Neu im Chaos von Toru-Jung (Chris und Ryan One) ================================================================================ Kapitel 10: Der Auftakt ----------------------- Ryan Ryan lag in seinem Bett und sah nachdenklich zur Decke hinauf. In der vergangenen Nacht hatte er sich alles überlegt. Alles was er Heute erreichen wollte. Sein Leben sollte wieder in geregelten Bahnen verlaufen. So wie früher. Oder auch besser. Er war fest davon entschlossen und voll und ganz überzeugt alles zu schaffen. Auch ohne Hilfe anderer. Er schwang sich motiviert aus dem Bett. Als er die Tür öffnete spähte er im Flur nach rechts und links und horchte ob sich in den andern Räumen etwas tat. Nachdem er sich vergewissert hatte das sein Vater wohl schon an der Arbeit war trat er aus dem Zimmer, schloss die Tür leise hinter sich zu und ging in Richtung Badezimmer. Als er in den hell erleuchteten Raum eintrat, blickte er gleich skeptisch in den Spiegel, der sich über dem Waschbecken befand, an. Er sah nicht, wie normaler weise an jedem Tag, verschlafen aus. Die Haare waren zwar ziemlich verwuschelt und sein Kajal, den er Gestern vergessen hatte abzuwischen, war verschmiert, aber seine Augen waren hellwach und sein Mund war zu einem enthusiastischen Lächeln verzogen. Er duschte schnell, stylte sich die Haare, trug geübt Kajal auf und ging zufrieden, wieder in sein Zimmer zurück, um sich anzuziehen. Anschließend lief er zur Küche. Als er erstmal kurz hineinspähte sah er durch die halb offene Tür, eine schlanke Frau mit langen dunkelbraunen Haar und einer weißen Schürze um die Hüfte gebunden, die gerade Teller in einen Wandschrank einräumte. Als Ryan unsicher herein kam und Sie ihn, mit ihren sanften brauen Augen erblickte, lächelte sie freundlich und sagte mit klarer Stimme: “Guten Morgen, Ryan”. Ryan sah Sie nicht an, sondern sagte nur in einem distanziertem und kühlen Ton: “Morgen”. Er öffnete den Kühlschrank und suchte ihn ab. Die Frau, die immer noch lächelte, fragte: “Soll ich ihnen Frühstück machen?” Ryan nahm sich eine Flasche Cola und antwortete: “Nein”. Er mochte es nicht sonderlich sich mit der Angestellten seines Vaters zu unterhalten, außer wenn es denn unbedingt nötig war, und verlies deshalb die Küche schnell wieder. Im Flur trank er das kalte Getränk, im Gehen, halb leer und stellte die Flasche dann in seinem Zimmer ab, an dem er noch mal vorbei ging. Danach ging er zur Haustür hinaus, wobei er sofort zu frösteln anfing. Deshalb zog er rasch die Kapuze seiner schwarzen Jacke über und steckte die frierenden Hände in seine Hosentasche. Die Schule war nicht besonders weit weg. Er musste nur drei Stationen mit der Bahn fahren und dann ein Stückchen laufen. Aber Ryan wäre es lieber gewesen sie wäre weiter weg, sehr viel weiter. Schon als er, nach dem kleinen Fußmarsch, am Rand des großen Schulhofes stand, wusste er was ihn erwartete, wenn er die paar Meter bis zur Eingangshalle hinüber lief. Wie immer würden andere Schüler, die er gar nicht kannte, ihm die dämlichsten und perversesten Sprüche hinter herrufen. Solche wie “Scheiß Emo“, was noch ziemlich harmlos im Vergleich zu anderen war. Da fand er “Verzieh dich in die Ecke, Schwuchtel!“, schon gemeiner. Aber das war Ryan schon gewohnt und es machte ihm, auch nach Monaten, nichts aus. Er hatte sich damit abgefunden, dass alle ihn ausgrenzten und ihn nicht verstanden. Aber besonders Heute ließ er sich, von dieser Tatsache, nicht ärgern. Heute wollte er alles zum besseren ändern. Zwar konnte er diese Hänseleien nicht an einem Tag loswerden, aber er wollte jeden Tag hier her kommen und dafür sorgen dass die Sprüche weniger wurden. Denn in letzter Zeit wurde es ihm zur Gewohnheit immer öfter, irgendwo in der Stadt herum zu laufen, anstatt in der Schule zu sein. Das war eines der Dinge die Ryan ändern wollte und sogar musste. Denn lange würden die Lehrer ihm das nicht durchgehen lassen, ohne es seinem Vater zu melden. Und das war das allerletzte was Ryan wollte. Nun stand er vor seinem Schließfach, von denen hier etliche andere standen, öffnete es mit einem Schlüssel den er aus der Tasche zog und holte seinen Ranzen heraus, nachdem er alle Bücher, die er brauchte, hinein getan hatte. Danach ging zu einer Tür, die wie jede andere hier aussah, und atmete noch ein letztes Mal tief ein und aus, bevor er dann den Raum dahinter betrat. Alles was er dort wahr nahm war sein Platz, der sich in der letzten Reihe am Fenster befand, alles andere schloss er bewusst aus seinem Blickfeld und seiner Auffassung aus. Er lief ruhig zu seinem Ziel und setzte sich ohne auch nur den Kopf zu heben. Er konnte sich nämlich denken was für einen Anblick ihn erwarten würde. Die Jungs aus seiner Klasse, hielten sich alle für ganz toll, weil sie ihn so oft schikanieren konnten wie sie wollten. Und Ryan was auch noch so dumm sich alles gefallen zu lassen. Aber das würde sich ändern. Er würde sich ab heute zur Wehr setzen und sich nicht mehr an den Kopf werfen lassen. Aber noch war alles wie jeden Morgen. Der Unterricht begann, als der Lehrer herein kam und mit einem befehlenden Ton: “Ruhe“, rief. Sofort kehrte Stille ein. Nachdem auch das letzte Geflüster, unter einem mahnenden Blick des Lehrers, erstarb und einem zufriedenen Lächeln wisch. Ryan folgte aufmerksam dem Unterricht, was er lange nicht mehr getan hatte. Das fiel ihm auch meistens nicht so leicht, weil die andern, immer wenn sich eine Gelegenheit bat, ihm irgendwelche Zettel zu warfen oder ihn höhnisch angrinsten. Nach geschlagenen zwei Stunden, kam der nächste Lehrer herein. Der Klassenlehrer war längst nicht so streng wie der zuvor, doch auch bei ihm verhielten sich die Schüler einigermaßen ruhig und konzentrierten sich, auf das was er sagte. Aber halt nicht alle. Dominik der neben Ryan saß, blickte ihn belustigt an. Er war einer der schlimmsten in seiner Klasse. Er war groß und kräftig und hatte vor niemandem Respekt. Er hatte sich sogar mal mit einem Lehrer angelegt, weil er ihn mit einem blöden Spruch angemacht hat. Und ausgerechnet er musste neben Ryan sitzen. Aber eigentlich war er nicht mehr oder weniger, schlimm als die andern hier. Dennoch machte Dominik einem schon durch sein Aussehen klar, dass man ihm besser aus dem Weg ging. Ryan ignorierte ihn einfach. Obwohl es ihm mit der Zeit schon auf die Nerven ging, weil der Typ nicht einmal wo anders hinsah. Es wirkte fast so als überlegte er, wie er Ryan jetzt ärgern konnte. Wenn er im Unterricht was vorhatte, konnte es nichts großes sein. Trotzdem beschloss Ryan, Heute in der Pause, seinen gewohnten Platz in einer schattigen Ecke des Schulhofes, zu meiden. Man wusste ja nie was dieser Wichtigtuer an Quälereien plante. Der Lehrer schrieb gerade einen Text, den alle abschreiben sollten, an die Tafel, als er fertig war und die Kreide hingelegte, sah er zur Klasse und sagte: “Hört zu, ich muss kurz weg. Und ihr schreibt das bitte weiter ab! Das ist wichtig für eure Hausaufgaben”. Damit drehte er sich um, ging zur Tür hinaus und schloss sie leise hinter sich. Es war natürlich, mehr oder weniger, klar das einige nicht auf das hörten, worum der Lehrer sie bat. Die meisten fingen wieder Gespräche an oder flüsterten sich was zu und kicherten dazu. Ryan schrieb einfach unbeteiligt in seinem Heft weiter. Als er fertig damit war, tippte er nur noch nervös auf dem Papier herum und bemühte sich seine Anspannung nicht anmerken zu lassen. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Dominik ihn immer noch stur anstarrte. Ryan hoffte das der Lehrer bald wieder kam, lange konnte er ja nicht weg bleiben. Ryan stellte sich vor, was passieren würde wenn der Lehrer nicht rechtzeitig kommen würde. Dominik würde ihn bestimmt auf irgendeine Art, beschimpfen oder ihn weiter anstarren und gleich darauf aufstehen und sich drohend vor ihn stellen. Was sollte Ryan dann tun? Er wusste es nicht. Aber wahrscheinlich würde er sich alles gefallen lassen und einfach abwarten. Er glaubte der Moment, in dem das befürchtete passierte wäre gekommen, doch ehe etwas in der Art geschah, kam der Lehrer wieder herein und nahm, als sei nichts geschehen, den Unterricht wieder auf. Damit war Ryan, vor erst, gerettet und er entspannte sich sichtlich. Nicht mehr lange und die Schulglocke läutete die erste Pause ein. Alle Schüler standen schnell auf und drängten aus dem Raum hinaus, als würden sie vor etwas flüchten. Ryan aber blieb noch einen Moment auf seinen Stuhl sitzen und beobachtete das ganze Treiben. Dan stand auch er auf und lief durch den Raum, auf die Tür zu. Doch bevor er draußen war, stand der Lehrer, der an seinen Schreibtisch saß, auf und winkte Ryan zu, er solle zu ihm kommen. Ryan ging zu ihm, stellte sich vor den Tisch und sah ihn gelangweilt an. Er konnte sich schon denken was der Lehrer sagen wollte. Entweder ging es um einen Streit, zwischen ihm und einem Typen der ihm mal wieder mal geärgert hatte, oder etwa ein Schüler hatte wieder perverse Gerüchte in Umlauf gebracht, worüber der Lehrer sich angeblich Sorgen machte. Ryan kam es jedes Mal vor als glaubte der diese Geschichten auch noch. Das ärgerte ihn noch mehr, als die Tatsache das er mit ihm darüber reden sollte, was Ryan so auf die Nerven ging, das er am liebsten abgehauen wäre. Was konnte er denn dafür wenn seine Mitschüler ihn nicht mochten. Er tat ihnen nichts. Er dachte nur mehr und mehr dass die andern alle Idioten waren. Tag für Tag, saß Ryan an seinen Platz, ohne ein Wort zu sagen und lies den Unterricht an sich vorbei ziehen. Natürlich arbeitete er auch mit, aber an schlechten Tagen eben sehr viel weniger als sonst. Das musste der Lehrer doch sehen, wenn es ihm mies ging. Der Lehrer legte seinen Stift ab, mit dem er gerade noch was ins Klassenbuch geschrieben hatte, sah Ryan, durch seine Brillengläser, nachdenklich an und seufzte. Er zeigte auf den Stuhl der gleich neben dem Tisch stand und Ryan setzte sich nach kurzen zögern hin. Der Klassenlehrer faltete seine Hände auf der Schreibtischoberfläche und fing mit ruhiger Stimme seinen Vortrag an. “Du kannst dir vielleicht schon denken warum ich mit dir reden möchte?” Er machte eine kurze Pause, um zu sehen ob Ryan ihm antworten wollte. Als er nichts erwiderte sprach er weiter. “Ich weiß du kommst mit deinen Klassenkameraden nicht gut aus, aber das ist kein Grund nicht im Unterricht zu erscheinen. Sonst hast du doch auch immer gut mitgemacht. Aber in den letzten Wochen fehlst du immer öfter, ohne Entschuldigung. Das zeigt sich leider auch negativ in deinen Noten, die sonst eigentlich recht in Ordnung waren. Ich weiß du hast es nicht leicht dich in die Klasse einzufügen, aber so kann das nicht weiter gehen. Das weißt du sicher selbst. Nicht wahr, Ryan?” Er sah wieder Ryan an, wie er nur unbeteiligt auf dem Stuhl saß und auf seine Hände starrte. “Hast du das verstanden?” Ryan sagte nichts, sondern nickte nur kurz. Der Lehrer sah etwas gereizt aus, sprach aber weiter. “Du musst wieder regelmäßig hier erscheinen und dem Unterricht aufmerksam folgen. Wenn nicht muss ich deine Eltern informieren. Aber ich denke du wirst dich bemühen, dass dies nicht notwendig wird”. Er machte nochmals eine Pause und sah Ryan fragend an. “Willst du noch was sagen?” Als keine Antwort kam stand der Lehrer auf und nahm seine Tasche. “Dann setzt dich wieder auf deinen Platz. Und vergesse nicht was ich dir gesagt habe. Ich meine es nur gut mit dir. Ich weiß du bist eigentlich ein guter Schüler”. Mit diesen Worten verließ er das Klassenzimmer. Ryan ging wieder zu seinen Platz und schaute kurz auf die Uhr. Gleich würde die nächste Stunde anfangen. Bis dahin hielt er die Hände vor sein Gesicht und dachte nach. Die kommenden Stunden verliefen wie gewohnt. Das befürchtete von Dominiks Seite blieb aus, dafür waren die bekannten Sprüche auf dem Schulhof wieder zu hören. Das Ganze nahm Ryan den Mut, den er am Morgen noch empfand. Er saß die ganze Zeit, mit gesenkten Kopf und der Kapuze tief ins Gesicht gezogen, an seinem Tisch und wartete auf das Ende der Schule. Und nach Stunden kam es auch endlich. Er packte seine Tasche wieder in sein Schließfach, auf dem Flur, und lief aus der Schule über den Hof, über die Straße und noch weiter, er war schon gar nicht mehr auf seinen gewohnten Weg. Die Hände in den Hosentaschen und den Blick auf den Boden gerichtet, überlegte er was er nun machen sollte. Würde er es überhaupt schaffen, dass die andern Schüler ihn nicht hänselten und ärgerten? Wie sollte er das auch schaffen können? Er war schwach. Wenn er sich währen würde, würde er nur noch mehr prügeln beziehen. Es waren ja alle stärker als er. Und selbst der Lehrer schien gegen ihn zu sein. Ryan schüttelte den Kopf um diese Gedanken wieder los zu werden. Er hatte bis jetzt gar nicht bemerkt wo er hin lief. Aber das machte ihm nichts. Er kannte auch diese Gegend. Ganz in der Nähe war ein kleiner Kiosk, an dem er schon öfter Alkohol gekauft hatte. Deswegen waren hier auch viele Jugendliche anzutreffen. Sie konnten hier prima Skateboard fahren oder einfach nur mit den Flaschen da stehen und Blödsinn machen. Der Verkäufer stellte keine Fragen und wollte auch keinen Ausweis sehen, er nahm es damit nicht so ernst. Das einzige was für ihn zählte war das er sein Geld bekam. Dabei war es ihm egal ob er jetzt Alkohol oder Zigaretten an Minderjährige verkaufte. Ryan ging hinüber und wartete einen Moment, bis der Alte ans Fenster kam und gleichgültig nickte, wie er es immer tat, und damit fragte was Ryan wollte. Ryan wiederum sah kurz auf ein Regal, das hinter dem Alten stand und bekam die Flasche auch sofort. Er bezahlte, ging außer Sicht des Verkäufers und riss das Etikett von der Flasche. Es konnte ja sein das irgend so ein Fanatiker daher kam und ihm predigte, Jugendliche sollten keinen Alkohol trinken. Als Ryan das hartnäckige Papier endlich ab hatte, nahm er einen großen Schluck von der klaren Flüssigkeit. Sofort spürte er die Wirkung, es brannte etwas im Hals, aber gab ein wohliges Gefühl im Magen. Ihm wurde es zunehmend wärmer und er nahm gleich noch einen Schluck. Die deprimierenden Gedanken verschwanden langsam, aber auch die ermutigenden. Der Entschluss den Ryan heute Morgen noch gefasst hatte, zählte jetzt nicht mehr. Alles war ihm egal. Er ging ein Stück, hielt die Flasche nahe an sich, bis zu einer Treppe die zu einem großen freien Platz hinab führte, wo sonst immer die Skater sich versammelten. Aber dafür war es schon seit Wochen zu kalt, und es war weit und breit keiner zu sehen. Er setzte sich ans Ende der Treppe, auf die letzte Stufe am schattigen Rand, sah zum Himmel hinauf, atmete tief ein und beobachtete die Leute die an ihm vorbei liefen. Sie alle schienen so sorglos und gingen weiter ihren gewohnten Lebensweg. Aber für ihn musste es ja so verdammt beschießen laufen. Wieso lief sein Leben nicht einfach wie sonst weiter? Es war auch früher nicht gerade schön, aber er war zufrieden. Und jetzt? Was war jetzt? Er hatte nichts mehr im Griff, er wusste nicht was das alles sollte, weder noch was er machen sollte um es zu beenden. Er seufzte, lehnte den Kopf an die kalte Mauer neben sich, steckte die frierenden Hände ein und schloss die Augen. Die Dämmerung hatte, an diesem trüben Wintertag, schon eingesetzt und bald würde es ganz dunkel sein. Das war Ryan nur recht, er wollte nichts mehr sehen, nur hier sitzen und in Ruhe gelassen werden. Wenn er das tat, hatte er das Gefühl alles wäre wieder normal. Und wenn er lange genug still hier sitzen würde, wachte er vielleicht aus diesem misslungenen Leben auf und stellte fest dass er sich alle Sorgen und Ängste nur eingebildet hatte. So vergingen Minuten und Stunden, bis schließlich ein kühler Windhauch wehte, der Ryan ins Gesicht blies und ihn aus seiner Starre weckte. Langsam schlug er die Augen auf, sah sich um und blickte wieder auf seine Knie, die er an sich gezogen hatte. Nichts war anders, gar nichts. Es war dunkel geworden und es war kein Mensch mehr zu sehen. Aber Ryan war immer noch hier. Jetzt merkte er erst wie kalt ihm geworden war und er trank mehr aus der Flasche die, die ganze Zeit neben ihm auf der Stufe stand. In seinem Kopf drehte sich nun alles ein wenig, aber die Kälte verflog, und er dachte darüber nach wie lange er noch hier sitzen wollte, oder konnte. Er sah über den Platz die Lichter der Hochhäuser, die hell in die Nacht leuchteten. Was sich wohl hinter diesen Lichtern abspielte? Bestimmt besseres, als das was Ryan zu Hause erwarten würde. Um die Zeit war sein Vater wahrscheinlich schon von der Arbeit heim gekommen und aß zu Abend. Ihm würde das sicher nichts ausmachen wenn Ryan die ganze Nacht weg bleiben würde. Oder es würde ihm gar nicht erst auffallen. Wenn er hier bleiben würde, blieb ihm erspart seinem Vater entgegen zu treten. Hier war keiner, der was von ihm wollte. Er überlegte, ob er sich noch eine Flasche kaufen sollte. Aber statt aufzustehen und noch mal zum Kiosk zurück zu gehen, lehnte er den Kopf wieder an die Mauer und starrte mit halb offenen Augen in die Nacht. Zwei Leute liefen über den, von Laternen erhellten, Platz und unterhielten sich. Ryan sah sie nur kurz an und nahm nicht wahr was sie redeten. Er zog seine Knie näher an sich, beobachtet wie jedes Mal wenn er ausamtete kleine Wölkchen sich in der kalten Luft auflösten und schloss seine Augen. Der kalte Wind schlug ihm entgegen, er wollte noch einen Schluck trinken und verstand erst gar nicht was los war, als er die Augen öffnete um nach der Flasche zu greifen. Vor ihm stand jemand mit verschränkten Armen und sah ihn an. Ryans Blick war vom Alkohol getrübt aber er erkannte ihn dennoch nach einmaligen blinzeln. Derjenige schien bemerkt zu haben das Ryan ihn erkannt hatte und trat einen Schritt näher, an ihn heran. Er grinste und sagte belustigt: “Na, Kleiner”. Ryan sah ihn überrascht an, dann kam die Erinnerung an das was Robert das letzte Mal mit ihm getan hatte. Diesmal würde Ryan nicht zögern und gleich verschwinden. Er wusste dass ihm nichts Gutes widerfahren würde wenn er hier bliebe. Am besten wäre es wenn er die Treppe hoch lief und dann in einen der Nebenstraßen verschwand. Über den Platz zu laufen wäre zu riskant gewesen, da würde Robert ihn sofort schnappen. Er sah noch mal kurz Robert an, der noch immer grinsend da stand, atmete tief ein, riss sich zusammen und stand ruckartig auf. Er drehte sich geschwind um und rannte so schnell er konnte die Treppe hinauf. Jeder Schritt kam ihm ewig vor. Jede Sekunde dachte er Robert könnte ihn gleich erwischen. Auf den letzten paar Stufen strauchelte er und bereute sofort die Flasche leer getrunken zu haben. Er fing sich nach wenigen Schritten wieder und rannte, mit weit auf gerissenen Augen, weiter. Jeder Moment verging wie in Zeitlupe. Es schien als würde Ryan nirgendwo ankommen. Aber da ging er schon am Kiosk vorbei und traute sich einen Blick zurück zu werfen. Er sah Robert nicht. Wieso? Lies Robert ihn so einfach gehen? Trotzdem rannte Ryan weiter und beschleunigte das Tempo sogar noch etwas. Bis zu der kleinen Gasse in die er wollte, war es nicht mehr weit. Die Dunkelheit zwischen den hohen Steinmauern schienen ihn wie von allein anzuziehen. Ab da würde Robert ihm nicht mehr folgen können, auch wenn er es noch versuchte. Aber er konnte es nicht glauben und sah nochmals flüchtig hinter sich. Noch immer nichts. Plötzlich stieß Ryan so hart gegen etwas, das ihm die Luft regelrecht aus der Lunge gepresst wurde. Von dem Aufprall wurde er zurück geworfen, er konnte sich nicht mehr auf den Füssen halten. Doch ehe er auf den Boden aufschlug, griff jemand nach seinem Arm und hielt ihn so fest dass es Ryan vor Schmerz die Tränen in die Augen trieb. Zögerlich hob er den Kopf, um zu sehn wer ihn fest hielt. Wegen der Dunkelheit konnte er nicht mehr erkennen, als das es ein großer, in schwarz gekleideter, Mann war. Ryans Atem ging schneller. Er überlegte fieberhaft wie er wieder weg kommen sollte. Panisch sah er sich nach allen Seiten um. Es war egal wo er lang laufen würde. Hauptsache weg hier. Ziehend und windend, versuchte er seinen Arm aus dem Griff des Fremden zu befreien. Doch der hielt ihn eisern fest. Ryan packte, mit seiner freien Hand, seinen Arm und riss mit aller Kraft. Doch auch dies nützte nichts. Er konnte kaum Gegenwehr gegen den Riesen leisten. Der fand Ryans klägliche Bemühungen offenbar eher belustigend als ernsthaft. Das bewirkte bei ihm nur dass sein Griff fester wurde. Plötzlich wurde Ryan mit einem mal herum gerissen und bekam den Arm schmerzhaft auf den Rücken verdreht. “Ahhh”. Ihm liefen Tränen den Wangen hinunter. Den Kopf ließ er hilflos hängen. “Verdammt”, fluchte er. Ihm wurde klar dass er nicht entkommen konnte. Vor sich hörte er Schritte. Mühsam hob er den Kopf an und blickte in das eiskalte Gesicht Roberts. Im Plauderton sagte Robert: “Na, du bist aber nicht weit gekommen, Kleiner. Du machst es mir aber auch immer einfacher dich zu kriegen. Sitzt da mutterseelenallein im kalten und schaust dich nicht mal um, was für zwielichtige Leute, so spät in dieser Gegend rumlaufen. Weißt du nicht das, das ganz schnell gefährlich werden kann? Aber was rede ich, du siehst es ja”. Er warf den Kopf ein Stück nach hinten und lachte höhnisch, worauf der Riese auch in ein Gelächter verfiel. Ryan sah zu Boden. Er wollte seinem Peiniger nicht länger ins Gesicht sehen. Er wusste dass er nicht entkommen konnte, er hatte keine andere Möglichkeit, als abzuwarten was geschah. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu und er hatte das Gefühl gleich zu ersticken. Robert schien das herzlich egal zu sein. Er kam einen Schritt näher an ihn heran, beugte sich etwas runter, um Ryan genau anzusehen, und sprach dann wie mit einem Kleinkind: “Du fragst dich sicher warum wir hier sind, nicht wahr? Nun, wir haben da ein kleines Angebot für dich. Und ich denke du wirst es nicht ausschlagen. Schon allein weil es dir und auch deinen Freunden nicht gut bekommen würde, solltest du nicht mit machen”. Er tätschelte Ryans Kopf und nickte dem großen Typen zu. Dieser schob Ryan sogleich ein paar Meter vor sich her, bis sie an der Ecke der kleinen Gasse standen und in die Straße blickten an deren Ende das Kiosk stand. Robert zeigte mit ausgestrecktem Finger darauf. “Siehst du die Bude dort?” Weil Ryan noch immer zu Boden sah, griff Robert Ryans Kinn und drehte seinen Kopf so dass er in die gezeigte Richtung sah. “Du wirst jetzt darüber gehen und die Scheiben einwerfen. Hast du verstanden?” Ryan sagte nichts und gab auch sonst kein Zeichen. Robert sah ihn zornig an und wartete kurze Zeit auf eine Reaktion. Ryan blieb ungerührt. Robert nickte dem Großen wieder zu, worauf dieser seinen Griff verstärkte. Ryan verzog schmerzhaft das Gesicht. Robert lachte, “wie du willst. Ich dachte mir schon dass du dich weigerst. Andererseits wäre es doch eine prima Fluchtmöglichkeit für dich gewesen. Zu dumm, du hast deine Chance vertan“. Er drehte sich um und blickte nach beiden Seiten der Straße. Dann lief er rasch los und verschwand aus Ryans Blickfeld. Kurze Zeit später hörte man Glas zersplittern und klirrend zu Boden fallen. Robert kam grinsend in die Gasse zurück und rieb demonstrativ die Hände einander. Dann wand er sich wieder an Ryan, der sich noch immer nicht rühren konnte. Er sah zwar etwas überrascht aus, aber aus seinen Augen sprach nur die Angst. “Du sieht also, du hattest keine Wahl, Kleiner”, sprach Robert weiter. “Ach so, das hätte ich fast vergessen. Du braucht ja noch einen Beweis”. Er steckte die Hand in seine Hosentasche, als er sie wieder raus zog, hielt er ein Klappmesser umfasst. Er stellte sich knapp vor Ryan, grinste und griff nach Ryans andern Arm. Aber Ryan zog ihn weg und hielt ihn hinterm Rücken. Sofort fasste der Typ hinter ihm zu, packte Ryans Arm und hielt ihn vorgestreckt. Robert fuhr mit der kurzen Klinge ein Stück über die blasse Haut. Er verstärkte den Druck und hinterließ einen roten Streifen, aus dem sogleich das Blut herauslief. Als der Griff lockerer wurde, zog Ryan schnell seine Hand weg und hielt sie ans sich gepresst. Robert lachte. Dann wand er den Blick wieder zur Straße hinaus und hielt in seinen Bewegungen einen Moment inne. “Hörst du das? Das bedeutet leider schon das Ende für unser kleines Spielchen”. Ryan versuchte noch einmal sich zu befreien. Der Schmerz des Schnittes hatte ihn aus der betäubenden Angst gerissen. Er hörte nicht auf das was Robert sagte, sondern wollte sich mit einem Ruck losreißen. Drauf sagte Robert: “Aber du musst dich doch gar nicht mehr so anstrengen. Es ist gleich vorbei”. Plötzlich ließ der Typ Ryan los. Er fiel zu Boden und konnte sich nicht rühren. Einem Moment wusste er nicht was Wirklichkeit war. War er wieder frei? Doch dann riss ihn der Schmerz aus seinen ungläubigen Gedanken, und er hielt sich die schmerzende Schulter mit der blutverschmierten Hand. Er hatte das Gefühl alle Kraft verloren zu haben. Er spürte nur noch das pochen seiner Hand, den Druck an den Armen und hörte nur noch das Rauschen seines Blutes. Ryan kam es so vor, als wäre er in einer tief schwarzen Welt gefangen, in der es nichts außer Angst und Schmerz gab, ohne einen Ausweg hinaus, aus dieser verschlingenden Qual in seiner Brust. Es würde ihn letztendlich zerreißen, egal was er dagegen tat, egal ob er hoffte, egal ob er kämpfte, das Ende würde kommen. Er musste einfach nur darauf warten. Sein Körper hatte sich langsam wieder von der Angst beruhigt. Er atmete tief ein und hob zaghaft die Augenlider an. Um ihn herum war es dunkel und kalt. Das schwache Licht der Straßenlaternen leuchtete in die Dunkelheit hinein, in der er saß. Er schaute sich kurz um. Keiner war mehr da. Noch einmal zog er die kühle Nachtluft in seine Lungen und nahm zitternd seine Hand, von seinen Arm, an dem er noch immer den Griff des, in schwarz gehüllten, Riesen spürte. Quer über seinen Handballen zog sich eine rote Linie, aus der bei jedem Pulsschlag, noch immer etwas Blut heraus trat. Aus seiner Hosentasche holte er ein schneeweißes Tusch heraus, das Tuch das er damals von Chris umgebunden bekam. Er legte es um seine Wunde und zog die Enden mit der freien Hand und den Zähnen fest zusammen. Er ließ die Hand auf sein Bein sinken, und beobachte wie sich auf dem Tuch, eine ungleichförmige Blutlinie bildete, die sich rasch vergrößerte und das leuchtende weiß langsam verschlang. Plötzlich wurde es laut und Ryan blickte erschrocken zur Straße. An den Mauern der Gasse und den Wänden der Häuser, strich ein helles Licht in gleichmäßigen Abständen, entlang. Dazu kam der ohrenbetäubende Lärm von Sirenen, die immer lauter wurden. Doch sie wurden nicht mehr leiser, und bald hörte man das Geräusch zuschlagender Autotüren, gefolgt von schnellen Schritten auf Asphalt. Ryan wurde allmählich klar, was gerade geschah. Ihm packte Panic, hastig stand er auf, nur um gleich wieder in die Knie zu gehen, seine Glieder waren wie gelähmt. Mühsam machte er noch einen Versuch und ging ein paar Schritte tiefer in die enge Gasse hinein. Er blickte hinauf und stand vor einem Maschendrahtzaun, der sich scheinbar unüberwindbar hoch gen Himmel streckte. Die Schritte die immer näher kamen, zwangen Ryan sich zu beeilen. Er legte eine Hand an den dünnen Draht, dann die andere, durch diese sofort ein brennender Schmerz zog. Er kniff kurz die Augen zusammen, dann hob er seine Füße in die kleinen Löcher. Obwohl er sich so schwach fühlte, als würde er jeden Moment zusammenbrechen, kletterte er so schnell er konnte am Zaun hinauf. Plötzlich hörte er die Schritte deutlich hinter sich und es ertönte der Ruf, den Ryan die kleine Hoffnung die er noch hatte nahm. “Hey du, stehen bleiben!” Kaum war er, auch nur einen Meter vom Erdboden entfernt, wurde er, an den Hüften gepackt, wieder hinunter gezogen, und mit schnellen Bewegungen umgedreht und an die Wand gedrückt. Vor Schreck konnte er sich eine Weile nicht rühren. Seine Gedanken überschlugen sich regelrecht, nur sein Instinkt, vor der Gefahr zu flüchten, bewegte ihn noch. Er nahm seine letzten Kräfte zusammen und riss sich von dem Mann, der ihn an den Schultern fest gegen die Mauer drückte, los und rannte davon. Sofort kam der Polizist ihm nach und erwischte ihn nach ein paar Schritten wieder. Vor Ryans Augen war alles verschwommen und ihm wurde vor Kälte, Schwäche und dem starken Alkohol, zunehmend übler. Er nahm seine Umgebung nicht mehr richtig wahr, alles was er sah waren Schemen die um ihn herum liefen. An den Handgelenken spürte er etwas kühles das sich schloss und leise klickte. Dann wurde er unsanft mit schnellen Schritten vorwärts geschoben. Am Boden sah er ein paar andere Beine die neben ihm herliefen. Dann verschwand die steinige Straße und wisch dem Untergrund eines Autos. Schließlich begriff Ryan, das er nichts mehr tun konnte, er war gefangen. Er starrte auf seine Knie, und beobachte wie die Lichter, durch das Fenster, schnell darüber zogen. Die Zeit, in der Ryan sich ausruhen konnte, verging viel zu schnell. Schon wurde er mit festen Handgriffen dazu gezwungen aus dem Auto zu steigen und weiter zu laufen. Als er, und seine Begleiter, durch die zweiflügelige Tür des Polizeireviers traten, kam ihnen ein Schwall warmer Luft entgegen. Kurz nachdem sie durch eine weitere Tür gingen, und ihm die Handschellen abgenommen wurden, bedeutete der eine Mann, Ryan sich auf den Stuhl, der vor einen unaufgeräumtem Schreibtisch stand, zusetzen. Er war froh wieder sitzen zu können und seinen Körper auszuruhen. Doch kaum hatte sich Ryan an seine Situation gewöhnt und ihn die Panic, die er noch vor kurzen verspürte, verlassen, knallte der Polizist mit den Fäusten auf den Tisch und stieß dabei einen Becher mit Kugelschreibern um. Ryan zuckte augenblicklich zusammen und sah den Mann ins Gesicht. Seine schwarzen Augenbrauen hatten sich nach unten verzogen und auf seiner Stirn bildeten sich tiefe Falten. Ohne von Ryan abzusehen, nahm er seine Mütze ab und setzte sich auf den dunklen Drehstuhl, der hinter ihm stand, und verschränkte die Arme auf der Schreibfläche. Etwa fünf Minuten vergingen in denen keiner von beiden etwas sagte. Der Polizist schaute Ryan nur ununterbrochen, mit finsterer Miene, an. Ryans Blick wanderte hin und her. Er wusste nicht was er tun sollte. Der Mann verlangte dass er etwas sagte. Aber er bekam keinen Laut heraus. Aber dann räusperte sich der Polizist und sagte mit rauer tiefer Stimme: “Also Junge, was hattest du heute bei diesem Kiosk zu suchen?” Ryan sagte nichts. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Die bedrohliche Ausstrahlung des Mannes gab ihm ein mulmiges Gefühl. Es war fast wie bei seinem Vater. “Du hast ganz offensichtlich was getrunken. Mehr als gut für dich ist. Zudem schätze ich du bist nicht mal älter als fünfzehn. Nicht wahr? Aber du weißt doch schon was du getan hast?” Nach kurzer Pause, in der er wieder wartete das Ryan etwas sagte, überflog er auf einem Blatt Papier etwas und sprach dann weiter. “Du hast einen Einbruch begangen, wahrscheinlich um mehr Alkohol zu bekommen schätze ich mal. Und wolltest danach vom Tatort flüchten. Nicht zu vergessen den Schaden denn du angerichtet hast. Nun, was hast du dazu zu sagen? Ich rate dir die Wahrheit zu sagen, sonst wird es für dich nur noch schlimmer, als es ohnehin schon ist. Bei diesen Verbrechen kannst du mindestens mit einer Anzeige des Kioskbesitzers rechnen. Also was ist?” Ryan hatte die ganze Zeit, während der Mann sprach, den Blick aus seine zitternden Hände gerichtet und darauf gehofft das der Beamte sich mit Schweigen abfinden würde. Weitere endlose Minuten vergingen. Ryan verkrampfte sich mit jedem Augenblick mehr. Er konnte keinen einzigen klaren Gedanken mehr fassen. Doch dann klopfte es an die Tür. Kurz darauf wurde sie geöffnet und eine junge Frau kam rein, sie bat den Mann, mit einem Fingerzeig, zu sich. Dieser stand auf und legte die Hände flach auf den Tisch. “Sieht so aus als hättest du Glück gehabt. Die Kollegen werden sich jetzt um dich kümmern. Aber wir sprechen uns noch. Und für dich hoffe ich, du hast dann mehr zu bieten als nur Schweigen”. Als die Tür sich wieder schloss atmete Ryan erleichtert auf. Kaum eine Minute später kam die Polizistin wieder rein, nahm Ryan am Arm und sagte: “Komm bitte mit”. Sie führte Ryan durch einen langen Gang, und blieb schließlich vor einer Tür, mit einem kleinen Fenster, stehen und öffnete diese mit einem Schlüssel, den sie am Bund trug. Dann schob sie Ryan hinein. Jedoch ging sie danach nicht hinaus, sondern schloss hinter sich die Tür und lief zu dem festgemachten Bett, das das einzige war was sich in diesem schmalen Raum befand. Sie stellte einen kleinen Kasten, den sie bei sich hatte, darauf, öffnete diese und sagte zu Ryan der noch nahe der Tür stand: “Komm schon her. Du bist doch verletzt. Ich will deine Wunde nur schnell verbinden, dann lass ich dich in Ruhe”. Ryan ging zu ihr und stellte sich vor sie, wobei er den Kopf nicht ein einziges Mal hob um die Frau anzusehen. Er hielt ihr, nach kurzen zögern, die Hand hin, die Frau löste, das notdürftig umgebundene, Tuch und legte es auf das Bett. Dann nahm sie ein Wattebällchen, das sie mit einer Flüssigkeit getränkt hatte, und strich damit leicht über Ryans Wunde. Sogleich brannte es so sehr das er das Gesicht verzog und seine Hand ein Stück zurückzog. Die junge Frau lächelte darauf nur verständnisvoll und begann einen Verband um seine Hand zu binden. Ryan schämte sich ein wenig für seine Reaktion. Inzwischen hatte sie den Kasten wieder in der Hand, lächelte noch einmal, ging wieder zur Tür und öffnete sie. Bevor sie aber raus ging drehte sie sich um und sagte mit ihrer sanften Stimme: “Schlaf jetzt erst mal. Und morgenfrüh rufen wir deine Eltern an”. Dann ging die Tür zu und es folgte das leise klacken des Schlosses. Ryan traf der Schreck wie ein Blitz. Er konnte sich gar nicht ausdenken was wäre wenn sein Vater davon erfährt. Aber im Moment war es jedoch das Beste, ein wenig zu schlafen. Später jedoch musste er sich einen Ausweg überlegen. Und das noch vor dem Morgengrauen. Die Polizisten würden sicher nicht lange brauchen bis sie ihn wieder befragten. Und dann musste er etwas sagen. Ryan kauerte sich, auf der Seite liegend, zusammen und zog die Kapuze seiner Jacke übers Gesicht. Nun konnte er seine Müdigkeit nicht länger zurückhalten. Das angenehme Gefühl des Schlafes übermahnte in und er schloss erleichtert die Augen. Worauf er gleich in einen leichten traumlosen Schlaf verfiel. Nach ein paar Stunden, die Ryan wie Minuten vorkamen, erwachte er vom lauten Trubel der von draußen zu hören war. Weil sich in dem Raum kein Fenster befand, konnte er unmöglich feststellen wie spät es war. Hatte er Glück und es war immer noch Nacht, konnte er noch einmal schlafen. War es aber schon früher Morgen musste er sich jetzt zusammen reißen und sich was für die bevorstehende Befragung ausdenken. Da überlegte Ryan gar nicht lange. Das Risiko ohne eine passende Antwort vor dem Polizist, mit den strengen Blick, zu stehen, konnte er auf keinen Fall riskieren. Er setzte sich auf und versuchte, trotz den Kopfschmerzen die ihn jetzt plagten, eine Lösung zu finden. Die Wahrheit konnte er schlecht sagen. Denn sonst würde Robert ihm, und seinen Freunden, weit aus schlimmeres antun als er es schon tat. Vielleicht sollte er einfach das sagen, was der Polizist vorhin dachte. Er sei in das Kiosk eingebrochen um Alkohol zu stehlen. Das war noch das einfachste. Ihm kam außerdem der Gedanke daran, zu sagen es sei eine Mutprobe gewesen oder er sei von Freunden dazu gezwungen worden. Aber diese Einfälle verwarf er gleich wieder. Beides würde voraus setzten das er nicht alleine gewesen wäre. Schlussendlich entschied sich Ryan für die einfachste, und in diesem Fall die logischste. Nämlich das er die Scheibe des Kiosks eingeschlagen habe um an Alkohol zu kommen. Eine Antwort die ihn ganz aus der Sache holen würde, gab es nicht. Chris Ich hatte Ryan jetzt schon über eine Woche nicht mehr gesehen. Das letzte Mal hatte er mir gesagt ich solle ihn in Ruhe lassen. Die Sorgen die ich mir um ihn machte wurden immer größer, ich konnte mich in der Schule nicht gut konzentrieren, weil ich immerzu daran denken musste wie es Ryan gehen musste und warum er sagte er wolle mich nicht mehr sehen. Es war klar dass er Geheimnisse hatte, die er mir nicht erzählen wollte. Aber ich tat doch alles um sein Vertrauen zu gewinnen, trotzdem zeigt er mir die kalte Schulter oder wir streiten uns, wenn wir uns mal trafen. Das war fast immer so gewesen, und langsam dachte ich, ich sollte ihn wirklich eine Zeit lang in Ruhe lassen. Aber Ryan steckte nun mal in Schwierigkeiten und da konnte ich ihn einfach nicht alleine lassen. Wenn er mir nur endlich sagen würde was ihn belastete, ich würde es verstehen. Nur leider glaubte Ryan mir das nicht. Die Sorgen ließen mich auch heute nicht los. Ich saß in der Schule und hörte gar nicht was der Lehrer so von sich gab. Zum Glück war dieser Lehrer nicht einer von denen die oft die Schüler abfragten. Bei ihm konnte man es ich leisten, unaufmerksam zu sein. Nach zwei Stunden läutete es zur ersten Pause und ich ging hinaus auf den Schulhof, um etwas frische Luft zu schnappen. Es war, wie schon seit ein paar Wochen, sehr kalt an diesem Morgen. Kein Wunder, mittlerweile war schon Anfang Dezember. Geschneit hatte es jedoch noch nicht. Das war auch gut so, ich mochte den Winter nicht besonders. Ich lief einmal rund um den Hof, und wollte gerade noch eine Runde drehen, um mich einigermaßen warm zu halten, da kam Alex lässig auf mich zu gelaufen. Mit den Händen in den Taschen, stellte sich vor mich ohne ein Wort zu sagen. Sein Gesicht war ernst, was ich von ihm eigentlich gewohnt sein musste. Aber diesmal war etwas anderes an ihm. Ich lächelte ihn zur Begrüßung an, was eigentlich sehr unpassend schien, und ich guckte ihn auch sofort wieder ernst an. “Was gibt’s, Alex?” “Also ist sag es mal ganz direkt, aber versteh mich jetzt nicht falsch. Ich will dass du Lisa besser behandelst. Es ist doch wohl eindeutig das sie dich mag, aber du ignorierst sie nur. Das hat sie nicht verdient, und ich rate dir das schleunigst zu ändern”. Ich war einen Moment lang völlig sprachlos. Alex schaute mich an, als wäre ich sein Feind. Bevor er aber vollkommen die Geduld verlor sagte ich ruhig zu ihm: “Ich weiß gar nicht was du meinst. Ich behandle sie doch genauso wie dich oder Michael”. “Jetzt tu nicht so blöd. Lisa hat dich doch sicher, mehr als oft, gefragt ob du mit ihr gehen willst. Und man sieht doch wohl wie unglücklich sie das macht, dass du nicht endlich ja sagst”. Im Laufe des Gesprächs hatte sich Alex immer mehr hinein gesteigert. Seine Stimme wurde lauter und seine Haltung angespannter. Aber ich lies mich davon nicht beeindrucken und sagte ihm gelassen meine Meinung. “Ich mag Lisa aber nicht auf diese Weise. Wenn ich mit ihr gehen würde, würde da nichts ändern. Und warum sagst du mir überhaupt dass ich das tun soll? Du streitest dich doch so oft mit ihr, das man meint sie wäre dir egal”. Sein Blick verfinsterte sich ein wenig und er trat ein Stückchen näher an mich heran. “Sag das nicht noch einmal. Sie ist mir ganz und gar nicht egal. Und es würde sehr wohl etwas ändern, wenn du endlich mit ihr zusammen sein würdest. Denn Lisa wäre dann glücklich. Sie tut zwar immer so als könnte sie gar nicht traurig sein, aber ich kenne sie schon lange, und weiß sie tut nur so, damit andere sie mögen. Also tu es gefälligst und geh mit ihr, oder…” Er machte eine Pause um seine Worte wirken zu lassen. Verstand ich das jetzt wirklich falsch oder wollte Alex mir drohen? Mir kam es eher so vor als mochte er Lisa. Dennoch sagte er mir das. Sonst war er auch nicht der Typ der sich groß um Gefühle scherte. Alex wollte gerade wieder etwas sagen, wurde aber vom klingeln meines Handys daran gehindert. Ich hatte mein Handy immer eingeschaltet, denn man konnte ja nie wissen ob vielleicht Ryan anrufen würde. Aber ein kurzer Blick auf das Display sagte mir das Vincent anrief. Alex war sichtlich von dieser Störung genervt. Ich beachtete ihn gar nicht, sondern ging ein paar Schritte zurück, drehte ihm den Rücken zu und drückte auf den kleinen Knopf des Handys. Vincent klang etwas beunruhigt, als er mir kurz erzählte warum er mich um diese Zeit anrief. Was er aber, mit wenigen Worten sagte, beunruhigte mich umso mehr. Sofort, als Vincent aufgelegt hatte, stecke ich mein Handy wieder ein, eilte so schnell ich konnte in den Klassenraum zurück um meine Sachen zu holen und lief dann wieder quer über den Schulhof. Auch an Alex vorbei. Aber ich war zu aufgeregt, um zu sehen wie er mir verwundert und gleichzeitig wütend hinter her blickte, als ich das Schulgelände verlies, ohne ihn noch einmal anzusehen. Ich lief zur nächsten Bahnstation und brauchte nicht lange um die richtige Linie zu finden. Die Fahrt dauerte auch nicht allzu lange, aber vielleicht kam es mir auch nur so vor. Ich wurde nur noch von einem Gedanken angetrieben und schloss alles andere um mich aus. Und dann stand ich schon vor Vincents Wohnung und stellte Vermutungen an was mich dahinter erwarten könnte. Doch es kam anders als ich dachte. Als ich klingelte wurde die Tür nicht sofort aufgerissen und Vincent, der mich herein bat, sah auch nicht so aufgeregt aus, wie es noch am Telefon den Anschein hatte. Ich jedoch konnte mich kaum halten, zwang mich aber zur Ruhe. Es würde jetzt auch nichts nützen wie ein angeschossenes Huhn wild herum zu rennen. Stattdessen sah ich Vincent, der gerade die Tür hinter sich schloss, fragend an. Als dieser nichts sagte sondern weiter dem Flur entlang ging, fragte ich voller Ungeduld in meiner Stimme: “Wo ist er?” Vincent wand sich um und lächelte mich sanft an. “Mach dir keine Sorgen. Er ist im Wohnzimmer und schläft”. “Du hast doch gesagt er sei verletzt”. “Es ist nicht so schlimm wie du vielleicht denkst. Aber ich dachte du solltest es wissen. Jedoch dachte ich nicht dass du sofort kommen würdest. Ich hab mich wohl doch schlecht ausgedrückt, als ich dich anrief. Entschuldige wenn ich dir damit Angst gemacht habe”. Mit diesen Worten ging Vincent weiter und ich folgte ihm. Das hatte mich schon etwas beruhig, aber ich machte mir trotzdem Sorgen. Im Wohnzimmer angekommen sah ich dann Ryan zusammen gerollt auf dem Sofa liegen. Bei diesem Anblick fiel mir ein schwerer Stein, der mich schon den ganzen Weg bis hierher belastet hatte, vom Herzen. Ich merkte gar nicht wie lange ich Ryan ansah, wie er einfach nur da lag und ruhig schlief, bis Vincent mir die Hand auf meine Schulter legte und sagte: “Wir lassen ihn lieber noch schlafen”. Dann bedeutete er mir ihm in die Küche zu folgen. Dort setzten wir uns an den kleinen Tisch. Nach kurzen Schweigen fragte Vincent: “Möchtest du was trinken?” Ohne auf meine Antwort zu warten, stand er auf und sah in den Kühlschrank und holte eine Flasche Cola heraus. Während er zwei Gläser füllte fragte ich: “Was ist mit Ryan?” Vincent antwortete nicht sofort, was mich wiederum erneut beunruhigte. Doch als er sich wieder, gegenüber mir, hinsetzte und mir das Glas hinstellte sagte er: “Es geht ihm soweit gut. Mehr kann ich auch nicht sagen. Als er vorhin zu mir kam ging er, ohne ein Wort zu sagen ins Wohnzimmer und legte sich hin. Ich fragte ihn zwar was los sei, als ich den Verband an seiner Hand sah, aber er antwortete mir nicht. Also ließ ich ihn erstmal in Ruhe und dachte mir es wäre besser dir Bescheid zu sagen. Du hast dir sicher Sorgen um ihn gemacht”. “Ja, natürlich habe ich das. Und ich tue es immer noch”. Ich stockte, weil mir das äußerst komisch vor kam über Ryan zu reden, als wäre ich so was wie seine Mutter. Aber mit jemandem meine Sorgen teilen zu können war eine große Erleichterung. Und wenn nicht mit Vincent, mit wem sonst? Also sollte ich ganz offen reden, er hatte sicher die gleichen Sorgen. “Aber ich weiß nicht, wie lange das noch so weiter gehen soll. Langsam glaube ich Ryan will wirklich keine Hilfe und ich sollte ihn auch nicht mehr so belästigen. Aber heute hat er mir wieder gezeigt dass er nicht alleine zurechtkommt. Und es ärgert mich das er nicht zu mir gekommen ist” Etwas leiserer setzte ich dran: “Vielleicht wäre es dann nicht so weit gekommen”. Vincent schaute mich verständnisvoll an und nickte zustimmend. “Ich verstehe schon. Es ist ja auch nicht so als würde ich mir keine Sorgen um ihn machen. Aber ich glaube nicht dass er wirklich will dass du ihn in Ruhe lässt. Er sagte das sicher nur um dich nicht in Gefahr zu bringen. Und wie du siehst bringt ihm diese Gefahr Verletzungen ein, also lass ihn bitte nicht alleine”. “Du hast ja Recht. Aber er macht es mir so schwer. Ich kann ja nicht mal mit ihm reden, ohne dass wir uns streiten”. Ich hielt mir die Hand kurz vors Gesicht. Es tat gut mit jemanden darüber zu reden. Aber letztendlich musste ich mich um die Sache kümmern. Vincent trank einen Schluck aus seinem Glas, seufzte und sagte sorgenvoll: “Aber wenigstens redet er mit dir. Auch wenn ihr euch streitet. Ohne dich wäre Ryan schlimmer dran”. “Fragt sich nur wie viel schlimmer es werden kann”. “Sag das nicht. So was darfst du nicht mal denken, du am allerwenigsten. Was soll Ryan denn ohne dich machen”. Vincent war sichtlich entsetzt. Etwas kleinlaut sagte ich: “Ja, schon aber…”. “Du gehst jetzt besser zu ihm und sagst ihm dass du ihm helfen willst. Er wird dir sicher zuhören”. Sicher wird er das, weil er ja noch schläft. “Aber ich will ihn jetzt nicht wecken”. “Geh einfach!” Dann hatte ich ja wohl keine andere Wahl und ging. Wie als hätte Vincent es gewusst, schlief Ryan gar nicht mehr, sondern saß zurückgelehnt, den Kopf weit nach hinten gelegt, auf der Couch und machte ein nachdenkliches Gesicht. Selbst als ich näher kam und mich auf den Sessel setzte, der neben dem Sofa stand, tat Ryan so als würde er mich nicht bemerkt haben. Gerade wollte ich ihn fragen wie es ihm ging, da kam er mir zuvor. “Was machst du hier?” Seine Stimme klang abweisend. Was anderes hätte ich auch nicht erwarten können. So wie wir uns das letzte Mal trennten. “Was ich hier mache? Ich hab mir Sorgen um dich gemacht”. Sein Gesicht verzog sich zu einem traurigen Lächeln. Sah aber noch immer zur Decke hinauf. “Das brauchst du nicht, ich komme alleine klar”. Seine Sturheit ärgerte mich zwar, aber ich bemühte mich weiter ruhig zu bleiben. Ich wollte ja nicht dass wir uns wieder streiten. “Das sehe ich anders. Guck dich doch mal an. Du siehst aus als hättest du Tage lang nicht geschlafen und sprichst mit keinen, von uns darüber”. Ich wartete auf seine Reaktion, er würde sicher etwas dazu erwidern. Aber er tat es nicht. Er bewegte nur kurz den Arm, denn er wohl vor mir verstecken wollte. Also sprach ich weiter, in der Hoffnung er würde meine Sorgen endlich verstehen. “Ich weiß dass du verletzt bist. Du musst dich nicht weiter verstellen und so tun als kommst du in deiner Lage noch zu recht. Versteh doch endlich dass ich dir helfen will”. Ryan war immer noch uneinsichtig und drehte seinen Kopf beiseite. “Ich brauch deine Hilfe aber nicht. Wie oft soll ich das noch sagen?” Er wollte mich anscheinend nicht mal ansehen. Ich lies mich aber nicht so einfach von ihm abweisen. Ich wollte endlich Klarheit zwischen uns schaffen. “Bitte vertrau mir doch. Ich kann nicht weiter einfach nur zusehen wie du dich quälst. Hör doch auf damit und lass dir helfen”. “Halt doch die Klappe! Glaubst du ich wäre an allem schuld? Glaubst du ich hätte mich mit Absicht verletzt? Glaubst du ich hätte mich freiwillig von der Polizei schnappen lassen?” Plötzlich verlor ich meine Ruhe und sprang entsetzt aus dem Sessel auf. Laut, wie es eigentlich gar nicht meine Art war rief ich: “Ach, jetzt kommt auch noch die Polizei dazu. Was kommt denn als nächstes?” Ryan rührte sich nichts. Und mir wurde bewusst was ich gerade gesagt hatte. Das musste Ryan sicher wehgetan haben und es tat mit jetzt Leid. Ich setzte mich wieder hin und schämte mich für meinen hysterischen Ausbruch. Ich wollte Ryan doch nicht mehr wehtun. Nach einer längeren Pause in der keiner von uns Anstalten machte etwas zu sagen, entschloss ich mich das Gespräch wieder zu beginnen. Jedoch musste ich dabei vorsichtig sein, was ich sagte. Also sagte ich so ruhig ich, in dieser Situation, konnte: “Tut mir Leid”. Nach endlosen Minuten bewegte Ryan sich endlich, er beugte sich vorn über, legte die Arme auf die Beine und blickte zu Boden. Er öffnete seinen Mund ein Stück, wartete aber noch um dann leise zu sagen: “Es ist sinnlos mir helfen zu wollen. Du kannst nichts tun. Also lass mich in Ruhe”. Ich wollte es nicht mehr hören. So oft hatte er es mir schon gesagt. Und ich wollte nicht glauben dass er es ernst meinen könnte. Fast flüsternd erwiderte ich: “Das kann ich nicht”. Plötzlich stand Ryan auf, blieb kurz reglos stehen, ging dann an mir vorbei und raus aus dem Raum. Mit einem Mal packten mich wieder die Gedanken, ihm könnte was geschehen wenn ich ihn gehen ließ. Hastig stand ich auf und lief in den Flur wo sich Ryan gerade seine Jacke anzog. “Wo gehst du hin?” Meine Stimmer überschlug sich fast so panisch war ich jetzt. Immer noch gelassen sagte Ryan: “Wenn du dich nicht von mir fern hältst, tu ich es eben”. Damit ging er zur Tür hinaus und schloss sei hinter sich. Ich war wie erstarrt. Nein, ich durfte ihn nicht, wie das letzte Mal, einfach gehen lassen. Mit einem Ruck riss ich die Tür wieder auf und rannte ihm nach. Vincent der mittlerweile auch bemerkt hatte was Ryan vorhatte, rannte neben mir her. Ryan war noch nicht weit, er lief ein paar Meter vor uns an der Straße entlang. Als er merkte dass wir ihm folgten, rannte er schneller. “Ryan, bleib bitte stehen!” Rief ich verzweifelt. Plötzlich stieg jemand aus einem parkenden Auto, das an der Straßenseite stand, und stellte sich mitten auf den Gehweg. Ryan der genau auf den Fremden zu lief, blieb abrupt stehen und schaute den ihn an. Es war ein großer, etwas dickerer Man in einem feinen Anzug, der jetzt vor Ryan stand und ihn böse anblickte. Es sah so aus als wollte Ryan an ihm vorbei, aber er zögerte und trat einen Schritt zurück. Mit tiefer Stimme knurrte der Mann: “Come!” Wir hatten Ryan gerade eingeholt und standen hinter ihm. Der Mann aber beachtete uns nicht, sondern packte Ryan und stieß ihn auf den Rücksitz seines Autos und schmiss die Tür zu. Instinktiv wollte ich nach Ryan greifen als er weg gezogen wurde, aber ich war nicht schnell genug und sah den Mann jetzt entsetzt an, der eben in das Auto stieg die Tür schloss und, mit quietschenden Reifen davon fuhr. Ich starrte dem Wagen sprachlos hinter her und traute mich nicht mich zu bewegen. Vor kurzen war Ryan noch genau vor mir, und jetzt? Ich sah zu Vincent der ebenfalls der Straße entlang blickte. Als er meinen ungläubigen Blick sah, sagte er mit einer Ruhe, die ich gar nicht verstehen konnte: “Das war sein Vater”. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)