Russians In The House von Minerva_Noctua (Die Blitzkrieg-WG) ================================================================================ Kapitel 5: Nur ein Angebot, oder? --------------------------------- KAPITEL 5: NUR EIN ANGEBOT, ODER? Nach viel zu langer Zeit wieder ein Kapitel von mir. Die 5610 Worte fielen mir nicht so leicht zu schreiben, aber ich hoffe euch gefällt das Kapitel^^. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an WeißeWölfinLarka. Ohne deine Ermunterungen wäre ich immer noch lange nicht fertig*Blümchen hinhalt* Enjoy reading! Das Wochenende verlief eigentlich recht ereignislos und unproblematisch, sah man davon ab, dass Yuriy über die Maßen auf seinem Stipendium herumritt – obwohl es offiziell noch nicht beschlossen war. Während Kai seinen Gast quer durch Moskau schliff und ihm bei den ganzen Sehenswürdigkeiten keinesfalls langweilig wurde, umging er die meisten und üblichen Streitigkeiten in der Blitzkrieg-WG. Ivan lernte für seine Abschlussprüfungen, die er die Woche schreiben musste, Boris ging mit Sergej aus und schlief tagsüber, während Letzterer am Sonntagabend noch ein Date mit einer Discobekanntschaft hatte. Ja, der Gute wollte sich eine Freundin zulegen. Ein Unterfangen für das der Rest der Bewohner keinen Sinn hatte bzw. was Ivan betraf, der höchstwahrscheinlich noch unerfahren war, keinen Reiz hatte. Es gab zwar Momente, in denen er aus versehen das Wort „Freundin“ in den Mund nahm, aber getan hatte sich in diesem Punkt bis dato noch nix. Von Liebschaften des verschrobenen Allround-Talents hatte das Team keine Kenntnis. Es interessierte sie zwar auch nicht, sagten und meinten sie, obwohl sie gerne auf dem neuesten Informationsstand waren und sich wie Waschweiber gegenseitig nach den aktuellen Geschehnissen erkundigten, meistens nie bei der betreffenden Person direkt. Gespräche wurden bei ihnen schließlich mit nie mehr als fünf bis zehn Sätzen geführt. An diesem Montagmorgen mussten sie ausnahmsweise mal alle früh weg und trafen sich darum um kurz nach sieben in der Küche. Sergej, Boris und Yuriy saßen schon am Tisch, als Kai zu ihnen stieß. „Guten Morgen.“, murmelte der Halbrusse und goss sich einen brühwarmen Kaffee in eine riesige schwarze Tasse mit roter Innenfläche, die bestimmt einen halben Liter fassen konnte. „Wo ist denn dein Herzstück?“, wollte Yuriy gut gelaunt wissen. Kai, der es weder Laut noch sonderlich enthusiastisch in der Früh liebte, knurrte: „Im Bett, wo es hingehört.“ Yuriy entging das schelmische Aufblitzen in den roten Augen nicht und wollte gerade mit weiteren Ausführungen beginnen, als ihn Boris zuvorkam: „Studierst du ernsthaft weiter?“ „Das Semester will ich vernünftig beenden.“ „Wozu?“ „Um etwas zu lernen.“ „Auf einmal?“, wandte Yuriy ein. „Du bist die ganze Zeit kaum in der Uni gewesen. Hast du dich mit deinem Kätzchen gestritten?“ „Ich verfüge durchaus über die Fähigkeit mich ohne willige Professorin außerhalb der Uni weiterzubilden.“, antwortete Kai scharf, als Ivan in die Küche schlürfte. „Keinen Streit. Ich hab heute Prüfung in Wirtschaft.“, wandte der Jüngste in der Runde umgehend ein. „Na, und?“ Yuriy hob eine Augenbraue an. „Ich muss mich konzentrieren, was ich nicht kann, wenn ihr herumkreischt“, antwortete Ivan prompt und streng. „Ach, komm schon! Wirtschaft ist doch kein Problem! Das kann sogar Kai vom Bett aus!“ Kai versuchte die Provokation zu überhören: „Hat dir mein Buch geholfen, das du dir ungefragt ausgeliehen hast?“ „Ja, hat es. Ihr seid ja solche Arschlöcher!“ Mit diesen Worten drehte sich Ivan wütend um und ging wieder. „Hey! Wir haben doch nix gemacht!“, rief Sergej hinterher, der sich ebenfalls angesprochen fühlte. „Was geht denn mit dem?“ Kaffee schlürfend sah Yuriy fragend in die Runde. „Er hat Angst vor der Prüfung. Hinzu kommt, dass ihn unsere Teilnahmslosigkeit nervt und er ist generell unsicher, weil wir ihm in einigen Punkten einfach voraus sind.“, schloss Boris auf einem Brot kauend. „Aha.“, war der allgemeine Kommentar dazu. Mit einem tiefen Atemzug stand Kai auf: „Ich geh jetzt.“ „Das Fahrrad nehme ich!“, rief Yuriy hinterher und stolperte aus der Küche. Boris und Sergej hörten Gerangel und Flüche auf dem Gang, bevor die Tür zuschlug. „Du bist am Freitag zu Fuß nach Hause gekommen“, stellte der blonde Russe fest. Boris verzog die Lippen: „Yep.“ Ohne Fahrrad, dafür aber mit viel Gezanke standen Yuriy und Kai eine gute halbe Stunde später vor der Universität. Missmutig durchsuchten sie die Reihen mit den alten Drahteseln, doch keiner von ihnen kam ihnen bekannt vor. Man durfte an Universitäten keine Räder übers Wochenende stehen lassen. Das kam einer Einladung zum Mitnehmen gleich. Ein absolutes no Go. „Ich habe unser Schloss gefunden“, verkündete der Rothaarige zur Bestätigung. Es war weg. „Noch nicht einmal auf alltägliche Selbstverständlichkeiten kann man sich bei euch verlassen! Und du wolltest, dass wir uns einen Hund zulegen! Der wäre erst recht weg. Der kann nämlich im Gegensatz zum Fahrrad sogar selber weglaufen.“ „Hey! Boris hat das Ding vergessen und nicht ich! Außerdem, was hat das mit einem Hund zu tun? Das ist etwas ganz anderes!“ „Ja ja, etwas ganz anderes. Es geht ums Prinzip!“ Schon wollte der Blauäugige wütend kontern, als ihn eine Stimme stutzen ließ: „Guten Morgen, Yuriy Ivanow.“ Als Yuriy sich umdrehte, funkelten ihn blaugraue Augen wach und mit einer Spur Neugierde an. „Professorin Romanov.“ Er konnte seine Überraschung nicht verbergen. Ja, er war geradezu erschrocken. Was sollte er sagen? Er hatte hier mit Kai herumgeschrieen wie ein Idiot, welcher zu allem Überfluss anwesend war und den Namen der Professorin, mit der er schlief, sicherlich nicht plötzlich vergessen hatte. Die Party konnte beginnen! Kai kam auch prompt neben ihn und sah zu der blonden Frau, die auf sie zukam. Svetlana trug eine Umhängetasche und einen klassisch schwarzen Mantel mit Goldknöpfen. Yuriy musste nicht den Designer kennen, um zu wissen, dass das Ding schweineteuer war. Nun gut, er lebte auch nicht gerade im Armenhaus. Dank Kai... Die Professorin betrachtete den graublauhaarigen Mann neben ihrem Studenten und hielt ihm die Hand hin: „Svetlana Romanov.“ „Ich weiß. Kai Hiwatari.“ „Ich weiß.“ Sie sah tief in die rubinroten Augen, die sie mit demselben Interesse betrachteten, wie sie es ihm entgegenbrachte. „Und was hältst du von mir?“ Sie erkannte Feuer, wenn sie davor stand und liebte es damit zu spielen. „Hmm, ich würde sagen, Sie sind nicht sehr entscheidungsfreudig.“ Kai war durchaus von ihrem Auftritt beeindruckt. „Was glaubst du, warum ich Professorin geworden bin“, schmunzelte sie. „Da es in Russland keine Gerichte gibt, wäre alles andere auch wenig sinnvoll.“ Yuriy starrte beide an, als stammten sie aus einer anderen Welt. „Was studierst du?“ „BWL, aber ich fange nächstes Semester mit Biologie an.“ „Ah, da analysiert man doch den ganzen Tag Urinproben.“ „Unter anderem.“ „Wenn du dich mit Wirtschaft auskennst, könntest du Yuriy doch etwas auf die Sprünge helfen. Ich habe den Eindruck, es ist nicht so seine Sache.“ „Würde ich machen, aber leider hört er nie auf mich.“ „Ach, ich glaub du kommst zurecht.“ „Ich auch.“ „Hallooo?!“ Yuriy traute seinen Ohren nicht. Für seinen Ausruf erntete er lediglich Gelächter. „Kai Hiwatari, du gefällst mir. Ich erkenne einen scharfen Verstand, wenn ich ihn sehe: hast du dir schon mal überlegt mit Jura anzufangen?“ Sie genoss es zu sehen, dass sie den jungen Mann mit den roten Augen überrumpelt hatte. Auch Yuriy schien etwas, ja, fast aus der Fassung gebracht. Ein rarer, amüsanter Anblick. „Ich denke nicht, dass ich für den Umgang mit Menschen in diesen Kreisen geschaffen bin“, antwortete Kai schließlich ehrlich. „Aber mit Biologie hast du es nicht nur in Russland schwer.“ „Bevor ich verhungere, wird mir sicherlich etwas einfallen. Ich bin nicht sonderlich arbeitsscheu.“ Svetlana nickte anerkennend und reichte ihm zum Abschied die Hand: „Gut. Ich muss jetzt weiter. Es war mir ein Vergnügen, Kai Hiwatari.“ An Yuriy gewandt: „Und wir sehen uns um 10.00 Uhr.“ Dieser nickte nur. Als die Professorin weg war, meinte Kai: „Sie ist tatsächlich charmant. Du hast sie in Privatrecht?“ „Ja.“ Er war sprachlos. Er wusste weder, was er davon halten sollte, dass Svetlana höchstpersönlich Kai gerade beim ersten Treffen vorgeschlagen hatte doch in ihrem Fach sein Studium fortzusetzen – und ihm im gleichen Aufwasch Honig ums Maul geschmiert hatte – noch, wie er es zu bewerten hatte, dass die Beiden sich anscheinend sympathisch fanden. Etwas, was im Angesicht beider Charaktere eher ungewöhnlich war. Zumal Kai Svetlana gegenüber immer negativ eingestellt gewesen ist. Nun, sie waren sich ja auch noch nie zuvor begegnet. „Kommst du?“, holte ihn die ungeduldige Stimme seines Mitbewohners aus den Gedanken. Er hatte gar nicht bemerkt, dass der Graublauhaarige weitergegangen war: „Ja ja, hetz’ nicht so.“ Rei bereute es liegen geblieben zu sein. Er hätte mit Kai aufstehen, mit ihm zur Uni und von dort aus in die Stadt gehen sollen. Aber so war es bereits halb zehn und er lag immer noch wie erschossen im Bett. Er wusste ganz genau, dass er heute nicht mehr aus dem Haus kommen würde. Draußen war es trüb und bewölkt und sah aus, als könnte es jeden Moment anfangen zu regnen. Seufzend drehte er sich auf den Rücken und begann über das Wochenende nachzudenken. Es war sehr schön und interessant gewesen und das bezog sich nicht lediglich auf die Stadt und deren Sehenswürdigkeiten. Nie zuvor hatte er sich so gut mit dem sonst so stillen Beyblader verstanden. Sie hatten so viel geredet und gelacht! Kai hatte ihm sehr viel über sich erzählt und auch echtes Interesse an ihm gezeigt. Ihn Dinge gefragt, die seine anderen Freunde zwar schon längst wussten, aber die den Graublauhaarigen bis dato nie großartig interessiert zu haben schienen. Auf der anderen Seite wusste er Sachen, die er kaum hätte mitbekommen können. Da zeigte sich, dass sein ehemaliger Teamleader sehr wohl an seinen Mitmenschen interessiert war beziehungsweise sehr aufmerksam beobachtete was sie taten und sagten und es sich über Jahre merken konnte. Eigentlich fast schon wieder unheimlich. Rei hatte den Eindruck gewonnen, dass sie nun wirklich Freunde geworden waren und ein Band zwischen ihnen entstanden war, welches nicht mehr so leicht zu kappen sein würde. Ein schönes Gefühl. Sie lagen auf derselben Wellenlänge und hatten sogar einen ähnlichen Humor. Ein leichtes Lächeln breitete sich über seinen Lippen aus, als er sich mit einem Ruck aus dem Bett schwang. Nachdem er im Bad war und festgestellt hatte, dass er scheinbar alleine in der Wohnung war, stellte sich die Langeweile wieder ein. Kochen konnte er nicht, da er nicht wusste, wann die anderen wieder zurückkommen würden. Sein Buch lesen? Nein, dazu hatte er absolut keine Lust. Fernsehen hatte auch keinen Sinn, weil er kein Wort verstehen konnte. „Ah!“ Das war die Idee! Die Blitzkriegboys würden sicherlich DVDs mit englischen Untertiteln haben. Voller Enthusiasmus suchte er durch das DVD-Regal und fand schnell etwas, dass auch Audiooptionen in Englisch hatte: The Lord of the Ring. Es war zwar nicht so ganz Reis Geschmack, aber doch unterhaltsam genug um den Vormittag tot zu schlagen. Eine gute Stunde später hörte der Chinese die Haustür. Kurz darauf kam Ivan ins Wohnzimmer. „Hallo!“, begrüßte Rei ihn freundlich. Der schien etwas befremdet darüber den Schwarzhaarigen auf ihrer Couch lümmelnd ihren Film anschauend vorzufinden: „Bist du ganz allein?“ „Ja, scheint so. Ich hab mir herausgenommen mir eine DVD auszuleihen., wenn es nichts ausmacht.“ „Ist mir egal. Ich hab sie zwar gekauft, aber hier gehört sowieso alles jedem, irgendwie.“ Etwas müde ließ sich Ivan auf die andere Couch fallen. „Bist du mit der Schule fertig?“ Rei fühlte sich verpflichtet mit dem kleinen Russen zu sprechen. „Ich hatte heute meine Prüfung in Wirtschaft.“ Aus einem unerfindlichen Grund nervte der Chinese ihn nicht. Es tat fast gut, dass jemand mit ihm sprach – über ihn. „Und ging es dir gut?“ „Na ja, ich werde sie wohl bestanden haben.“ „Das ist doch gut.“ „Wahrscheinlich schon.“ Als sich Schweigen ausbreitete und Rei erkannte, dass Ivan womöglich gerne weiterreden würde, aber nicht wusste was, stellte der Chinese eine Frage, die ihn schon lange interessiert hatte: „Was ist eigentlich mir euren Eltern passiert?“ Ivan sah ihn überrascht an: „Hat dir Kai nix erzählt?“ „Nur, dass seine Eltern tot sind. Über euch gar nichts.“ War er zu weit gegangen? Doch der Russe schien amüsiert: „Das ist typisch für ihn. Gut. Ich bin gerade in der richtigen Laune.“ Ivan setzte sich auf und begann zu erzählen: „Kais Eltern sind bei einem Autounfall bei St. Petersburg ums Leben gekommen. Seine Mutter starb im Krankenhaus und die Ärzte haben einen Notkaiserschnitt gemacht und konnten Kai so einen Monat zu früh rausholen und retten. Er wuchs bei Voltaire auf bis dieser ihn mit vier in die Abtei verfrachtete. „Yuriys Vater war in irgendeinem Krieg gefallen und er lebte nur mit seiner Mutter in Nowosibirsk bis diese an irgendeiner Krankheit starb und er mit fünf in die Abtei kam. „Boris war schon immer ein Waisenkind und war öfters weggelaufen. Einmal ist er an Leute der Abtei geraten und wurde mit fünf dort eingewiesen. „Sergej wurde von seiner Mutter zur Adoption freigegeben und von einem Pärchen aufgenommen, dass ihn mit sechs an die Abtei verkauft hattte und ich, na ja, meine Eltern sind gestorben als ich sieben war. Mein Vater war Mafiosi, handelte sich Ärger ein und wie das in solchen Organisationen ist, wurde das Problem recht effektiv beseitigt. Mein Kindermädchen hat mich versteckt und in die Abtei gebracht, weil sie dachte, die würden auf mich aufpassen. Sie war nicht die Klügste, aber sehr nett. Ich weiß nicht, wo sie geblieben ist.“ Rei hatte sprachlos zugehört und konnte sich mitunter kaum verhindern ein paar Mal nach Luft zu schnappen. Das waren alles recht heftige oder zumindest traurige Schicksale. Der junge Russe schaute ihn jedoch an, als hätte er gerade über ein historisches Ereignis berichtet, dass nur der Vollständigkeit halber genannt werden sollte. „Und wenn wir schon dabei sind: Was ist mit deinen Eltern?“ Rei sah auf den Boden: „Sie sind in einer Schlammlawine umgekommen als ich sechs war. Das Dorf hat sich dann aber um mich gekümmert. Ich habe bei Rais und Maos Eltern gelebt.“ „Das ist nett.“ Der Chinese lächelte ihn an: „Ja, sie waren immer sehr lieb zu mir. Ich hatte Glück.“ „Hey, hab jetzt ja nicht irgendwelche Anwandlungen und meine uns bemitleiden zu müssen. Die Abtei und alles davor, das ist Vergangenheit. Uns geht es jetzt sehr gut. Kai hat wohl etwas wieder gut machen wollen, als er für uns alle die Wohnung besorgt hat, aber jetzt ist alles okay. Wir kommen miteinander aus und wenn es nötig ist, helfen wir uns. Wir werden mit guter Arbeit unser Leben bestreiten können.“ Rei wollte nicht nachhaken, was für Arbeitsaussichten ihnen in der Abtei prophezeit worden waren. „So! Genug der Märchenstunde. Ich habe Hunger. Magst du nicht irgendwas Leckeres kochen?“ Etwas perplex nickte der Schwarzhaarige, lächelte dann: „Klar.“ Der Tag verlief für Yuriy beschissen, um es gelinde auszudrücken. Er wurde in Strafrecht von ein paar minderbemittelten Kommilitonen ständig genervt, in Privatrecht bei jeder seiner Meldungen ignoriert und anschließend in der Mensa so angerempelt, dass seine Jeans auch etwas von der heißen Gulaschsuppe abbekam. Danach hatte er einfach keinen Bock mehr. Er ließ die letzte Vorlesung ausfallen und machte sich auf den Weg nach Hause. Während er die Straßen entlang schlenderte, gingen ihm noch allerlei Dinge durch den Kopf. Mit der Zeit schob sich jedoch immer deutlicher ein spezieller Gedanke in den Vordergrund: War Kai besser als er? Eine dumme und kindische Frage, wenn man bedachte, wie lange sie sich schon kannten und wie oft sie ihre „Reviere“ schon voneinander abgegrenzt hatten. Kai war ein herausragender Beyblader. Genau wie er. Kai war sehr klug und gewitzt. Genau wie er. Kai sah gut aus und musste sich um mangelnde Aufmerksamkeit in der Frauenwelt keine Gedanken machen. Genauso wie er. Nur Geld hatte Kai mehr, aber das lag an dem Erbe, das, wie er selbst immer betonte, ihm einfach in den Schoß gefallen war. Selber erreicht hatte der Blaugrauhaarige auch nicht mehr als Yuriy. Im Gegenteil, Yuriy war drauf und dran ein selten vergebenes Stipendium zu bekommen und das für seine guten Leistungen im Studium. Nicht mehr und nicht weniger. Aber was war es dann, dass ihm so zu schaffen machte? Der Rothaarige wusste es, aber er wollte es nicht einmal denken. Er war eifersüchtig auf Kai! Es passte ihm nicht, dass der Halbrusse überall genauso gut oder besser war als er. Dass er von der anspruchsvollen Romanov angeworben worden war, dass sie ihn sympathisch fand, dass er verdammt noch mal ein göttlicher Küsser und höchstwahrscheinlich auch Liebhaber war! Yuriy hatte sich stets insgeheim darüber gefreut, dass er so erfolgreich bei Frauen war. Und das nicht nur bei irgendwelchen Discoflittchen, sondern bei reifen, erfahrenen Frauen, die einschätzen konnten, was die Spreu vom Weizen unterschied. Ja, er, Yuriy Ivanow, war stolz darauf so gut im Bett zu sein! Er brauchte dies bei seinen vielen Talenten zwar eigentlich nicht für sein Selbstwertgefühl, aber doch, sein Ego litt immens darunter, dass er in diesem Punkt Kai genauso wenig voraus schien wie in den anderen. Und so gut, wie der küsste, nein, da konnte es kaum gelten, dass er ältere Frauen ins Bett gekriegt hatte. Er mochte nicht wetten, aber er konnte sich gut vorstellen, dass Svetlana genauso Kai in ihrem Bett dulden würde wie ihn selbst. Eine frustrierende, ärgerliche Erkenntnis. Doch was sollte er denn schon tun? Sich über die Bettqualitäten seines eigentlich besten Freundes Gedanken zu machen, sich davon einschüchtern zu lassen, war mehr als absolut lächerlich und überaus kindisch. Geschweige denn, wie peinlich und erniedrigend es wäre, würde jemand von seinen „Problemen“ Wind bekommen. War doch schön, wenn Kai in allem gut war. Es gab nichts schlimmeres als ständig frustrierte Menschen. Und er wollte sich nicht vorstellen, was für ein Sonnenschein ein sexuell frustrierter Kai Hiwatari wäre. Bestimmt nicht mehr feierlich. Er war so schon schwierig und nervig genug. Aller bemühten Rationalität zu trotz, diese Überlegungen blieben in seinem Kopf hängen und rotierten so lange, bis Yuriy mit einem dämlichen Entschluss vor der Haustür stand. Er würde Kai zu einem Beyblade-Match herausfordern und wenn er gewann, würde er jegliche Vergleiche mit ihm im Keim ersticken. Wenn er verlor..., diese Option gab es schier nicht. Als der Rothaarige die Wohnungstür aufmachte kam ihm bereits der leckere Essensduft entgegen. Schnell zog er Schuhe und Jacke aus und betrat mit hochgezogenen Augenbrauen die Küche, wo er Ivan und Rei am Tisch sitzend einen Blumenkohlauflauf essend vorfand: „Sonst geht’s euch gut?“ „Willst du auch was? Ist noch genug da“, bot Rei sogleich lächelnd an. „Ja, ich zieh’ mich nur schnell um.“ Das war das Stichwort: „Hast du dir in die Hose gemacht?“ Ivan schaute ihn mit großen Augen an. „Im Gegensatz zu dir bin ich aus dem Alter heraus“, blaffte Yuriy zurück. „Hm, riecht würzig. Du pinkelst Gulaschsuppe? Damit würde ich mal zum Arzt gehen“, mischte sich der Chinese unerwartet ein, woraufhin Ivan lachen musste. „Ach, packt euch doch ein!“ Mit geballten Fäusten stürmte der Rothaarige von dannen. „Welches Rind ist denn dir über die Hose gelaufen?“, rief sein Mitbewohner noch lachend hinterher. Yuriy fand das gar nicht witzig und viel zu albern, um sich auf eine Erwiderung einzulassen. Für heute. Sergej hingegen hatte einen klasse Tag. Im Studium gab es sowieso keine Probleme und jetzt schien es mit dem Privatleben auch langsam vorwärts zu gehen. Sein Date Katherina ging, wie sich herausgestellt hatte, dreimal in der Woche zur selben Zeit in dieselbe Mensa essen wie er. Und glücklicherweise hatte sie nichts dagegen diese halbe Stunde in nächster Zeit mit ihm und nicht mit ihren Freundinnen zu verbringen. Heute war so ein Tag gewesen und sie hatten sich köstlich amüsiert und für das kommende Wochenende ausgemacht ins Kino zu gehen. Ja, Sergej konnte sich durchaus vorstellen, dass es mit diesem Mädchen ernst werden könnte. Sie war hübsch, sehr kritisch und selbstbewusst, aber auch in genau den richtigen Momenten sehr humorvoll und ausgelassen. Und sie schien tatsächlich ihn zu mögen und nicht nur seinen guten Ruf. Boris, der gerade mit ihm nach Hause ging, schien seine gute Laune bemerkt zu haben: „Wie sah dein Date gestern eigentlich aus?“ „Lange braune Haare, dunkelbraune Augen, schlanke Figur.“ „Aha.“ Mehr würde er ohnehin nicht aus seinem Mitbewohner rauskriegen. „Sie studiert hier Physik“, fügte Sergej leicht lächelnd hinzu. Boris hob eine Augenbraue an, nicht nur milde überrascht über die als froh zu bezeichnende Mimik seines Mitbewohners: „Na, dann könnt ihr ja gut fachsimpeln.“ Zu Hause angekommen, stellten sie erst einmal fest, dass es für sie nichts mehr zu essen gab. Mürrisch blickten sie zu den drei jungen im Wohnzimmer fernsehenden Männern und es dauerte nicht lange bis Rei in der Küche stand und Spaghetti zubereitete. Ihnen war klar, dass es nicht die feine englische Art war so mit Kais Gast umzuspringen, aber ihnen und vor allem ihren knurrenden Mägen war das völlig egal. Just, als der Chinese Boris und Sergej die Teller vor die Nase stellte, öffnete sich die Haustür und ein nasser Hiwatari trat fluchend in die Wohnung: „So ein scheiß Wetter! Dreißig Meter vor der Tür musste es noch anfangen zu schiffen.“ Rei trat in den Flur: „Hallo! Gerade sind die Spaghetti fertig geworden.“ „Mach so weiter und wir sperren dich als unsere Hausfrau in der Küche ein“, kommentierte Ivan die Szene, als er sich eine Flasche Multivitaminsaft aus dem Kühlschrank zu trinken holte und entlockte Rei dabei ein Schmunzeln, das von Kai mit einer hochgezogenen Augenbraue quittiert wurde. Nach dem Essen gingen die Blitzkriegboys auf ihre Zimmer und der Chinese nutzte die Gelegenheit, um Kai zu erzählen, was Ivan ihm über ihre Eltern berichtet hatte. „Natürlich sind die Schicksale aller Abteikinder nicht sonderlich rosig, aber das ist lange her und es geht uns mittlerweile ganz gut.“ „Ja, schon. Aber das verfolgt einen doch trotzdem sein Leben lang.“ „Wir haben ja auch alle unsere Macken davon getragen.“ Kai hob amüsiert eine Braue an. „Hast du Bilder von deinen Eltern gesehen?“, wagte Rei vorsichtig zu fragen. „Erst als mein Großvater gestorben ist. In alten Truhen im Keller waren ein paar Sachen und Bilder von ihnen.“ „Hm.“ Es fiel dem Schwarzhaarigen nicht mehr schwer zu begreifen, warum die Blitzkriegboys alle eigenbrötlerisch und mehr oder weniger grausam gewesen waren, als sie sich kennen gelernt hatten. „Seine Eltern bei einer Naturkatastrophe zu verlieren ist auch nicht lustig.“ Kai wollte kein Mitleid. Seine Kindheit war nun mal im Arsch. Das ließ sich nicht mehr ändern. Es war ein Riesenglück gewesen, dass er zu den Bladebreakers gekommen war, Freunde gewonnen hatte, die ihn ohne äußere oder innere Zwänge, wie Einsamkeit oder Schutzbedürfnis, mochten und immer an ihn geglaubt hatten, egal wie verfahren die Situationen auch gewesen sein mögen. Und jetzt hatte er seine „alten Freunde“ unter einem Dach und sie konnten ihr junges Leben genauso beginnen, wie die meisten anderen auf der Welt. Nein, da gab es keinen Grund für Mitleid. Das war eine Geschichte mit Happy End. „Aber meine Umgebung war fürsorglicher“, antwortete der Goldäugige nachdenklich. Gerade als Kai zu sprechen ansetzen wollte, klopfte es an die Zimmertür. Ein genervtes „Ja“ ließ Yuriy die Tür öffnen. Sein Blick fokussierte sich auf Kai und Rei, die auf dem Bett lagen und ihn nun misstrauisch bzw. fragend ansahen. Kurz spürte er wie sich seine Bewegungen versteiften, bevor er jegliches Zögern mit einem Atemzug verdrängte und eintrat: „Mir ist langweilig“, verkündete er mit unbewegter Miene, „Ich will mit dir bladen.“ Kai betrachtete den Rothaarigen verwundert: „Jetzt?“ „Ja.“ „Keine Lust. Frag jemand anderen.“ Sonst noch was? Er konnte auf Yuriys Einfälle momentan verzichten. „Komm schon. Rei überlebt auch eine Zeitlang ohne dich.“ Er wollte nicht länger warten. Die Situation wurde dadurch schließlich auch nicht besser. Kai indes erkannte, dass mehr als Langeweile hinter der Aufforderung seines Mitbewohners stecken musste. Er wusste zu genau die verschiedenen Tonlagen seiner Stimme zu unterscheiden. Yuriy hatte ein Problem und da er sich nur einen Auslöser vorstellen konnte – genannt Romanov, musste er dieses fast mit ihm haben. Schließlich war dem Graublauhaarigen durchaus nicht entgangen, dass sein Freund zur Eifersucht neigte: „Na gut. Ich komme gleich.“ Ein Nicken und der Wolf war verschwunden. Dafür sahen ihn nun goldene Augen an: „Kann ich nicht zuschauen?“ „Er ist sauer auf mich, weil seine Professorin mich mag. Das ist eine der Varianten der Konfliktbewältigung, wie wir sie praktizieren.“ „Aha.“ Warum wunderte Rei das nicht... Kai zog sich um, packte Dranzer aus seiner Schatulle im Nachtschrank und verschwand mit einem „Bis gleich“. Rei drehte sich seufzend auf den Rücken und begann erneut zu warten. In der Nähe des Appartements gab es einen kleinen Sportpark mit ungefähr vier Quadratmeter großen Bey-Arenen. An einer von ihnen stand Yuriy und sah genervt aus der Wäsche. Kai konnte nicht sagen, ob er wegen ihm oder wegen seiner eigenen Aufforderung angepisst war. Seine Augen betrachteten skeptisch den dunklen Abendhimmel. Glücklicherweise regnete es wenigstens nicht mehr. Das hätte noch gefehlt und Yuriy hätte ihm den Buckel runterrutschen können. So jedoch stand er besagtem gegenüber und wortlos zückten sie ihre Starter. Mit einem lauten „Let it Rip“ schossen die Blades in die Bowl und augenblicklich schärften sich Kais Sinne. Wolborg raste wie ein Geschoss auf Dranzer zu und er konnte im letzten Augenblick noch ausweichen, um am Rand der Bowl kurz zum Stillstand zu kommen. Yuriy wollte ihm anscheinend keine Pause lassen, denn er griff weiter unentwegt an: „Hey Kai! Hör auf davon zu laufen und kämpf endlich!“ „Warum denn so wütend, Ivanow? Wurde dir heute zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt?“ Ein schnaubendes Lachen von dem Rothaarigen sollte die einzige Antwort sein, bevor Wolborg erneut angriff: „Los! Gib ihm den Rest!“ Unter grellem Licht erschien die große weiße Wölfin mit einem ohrenbetäubenden Knurren, dass den Boden vibrieren ließ. „Los Dranzer!“ Was Yuriy konnte, konnte er schon lange! Umgehend erhob sich ein roter Lichtkegel aus dem Blade und der gewaltige Phönix breitete mit donnerndem Kreischen seine Schwingen aus. „Na warte! Ich mach dich fertig, Hiwatari!“ Mit diesen Worten raste die Wölfin auf den lodernden Phönix zu und versuchte ihn durch einen Blizzard zu lähmen. Doch Kai wusste sich zu wehren und befahl Dranzer anzugreifen: „Blazing Gig!“ In einer finalen Attacke schossen die Blades aufeinander zu. Ein heller Lichtblitz zuckte empor, als sich die Kontrahenten trafen. Geblendet schlossen Kai und Yuriy ihre Augen. Als sie sie wieder öffnen konnten, blickten sie sprachlos auf die Szenerie vor sich. Die Bowl wies nun tiefe Risse auf und ihre Blades waren verschwunden. Ein Blick nach unten bestätigte Kai seine Ahnung und er hob Wolborg, welches vor seinen Füßen gelandet war, auf. Yuriy tat es ihm gleich. Wütend starrte er auf den blauen Blade in seiner Hand. Unentschieden. Das war schlimmer noch als zu verlieren. Ein beschissenes Unentschieden, dass ihm ins Gesicht lachte und über seine Einbildung besser sein zu können schmähte. Natürlich war es ein Unentschieden. Wie konnte er glauben, dass es beim Beybladen anders sein würde als in allen anderen Lebensbereichen. Gleichzeitig machte sich in ihm das Gefühl breit einfach absolut idiotisch zu handeln. Er zuckte unmerklich zusammen, als er Kais Hand spürte, die ihm Dranzer wegnahm und Wolborg hineinlegte. Er blickte auf und sah dunkelrote Augen, die ihn fragend musterten. „Ich werde nicht mit Jura anfangen“, brach er endlich die Stille zwischen ihnen. Der Rothaarige konnte nicht anders und brach auf diesen Satz hin in schallendes Gelächter aus, was Kai wiederum irritierte: „Das war doch dein Problem, oder? Du willst nicht, dass ich dasselbe mache wie du.“ Yuriy konnte sich nur mit Mühe zusammenreißen: „Ach, lieber Kai, du kannst studieren was du willst. Aber Jura wäre nicht zu empfehlen, wenn dich Wirtschaft schon nicht reizt.“ Der Graublauhaarige betrachtete seinen Mitbewohner verständnislos: „Die Romanov ist mir auch egal. Zumindest würde ich nicht auf die Idee kommen mit ihr ins Bett zu hüpfen. Sie mit mir sicherlich auch nicht.“ Yuriy hob seine Augenbraue: „Und wie kommst du darauf?“ „Sie hat es mir gesagt“, beantwortete Kai schlicht, was ihm einen verstörten Blick von dem Anderen einbrachte. „Wann denn das?“ Es klang zugegebener Maßen schärfer als beabsichtigt. „Wir sind uns am Mittag noch einmal über den Weg gelaufen und haben zusammen gegessen.“ „Was?!“ Der Rothaarige schnappte ungläubig nach Luft. Waren sie jetzt die besten Freunde geworden, oder wie? Kai schüttelte nachsichtig den Kopf, ehe er erklärte: „Wir sprachen übers Studium und irgendwann hat sie mich gefragt, weshalb ich sie nicht für entscheidungsfreudig halte. Lange Rede kurzer Sinn: Sie meinte, dass sie nicht geplant hätte fremdzugehen - es ein Zufall war, dass du gekommen bist – und es ihr geholfen hätte zu erkennen, dass höchstwahrscheinlich kein Weg um die Scheidung herumführen wird.“ Yuriy war sprachlos. Es hatte rein gar nichts damit zu tun, dass er charmant oder begehrenswert war, nein, Svetlana hatte einfach nur die Gelegenheit genutzt, als ein Student sie besprang? Kai hatte in einer Begegnung mehr von ihr erfahren als er bis heute. Es war einfach nur ungerecht. Wortlos drehte sich der Rothaarige um und ging nach Hause. Kai folgte ihm schweigend und nicht verstehend, warum sich sein Mitbewohner so seltsam verhielt. Nach einer Dusche stand Kai in seinem Zimmer und betrachtete sein Bett. Zusammengerollt wie eine Katze lag Rei in der Mitte und schlief tief und fest. Der Russe beschloss angesichts dieses Anblicks ihn in Ruhe zu lassen, noch etwas zu lesen und anschließend zu Yuriy zu gehen. Er wollte wissen, was mit dem Rothaarigen los war und was besseres zu tun, als den anderen zu nerven, hatte Kai ohnehin nicht. Als er hörte, dass Yuriy aus dem Bad war und in sein Zimmer ging, streckte er sich genüsslich, ehe er sich in Shirt und Boxershorts aufmachte und an der anderen Zimmertüre klopfte. Yuriy war keineswegs erfreut den Graublauhaarigen an seiner Wand lehnend zu sehen, aber rausschmeißen war ihm zu anstrengend und so fragte er ungeduldig: „Was willst du? Ich bin müde.“ „Was ist dein Problem?“ Der Halbrusse sah zu seinem Mitbewohner, der im Schlabberlook an seinem Schreibtisch saß. „Wenn ich einen Therapeuten brauche, wende ich mich an Boris. Gute Nacht!“ „Ich will wissen was los ist.“ Kai konnte nicht leugnen, dass es ihn ungemein reizte weiter zu bohren. „Schön für dich. Tschüs!“ Yuriy bedeutete ihm mit der Hand zu gehen, als sei er eine lästige Fliege, die es gewagt hatte seinen Teller anzufliegen. Gut, dann versuchte es Kai eben anders: „Deine Professorin hat mich überzeugt Medizin zu studieren, statt Biologie. Wegen der Berufschancen und weil es doch in die Richtung geht, die mich interessiert.“ „Und die Menschen? Da musst du mit Leuten umgehen wollen.“ Yuriy sah ihn skeptisch an. „Wenn es mir nicht liegt, kann ich immer noch in die Pathologie gehen“, grinste Kai und setzte sich aufs Bett. „Da bist du gut aufgehoben. Dr. Hiwatari.“ Yuriy schüttelte den Kopf. Das war eine seltsame Vorstellung. „Hab ich dir was getan?“, fing Kai wieder an. Die blauen Augen sahen ihn starr an. Innerlich überlegte Yuriy tatsächlich, ob er andeutungsweise mit der Wahrheit, von der er übrigens auch nicht genau wusste, ob er sie kannte, herausrücken sollte. „Es...“, fing er plötzlich an, „Es geht mir auf die Nerven, dass ich nirgends ausschließlich besser bin als du.“ Als er sah, wie sich Kais Augenbrauen empor schoben, bereute er bereits seinen Mund nicht gehalten zu haben und wehrte ab: „Vergiss, was ich gesagt habe. Gute Nacht.“ Der Graublauhaarige ließ sich aber jetzt erst recht nicht so leicht abschütteln: „Ist das dein Ernst? Das ist doch lächerlich.“ Verärgerung sammelte sich ein seinem Bauch: „Dann verschwinde!“ „Schon allein in Jura bist du herausragend.“ „Damit beschäftigst du dich ja auch nicht“, fauchte Yuriy nun gereizt. „Und mit was beschäftige ich mich? Beyblade? Als Vize-Weltmeister brauchst du dir auch nicht gerade Asche aufs Haupt streuen.“ „Es geht ums Prinzip.“ „Und an was denkst du dabei?“ „Du gehst mir einfach auf den Sack!“, fuhr Yuriy seinen Mitbewohner erneut an. „Und warum das nun mehr als sonst?“ Das wurde langsam wirklich interessant. Yuriy schwieg und starrte auf seine Finger, die sich unmerklich in die Armlehne seines Schreibtischstuhls gekrallt hatten. In Kais Kopf arbeitete es. Er machte es sich zur persönlichen Aufgabe den Auslöser von Yuriys plötzlichem und vor allem ungewöhnlichen Anfall von Neid zu finden. Es wollte ihm bei Gott oder wem auch immer nichts einfallen, außer: „Erstaunte es dich so sehr, dass du nicht der Einzige bist, den man in dieser WG als Playboy bezeichnen könnte?“ Yuriy schaute ihn dermaßen perplex an, dass er sich bestätigt fühlte. „Das soll doch wohl ein Scherz sein“, lachte Kai. „Ach, halt’s Maul!“ Die roten Augen funkelten weiterhin belustigt: „Was gibt dir Anlass dazu? Der Kuss? Das war doch nichts.“ „War es schon! Und das kotzt mich an!“ Kai kam es vor, als säße er vor einer Raubkatze, bereit ihn anzuspringen und zu zerfleischen. //Oh je// „Und was soll ich jetzt tun?“ „Nichts.“ Das war so peinlich. Die rubinfarbenen Opale wanderten durch den Raum, aber eine Lösung fanden sie nicht. Yuriy hätte indessen gerne die Zeit zurück gedreht. Das durfte er sich jetzt bis in alle Ewigkeit anhören. Warum er überhaupt angefangen hatte zu reden? Gute Frage. Manchmal überkam es ihn in Kais Gegenwart und seine Klappe ging auf und zu, ohne, dass er es kontrollieren konnte. Eine Angewohnheit, die sich aus Kindertagen wieder zu manifestieren schien, seitdem sie wieder angefangen hatten sich zu verstehen. „Dann finde es heraus“, unterbrach Kais Stimme seine Gedanken. „Was?“, fragte er verständnislos zurück, das seltsam flaue Gefühl im Bauch verdrängend. „Ob ich wirklich so gut im Bett bin, wie du glaubst.“ Es brauchte einen Moment bis der Rothaarige reagierte und ungläubig die Augen aufriss: „Du willst mich verarschen.“ Den Schauder, der ihn dabei plötzlich überlief ignorierte er stoisch. „Nein.“ Unbewegt sahen ihn die unergründlichen Rubine an und Yuriy nahm ihm beinahe ab es tatsächlich ernst zu meinen: „Was hättest du davon?“ „Befriedigung meiner Neugierde.“ „Warum solltest du neugierig sein mit einem Mann zu schlafen?“ Kai konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen: „Ich bin neugierig, wie es ist mit dir zu schlafen der Neugierde willen. Ich weiß nicht, ob man dieses Wort wirklich genau definieren kann.“ Yuriy überkam bei Kais Worten einen heißen Schauder, den er nur zu gut deuten konnte. „Du bist verrückt.“ Kopfschüttelnd betrachtete er die roten Augen, die ihn weiterhin undurchschaubar musterten. „Okay. War nur ein Angebot.“ Mit diesen Worten erhob sich Kai vom Bett und schritt zur Tür hin. Gerade als er sie öffnen wollte, wurde sie von Yuriy wieder zu gedrückt. „Wenn das ein Witz sein soll, wirst du dir wünschen mich nie gekannt zu haben“, flüsterte der Rothaarige bedrohlich in Kais Ohr. Dieser kniff daraufhin lediglich die Augen etwas zusammen und sah in die eisblauen Opale Yuriys, ehe er äußerst unscherzhaft seine Lippen auf die des Anderen legte. _______________________________________________________________________________________________________________________ Das bisher längste Kapitel und dann so ein gemeines Ende. Aber es wäre sonst einfach zu viel geworden. Wer das nächste Kapitel nicht lesen kann, bitte ENS schicken. Ich hoffe das Verhalten der Protagonisten ist nachvollziehbar. Wenn nicht, bitte melden^^. Vielen Dank an alle Kommischreiber! Ihr bekommt wieder eine Nachricht, wenn es weiter geht. Bye Minerva Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)