A dream beyond words von Chimi-mimi (Assoziatives Schreiben) ================================================================================ Kapitel 3: Assoziation 03 - Little Girl --------------------------------------- “Ehrlich gesagt möchte ich auch bezweifeln, dass er mich jemals anders wahrgenommen hätte, egal, wie ich mich betragen hätte.“, leise las sie sich den gleichen Satz immer und immer wieder vor. Der Autor des Buches sprach ihr aus der Seele. Es war so wahr, als ob es ihre eigenen Gedanken wäre. Gut, ihre Sprache war sicher einfach, aber der Inhalt war der Gleiche. Finn würde sie immer nur als das kleine Mädchen, seine kleine Schwester sehen, nicht als die junge Frau, die sie in der Zwischenzeit geworden war. Noch dazu war er nicht einmal ihr leiblicher Bruder. „Stella!“, rief das Objekt ihrer Gedanken gerade von unten herauf, „Essen ist fertig!“ „Komme schon…“, gemütlich schwang sie ihre Beine vom Bett runter und streckte sich erst einmal ausgiebig. „Beeil dich!“ „Jaja…“, Stella verließ ihr Zimmer gähnend und ging dann zu ihrem Stiefbruder runter in die Küche. Neugierig schaute sie ihm über die Schulter: „Was gibt’s denn heute Leckeres?“ „Tisch decken!“, gab Finn ihr zu verstehen, während er Nudeln abgoss, „Nudeln mit Schinken-Käse-Sauce und Salat.“ Schnell hatte Stella den Tisch gedeckt und den Salat angerichtet. Jetzt wartete sie nur noch auf Finn. Der stellte die Töpfe auf den Tisch und lächelte sie strahlend an. „Guten Appetit.“ Bei seinem Anblick wurde ihr ganzer Mund trocken. Er war so verdammt sexy, dieser Blick über die Brille, das mittellange schwarze Haar, dieser Mund, sein ganzer Körper. Wieder kam Stella der Satz aus ihrem Buch in den Sinn. Sie hatte alles versucht, sich jedes Mal aufgestylt, sie hatte mit ihm geflirtet, ihm eindeutige Signale gegeben, aber er hatte es jedes Mal ignoriert. „Übrigens, heute ist mal wieder eine E-Mail von Kaya und Dad gekommen.“, riss Finn sie aus ihren Gedanken. „Und, wo sind sie gerade?“ „Irgendwo in Peru, anscheinend haben sie einen großartigen Platz für Ausgrabungen gefunden. Aber du kennst ja ihre verwirrten E-Mails.“ „Ja, das stimmt…“ Stellas Mutter war Archäologin und John, Finns Vater, war ihr Ausgrabungsleiter. Die Beiden waren mehr als die Hälfte des Jahres in der Welt unterwegs und schickten ihren Kindern ab und zu mehr als nur seltsame E-Mails. Früher war Stella oft mitgereist, aber nachdem Finn ihr großer Stiefbruder wurde, blieben die beiden immer allein daheim. Das war ihr sogar lieber und sie dachte oft mit Unbehagen an die Reisen zurück. Insekten, kalter Boden, keine sanitären Anlagen, nein, sie war wirklich froh, nicht mehr auf die Ausgrabungen zu müssen. Noch dazu hatte sie jetzt Finn. Den supersüßen Finn. Verzweifelt lehnte Stella sich zurück und schaute die Decke an. Sie hatte zwar Finn, aber für ihn war sie wirklich nur eine kleine Schwester. „Alles in Ordnung?“, fragte ihr Problem schließlich nach. Nichts war in Ordnung, sie war unglücklich verliebt, wusste nicht mehr, was sie noch tun sollte und konnte sich niemandem anvertrauen. „Doch, alles okay…“, antwortete Stella leise, was sollte sie auch sonst sagen. Die Wahrheit ganz sicher nicht. „Hast du etwa Ärger in der Schule? Streit mit deinen Freunden? Liebeskummer?“, Finn gab nicht auf und fragte mit besorgter Miene nach. Fassungslos schaute Stella ihn an. Er merkte es wirklich nicht. Warum musste sie sich ausgerechnet in einen solchen Vollidiot verlieben? Jetzt benahm er sich auch noch wie ein besorgter Vater. „Liebeskummer…“, murmelte sie schließlich leise, in der Hoffnung, Finn würde eifersüchtig werden. „Hat dir jemand einen Korb gegeben?“ „Nein. Ich habe mich in jemanden verliebt, aber egal, was ich mache, er bemerkt es nicht. Er sieht mich immer nur als kleines Mädchen.“ „Als kleines Mädchen?“ „Ja, er hat noch nicht bemerkt, dass ich erwachsen geworden bin. Ich will nur ihn, niemand anderen.“, ernst schaute Stella auf ihren nachdenklichen Bruder. „Hast du es ihm schon direkt gesagt? Manche Männer merken so etwas einfach nicht…“ „Ich habe Angst, dass er mich verachtet, wenn er es erfährt, dass er nicht mehr mit mir redet.“ „Ach Stella, wenn er das macht, dann ist er es so oder so nicht wert. Sag es ihm, wenn er dich mag und sei es nur als Freundin, dann wird er nicht so reagieren.“ Schweigend saß sie auf ihrem Stuhl und sah ihren Bruder genau an. „Ist es einer aus deiner Klasse?“, fragte dieser in die Stille hinein. Stella stand langsam und ruhig auf, ging zur Tür und drehte sich dann um: „Du bist es, du Idiot.“ Dann ließ sie den überraschten und geschockten Finn allein. Schritt für Schritt ging sie die Treppe hoch und schloss sich in ihr Zimmer ein. Einen Moment blieb sie an der Tür angelehnt stehen, die Tränen kamen ihr hoch. Langsam rutschte sie runter und saß heftig schluchzend auf dem Boden. Was hatte sie nur getan? Warum? Warum… „Stella!“, Finn hämmerte laut an ihre Zimmertür, „Komm raus, Stella, wir müssen reden.“ Sie wollte jetzt nicht reden. Was brachte es schon? Sie würde für ihn immer die kleine Schwester, das kleine Mädchen bleiben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)