Woge der Dunkelheit von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 37: Rückschläge ----------------------- Rückschläge Fudo flog an der Spitze der Truppe zur nächstgelegenen Burg, die nur wenige Meilen von dem Ort entfernt lag, wo sie die Digiritter angegriffen hatten. Die Schlacht war bei weitem nicht so gelaufen, wie er es sich erhofft hatte, doch immerhin war es auch nicht wie bei den letzten Malen eine deftige Niederlage geworden. Alles in Allem jedoch war es auch dieses Mal kein Sieg und langsam zehrte es auch an seinen Nerven. Trotz allem jedoch gab es eine überraschende, wenn nicht sogar gute Nachricht, für die ausgerechnet Raidon verantwortlich war. Nachdenklich ließ er seinen Blick über die Truppen gleiten und betrachtete einen Augenblick lang das Mädchen, dass der Samurai auf seinem Digimon mitführte. Erstmals war es einem aus der Gruppe gelungen, einen Sieg über einen der Digiritter zu erringen und nun hatte man wirklich eine Gefangene bei sich, die man befragen und als Druckmittel einsetzen konnte. Noch war der Ninja sich nicht im klaren darüber, welchen Nutzen das Mädchen genau brachte, doch er war sich sicher, dass ihm da auch noch was zu einfallen würde. „Was macht deine Schulter“, rief er Raidon überheblich grinsend zu. Der Krieger war entweder nicht so gut wie gedacht oder das Mädchen war sehr viel besser, als er erwartet hatte. „Könnte kaum besser sein“, knurrte der Angesprochene. „Sollten wir es schaffen, sie für uns zu gewinnen, sie stellt sicherlich eine Bereicherung für uns dar. Sie zögert nicht lange, sie warnt nicht vor, das sind alles Eigenschaften, die uns noch ziemlich nützlich werden könnten.“ „Hoffen wir, dass du recht hast“, meinte der Ninja und konzentrierte sich weiterhin darauf, die richtige Richtung beizubehalten.“ „Wir müssen langsam weiter“, meinte Jeanne, die schon seit einiger Zeit wieder munter auf den Beinen war. „Unsere Reise ist noch weit und wir haben noch andere Aufgaben.“ Yokato, der mindestens ebenso lange schon auf den Beinen war, nickte. „Lasst uns Kundschafter aussenden, die nach Raidon und Rai suchen, wir nehmen Kurs auf das Dorf der Tentomon, dass hier in der Nähe sein soll. Dort versuchen wir, Antworten und Unterstützung zu finden, die letzte Schlacht hat uns eine Menge gekostet. Renamon, du begleitest mich und Atoeru, ihr anderen macht unter euch aus, wer mit wem wo reisen will. Wir werden uns dem Spähertrupp anschließen und vor euch her reisen.“ Mit der altbekannten Routine ordnete sich der Trupp und bereitete seine Abreise vor. Die Späher teilten sich auf und liefen vor, um die Umgebung zu untersuchen, der Rest folgte durch bereits gesichertes Gebiet. Schweigend liefen die beiden Jungen nebeneinander her, scheinbar darauf wartend, dass der Andere das Wort ergreifen würde. Schließlich war es Atoeru, der die Stille durchbrach. „Versuch gar nicht erst, darüber zu reden“, meinte er abweisend. „Ich weiß, dass das deine Absicht ist.“ „Ich weiß, dass es dir nicht behagt“, sagte Yokato. „Doch darüber reden musst du, ob jetzt oder später ist dabei einerlei. Die Götter allein wissen, wie schwer der Verlust wiegt, aber es macht keinen Sinn, dir die Schuld dafür zu geben, was geschehen ist.“ „Ich hätte es wissen müssen“, fauchte der Gelehrte. „Ich hätte da sein müssen, um zu verhindern, dass Raidon sie hat entführen können.“ „Ihr beide habt ihn verletzt, wie schlimm genau war nicht zu sagen“, erwiderte der Krieger. „Und du kennst Raidon nicht, du konntest gar nicht wissen, dass er wiederkehren würde. Du hast getan, was du tun musstest und was du konntest, um ihn aufzuhalten.“ „Es war nicht genug“, sagte Atoeru leise und seine Schultern sackten nach unten. „Ich habe versagt.“ „Du hast nicht versagt“, erwiderte Yokato. „Du hast alles gegeben und ich muss gestehen, ich bin überrascht, dass du überhaupt noch lebst. Selbst mir fällt es schwer, mich gegen meinen Bruder zu behaupten und von uns allen bin ich wohl der beste Schwertkämpfer. Doch du lebst, hast gegen ihn bestanden und so hast du noch immer die Möglichkeit, aus diesem Rückschlag zu lernen und aus diesem Verlust einen Gewinn werden zu lassen. Versagt hättest du, wenn du gestorben wärest, doch das bist du nicht. Denk nicht an das, was geschehen ist, denn das wirst du nicht mehr ändern können, richte deinen Blick nach vorne, denn dort liegen all deine Möglichkeiten, Rai zu retten und befreien.“ „Hör auf das, was er dir sagt“, meldete Renamon sich zu Wort. „Wenn du jetzt aufgibst, gibst du auch alle Hoffnungen Rai's auf Rettung auf und du schuldest ihr, all deine Kraft und Hoffnung in ihre Befreiung zu investieren.“ „So, wie wir alle es ihr schulden“, nickte Gabumon. „Wir alle sind eine Gemeinschaft oder etwa nicht?“ „So ist es“, nickte der Samurai. „Wir sind eine Gemeinschaft und wir sorgen uns umeinander. Genauso ist es die Schuld von mir, dass ich euch nicht besser vorbereitet habe auf meinen Bruder und seine Verbündeten, doch ich sehe nicht ein, wieso wir ihm deswegen durch Hoffnungslosigkeit und Schuldzuweisungen helfen sollten.“ „Vielleicht hast du recht“, sagte Atoeru. „Doch etwas zu wissen und etwas zu fühlen ist nicht das gleiche. Dennoch will ich all meine Kraft darauf aufwenden, nach vorne zu sehen.“ Ely und Riro hatten Jeanne's Wunsch, sie alleine als Bindeglied mitreisen zu lassen, entsprochen und so führten die beiden nun die Truppe an. „Irgendetwas müssen wir doch unternehmen“, fluchte das Mädchen. „Wir können doch nicht so tun, als sei nichts geschehen und einfach weiterreisen.“ „Habe doch Geduld“, mahnte Turimon. „Im Moment können wir nichts tun außer zu warten, bis die Kundschafter mit Meldung zurückkehren. Dann wird Yokato weitere Schritte einleiten.“ „Was ist, wenn wir in der Zwischenzeit in die vollkommen falsche Richtung reisen?“ fragte Riro. „Wir könnten uns immer weiter von Rai entfernen, bis wir sie schließlich im Stich lassen.“ „Rai könnte sogar nichts besseres passieren, als dass wir in die falsche Richtung reisen“, überlegte Bearmon. „Überleg doch mal, je weiter wir uns von unserem Feind entfernen, desto weniger werden sie nach dem suchen, was genau vor ihrer Nase geschieht, so dass wir die Chance haben, uns ungesehen zu nähern. Lasst, wie bereits Turimon und Renamon sagten, Geduld walten. Wenn ihr jetzt überstürzt handelt, schadet ihr Rai vielleicht sogar mehr, als dass ihr ihr helft.“ „Aber wie können wir denn warten?“ fragte Ely. „Jede Minute, die wir warten, ist eine Minute, die sie länger leiden muss.“ „Und jeder von euch, der in eine Falle läuft und stirbt, zerstört ihre Hoffnungen endgültig. Vertraut doch darauf, dass Yokato richtig handelt.“ „Aber auch er kann Fehler machen“, beharrte das Mädchen. „Auch er hat schon falsche Entscheidungen getroffen. Was ist, wenn das jetzt auch falsch ist.“ „Dann hat er wenigstens getan, was seiner Meinung nach das richtige war“, antwortete Jeanne, die unbemerkt zu den beiden getreten war. „Es kommt nicht immer darauf an, das richtige zu tun, manchmal ist es wichtiger, das richtige tun zu wollen. Glaubt mir, wenn ich sage, dass ich nichts lieber tun würde, als mein Rapier enger zu schnallen und sofort loszulaufen. Und wenn ihr mir ein paar einfache Fragen beantworten könnt, werde ich keine Sekunde länger zögern.“ „Dann stell deine Fragen“, forderte Riro die Samurai auf. „Stell uns deine Fragen und bereite dich darauf vor, loszulaufen.“ „In welche Richtung soll ich laufen?“, fragte das jüngste Mädchen. „Wie genau soll ich Rai befreien? Was soll ich machen, wenn ich in eine Falle laufe?“ Schweigen kehrte zwischen den dreien ein und Jeanne betrachtete abwechselnd Ely und Riro. Den beiden war anzusehen, dass sie verzweifelt nach Antworten suchten, doch genau so konnte sie sehen, dass keiner der beiden ihr im Moment eine Antwort geben konnte. Schließlich senkten die beiden niedergeschlagen den Kopf. „Kopf hoch ihr beiden“, sagte Jeanne. „Wo jetzt noch Fragen sind, werden früher oder später Antworten sein, wo jetzt noch alles dunkel ist, wird schon bald ein Licht erscheinen. Wir alle wollen Rai befreien, dennoch machen wir im Moment genau so weiter, wie es vorher auch war.“ „Und wieso?“ fragte Ely. „Wieso machen wir so weiter?“ „Weil Rai es so wollen würde, würden wir sie fragen“, antwortete die Samurai. Der Flug bis zur Burg war ermüdend. Wald, soweit sich das Auge erstreckte, in der Ferne am Horizont ließ sich bei guter Sicht eine Gebirgskette ausmachen, zumindest wenn man die Augen zusammenkniff und sich konzentrierte. Bei einem Rundblick konnte Fudo sich allerdings denken, dass Raidon für solche Ausblicke gerade nicht die nötige Muße hatte, musste er doch gleichzeitig auf die Gefangene aufpassen. Wenn der Ninja ehrlich sein sollte, mit dem anderen Krieger wollte er durchaus nicht tauschen, da das Mädchen ihr Bewusstsein zurückerlangte, sich ihrer gegenwärtigen Lage jedoch noch nicht bewusst war. Der Junge konnte sich vorstellen, was es den Rothaarigen für eine Selbstbeherrschung kostete, das Mädchen nicht einfach runterfallen zu lassen, aber dafür war sie für den Moment zu wertvoll. Als er sah, wie sich das Mädchen zu wehren versuchte, musste Fudo ein breites Grinsen unterdrücken, denn für den Samurai war es alles andere als einfach, sie festzuhalten. Von Sakura's Position aus sah es aus, als würde Raidon das Mädchen im Arm halten und zu beruhigen versuchen, wobei er sich wirklich Mühe gab, sie zu beruhigen. „Halt endlich still“, zischte Raidon wütend. „Mach doch wenigstens erst die Augen auf und überdenke deine Situation.“ „Hab ich bereits“, meinte das Mädchen nicht minder wütend. „Entweder, du schaffst es, mich festzuhalten, in diesem Fall passiert mir nichts. Wenn du es nicht schaffst, hab ich vielleicht Glück und kann dich mit in den Tod reißen. Für meine Freunde wäre dies sicherlich ein ziemlicher Schlag, der sie tief treffen würde, für eure Truppen jedoch genauso, wenngleich aus anderen Gründen.“ „Niemand wirft sein Leben einfach so weg“, stieß der Krieger aus und starrte das Mädchen entsetzt an. „Das widerspricht allem, was ich kennengelernt habe.“ „Du musst noch so viel lernen, Jüngling“, erwiderte die Gefangene und spürte, dass der Junge sie fast runter geworfen hätte. „Warte nur ab, bis wir gelandet sind“, zischte Raidon. „Noch magst du vielleicht aufmüpfig sein, aber das treibe ich dir aus, das verspreche ich dir.“ „Ich nehme dich beim Wort“, erwiderte das Mädchen und klang ziemlich gelassen dabei. In Wirklichkeit war sie jedoch weit davon entfernt, gelassen zu sein, fieberhaft überlegte sie, was sie machen sollte. Ein Fluchtversuch in der momentanen Situation war vollkommen ausgeschlossen, sie flogen viel zu weit über dem Boden als dass sie diesen Sturz würde überleben können. Selbst nach der Landung war eine Flucht wohl unmöglich, dafür waren einfach viel zu viele Feinde in ihrer Nähe. Für den Moment schien es ihr, als sei es das Beste, sich einfach in eine Zelle sperren zu lassen und abzuwarten. Zwar beneidete sie in diesem Moment Ely oder Yokato für deren Fähigkeiten und Erfahrungen, allerdings hatte sie selbst noch den einen oder anderen Trick auf Lager, auf den sie im Notfall zurückgreifen konnte. Dazu musste sie jedoch ihre Geiselnehmer genau beobachten und herausfinden, wie diese sich verhielten. Sie konnte jedoch nur hoffen, dass sie in der Zwischenzeit nicht allzu brutal behandelt wurde. „Yokato, lass uns etwas weiter westlich halten“, sagte Gabumon. „Dann erreichen wir noch vor der Abenddämmerung das Dorf der Tentomon.“ „Das scheint mir eine gute Idee zu sein“, nickte Atoeru, der mittlerweile wieder so wirkte, als hätten sie Rai niemals verloren. „Vielleicht finden wir dort endlich Antworten auf unsere Fragen.“ „Und möglicherweise können wir dort auch eine Nacht in Frieden rasten“, überlegte der Samurai. „Ich denke, wir werden dort eine Rast einlegen und nach Antworten suchen. Wir brauchen vor allem Informationen über Deemon. Und mit ein wenig Glück haben wir auch ein Basislager, von dem aus wir Rai befreien können, dass wir länger verweilen, würde ich aber lieber nicht annehmen. Je länger wir an einem Ort sind, desto verwundbarer sind wir.“ „Aber sie haben ihren wertvollsten Vorteil verspielt“, meinte der Gelehrte. „Sie haben ihre Truppen zu früh offenbart. So konnten sie uns zwar einen herben Verlust zufügen, auf Dauer aber werden die Nachteile schwerer wiegen als die Vorteile.“ „Zumindest wissen wir, dass womit wir es nun zu tun haben“, fügte Jeanne hinzu. „Der Angriffsplan war strukturierter als die letzten, aber die Handschrift deines Bruders ist immer noch ziemlich gut zu erkennen. Egal wie sehr sie versucht haben, ihn abzusägen, er hat noch mehr Einfluss, als gut für die Truppe ist.“ „Aber freu dich nicht zu früh“, mahnte Atoeru. „Nur weil sie einen Sieg errungen haben, heißt es nicht, dass sie keine Schlüsse aus der Schlacht ziehen. Und bei ihrer Übermacht ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Frage der Taktik egal ist.“ „Richtig“, nickte Yokato. „Sie scheinen von Burg zu Burg zu reisen und sparen deutlich mehr Energie als wir. Die Zeit arbeitet gegen uns, während Raidon eine Menge mehr Zeit haben als wir.“ „Wenn wir vor ihnen das Meer erreichen, dann haben wir das Heft wieder in der Hand“, sagte der Gelehrte. „Doch so sehr die Zeit eilt, wir können es uns nicht leisten, wichtige Informationen liegen zu lassen.“ „Es stand auch nie zur Frage, ob wir das Dorf auslassen oder nicht“, meinte der Samurai. „Ich denke ebenso, dass es für unseren Erfolg unerlässlich ist, alle Informationen zu sammeln, die wir kriegen können. Aber wir werden uns beeilen müssen, denn wir dürfen genauso wenig Zeit verlieren. So es uns möglich ist, sind wir darauf angewiesen, dass die Tentomon uns helfen.“ „Was ist mit Rai?“ fragte Ely. „Ihr sprecht von Informationen, Eile, Erfolgsaussichten, aber nie von Rai. Habt ihr sie etwa schon vergessen?“ „Niemand von uns hat Rai vergessen“, antwortete Atoeru, dessen Haltung wirkte, als würde er lediglich über das Wetter plaudern. „Aber wir können es uns nicht erlauben, nur an Rai zu denken. Damit würden wir sie vielleicht retten, um dann kurze Zeit später eine aussichtslose Schlacht zu schlagen, in der wir alles verlieren.“ „Willst du vielleicht sagen, dass wir Rai möglicherweise opfern müssen?“ rief das junge Mädchen mit schriller Stimme. „Wenn es sich nicht vermeiden lässt“, erwiderte der Junge mit einem Gesichtsausdruck, der selbst Yokato ein Schaudern über den Rücken laufen ließ. „Kannst du eine ganze Welt zum Untergang verdammen, um eine einzige Person zu retten?“ Schneller als jemand reagieren konnte, schnellte Ely's Faust hervor und landete im Gesicht des Jungen. Getroffen taumelte der Gelehrte zurück, fing sich jedoch und funkelte das Mädchen wütend an. „Wagst du es wirklich, eine Fehde mit mir zu riskieren?“ zischte er. „Bist du wirklich naiv genug, zu denken, dass du gegen mich eine Chance hättest?“ „Niemand wird eine Fehde mit irgendjemandem beginnen“, sagte Yokato, wurde jedoch ignoriert. Stattdessen griff Ely erneut an, hieb mit der linken Hand nach dem Jungen, während die rechte nach dem Wakizashi griff. Im Gegenzug hatte der Junge seinen Stab schneller in der Hand, als das Mädchen ihre Waffe in der Hand hatte. Grimmig blockte der Junge den Fausthieb ab und stieß den Stab nach vorne, wo er den Bauch des Mädchens traf. Mit einem japsen taumelte Ely nach hinten und versuchte, Luft zu bekommen, während Yokato ohne zu Zögern sein Katana zog und mit aller Gewalt nach dem Stab hieb, dass dieser aus Atoeru's Hand geprellt wurde. „Es reicht“, donnerte der Samurai, dass Atoeru angsterfüllt zurückwich. Auch die anderen machten unwillkürlich einen Schritt zurück und waren wie gelähmt. „Habt ihr denn euren Verstand verloren?“ polterte er in unverminderter Lautstärke weiter und stand vor den beiden Kontrahenten. Als der Wind zunahm und dem Jungen durch das schulterlange Haar und den Umhang wehte, sah es für Jeanne so aus, als würde eine uralte Gottheit vor ihre stehen. Wenige Momente jedoch schien der Samurai in sich zusammenzufallen und er ließ sein Schwert sinken. Der Wind wehte immer noch, doch der Junge wirkte für einige Augenblicke genauso verletzlich wie alle anderen, bevor er seine Fassung wiedergewann. „Merkt ihr denn nicht, dass ihr unseren Feinden mit eurem Verhalten in die Hände spielt?“ sagte der Samurai jetzt mit normaler Lautstärke. „Der einzige Grund, wieso wir bislang immer gewonnen haben, war unsere Einheit, das blinde Vertrauen, dass wir einander entgegen bringen konnten. Wenn auch nur einer von euch beiden Rai retten will, dann müsst ihr euren Zwist vergessen.“ Fassungslos blickten die beiden Streithähne zu dem rothaarigen Samurai und wussten nicht, was sie sagen sollten. „Bitte, jetzt steckt eure Waffen wieder weg“, bat Bearmon. „Wenn ihr euch streitet, dann helft ihr doch nur Deemon, dass er seine Ziele noch schneller erreicht. Was ist denn nur los mit euch?“ „Stress“, sagte Jeanne. „Wir wissen einfach nicht mehr weiter, wir haben Angst und wir sind fern unserer Heimat.“ „Aber wir haben doch keine Zeit, um Angst zu haben?“ fragte Agumon. „Das lässt sich nicht verhindern“, meinte Yokato. „Wir entscheiden uns nicht dazu, etwas zu fühlen, das passiert, ohne dass wir wirklich etwas dagegen unternehmen können. Einige von uns können damit besser umgehen, die anderen nicht.“ „Was sind Gefühle denn eigentlich?“ wollte Gabumon wissen. „Das ist schwierig zu erklären“, antwortete Atoeru, der wieder gefasst wirkte. „Gefühle gehören zum Leben dazu wie das Atmen, doch was genau Gefühle sind, ich kann es nicht sagen. Wir sehen, hören, riechen etwas, was in uns ein Gefühl auslöst, es passiert einfach so.“ „Das ist aber schlecht“, sagte Renamon. „Denn mir scheint, als wären eure Gefühle ziemlich hinderlich.“ „Ja und nein“, meinte der Krieger. „Manchmal hindern uns Gefühle, sie lassen uns zögern, doch oft genug helfen sie uns auch. Manche Gefühle rauben uns die Kraft, andere Gefühle erfüllen uns mit Kraft, selbst das gleiche Gefühl kann verschiedene Reaktionen hervorrufen.“ „Ihr seid verwirrend“, brummte Rai's Digimonpartner. „Lasst uns da vorne halten, dann müssten die ersten Tentomon bald auftauchen und uns nach unserem Begehr fragen.“ Die Kinder nickten und nahmen Stellung ein. Auch wenn niemand mit Problemen rechnete, so hatte doch ein jeder eine Hand an seiner Waffe, um diese im Notfall schnell ziehen zu können. „Was führt euch hierher Fremde?“ erklang eine Stimme, doch noch war niemand zu sehen. Verwirrt sahen die Kinder sich um, denn sie konnten nicht sagen, woher die Stimme klang; es war, als sei die Stimme überall und nirgendwo. „Wanderer sind dieser Tage selten geworden, fast so selten wie jene, die Wissen und Weisheit suchen, doch Fremdlinge wie euch waren noch nie in diesen Wäldern gesehen worden.“ „Wir sind Digiritter und Kommandanten in den Diensten des Ordens der heiligen Engel“, rief Yokato, seine Hand noch immer bereit, sofort sein Katana zu ziehen. „Doch gebietet es die Gastfreundschaft denn nicht, dass man sich jenen zeigt, die einen aufsuchen?“ „Dieser Tage gelten die Gesetze der Gastfreundschaft nicht mehr, es sei denn, man ist ein Narr“, erwiderte die Stimme. „Zu oft sind feindliche Angriffe geworden, zu oft greift der Verrat um sich. Beweist, dass ihr reinen Geistes seid und ich werde mich euch zeigen. Andernfalls tretet den Rückzug an, ehe ihr vernichtet werdet.“ „Wir haben nur unsere Digivices, um uns auszuweisen“, antwortete der Krieger. „Weder Angemon noch Lady Angewomon dachten, Erkennungszeichen seien nötig.“ „Eure Digivices werden uns reichen“, erklärte die Stimme. „Doch wisset, dass das Wissen um diese Ausweise nur jenen gehört, die die alten Prophezeiungen kennen. Viele sind es nicht mehr, nur noch vereinzelt findet man Horte des Wissens, wie dies einer ist.“ „Eher gleicht es einer Festung“, brummte Atoeru verdrossen. Es sollte nicht so schwierig sein, Zutritt zu solchen Orten zu bekommen.“ „Du bist mit dem Krieg vertraut genug um zu wissen, was er bewirkt“, meinte Jeanne. „Wo vorher Vertrauen war, herrscht Misstrauen, Angst umfasst die Herzen und Tore bleiben geschlossen, wo man vorher herzlich begrüßt wurde. Und diese Welt befindet sich im Krieg.“ „Ich weiß“, brummte der Gelehrte. „Und doch gefällt es mir nicht.“ „Folgt mir“, sagte das Digimon und zeigte sich. Die Kinder erkannten, dass es sich um ein Tentomon handelte. „Tsukaimon, wo finden wir hier Zellen für Gefangene?“ verlangte Raidon zu erfahren. „In den Kellergewölben, Herr“, antwortete das Digimon unterwürfig. „Wenn ihr den Burghof durchquert, findet ihr die Treppe auf der linken Seite, dann müsst ihr einfach bis zum Ende durch laufen.“ Der Junge nickte und führte Rai ab. Im Moment fügte sie sich klaglos, doch der Samurai traute ihr nicht. Während des Fluges war sie mehr als einmal nahe dran gewesen, sie beide von dem fliegenden Wesen zu stürzen und der Junge war sich sicher, dass seine Gefangene jede sich bietende Gelegenheit nutzen würde, ihm den Gar aus zu machen. Es fing schon damit an, dass sämtliche Versuche, ihr die Waffen abzunehmen, daran gescheitert waren, dass anscheinend niemand außer ihr dazu in der Lage war, die Dolche zu bewegen. Deswegen hatte er dem Mädchen die Hände hinter dem Rücken verbunden, war sich aber sicher, dass er in Gefahr war, solange sie nicht in der Zelle versperrt war. Schweigend marschierten die beiden runter, vorbei an einigen Räumen, die wie Lagerkeller aussahen. Für diese interessierte er sich nicht groß, doch er nahm sich vor, bei Gelegenheit mal einen Blick zu riskieren. Schließlich kamen die beiden zu den Gefängniszellen und Raidon atmete erleichtert auf. „Glaube mir“, sagte er, als er das Mädchen in eine der freien Zellen stieß. „Du wirst hier leiden oder aber du nimmst Verstand an und unterwirfst dich uns. Gemeinsam mit uns wirst du so viel erreichen können.“ „Klar“, brummte Rai. „Und gleich erzählst du mir noch, dass ich als Kaiserin an deiner Seite über ein riesiges Reich herrschen werde.“ Das Mädchen näherte sich bedrohlich der Tür und sah ihrem Wächter fest in die Augen. „Ich verspreche dir, wenn ich mit dir fertig bin, dann wirst du einiges ganz anders sehen. Vielleicht bin ich ja so gütig und lasse dich als Kaiser an meiner Seite herrschen.“ Raidon lief ein Schauer über den Rücken und ohne etwas darauf zu erwidern, drehte er sich um und verschwand wieder. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)