Neu im Chaos von Toru-Jung (Chris und Ryan One) ================================================================================ Kapitel 5: Beschützt und behütet -------------------------------- Ich kam mir ziemlich komisch vor, wie ich Ryan mit zu mir nahm. Ich war froh dass er mit kam, aber andererseits wusste ich nicht so recht wie ich mich ihm gegenüber benehmen soll. Wir kannten uns doch noch nicht lange und hatten so gut wie kein richtiges Gespräch miteinander geführt. Ryan hatte seit dem Moment als ich ihn in diesem kleinen Garten fand kein Wort gesagt. Als wir die Treppen des Hauses, in dem ich wohnte, hinauf gingen hoffte ich inständig das meine Mutter nicht wieder vor der Tür hockte und auf mich wartete, das wäre mir dermaßen peinlich vor Ryan gewesen. Ich holte den Haustürschlüssel aus meiner Tasche, meine Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt. Es machte klick und ich öffnete langsam, wirklich ganz langsam, die Tür. Ich traute mich gar nicht hinzusehen. Vor meinen Augen sah ich schon Mutter, mit den Händen an der Hüfte, und mich mit durchbohrendem Blick ansehen. Alles war dunkel. Mir viel ein Stein vom Herzen. Ich seufzte erleichtert. Ich hätte erwartet das Ryan mich nach dieser Show belustigend ansah. Doch in seinem Gesicht sah man nur die Miene die man immer sah. Dieser etwas genervte traurige Blick. Ob er auch mal lächelte? Wir traten ein. Ich schlich mehr zu meinem Zimmer als zu laufen. Wieder tat ich einen Seufzer. Schaltete das Licht an und lehnte mich an meine Tür die ich so leise schloss wie als würde etwas explodieren wenn sie auch nur das kleinste Geräusch von sich gab. Entspann dich Chris! Erst jetzt realisierte ich wieder das Ryan bei mir ist. Er musste das was ich hier veranstalte wohl für ziemlich lächerlich halten, auch wenn er es nicht zeigte. Er hatte meine Mutter noch nicht erlebt, die konnte sich wie ein alles zerstörender Drache aufführen. Obwohl, wenn ich an Ryans Vater dachte, der war tausend Mal schlimmer. Als mir die Erinnerung wieder kam wurde ich sofort wieder wütend. Ich wollte ihn da nie wieder hin gehen lassen. Egal was meine Eltern oder sein Vater dazu sagen würden. Ich weiß nicht so genau warum, aber ich wollte ihn um jeden Preis beschützen. Als ich aufblickte sah ich wie Ryan einfach nur da stand, die Hände in den Jackentaschen und sah wie gewohnt auf den Boden. Ich lächelte innerlich wie äußerlich. Was machte ich mir Gedanken über das was noch nicht war. Das was jetzt zählte war das Ryan sich vor allem und jedem in Sicherheit befand. Ich trat zum Schrank und holte zwei T-Shirts heraus. Da bemerkte ich, dass auf meinem Schreibtisch eine Puppe von Maria lag. Ich ging unauffällig hin und legte sie in eine Schublade. Dann legte ich die T -Shits aufs Bett, ein schwarzes für ihn ein weißes für mich. Ryan blickte mich fragend an. “Ich habe leider kein zweites Bettzeug. Ist das in Ordnung für dich? Oder soll ich…?“ “Schon ok“. Ihm schien das gleichgültig zu sein. Ich hätte auch auf den Boden schlafen können wenn es für Ryan unangenehm war mit mir in einem Bett zu schlafen. Was mich anging, ich fand das nicht der Rede wert. Plötzlich kam mir die Bemerkung von Robert wieder in den Sinn. Er hatte Vincent gefragt ob sie Beziehungsprobleme hatten. Waren Ryan und Vincent vielleicht mehr als Freunde? Ach Quatsch! Das bilde ich mir nur ein. Robert hatte sich bestimmt nichts dabei gedacht als er das sagte. Ich verwarf den Gedanken sofort wieder. Die beiden waren nur Freunde, das hatte Jessy ja auch gesagt. Während ich da so neben Ryan stand und sein Verhalten gegenüber Vincent analysierte, hatte er bereits angefangen sich hastig umzuziehen. Ich begann mit einem etwas mulmigen Gefühl im Bauch auch damit mich auszuziehen und sah zwischendurch unauffällig zu ihm rüber. Er war sehr schlank, fast schon mager. Als er die Arme hob, um sein Shirt über zu ziehen, sah man seine Rippen die sich unter der hellen Haut deutlich abzeichneten. Seien Bewegungen hatten was von einer kleinen Katze, wie ich gemerkt hatte kletterte er auch oft über Zäune und Mauern, war manchmal auch zutraulich und still aber wenn man in reizte konnte er blitzschnell zurückschlagen. Sein Schweißbändchen das er am linken Handgelenk trug war ein Stück verrutscht. Er rückte es rasch wieder zurecht und zog das T- Shirt von mir über. Aber ich hatte es trotzdem gesehen. Ich wollte seine Hand nehmen und mir das genauer ansehen. Aber als er bemerkte dass ich näher kam, machte er eilig einen Schritt zurück und hielt seinen Arm hinter dem Rücken. Er funkelte mich unmutig an. “Was hast du da?” “Gar Nichts” Das klang nicht sehr überzeugend. Ich kam wieder auf ihn zu. Es war mir egal was er davon hielt. Ich nahm seine Hand und zog das Bändchen hoch. Er sagte diesmal nichts und lies mich es ansehen. Unter dem Bändchen zog sich ein langer Schnitt den er sich offenbar erst vor kurzen zugezogen hatte, denn es trat noch etwas Blut aus der Wunde. Mir versetzte das einen Stich im Herzen. „War das dein Vater?“, fragte ich mit Abscheu. Er zog seine Hand weg und schaute beschämend zur Seite. Aus meinem Schrank holte ich ein Taschentuch, nahm seine Hand wieder und band es drum. Ryan sagte leise: „danke“, Legte sich mit dem Rücken zu mir ins Bett und zog die Decke mit einem Ruck bis zum Hals hoch. Er wollte anscheinend nicht darüber reden. Ich schaltete das Licht aus und legte mich neben ihn. Minuten später lag ich immer noch wach und beobachte die Lichtstreifen von den Autoscheinwerfern die an der Decke tanzten, während ich dem leisen Atmen von Ryan horchte. Es tat gut ihn bei mir zu haben auch wenn er vielleicht anders dachte. Warum war mir Ryan so wichtig geworden? Ich war bereit sehr vieles zu tun um ihn irgendwann glücklich lächeln zu sehen. Warum? Mir kam eine Erinnerung hoch, in der ich mich in einer ähnlichen Lage befand. Es war etwa in der siebten Klasse. In die Klasse kam ein neuer Mitschüler. Er war etwas dick und hatte viele Pickel. Ich beachtete ihn nicht weiter. Doch eines Tages sah ich wie ein paar aus meiner Klasse ihn auf dem Schulhof ärgerten. Sie nahmen ihm sein Essen ab und bewarfen ihn damit. Ich dachte so was kann jedem Mal passieren, dass er am Anfang geärgert wurde. Als ich zu Beginn in die Klasse kam hatten sie mich auch geärgert, aber ich habe mich gewährt und sie hörten auf und ließen mich in Ruhe. Das musste der Neue halt auch durchmachen. Später würde das schon aufhören. Doch dann wurde er auch noch in der Klasse gemoppt. Die Mädchen hänselten ihn und die Jungs begannen ihn nach der Schule zu verprügeln. Warum tat er nicht endlich was? Er war doch größer als die. Das dachte ich immer wenn ich wieder sah dass er in die Mangel genommen wurde. Eigentlich wollte ich ihm helfen weil ich es langsam nicht mehr mit ansehen konnte. Doch ich sagte nichts als er beschimpft wurde, tat nichts als er geschlagen und getreten wurde und tat auch nicht als dies anfing sich jeden Tag zu wiederholen. Dann faste ich Mut und wollte ihm an jenem Tag helfen. Doch als ich zur Schule kam, sah ich den Jungen wie er blutend in einen Krankenwagen getragen wurde. Ich konnte es nicht fassen. Der Lehrer sagte, seine Mitschüler hätten ihn aufs übelste zusammen geschlagen, sodass er lange Zeit im Krankenhaus verbringen musste. Danach war ich so wütend auf mich. Warum habe ich ihm nicht von Anfang an geholfen? Dann wäre das nicht passiert? Ich wollte dem Jungen bei Seite stehen und mich mit ihm anfreunden wenn er wieder kam. Doch er kam nie wieder zur Schule. Als ich die Lehrer fragte sagten die, seine Eltern haben ihn von der Schule genommen und seien umgezogen. Einerseits war ich froh, dass er jetzt nicht mehr unter den andern leiden musste. Andererseits tat es mir furchtbar Leid das ich ihm nicht rechtzeitig geholfen habe. Es war zu spät für mich. So was wollte ich nie mehr geschehen lassen. Damals fühlte ich mich wie der letzte Dreck. Das war wahrscheinlich der Grund warum ich Ryan beschützen wollte. Aber um das zu tun musste ich wissen was mit ihm ist. Warum er verfolgt wurde und warum sein Vater ihn nicht leiden konnte und sich so aggressiv gegenüber ihm verhielt. Ob er auch noch wach war? “Ryan?”, flüsterte ich. Ich hörte nur ein fragendes “mhh” von ihm. “Warum ist dein Vater so?” “…ich weiß nicht”. In seiner Stimme klang wieder dieser genervte Ton mit. “Wer glaubst du hat dich letztens verfolgt?” “Weiß ich nicht”. Er klang noch gereizter. “Woher hast du denn die Schnitte an deinem Arm?” Sagt er jetzt etwa wieder er weiß es nicht? “…geht dich nichts an”. Er zog die Decke dichter an sich. “Aber das was heute bei dir passiert ist, ist doch...” “Nein, halt die Klappe! Ich will nicht darüber reden”. Ich sollte jetzt wirklich aufhören ihn auszufragen. Aber die Wut darüber dass er mir immer noch nichts sagt, siegte über meine Vernunft. “Hat dein Vater dich verletzt?” “…Nein. Lass mich in Ruhe” Schrie er schon beinahe. Ich setzte mich auf und sah ihn im dunklen an. Vom schwachen Licht konnte man die Umrisse unter der Decke gut erkennen. Ich legte ihm die Hand behutsam auf seinen Arm. Er sagte nichts. Ich faste Mut und sagte “Ryan, ich möchte dir helfen”. “Lass mich endlich”. “Wieso?” Es macht mich auch unglücklich wenn er immer wenn ich ihn sehe traurig aussah. “Wieso sagst du mir nicht einfach was los ist. Ich werde es verstehen”. “Nein, ich habe jetzt auch keine Lust mehr. Ich gehe”. Er richtete sich auf. Aber ich wollte nicht dass er geht. Wer weiß was ihm um die Zeit auf der Straße passieren konnte. Vielleicht begegnete er diesem Verfolger wieder. Ich packte ihn und drückte ihn an seinen Schultern wieder zurück aufs Bett. Das überraschte ihn so sehr das er eine Weile nichts sagte. Ich konnte nur hoffen dass er es sich anders überlegte und hier blieb. Er fand seine Stimme wieder und klang wütender denn je. “Geh sofort runter von mir”, schrie er. “Nein!” Ich konnte ihn jetzt nicht ansehen. Auch wenn einzig das schwache Licht von draußen auf ihn schien. Seine Gesichtszüge konnte man dennoch wage erkennen und ich befürchtete das ich in seinen Augen Hass gegenüber mir erkannte. Also hielt ich ihn nur weiter unten. “Du bist doch verrückt. Was willst du tun? Mich die ganze Nacht über hier fest halten? Glaubst du ich lass mir das gefallen?” Wie um seine Worte zu unterstreichen fing er an sich unter mir hin und her zu winden, um irgendwie meinem Griff zu entkommen. Doch das bewirkte nichts anderes als das ich ihn noch fester hielt. “Bitte, bleib nur diese Nacht”. Ich fühlte mich schon fast ein wenig verzweifelt. Ich wusste das Ryan abermals versuchen konnte noch irgendwie weg zukommen. Wenn er das tat sollte ich ihn gehen lassen. Wer bin ich auch schon das ich mir einbildete ihm sagen zu können was er tun soll und was nicht. Aber noch einen Versuch war es wert. So einfach würde ich nicht aufgeben. Ich sagte so sanft ich in dieser Lage konnte “Bitte bleib!” Ryan atmete tief ein und gab seinen Widerstand auf. Als ich spürte dass seine Anspannung verschwand ließ ich ihn zögerlich los. Dann drehte er mir energisch den Rücken zu. Meine Laune besserte sich langsam. Aber dann kam mir der Gedanke das Ryan für mich endgültig Abneigung empfand. Ich musste mich morgenfrüh auf jeden Fall sofort entschuldigen und ihm erklären warum ich das tat. Das letzte, das ich wollte war ihn zu verärgern. Am Morgen weckte mich das bollern eines schweren Lastwagens auf. Die Sonne schien durch das Fenster. Ich blickte zu Ryan. Er hatte sich in der Nacht zu mir gedreht und schlief jetzt noch ruhig. Ich stand vorsichtig auf, um ihn nicht zu wecken und zog mich leise an. Im Kalender meiner Mutter hatte ich gesehen dass sie heute mit Freundinnen zum Frühstück verabredet war. Was für ein Glück für mich. Als ich in der Küche ankam saß da am Tisch mein Vater und trank seinen Kaffee und lass Zeitung. Ich bekam im ersten Moment einen Schreck, ich dachte er wäre heute arbeiten. Hoffentlich hatte er den Streit in der Nacht nicht gehört. Als er mich sah sagte er mit einem Lächeln “Guten Morgen”. “Morgen Papa”. “Du brauchst gar nicht so erstaunt zu sein. Ich hab mitbekommen das du Besuch mitgebracht hast.” Ich war nach wie vor erstaunt. Und brachte nur mit Mühe etwas heraus “Und?” “Ist schon in Ordnung. Ich werde Mutter nichts davon sagen. Du kannst dich beruhigen. Ich hab wirklich nichts dagegen”. “Danke Papa”. “Was stehst du noch da rum. Ihr könnt ruhig hier frühstücken.” Ich stellte zwei weitere Teller und Tassen auf den Tisch und wollte Ryan jetzt wecken. Doch als ich in den Flur trat sah ich ihn wie er gerade zur Haustür hinaus wollte. “Wo gehst du hin?”. Ryan drehte sich mit grimmigem Gesicht um. “Zu Jessy”. Ein Glück das er nicht wieder zu diesem Monster von Vater wollte. “Willst du nichts essen?” “Nein”. Er zog den Reisverschluss seiner Jacke hoch, drehte sich wieder zur Tür und drückte die Klinke runter. “Warte ich komme mit”. Ich sagte meinem Vater kurz Bescheid und zog dann Jacke und Schuhe aus meinem Zimmer an. Denn ganzen Weg über sagte er kein einziges Wort, und schaute mich auch nicht an. Ich hatte es mir mal wieder mit ihm versaut. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)