Vampire? Die gibt es doch gar nicht! von The_Maoh ================================================================================ Kapitel 55: Kapitel 85-86 ------------------------- Kapitel 85: Mein Herz schlug immer schneller. Mit jedem Ton, den ich vernahm und darauf warten ließ, dass jemand auf der anderen Seite abnahm. Was, wenn sie nicht mal mit mir reden wollten? War das möglich? Immerhin hatten sie sich seit zwei Jahren nicht mehr bei mir gemeldet. Hatten sie mich überhaupt vermisst? Oder waren sie vielleicht sogar froh, mich nicht mehr bei sich zu haben? So viele Fragen, die mir den Mut nehmen wollten, weiter den Hörer in der Hand zu behalten. Fast hätte es meine innere Stimme geschaft, und ich hätte einfach aufgelegt, als plötzlich auf der anderen Seite der Leitung jemand abnahm. „Meunier?“ Ich musste mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch setzen, als ich die Stimme meiner Großmutter vernahm. Sie klang noch genau so wie vor zwei Jahren. Tränen stiegen mir dabei unbewusst in die Augen und ich konnte kein Wort herausbringen. Sie blieben mir im Halse stecken. „Bonjour?... Qui est là?“ Ich hatte die letzten Jahre nur englisch gesprochen, und musste mich richtig zusammenreißen, Französisch wieder zu verstehen und zu antworten. „Grandma...“ Brachte ich mit piepsiger Stimme und in meiner Muttersprache heraus. Plötzlich war es auf der anderen Seite ruhig und ich hielt den Hörer noch fester. „Grandma....ich bin es..“ Sprach ich weiter in Französisch und wartete sekundenlang auf eine Reaktion. Hatte ich doch falsch gehandelt? Ich hätte nicht anrufen sollen, dann wäre mir die Erkenntnis erspart geblieben. Doch ich brachte es auch nicht fertig, aufzulegen. Als ich schon alle Hoffnungen verloren hatte, hörte ich endlich wieder die Stimme meiner Großmutter. „Kathrin...mein Kind, bist du das?“ Sie erinnerten sich also doch an mich und alle Dämme begannen zu brechen, während immer mehr Tränen meinen Wangen Hinabflossen. „Ja... Grandma!! Ich hab dich so vermisst!!“ „Mein Kind. Wir dich doch auch. Wie geht es dir? Wo bist du gerade?“ Ich konnte es an ihrer Stimme hören, sie zitterte. Ob sie wohl ebenso weinen musste? Oder hielt sie es besser zurück als ich? „In Washington...Amerika...“ Auf die andere Frage wusste ich noch keine Antwort. Ging es mir gut? Eigentlich ja. Andererseits nein. Ich wünschte mich jetzt gerade zu ihr, und in ein normales Leben. Aber dann wollte ich auch wiederum nicht alles aufgeben, was ich mir sozusagen antrainiert hatte. Ich begann diese andere Seite an mir zu mögen. Diese Macht, wenn man es so ausdrücken konnte. Nur deswegen wollte ich es ja auch nicht zulassen, dass diese Hexen mich erneut in eine menschliche Hülle einsperrten. „Ma, mit wem telefonierst du denn da?“ Im Hintergrund konnte ich die Stimme meiner Mutter hören und musste sofort wieder weinen, als meine Großmutter meiner Mutter erzählte, dass ich dran war. „Kathrin!! Alles in Ordnung bei dir? Wie geht es dir? Oh mein Kind, ich hab dich so vermisst!!“ Kam es direkt von meiner Mam. Sie hatten mich nicht vergessen. Es war wie eine Last, die von mir abfiel. „Mam!!“ Begann ich und sackte etwas nach vorne weg. „Ich dachte, ihr habt mich vergessen.“ Ich konnte es nicht zurückhalten, was mir die ganze Zeit durch den Kopf gegangen war. „Dich vergessen? Wie kommst du denn darauf, mein Schatz? Niemals würden wir dich vergessen. Wir haben uns jeden Tag um dich gesorgt. Jede Woche haben wir bei Inetgra Hellsing angerufen, um zu erfahren, wie es dir geht.“ „Was???“ Sie hatten angerufen? Jede Woche? Wieso hatte ich davon nichts erfahren? „Kathrin...hast du denn nie unsere Nachrichten erhalten?“ Ungläubig schüttelte ich den Kopf und es dauerte einen Moment, ehe mir bewusst wurde, dass sie dies nicht sehen konnten. „Nein...Keine einzige Nachricht...deswegen dachte ich ja auch, ihr würdet mich vergessen wollen...“ „Was hatte ich dir gesagt, Mary?? Du hättest ihr nicht vertrauen sollen!! Hätten wir es gekonnt, dann hätte Vladiana uns aufgetragen, ihre Tochter an sie weiter zu geben, um auf sie zu achten!!“ Hörte ich meine Großmutter im Hintergrund und setzte mich dabei aufrecht hin. „Vladiana?“ Fragte ich leise nach. Der Name meiner wirklichen Mutter. „Ich konnte doch nichts tun, Mutter! Was hätte ich machen sollen? Ich bin kein Vampir. Ich kenne mich damit nicht aus und ich wollte das beste für meine Tochter!“ Die beiden stritten sich, als wenn ich nicht über Telefon alles mithören würde und ich unterbrach sie auch nicht. Immer wieder hörte ich die Vorwürfe meiner Großmutter, das sie niemals nach England hätten ziehen sollen. Bei ihr wären sie sicherer gewesen. Sie hätte schon gewusst, was zu machen sei. Doch was dies genau war, erfuhr ich nicht. „Was geschehen ist, ist geschehen.“ Beendete meiner Mutter die Diskussion und zugern hätte ich noch mehr erfahren. „Jetzt sag uns Schatz, geht es dir denn gut?“ „Ja. Es geht... Mam. Warum habt ihr mir nie früher etwas gesagt?“ „Weil wir nicht konnten. Wir haben es Vladiana versprochen gehabt, auf dich zu achten, als seist du unser Kind. Wir sollten dich, so lange es ging, von dieser Welt fernhalten. Sie wollte nur das Beste für dich.“ Aber ob es das auch wirklich wahr? „Schatz, hast du gelernt mit deinem...Hunger umzugehen?“ Es schien meiner Mutter Unbehagen zu bereiten, über dies zu sprechen, was ich sehr gut verstehen konnte. „Es geht. Dank Alucard habe ich viel darüber gelernt und ebenso, wie ich es am besten anstelle. Auch, um keine Leute unabsichtlich umzubringen.“ Und irgendwie war es komisch, über dies so einfach zu reden. Ich behielt es auch für mich, dass leider meinetwegen bereits einige das Zeitliche gesegnet hatten. Sie sollten es niemals erfahren. „Er scheint dir ein guter Lehrer zu sein.“ „Ja..kann man so sagen...also er bringt mir viel bei... ich lerne gerne von ihm...“ Auch wenn seine Methoden alles andere als nachvollziehbar waren. Ich berichtete den beiden, was ich bisher alles gelernt hatte und irgendwie war ich darüber sogar stolz, dass ich mich in der Schattenwelt endlich zurechtfinden konnte. Ebenso wie toll ich es fand, dass Verletzungen und Knochenbrüche innerhalb kürzester Zeit heilten. Als ich davon berichtete, konnte ich jedoch den Ärger aus den Stimmen meiner Mutter und Großmutter heraushören. Daher beruhigte ich sie sofort wieder und meinte, dass dies nicht so oft vorkam, nur zum Ausprobieren eben. Die Wahrheit behielt ich für mich und würde ihnen somit auch niemals davon erzählen, was mir alles ansonsten widerfahren war. Wie lang ich mit ihnen genau telefonierte, konnte ich nicht sagen. Doch als ein gewisser jemand im Zimmer auftauchte, mit einigen Sachen auf dem Arm, musste ich das Gespräch beenden und dabei war es mir egal, ob er es mitbekam oder nicht. „Ich muss Schluss machen. Ich rufe aber bald wieder an. Ich vermiss euch und hab euch lieb.“ Meinte ich zu den beiden und legte danach auf, ehe sie noch etwas sagen konnten. Anschließend stand ich auf und ging auf Alucard zu. „Wieso wurde mir nie gesagt, dass meine Eltern jede Woche anriefen??“ Fragte ich wütend und verschränkte die Arme dabei vor der Brust. „Aus welchem Grund sollte ich dir dies sagen? Es interessiert mich nicht.“ War das seine einzige Antwort dazu? Nur das es ihn nicht interessierte? „Und was ist mit mir?? Hast du eigentlich ne Ahnung, was ich mir alles für Gedanken die letzten zwei Jahre gemacht hab??“ „Gedanken über irgendwelche Menschen?“ „Über meine Eltern!! Meine Familie!!“ „Sie sind nicht deine Familie! Sie sind nur Menschen!“ Erwiderte er und diesmal lag kein Lächeln auf seinen Lippen. „Und selbst wenn, haben sie mich dennoch groß gezogen. Für mich sind sie Familie.“ Stellte ich klar und funkelte ihn wütend an. Es war wie ein Schlag ins Gesicht gewesen, zu erfahren, dass ich hätte jede Woche mit ihnen reden können und mir dies verheimlicht wurde. „Hätten sie sich wirklich sorgen gemacht, wären sie wohl zu dir gereist, anstelle nur anzurufen, um zu erfahren, ob es dir gut geht.“ Ich wollte gerade dagegen argumentieren, doch schloss ich meinen Mund wieder. Hatte er da recht? Immerhin waren zwei Jahre vergangen. Das hieß, sie mussten fast hundert mal angerufen haben und kein einziges Mal hatten sie dabei mit mir gesprochen. Hätte ihnen das nicht wirklich komisch vorkommen müssen? Oder hatten sie dieser Verrückten so sehr geglaubt? Was hatte sie überhaupt erzählt gehabt? Ich hätte danach fragen sollen und biss mir selbst auf die Zunge. Als Alucard mir ein paar Sachen entgegenhielt, holte er mich aus meinen Gedanken zurück. Ich nahm sie an mich und verschwand damit direkt ins Schlafzimmer. Endlich kam ich aus diesen anderen Klamotten raus. Kurz fragte ich mich, woher er die neuen Sachen hatte. Denn es waren keine, die ich schon mal getragen hatte. Ich beließ es dann aber einfach dabei und kam wieder aus dem Schlafzimmer raus. Dabei schloss ich die letzten Knöpfe der Bluse. „Danke.“ Meinte ich wegen den Klamotten und fühlte mich um einiges besser als zuvor. „Kann ich mit Integra sprechen?“ Denn ich wollte, dass sie mir ab jetzt immer Bescheid gab, wenn meine Eltern oder Großeltern anriefen. „Im Moment wohl eher kaum. Sie ist von dir nicht sonderlich angetan.“ „Das beruht auf Gegenseitigkeit! Dennoch will ich mit ihr reden!“ „Ich werde ihr etwas von dir ausrichten.“ Und das sollte ich glauben? Doch was anderes würde ich wohl nicht erreichen und gab daher erst einmal auf. Ich bat Alucard also, ihr meine Forderung, oder Bitte, je nachdem, wie man es rüber brachte, mitzuteilen. Er selbst war davon nicht angetan, was ich sofort merkte. Doch diesmal sagte er nichts weiter dazu. „Außerdem will ich, wenn wir aus Amerika zurückkehren, zu ihnen reisen. Ich will sie wieder sehen.“ „Lerne dich durch die Schatten zu bewegen, und du kannst selbst zu ihnen reisen.“ Zuerst wollte ich ihn vollmeckern, doch dann hielt ich mich erneut zurück. Er hatte nicht abgelehnt, nur gemeint, ich solle es selber hinbekommen. Vielleicht wollte er mich somit auch anstacheln, dass ich dies endlich hinbekam. Also nickte ich ihm zu. Es war abgemacht. Ich würde lernen, mich durch die Schatten zu bewegen, um schnell von einem Ort, zum anderen zu gelangen. Nur jetzt begann ich damit noch nicht. Immerhin hatte ich hier keine Ahnung, wo ich hin sollte. Alucard verschwand mal wieder und ich ließ mich auf die Couch fallen. Für den Rest der Nacht nahm ich mir vor, einfach nur aus dem Fenster das Stadt-Geschehen zu beobachten. Gerade als die Sonne dabei war aufzugehen, vernahm ich ein Klopfen an der Tür und ging zu dieser. Zu meiner Überraschung stand mal wieder Sera davor. „Guten Morgen.“ Strahlte sie mich an. „Morgen.“ Erwiderte ich etwas unsicher. „Ich dachte, ich frage dich, ob du morgen Nacht mit mir ein wenig dir die Stadt ansehen gehen magst. Ich würde mir gerne ein paar Sightseeing-Punkte ansehen, wenn ich schon mal hier bin.“ „Ähm..Ja, gerne...“ Ich lächelte ihr zu und sah ihr noch nach, als sie bereits wegging. Etwas die Stadt sich ansehen zu gehen, war bestimmt nicht schlecht. Immerhin wer wusste schon, wann ich mal wieder herkommen würde. Oder ob es dann noch genau so sein würde, wenn ich jemals wieder hier her kam. Ich musste bei dem Gedanken doch etwas schmunzeln. Es hatte bestimmt auch was Gutes, nicht nur ein Menschenleben zu haben. Kopfschüttelnd ließ ich mich wieder aufs Sofa fallen. Ich hätte zwar auch ins Bett gehen können, doch war mir noch immer nicht klar, ob dies nicht vielleicht Alucards war und mit ihm in einem schlafen? Nein. Das würde ich nicht! Daher genoss ich den Sonnenaufgang auf dem Sofa und schlief irgendwann dabei ein. Ich bekam nicht mal mit, wie jemand eine Flasche Blut auf den Tisch vor mich stellte, welche ich am Abend, als ich wieder aufwachte, entdeckte. Entweder war es Alucard selbst, oder Walter. Andererseits, war es auch egal. Ich genoss mein Abendessen, als es wieder an der Tür klopfte und ich Sera aufmachte. Ich wollte die Flasche wenigstens noch leeren, ehe es los ging und ließ sie daher rein. Sie sah sich dabei um und ich fragte mich schon, ob sie nicht genau solch ein Zimmer hier in diesem Hotel hatte. „Bist du alleine hier?“ Fragte sie mich unsicher und ich sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. Doch dann blickte ich in Richtung Schlafzimmer und zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich hab bis eben geschlafen. Vielleicht ist Alucard im Bett.“ Und ich deutete dort hin. „Ihr beide teilt euch also kein Bett?“ Wie kam sie denn dadrauf? „Nein! Wieso sollten wir??“ Fragte ich empört und goss den letzten Rest der Flasche ins Glas. „Ach, nur so. Ich hab mir wohl was eingebildet gehabt. Vergiss es. Also. Wollen wir?“ „Mhm.. Jep. Wir können.“ Und ich trank schnell das Glas leer, ehe ich mir Sera zur Tür ging. Ich freute mich irgendwie schon richtig auf diesen Ausflug. Kapitel 86: Die Stadt war riesig, wurde uns beiden bewusst, als wir durch einige Straßen gelaufen waren und vor einer Kreuzung die Köpfe zusammensteckten, um uns die Stadtkarte genauer anzusehen. Es gab so viel zu sehen und nur so wenig Zeit. Doch begannen wir nach und nach alles auszusortieren, wo wir des Nachts nicht hinkommen würden. Wie schade, das vieles nur tagsüber geöffnet hatte. Doch Sera war es nicht möglich, des Tages herumzulaufen, und ich hatte kein Bedürfnis dazu, morgen vollkommen alleine die Stadt unsicher zu machen. Bei meinem Glück geschah sonst was. „Auf jeden Fall will ich mir das Lincoln Memorial ansehen. Das habe ich schon so oft in irgendwelchen Filmen gesehen.“ Kam es von Sera und sie deutete auf die Karte. Wir waren davon noch Meilen entfernt und dennoch nickte ich. „Da in der Ecke sind ziemlich viele Sehenswürdigkeiten..sogar das Weiße Haus.“ Meinte ich grinsend und stellte mir gerade vor, dort hineinzugehen. Ob ich dafür in die Schattenwelt wechseln sollte? Andererseits konnte ich mich noch immer nicht wirklich gut durch Wände damit bewegen und beließ es lieber dabei. „Können wir dann auch mal durch Chinatown?“ Fragte ich nach und suchte dies auf der Karte, bis Sera drauf zeigte und ich grinsen musste. Es war ebenso in der Nähe von den anderen Sachen, die wir uns ansehen wollten. Wirklich alles lag so nahe bei einander. Ich hatte gedacht, dass sich dies alles etwas weiter verteilte in der Stadt, doch war dem nicht so. „Lass uns einfach losgehen und mal sehen, was wir so alles schaffen.“ Nachdem Sera die Karte zusammengefaltet in ihre Tasche steckte, ging es auch schon los. Da das Hotel, in welchem wir waren, auf der anderen Seite des Anacostia Rivers war, mussten wir zuerst eine der Brücken auf die andere Seite der Stadt nehmen. Wir benutzten dafür die Frederick Douglass Memorial Bridge und ich konnte gar nicht verstehen, dass so wenig Platz auf dieser für Fußgänger war. Wir konnten kaum nebeneinander hergehen. Immer wieder musste ich hinter Sera gehen, als uns jemand entgegenkam, bevorzugt auf dem Fahrrad. Legten die in dieser Stadt so wenig Wert auf Fußgänger? „Auf dem Rückweg lass uns eine andere Brücke nehmen. Da hinten sind doch auch welche.“ Meinte ich, als wir ungefähr die Hälfte hinter uns gebracht hatten und ich einfach ein paar Momente an der Stelle verweilte, um auf den Fluss hinauszusehen. Es fuhren einige Schiffe auf diesem entlang. Zumeist jedoch Kleinere, private Boote. „Ob die anderen besser sind? Ich glaube, die Leute haben keine Probleme damit. Immerhin gehen die sogar am Rande der Fahrbahn entlang.“ Ich drehte mich verwundert um und sah tatsächlich auf der anderen Straßenseite welche am Rande der Fahrbahn entlang gehen. Genau auf der durchgezogenen, weißen Linie am Rande, bevor eine Absperrung kam, um den schmalen Fußgängerweg von der Fahrbahn abzutrennen. „Vielleicht sollten wir nachher eine Fähre oder sowas benutzen.“ Wenn es das gab. Kopfschüttelnd ging ich dann aber weiter, vor allem, als uns mal wieder ein Radfahrer entgegen kam, der meinte, die gesamte Breite des Fußgängerweges gehörte ihm. „Echt jetzt?“ Fragte ich und musste seufzen. Das Erste, was wir auf der anderen Seite der Brücke sahen, war eine Brauerei. Es gab einige Bänke nahe am Wasser, wo noch immer Leute drauf saßen und etwas von dieser Brauerei tranken. Ich hatte ja nichts gegen Bier, fand es nur noch immer unfair, das ich nicht wie alle anderen in meinen Alter dazu kam, dies zu trinken. Ob ich jemals mich betrunken machen könnte? Vielleicht wenn ich ziemlich viel von jemanden trank, der ordentlich Promille in sich hatte. Ich schüttelte den Gedanken weg und lief lieber schnell hinter Seras her, welche bereits weitergegangen war und dabei erneut die Karte ausgefaltet hatte. „Hmm..wir sind hier. Wenn wir die Kreuzung hinter uns gebracht haben, müsste ein Stadion auftauchen.“ „Was denn für eines?“ Fragte ich und blickte mit auf die Karte. Leider stand das nicht drauf, doch fanden wir es nach einigen Minuten selbst heraus. Es war ein Baseballstadion und es war sogar offen. „Ich hab noch nie ein Baseballspiel gesehen.“ Kam es von Sera, während ich nur murrte. „Ich schon, ist nichts Besonderes.“ Vor allem, da ich mich dran erinnerte, was vor wenigen Tagen geschah, als ich in einem solchen Stadion drinnen war. Unser Weg führte uns die Straße weiter, entlang an Geschäften, die bereits geschlossen hatten. Bis auf irgendwelche kleinen Kioske. Dazu etliche Wohnhäuser. Irgendwann kamen wir schließlich bei unserer ersten, richtigen Station an, das Kapitol. Selbstverständlich konnten wir es um diese Zeit nur von außen uns ansehen. Dennoch gingen wir so nahe heran, wie es uns möglich war, und standen bald schon vor einen Drahtzaun. Um uns herum war ein großes Stück Wiese, auf die ich mich erst mal setzte und einfach nur den Anblick vor mir genoss. „Wofür ist das nochmal da?“ Fragte ich Sera und sie kratzte sich am Hinterkopf. „Gute Frage. Ich glaube, dass dies sowas wie der Sitz des Parlamentes ist.“ „Da tagt der Senat und das Repräsentantenhaus.“ Kam es von der Seite und ich drehte mich um. Es kamen ein paar junge Leute auf uns zu. „England?“ Fragte einer von ihnen und Sera bejahte dies sofort. „Man hört es.“ Meinte er weiter und die etwa 5 Leute blieben vor uns stehen. „Wenn ihr wollt, können wir euch ein wenig herumführen. Es ist nicht gerade sicher für zwei junge Frauen um diese Uhrzeit durch die Stadt zu laufen. Da kann sonst was geschehen.“ Erzählte er weiter, während ich eine meiner Brauen hochzog. „Wir können gut auf uns selbst aufpassen.“ Kam es von mir und ich sah zu dem Kerl hoch, blieb allerdings weiter auf dem Gras sitzen. „Wenn ihr meint. War nur ein Vorschlag.“ Und damit gingen sie weiter. „Da will man mal nett sein.“ „Du siehst eben nicht gerade nett aus, Brian.“ Kam es von einem der anderen und die Gruppe musste lachen. Vielleicht waren sie ja wirklich nett und es war ein ernst gemeintes Angebot. Doch nach allem, was ich bisher erlebt hatte, wollte ich es nicht darauf ankommen lassen. Zudem entsprach es der Wahrheit. Sera und ich würden mit jedem Menschen fertig werden, der versuchte uns was zu tun. Alle anderen Wesen waren wohl eher ein Problem. „Wollen wir weiter?“ Seufzend stand ich auf und klopfte meine Sachen kurz ab. Danach folgte ich Sera weiter durch die Straßen von Washington. Das Gute war, das wir zumeist nur eine Straße folgen mussten, um von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten zu kommen. Hierhingehend war die Stadt ziemlich übersichtlich aufgebaut. Gegen Mitternacht erreichten wir dann sogar endlich Chinatown und ich hatte es mir komplett anders vorgestellt, als es in Wirklichkeit war. In Filmen wurde es immer wie ein kleines China dargestellt. Doch zu meist waren es nur chinesische Läden, die dennoch in normalen Häusern waren. Das Imposanteste war wohl diese Art Stadttor, vor dem wir gerade standen. Jetzt war ich wirklich etwas betrübt. Vor allem, da mir ein mehr als leckerer Duft entgegenkam. Ich hatte früher immer asiatisches Essen gemocht, wusste aber, das ich es nicht mehr essen konnte. „Wohin als nächstes?“ Fragte ich daher und lehnte mich mit dem Rücken gegen eine der Fußgängerampeln. Die vorbeigehenden Leute waren mir dabei egal. „Wir könnten uns Downtown ansehen.“ „Warum nicht.“ Irgendwie sagte mir der Name was, doch erst als wir dort waren, wurde es mir wieder bewusst. Bisher kannte ich immerhin nur alles aus dem Fernseher. „Ich glaube, bei Tag wäre hier um einiges mehr zu sehen.“ Denn um diese Uhrzeit waren vor allem irgendwelche Luxus-Bars offen, wo ein Blick auf die ausgehängte Getränkekarte mir ausreichte. Wer bezahlte denn bitte fast 10 Dollar für ein Glas Bier? Aber zumindest war die Lichterkulisse der Stadt sehenswert. Dennoch hatte ich mir diese Sightseeingtour gestern vollkommen anders vorgestellt. Eventuell waren wir auch einfach nur in der falschen Stadt. „Nächstes mal lass uns irgendwie nach New York oder Las Vegas kommen. Ich glaube, da erleben wir des Nachts mehr.“ Nuschelte ich vor mich hin und hatte mich dabei auf eine kleine Steinstufe bei einer Statue gesetzt. Die Statue repräsentierte den General George Henry Thomas, sofern ich das richtig auf einen der Schilder lesen konnte, die etwas weiter weg waren. Ich hatte keine Ahnung, wer der war, oder was der gemacht hatte. „Ich hatte mir das auch alles anders vorgestellt.“ Gestand Sera und ließ sich neben mir auf eine der Stufen vor der Statue nieder. „Aber es war ein Versuch wert. Zumal Alucard eh nur wollte, dass ich Zeit mir dir verbringe...Äh, ich meine...Das wir zusammen was erleben.“ Sofort drehte ich mich zu ihr um. „Was?? Wie meinst du das? Warum Zeit mit mir verbringen??“ Fragte ich sofort aufgebracht. „Tut mir leid. So hatte ich das nicht gemeint. Vergiss, was ich gesagt hab.“ „Das kannst du sowas von vergessen! Was meinst du damit?“ Verlangte ich zu wissen und konnte dabei genau erkennen, dass sie ein mehr als schlechtes Gewissen hatte. Doch das war mir gerade sowas von egal. Es war ihr unangenehm darüber zu reden und doch ließ ich nicht locker, bis sie seufzend aufgab. „Er hat mich gestern Abend angewiesen, dass ich dich irgendwie heute Nacht ablenken sollte. Warum hat er aber nicht gesagt und ich fand das auch nicht schlimm. Ganz im Gegenteil. Ich wollte wirklich mir die Sehenswürdigkeiten ansehen gehen und es hat mir auch spaß gemacht, mit dir die Stadt zu erkunden.“ Ich war auf hundert-achtzig, als ich das hörte. Den letzten Teil von Sera bekam ich gar nicht mehr wirklich mit und brüllte bereits in Gedanken nach Alucard. „Ich gehe zurück zum Hotel!“ Ließ ich sie wissen und noch ehe Sera etwas sagen, oder machen konnte, zog ich mich schnell in die Schatten zurück. Immerhin konnte sie mir dahin nicht folgen. Ein wenig tat es mir leid, sie dort alleine zu lassen. Doch sie würde auch ohne mich zurechtkommen und den Weg zurückfinden. Ich wollte jetzt nur noch eines, und zwar einem gewissen Blutsauger den Arsch aufreißen! Ich ging zurück zum Hotel und blieb dabei in der Schattenwelt. Immerhin konnte ich mich in dieser um einiges schneller fortbewegen. Zuerst orientierte ich mich an den verschiedenen Sehenswürdigkeiten, wo wir lange gegangen waren, und hatte bald darauf die Brücke erreicht. Doch bevor ich diese überquerte, bemerkte ich ihn bereits und knurrte vor mich hin. „Ich gehe davon aus, dass Fräulein Polizistin davon berichtete, um was ich sie gebeten hatte?“ Fragte er mit einem Grinsen auf den Lippen. „Wohl eher angewiesen! Was sollte das? Wieso hast du das getan??“ Fragte ich aufgebracht und ging ihm dann einfach entgegen. „Ich nahm an, dass dir Ablenkung gut tun würde. Die ganze Zeit über in dem Hotelzimmer schien dir nicht gut zu tun.“ Wie kam er denn dadrauf? War es, weil ich meine Familie angerufen hatte? Meinte er das damit? „Selbst wenn ich mich dort gelangweilt hätte, hättest du Sera nicht anweisen müssen, mit mir Zeit zu verbringen! Sie ist doch nicht deine Untergebene!!“ „Was glaubst du denn, was sie für mich ist, Kathrin?“ Ich blieb nach etwa der Hälfte des Weges zu ihm stehen. Sah er sie wirklich als Untergebene an? Ich hatte ja mitbekommen, dass Sera ihn immer wieder Meister nannte. Aber hatte das nicht eher damit etwas zu tun, dass er sie sozusagen erschaffen hatte? Was lief da überhaupt zwischen den beiden ab und wie? „Ich weiß nicht, was das zwischen euch beiden ist, doch halte mich da raus!“ Schrie ich ihm entgegen. „Ich will nicht, dass du Sera benutzt, damit sie mich, aus welchem Grund auch immer, ablenkt oder sonst irgendwas! Du hättest mir auch einfach vorschlagen können, dass ich mit ihr zusammen mir die Stadt ansehen gehe. So wie ihr auch. Lass ihr die Möglichkeit Nein zu sagen!“ „Sie hat diese Möglichkeit. Doch nutzte sie jene nicht.“ Nun stand ich da, wie bestellt und nicht abgeholt. „Was?“ Er kam mir entgegen, während ich ihn weiterhin fragend ansah. „Ich zwinge Seras zu nichts. Sie hat einen freien Willen.“ „Aber...warum hat sie dann das getan, was du von ihr verlangt hast?“ Als er vor mir stehen blieb, sah ich zu ihm hoch. Jedoch konnte ich ihm, aufgrund seiner Brille, nicht direkt in die Augen sehen. „Frag sie selbst.“ Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange, denn ich wusste, dass ich sie nicht fragen musste. Sie hatte mir vorhin bereits die Antwort gegeben. Doch war ich zu wütend gewesen, um sie zu hören. „Kathrin.“ Seufzend sah ich zur Seite weg, auf das Wasser des Flusses, welches in der Schattenwelt dunkler und trüber wirkte. Zudem schien eine Art Schmierschicht über der Oberfläche zu sein. „Hast du deine Antworten bekommen, die du gesucht hast?“ Ein lachender Unterton war bei dieser Frage zu vernehmen. „Das ist nicht witzig!“ „Mich amüsiert es, wenn du wütend bist. Immerhin könntest du nichts gegen mich ausrichten, selbst wenn deine Wut berechtigt wäre.“ Während er dies von sich gab, strich er eine meiner Haarsträhnen nach hinten und griff mein Kinn, um dieses zu sich zu drehen. „Vielleicht solltest du die Zeit nicht mit Telefonaten oder Gedanken über irgendwelche Menschen verbringen, sondern stattdessen deine Fähigkeiten weiter erkunden und ausbauen, damit du irgendwann wirklich eine Chance gegen mich hast.“ Während er dies sagte, beugte er sich nach vorne und hauchte den letzten Teil gegen meine Lippen. Ich musste dabei schlucken und verharrte regelrecht wie in Starre. „Oder muss ich dir erst wieder die nötige Motivation dazu zukommen lassen?“ Ich dachte wirklich, er würde mich küssen, doch statt seiner Lippen auf meinen, spürte ich nur, wie er mich von sich stieß und ich über die Brüstung der Brücke fiel. Er hatte mich tatsächlich runter gestoßen! Dieser verdammte Mistkerl!! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)