Aphrodites Rätsel von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 5: Amor tollit timorem ------------------------------ "Amor tollit timorem" - "Die Liebe nimmt die Furcht hinweg" „Nun zu dir, Manos.“, fuhr sie fort und wandte ihren Blick dem zweiten Leibwächter zu, der sich, wie zuvor Claudius, erhob. „Auch du hast mir immer treu gedient und warst mir ergeben. Aus diesem Grund möchte ich auch dir gerne einen Wunsch erfüllen. Doch bevor ich das mache, möchte ich wissen, wo du warst, als ich dich lange Zeit suchen ließ. Bis jetzt hast du mir noch keine Antwort darauf gegeben. Und solltest du es auch dieses Mal verweigern, fürchte ich, dass ich dich verkaufen muss. Ich kann keinen Leibwächter brauchen, dem ich nicht trauen kann.“ Manos zuckte bei diesen harten Worten kaum merklich zusammen. Parthena hatte diese Worte bewusst so gewählt um ihn nun endlich aus seiner Reserve zu locken. Er schien wirklich mit sich zu kämpfen. Man sah ihm an, dass er es ihr nicht erzählen wollte, aber er beabsichtigte auch nicht ihr Vertrauen ein weiteres Mal auf die Probe zu stellen. Schließlich nickte er ergeben und trat einen Schritt auf seine Herrin zu. „Wie Ihr wünscht, Herrin. Ich werde Euch sagen, wo ich gewesen bin. Doch zuvor lasst mich Euch sagen, dass ich nicht gewollt habe, dass Ihr Euch sorgt. Ich hatte früher wieder da sein wollen, allerdings... ist etwas dazwischen gekommen.“ Er holte tief Luft und eine Kunstpause entstannt. „Ich ...war bei dem Mann, der Euer Sommerhaus hat niederbrennen lassen.“ Manos ließ diesen Satz im Raum stehen und beobachtete Parthenas Reaktion. Ihre Züge wurden bleich und sie schwankte zwischen Angst und Wut. Sie schloss für einen Moment die Augen, strich sich mit der Hand über die Stirn und sagte ohne ihn anzusehen: „Ich hatte euch verboten Rache an ihm zu üben, Manos.“ „Ich weiß, Herrin. Und ich soll tausende Male verflucht werden dafür, dass ich Euren Befehl missachtete. Ich soll härter bestraft werden als alle anderen Sklaven vor mir! und doch... ich musste es tun! Dieser Mann hat Euch unglücklich gemacht, er sollte die Konsequenzen kennen lernen!“ „Was hast du getan? Ist er gar wegen dir auf einmal die Freundlichkeit in Person?“ Manos seufzte und nickte. „Ich bin an dem ersten Abend zu ihm gegangen und habe sein Grundstück genau inspiziert. Am zweiten Tag habe ich ihn und seine Sklaven beobachtet. Ich hielt mich gut versteckt um von niemandem gesehen zu werden. Dann bin ich in der zweiten Nacht über die Außenfassade in sein Schlafgemach gestiegen. Dort weckte ich ihn und da er zuvor einigen Wein zu sich genommen hatte und mich nicht kannte, hielt er mich , den Göttern sei Dank, für eine Erscheinung. Das nutzte ich zu meinem Vorteil und behauptete, ich sei ein Gesandter des Hades. Wenn er seinen Charakter nicht ändern würde, würde er bald sterben und an den Höllenhund verfüttert werden. Niemand könne ihn dann noch aus der Verdammnis erretten. Der Mann flehte mich an Gnade walten zu lassen. Er behauptete, er sei doch in der Tat ein ganz erträglicher Mensch. Da sagte ich, ein Mann der Menschenleben, egal ob Sklave oder nicht, auf dem Gewissen habe, sei kein guter Mensch. Doch wenn er auch nach dem Tod im Hades noch weiterleben wolle, sollte er sich zu ebenjenem wandeln. Der Mann beteuerte, dass er sich ändern wollte. Ich entschwand auf dem gleichen Wege, den ich in sein Zimmer genommen hatte und verblieb noch den letzten Tag auf seinem Grundstück um zu sehen, ob er sich wirklich gewandelt hatte. Doch er schien seine Begegnung mit dem Gesandten des Hades ernst zu nehmen und war auffällig freundlich zu jedermann, egal ob Sklave oder Gast. Anfangs noch zähneknirschend unt mit vielerlei Überwindung verbunden, geland ihm das immer besser, je weiter der Sonnenwagen über den Himmel glitt. Zufrieden und doch mit schlechtem Gewissen, weil ich so lange ohne eine Nachricht weg gewesen war und Euch in Sorge zurück gelassen hatte, kehrte ich also wieder zurück. Ich hatte nie vor Euch zu verletzen, Herrin. Ich wollte Euch vor einem grässlichen Menschen schützen, wie es meine Aufgabe als Leibwächter ist.“ Parthena, welche die ganze Zeit über geschwiegen hatte, nickte nur und Tränen glitzerten in ihren Augenwinkeln. „Du bist wirklich das Letzte.“, brachte sie hervor, „Wiedersetzt dich meinen Befehlen und verschwindest ohne ein Wort. Das ist unentschuldbar! ...Und doch schaffst du es einen Menschen ohne Gewalt zu etwas Gutem zu bringen.“ Sie verstummte und ließ die Geschichte auf sich wirken. Unsicher stand Manos vor ihr und sah sie wartend an. Sein Schicksal hing nun ganz davon ab, ob seine Geschichte in ihren Ohren plausibel klang und sie seinen Worten Glauben schenkte. Und ob sie, wenn sie das tat, ihm verzieh, dass er einfach so verschwunden war. Er wusste nicht, wie er ihre letzte Aussage deuten sollte. Sie beinhaltete negative und positive Sachen gleichermaßen... „Aber als Leibwächter bist du unersetzbar. Und ich glaube deine Worte. Daher möchte ich auch dir einen Wunsch gewähren. Du warst die ganzen Jahre immer für mich da und hast mir immer die Wahrheit gesagt. Ich denke, du hast dir den Wunsch ebenso verdient wie Claudius. Morgen Abend musst du dich entschieden haben.“ Manos verneigte sich zur Antwort ehrfürchtig, küsste Parthenas Hand zum Dank und ging. Die Blonde blinzelte. Die Stelle, an der Manos Lippen ihre Haut berührt hatten, kribbelte. Das Gefühl war ihr völlig unbekannt. Am nächsten Abend ließ Parthena ihre beiden Leibwächter wieder zu sich rufen. Sie stand in ihrer Lieblingshalle vor einer Büste der Aphrodite, als die beiden eintrafen. Sie knieten sich wieder zu Boden und senkten respektvoll die Köpfe. „Claudius, erhebe dich. Was ist dein Wunsch?“, fragte Parthena. Sie hatte nicht vor, das Ganze unnötig in die Länge zu ziehen. Der junge Mann stand auf und trug ohne Umschweife sein Begehr vor: „Herrin. Wir sind jeden Tag und jede Nacht für Euch da und müssen immer ansprechbar sein. Mit Verlaub, ich möchte mich nicht beschweren, aber daher wünsche ich mir nichts sehnlicher einen freien Tag jeden Monat.“ Parthena durchdachte den Wunsch. Er war ungewöhnlich, zugegeben, aber das war ziemlich viel in ihrem Hause... Nun, warum eigentlich nicht? Den einen Tag im Monat müsste sie dann eben ohne Claudius auskommen. Wenn es ihn glücklicher machte, dann wollte sie den Wunsch gerne erfüllen. Er hatte es sich wirklich verdient. Und so war der junge Mann auch durch sein eigenes Gewissen noch mehr verpflichtet sie zu schützen und alle ihre Befehle auszuführen. Zugegeben, es war ein wenig hinterhältig, aber das war der zweite Grund, warum Parthena ihren Sklaven überhaupt einen freien Wunsch gewährte. Um sie auch in Zukunft wirkungsvoll an sich zu binden. „Es sei dir gewährt.“, sagte sie nickend, „Ab jetzt hast du einen Tag im Monat frei.“ Claudius strahlte und verneigte sich überglücklich unzählige Male. Dann küsste er dankend ihre Hand und verließ fröhlich den Raum. „Nun zu dir, Manos. Erhebe dich.“ Der Sklave tat wie ihm geheißen. „Was ist dein Wunsch?“ Der junge Mann verbeugte sich ehrfürchtig. „Verzeiht diese kühne Behauptung, Herrin. Aber das, was ich mir am Sehnlichsten wünsche, könnt Ihr mir nicht erfüllen.“ Parthena runzelte die Stirn. „Wie bitte?“, fragte sie verwirrt. Das konnte sie sich nun beim besten Willen nicht vorstellen... jeder hatte doch erfüllbare Wünsche, oder? „Warum nicht? Was ist denn dein Wunsch? Nenn ihn mir.“ „Ich kann es Euch nicht sagen. Und ich verlange nicht von Euch mir diesen Wunsch zu erfüllen. Es wäre schon Frevel ihn auch nur auszusprechen.“ „Was soll das Manos? Fang nicht schon wieder damit an mir etwas zu verschweigen.“, erwiderte Parthena und verspürte einen Stich im Herzen. Ging das etwa schon wieder los? „Bitte sag mir, was du dir wünschst.“, forderte sie. „Vertraut mir, Herrin, es wäre nicht gut für Euch, diesen Wunsch zu erfahren." „Ich entscheide selbst, was gut für mich ist, danke.", erwiederte Parthena schnippisch, „Nun mach es mir doch nicht so schwer! Oder willst du mich mit diesen Worten beleidigen?" „Nein, Herrin! das fiele mir nicht im Traum ein! ...Ihr wollt es also wirklich hören?“ „Natürlich.“ „Auch wenn es auf Euch abstoßend wirken würde?“ „Warum sollte es das sein?“ „Und ich bei Euch in Ungnade falle?“, hakte Manos unsicher nach. „Das wird nicht geschehen. Nun sag schon, was ist dein Wunsch?“, fragte Parthena ungeduldig. Warum musste er es so spannend machen? Der Mann ging einige Schritte auf sie zu. „Ihr habt es ja so gewollt.“, murmelte er und verwegen hauchte er ihr ins Ohr: „Ich wünsche mir einen Kuss von Euch.“ Parthenas Nackenhaare stellten sich auf und sie riss die Augen auf. Was hatte das zu bedeuten? Hatte er sich in sie verliebt? Nein, das durfte sie nicht denken! So etwas brachte nur Ärger. Aber warum sollte er sonst einen Kuss wollen? Und warum schlug ihr Herz so schnell? Manos trat wieder zurück und sagte in normaler Lautstärke: „Ich verlange nicht von Euch mir diesen Wunsch zu erfüllen. Doch nun wisst Ihr, was ich denke. Nehmt es als Beweise meines Vertrauens. Ich werde Euch nicht noch einmal hintergehen.“ Und ohne auf eine Antwort zu warten, verließ er die Halle und ließ die junge Frau zurück. Er ging mit klopfendem Herzen geradewegs in die Kammer, die er sich mit Claudius teilte. „Ich habe es ihr gesagt.“, war das Erste, was er zu seinem Freund sagte. „Ich habe ihr gesagt, was ich mir wünsche.“ „Und? Wie hat sie reagiert? Hat sie dir den Wunsch erfüllt?“, fragte Claudius sofort. „Red keinen Unsinn. Ich bin sofort wieder gegangen. Ich kann so etwas doch nicht wirklich von ihr verlangen!“, fuhr er ihn ungewollt an, doch Claudius überging den unfreundlichen Ton. „Warum nicht?“, fragte er stattdessen weiter. „Na weil... sie... sie ist eine reiche Griechin... und ich bin...“ „Ein Sklave?“ Frustriert warf Manos sich auf seine Liege. „Ja.“ Parthena dagegen stand noch immer in der Halle und glaubte im Wind, der ihr Haar zurück wehte, Manos Stimme zu hören, wie sie immer und immer wieder den Wunsch flüsterte. Ein leichter Schauer lief ihren Rücken hinab und sie blinzelte leicht. Doch sie war nicht fähig sich zu rühren. War er wirklich verliebt? Er behauptete, es wäre Frevel so etwas zu verlangen? Sie musste zugeben, sie war verblüfft. Empört! Das war ein Skandal! Doch sie war selbst schuld. Sie hatte ihn dazu gedrängt ihr zu sagen, was er sich wünschte. Nun musste sie auch mit dieser Antwort fertig werden. Nur: damit hätte sie nicht gerechnet, sie dachte eher an etwas... nun, materielleres. Trotzdem... Parthena würde es NICHT tun! Oder? Sollte sie es tun? Sie hatte ihnen schließlich versprochen je einen Wunsch zu erfüllen. Und Manos Wunsch stand ja noch aus. Sollte sie ihn küssen? Etwas in ihr sträubte sich. Ihre moralischen Vorstellungen standen gerade ordentlich Kopf. Immerhin war er, trotz all ihrer Vertrautheit noch ein Sklave! ...Aber auf der anderen Seite war es ja nur ein Kuss. Was war da schon dabei? Wenn die richtige Zeit gekommen war und sie beide allein waren, würde sie ihn küssen? Sicher. Warum eigentlich nicht? Wenn es sein Wunsch war... Und irgendwie wurde ihr ganz warm, wenn sie es sich nur vorstellte.... und sie erinnerte sich daran, dass er ihr vor gar nicht allzu langer Zeit zum Essen verholfen hatte... das waren schließlich auch Küsse gewesen. Aber da war es etwas anderes... Immerhin hatte er das getan um ihr zu helfen und es kam auch eher auf das Essen als auf den Kuss an... Dieses Gefühl war ihr völlig unbekannt. Konnte es sein, dass sie Manos mehr als nur mochte? »Hör auf, Parthena, das ist doch lächerlich!«, schalt sie sich selbst. »Man kann sich doch nicht in einen Sklaven verlieben!« Doch ihr viel ein, dass sie vor einiger Zeit bei der Hochzeits - Zeremonie eines Adligen gewesen war. Er hatte eine seiner Sklavinnen geheiratet. War es also doch möglich? Es war sicher möglich. Aber verpönt. Nur... was war eigentlich in ihren Kreisen nicht verpönt, was sie tat? Sie lebte alleine, was schon fast als Frevel galt. Sie redete mit ihren Sklaven wie mit Freunden, was absolut unüblich war. Und sie suchte verzweifelt nach jemanden, der sie liebte - Niemand tat das! Man heiratete des Geldes wegen. Also seit wann bitte richtete sie sich danach was andere Leute taten? Wenn sie einen ihrer Sklaven küssen wollte, sollte sie es doch tun! Er war schließlich genauso ein Mensch wie sie auch! Wo bestand da der Frevel? Neugierde erfüllte sie und ließ sie schmunzeln. Mal sehen was Aphrodite sich noch für sie ausdachte... Hoffentlich spielten die Götter ihr keinen Streich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)