Everything/Nur mit dir von __Sleepwalker (PxD) ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 10 [Run away as far as I can] ------------------------------------------------- *David’s POV* Da war ich also – zwei Stunden Bus fahren und über zehn Städte weiter weg von Pierre. Langsam stieg ich aus dem Bus und lief die tristen Straßen entlang. Ich wusste ganz genau was mein Ziel war. Meine Beine mussten mich nur noch dahin bringen. Ich musste mir überlegen, was ich sagen würde, warum ich da war. Verdammt, daran hatte ich natürlich nicht gedacht. Ich hatte ja auch am Anfang nicht mal dran gedacht, ausgerechnet hierher zu fahren. Schwierige Situation, aber ich würde das schon irgendwie meistern. Mich störte eigentlich nicht mal der Ort zu dem ich wollte, viel mehr die Tatsache, dass ich keine Sachen dabei hatte. Ich hatte absolut nichts, außer ein wenig Geld. Seufzend sah ich mich um und dachte an Pierre. Daran wie traurig er aussah. Er sah krank aus. Furchtbar traf es hier sicherlich noch besser. Seine Stimme war auch nicht mehr so sanft. Sie war kratzig und schwach. Er konnte nicht wirklich lächeln. Zumindest nicht dieses Lächeln, was ich so sehr an ihm liebte. Was hatte sein Vater ihm nur angetan, dass er so war?! Es zerbrach mir das Herz ihn so zu sehen. Vielleicht war das der Grund, warum ich ihm sagen wollte, was ich fühlte. Ich wusste es nicht genau, aber es machte mich fast verrückt. Nach weiteren 15 Minuten zu Fuß kam ich dann endlich an meinem Ziel an – das Heim. Ja genau, das Heim, in das ich gesteckt wurde, nachdem mein Vater verstarb. Das Heim aus dem ich geholt wurde, um in solch eine verdammte Familie zu kommen. Das Heim, von dem ich glaubte, dass es mir nun vielleicht Schutz bieten könnte. Ich hoffte wirklich, dass sie mich aufnehmen würden und nicht meine „Eltern“ informieren würden, wo ich war. Das würde mein Untergang sein. Ich brauchte einfach nur ein paar Tage für mich. „David?“, hörte ich die Stimme einer Frau, als ich unschlüssig vor der großen Tür stand. Ich drehte mich zu der Dame um, die mich gerufen hatte und sah sie an. Es war Jane, die Pflegerin. Sie war in der kurzen Zeit, in der ich damals hier war, immer für mich da und hat mir immer bei meinen Problemen geholfen. „Jane…“, kam es leise über meine Lippen. „Was machst du denn hier? Ich dachte du wärst in einer neuen Familie? Und was ist mit deinem Arm passiert?“ Sie überschüttete mich mit ihren Fragen und irgendwie wurde mir das zuviel – ich brach in Tränen aus. „Oh…tut mir Leid. Hab ich etwas Falsches gesagt?“, sie nahm mich sofort in den Arm und strich mir über den Kopf. Ich konnte diesen nur schütteln und klammerte mich mit meiner gesunden Hand an ihr fest. Endlich hielt mich jemand im Arm, wenn ich weinte. Endlich war da wer, der mich kannte und mich verstand. Nachdem ich mich beruhigt hatte, nahm sie mich mit ins Gebäude, machte mir einen Tee und sah mich lieb an. „Jetzt erzähl mal. Warum bist du hier?“ „Ich…ich weiß nicht…“ „Doch, das weißt du David. Du weißt, dass du es mir sagen kannst.“ Sie hatte ja Recht. Natürlich konnte ich es ihr sagen, immerhin war sie für mich wie die Mutter, die ich nie hatte. „Ich…ich bin von meinem ach so tollen Zuhause und vor meinem besten Freund weggerannt. Ich hasse diese Familie. Sie tun mir nur weh und geben mir die Schuld an allem. Und mein bester Freund. Ja das ist so ’ne Sache. Ich hab mich in ihn verliebt und ich hätte es ihm fast gesagt, aber ich hatte Angst davor, dass er mich dann vielleicht hassen könnte. Deswegen bin ich jetzt hier. Ohne alles. Ich hab das einfach nicht mehr ausgehalten. Und mein Arm. Ja, das war mein Adoptivvater, der hat ja nichts Besseres zutun, als mich zu schlagen.“ Alles sprudelte aus mir heraus und ich war mir sicher, dass sie vielleicht nur die Hälfte verstanden hatte, von dem was ich erzählte. „Wow…warum hast du das nicht dem Jugendamt gemeldet? Die hätten dir geholfen. Und…du hast also einen Freund gefunden. Das freut mich. Beschreibe ihn mir doch mal.“ „Ich habe Angst. Das Jugendamt würde nie etwas tun. Sie versichern sich ja vorher nicht mal, dass die Familie total okay ist und nicht nur spielt, bevor sie ein Kind dahinschicken.“ Ich nahm einen kurzen Schluck von meinem Früchtetee und sah Jane an. Ich sollte ihr also etwas über Pierre erzählen? Wo sollte ich da denn am besten anfangen? Schwere Sache. „Ja, also er heißt Pierre. Ich habe ihn kennen gelernt, als ich wieder in die Schule gehen durfte. Aber im Grunde kenne ich ihn schon seit Jahren, da ich ihn gesehen hatte, wenige Sekunden bevor ich diesen Unfall hatte. Er ist einfach unglaublich. Er hat wunderschöne dunkelbraune Augen. Manchmal wirken die schon richtig schwarz. Sein Haar ist braun und total wuschelig. Es passt perfekt zu seinen Augen und überhaupt zu seinem Gesicht. Er ist etwas größer als ich und total gut gebaut. Er treibt viel Sport. Ach ja und das wichtigste, er kann verdammt gut singen. Und Gitarre spielen. Er ist einfach nur perfekt. Bringt mich immer zum Lachen. Er ist der einzige Grund, warum ich noch Freude am Leben habe.“ Jane schien gerührt zu sein, denn sie legte eine Hand auf ihre Brust und seufzte zufrieden. „Das freut mich aber für dich.“ Mein Statement mit dem Jugendamt schien sie zu ignorieren. Sie wusste wohl ganz genau, dass ich Recht hatte. Das Jugendamt war einfach nur der letzte Dreck. „Ja, mich auch…“, war das einzige, was ich dazu sagte und nahm noch einen großen Schluck aus der Tasse. Ich hatte irgendwie ein schlechtes Gewissen, dass ich einfach so weggerannt war. Pierre würde sich nun bestimmt wieder denken, dass er was falsch gemacht hatte. Dabei war es immer nur ich. Weil ich mit nichts mehr klar kam. Ich musste mein Leben irgendwie auf die Reihe bekommen, aber ich wusste nicht wie. Ich hatte so sehr Angst alles zu verlieren. Ich hatte wirklich Angst Pierre zu verlieren. Er war doch die einzige Person, die mir wirklich helfen konnte. Aber ich Idiot ließ niemanden an mich ran. Vielleicht war ich dafür einfach zu stolz. „Du brauchst jetzt bestimmt etwas Zeit zum Nachdenken, oder? Komm mit, ich bring dich auf ein Zimmer, wo du alleine sein kannst.“ „Danke…“ Ich hatte gerade wirklich keine Lust mehr zu reden. Ich war einfach nur müde und wollte schlafen. Wollte darüber nachdenken, wie das mit Pierre weiter gehen sollte. Also stand ich auf und ging Jane hinterher, die mich in mein altes Zimmer führte. Es sah noch genauso aus wie früher. „Das Zimmer mochtest du ja so. Wegen dem Ausblick auf den See. Also kannst du hier erstmal schlafen.“ „Danke Jane, das ist wirklich nett von dir.“ „Ist doch gar kein Problem. Wenn du was brauchst, du weißt wo du mich findest.“, und mit diesen Worten verließ sie das Zimmer wieder. Ich ließ mich sofort auf das Bett fallen und vergrub mein Gesicht im Kissen. Die Bettwäsche roch ganz anders als damals. Ich wusste noch ganz genau, wie ich mich deswegen bei Jane beschwert hatte und sie mich damit überrascht hatte, dass es nach Bananen roch. Sie wusste ganz genau wie sehr ich Bananen liebte. Immer wenn es zum Essen Äpfel oder so als Obst gab, hatte sie mir Bananen besorgt. Ich liebte alles was mit Bananen hatte. Obwohl ich nun auch Erdbeeren total gerne mochte, da Pierre immer so lecker danach roch. Nach Erdbeeren, aber doch total männlich. Einfach nur himmlisch. Also drehte ich mich auf den Rücken, damit ich diesen widerwärtigen Geruch nicht einatmen musste und starrte die Decke an. Ich war tatsächlich davon gelaufen. Wie ein kleines Kind, das es hasste, wenn seine Eltern sich stritten und ihnen zeigen wollte, wie sehr es darunter litt. Genau so war ich weggerannt. Ich war wie ein kleines verängstigtes Kind. Ich dachte noch viel nach. Über Pierre, meinen Dad, Jane, meine Adoptivfamilie. Eigentlich über alles, bis ich irgendwann vom Schlaf übermannt wurde und einfach so über meine Gedanken einschlief. Ich hatte einen wirklich sehr seltsamen Traum. Alles war dunkel. Schwarz um genau zu sein. Es war nicht zu sehen, außer mir. Ich sah mich verängstigt um. Ich suchte den Boden unter meinen Füßen, aber ich fand ihn nicht. Plötzlich fiel ich in einen tiefen Abgrund. Wo der plötzlich herkam wusste ich nicht genau. Aber irgendwann landete ich auf allen vieren. Ich hörte komische Geräusche. Es klang wie das Knurren und Fauchen von Tieren. Dann erblickte ich sie auch schon. Aber sie hatten die Gesichter meiner Adoptivfamilie. Schnell setzte ich meine Beine in Bewegung und versuchte davon zu kommen. Ich rannte so schnell wie ich konnte. Ich glaubte sie irgendwann abgehängt zu haben, aber da lief ich auch schon in die nächste seltsame Gestalt. Es sah aus wie eine Chimäre. Das waren ja mächtige Tiere. Aber es hatte Pierres Gesicht. Er sah böse aus. „So du liebst mich also?“, hörte ich ihn wütend sagen und dann griff er mich an. Wieder versuchte ich wegzurennen, aber er war immer schneller als ich. Irgendwann ergab ich mich. Ich konnte nicht mehr. Meine Beine waren mittlerweile zu schwach. Gerade als „Pierre“ mich wieder attackieren wollte, zog es mich wieder in einen tiefen Abgrund. Ich fiel immer tiefer und tiefer und es war kein Ende in Aussicht. Ich war verloren. Dann wachte ich schweißgebadet in meinem Bett auf und atmete schwer. Was für ein verdammt mieser Traum. Zum Glück war es nur ein Traum, aber trotzdem liefen mir die Tränen über die Wangen, weil Pierre mich hasste. Er wollte mich umbringen, nur weil ich ihn liebte. Ich wollte das nicht. Er sollte mich nicht hassen. 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