Im Labyrinth von abranka ((Reise ins) Labyrinth) ================================================================================ Kapitel 1: Im Labyrinth ----------------------- Sarah war kurz davor, in Panik zu geraten. Nicht nur, dass ihr die Zeit davonlief, regelrecht davonrannte, um ihren Bruder aus den Klauen des Koboldkönigs zu befreien. Nein, damit nicht genug, musste sie in der Zeit doch auch ein Labyrinth überwinden, das sich ständig veränderte und in dem die seltsamsten Geschöpfe lebten. Nicht nur genug, dass das alles eine schwierige Situation war, nein, jetzt konnte sie hinter der nächsten Wand einen Trupp Kobolde hören, die sich laut quengelnd über ihre Aufgabe beklagten, das Mädchen aufzuhalten. Nun, wenigstens nahm der Koboldkönig Jareth sie ernst – aber das verbesserte ihre Lage nicht gerade. Ihr Herz schlug schneller. Was sollte sie jetzt nur tun? Wie erstarrt blieb sie stehen. Hoggle, ihr einziger Verbündeten in dieser Fremde, hatte sie erst verraten und dann vor lauter Panik vor dem Gebrüll irgendeines Labyrinth-Bewohners verlassen. Sie ertappte sich dabei, dass sie sich diesen Feigling wieder herbeiwünschte. Dann wäre sie wenigstens nicht allein... Gerade noch rechtzeitig erwachte sie aus ihrer panischen Starre und sprang in einen Seitengang, sodass die herantrabende Patrouille an ihr vorbeizog. Kaum waren die Kobolde fort, rannte sie los. Sie musste unbedingt Abstand zwischen sich und die Patrouille bringen. Die Tatsache, dass da draußen immer noch irgendein Monster brüllte, machte die Situation nicht gerade besser. Das hier war alles so verdammt aussichtslos! Was Sarah nicht ahnte, war, dass Jareth sie schon lange in seiner Kristallkugel beobachtete. Exakt seit dem Zeitpunkt, als sie das Labyrinth betreten hatte. Sarah amüsierte ihn. Sie war die beste Ablenkung von seinem äußerst langweiligen Daseins als Oberhaupt über einen Haufen geistig minderbemittelter Kobolde seit langem. Sie war niedlich. Auch wenn ihr ewiges Aufbegehren, dass etwas „nicht fair“ war, auf Dauer nervte. Aber sonst... Sie war offenbar nicht auf den Kopf gefallen – ansonsten wäre sie gar nicht so weit gekommen – und sie war recht hübsch... Vielleicht sollte er sich überlegen, sie auch zu behalten. So, wie ihren kleinen Bruder. Auf jeden Fall konnte sie ein netter Zeitvertreib sein. Er lächelte. Um das zu schaffen, musste er nur dafür sorgen, dass sie das Labyrinth nicht mehr verließ. Nun, und das würde sicher ein Klacks sein. Sarah rannte weiter. Ihr Atem ging keuchend und nach einer Weile musste sie mit Seitenstichen stehen bleiben. Das hier war nicht fair! Einfach nicht fair! Aber diesen Koboldkönig scherten Gerechtigkeit und Fairness ja überhaupt nicht. Sie presste sich die Hand in die Seite und versuchte verzweifelt nachzudenken. Was konnte sie denn noch groß tun? Was? Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt! Warum hatte sie nur das Stück über das Labyrinth gelesen? Warum hatte sie nur den Koboldkönig herbeigerufen und ihm Toby versprochen? Warum? Verdammt, wie hatte sie eigentlich nur so blöd sein können? Angst und Panik wichen langsam von ihr. Wenn sie in Panik verfiel, dann hatte sie gar keine Chance mehr. Nein, sie musste klar im Kopf bleiben. Dann hatte sie eine Chance. Dann konnte sie Jareth besiegen und ihren Bruder wieder nach Hause bringen. Und das konnte sie! Entschlossen straffte Sarah ihre Schultern und ging weiter, direkt auf das Gebrüll zu, das durch die unzähligen Gänge scholl. Welche Gefahr auch immer vor ihr lag, sie würde ihr trotzen. Denn sie hatte ein Ziel. Ein festes Ziel. Allerdings sorgten die trappelnden Füße hinter ihr dafür, dass sie doch wieder in Panik verfiel. Mist! Wie wurde sie die Kobolde nur los? „Da ist sie!“ „Da vorne!“ „Schneller, Jungs!“, quietschte und krächzte es aufgeregt hinter ihr. Sarah konnte nichts anderes tun, als weiterzurennen, um Ecken zu springen, Haken zu schlagen und zu hoffen, dass sich die ständig verändernden Mauern des Labyrinths zu ihren Gunsten bewegten und ihr den Trupp wenigstens kurzzeitig vom Hals schaffen würden. Allerdings war einer der winzigen Bewohner unter den Bodenplatten so unfreundlich, seine Bedachung gerade in dem Augenblick anzuheben, um darunter hervorzuspähen, als sie daran vorbei lief. Das plötzliche Hindernis sorgte dafür, dass sie mit einem überraschten Aufschrei lang hinschlug. Ihr Knie schmerzte sofort und sie konnte spüren, wie Blut ihre Jeans klebrig machte. Mist! „Das ist nicht fair!“, fluchte sie und versuchte, sich aufzurappeln. Dann sah sie, dass sie dem kleinen Geschöpf einen kräftigen Schlag auf den Kopf verpasst hatte. „Ach herrje! Ist alles in Ordnung mit dir? Kann ich dir helfen?“ Vorsichtig half sie mit zwei Fingerspitzen dem kleinen Wesen in den knallroten Klamotten und dem flachen Hut auf die Beine. „Danke. Kann ja keiner ahnen, dass man umgerannt wird, wenn man mal rausschauen will.“ Missmutig wischte sich der Kerl die Hose ab und rückte seinen Hut gerade. Dann fiel sein Blick auf Sarahs Knie. „Oh nein! Sag nicht, dass ich das war!“ Mit aufgerissenen Zwergenaugen starrte er Sarah an. „Du kannst nichts dazu“, winkte sie ab. „Du hattest doch keine Ahnung, dass ich dort lang laufe. So wenig, wie ich wusste, dass du gerade deinen Kopf rausstreckst.“ Sie lächelte leicht, doch dann nahm ihr Gesicht wieder einen angstvollen Ausdruck an, denn ganz am Ende des langen Ganges sah sie die Kobolde um die Ecke biegen. „Oh nein! Ich muss weg!“ Sie wollte aufspringen, doch mit einem leisen Schmerzlaut fiel sie wieder zu Boden. Von schnellen Sprints hielt ihr Knie gerade gar nichts. „Ach, die Kerle machen dir das Leben schwer?“ Der Winzling presste die Lippen zusammen und verschränkte kampfeslustig die Arme vor der Brust. „Na, die gehen mir mit ihrem ewigen Gerenne eh auf den Keks! Weißt du, wie das stört, wenn einem dauernd jemand so deppert auf dem Kopf rumrennt?“ Er beugte sich vor und brüllte in das Loch, aus dem er gekommen war, hinein: „Dreck! Staub! Wollmaus! Zeigt den Kobolden mal, dass sie hier nicht alleine sind!“ „Au ja!“ „Super!“ „Die Rache der Winzlinge!“, kam es begeistert mit piepsigen Stimmen von dort unten. Nur einen Augenblick später bebte der Boden unter den Füßen der Koboldpatrouille regelrecht. Sie stolperten und stürzten übereinander, bis sie alle zehn als großes Knäuel auf dem Boden lag. Ein gutes Dutzend Winzlinge schob sich aus den Bodenplatten und nutzte die Gelegenheit, die offensichtlich verhassten Widersacher kräftig auszulachen. „Nutz deine Chance, dich aus dem Staub zu machen“, sagte der rotgekleidete Winzling zu Sarah und zwinkerte ihr zu. „Es war uns eine Freude, diesen Kerlen mal ein wenig Ärger zu machen.“ „Danke!“ Sarah strahlte ihn an. „Vielen, vielen Dank!“ „Ja, ja, ja. Und jetzt mach, dass du Land gewinnst! Zeig diesem Koboldkönig, was eine Harke ist!“ Denn, dass sie Jareth Ärger machte, stand außer Frage, wenn er ihr schon seine Kobolde hinterherschickte. „Immer doch!“ Sarah lachte und stand vorsichtig auf. So schnell es mit ihrem aufgeschlagenen Knie ging, eilte sie weiter. Sie hatte ein Ziel. Und sie wusste nicht, ob sie hier immer Hilfe in letzter Sekunde finden würde. Garantien dafür gab es nicht. Aber Hoffnung. Und Hoffnung war etwas, das Angst und Sorge soweit eindämmte, dass sie nicht Gefahr lief, erneut in Panik zu verfallen. 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