Götter, Engel, Dämonen und das Meer von Diracdet (Teil 5 des Detektiv Conan-Noir Crossovoers) ================================================================================ Kapitel 15: Audienz - Teil 1 ---------------------------- Hallo an alle Lesenden, und wie immer an dieser Stelle vielen herzlichen Dank für eure Kommis! @Leira, wegen der Sprengsätze: zwar füllten die Statuen sozusagen den Bogen des Eingangs aus, aber sie waren ja nicht aus der Wand gehauen. Sprich, dahinter gabs überall Luftlöcher, die man höchstens bei genauem hingucken und gutem Licht bemerken konnte. Letzteres war sowieso nicht gegeben und ersteres..., nun Chris und Ran waren gedanklich nicht bei der Kunst. Dazu sei noch erwähnt, dass diese Statuen im speziellen extra für dieses Museum geschaffen worden. Sie sind jetzt also nicht vergleichbar mit den wahren Ausstellungsstücken. ;] Ansosnten kann ich dich nur damit vertrösten, dass du ja demnächst auf deine Kosten kommst... So, zum neuen Kapitel. Welches nun zwei Kapitel wird, weil es a) zu lang und b) irgendwie zu unterbrochen wirkt. Der Name des Kapitels... Audienz, erschließt sich aber nur im Gesamtkontext dieses Doppelkapitels richtig, weshalb ich keine neuen Titel gewählt habe. Dann wünsch ich euch jetzt viel Spaß beim Lesen und verabschiede mich bis nächste Woche. lG, Diracdet _________________________________________________________________________________ Kapitel 15: Audienz-Teil 1 “RAAAAAANNNNNNN!!!!!!!!!!!!” Der Schrei hallte Conan selbst durch Mark und Bein und traf auch den Vater der Person, der er eigentlich galt. Das Getöse, dass ihm unmittelbar folgte, schreckte schließlich alle Übrigen auf aus ihrem Moment der Beobachtung. Die Dämmerung hatte begonnen, das Ende der Götter war gekommen. Doch nicht das purpurne Meer erregte mehr die Aufmerksamkeit der Sterblichen, das Rot, dass vom vergossenen Blut der Nacht und dem wohl noch zu vergießenden Blut des Tages kündete. Nein, es war eine dicke Staubwolke, die vom Eingang des Museums auf die Blaue Ebene stieß und das Blau in sein gleichmäßiges, irdisches Grau hüllte. Das Meer war verschwunden, hatte seine tiefe Endlosigkeit gegen das trübe Gestein eingetauscht. Ein eiskalter Schauer durchlief den kleinen Jungen inmitten der Menschenmassen angesichts dieses Gedankens. Ja... das war wirklich der Untergang der Meeresgöttin! Dagegen waren alle Anschläge vorher nur armes Gespiele der Menschen. Darstellung von Leuten, die sich empor gehoben hatten oder empor gehoben worden zu Höhen, die ihnen nicht vergönnt waren. Es schien alles so extrahiert, herausgenommen aus der Wirklichkeit. Das waren nie wirklich Göttermorde, aber nun, das blutrote Meer der Dämmerung, der Staub, der das Blau der Ebene bedeckte... und sie... gefangen im Gestein, hinter ewigen Wänden aus massivem Geröll, entfernt von ihrem Königreich, dem Meer, dort wo das Wasser in Millionen Jahren frühestens hin gelangen könnte... „Conan!? Sag schon!“ Der kleine Detektiv erwachte aus seiner Trance nur dank kräftiger Schüttelbewegungen seitens seines großen Kollegen. Er fand sich in dessen Armen wieder, auf Augenhöhe, sein Kopf drehte sich eigentlich genauso viel wie eben zuvor, nur jetzt steckte ein physischer Grund dahinter, genannt Kogoro Mori. Er blickte in die tiefen, zwischen Raserei und Panik gleitenden Augen seines 'Onkels', die eine klare Antwort forderten, und nichts anderes akzeptieren würden. „Sag schon, ist Ran eben ins Museum gerannt??“, schrie er dem kleinen Jungen um die Ohren, dass dieser versucht war, sich vor der Stimmengewalt zu schützen. „J-Ja... ein paar Sekunden, bevor... alles einstürzte.“ Augenblicklich spürte Conan, wie die Schwerkraft sich von höchster Stelle meldete und ihn unsanft auf den Schiffsboden verbannte, als Kogoro ihn unbesehen losließ. Mittlerweile hatten sich einige Leute um die Trümmer der vorderen Statuen, die noch einige Meter heraus sich türmten, aufgebaut, nur um vom besorgten Vater gewaltsam umgerannt zu werden. „Ran! RAN!“ Unbändige Emotionen trieben ihn an den Steinhaufen, den er völlig außer sich versuchte, eigenhändig beiseite zu räumen, bis ihn zwei Polizisten zurückhielten. „Mori, beruhigen Sie sich!“, schrie der ältere Kommissar ihm ins Gesicht in der Hoffnung, den Detektiv zur Raison zu bringen. „Der Gang ist über zehn Meter lang und vollständig eingestürzt, den können Sie nicht wegräumen! Und Ihre Tochter ist laut Conans Aussage ein paar Sekunden zuvor schon reingegangen, vielleicht hat sie es geschafft durch den Gang. Sango? Hast du endlich die Leute vom Sicherheitsdienst am Apparat?“ Dieser letzte Satz hatte überraschenderweise mehr Gehör bei Kogoro gefunden, als alle Versuche, auf die Überlebenschancen seiner Tochter hinzuweisen. „Sicherheits...dienst?“ „Das ist ein Museum, Mori, die Spender der Exponate wollten unbedingt Überwachungskameras darin haben, deshalb können wir so schneller an die Informationen gelangen.“ „A-Aber... gibt es denn keinen anderen Eingang?“ Das klang schon wieder wesentlich gefasster und überlegter, zum einen zum Wohlgefallen für den Kommissar, andererseits aber auch zum Missfallen, denn... „Aus genau dem gleichen Grund... der Sicherheit der Ausstellungsstücke, gibt es keinen zweiten Eingang und auch kein Fenster, dass groß genug wäre, um von außen einzusteigen...“ Der Schock saß Kogoro immer noch im Nacken, als endlich der jüngere Kommissar sich meldete. „Hallo, Sicherheitsdienst? Kommissar Yokomizo am Apparat.“ „Kommissar Yokomizo? Gut, dass Sie anrufen, wir haben soeben alle Kameras im Museum verloren. Was ist bei Ihnen passiert?“ „Wie bitte?! Alle Kameras sind ausgefallen?“ Der Satz traf erneut alle Anwesenden. Conan, der sich eben erst vom Schmerz beim herunterfallen aufgerichtet hatte, fixierte umgehend alle Leute in der Umgebung. 'Er... er ist weg! Verdammt.' „H-Haben Sie sonst noch irgendetwas gesehen, bevor die Kameras ausfielen, kurz davor?“ „Nun, es sah so aus... als ob kurz davor, wenige Sekundenbruchteile noch eine zweite Person hinein gerannt ist...“ „Gott sei dank. Herr Mori, sie scheint durchgekommen zu sein... Äh... wie, zweite Person, war noch jemand vorher im Museum?“ „Chris Vineyard, die Schauspielerin war vor ein paar Stunden gekommen. Herr Tanahi hatte uns Bescheid gegeben, dass sie hinein dürfte. Aber sie hat die ganze Zeit nicht mehr gemacht als sich an eine Statue gelehnt und auf dem Boden gesessen.“ Sango Yokomizo beschränkte sich darauf das Wesentliche für die zuhörenden zu wiederholen. „Miss Vineyard ist seit Stunden im Museum, hat aber nur da gesessen? Und Tanahi hat davon gewusst?“ „Herr Tanahi?“, wollte sich der ältere Kommissar gerade an den Schiffseigner wenden, als er feststellte... „Er ist weg.“ „Und Meahara und Yuhara auch!“, vervollständigte Kogoro die Aussage! „Verdammt, sie waren es doch. Ran!! Ran, hörst du mich? Ich werde dich gleich retten kommen! Wie lange brauchen wir, um uns hier durch zu arbeiten.“ Mehrere Polizisten hatten bereits zusammen mit einigem Schiffspersonal begonnen, die ersten Steine zu entfernen, aber unter diesen Umständen war das ein Unterfangen, dass Kommissar Jugo Yokomizo spontan auf mindestens eine halbe Stunde bezifferte. 'Das dauert einfach zu lange...' Und mit diesem Gedanken und ein paar kurzen Überlegungen verschwand auch Conan von der Bildfläche. Müdigkeit, nicht nur wegen der langen Nacht, sondern auch über diesen kurzen Schrecken, als über ihr anfing alles einzustürzen, hatte sich auf Ran gelegt, als sie die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht spürte. Langsam öffnete sie die Augen, sah in das sanfte noch nicht ganz Gelb, sondern Orange, dass sich am unteren Ende eines kleinen Bullauges abzeichnete. Frische Luft umspielte ihre Nase, es war geöffnet. Einige Bullaugen waren geöffnet, als wollte jemand ihr helfen, wieder wach zu werden. 'Jemand?' In diesem Moment schrak sie hoch, stütze sich angestrengt auf ihre Oberarme, atmete einmal kurz und heftig durch, um dann sich in den anderen Raumrichtungen umzusehen. Das Licht streute nur langsam durch die dunkle Halle, die in ihren Ausmaßen wohl der Blauen Ebene gleich kam. Gleichmäßig verteilt durch diese dunkle, steingraue Ebene standen große Podeste mit den darauf postierten Statuen aus Antike, Rennaissance und auch Neuzeit. Nicht unbedingt die berühmtesten Plastiken, wie Ran feststellte – eigentlich kannte sie keine von ihnen, so weit man im fahlen Lichtschimmer von erkennen sprechen konnte – aber es war eine beeindruckende Kulisse. So wie eigentlich alles auf diesem Schiff war auch hier eine eigene Märchenwelt entstanden, die aufgrund der fehlenden künstlichen Lichter sich mit jedem vergehenden Moment mehr im Glanz der Sonnenstrahlen erhellte. Als fingen die Statuen an zu glitzern. Marmor konnte manchmal wirklich faszinierend schön sein. So wanderte ihr Blick von links nach rechts, zuckte dann aber zurück in die Mitte. Da, vor einer der nächsten Statuen, nur wenige Meter direkt vor ihr, saß sie auf dem Boden und beobachtete die erstaunten Blicke ihres Gegenüber. „Na, bist du aufgewacht?“ Ruhig, überzeugend, jedoch ohne eine Spur von Überheblichkeit antwortete Chris ihr auf ihre ungestellte Frage: „Ja, ich hab die Fenster aufgemacht, damit du etwas Luft bekommst. Normalerweise reicht wohl die vom Gang und im Saal selbst aber zurzeit...“ Mit den Augen wies sie Ran hinter deren Rücken, woraufhin sie sich mühsam, ängstlich umdrehte und die Reste des zerstörten Eingangsflurs erblickte. Wie auf der anderen Seite machte sich ein breiter Pfropfen aus Geröll und Gestein breit und ließ das Gesamtbild wie einen eingestürzten Stollen von außen erscheinen. Genau diese Assoziation schreckte sie zurück. „Gibt... gibt es denn keinen anderen Ausgang?“ So zögerlich wie die Frage kam, so lange zögerte die Schauspielerin die Antwort hinaus. „Du bist, als du hier im letzten Moment hereinstürmtest, bevor alles explodierte, gestürzt und ohnmächtig geworden. Nicht lange, vielleicht... vier, fünf Minuten. Aber... wenn es einen anderen, nicht verschütteten Eingang geben sollte, dann wären mittlerweile sicher Leute von der Polizei hier... Und offenbar ist wohl eine von uns beiden auch ein potentielles Anschlagsopfer, was?“ Ran zuckte unwillkürlich zurück, drehte den Blick etwas zur Seite weg. Der Gedanke an Natsuke Karasuma haftete ihr an, auch wenn Chris Vineyard davon nichts wissen konnte. „Also warten wir besser, bis sie uns hier rausgebuddelt haben, ja?“ Immer noch keine Reaktion. Und das war nun zu viel für die Schauspielerin an Ignoranz ihrer Person. Sie stand auf, so dass sie etwa über Rans Gesicht sich befand. „Ach ja, bitte bitte, Ran, ich hab dir doch gerne geholfen, dass du schnell wieder wach wirst und geguckt, dass du dich nicht verletzt hast... Nein, vielen Dank, Miss Vineyard, wirklich.“ Sie wusste, sie hätte es nicht tun sollen, aber sie konnte sich nicht beherrschen. Die Wut hatte sie diesen einen bösen Fauxpas machen lassen, sie hatte Rans Stimme imitiert. Und natürlich fuhr die Oberschülerin hoch, als sie sich selbst hörte, mit jeder Stimmennuance und jeder Betonung exakt. Nicht nur im Geiste, fast augenblicklich stand auch sie auf den Füßen und Chris gegenüber. 'Ja... wie es ihre Mutter erwähnte. Sie kann perfekt Stimmen imitieren. Aber... ich dachte, dafür muss man an diese Stimme gewöhnt sein? Also... heißt das, ich habe Recht!' Ein kurzer Adrenalinschub füllte ihren Körper, ihr Herz pochte und sie fasste sich langsam auf diese Stelle an der Brust. Mit beiden Händen zu einer gebetsartigen Geste verbunden führte sie sie an sich, drückte gegen den kräftigen Muskel und atmete noch einmal tief ein. Chris Vineyard hatte sich schon nach ihrem letzten Satz abgewandt, lieber die Statue, an die sie sich lehnte, genau 'bewundert' und sich auf die Lippen gebissen. Sie bekam die Geste nicht mit. „Miss Vineyard?“ Die ruhige, ängstliche Person, das Oberschulmädchen, das unter dem Schock litt, fast erschlagen worden zu sein, es war verschwunden. Vollkommen. Diese Titulierung, die souveräne Stimme, die sie nur zu gut aus einer ganz anderen Situation erkannte. Nun machte Ran jemanden nach. Nämlich Shinichi Kudo, wenn er einen Täter entlarvte, wenn er ihn persönlich ansprach. Dann war da dieses Pokerface in vollendeter Form, die Überzeugung, die jedem noch so von sich überzeugten Gegenüber sagte, ich kenne alle deine Tricks und ich kann sie auch überführen. Es ist vorbei... Verbrecher! 'Dann bin ich also in deinen Augen wirklich ein Verbrecher... Angel?' Sie drehte sich nicht um, wollte es nicht, wollte nicht mal antworten, beließ es nach langer Pause bei einem zustimmenden „Mhm?“. „Drehen Sie sich bitte um, wenn ich mit Ihnen rede, Miss Vineyard. Zumindest das sollte Ihnen Ihre Mutter beigebracht haben, wenn auch nicht viel anderes darüber, wie man sich verhält.“ Der erste Teil klang noch sehr sachlich, wenn auch fordernd, im zweiten schwang jedoch etwas Gift mit, welches Chris doch verwirrte. War es etwa möglich, dass sie... dass Ran schon noch tiefer in das Wesen der Schauspielerin eingedrungen war, als sie befürchtete? So tief, dass selbst sie keine guten Gedanken mehr sah? 'Das wäre mehr als... traurig für mich.' Langsam, in Zeitlupe, als ob eine Spezialkamera sie gefilmt hatte und dann verlangsamt abspielte, wandte sie sich um. Und jeden Zentimeter überprüfte sie aufs neue ihre Maske im Gesicht, ihre unschuldige Ruhe und Gelassenheit. Kein zweiter solcher Fehler wie mit der Stimme eben, das wäre fatal. „Verzeihung, Fräulein Mori. Ich habe mich nur gerade für die Kunstobjekte interessiert. Zugegeben, es ist eine etwas gereizte Stimmung im Moment, was ich auch verstehen kann. Trotzdem würde ich Sie bitten, nicht meine Familie zu beleidigen. Die dortigen Verhältnisse... sind etwas... schwierig.“ Sie stand ihr zwar nun gegenüber, hielt die Augen aber leicht geschlossen als Zeichen ihrer inneren Ruhe, aber auch weil sie meinte, das Licht würde sie blenden. Dann aber öffnete sie sie und sah tief in Rans ausgeprägte Kontur, die von gleißend hellem Sonnenlicht umrandet war. Eine Lichtgestalt vor ihr, die durch die Dunkelheit, die des Kleides und die innere in ihrem Körper hinduch strahlte. Lediglich die Wahrheit konnte ihr stand halten. Angst begann sie zu umfangen. „Natürlich. Diese Beleidigung ging auch nicht gegen Ihre Mutter, sie ging gegen Sie, Miss Vineyard. Oder... sollte ich sagen, Doktor Araide?“ Der Schlag saß tief. Wem die Aussage galt, war schon vorher klar gewesen, aber diese Entblößung übertraf ihre schlimmsten Erwartungen. Sie war schon viel zu tief vorgedrungen. Und die Art, wie sie zu dieser Aussage kam, dass sie sie so direkt ansprach, dass verdeutlichte genau eines. 'Es war nicht Cool Guy, der dir das erzählte. Du bist von selbst drauf gekommen.' Der Moment des Überlegens, auch wenn sie keine Miene verzog, war lang genug, um Ran zu bestätigen. „Ich hatte Recht. Es ist etwas... an Ihnen, an denen, denen... hinter denen Shinichi her ist. Eine unbestimmte Aura... eine Untiefe, die einen schaudern lässt. Sie verfolgt mich, Miss Vineyard. Schon sehr lange, aber erst seit kurzem nehme ich sie bewusst war, diese Aura. Vor einem Jahr, in New York, da bin ich Ihrer Mutter begegnet und dann einem Mörder. Ich fühlte mich damals nicht gut, dachte, dass eine Erkältung meine Sinne trübte, aber ich verspürte damals zum ersten Mal dieses Unbehagen. Ich dachte auch, es wäre der Mord, den ich selbst miterlebte. Es war nicht die Krankheit, es war nicht der Mord, es war etwas in der Art dieses Serienkillers, dass mich frösteln ließ. Eine Dunkelheit, die ich aber fast vergaß, die mein Unterbewusstsein herausstreichen wollte. Sie waren dieser Killer damals. Es ist dasselbe Gefühl, nicht eins wie bei den anderen, welches ich seitdem immer wieder wahrnahm, es ist Ihre Art! Sie waren es!“ Der Finger ihrer Hand erhob sich, ein schräger Sonnenstrahl an ihr vorbei ließ ihren Arm zu einem langen Stab heranwachsen, der sich unaufhaltsam auf das Gesicht von Chris Vineyard zu bewegte. Die plötzlich auf ihrem Antlitz einsetzende Dunkelheit als der Schatten sie erreichte, wirkte eigentlich kühlend, aber dahinter konnte sie nun ganz klar Ran und den Blick in ihren Augen sehen... und wurde kreidebleich. 'Die... die gleichen Augen... wie damals bei Shinichi. Dieser unaufhaltsame Blick, der sich über alles böse dieser Welt hinwegsetzen will. Du duldest sie nicht, die Fehler, die ich gemacht habe, oder? Du kannst sie einfach nicht hinnehmen und mich weiter leben lassen damit.' Die Worte des Oberschülerdetektivs von damals spukten ihr durch den Geist. Er wollte sie noch überführen, alle ihre Missetaten aufdecken. 'Tse... wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Ran dir noch ein wenig vorauseilen könnte... Cool Guy. Das wird ein Spießrutenlauf...' Resigniert blickte sie zu den Augen auf, die unverändert, unnachgiebig sie verfolgten. 'Was bezweckst du damit nur, Angel?' „Ich hatte diese Ereignisse fast verdrängt, wohl auch wegen dieser Aura, die Sie verströmten, aber sie kamen wieder... und seit einiger Zeit... kommen sie... immer wieder. Der große Mann, der im Tropical Land verstarb... 'Wodka' nannten sie ihn, er war auch einer von ihnen.“ Es war keine Frage, sondern eine Aussage, und das veranlasste sie unbewusst, ganz leicht zu nicken. Doch, schon wieder ein Fehler... sie wollte die Bestätigung. Natürlich wusste sie es mittlerweile genau, aber jede Bestätigung war ein weiterer Nagel zum Sarg von Chris Vineyard... und Conan Edogawa. 'Dieses... verdammte Licht!' „Und Gin... nein, Sie müssen mir nicht antworten. In seinem Fall wusste ich es, seit ich ihm das erste Mal begegnet bin. Er ist kein guter Mensch... nein... seine tiefe, schwarze Seele übertrifft sogar Ihre noch an Dunkelheit... Aber... Sie verstehen sicher die Logik... Wodka... Gin... Namen alkoholischer Getränke. Behalten Sie das kurz im Hinterkopf. Seit Doktor Araide bekannt gab, mit seiner Praxis fortzuziehen, bis zu seiner unerwarteten Rückkehr verströmte auch er diese Aura. Nicht nur eine von denen... nein, seitdem erinnerte ich mich konsequent an New York. Aus unerfindlichen Gründen, wie mir damals schien.“ Vermouth konnte den ihr vorgeschriebenen Spießrutenweg förmlich sehen, wie ihn Ran vor ihr aufzeichnete. Es gab kein Entkommen. Auf dieser einen winzigen Erkenntnis aufbauend, konnte sie ihr viel zu viel nachweisen. Selbst wenn es nichts handfestes war, nur Aussagen... mit Shinichi Kudo hinter ihr konnte damit alles möglich sein. Unwillkürlich begannen ihre Gedanken umher zu rennen. Was genau... werde sie tun müssen, um hier heraus zu kommen? Und immer wieder landete ihr Hirn bei nur einer einzigen logischen Konsequenz, die sie erschaudern ließ. 'Niemals!' „Aber es endete... ganz plötzlich. Sozusagen von einem Tag auf den anderen verschwand bei Doktor Araide dieses Gefühl in mir.“ Unwillkürlich glitt ihre rechte Hand in die Luft und ein leichtes schnips-Geräusch durchzog den Raum. „Und das fiel zusammen... mit der Halloween Feier auf einem Schiff, zu dem uns ein gewisser 'Vermouth' einlud.“ Ja, es war mit dieser einen Tatsache fast schon zu einfach, auf die Lösung zu kommen. Wie nahe doch ein perfektes Verbrechen und eine simple Gaunerei, die jeder durchschauen würde, beieinander liegen konnten. Genie und Wahnsinn gab es offenbar auch in der Verbrecherwelt. „Vermouth... das ist auch ein Name... Ihr Name, Miss Vineyard. Ihre Stimme, damals im Hafen, als sie auf Ai schossen... und dann auf mich. Ich hab sie genau gehört! Es war Ihre Stimme, die sie in Anwesenheit von Yoko Okino gestern Abend auch nicht so verstellen konnten. Sie hat sie verraten. Sie wollten damals die FBI Agentin und Ai umbringen.“ Es war alles zu einfach. Und allmählich war sie es auch Leid, dieser Blick, den sie ertragen musste, diese Schärfe, mit der sie angefeindet wurde. Nicht von ihr, nicht von Ran, das war einfach nicht fair in ihren Augen! Es war Zeit, in die Offensive zu gehen. Ran zögerte, suchte wohl erneut eine Bestätigung, weshalb Vermouth ein leichtes Lächeln an den Tag legte und einen Schritt nach vorne machte. Durch diesen Schritt verschwanden die sie blendenden Strahlen hinter dem Kopf von Ran und sie konnten sich nun beide direkt ansehen. Augenblicklich kehrte ein Stück weit Angst in den Körper der Oberschülerin zurück. „Yes..., das wolltest du doch hören, oder Ran? Du hast Recht. Ich... bin... Vermouth. Ich habe damals Doktor Araide gespielt und ich habe versucht, das kleine Mädchen zu töten, das du geschützt hast. Die FBI-Agentin kam mir eher zufällig in die Quere, das hatte damit nicht wirklich etwas zu tun. Aber... das hätte dir alles auch Shinichi erzählen können. Wenn... er dir etwas erzählt hätte.“ Das Gewicht verschob sich leicht zugunsten der älteren der beiden in diesem Dialog, aber noch nicht weit genug. „Sag mir also... Ran... was willst du wirklich von mir wissen?“ Sie zögerte... unruhig glitten ihre Augen hin und her, was Vermouths Hand langsam zu ihrer rechten Hüfte führen ließ. 'Ich sagte nein!' „Ich möchte wissen... welcher Bezug zwischen Ai Haibara und... Masami Hirota besteht.“ Die Augen der Schauspielerin weiteten sich nun beträchtlich und auch ihre Hand ruhte auf einmal still. „Wie...Wie kommst du gerade auf diese beiden?“ Eigentlich hätte es ihr fast klar sein müssen... Fast. 'Das ist unglaublich, wenn sie sogar das wahrnehmen konnte.' „Sie gehören zusammen. Etwas verbindet sie. Und es ist nicht die Tatsache..., dass sie beide auch zu denen gehören...“ Wie sehr, merkte sie gerade, sie sich doch wünschte, genauer darüber Bescheid zu wissen, was das für Leute waren, gegen die Shinichi ermittelte. Allein dadurch wurde sie in ihrer Souveränität untergraben. Und nun konnte Vermouth nicht anders als lauthals los zu lachen. Ihre Souveränität war zurück. Vorläufig. „Dann sprich es aus, Ran! Bis eben warst du doch so überzeugt von deinen Theorien, wieso willst du es jetzt nicht aussprechen? Ich weiß, was damals passiert ist..., nach dem eine Milliarde Yen Raub. Wie sie zu deinem Vater kam und um Hilfe bat. Du hast sie gemocht, nicht wahr? Sehr sogar, unterschwellig, fühltest du dich mit ihr verbunden. Bezogst das auf dein Mitleid zu ihr, wegen ihrem angeblich verschwundenen Vater. Doch dann... dann stellte sich alles als Lüge heraus. Und sie als eine gemeine Mörderin. Ist damals für dich nicht eine Welt zusammen gebrochen? Als du erkannt hast, wie sehr du dich in den Menschen geirrt hast... wie sehr du dich immer noch in ihnen irrst? Sie sind nicht alle so gut, wie du es erwartest von ihnen. Deine Standarts sind nicht zu erreichen von uns normal Sterblichen.“ „Hören Sie auf! Sie irren sich, nicht ich. Ich habe mich damals geirrt, aber nicht in Masami, sondern in mir.“ Erneut schrak Vermouth einen Schritt zurück. Die kurze Phase der Souveränität war vorbei und sollte gleich Geschichte sein. „Ich hatte... Mitgefühl für sie... weil sie gehandelt hat, wie ich es wohl auch getan hätte...“ Ein Zittern durchzog die Schauspielerin, die Maske bröckelte langsam, ganz langsam. „Der Raub... ihr plötzlicher Tod, ihre Ausstrahlung, ihre innere Art... und ihre Verbundenheit zu diesem Mädchen... Sie wurde erpresst, nicht wahr? Auf eine Milliarde, für Ai. Und dafür hat sie alles getan... weil sie sie liebte. Liebte, wie eine Schwester. Sie sind Geschwister...“ Beim letzten Satz wurde Ran leiser, blickte nachdenklich zu Boden. Das Zittern wurde stärker. Eigentlich wollte Vermouth sie provozieren, ihr nicht helfen, die Wahrheit heraus zu finden. Das genaue Gegenteil hatte sie erreicht, sie hatte ihr mehr dabei geholfen als sonst jemals jemand zuvor. 'Dieses Mädchen... ist unglaublich!' Sie dachte so anders, so völlig anders. Das wusste sie doch eigentlich schon von damals von vor einem Jahr. Sie war viel zu sehr am Wohle der anderen interessiert, als an ihrem eigenen. Sie ging dabei stets bis an die Grenzen, an die sich sonst keiner traute und darüber hinaus. Wohl... genau wie Akemi Miyano. Was Ai längst klar war, erkannte nun auch die Schauspielerin. Rans Aktion damals im Hafen, als sie sich heimlich in Jodies Wagen schlich, als sie mutig aus diesem sprang, als sie den Schuss hörte sich ohne mit der Wimper zu zucken auf das kleine Mädchen stürzte, das sie eigentlich stets schnitt. Ran war genau wie Akemi Miyano... Das Wesen des Guten... ist gekoppelt an das Mitgefühl der anderen. Diese vollkommene Hingabe zum richtigen Handeln, die eigentlich zum Scheitern verurteilt sein musste, sie ließ die Welt immer wieder ins Stocken geraten. Ja, Vermouth hatte sich nicht geirrt damals. Sie ist so ein Engel, der den Menschen den Weg leuchtet. Unmerklich schien das Licht wieder an diesem Engel vorbei zu treten und sie erneut zu blenden. Ein Dämon erträgt das Licht eben nicht. „J-ja... ja so ist es...“, bestätigte sie freiwillig Rans Aussage zu den Geschwistern Miyano. Sie schluckte. 'Jetzt weiß ich, was du willst, aber... das bedeutet...' Ihre Hand führte wieder den Weg zur Hüfte, zur geheimen Tasche. „Was ist mit Fudo Nakano? Wieso musste er sterben?“ Ein weiteres Mal hielt sie inne, als sie den Namen des jüngst verstorbenen Organisations-Mitglieds vernahm. Aber ihre Entscheidung, die nicht ihre war, sondern die ihrer dunkleren Hälfte, welche sie unbewusst kontrollierte in diesem Moment, war bereits gefallen. Und so konnte sie nun nur noch das tun, weswegen Ran gekommen war. „Caipirinha. Er wurde von Leuten getötet, die unter Monsieur Brefford arbeiten. Ich kann dazu nichts genaueres sagen.“ Diese fast emotionslose Aussage ließ Ran nun selber stocken. Es war schon zu spät?! Hatte sie bereits innerlich den Kampf aufgegeben, den Ran ihr zutraute? In diesem Fall musste wohl jetzt die entscheidende Frage kommen. „Was ist mit...“ Die Wellen stießen mit voller Wucht an das Schiff, der leichte Wind konnte auf offener See schon mal die eine oder andere Woge erzeugen. Ebenso wie diese Brandung, raste die Welle dieses Namens auf Vermouth zu und überrollte sie fast. Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten, eine innere Panik ergriff sie. „Vergiss... diesen Namen! Es ist irrelevant für dich, glaub mir, du solltest...“ Sie nahm ihn jetzt ganz genau wieder wahr, Rans Blick, sie merkte erste jetzt, dass sie an der Statue hinter sich etwas nach unten gesackt war. Dann geschah es. Ran trat einen Schritt nach vorne... und Vermouths Hand zückte die Pistole. „Bleib stehen!“, schrie sie selber fast so verzweifelt als stünde sie auf der anderen Seite der Mündung. „Warum... warum haben Sie mich damals im Hafen nicht erschossen?“ Es war nicht vorstellbar, aber diese so drastische Frage kam mit einer Sanftmütigkeit in der Stimme, die ihr Gegenüber erschauderte. „Sie hatten die Gelegenheit, Sie hatten auch auf Jodie geschossen, obwohl sie offiziell nur 'zufällig' dabei war. Sie wollten Ai töten. Ich stand zwischen Ihnen und Ihrem Ziel, eine... eigentlich fast völlig unbekannte Person, abgesehen von Ihrer Verkleidung als Araide. Wieso... wenn Sie so ein gnadenloser Killer sind, haben Sie mich nicht getötet?“ Ein ganz schwaches Lächeln lag auf den Lippen der Oberschülerin, während sie einen weiteren Schritt machte. Und mit diesem weiteren Schritt wurde auch die Schauspielerin wieder etwas kleiner, saß fast wieder wie am Anfang. „Bleib stehen, hab ich gesagt! Verdammt, könnt... könnt ihr beiden mich nicht in Ruhe lassen?“ Ein kleiner Ansatz einer Träne entwich dem rechten Auge der Schauspielerin. Vor ihr, vor Ran Mori, war die Maske gefallen. „Du weißt doch nichts über mich! Ich wurde von diesen Leuten zugrunde gerichtet. Von diesen verlogenen Bastarden, die die Eltern der beiden Schwestern waren. Die sich mal als meine Freunde bezeichnet hatten. Ich habe sie gehasst, und ich hasse die Leute, die Shinichi Kudo verfolgen, ja! Ich hasse es, weil sie mich zu dem gemacht haben, was ich bin. Ich mochte dich, ich wollte dir nichts antun. Deswegen hab ich damals nicht geschossen. OK? Aber... du gefährdest jetzt mein Leben, ist dir das nicht klar? Du bringst mich um. Ich kann das nicht zulassen.“ Plötzlich, mit einem wilden Zucken, richtete sich die Waffe fest auf die Oberschülerin, die nur noch etwa einen Meter von ihr entfernt war. „Dann... bitte... wenn Sie wirklich nicht so böse sein wollen, wie Sie behaupten... helfen Sie ihm. Er hat... doch auch schon zu viel erduldet. Lassen Sie... es nicht zu, dass sie ihn kriegen.“ Ein weiteres Mal schluckte sie kräftig, während Ran so nahe an sie trat und sich über sie beugte, dass sie ihre Pistole am Lauf in die Hand nehmen konnte. „Ich kann nicht, Ran!“, flüsterte sie leise und entsicherte das Gerät. „Ich kann dir nur... den einen Wunsch erfüllen...“ Mit der letzten Kraft in ihren Handgelenken drückte sie die auf Rans Herz gerichtete Waffe nach unten, auf ihren Bauch. Rans Finger lösten sich verkrampft, als sie die Bewegung sah. 'Es tut mir Leid, Shinichi, dass ich nicht mehr für dich tun konnte...' 'Vergib mir Shinichi, aber... ich muss bereits in der Hölle schmoren und möchte wenigstens noch einmal die irdische Sonne genießen können.' Ein Moment verging, während sie den Abzug zu sich ran drückte. Der Schuss hallte durch den großen Saal und ein furchtbarer Schrei folgte ihm in geringem Abstand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)