Woge der Dunkelheit von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 27: Die Falle schnappt zu --------------------------------- Die Falle schnappt zu Geführt von Angewomon marschierten die Digiritter durch die Wälder, immer wieder zurückschauend und schweigend. Keines der Kinder wollte zugeben, dass es sich Sorgen um die beiden zurückgelassenen machte, doch war es allen anzusehen. Bedrücktes Schweigen lastete über der Gruppe, während sie Meile um Meile zurücklegte. „Glaubt ihr, wir sehen die beiden wieder?“ durchbrach Riro die Stille. „Bestimmt“, meinte Jeanne. „Yokato lässt sich so schnell nicht unterkriegen, und Ely ist stärker als ihr erwartet.“ „Und wie lange wird es dauern, bis wir die Yokato und Ely wiedersehen?“ wollte der Junge wissen. „Das wissen die Sterne“, murmelte Atoeru. „Uns bleibt nichts anderes zu tun, als darauf zu hoffen, dass sie es schaffen, und danach auch noch die Möglichkeit haben, nach uns zu suchen.“ Wieder fiel ein Schweigen über die Gruppe, das nicht eher durchbrochen wurde als bis Angewomon eine Rast anordnete. Erschöpft ließen Ely und Yokato sich auf den Boden fallen. Stundenlang hatten sie Spiele aus Yokatos Ausbildung gespielt, die Ausdauer, Beweglichkeit und vor allem Reaktion trainierten. „Ich dachte immer, ihr Soldaten hättet niemals Spaß“, lachte Ely. „Scheinbar weiß ich ziemlich wenig über euch.“ „Stimmt“, grinste der Junge. „Auch wenn es einem seltsam erscheint, aber wenn wir spielen, lernen und trainieren wir gleichzeitig. „Es ist lustig“, meinte das Mädchen. „Ich meine, es ist toll, wenn Kinder spielen können. Sowas darf man ihnen gar nicht verbieten. „Ich fürchte, bis die Menschen das begriffen haben, werden noch viele Menschenalter vergehen“, sagte Yokato. „Viele Kulturen schätzen der Wert ihrer Kinder nur sehr niedrig ein, doch sie sind unsere Zukunft.“ „Die anderen werden mir nie glauben, dass ich mit dir eine solche Unterhaltung führe“, lachte Ely. „Du bist echt der seltsamste Junge der mir je begegnet ist.“ „Wieso“, fragte der Junge verwundert. „Naja, in dem einen Moment noch bist du durch und durch ein Krieger, in der nächsten Sekunde spielst du lustige Spiele und dann fängst du auch noch an, so ernste Gespräche zu führen“, erklärte das Mädchen. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“ „Du wirst es kaum glauben, aber Atoeru kann das fast genau so gut“, grinste der Ältere. „Ich bin mir sicher, auch er kann über ernste Dinge reden, spielen und auch in ihm steckt ein Krieger, auch wenn er in erster Linie ein Forscher ist.“ „Schau, die Sonne geht unter“, rief die Jüngere verzückt. „Hast du schonmal so einen Sonnenuntergang gesehen?“ „Meinen ersten Sonnenuntergang hab ich erst hier in der Digiwelt gesehen“, meinte der Krieger. „Und das war auf Whamons Rücken.“ Erstaunt sah sie ihn an. „Du hast vorher nie einen Sonnenuntergang gesehen?“ „Richtig“, nickte Yokato. „Das Leben eines Kriegers ist hart, und bei Sonnenuntergang war ich meist müde und habe mein Lager aufgesucht.“ Während Ely zuhörte, packte sie einige Früchte und etwas Brot heraus und reichte ihrem Kameraden etwas. Dieser nickte dankend und begann zu essen. Schweigend aßen die beiden und genossen den Anblick des Sonnenunterganges. Unwillkürlich dachte der Krieger an den nächsten Tag und sein Herz wurde schwer. Nichts durfte fehlgehen, sollten beide überleben und zum Rest der Truppe stoßen. So viel konnte schief gehen, und es waren nur er und sie, gegen eine hundertfache Übermacht, gegen die es einen Sieg zu erringen galt. Ely spürte seine Gedanken und stupste ihn an. „Ich weiß, was dir durch den Kopf geht“, sagte sie. „Und wenn ich ehrlich bin, ich habe mindestens genauso viel Angst wie du, bestimmt sogar noch mehr. Doch wir dürfen jetzt nicht verzagen, unsere Herzen müssen stark und voller Hoffnung sein.“ Einige Augenblicke sah Yokato ihr in die Augen, dann lächelt er. „Und du denkst, ich wäre hier der einzig Seltsame“, sagte er lächelnd. „Dabei bist du doch gar nicht besser als ich. Und doch hast du Recht, wir dürfen unsere Hoffnung nicht verlieren.“ Beide lächelten, dann räumten sie die Überreste ihres Mahles weg, dann packten sie ihre Sachen und verließen endgültig das Schloss. Die Späher hatten berichtet, dass seines Bruders Truppen kaum vor dem späten Morgen ankommen könnten, doch der Krieger wollte keine böse Überraschung erleben, und so schlugen sie ihr Lager an der Stelle auf, von der aus sie den Hinterhalt legen wollten. Unermüdlich lief Raidon seinem Ziel entgegen, seine Armee folgte von seinem unerbittlichen Willen angetrieben. Selbst die anderen Menschen wagten nicht zu widersprechen, obwohl sie seine Idee nicht guthießen. Schließlich wurde der Samurai langsamer, seine Augen glühten vor Hass. „Bald sind wir da“, rief er. „Diesmal wird uns keine Falle unserer Gegner trennen, diesmal werden wir nicht verlieren. Dieses Mal werden wir unseren Gegner wegfegen, zermalmen wie Insekten. Kennt keine Gnade, zeigt kein Erbarmen, macht alles nieder, was euch in den Weg kommt.“ Fudo schüttelte nur den Kopf, schwieg jedoch. Er wusste, dass Raidon zu aggressiv vorging, zu sehr auf Rache aus war als dass er eine vernünftige Taktik vorgeben konnte, doch die Rede des Samurai war so mitreißend, dass die Digimon laut brüllten und blindlings weiter rannten, alle wollten sie als erste mit dem Angriff beginnen. „Das ist Wahnsinn, Raidon“, rief Sakura. „Sie rennen blindlings ins Verderben.“ „Sie rennen in den Sieg“, erwiderte der Junge und rannte los. Ryoudo schwieg, auch sein Blutdurst war geweckt. Fudo und das Mädchen folgten, bellten Befehle und versuchten, die Ordnung der Truppe wenigstens weitestgehend aufrecht zu erhalten. Je näher sie dem gegnerischen Schloss kamen, desto lauter wurden die Schlachtrufe, und Fudo sprang mit gezogener Waffe vor einen Trupp Digimon, um diese zum stehen zu bringen. „Halt ihr verdammten Narren“, brüllte er zornig. „Wenn ihr auch nur einen Gegner töten wollt, bleibt ihr stehen, sonst sterbt ihr durch meine Klinge.“ Ungehalten kam der Trupp Digimon zum stehen, sah den Jungen ungeduldig an. „Formiert euch“, befahl Sakura. „Woran niemand von euch dämlichen Mistkäfern gedacht hat ist, dass wir irgendwie das Tor öffnen müssen. Und die anderen brauchen Rückendeckung falls der Gegner wieder aus der Ferne angreift.“ „Schweigt elende Wichte“, brüllte eines der Digimon. „Uns interessiert nicht, was ihr zu sagen habt, wir wollen weiterstürmen.“ Zu schnell um es sehen zu können hatte Fudo sein Katana quer durch das Digimon getrieben. „Will sonst noch jemand widersprechen?“ fragte er, die Digimon musternd. Niemand wagte noch etwas zu sagen, alle sahen die beiden Menschen an und warteten auf Befehle. „Na los, greift das Tor an“, befahl der Ninja, bevor er und das Mädchen zu Raidon aufschlossen. Die ersten Angriffe flogen über ihre Köpfe hinweg, trafen das Tor und brachten es zum erzittern. Auch andere Digimon blieben nun stehen, bildeten eine Formation und begannen, ihre Angriffe gegen das Schloss zu schicken. Das Tor erzitterte und bebte, doch es hielt Stand, wenigstens noch. Tief in die Schatten gedrückt beobachten Ely und Yokato den Sturm auf das Schloss. Der Krieger spürte, wie sein Blut in Wallung geriet und der Puls in die Höhe schoss, doch er beherrschte sich. Das Mädchen sah ihn an und wartete auf seine Freigabe, doch noch schwieg der Samurai. Als die Digimon sich zu formieren begannen, hob er seine Hand, starrte auf das Schlachtfeld und hielt den Atem an. Ely atmete tief durch, rief ihre Kräfte wach. Weder sie noch Yokato hatten angesprochen, was sie genau machen sollte, doch sie wusste genau, wie sie vorgehen würde. Auch ihr Puls stieg und sie hatte alle Mühe, nicht nervös herumzuhampeln, doch die Spannung war beinahe unerträglich. Erneut erbebte das Tor und es zeigte erste Risse. Als die nächste Salve flog, riss der Samurai die Hand nach vorne und Ely legte los. Sie konzentrierte ihren Geist auf einige Digimon und drehte diese zu ihren Kameraden um, gerade als sie ihre nächsten Angriffe losschickten. Statt dass diese gegen das Schloss gerichtet waren, trafen sie nun die Digimon aus nächster Nähe mit verheerenden Folgen. Empörte Aufschreie mischten sich unter Schmerzenslaute und überall begannen die Gegner damit, sich gegenseitig anzubrüllen. „Raidon“, schnappte Sakura als das Schloss erste Risse zeigte. „Findest du nicht, dass irgendetwas schief läuft?“ „Alles läuft bestens“, antwortete der Junge nur. „Wir haben keinerlei Verluste zu verzeichnen und das Schloss wird bald gestürmt.“ „Idiot“, fauchte das Mädchen. „Die Verteidiger haben noch nicht einen Schuss abgegeben, du kannst mir nicht ehrlich weiß machen, dass es so seine Richtigkeit hat, oder?“ Im Kopf des Jungen begann es zu arbeiten, doch noch bevor er einen Schluss ziehen konnte, wurde es hinter ihm laut. Als er sich umdrehte, blieb ihm der Atem weg, und auch die anderen Kinder beobachteten entsetzt, wie sich die ihnen unterstellten Digimon gegenseitig anbrüllen und auf einmal aufeinander losgingen. Gleichzeitig brüllten die Kinder Befehle, die jedoch ignoriert wurden. Der Tumult legte an Gewalt zu, viele Digimon wurden verletzt oder starben. Grimmig schritt Ryoudo auf die Reihen zu, holte tief Luft und brüllte los. Die streitenden Digimon schienen mitten in der Bewegung zu erstarren und blickten dann zu dem Jungen. „Würde mir mal irgendetwas hier erklären, was das soll?“ rief Fudo aufgebracht. „Wieso schlachtet ihr euch gegenseitig ab?“ Sofort brach der Tumult wieder los, jedes Digimon beschimpfte andere und warf ihnen vor, angefangen zu haben. „Sie sind wie von Sinnen“, meinte Sakura, doch als sie zu Raidon blickte, bemerkte sie, dass er intensiv auf einen Punkt hinter den Digimon starrte. „Wir wurden entdeckt“, zischte Yokato. „Beeil dich, noch streiten sich Raidons Truppen, aber sobald er brüllt, dass wir hier sind, wimmelt es hier nur so von Feinden.“ „Yoki“, meinte Ely betreten. „Ist dir eigentlich was an unserer Fluchtroute aufgefallen?“ Verdutzt sah der Krieger das Mädchen an und dachte nach. Gerade als er nachfragen wollte, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „Wieso hab ich nicht eher dran gedacht, dass unser Fluchtweg mitten durch die feindlichen Reihen verläuft?“ fluchte er. „Du hast doch auf den Karten gesehen, wo deren Lager ist, oder?“ Das Mädchen nickte verwirrt. „Du kennst dich in Wäldern besser aus als ich“, meinte der Junge. „Das Schloss ist unser Ziel, führe du uns dahin, ich versuche derweil dafür zu sorgen, dass uns niemand zu nahe kommt.“ Sofort sprangen die beiden auf, Yokato zückte sein Katana und folgte der Digiritterin. Jeanne folgte am Ende der Armee und bildete mit den anderen Digirittern die Nachhut. Plötzlich meinte sie, Schlachtenlärm zu hören und hielt entsetzt inne. „Ich hab das auch gehört“, stammelte Riro. „Es geht los.“ „Ely und Yokato schaffen das schon“, meinte Atoeru grimmig. „Wir sind zu weit weg, als das wir eingreifen könnten, also lasst uns weitergehen. Wenn die beiden das Schloss des Gegners erreichen, werden sie unsere Hilfe brauchen.“ Rai sah so aus, als würde sie etwas sagen wollen, doch Renamon fiel ihr ins Wort. „Atoeru hat Recht“, stimmte er dem Gelehrten zu. „Bei der Flucht durch den Wald sind die beiden eindeutig im Vorteil, doch irgendwann werden sie unsere Hilfe brauchen, und das ist nicht jetzt!“ Grummelnd liefen die Kinder weiter, keinem gefiel, dass sie ihren Freunden nicht zu Hilfe eilen konnten. Jeanne seufzte leise, dass sie Yokato nicht helfen konnte belastete sie. Gleichzeitig jedoch wusste sie, dass Renamon und Atoeru recht hatten, doch sie blickte sich immer wieder um. Raidon hatte die Umgebung gemustert und nach einer Weile verharrte sein Blick an einer Stelle. Er war sich nicht sicher, doch er meinte, Bewegungen gesehen zu haben. Nach einer Weile wusste er, dass sich da jemand verbarg, und er hatte eine Ahnung, wer dieser Jemand war. Wütend deutete er in die Richtung in die er blickte. „Ihr wollt jemanden zerfleischen?“ rief er. „Da vorne haben sich unsere Gegner versteckt.“ Überall wandten sich Köpfe um, um zu sehen was der Krieger meinte. Ohne dass es eines weiteren Befehles bedurfte, setzten die Digimon sich in Bewegung, wild brüllend und voller Zorn. „Was ist mit dem Schloss?“ wollte Fudo wissen. „Meinst du nicht, dass es wieder ein Ablenkungsmanöver ist?“ „Dieses Mal nicht“, erklärte Raidon. „Mein Bruder hat das Schloss räumen lassen, zweifellos hat er einen erneuten Angriff befürchtet. Hier finden wir niemanden, und es würde mich wundern, wenn wir auch nichts von Wert mehr finden würden. Er war schon immer besonders gründlich, wenn er Angst hatte und sich verstecken wollte.“ „Idiot“, zischte Sakura. „Merkst du immer noch nicht, dass er dir hoffnungslos überlegen ist? Er hat die Burg nicht räumen lassen, weil er befürchtete, angegriffen zu werden, sondern weil er wusste, dass ein erneuter Angriff folgen würde und hat uns diese Falle gestellt.“ „Egal, ich weiß, dass er hinter diesem Angriff steckt, und wir werden ihn vernichten“, meinte der Samurai. „Oder glaubst du etwa, dass er der geballten Macht unserer Armee standhalten kann?“ „Wir müssen ihn erst erwischen“, warf der Ninja ein. „Der Wald ist riesig, er ist alleine und klein genug, durch Lücken zu schlüpfen, die für die Digimon zu klein sind.“ „Wir sind auch noch da“, brummte Ryoudo. Die anderen sahen ihn erstaunt an. Bisher hatten sie ihn noch nicht sprechen hören, und sie waren überrascht, wie rau und tief seine Stimme war. Allerdings passte sie durchaus zu dem Jungen, der Blutgier ausstrahlte und nur darauf wartete, einen Feind zu Gesicht zu bekommen. „Na also“, rief Raidon. „Worauf warten wir dann noch?“ Mit gezogenen Waffen rannten die Kinder los und begannen die Jagd. 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