der Zauber geht weiter von abgemeldet (Krabat fanfiction) ================================================================================ Kapitel 1: Such nicht nach mir! ------------------------------- Das Lautespielen hatte mir schon immer gelegen. Nur hatte er meine Laute zerbrochen, am Tag an dem ich Lehrling bei der Mühle im Koselbruch geworden bin. Er, der Meister, hatte meine Tränen fortgewischt und gemeint, dass ich bald etwas lernen würde das tausendmal besser war als das Lautenklimpern. Damals hatte ich es nicht verstanden, hatte aber meine Tränen heruntergeschluckt und genickt. Nach meiner ersten Lektion aus dem Koraktor vergaß ich es tatsächlich, das Lautespielen. Nun war es, als hätte ich wieder getauscht. Mit der Laute in der Hand und ohne jede Spur von Zauberkraft sitze ich in einer Schenke in Kamenz. Seit dem Ende des Meisters war ein Jahr vergangen. Die anderen Müllersburschen haben sich schon am selben Tag von mir abgespalten. Das hatte mich nicht besonders gestört. Doch nun als ich hier saß und die Laute spielte, genau in diesem Moment bemerkte ich, dass ich etwas anderes vermisste: die schwarze Magie. Es war als ob ein Stück meiner Seele in der Mühle geblieben war, ich war zwar frei, aber nicht zufrieden. Sicher hatte ich versucht mir mit Mädchen die Zeit zu vertreiben, doch ich fand keine die ich so lieb hatte wie sie mich. So war ich weitergezogen und hatte mir jetzt ein Zimmer über einem Schneider genommen. Es war ein friedliebender Mann, der nur zuweilen garstig wurde wenn es um verzögerte Miete ging. Ich war bei einem Postzusteller in Arbeit getreten, der mich häufig für meinen ungewöhnlichen Fleiß lobte. Dabei gab ich nicht mal halb soviel wie auf der Mühle. Gedankenverloren wie ich war vergaß ich weiterzuspielen und mir war gar nicht bewusst das mich alle ansahen. „ Der gute Lyschko… er sollte wirklich nicht so viel über den Durst trinken!“ Ein Mann lachte. Ich begann wieder zu spielen „und du solltest wirklich mal wieder über ein Bad nachdenken!“ rief ich ihm zu. Viele Mädchen lachten, viele Kerle warfen mir feindselige Blicke zu. Ich versank nun ganz in meiner Musik und fing zu dem Lautenklang zu singen an. Um mich herum herrschte immer noch derselbe Lärm, aber ich hörte ihn nicht mehr. Das hier war besser als trinken. Die Musik ließ mich meinen Schmerz vergessen, obgleich die Texte mich nicht wirklich berührten. Ich sang von der weiten Ferne, von Trinkgelagen nach gewonnenen Schlachten und natürlich von unerfüllter Liebe. Ich schrieb selten etwas selbst und wenn, dann traute ich mich nie es vorzusingen. Ich sah auf und als ob mich ein Blitz durchfuhr sah ich, wie eine meiner Bekanntschaften am Handgelenk gepackt und gegen die Wand gedrückt wurde. Das war Alltag und doch gelang es mir nicht das Bild zu vergessen. Als dann ein leises Ächzen und das Geräusch eines heftigen Schlages durch die Schenke hallten, stand ich auf. Viele bemerkten es nicht, aber das Mädchen starrte mich an, wahrscheinlich weil sie meinen Blick gespürt hatte. Ich kannte den Mann der sie bedrängte, doch ich konnte mich nicht recht erinnern woher. Auch ihren Namen hatte ich vergessen. Ohne zu überlegen legte ich meine Hand auf die Schulter des Mannes. Er war größer als ich und hatte dichtes, schwarzes Haar und einen vollen Bart. Ich hatte mir bis heute keinen Bart stehen lassen, es gefiel mir einfach nicht. „Lyschko!“ rief sie und ein Augenzwinkern später schlug der Kerl mit seiner Pranke aus. „Was willst du Schleimer, Hurensohn! Willst wieder anderer Männer Mädchen ausspannen?! Dir werd ich zeigen wo der Hammer hängt, Bursche!“ ein weiterer Schlag und als ich die Augen wieder öffnete, sah ich rot. War ich aufgestanden um mich verprügeln zu lassen? Ich hatte keine Macht mehr. Ich sah das Mädchen an und kurioserweise viel mir ihr Name wieder ein. Sie hieß Rosalie und ich hatte sie auf dem Heuboden genommen während ihr Verlobter unten Holz hackte. Nun wusste ich auch warum mir der Kerl bekannt gewesen war, ich hatte ihn schon einmal von hinten gesehen. Sie schrie. Ich musste wirklich schlimm aussehen. Ich sank auf die Knie und wünschte mir meine Zauberkraft zurück. Noch ein Schlag und vielleicht war ich dann so dumm, wie Juro immer getan hatte. Doch der Hieb ließ zu lange auf sich warten. Ich sah auf. Vor mir stand Jemand ganz ruhig da. Ich atmete ein und plötzlich war es, als ob ich einen Abgrund hinunterfiel, das Rot durchmischte sich mit schwarz und ich kippte seitlich auf den Boden. Das letzte was ich sah war Tonda, wie er auf mich herabsah und mit den Lippen die Worte formte: „Such nicht nach mir!“ Kapitel 2: Brandmale -------------------- Als ich erwachte lag ich in meinem Bett. –Schuhe und Kleidung trug ich noch. Mein Kopf schmerzte fürchterlich doch als ich in den Spiegel sah bemerkte ich, dass die Platzwunde an meiner Stirn gereinigt worden war und mein Gesicht gewaschen. Nur mein Hemd ließ noch darauf schließen, dass mich gestern ein eifersüchtiger Gockel fast zu Brei geschlagen hatte. Ich griff nach der Flasche Wein die neben meinem Bett stand doch als ich ansetzte und trank schmeckte ich nur Wasser. Irgendjemand hatte den Wein durch klares, kühles Wasser ersetzt. Und jeder Schluck tat gut. Plötzlich brachen die Bilder des gestrigen Abends über mich herein. Und als letztes das Bild von Tonda, wie er zu mir herabsah. Tonda war tot, wie konnte das sein? Hatte ich mir das eingebildet? Aber wer hatte mir dann geholfen? Ferner bezweifelte ich, dass Tonda mir in einer Situation wie dieser überhaupt geholfen hätte. Es gab eine Zeit, da hätte er es. Es war jene Zeit, in der mein Alter sich noch auf 14 Jahre betrug und ich gerade meiner Laute hinterher trauerte. Der Meister nahm mich hart ran, so wie alle Lehrlinge in ihrer ersten Zeit. Tonda schien 17 zu sein. Ich hatte viel geweint, vor allem des Nachts. Meine Eltern waren von plündernden Soldaten ermordet worden und wenige Tage nach ihrem Tod träumte ich von Raben und einer Stimme, die meinen Namen rief. So zog es mich, wie alle vor und nach mir auch, zur Mühle am Koselbruch. Die harte Arbeit tagsüber lenkte mich ab doch nachts kamen mir immer und immer wieder die Tränen. Ich hatte sie stets unterdrückt, doch Tonda bemerkte sie eines Nachts. Der Mond durch das kleine Fenster am Ende des Raumes auf ihn, als er sich an mein Bett setzte und ein paar Worte murmelnd über meine Haare strich bis ich einschlief. Ich lernte schnell wie man auf der Mühle zu gewissen Vorzügen gelangte. Ich hatte einen unserer Ältesten erwischt, wie er Speck aus der Mühlküche stahl und war auf der Stelle mit diesem Anliegen zum Meister gegangen. Der Missetäter erhielt seine Strafe und ich erhielt dafür an diesem Abend den rechten Platz neben dem Meister und der Unselige musste statt meiner auf den schlechtesten Stuhl bei Tische. Guter Dinge ging ich an diesem Abend herauf zu den anderen Gesellen, doch bevor ich gucken konnte hatte ich schon eine Maulschelle bekommen. Er holte gerade noch einmal aus, da stellte sich Tonda zwischen mich und ihn. „Lass ihn. Er weiß nur noch nicht wie man sich hier zu benehmen hat!“ widerwillig ließ ich mich beiseite ziehen, ich konnte keinen Fehler in meinem Verhalten sehen. „ Hör mal Lyschko und merk dir das gut, noch einmal spring ich nicht für dich in die Bresche! Wir Gesellen auf der Mühle müssen untereinander zusammenhalten, hörst du? Keine Petzereien mehr!“ ich tat gehorsam, nickte und verschwand in mein Schlaflager. Der rechte Platz neben dem Meister hatte mir zu gut gefallen, um ihn wieder herzugeben. Gleich einen Tag später erwischte ich denselben wie er statt zu arbeiten untätig herumstand. Auf der Stelle ging ich mit dem Anliegen zum Meister. An diesem Abend war mir der Platz neben ihm schon sicher und als Krönung des ganzen Schnitt mir der Meister ein Stück seines Specks ab, dass ich genüsslich grinsend verspeiste, während ich mir argwöhnische Blicke einfing. Ich wurde wieder mit einer Maulschelle empfangen, doch diesmal war da tatsächlich kein Tonda. Als die Gesellen mir weitere Schläge verpassten saß er auf seinem Bett und schaute weg. Doch als ich mich in den Schlaf weinte saß er wieder an meinem Bett und streichelte mir durchs Haar. Diesmal sah ich ihn bevor ich einschlief ins Gesicht. Ein zärtlicher Ausdruck lag in seinen braunen Augen und mir wurde mit einem Mal so heiß, das ich die Augen sofort wieder schließen musste. So ging es weiter und irgendwann einmal saß Tonda nicht einmal mehr an meinem Bett. So verging ein Jahr wie das andere. Ich hatte kaum Angst zu sterben, ich erfüllte meine Aufgaben und legte meistens noch eins drauf, in dem ich den Meister mit den neusten Informationen versorgte. So kam auch der Tag, an dem Tonda’s Worschula starb. Ich hatte meine Finger diesmal nicht im Spiel, über Tonda hielt ich beim Meister für gewöhnlich den Mund. Trotz dessen waren alle Gesellen davon überzeugt, dass ich dafür gesorgt hatte. Ich ertrug die Blicke der Anderen, sie war ich gewöhnt aber jedes Mal wenn mein Blick Tonda’s Augen streiften und ich den Hass spürte, der mir daraus entgegen brach tat es mir im innersten meines Herzens weh. Nun war er es, der sich nachts in den Schlaf weinte. Als alle schliefen schlich ich still und heimlich zu ihm und setzte mich auf seine Bettkante. Doch als meine Hand sein Gesicht berührte, packte er mein Handgelenk. Ein Schrei entfuhr meinen Lippen. Sein Griff war so heiß gewesen, als ob er mir ein brennendes Eisen aufgedrückt hätte. Die Wundmale trage ich immer noch. „Verschwinde oder ich lege sie an deine Kehle!“ zischte er hervor und es klang so fremd, dass ich zusammenzuckte und sofort von ihm entfernte. Fortan war Tonda ein anderer Mensch. Vorher war es sein klares Lachen gewesen, dass stets den Raum erfüllt hatte doch nun hörte man ihn selten Lachen und wenn, dann anders. Dann kam Krabat. Ihm schenkte Tonda seine ganze Aufmerksamkeit und auch seine zärtlichsten Blicke. Obgleich der Junge so schnell alterte wie wir, blieb er zu naiv um das zu bemerken. Doch ich bemerkte es. Auch darüber hielt ich meinen Mund beim Meister. Die nächste Neumondnacht rückte immer näher und Tonda veränderte sich. Ich konnte seine Angst spüren, selbst wenn er Meter von mir entfernt stand. Krabat spürte gar nichts. Er wusste ja noch nicht einmal, dass jede Silvesternacht jemand mitgenommen wurde. Doch der Hass in Tonda’s Blick war nie weniger geworden. Mich von ihm zu verabschieden machte er mir damit leichter. Tonda… Tonda war tot. Ich hatte damit abgeschlossen. Und doch hatte ich das gestrige Bild im Kopf, als wäre es mir eingebrannt worden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)