Woge der Dunkelheit von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 42: Aufholjagd ---------------------- Aufholjadg Erst als die Sonne bereits hoch am Himmel stand, erwachten Fudo und Raidon, die nicht schlecht überrascht waren, dass sie so lange geschlafen hatten. Als Krieger waren sie es gewöhnt, morgens mit dem ersten Sonnenlicht aufzustehen und nur selten war die Sonne bereits aufgegangen, ehe sie erwachten. Doch die Bergungsarbeiten am Vortag hatten ihre gesamte Kraft erfordert. Außer ihren Digimonpartnern hatten nur noch ein knappes Dutzend Digimon überlebt, die allesamt ziemlich schlimm aussahen. „Wenn mir jemand erklärt, wie wir mit diesem jämmerlichen Haufen vorankommen sollen, wäre ich ihm ziemlich verbunden“, grummelte Raidon, dessen Kopfschmerzen mittlerweile vollkommen verschwunden waren. „Hiermit würden wir vermutlich nicht mal gegen meinen Bruder und die anderen Kinder bestehen, gegen die Armee sind wir machtlos.“ „Setz am besten erst ein Bein vor, dann das andere“, meinte Fudo. „Zumindest hab ich mir sagen lassen, dass das Laufen so am einfachsten ist.“ „Dass man dir aber auch die einfachsten Dinge erklären muss“, giggelte Sakura. „Muss ich dir auch erklären, wie das mit dem Atmen funktioniert?“ „Fassen wir unsere Lage mal zusammen“, sagte Raidon und ignorierte die beiden anderen Kinder. „Wir haben eine Burg verloren, Ryoudo ist tot, unsere Armee bis auf diesen kläglichen Rest ausgelöscht. Wir haben keine Ressourcen, wir sind erschöpft und haben nur eingeschränkt Ahnung, wo wir hinmüssen. So wie ich das sehe, sind die überlebenden Digimon für uns nur ein Hindernis, sie bringen uns mehr, wenn wir sie zurück zu den anderen Burgen schicken, damit sie die dort verbliebenen Digimon dabei unterstützen, diese Welt zu übernehmen. Wir reisen mit unseren Partnern meinem Bruder hinterher, wir sind wesentlich schneller und unauffälliger auf diese Weise.“ „Die Idee hat etwas“, überlebte der Ninja. „Sie birgt ein gewisses Risiko, da wir nahezu schutzlos reisen, aber dafür können wir scharfen Augen auch besser entgehen.“ „Und wenn wir deinen Bruder eingeholt haben?“ wollte Sakura wissen. „Wir können wohl kaum einen Angriff wagen.“ „Ich denke, Raidon will auch gar nicht angreifen, bis wir am Strand sind, oder?“ erklärte Fudo. „Du sagst es“, nickte der Samurai. „Wir folgen meinem Bruder, damit wir nicht vom richtigen Weg abkommen und am Strand nicht wertvolle Zeit damit verlieren, die Strecke zu überbrücken, die wir abgekommen sind. Ein Angriff würde uns nicht viel bringen, im schlimmsten Fall erleiden wir das gleiche Schicksal wie Ryoudo. Aber wenn wir es rechtzeitig schaffen, können wir ihnen am Strand eine Falle stellen und sie vernichten.“ „Wann wurde dir denn Verstand eingeprügelt?“ zischte Sakura, der es gar nicht gefiel, dass sie nicht von selbst darauf gekommen war, was der Krieger plante. „Ich dachte, wir wollten dazu übergehen, einander mehr zu vertrauen?“, säuselte Raidon mit zuckersüßer Stimme. „Wenn ich mir recht erinnere, dann warst du ebenfalls dieser Meinung, Kleines.“ Fudo musste sich dringend wegdrehen, damit das Mädchen sein breites Grinsen nicht sehen konnte. Einen kurzen Augenblick hatte er noch versucht, es zu unterdrücken, doch es klappte nicht. Sakura's pikierter Gesichtsausdruck war einfach zu lustig und wenn der Ninja ehrlich sein sollte, kam es selten genug vor, dass das Mädchen in einem Wortgefecht unterlag. Einige Augenblicke lang versuchte sie, eine schnippische Antwort zu finden, doch ihr fiel einfach keine ein. Ihre Wangen verdunkelten sich und sie drehte sich um. „Also gut“, schloss Fudo. „Wir machen es so, wie Raidon vorgeschlagen hat. Die Digimon schicken wir zurück und wir reisen unauffällig und allein weiter. Wir müssen uns zwar immer noch beeilen, aber wir können sie einholen.“ Die beiden anderen Kinder nickten. Wortlos packten sie die wenigen Sachen, die sie hatten retten können, zusammen und schnallten ihre Waffengurte enger. „Tsukaimon, du bist unser Kundschafter“, beschloss Raidon. „Du fliegst vor und beobachtest die Umgebung.“ „Ich kann aber nicht ununterbrochen fliegen“, sagte der Digimonpartner des Samurai. „Zwischendurch muss ich auch Pausen machen.“ „Na gut, dann wirst du immer ein paar Meilen fliegen, kommst zurück und wir hoffen einfach, dass sich in der Zeit, die wir brauchen, die Strecke zurückzulegen, keine Feinde eingefunden haben.“ „Wir müssen uns unterhalten“, sagte Yokato, nachdem die Armee am Ende eines Tages eine Rast einlegte. „Niemand von uns kann leugnen, dass sich eine Kluft zwischen uns auftut und das ist ein Problem.“ „Yokato hat Recht“, stimmte Jeanne zu. „Wir reden kaum mehr miteinander, wir arbeiten nicht mehr zusammen.“ „Noch ist es so, dass ihr alle denkt, dass wir einen Anführer haben, dem ihr folgen könnt“, führte der Samurai fort. „Das mag vielleicht auch noch funktionieren, aber irgendwann werdet ihr damit unzufrieden sein und wenn es dann soweit ist, droht diese Welt im Chaos zu versinken.“ „Wie kommst du auf die Idee, dass wir irgendwann unzufrieden werden?“ wollte Rai wissen. „Weil ihr euch irgendwann falsch behandelt fühlt“, vermutete Renamon. „Wenn eine Gruppe einer einzigen Person folgt, dann geht es eine Weile gut, aber es wird immer welche geben, die sich ungerecht behandelt fühlen. Irgendwann kommt dann ein Punkt, an dem die ihrer Meinung nach Benachteiligten mehr werden und denken, dass etwas geschehen muss, meistens endet das darin, dass sie sich auflehnen.“ „Und wieso sollten wir uns auflehnen?“ fragte Ely. „Wir sind doch eine Gruppe oder nicht?“ „Es hat doch schon angefangen, dass wir keine einheitliche Gruppe sind“, sagte Guilmon. „Seit unserer Rettungsmission ist es doch so, dass ihr euch untereinander nicht mehr wirklich vertraut. Ihr redet nur noch das Nötigste, ihr meidet einander, wenn es geht, selbst in den Pausen sitzt ihr entweder nicht beisammen oder aber nur schweigend.“ „Selbst Ely wirkt bedrückt und will nicht mehr reden als nötig“, warf Gabumon ein. „Aber was können wir dagegen tun?“ fragte Riro. „Wie soll es sich auf einmal ändern, dass wir uns so verhalten?“ „Indem wir uns aussprechen“, sagte Yokato. „Wir haben unterschiedliche Sichtweisen, somit haben auch nie zwei Personen das selbe Problem. Und ich denke, Atoeru und ich sollten damit anfangen, zu sagen was für Probleme wir miteinander haben.“ Erschrocken blickte der Gelehrte auf, er hatte nicht damit gerechnet, so direkt angesprochen zu werden. Schweigend saß er einige Augenblicke da, in denen die anderen Kinder zwischen ihm und Yokato hin und her blickten. „Jeder hier weiß doch, was wir für ein Problem haben“, sagte er schließlich, da er nicht konkreter werden wollte. „Die Anderen sehen, wie wir miteinander umgehen“, meinte der Samurai. „Daraus können sie schließen, was los ist, aber weißt du auch, was du oder ich für ein Problem haben?“ Atoeru sah den Krieger finster an, aber ihm war klar, dass er dem Problem nicht ewig entgehen konnte. Erneut überlegte er, was er sagen sollte, doch ihm fiel nichts ein, wie er das Gespräch aufschieben konnte. „Ich habe kaltblütig einen wehrlosen Jungen umgebracht“, sagte er schließlich. „Das ließ sich mit deinem Ehrenkodex einfach nicht vereinbaren und du hast überreagiert. Anstatt das Ganze vernünftig zu klären, hast du auf stur geschaltet und mein Handeln verurteilt, ohne darüber nachzudenken, was mich dazu bewogen haben könnte.“ „Stimmt, das Problem begann damit, dass du den Jungen ermordet hast“, nickte Yokato. „Habe ich dich und deine Tat verurteilt? Eindeutig und ich denke, es liegt auch auf der Hand, warum. Bislang haben wir uns doch von meinem Bruder dadurch unterschieden, dass wir keine ruchlosen Taten begangen haben. Wir taten, was notwendig war, doch wir waren nie brutal oder grausam. Das eigentliche Problem, so seltsam es klingen mag, liegt auch nicht daran, dass ich dich verurteilt habe, sondern dass ich dich ungerecht behandelt habe.“ „Erkläre dich“, forderte der Gelehrte ihn auf. „Gerne“, nickte der Aufgeforderte. „Ich habe deine Tat verurteilt, aber ich habe gleichzeitig Ely dazu aufgefordert, eine ähnlich grausame Tat auszuüben. Wenn also jemand einen Fehler gemacht hat, dann war ich das.“ „Das ist mir bislang gar nicht aufgefallen“, murmelte Atoeru. „Aber du hast Recht, Ely hast du für ein ähnlich kaltblütiges Vergehen nicht verurteilt.“ „Ich bin nicht kaltblütig“, empörte sich das Mädchen. „Ich war verzweifelt, ich hatte Angst und ich hab meine Gabe nur unkontrolliert eingesetzt.“ „Ist schon in Ordnung“, sagte Jeanne beschwichtigend. „Es war eine kaltblütige Tat, aber du hast nur das getan, was Yokato gesagt hat, womit wir uns die Frage stellen müssen, ob er seine, Bruder nicht doch ähnlicher ist, als er immer sagt. Ebenso müssen wir uns selbst hinterfragen, weil wir seine Entscheidung ohne Widerworte gebilligt haben.“ „Was unterscheidet uns denn dann noch von seinem Bruder und dessen Verbündeten?“ fragte Rai. „Wenn wir schon solche Entscheidungen treffen oder unterstützen, warum sind wir dann anders als Raidon, Fudo, Sakura oder Ryoudo? Was gibt uns die Berechtigung, zu sagen, dass wir für das Gute kämpfen?“ „Aber das tun wir doch“, rief Agumon. „Wir überfallen nicht einfach andere Dörfer, andere Digimon um sie zu versklaven oder sie zu töten.“ „Der Angriff auf die Burg war letztendlich nichts anderes“, sagte Yokato leise. „Wir haben vielleicht nicht von Anfang an geplant, diese Burg zu zerstören oder gleich eine ganze Armee auszulöschen, aber niemand von uns hat gezögert, als sich die Gelegenheit geboten hat, die Burg zu zerstören. Ely hatte nur die besten Absichten, sie wollte uns Zeit verschaffen, doch ich hätte ihr Einhalt gebieten müssen, anstatt die Gelegenheit beim Schopf zu packen. Ich habe mich nie als Anführer der Gruppe gesehen, aber ihr habt mich in die Rolle gedrängt und ich habe daran versagt.“ „Wir alle haben einen Fehler gemacht“, sagte Rai. „Wir haben uns alle darauf ausgeruht, dass du uns sagst, was wir zu tun haben, dass du immer den richtigen Weg weißt. Wir waren faul und haben dich im Stich gelassen, als du uns brauchtest. Nicht du hast versagt, wir waren es.“ „Richtig“, nickte die Samurai. „Wir alle haben darauf vertraut, dass du alles alleine schaffen würdest, ohne dass wir darauf geachtet hätten, ob du Hilfe brauchst oder nicht. Wir haben uns nie angeboten, wir haben dir bei wichtigen Entscheidungen nie zur Seite gestanden, du musstest den ganzen Druck immer alleine ertragen.“ „Alle haben Fehler gemacht“, fasste Turimon zusammen. „Ihr seid nicht grausam, aber ihr macht halt auch Fehler.“ „Und doch kann es nicht so weiterlaufen“, sagte Yokato. „Atoeru, ich habe dich ungerecht behandelt, ich habe dein Handeln verurteilt und dich gestraft, dabei war ich kein Deut besser. Bitte vergib mir.“ Der gelehrte Junge nickte. „Ich hätte einen solchen Mord nie begehen dürfen“, sagte er. „Ich habe selbstsüchtig gehandelt, weil ich seine Macht fürchtete, aber ich hätte mich nie wegen meiner Rachegedanken von euch trennen dürfen. Wir beide können nicht ungeschehen machen, was passiert ist und vermutlich werden wir auch nie vergessen können, aber wir können einander vergeben und wir können versuchen, besser zusammen zu arbeiten.“ Die beiden Jungen standen auf, gingen aufeinander zu und reichten sich die Hände. „Auf, dass wir einander vertrauen und unterstützen, wann immer es möglich ist“, sagte Atoeru und der Samurai nickte. „Mögen wir von nun an vorurteilsfrei über alles sprechen und eine gemeinsame Lösung für alles finden“, erwiderte Yokato. „Ein Problem weniger“, kommentierte Jeanne und sprang auf. „Ich wusste doch, dass ihr Beide Vernunft annehmen würdet.“ Übermütig umarmte sie den Samurai, der mit dieser Umarmung sichtlich überfordert war. Unbeholfen erwiderte er die Umarmung und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie er sich fühlte. Einerseits war es ihm zuwider, Gefühle zu zeigen, andererseits ließ ihn ihre Nähe entspannen und er fühlte sich wenigstens für einen Moment sicher. Rai räusperte sich vernehmlich und Jeanne löste die Umarmung. „Wir sollten weitermachen“, meinte das Älteste Mädchen. „Die Beiden sind doch sicherlich nicht die Einzigen, die etwas miteinander zu klären hatten, oder?“ „So viele Probleme hattet ihr doch nie“, meinte Bearmon. „Und die wurden auch umgehend geklärt oder wenigstens wenige Tage später. Ein Problem, wie zwischen den Beiden hatten wir bislang einfach nicht.“ „Nun gut, wenn niemand mehr etwas zu sagen hat, dann sollten wir die Nachtruhe einläuten“, sagte Ely und gähnte herzhaft. „Ich bin müde.“ „In Ordnung“, nickte Yokato. „Ich halte die erste Wache, danach kommt Atoeru dran. Die letzte Wache übernehmen dann die Digimon ohne uns.“ „Ich leiste dir Gesellschaft“, bot Jeanne dem Samurai an. „Alleine Wache halten ist anstrengend und es ist weniger langweilig, wenn man nicht alleine ist.“ „Willst du ihn endlich küssen?“ rief Ely lachend und auch die anderen mussten lachen, als sie die bestürzten Mienen der beiden Samurai sahen. „Nein“, antwortete Jeanne in das Gelächter hinein. „Wir sollten einfach nur nicht alleine Wache halten, das ist alles.“ „Ist klar“, lachte Rai. „Aber kommt, wir wollen die beiden Liebenden doch nicht noch länger davon abhalten, einander endlich näher zu kommen.“ Lachend liefen die Kinder los, um ihre Nachtlager aufzuschlagen und hinterließen die beiden Samurai alleine zurück, die nicht wussten, wie sie mit der Situation umgehen sollten. „Tsukaimon, hast du endlich etwas entdeckt?“ rief Raidon. „Wir sind bereits seit zwei Wochen unterwegs, wir leben die ganze Zeit nur von einigen wenigen Früchten, die wir am Weg so gefunden haben. So weit kann die verdammte Burg doch nicht mehr entfernt sein.“ „Noch war keine Burg zu sehen“, antwortete das Digimon schuldbewusst. „Ich bin so weit geflogen wie ich nur irgendwie konnte, aber noch ist nichts in Sicht.“ „Sind wir denn noch in die richtige Richtung unterwegs?“ wollte Fudo wissen, der genau wie die beiden Anderen Kinder schlimm aussah. Die Haare hingen ihm wirr vors Gesicht, die Kleidung hatte überall Risse und er sah aus, als hätte er schon ewig nicht mehr richtig geschlafen. Sakura, die die längsten Haare hatte, war ein lebender Alptraum für alle, die ihr zufällig begegnen würden. Wären sie in diesem Zustand in ihrer Welt unterwegs, so würde vermutlich die nächste Armee ausrücken, um sie zu vernichten, sie konnten auch gut als Dämonen durchgehen, wie sie aussahen. Jeden Morgen standen sie noch vor Sonnenaufgang auf, damit sie den Tau in ihren Wasserflaschen sammeln konnten, denn sie waren schon eine Weile lang an kein Gewässer mehr gelangt. Durch ihre Wasserflaschen konnten sie gerade genug Flüssigkeit mitnehmen, dass sie nicht verdursteten, aber der Durst war ein ständiger Begleiter und sie redeten nur, wenn es nicht anders ging, denn ihre Zungen hingen schwer im Mund. „So geht es einfach nicht mehr weiter“, sagte Sakura resigniert. „Wir sind am Ende unserer Kräfte, momentan sind wir ja schon froh um jede Meile, die wir lebend schaffen.“ Tsukaimon hob plötzlich schnüffelnd die Nase in die Luft. „Riecht ihr das auch?“ rief es aufgeregt. „Aus der Luft war nichts zu sehen, aber ich rieche Wasser.“ „Den Göttern sei Dank“, stieß Fudo hervor. „Führe uns hin so schnell es geht. Ich will wenigstens einmal wieder einen Tag lang ohne Durst leben, denn die Beiden haben recht, sehr viel länger würden wir nicht mehr durchhalten.“ Energiegeladen nickte das Digimon und flog los. Ohne zu zögern folgten die anderen Kinder und schon bald hörten sie das Plätschern eines kleinen Baches. Der Bach war viel zu klein, als dass sie sich dort hätten baden können, aber er führte genug Wasser, dass sie ihren Durst stillen konnten. Dann füllten sie all ihre Wasserflaschen und alles, was als Behältnis geeignet war, nahmen sie, um es ebenfalls mit Wasser zu füllen. „Mit diesen Vorräten haben wir vielleicht die Chance, die restliche Strecke zurückzulegen, ohne dass wir verdursten müssen“, sagte Raidon. „Und das ist schon mehr, als ich noch einer Stunde noch zu hoffen wagte. Diese Welt ist wahrlich nicht sonderlich freigiebig, was die Ressourcen betrifft.“ „Nun, so viel besser als unsere ist sie in der Hinsicht nicht“, meinte das Mädchen. „Auch dort gibt es genügend Ecken, in denen man hart um jedes Bisschen kämpfen muss, dass man zum Leben braucht.“ „Nur da sind wir zu Hause“, sagte der Ninja. „Wir kennen die Umgebung und haben uns entsprechend angepasst. Wir wissen, wo wir finden können, was wir suchen, hier haben wir kaum die Möglichkeit dazu, die Umgebung gut genug kennen zu lernen. Heute sind wir hier, Morgen schon sind wir viele Meilen weiter, dabei wissen wir gar nicht, was hier alles liegt.“ „Dafür sollten sich die Digimon hier besser auskennen“, hielt Sakura gegen. „Immerhin leben sie hier.“ „Dann zeige mir doch, wo bei Toro die nächste Wasserquelle ist“, sagte Raidon. „Falls es dir weiterhilft, das ist das Dorf, aus dem ich komme.“ Schweigend sah das Mädchen den Samurai an und blieb ihm die Antwort schuldig. Erneut hatte sie den Kürzeren gezogen und das ärgerte sie maßlos, war es doch bislang ihr vorbehalten, aus Wortgefechten als Siegerin hervorzugehen. Fudo gab sich große Mühe, seine Miene neutral zu halten, doch es fiel ihm schwer, seine Genugtuung nicht offen zu zeigen. „Wie auch immer“, zischte Sakura. „Sie werden sich hier eher auskennen als wir, wie einige detaillierte Karten ja beweisen.“ „Zumindest haben unsere Partner die Karten nicht auswendig gelernt, sonst wüssten wir, wo genau wir gerade sind“, sagte Fudo. „Lasst uns noch ein wenig ausruhen und dann laufen wir weiter. Wir haben es immer noch eilig, aber wir brauchen die Pause und solange wir hier sitzen, brauchen wir nicht dursten.“ „Gute Idee“, nickte der Samurai. „Lass uns hoffen, dass wir uns ausreichend ausruhen können, dann erreichen wir auch hoffentlich die nächste Burg.“ Er lehnte sich an einen Baum und schlief ein. Erschöpft lehnte Jeanne an einen Baum. Seit über zwei Monaten waren sie nun unterwegs, ohne längere Zeit zu rasten. Selbst Yokato sah erschöpft aus, seine Kleidung war zerrissen und durchlöchert, die Sohlen seiner Stiefel hatte er provisorisch festgebunden, damit sie nicht abfielen. Die Wangen waren eingefallen und seine Augen wirkten trüb. Die anderen Kinder sahen ebenfalls zerschlissen aus. Je näher sie dem Meer kamen, desto häufiger blickten sie sich über die Schultern und befürchteten das Schlimmste. „Glaubst du, dein Bruder kommt und holt uns ein?“ wollte Riro von dem Samurai wissen. „Ich habe keine Ahnung“, gestand dieser. „Wir wissen, dass bei unserer Rettungsmission zwischen einem und vier Kinder gestorben sind, da Raidon aber außerhalb der Burg lag, können wir davon ausgehen, dass wenigstens er überlebt hat. Was mit Fudo und Sakura ist, wissen wir nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie dabei gestorben sind, die Burg hat lange genug gebraucht, dass sie es so gerade hätten schaffen können, zumal sie durch das Tor gewarnt waren. Sehr viel unklarer ist, wie viele Digimon aus der Armee überlebt haben, aber ich denke, wir können davon ausgehen, dass der größte Teil dabei vernichtet wurde, da sich die großen Wesen bei einer Flucht gegenseitig behindern.“ „Also haben wir eine unbekannte Anzahl von Verfolgern?“ wollte Ely wissen. „Denke ich weniger“, überlegte Jeanne. „Wenn es um die Drei wirklich so steht, werden sie vielleicht unseren Spuren folgen, aber sie werden uns niemals nahe genug kommen, dass wir sie bemerken könnten. In dem Fall wären sie dem Tode geweiht, deswegen vermute ich, dass sie in sicherer Entfernung versuchen werden, uns zu überholen, um mit einer Armee auf uns warten zu können.“ „Ob ich das so viel beruhigender finde?“ brummte Rai. „Mir missfällt sowohl die Vorstellung, dass wir von einer Armee verfolgt werden genauso wie dass eine Armee auf uns wartet.“ „Mit dem Unterschied, dass unsere Chancen, auf den anderen Kontinent übersetzen zu können, größer sind, wenn der Feind hinter uns steht als vor uns“, erklärte Yokato. „Wenn uns aufgelauert wird, werden wir uns den Weg freikämpfen müssen.“ „Wie weit haben wir es denn noch?“ fragte Ely. „Ich will einfach nicht mehr laufen und ich kann auch einfach nicht mehr.“ „Wir sind alle am Ende“, gestand Yokato. „Wer mich anschaut, muss das Gefühl haben, die Unterwelt hat ihre Pforten geöffnet und ihre Dämonen in die Welt entlassen. Wir brauchen alle eine Pause.“ „Die wir auf dem Meer hoffentlich bekommen werden“, sagte Guilmon. „Denn wir Digimon sind auch am Ende.“ „Wenn ihr am Ende seid, dann stellt sich die Frage, wie wir rüber kommen sollen“, sagte Jeanne. In diesem Moment zog Yokato sein Katana und wirbelte herum. Kampfbereit stand er da und beobachtete den Wald, in dem jedoch nichts zu sehen war. Erschrocken drehten die anderen sich ebenfalls um und wunderten sich, was in den Krieger gefahren war. „Zeig dich“, rief er laut. „Du magst nicht zu sehen sein, aber ich habe dich gehört.“ „Du hast scharfe Sinne, mein junger Freund“, erklang eine Stimme und ein helles Licht erklang. „Nicht viele bemerken meine Anwesenheit, wenn ich unerkannt bleiben will.“ Yokato runzelte die Stirn. „Deine Stimme klingt vertraut. Jetzt zeige dich, damit ich mich von deinen Absichten überzeugen kann. Aber sei gewarnt, wenn du Böses im Sinn hast, verschwinde, ehe ich dich finde.“ „Wie du wünschst“, sagte die Stimme. „Aber leg dein Katana weg, du wirst es nicht brauchen, Digiritter der Treue.“ Aus den Bäumen trat eine hohe Gestalt hervor. Von ihr ging ein helles Leuchten aus und am Rücken lagen Flügel an. „Angemon“, rief Ely. „Seht doch, Angemon ist hier. Aber was machst du denn hier, wir sind doch ganz weit weg.“ „Sogar weiter, als ich es erwartet hatte“, sagte das Engeldigimon. „Ich hörte Gerüchte, dass dieser Kontinent gefallen sei und ich machte mir Sorgen um euch.“ „Noch ist er nicht gefallen“, sagte Yokato. „Aber wir werden ihn nicht halten können, wenn wir hier bleiben. Wir sind unterwegs zum Kontinent der Elemente und ersuchen dort um Unterstützung, mit der wir zurückkehren und Deemons Truppen bekämpfen wollen.“ „Das ist eine weite Reise, aber die Prophezeiungen haben dies schon berichtet, dass erst der Kontinent der Elemente bereist werden muss“, sagte Angemon. „Die Digimon dort haben mit dem Krieg oder mit Deemon noch nichts zu schaffen, dort werdet ihr alle Unterstützung finden, die ihr braucht. Aber lasst euch gewarnt sein, das Schicksal wird sich dort entscheiden, wo die Musik Einzug in die Herzen erhält. Noch wird euch unklar sein, was das bedeuten soll, aber zu gegebener Zeit wird euch klar werden, was gemeint ist. Und doch muss ich euch warnen, eure Feinde waren nicht untätig und Deemon wird bald wieder, wenn auch nur kurz, in dieser Welt erscheinen. Seine Macht wächst immer weiter, wenn er dann erneut die Welt betritt, dann wird er so mächtig sein, dass ihn die Schutzschilde nicht mehr interessieren, er wird sie zerschmettern. Die Zukunft ist in heller Aufruhr, selbst die weisesten unter uns vermögen nicht mehr zu sagen, wie der Kampf gegen Deemon ausgehen wird.“ „Soll das heißen, dass wir davor stehen, diesen Krieg zu verlieren?“ fragte Riro entsetzt. „Nach allem, was wir erleiden mussten? Nach all dem, was wir bislang erreicht haben?“ „Das Ende ist ungewiss“, erzählte das Digimon. „Seine Macht überschattet alle Möglichkeiten. Seine Niederlage wird einen hohen Preis kosten, das sagt mir mein Herz. Aber bevor es soweit kommt, droht euch Gefahr von wesentlich unauffälligeren Gegnern.“ „Raidon“, knurrte Yokato. „Also sind sie uns doch auf den Fersen, wie ich es befürchtet hatte. Wie nah sind sie uns?“ „Sie nehmen nicht Kurs auf euch“, erzählte der Engel. „Wenigstens noch nicht. Aber wenn sie Kurs auf euch nehmen, seid ihr in Gefahr. Ich werde euch eine Weile noch begleiten können, aber meine Macht ist auf diesen Kontinent und die File Insel beschränkt, der Kontinent der Elemente kennt nicht gut oder böse, sondern richtig und falsch. Mein Licht hilft dort nicht, obwohl es hier oft genug schon den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausgemacht hat.“ „Deine Hilfe ist hier gerne gesehen“, sagte Yokato und verbeugte sich. „Was ist denn mit Lady Angewomon?“ fragte Jeanne. „Warum ist sie nicht auch hier?“ „Sie wurde zum Orden zurückgerufen, um nach einem Weg zu suchen, wie Deemon aufgehalten werden kann. Aber wir wissen nur, dass eure Hilfe von essentieller Notwendigkeit ist. Ohne euch ist alle Hoffnung verloren.“ „Das ist gar nicht gut“, überlegte Rai. „Wenn uns also etwas geschieht, dann ist diese Welt verloren. Da wir aber allesamt mitkämpfen, liegt das Wohl dieser Welt in den Händen des Schicksals.“ „Und in den Händen eures Könnens“, sagte Angemon. „Richtig eingesetzt sind eure Fähigkeiten mächtige Waffen, selbst die Heilfähigkeit Yokatos.“ „Damit soll ich heilen können?“ fragte der Krieger überrascht. „Wie sollte ich dass denn bewerkstelligen?“ „Erinnerst du dich noch, als ich dir dabei geholfen habe?“ fragte Rai. „Du sagtest doch, dass du Energien spüren kannst, oder nicht?“ „Ja, so nehme ich das wahr“, nickte der Samurai. „Ich spüre Energiesignaturen, ist das denn relevant?“ „Du kannst die Energien nicht nur wahrnehmen sondern auch umleiten“, erklärte das Engeldigimon. „Wenn du mehrere Leute heilen willst, kannst du dir aus der Umgebung oder von Freunden, die dir ihre Energien zur Verfügung stellen, die Energien holen.“ „Das heißt, wenn ich meine Fähigkeit missbrauche, dann kann ich mir die Energien auch rauben?“ fragte Yokato. „Damit wäre diese Gabe sehr viel Gefährlicher, als ich dachte.“ „In der Tat“, nickte der Engel. „Mit dieser Gabe kannst du andere retten, aber du kannst sie auch töten, wobei das sehr viel schwieriger ist als das Retten.“ Der Krieger legte die Stirn in Falten und dachte nach. Ihm kamen ein, zwei Ideen, die er aber sofort wieder verwarf. „Wenn ihr eure Gaben kombiniert, dann ist es möglich, selbst in aussichtslosen Situationen noch einen Sieg herauszuholen. Ich denke, dass das Wohl der Welt nicht vom Schicksal abhängig ist, wobei gerade dieses noch immer ein Wörtchen mitzureden haben dürfte.“ „Kannst du uns denn sagen, wo wir neue Sachen finden können?“ fragte Atoeru, der an seiner zerrissenen Kleidung runterblickte. „Ich will mich ja nicht beschweren, aber ein wenig mitgenommen sehen wir schon aus.“ „Stellt euch einfach vor mir hin“, sagte Angemon und wartete, bis die Kinder der Aufforderung nachgekommen waren. Dann breitete er seine Flügel aus und hüllte die Digiritter in ein regenbogenartiges Licht. Wenige Augenblicke später sah die Kleidung wieder tadellos aus, als wäre sie gerade erst hergestellt worden. „Danke“, rief Ely strahlend, als sie ihre Kleidung betrachtete. „Sieht aus wie neu. Ich hatte schon befürchtet, dass wir bald nackt durch die Gegend laufen würden. Jetzt bin ich aber dafür, dass wir etwas essen und dann schlafen.“ Immer noch erschöpft nickten die anderen Kinder und Angemon versprach, die Nachtwache zu übernehmen. „In weiter Ferne habe ich eine große Armee sehen können“, rief Tsukaimon Raidon zu. „Wir haben sie also bald eingeholt.“ „Sehr gut“, grinste der Samurai. „Jetzt, da wir wissen, dass wir meinem Bruder nahe sind, können wir unseren Kurs wieder ablenken und auf die Burg zusteuern, wo die Digimon bereits vereint sein und warten sollten. Und wenn sich mein Bruder dann darauf vorbereitet, über das Meer zu segeln, greifen wir an mit allem, was wir haben.“ „Und werden hoffentlich dieses Mal einen Sieg erringen“, knurrte Fudo. „Es ist wirklich lästig, andauernd das Nachsehen zu haben.“ „Immerhin können wir sagen, dass der Kontinent so gut wie uns gehört“, murmelte Sakura freudlos. „Auch wenn ich fast bezweifle, dass uns das nicht viel einbringt. Unser erbittertster Feind läuft immer noch draußen herum und sammelt weiter Truppen gegen uns.“ „Früher oder später kann er uns nicht mehr entkommen“, sagte der Samurai. „Dann ist uns unsere Belohnung und die Genugtuung sicher.“ „Vergiss den Sieg nicht“, meinte der Ninja. „Wir arbeiten jetzt auch schon lange genug darauf hin.“ „Du wirkst noch nachdenklich“, sagte Sakura und blickte den rothaarigen Jungen an. „Irgendetwas an meinem Bruder stört mich noch, ich komm nur nicht drauf, was es ist.“ „Du meinst, abgesehen davon, dass er noch lebt und gesund und munter ist?“ fragte das Mädchen. „Das ist es“, rief Raidon. „Jetzt weiß ich, was es ist. Fudo, erinnerst du dich noch an unseren ersten Tag hier in dieser Welt? Wir sind doch meinem Bruder begegnet und haben uns ein Gefecht geliefert.“ „Erinner mich nicht an diese Schmach“, murmelte der Angesprochene. „Wir waren zu zweit und hatten nicht den Hauch einer Chance. Yokato wirbelte durch die Gegend, dass ich bereit bin, das Ein oder Andere Gerücht über eine Niederlage von Tempelwachen gegen ihn zu glauben.“ „Wichtiger ist auch, dass wir es geschafft haben, ihn am Arm zu verwunden“, erklärte der Samurai. „So wie ich es sehen konnte, war es keine ungefährliche Wunde, daran hab ich schon erfahrene Heiler scheitern sehen. Hier sind wir jedoch fernab von Heilern, aber mein Bruder schafft es immer noch, diesen Arm zu schwingen, als sei er nie auch nur annähernd verletzt gewesen.“ „Du hast Recht“, überlegte der Ninja. „Eine solche Wunde müsste sich eigentlich entzünden und eitern, danach ist ein Arm längere Zeit nicht mehr einsetzbar, Yokato jedoch konnte schon nur wenig später, als wir ihm erneut begegnet sind, mit dem Arm kämpfen als sei nie etwas gewesen.“ „Was um Alles in der Welt haben diese Kinder denn bitte für Fähigkeiten?“ fragte Sakura. „Dein Bruder überlebt gefährliche Verletzungen, sie lassen Burgen einstürzen, woran Belagerungswaffen scheitern, sie stellen sich ganzen Übermächten siegreich entgegen. Selbst unvorhergesehene Angriffe scheinen sie nicht überraschen zu können. Das sind doch keine normalen Kinder mehr.“ „Jetzt, da wir unsere Gaben kennen, sollten wir ihnen ebenbürtig sein“, grinste Raidon. „Ich denke, wir werden jetzt eine Chance haben und einen Sieg erringen. Dieser Kontinent gehört uns!“ „Dann lasst und loslaufen und uns holen, was uns gehört“, rief Sakura grinsend. „Worauf wartet ihr noch?“Aufholjagd Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)