Everything/Nur mit dir von __Sleepwalker (PxD) ================================================================================ Kapitel 11: Kapitel 11 [Please, come back to me…] ------------------------------------------------- *Pierre’s POV* Zwei Wochen waren vergangen und ich hatte noch immer nichts von David gehört. Langsam machte ich mir wirklich Sorgen um ihn. Die ersten paar Tage ging er nicht an sein Handy, dann war er irgendwann gar nicht mehr erreichbar. Sprich, sein Handy war wohl aus. Ich hielt das nicht mehr aus. Ich wollte wissen wie es ihm ging. Wo er war. Warum er einfach weggerannt war. Ich wollte überhaupt nur ein kleines Lebenszeichen von ihm, aber ich bekam keins und das war es, was mich zum Durchdrehen brachte. Nicht einmal meine Freunde konnten mich aufmuntern oder ablenken. Niemand konnte dafür sorgen, dass es mir besser ging. Einfach keine Menschenseele. Nur Dave konnte das, aber das schien wohl so schnell nicht zu passieren. Ob es überhaupt jemals geschehen würde? Ich wusste es nicht. „Pierre, du musst auch essen und nicht nur darin rumstochern.“ Zoe riss mich sofort aus meinen Gedanken. Ich hatte erst gar nichts mitbekommen, aber sie sah auf meinen Teller. Ich folgte ihrem Blick und sah das Schlachtfeld, dass ich hinterlassen hatte. Ich dachte kurz darüber nach, was ich sagen könnte. Aber mir fiel nichts ein. Sie hatte doch auch gar keine Ahnung. Ich hätte sie gerne mal gesehen, wenn die Person, die sie liebte, einfach wegrennen würde. „Ich hab keinen Hunger…“ „Das sagst du seit über einer Woche jeden Tag. Du musst doch langsam auch mal was essen.“, kam es von Pat, der sich an mich gewandt hatte. Wieso versuchten eigentlich alle mich zum Essen zu zwingen? Meine Eltern taten es und meine Freunde auch. Wenn ich nichts wollte, dann wollte ich halt nichts. Ich schob den Teller weit von mir weg und starrte die Tischplatte an. „Wenn ich nichts will, dann zwingt mich nicht…“ „Er hat Liebeskummer.“ Ich hob sofort den Kopf und sah verwirrt zu Seb rüber. „Hab ich gar nicht!“ „Klar. Leugne doch nicht, dass du dich verliebt hast. Ich seh’ dir das doch an. Das sieht ein Blinder. Es macht dich fertig, dass David nicht hier ist. Seit er weg ist, benimmst du dich wie ein kleines Mädchen, das ihren Schwarm nicht kriegen kann.“ „Ach halt die Klappe, Seb! Du hast doch keine Ahnung.“ Ich sprang von der Bank auf und ging weg. Mir wurde total schwindlig. Alles verschwamm vor meinen Augen. Ich konnte einen Schwächeanfall aber noch lang genug unterdrücken, bis ich um die Ecke verschwunden war. Dort lehnte ich mich an eine Wand und ließ mich an ihr hinunter gleiten. Ich konnte einfach nicht mehr. Ja, ich hatte seit über einer Woche so gut wie nichts gegessen. Ich hatte bestimmt gefühlte zehn Kilo abgenommen. Auf jeden Fall war ich dünner geworden. Schwächer. Aber das war doch auch egal. Ja, Seb hatte recht. Ich hatte Liebeskummer. Ich wollte einfach bei Dave sein. Ich hatte mir die ganze Zeit nichts sehnlicher gewünscht, als ihm endlich die Wahrheit über meine Gefühle zu sagen. Ich wollte ihn einfach nur in meinen Armen halten, aber das konnte ich nicht, so sehr ich das auch wollte. „Tut mir leid…“, hörte ich dann Seb sagen, der sich scheinbar neben mir niedergelassen hatte. Wann wusste nicht, da ich die Stirn auf den Knien hatte und die Augen geschlossen. Ich hatte nichts mitbekommen. Aber ihm musste auch nichts Leid tun. Er hatte nichts verbrochen. Ich war einfach nur zu dickköpfig. Zu verliebt. „Mhm…ist schon okay…“ „Du vermisst ihn wirklich, oder? Du hast Angst, dass ihm etwas passiert ist. Aber ihm wird’s schon gut gehen. Er wird sich schon noch bei dir melden.“ Ich konnte nur nicken. Seb war immer so einfühlsam und er wusste genau was in mir vorging. Deswegen wollte ich ihn nie als besten Freund verlieren. Ich konnte mit ihm einfach über alles reden. Aber was meine Gefühle für Dave anging, da hatte ich bisher nur geschwiegen. Ich hatte einfach irgendwie zu viel Angst, auch wenn ich nicht genau wusste wieso. Sanft liefen mir die Tränen über die Wangen. Leise tanzten sie sich ihren Weg nach unten. Kurz darauf zog mich Seb in seine Arme und ließ mich nicht mehr los. Er wog mich einfach sanft hin und her und versuchte mich zu beruhigen. Er strich durch mein Haar, über meinen Rücken. Er wusste ganz genau was ich brauchte. Er wusste wie es mir ging. Was ich durchmachen musste. Er behielt es alles für sich. Er wusste, dass ich ihm vertraute. Mehr als man jemandem eigentlich vertrauen konnte. „Er taucht wieder auf. Versprochen.“ Wieso war er sich dabei eigentlich so sicher? Wieso verdammt?! Dann hätte Dave sich doch längst gemeldet. Aber das hatte er noch nicht getan und langsam schwand meine Hoffnung dahin. *David’s POV* Zwei Wochen. Zwei verdammt lange Wochen war ich nun schon hier. Ich vermisste Piere wirklich. Ich hatte oft daran gedacht zurückzufahren, hatte aber nie den Mut gehabt um es zu schaffen. Deswegen saß ich nun wieder auf dem bett, einen Block an die Beine gelehnt, den Stift in der Hand und dachte darüber nach, was ich schreiben könnte. „Lieber Pierre…“ Kaum waren die beiden Worte geschrieben, riss ich das Blatt aus dem Block, knüllte es zusammen und warf es auf den großen Haufen neben meinem Bett. Das war bereits mein zweiter Block und der war auch schon fast leer. Ich kam nie weiter als „Lieber Pierre“. Es fiel mir einfach so schwer. Aber irgendwann musste ich es doch schaffen. Also startete ich noch einen Versuch und nahm mir dabei fest vor, es dieses Mal zu schaffen. Ich wollte endlich einen Brief schreiben können. „Lieber Pierre… Ich hoffe dir geht es gut. Mir schon…so mehr oder weniger. Immer noch besser als zu Hause. Es tut mir wirklich leid, dass ich weggelaufen bin. Ich habe es nur nicht mehr ausgehalten. Da gibt es einfach zu viel das ich dir sagen möchte. Da wäre zum Beispiel der Grund, warum ich dich nie mit zu mir genommen habe. Ich wollte nicht, dass du ‚meine Familie’ kennen lernst. Jetzt fragst du dich sicherlich, warum ich das in Anführungszeichen geschrieben habe. Einfach deswegen, weil es nicht meine wahre Familie ist. Sie haben mich nur adoptiert. Ich habe meine Mutter nie kennen gelernt, da sie kurz nach meiner Geburt verstarb. Mein Vater hatte mich elf lange Jahre lang aufgezogen. Er war die einzige Person in meinem Leben, der ich vertraute. Aber er kam bei einem Unfall ums Leben, während ich im Koma lag. Ich vermisse ihn so sehr. Ich konnte ihm alles sagen…einfach alles…“ Ich setzte kurz ab. Ich las noch einmal was ich geschrieben hatte und musste zugeben, dass der Brief mir bisher ganz gut gefiel. Doch selbst wenn er mir nicht gefallen hätte, ich hätte ihn weiter geschrieben. Aber wahrscheinlich auch nur, weil ich es mir fest vorgenommen hatte. „Zum Beispiel konnte ich ohne Probleme mit ihm darüber reden, dass ich Jungs mehr mochte als Mädchen. Mal abgesehen davon, dass ich eh noch sehr jung war, wusste ich schon genau was Sache war. Ja, ich bin schwul. Ich hatte Angst dir das zu sagen. Ich dachte du würdest mich dann vielleicht hassen, so wie es alle anderen tun. Obwohl das ja eigentlich ein dummer Gedanke ist. Immerhin stehst du auch nicht nur auf Mädchen. Das sehe ich dir an. Trotzdem wollte ich es dir nicht sagen. Dann wäre da noch meine Adoptivfamilie. Ich hasse sie wirklich. Mal abgesehen von ‚meiner Mutter’, die ist echt nett. Sie ist nur nie da. Sie ist ständig unterwegs. Wochenlang. Mein Adoptivvater schlägt mich und verbietet mir alles. Er ist der wahre Grund für meinen gebrochenen Arm. Er hatte gesehen, wie du weggefahren bist und das mochte er gar nicht. Da ist er wieder ausgerastet. Meine ‚Brüder’ haben viel Spaß daran mich herumzuschubsen, mich zu schlagen und was weiß ich alles. Obwohl Jimmy der schlimmste ist. Ich hasse ihn wirklich. Ich habe Angst vor ihm, dabei ist er nur zwei Jahre älter als ich. Er tut mir so sehr weh. Er…er…verdammt. Er vergewaltigt mich. Das tut er eigentlich jeden Tag. Ich ertrag das nicht mehr. Das soll endlich alles aufhören. Ich hatte schon oft daran gedacht mich umzubringen. Aber dann habe ich dich kennen gelernt. Aber da ist dann das nächste Problem – meine Gefühle für dich. Ich traue mich einfach nicht darüber zu reden. Manchmal will ich nicht mal daran denken. Es ist so schwer. Ich will dich einfach nicht verlieren, aber es ist so schwer neben einer Person zu sein, die man liebt, aber nicht haben kann. Ich liebe dich Pierre. Du hast mir einfach so sehr den Kopf verdreht. Du bist so perfekt. Du hast mich zurück ins Leben geholt und dafür bin ich dir so dankbar. Aber ich möchte mehr als nur dein Kumpel sein. Ich möchte dich so lieben können, wie ich das will, aber das kann ich nicht. Deswegen bin ich weg. Weil ich es einfach nicht geschafft habe dir zu sagen, dass ich dich liebe. Dabei würde ich das wirklich so gerne. Vielleicht ist es besser, wenn ich hier bleibe, wo ich bin. Das ist besser für uns beide, wenn wir uns nicht mehr sehen. Ich würde nur alles zerstören. Es tut mir so furchtbar leid. Bitte vergiss mich nicht. Dein Dave! “ Mir liefen die ganze Zeit Tränen wie wild über die Wangen und tropften einfach auf das Papier. Wenn Pierre das später noch lesen konnte, dann war er wirklich gut. Ich las mir den Brief nicht noch mal durch. Dann hätte ich ihn sicherlich nur zerrissen. Also steckte ich ihn schnell in einen Umschlag, schrieb auf diesen Pierres Adresse und auf die Rückseite „Von Dave…“. Ich stand schnell auf und rannte zu Jane. „Jane?! Kannst du den bitte so schnell wie möglich wegbringen? Das ist echt wichtig!“, überfiel ich sie sofort, als ich sie auf dem Gang antraf. Sie sah mich zuerst verwirrt an und blickte dann auf den Brief den ich ihr vor die Nase hielt. Sie nahm in aus meiner Hand, sah kurz auf den Empfänger und dann wieder zu mir. „Natürlich kann ich das tun.“, nickte sie und lächelte dabei. „Dankeschön. Du bist echt ein Engel.“ „Ach was, bin ich gar nicht. Aber hast du dich denn vorher schon mal bei Pierre gemeldet?“ Nun sah ich sie starr an. Langsam schüttelte ich den Kopf und senkte meinen Kopf gen Boden. Ich weiß, dass ich mich bei ihm hätte melden sollen, aber ich schaffte es halt einfach nicht. Er hätte mir Löcher in den Bauch gefragt. Hätte mich wohl gezwungen ihm zu sagen wo ich war. Das wollte ich aber nicht. Ich wollte nicht, dass er nach mir suchte. „Nein…“, ließ ich es leise von mir hören, dreht mich dann schnell um und rannte nach draußen. Ich rannte den Weg entlang hinter das Gebäude und ließ mich an dem kleinen See nieder. Ich starrte eine Weile lang das Wasser an. Dachte einfach nur nach. Versuchte meinen Herzschlag zu beruhigen. Meinen Atem zu verlangsamen. Dann zog ich ein etwas mitgenommenes Stück Papier aus meiner hinteren Hosentasche, entfaltete es und sah mir das Bild von Pierre und mir an. Das Bild, das er in seinem Zimmer stehen hatte. Ich trug es immer bei mir. Einfach nur, weil wir beide darauf so glücklich aussahen, obwohl man uns kaum einen Grund dafür gab. Niemand wollte uns glücklich sehen. Also blieb mir nur dieses Bild, das mich immer beruhigte, wenn es mir schlecht ging. Wenn mir einfach mal wieder alles zu viel wurde. Wenn ich Pierre zu sehr vermisste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)