Für die Ewigkeit von abgemeldet (Maou FF (Naruse x Shiori)) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Viele, viele Jahre waren vergangen seit den tragischen Ereignissen, die Tokyos Bewohner in Atem gehalten hatten. Mittlerweile konnte sich kaum einer mehr an den Namen „Amano Makoto“ und all die schlimmen Geschehnisse, welche dieser Name herauf beschworen hatte, erinnern. Die meisten hatten das alles bereits vergessen, doch es gab eine Person, die nicht aufgehört hatte, diese Erinnerungen fest in ihrem Herzen zu bewahren. Sakita Shiori lebte jeden Tag ihres Lebens mit voller Kraft und genoss jede einzelne Minute davon, doch nie hatte sie den Fall „Amano Makoto“ und all die Personen die damit verbunden waren vergessen. Besonders diese eine Person hatte sie nie aus ihrem Herzen verbannen können. Shioris Blick fiel auf ein durch die Jahre bereits mitgenommenes, zerknittertes Bild, das sie in ihrer schmalen Hand hielt. Darauf zu sehen waren drei Personen: Shiori saß an einem der runden Tische des kleinen Cafes, neben ihr stand Sora-chan, die mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht ein Victory-Zeichen in die Kamera machte und neben ihr, ebenfalls sitzend, war ein junger Mann in einem schwarzen Anzug zu erkennen. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen; ein Lächeln das man leider nur zu selten zu Gesicht bekommen hatte. Shioris Herz schmerzte bei dem Gedanken, dass sie nicht in der Lage gewesen war, dieses zu beschützen. Sie hatte in ihrer Vergangenheit alles versucht, doch das Schicksal war nicht auf ihrer Seite gewesen. In jener tragischen Nacht hatte sie ihn verloren; den Mann, dem sie ihr Herz geschenkt hatte und für den sie zu einem Engel werden wollte: Naruse Ryo. Als sie hörte, wie sich ihr Schritte näherten, wandte sie ihren Blick von dem Bild ab und sah hinauf zu der Person, die nun neben ihr stand. Es war eine Frau mit langen dunklen Haaren und einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. „Sora-chan, du bist noch hier?“ waren die überraschten Worte, welche Shiori ihr entgegnete. Sora-chan war zu einer stattlichen Frau herangewachsen. Sie kannte zwar die wahre Geschichte nicht, die sich hinter Naruse Ryo verborgen hatte, doch hatte auch sie diesen Mann nie wirklich vergessen können. Als Shioris Freundin vor vielen Jahren die Entscheidung getroffen hatte das Cafe nicht weiterzuführen, war Sora-chan es gewesen, die das kleine Cafe übernommen hatte. Sie wusste, wie viel Shiori an diesem Ort lag und auch sie selbst hatte hier viele schöne Erinnerungen gemacht. Seitdem führte sie nun diesen Betrieb und nie hatte sie dabei aufgehört Shiori mit „Shiori-neesan“ anzusprechen. Genauso wie Shiori sie weiterhin „Sora-chan“ nannte. Sora nahm sich einen Stuhl von einem der Tische und setzte sich neben den Schaukelstuhl in dem ihre ältere Freundin saß. „Ja ich habe noch schnell die Kasse gemacht, damit ich das nicht morgen früh machen muss.“, antwortete sie Shiori mit einem strahlenden Lächeln. „Schaust du dir wieder das Bild von uns an? Es ist wirklich ein sehr schönes Foto. Wie gut dass meine Mutter es an diesem Tag gemacht hat, nicht wahr?“ Shiori nickte leicht, doch Sora konnte sehen, wie Traurigkeit sich in ihren Augen widerspiegelte. „Du vermisst ihn noch immer Shiori-neesan, oder?“ Ein leichtes Lächeln huschte über Shioris Gesicht, dann strich sie sich mit ihrer Hand eine graue Strähne ihres Ponys aus dem Gesicht. „Nee, Sora-chan. Ich hatte ein erfülltes Leben nicht wahr?“ Sora sah sie überrascht an. „Eh? Was ist das für eine Frage?“ Wieder erschien ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht der älteren Frau. „Ich meine ja nur. Ich bin schließlich nicht mehr die Jüngste, meine Zeit läuft langsam ab. Ich möchte nur sagen können, dass ich mein Leben bestmöglich gelebt habe. Dass ich nie aufgegeben habe, selbst nachdem ich etwas so kostbares verloren habe“, sanft strich sie mit ihrer nun alt gewordenen Hand über das Foto. „Das hast du Shiori-neesan! Du hast dein Bestes gegeben!“ kam lächelnd die Antwort über ihre Lippen. „Danke Sora-chan! Danke für alles!“ Beide Frauen sahen sich in die Augen und Sora entwich ein leises Lachen. „Wenn du das so sagst, dann klingt es ja fast wie ein Abschied! Aber nicht vergessen, morgen früh komme ich wieder, schließlich muss sich doch jemand um den Laden hier kümmern.“ Sie stand von ihrem Stuhl auf und strich sanft beim Vorbeigehen über den Arm der Älteren. „Wir sehen uns dann morgen!“ Shiori nickte nur kurz, hörte dann wie sich die Schritte der Jüngeren entfernten, die Tür sich öffnete und die kleine Glocke klingelte, als sich diese wieder schloss. Nun war sie also allein in dem kleinen Gebäude. Vorsichtig stand sie von ihrem Schaukelstuhl auf, legte das Foto auf den Tisch vor sich und ging ein paar schwere Schritte zur gegenüberliegenden Kommode. Dort in der ersten Schubblade befand sich eine mittelgroße Kiste, welche Shiori schon seit vielen Jahren nicht mehr in der Hand gehabt, geschweige denn geöffnet hatte. Doch heute wollte sie noch einmal einen Blick hinein werfen, sie hob sie deshalb auf und ging mit ihr zurück zu ihrem Schaukelstuhl. Mit leicht zittrigen Händen entfernte sie den Deckel und legte ihn zur Seite. Ihr Blick richtete sich nun auf den Inhalt der Box: ein Kinderbuch, ein Flyer für ein Feuerwerk, eine Schmuckschatulle, ein Brief, eine Mundharmonika, und Tarotkarten. Sie musterte alles genau. Seit wie vielen Jahren hatte sie diese Dinge schon nicht mehr gesehen gehabt? Sie konnte sich nicht mehr erinnern, doch selbst heute noch, nach all der Zeit, verband sie so unglaublich viel mit diesen Dingen. Sie merkte wie ihr Herz unwillkürlich anfing schneller zu schlagen und wie Erinnerungen ihren Geist durchfluteten. Wie sie Sora zum ersten Mal gefunden hatten, wie sie einige Zeit später zusammen in dem Cafe gesessen und Naruse-san aus dem Buch vorgelesen hatten, wie sie den Flyer von ihrer Freundin bekommen und mit wild schlagendem Herzen vor ihm gestanden und ihn gefragt hatte, ob er nicht mit ihr dorthin gehen möchte. Wie sie gewartet und gewartet hatte und die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, dass er kommen würde. Aber dann hatte er doch vor ihr gestanden. Viel zu spät, aber es hatte ihr nichts ausgemacht, denn das was zählte war, dass er gekommen war, für sie; und sie den schönsten Abend zusammen mit ihrem eigenen kleinen Feuerwerk verbracht hatten. Doch sie erinnerte sich auch an den Schmerz der darauf gefolgt war, als er ihr gesagt hatte, dass es das letzte Mal gewesen war, dass sie sich sahen und wie die Wahrheit daraufhin ans Licht gekommen war. Die schmerzliche Wahrheit wer dieser Mann wirklich gewesen war. Doch trotz allem wusste Shiori, dass er nicht so grausam gewesen war, wie sie alle gedacht hatten; auch er hatte eine freundliche, liebenswürdige, herzensgute Seite gehabt und als sie den Brief in ihren Händen gehalten und ihn gelesen hatte, da hatte sie gewusst, dass sie diesen Mann retten musste! Um seines und ihrer Willen! Und auch noch heute schmerzte ihr Herz wenn sie daran dachte, wie alles geendet hatte. Was sie an jenem Abend gesehen und was ihr Herz zerbrochen hatte. Sie hatte ihn nicht retten können; er war fort und hatte ihr Herz mitgenommen. Auch wenn sie weiterhin ein fröhliches Leben geführt hatte, nie hatte sie jemand anderem ihr Herz schenken können, da sie es ihm bereits geschenkt hatte. Langsam griff sie nach der hübschen hölzernen Schmuckschatulle und öffnete sie. Ein ihr zu bekanntes Lied drang an ihre Ohren: „Over the rainbow“ - ihr Lieblingslied. Sie summte leise ein wenig mit, dann stellte sie die Schatulle auf den Tisch ihr gegenüber; den Deckel lies sie geöffnet, so dass die schöne Melodie weiterhin spielte. Das Nächste, was sie in die Hand nahm, waren ihre alten Tarotkarten. Schon sehr lange hatte sie keine mehr gelegt gehabt. Sie stellte die große Kiste ebenfalls auf den Tisch und fing an die Karten langsam zu mischen. Nach einigen Runden zog sie schließlich eine der verdeckten Karten aus der Mitte und legte die anderen zur Seite. Tief atmete sie durch und schloss ihre Augen, ehe sie die Karte langsam in ihrer Hand umdrehte. Als sie ihre Augen wieder öffnete, starrte sie erstaunt auf das Motiv. Sie hatte mit allen gerechnet, alle bis auf diese. Natürlich kannte sie deren Bedeutung, doch dieses Mal konnte sie sich keinen Reim daraus machen, was wohl wirklich dahinter steckte. Obwohl es sie etwas verwirrte, so erschien doch automatisch ein leichtes, schon fast strahlen in den Augen. Doch das verschwand mit einem Mal als sie plötzlich Schritte hinter sich hörte; Schritte die auf sie zukamen. „Sora-chan? Hast du etwas vergessen? Ich habe gar nicht gehört wie du wieder….“. Während sie sprach, wand sie sich ein wenig in Richtung der sich nähernden Schritte, doch was sie sah, verschlug ihr die Sprache. „Hisashiburi* Shiori-san!“ Sie blickte in das lächelnde Gesicht eines Mannes mit fein geschnittenen Augen, vollen Lippen und schwarz glänzenden Haaren. Er trug einen edel aussehenden Anzug und obwohl Shioris Augen nicht mehr die besten waren, so erkannte sie sofort, wer wenige Schritte von ihr entfernt in dem kleinen Cafe stand. Für einen kurzen Moment hörte ihr Herz fast auf zu schlagen und ihr stockte der Atem. „Na- Naruse-san?“ Ungläubig kam der Name über ihre Lippen. Sie musste ein paar Mal blinzeln, ehe sie registrierte, dass es sich hier nicht um einen Traum handelte. Ihr Puls begann zu rasen und ihr Griff um die Tarotkarte, welche sie noch immer in der Hand hielt, wurde fester. All die Jahre hatte sie ihr Leben ohne ihren Liebsten verbringen müssen, all die Jahre hatten sie zu einer alten Frau gemacht, all die Jahre hatte sie nicht einen Tag diesen besonderen Menschen vergessen können, all die Jahre wollte sie nichts sehnlicher als ihn wieder zusehen. Und nun, an diesem verregneten Tag stand er plötzlich wieder vor ihr. Er hatte sich kein bisschen verändert, sah noch genauso aus, wie Shiori ihn in Erinnerung hatte. So wie er auf dem bereits durch die Jahre verblichenen Foto zu sehen war. Doch von der Traurigkeit, der Verzweiflung, der Wut und dem Hass der Vergangenheit war nichts mehr zu entdecken. Diese Seite von ihm war verschwunden. „Was … wieso .. bist du hier?“ hallte zittrig ihre Stimme in dem Raum wieder. „Ich bin deinetwegen hier.“ Seine Stimme war wie Musik in ihren Ohren. Könnte er doch ewig weiter zu ihr sprechen. „Ich wollte dich wieder sehen!“ Shiori konnte ein leises Lachen nicht verkneifen. „Das hätte eigentlich von mir kommen müssen. Wie sehr ich mir all die Zeit gewünscht hatte dich wieder zusehen. All die Jahre hatte ich gehofft, dass es einen Weg gibt, wieder an deiner Seite zu sein … doch wie sehr ich auch hoffte, wünschte und betete, du bist nicht wiedergekommen. Du hast mich nicht zu dir geholt.“ Ein trauriges Lächeln umspielte ihre Lippen, was jedoch nicht ungesehen von dem jungen Mann blieb. „Ich wollte nicht, dass du dein Leben wegen mir wegwirfst. Du solltest dein Leben genießen, voll auskosten und ich weiß, dass hast du auch getan. Nicht so wie ich.. Es gab schwierige Zeiten, doch es gab auch schöne Zeiten, nicht wahr?“ Shiori musste lächeln. Ja, in diesem Punkt hatte er Recht. Trotz allem hatte sie doch ein schönes Leben geführt. „Doch jetzt…“ er hielt kurz inne und sah auf den Boden, so als müsse er sich zuerst sammeln. Als er wieder zu ihr aufsah, konnte sie Unsicherheit in seinen Augen erkennen. Sie erinnerte sich an ihre frühere Zeit zusammen in der es auch viele Momente gegeben hatte in denen er sie so angesehen hatte. Früher hatte er daraufhin meist die Flucht ergriffen, doch heute erkannte sie, wie sich etwas in dem Blick des Mannes änderte. Aus Unsicherheit wurde Entschlossenheit. „Shiori-san, ich weiß es ist schon lange her, aber .. möchtest du noch immer mein Engel sein?“ Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung und es war ihr, als wäre die Zeit in diesem Moment stehen geblieben. Genau das war es, was sie sich vor so vielen Jahren gewünscht und was sich auch heute nicht geändert hatte. Shiori erfüllte plötzlich ein Gefühl der Freiheit, nachdem sie diese Worte gehört hatte; eine große Last wurde ihr von der Seele genommen, denn endlich, nun endlich nach all der langen Zeit schien ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung zugehen. Shiori gab keine Antwort von sich, stattdessen stand sie auf und eilte hinüber zu Naruse um schließlich ihre Arme um seinen Hals zu legen und ihn in eine innige Umarmung zu schließen. Tränen liefen ihr über die Wangen, doch es handelte sich um Tränen der Freude. Zärtlich strich ihr der junge Anwalt mit einer Hand über den Kopf, während sich die andere eng um ihren Körper schlang und sie fest an sich drückte. Nie wieder würde er sie alleine lassen. „Endlich! Ich habe dich so schrecklich vermisst gehabt! Ich werde dein Engel sein. Für immer und ewig!“ Erst jetzt, anhand ihrer plötzlich wieder hell klingenden Stimme, merkte Shiori, dass sie sich in ihr damaliges Ich ‚verwandelt’ hatte. Fort waren die Falten und die schrumpelige Haut, sie war wieder so jung wie zu jener Zeit als sie Naruse zum letzten Mal gesehen hatte. Langsam lösten sich die beiden aus ihrer Umarmung und blickten sich tief in die Augen. Vorsichtig erhob der Anwalt seine Hand und strich mit seinem Daumen die letzte Träne, die auf Shioris Wange zu sehen war, hinfort. Er ließ seine Hand auf der zarten Haut ruhen und bemerkte wie sich diese leicht rosa färbte und sie ihn auf einmal schüchtern und unsicher ansah. Auch für ihn wäre dies nun eigentlich ein Moment, wo er sich unsicher fühlte, doch nein, diesmal wollte er endlich den Schritt tun, den er schon vor Jahren gehen wollte, welchen er aber leider nicht getan hatte, da er vom rechten Weg abgekommen war. Sanft hielt er ihren Kopf, während er sein Gesicht nun langsam zu ihr hinüber beugte. Als ihre beiden Gesichter nur noch wenige Zentimeter von einander entfernt waren, schloss Shiori ihre Augen. Sanft spürte sie nun seine zärtlichen Lippen auf den ihren. Wärme durchflutete sie und ihr Herz begann zu rasen. Sie fühlte sich wie an dem Abend als sie beide zusammen das Feuerwerk angezündet hatten. Frei von allem, nur ihr wahnsinnig schnell schlagendes Herz und die Wärme des Mannes, dem sie dieses für alle Zeit geschenkt hatte. Fest umschlossen seine Arme ihren Körper und drückten sie fest an sich. Und auch sie legte beide Arme um ihn, grub ihr Gesicht tief in seine Schulter und atmete seinen Duft ein. Nie wollten sie sich jemals wieder loslassen. Es war früh am Morgen, als Sora-chan in dem kleinen Cafe ankam. Sie war überrascht als sie sah, dass Shiori wohl die ganze Nacht in dem Schaukelstuhl geschlafen hatte und dabei die Schmuckschatulle unentwegt ihr Lied wiedergab. Langsam trat sie neben ihre Freundin. „Shiori-neesan! Hast du hier die ganze Nacht geschlafen? Du hättest dich lieber in dein Bett legen sollen!“ Aber als sie ihre Hand auf die Schulter der vermeintlich schlafenden legte, weiteten sich ihre Augen vor Schrecken. „Shiori … neesan?“ Sie erhielt keine Antwort. Plötzlich fiel ihr Blick auf etwas, das Shiori in ihrer Hand hielt. Mit zittrigen Händen nahm sie es und betrachtete es. Es war eine Tarotkarte. http://www.postimage.org/gx1_CpHJ.jpg „The Lovers“ war auf der Vorderseite zusehen und als sie die Karte in ihrer Hand umdrehte, konnte sie erkennen, dass jemand etwas auf die Rückseite geschrieben hatte: „Für immer zusammen“. Tränen bahnten sich nun ihren Weg über ihre Wangen, doch ebenfalls war ein leichtes Lächeln auf ihrem Gesicht zu erkennen. Shiori hatte ihren Frieden gefunden… an der Seite ihres Geliebten. * Hisashiburi = es ist schon lange her Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)