geht, weiß ich noch nicht genau, aber ich habe mehrere Ideen. Würde mich übrigens sehr freuen wenn ihr mir ein kurzes Feedback geben könntet, wie ihr die Story und den Abschluss dazu fandet. :S bye naias Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)