Woge der Dunkelheit von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 16: Atoerus Traum ------------------------- Atoerus Traum „Yokato?“ rief Ely grinsend. „Hast du nicht was vergessen?“ „So schlecht ist mein Gedächtnis nun auch wieder nicht“, sagte der Junge der ahnte, worum es ging. „Aber ich hatte noch gar nicht erst die Zeit zu überlegen, welche Geschichte ich euch erzählen möchte.“ „Hast du nicht gesagt, du würdest keine Geschichten kennen“, fragte das Mädchen empört. „Doch, das hab ich“, gestand Yokato. „Aber als du damals gefragt hattest, hatte ich keine Zeit über solche Geschichten nachzudenken. Auch ich als Krieger interessiere mich durchaus für Geschichten, und ich habe gerne zugehört, wenn jemand eine erzählte.“ Das Mädchen schmollte ein wenig, doch das hielt nicht lange an. „Erzählst du uns denn jetzt eine Geschichte?“ wollte sie wissen. „Das hab ich dir doch versprochen!“ antwortete der Junge. „Yoki erzählt eine Geschichte, Yoki erzählt eine Geschichte“, jubelte das junge Mädchen. Neugierig von Elys Rufen kamen die anderen Kinder an und betrachteten den Krieger. „Yoki“, kicherte Jeanne. „Wie süß, das muss ich mir merken.“ Die anderen Digiritter grinsten breit und setzen sich hin. „Leg los Yoki, wir sind da“, grinste Rai und erntete dafür einen bösen Blick von dem Jungen. Dieser überlegte sich noch einmal gut, ob er den anderen wirklich noch eine Geschichte erzählen wollte, doch schließlich begann er seufzend zu erzählen. Neugierig setzen sich die Digimon zu den Kindern um Yokato zuzuhören, und es dauerte nicht lange, bis alle gebannt lauschten. Selbst Whamon schien sich mehr auf die Geschichte als auf den Weg zu konzentrieren. Aus einer Geschichte wurden erst zwei, und schließlich hatte der Junge alle Geschichten erzählt die er kannte. Mittlerweile neigte der Tag sich dem Ende zu und niemand hatte gewagt, Yokato zu unterbrechen. „Unser Krieger ist ein prima Erzähler“, sagte Riro. „Faszinierend“, murmelte Atoeru. „Ich habe soviel über die Kultur der Samurai erfahren können.“ Die sonst so hibbelige Ely saß ganz ruhig an ihrem Platz, sichtlich begeistert über die Vielzahl an Geschichten die sie gehört hatte. Yokato stand auf, um sich die Beine zu vertreten und tat so, als bemerke er nicht, dass Jeanne ihm folgte. Diese trat schweigend neben ihn und betrachtete den Sonnenuntergang. „Wie lange die Sonne noch braucht, bis sie untergegangen sein wird?“ fragte das Mädchen. „Ich schätze, dass es noch etwa eine halbe Stunde dauern wird“, meinte der Junge. „Aber diese Welt ist nicht wie unsere, deswegen kann ich es nicht genau sagen!“ Während die Sonne sich dem Horizont näherte, schwiegen die beiden, den Sonnenuntergang beobachtend. „Wie viele solcher Sonnenuntergänge hast du dir schon angesehen?“, wollte Jeanne wissen. „Ich glaube, das ist das erste Mal, dass ich mir die Zeit dazu nehme“, antwortete Yokato. „Entweder musste ich noch trainieren oder wir waren gerade mitten im Gefecht, und manchmal war ich einfach zu erschöpft um draußen zu bleiben.“ „Jeder sollte die Zeit haben, sich einen Sonnenuntergang anzusehen“, sagte die Jüngere. „Vielleicht hast du recht“, sagte der Digiritter. „Vielleicht sollte jeder die Zeit dazu haben, aber es gibt viele Dinge, die sein sollten und doch ganz anders sind.“ „So gesprächig kenne ich dich ja gar nicht“, sagte das Mädchen. „Normalerweise schweigst du und hörst zu.“ „Der Krieg hat uns eingeholt“, erklärte Yokato. „Viele Dinge, die gesagt werden sollten, werden nun nie wieder gesagt werden. Es wird sicher noch vieles geben, dass ich nie sagen werde, aber auch ich werde nun nicht mehr so viel verschweigen wie ich es sonst mache.“ Lange sah Jeanne den Samurai an. „Meinst du nicht, du solltest mir sagen, warum du Probleme mit deiner Familie hast?“ fragte sie. „Ich denke, das gehört zu den Dingen, die ich eher nicht erwähnen möchte“, meinte er. „Weil du mir nicht traust?“ Traurig sah Jeanne den Digiritter an. „Weil ich nicht gerne darüber nachdenke“, sagte dieser. „Manche Sachen sollten nie zur Sprache kommen, egal mit wem man spricht.“ „Vielleicht kann ich dir helfen“, bot sie an. „Manchmal hilft es, mit jemandem darüber zu reden.“ Schweigend sahen die beiden sich an. Die Sonne berührte schon den Horizont, als Yokato erneut zu sprechen begann. „Mein Vater und mein Bruder sind nicht so ehrenvoll, wie man es als Samurai sein sollte“, begann er. „Mein Vater geht eigentlich noch, aber Raidon ist von Grund auf Böse! Er hat Spaß daran, andere leiden zu lassen. Ich glaube, dass er mehrere Menschen entführt hat, um sie zu foltern. Allerdings konnte ihm nie jemand etwas nachweisen.“ „Und wieso respektierst du deine Familie dann?“ wollte Jeanne wissen. „Ich glaube, ich könnte sie danach nicht mehr respektieren!“ „Naja, mein Vater ist der Führer meines Clans, und er führt ihn nicht schlecht. Niemand von uns muss Hunger leiden, und es gibt auch keine Armut“, erklärte Yokato. „Das ist der Grund, warum ich ihn respektiere.“ Wieder standen die beiden schweigend nebeneinander und sahen der Sonne beim untergehen zu. Irgendwann legte Jeanne dem Jungen eine Hand auf die Schulter. „Wenn wir wieder nach Hause kommen, wird alles besser werden!“versprach sie. Der Samurai sah sie einfach nur an und sagte nichts, und keiner der beiden bemerkte, dass sie von Ely beobachtet wurden. Diese hatte eher zufällig zu den beiden geblickt als Jeanne Yokato die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Als die Sonne unterging, drehten die beiden Samurai sich um und setzten sich zu den anderen. „Was haben wir an Proviant“, wollte Atoeru wissen. „Wir haben den ganzen Tag noch nichts gegessen.“ „Wir haben noch Brot, den Reiseproviant den Angemon uns mitgegeben hat und verschiedene Früchte“, zählte Yokato auf. „Und Angemon hat jedem von uns einen Wasserschlauch mit einem Stärkungsmittel mitgegeben, zudem haben wir noch einige Tagesvorräte Wasser dabei. Bis wir auf dem neuen Kontinent angekommen sind, sollten unsere Vorräte eigentlich reichen.“ „Whamon, wie lange werden wir bis Server brauchen?“, wollte Rai wissen. „Bei günstigen Strömungen etwa 4 Tage, rechnet aber lieber mit 5 bis 6 Tagen“, antwortete das Digimon. „Also reicht unser Proviant“, stellte Jeanne fest. „Und wie wollen wir die Zeit verbringen, die wir hier noch brauchen?“ „Spielen“, rief Ely lachend. „Wenn Yokato so viele Geschichten kennt, kennt er mit Sicherheit auch ganz viele tolle Spiele.“ Breit grinsend sah sie den Krieger an, doch dieser schüttelte den Kopf. „Ich hatte nie die Zeit zum spielen“, sagte er. „Mein Kriegertraining begann als ich gerade 4 war, und davor war ich nur zu Hause.“ „Keine sehr erfreuliche Kindheit“, brummte Riro. „Was fällt unseren Partnern hier eigentlich so ein was man spielen könnte?“ Die Digimon sahen sich verwirrt an. „Woher sollen wir denn Spiele kennen?“ wollte Agumon wissen. „Unsere Tage bestehen aus Fressen und schlafen!“ Entsetzt sahen die Kinder sich an. „Wie langweilig ist das denn?“ wollte das quirlige Mädchen wissen. „Und mit euren Eltern muss ich wohl dringend mal schimpfen, dass sie euch keine Spiele beibringen!“ „Jetzt sollten wir erstmal essen, und dann wird es Zeit, dass wir uns schlafen legen“, sagte Atoeru und holte Früchte und Brote aus seinem Rucksack. Auch die anderen Kinder griffen in ihre Rucksäcke und holten ihren Proviant hervor. Schweigend aßen sie, den Blick in die Ferne gerichtet. Das Tageslicht war der Nacht gewichen und Ely begann zu gähnen. „Zeit dass wir uns schlafen legen“, meinte sie herzhaft gähnend. „Und dieses Mal würde ich gerne ausschlafen wenn es recht ist.“ Rai grinste die beiden Samurai an. „Morgen seid ihr dran mit wecken“, sagte sie. „Und ich werde euch dabei aus sicherer Entfernung zusehen.“ Die beiden Angesprochenen seufzten leise, doch dann suchten auch sie sich einen Platz zum hinlegen. Die Nacht war sternenklar und bald waren alle Kinder eingeschlafen, und stundenlang regte sich nichts. Doch auf einmal wurde Atoeru unruhig und wälzte sich umher. Aus den tiefen seines Unterbewusstseins drangen Bilder hoch, die er zuvor noch nie gesehen hatte. Die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen, als das Experiment erfolgreich verlaufen war. Seit Wochen schon studierte er verschiedene Schriften, und nun hatte er aus einem kleinen Stück Eisen tatsächlich Gold geschaffen. Stolz drehte er sich zu seinem Gehilfen um, der Yokato hätte sein können, doch die Augen waren aus tiefstem schwarz, und der Name des Mannes war Raidon. Zufrieden lächelten die beiden, denn seit sie mit diesem Experiment begonnen hatten, hatten sie sich um keine anderen mehr sorgen können, und nun war es ihnen möglich, Gold zu schaffen. „Nicholas wird vor Begeisterung umfallen, wenn er dies erfährt“, sagte der Mann namens Raidon. Dieser Nicholas war einer ihrer ersten und fleißigsten Schüler, und der Namen Nicholas Flamel würde noch nach Jahrtausenden in aller Munde sein, denn er würde großes Schaffen. „Wir müssen vorsichtig sein“, warnte Atoeru. „Viele werden das, was wir tun als teuflische Magie abtun und uns der katholischen Kirche ausliefern wollen, erführen sie was wir hier entdeckt haben.“ „Ich weiß“, nickte sein Freund. „Doch wir sind es dem jungen Nicholas schuldig, ihn einzuweihen, denn er war es, der den wichtigsten aller Folianten fand und zu uns brachte. Ich glaube, mit unserer Hilfe und den Informationen dieses Folianten wird er ein großer Alchyemyst werden, und wer weiß, vielleicht wird er auch das Lebenselixier finden.“ Langsam verblassen die Bilder, und eine neue Umgebung erscheint, sie ähnelt einem Ort der File Insel, der Ort an dem die Grabsteine gefallener Freunde stehen. Geister der Toten verbleiben in der Digiwelt und beschützen sie, schemenhaft kann der junge Atoeru sie erkennen, doch sieht er nur die Rückseite. Vorsichtig nähert er sich den beiden Schemen, die vor ihm stehen, und fürchtet sie zu kennen. Als sie sich umdrehen, stößt er einen Schrei aus. Heftig keuchend wachte Atoeru auf und erblickte Yokato wie er alarmiert mit gezogenem Katana vor ihm stand. „Ist bei dir alles in Ordnung?“ wollte der Krieger wissen. Mittlerweile waren auch die anderen Digiritter auf den Beinen und näherten sich dem noch am Boden liegenden Jungen. „Ich hab nur schlecht geträumt“, sagte dieser nachdem er wieder zu Atem gekommen war. „Ehrlich, es ist nichts!“ Dabei sah er jedoch so ernst in die Runde, dass niemand ihm Glauben schenken konnte. „Naja, ich glaube ich hatte ein Vision“, erzählte er nach einer Weile zögernd. Und dann begann er zu erzählen, was er in seinem Traum alles gesehen hatte. Mit konzentrierte Mine hörte Yokato zu, auch die anderen lauschten aufmerksam, doch der ältere Junge war der Einzige, dessen Gedanken man nicht erraten konnte. „Ich glaube, Atoeru hatte wirklich eine Vision“, sagte Rai. „Was er erzählt hat, klang nicht wie ein Alptraum oder nach dem Wunsch Großes zu erreichen.“ „Ich vermag nicht zu sagen, ob dies eine Vision war oder nur ein Traum, aber in dieser Welt ist alles möglich, und vielleicht hat Atoeru wirklich gerade seine Gabe entdeckt“, sagte Yokato. Seine anderen Gedanken sprach er nicht aus, und auch keiner der Anderen wagte es, seine Befürchtungen in Worte zu fassen. Doch allen war klar, dass - sollte Atoerus Traum tatsächlich eine Vision sein – nicht alle Digiritter in ihre Welt zurückkehren würden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)