Step Into My World von RallyVincento ================================================================================ Kapitel 17: Step Seventeen... Treason ------------------------------------- Step Seventeen… Treason Um jemanden zu verraten, muß man ihn erst dazu bringen, daß er einem vertraut. Dominik Krenner Mamoru Chiba Es war kurz vor 4 Uhr, ich gönnte mir eine kleine Pause und nippte an einem Kaffee. Noch immer schwirrte mir dieses Bild von Massanorie und Steven im Kopf herum. Seitdem waren nun fünf Tage vergangen und noch immer rief Massanorie drei bis fünfmal am Tag an, er sprach nie auf meine Mailbox oder auf meinen Anrufbeantworter. Er legte immer auf, wenn sich eines von beiden meldete und er stand auch bis jetzt nicht vor meiner Tür. Ich war kein Dummkopf, das dieser Kuss eventuell nicht alles war, was zwischen den beiden vorgefallen war, war mir bewusst und das machte es noch schwerer. Ich hatte ihm vertraut und er hatte das einfach weggeworfen. Ihm war einfach alles egal, ich war ihm egal. Wie konnte ich auch nur so dumm sein und ihm glauben, dass das zwischen uns irgendeine Bedeutung hatte. Im eigentlichen Sinn war ich nur eine Ablenkung gewesen – es war für ihn immer nur ein Spiel gewesen und ich hatte mich darauf eingelassen. Es war eben doch falsch ihm zu vertrauen. Innerlich hatte ich resigniert und ich wollte auch nicht mehr weinen oder mich fragen, ob es an mir lag. Aber in mir war eine leere, die mir fast das Herz zerriss. Nur einmal – nur dieses eine mal dachte ich wirklich jemanden vertrauen zu können. Und nun? Nun war ich wieder allein und alles Fluchen und weinen half nichts. Dieses Scheiß Leben war einfach gemein. Die aufkommenden Tränen schluckte ich hinunter und versuchte meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Mein Blick glitt durch die Halle des Tsukiji Fischmarktes. Überall liefen Aktionäre herum um den Fisch und die anderen Sachen zu begutachten und zu taxieren. Heute Morgen hatten wir schon einige Tonnen Thunfisch entladen und bereitgelegt, aber diese Arbeit war auf Dauer eigentlich nicht geeignet. Ich war nun schon seit 2 Uhr hier, wobei der Fischmarkt selber täglich mit einigen unregelmäßigen Ausnahmen gegen 3 Uhr Früh öffnete. Die eigentliche Auktion begann meist gegen 5:20 Uhr, wobei hieran nur lizensierte Käufer teilnehmen dürfen, welche meist Zwischenhändler oder von Restaurants direkt beauftragte Personen sind. Auch Inhaber der kleinen Restaurants, welche sich im Äußeren Bereich des Fischmarktes befanden nahmen stets an den Auktionen teil. Die Auktion endet gegen 7:00 Uhr mit dem Abtransport der verkauften Ware. Gegen 13:00 wurde der Fischmarkt zur Reinigung komplett geschlossen und gegen 15 Uhr hatte ich dann endlich Feierabend. Dreimal die Woche ging es dann noch von 18 bis 24 Uhr in den Supermarkt, Ware auspacken und die Kasse bedienen. Diese drei Tage waren anstrengend, besonders, da sie diese Woche fast hintereinander lagen. Ich merkte, wie mir die Augen fast zufielen und bekämpfte die Müdigkeit mit mehr Kaffee. Wenigstens hielt mich dieser Arbeitstakt davon ab, den ganzen Tag an Massanorie zu denken. Denn ich hatte keine Lust mir noch einmal wegen ihm die Augen auszuheulen. Das war einfach zu demütigend gewesen. „Chiba!“ Ich zuckte zusammen und sah mich um. „Komm schon, fürs Pause machen bezahl ich dich nicht!“ Ich nickte und nahm meine Arbeit wieder auf. Hier herrschte ein rauer Ton und ich war froh, dass ich heute nach Feierabend nicht in den Supermarkt musste. Das hieß, ich konnte einfach ins Bett fallen und mich ausschlafen. Das waren mal gute Aussichten, die ersten in dieser Woche. Während ich Kisten mit Fisch und Meeresfrüchten herum trug, schob und wog schaffte ich es nicht mehr an Massanorie zu denken. Vielleicht war es besser so – vielleicht sollte ich mich wieder bei Bunny melden. Müde und mit Rückenschmerzen machte ich mich gegen 15 Uhr auf in Richtung Heimat. Endlich duschen und dann schlafen, das waren gute Aussichten. Wieder begann mein Handy zu vibrieren. Als ich vorhin drauf gesehen hatte, waren 3 Anrufe in Abwesenheit drauf gewesen, alle von einer unbekannten Nummer. Auch wenn ich seine Nummer gelöscht hatte, so kannte ich sie leider auswendig und so sah ich immer, dass er es war. Als ich nun wieder einen Blick auf das Handy warf, war es jedoch nicht seine Nummer die mich anblinkte. „Chiba?“ Hoffentlich bedauerte ich das nicht. schoss es mir durch den Kopf als ich abnahm. Doch ich hatte wohl doch etwas Glück verdient, denn es meldete sich eine Frauenstimme. „Hallo Mamoru. Bitte entschuldige, aber ich war die vorherigen Tage nicht in Tokio.“ „Hallo Michiru.“ Erleichterung machte sich in mir breit. „Ist schon in Ordnung. Warum ich dich angerufen habe…“ Ich erläuterte Michiru mein Anliegen und sie tat mir den Gefallen gerne um den ich sie bat. Wenigstens einem konnte ich diese Woche eine Freude machen. Wenn schon mein Leben scheiße war. May Godai Immer noch verärgert über meine Begegnung mit Michiru Kaio stand ich in meinem kleinen Atelier und hämmerte auf einem Metallstück herum. Ich musste meiner Wut über mich selber irgendwie kompensieren. Also misshandelte ich einfach dieses Stück Metall und schlug immer wieder darauf herum. Eigentlich sollte es ein Rahmen für ein Windspiel werden, aber so langsam war es nur zur Aggressionsbewältigung gut. Seufzend setzte ich mich und ließ meinen Kopf auf die Arbeitsplatte sinken. „Ich bin so dumm, so dumm. Ich bin ein Toaster oder ein Stück Brot oder so… AAHHH!“ Ich raufte mir die Haare und überlegte wie ich dieses Dilemma je überwinden konnte. Gerade als sich mein Selbstmitleid ins unermessliche steigern wollte, klopfte es. Bestimmt war das wieder einer dieser Ersties – Immer dasselbe. Das hier war mein Atelier und ich hatte mich dafür den ganzen Tag eingetragen. Wieso? Wieso hatte diese blöde Uni auch nur eine Handvoll Ateliers für so viele Studenten. Das war alles scheiße. Wenn ich genug Geld fürs Musikauflegen bekommen würde, dann hätte ich mir längst ein eigenes Atelier gemietet, aber so konnte das ja nichts werden. Wie war das, Brotlose Kunst?! Wieder klopfte es. „WAS?“ Schrie ich nur und hoffte, dass ich dem – oder derjenigen nun meinen Hammer an den Kopf werfen konnte. Doch plötzlich sah mich ein freundlich lächelndes Gesicht an. „Mamoru?!“ seufzend drehte ich mich auf dem Hocker um und winkte ihn zu mir. „Was machst du denn hier?“ „Wenn du beschäftigt bist, dann geh ich wieder!“ kam es nur von ihm. Irrte ich mich oder sah er blass aus. Irgendwie mitgenommen. „Beschäftigt?“ Ich seufzte. „Na irgendwie sollte ich das sein, aber ich hab gerade so einen kleinen Hänger.“ Es stimmte, ich hätte theoretisch genug Arbeit gehabt, aber wie sich darauf konzentrieren wenn einem immer wieder die eigene Dummheit durch den Kopf schoss. Das war für die Inspiration tödlich. Und ich musste in einer Woche mein Projekt abgeben. „Hast du Feierabend?“ Ich stand auf und wollte Mamoru umarmen. Doch dieser schob mich nur sanft zurück. „Ich an deiner Stelle würde das lassen, ich komme geradewegs von der Arbeit und – naja – ich muffle nach Fisch.“ Ich schnupperte und verzog gespielt die Nase. „Stimmt. Dein neues Deo lässt vom Geruch zu wünschen übrig!“ neckte ich ihn. „JA sehr lustig. Aber du siehst aus, als wärst du gerade in einem Farbeimer gefallen.“ Ich sah an mir herunter. Mein weißes Spaghettitop war mit Farbklecksen versehen und meine schwarze Baggyhose sah auch nicht besser aus. „Du hast den rostigen Schimmer vergessen der mich umgibt, vom Metallschleifen. Das lässt meine Augen immer so strahlen.“ Ich streckt ihm die Zunge heraus und umarmte ihn nun doch schnell. Mamoru hatte mir am Freitagabend noch erzählt, wo er nun arbeitete und ich fragte mich wie er das schaffte. Ich wäre nach der ersten Doppelschicht umgefallen. Aber er war es wohl einfach gewöhnt. Auch wenn ich nicht verstand warum er den Job bei dem Griesgram für soviel Arbeit und einem weitaus schlechteren Gehalt hingeworfen hatte. Aber egal – ich war froh Mamoru zu sehen. „Ich hab heute Nachmittag frei, im Supermarkt muss ich erst morgen wieder arbeiten und ich dachte mir ich sag mal Hallo. Immer noch deprimiert?“ „Wie kommst du denn da rauf?“ fragte ich unschuldig und seufzte. „Na ja, der Hammer und das misshandelte Metallstück weisen darauf hin, aber auch dein verzweifelter Aufschrei, denn man durch die ganze Uni gehört hat.“ Er setzte ein Grinsen auf und strich mir über die Haare, wobei ersteres sehr gekünstelt wirkte. „Ja ich weiß, dumm oder? Ich ärger mich immer noch über mich selbst. Wie kann man denn so dumm sein?“ „Was sollte das denn werden?“ er hob mein gepeinigtes Kunstwerk hoch. „Ein Windspiel. Ich hab schon einige Elemente. Willst du es sehen?“ Er nickte und legte das Stück wieder zurück. „Malst du zurzeit nicht mehr?“ „Nein. Gerade befasse ich mich mehr mit dem Thema Müll und Kunst. Ich streife immer auf der Müllhalde herum und suche Sachen die ich noch verwenden kann. Wie das hier.“ Ich hob ein Glaswindspiel hoch. „Ich hab das Glas aus einem Buntglasfenster heraus geschnitten, was auf der Müllhalde lag und dann in kleine Metallrahmen gesetzt, welche ich in Form gebracht habe. Wie findest du es?“ Er sah sich mein Kunstwerk an und lächelte. „Die Scherben sehen ja aus wie kleine Schmetterlinge und Blüten!“ „Ja!“ gab ich begeistert als Antwort. „Ich hab sie mit einer Schablone und einem Glasschneider zu Recht geschnitten. Das gab ganz schöne Kratzer an den Händen. Und das Metall zu biegen war auch etwas schwieriger als ich dachte, aber ich hab es erhitzt mit einem Bunsenbrenner, dann ging es. Aber meine Hände brauchen jetzt mal wieder ein Verwöhnprogramm.“ Ich hielt das Windspiel ans Fenster und das einfallende Licht zeichnete ein Farbspiel an die Wand welches lustig zu tanzen begann. „Trägst du dabei keine Handschuhe?“ wollte er wissen. „Doch, aber beim einsetzen vom Glas nicht, da braucht es etwas Fingerspitzengefühl und das hab ich mit Handschuhen nicht.“ Er besah sich das Windspiel. „Das ist wirklich schön.“ Mamoru schien es wirklich zu gefallen – aber er wirkte auch etwas nachdenklich. „Ist was? Du wirkst auch als würde dich was beschäftigen, oder als wärst du niedergeschlagen. Du weißt doch, dass ich das erkenne, auch wenn du so tust als wäre alles gut.“ Schweigend sah er mich an und strich sich durch die Augen. „Mamoru?“ besorgt legte ich meine Hand auf seinen Arm. „Entschuldige. Alles gut. Ich bin nur Müde, ich bin es nicht mehr gewohnt so früh aufzustehen.“ „Lügner.“ Wisperte ich nur. „Hat es was mit Massanorie zu tun?“ Kaum hatte ich den Namen ausgesprochen, da blockte Mamoru auch schon. Er entzog sich meiner Berührung und atmete tief ein. „Mamoru?“ besorgt sah ich ihn an. „May hör auf. Ich will nicht mehr von ihm reden ok?“ Mamoru klang wütend und enttäuscht zugleich. Damit die Stimmung nicht weiter kippte, wollte ich das Thema wechseln, aber mir fiel nichts ein um diese Situation wieder aufzufangen. Schließlich war es Mamoru der die Stille beendete. „Ich dachte, du, Yosuke und ich könnten am Wochenende irgendwas zusammen unternehmen. Am Freitag muss ich nur kellnern, aber am Samstag hab ich komplett frei.“ Mit einem nicken und einem leichten Lächeln sah ich Mamoru an. „Klingt gut. Was willst du denn machen?“ Er zuckte mit den Achseln und betrachtete weiterhin das Windspiel. „Keine Ahnung, überlass ich euch.“ Nachdenklich setzte er sich hin und betrachtete die Sonnenreflexionen an der Wand. „Kann ich dich was fragen?“ Verblüfft über diese Frage rückte ich mir meinen Hocker heran und nickte. „Denkst du, Bunny ist eine schlechte Wahl – als Freundin?“ Wow. Also mit so einer Frage hätte ich nicht gerechnet, besonders da ich dachte, dass sich die Bunny Sache schon erledig hatte. Aber anscheinend nicht. Was sollte ich denn bitte darauf antworten? „Wieso fragst du?“ kam es zögerlich von mir. Ich belächelte meine eigene Frage und kramte nun nervös in meiner Hosentasche nach einem Haargummi. „Nur so -“ Das klingeln seines Handys ließ ihn aufsehen, aber nach einem kurzen Blick aufs Display, drückte er den Anrufer weg. „Wer war das?“ Wollte ich wissen, während meine suche nach einem Haargummi endlich von Erfolg gekrönt war. Schnell hatte ich mir einen Zopf gebunden. „Niemand!“ kam es leicht gereizt von ihm. „Hör zu, ich will mich nicht einmischen, aber wenn du Streit mit Massanorie hast, dann ist das ok. Und wir können darüber reden – ich meine er scheint dich ja zu mögen…“ Das war falsch, es war absolut falsch diesen Satz überhaupt laut ausgesprochen zu haben. Denn plötzlich stand Mamoru auf. „Also erstens hast du recht, misch dich da nicht ein. Und zweitens; Massanorie Lenjier mag nur sich selber. Ihm sind andere egal, er denkt nämlich dass jeder Mensch nur für ihn da ist und dass er mit den Menschen machen kann was er will.“ Ich konnte die Tränen in seinen Augen sehen, wusste aber nicht ob ich nun weiter fragen sollte oder nicht. „Tut mir leid.“ Mamoru wischte sich durch die Augen und sah auf die Uhr, als es plötzlich klopfte. „Ich will mich nicht streiten. Lass es einfach sein, ok?“ Mit diesen Worten drehte er sich um und öffnete die Tür. Ohne ein Wort zu sagen, sah ich ihm nach. Ich wusste nicht was los war, aber dass es ihm nicht gut ging und dass das was mit Massanorie zu tun hatte war klar. „Hey.“ Ich sah zu Tür konnte aber nicht erkennen, mit wem sich Mamoru unterhielt. Doch dann sah ich sie und mir fiel alles aus dem Gesicht. „Michiru, darf ich dir May vorstellen.“ „OMG!“ entfuhr es mir nur. Ja das war besser als Hi. Definitiv! „Ich meine – ich fühle mich – wow!“ Michiru Kaio stand wirklich vor mir und ich klang wie ein degenerierter Pudel. Klasse! Sie trug eine dunkelrote Bluse, einen schwarzen Rock und hatte ihre Haare elegant zurück gesteckt, so das nur einzelne Strähnen ihr ins Gesicht fielen. „Es freut mich sehr May.“ Ihre Stimme klang toll, sie war toll. Mamoru merkte wohl, dass mein Gehirn aussetzte, denn er kam zu mir, drückte mir einen Kuss auf die Wange und kniff mich in die Seite. „Nun atme mal wieder.“ Flüsterte er mir derweil ins Ohr. Ich tat wie mir gesagt und atmete einmal tief ein und aus. „Es freut mich sehr. Kaio-san sie sind mein großes Vorbild. Ich kenne all ihre Bilder und habe sogar einige Kunstdrucke von ihnen erworben.“ Gut ich hätte in dem Satz eventuell Luft holen müssen, aber es war ein halbwegs schlauer Satz, also ok. Mein Vorbild lächelte und sah sich um. „Du kannst ruhig Michiru sagen. Wir haben uns auf der Benefiz Veranstaltung gesehen, nicht wahr? Mamoru sagte mir, du wärst auch Künstlerin und er hat gesagt eine sehr begabte.“ Verlegen und dankbar sah ich zu Mamoru. „Ich denke, man selbst schätzt seine Kunst anders ein als andere.“ Sie sah sich um und blieb vor einigen meiner Bilder stehen. Plötzlich wurde mir erst bewusst, dass Mamoru das hier eingefädelt hatte. Fragend sah ich ihn an. „Woher kennst ihr euch?“ Denn es wirkte nicht so, als wenn die beiden sich fremd wären. „Michiru ist eine Freundin von Bunny.“ Kam es nur knapp von Mamoru, welcher sich seinen Schal wieder fester umschlang. „Ich lasse euch nun allein. Von Kunst verstehe ich sowieso nicht soviel.“ Er lächelte Michiru zu, welche zurück lächelte und nickte. „Mamoru?“ ich sah, dass es ihm trotzdem nicht gut ging, und auch wenn ich hierfür mehr als nur dankbar war, so überwog doch die Sorge um ihn. „Ich melde mich wegen dem Wochenende!“ er drückte mich und ließ keine weitere Frage von mir zu. Bunny Tsukino „Hast du ihm den Brief nun endlich gegeben?“ Ich schüttelte den Kopf und sah Ray an, welche nur seufzte und sich wieder ihrem Getränk widmete. Nach der Schule hatte wir uns hier im Cafe getroffen und natürlich waren Mamoru und ich das Gesprächsthema Nummer eins zurzeit. „Aber ich denke auch, dass das nicht mehr nötig ist!“ entgegnete ich schließlich und lächelte etwas. „Wieso?“ kam es von Ray, Makoto, Amy und Minako gleichzeitig. „Weil Mamoru mir vorhin eine Nachricht geschickt hat und sich am Wochenende mit mir treffen will um die ganze Sache zu besprechen. Und nach einigem hin und her Geschreibe bin ich sehr zuversichtlich, das sich alles wieder einrenken wird. Ich glaube, er ist nicht mehr wütend auf mich und das wir von vorne anfangen können.“ Sichtlich erleichtert sahen mich die Mädchen an, obwohl ich der Meinung war, dass Minako etwas verunsichert drein sah. Ich war in letzter Zeit schon etwas verunsichert gewesen, was diese Sache mit Mamoru anging. Aber anscheinend hatte sich alles wieder normalisiert und nach dem Wochenende würde alles wieder so sein wie es sein sollte. Die letzten Jahre waren anstrengend gewesen und hatten uns körperlich aber besonders emotional viel abverlangt. Die ganzen Kämpfe, all das Leid und die Zerstörung – aber auch die vielen neuen Freundschaften und das Vertrauen, dass die Zukunft die uns bevorstand wundervoll und friedlich werden würde. Für diese Zukunft wollte ich alles tun, ich liebte Chibiusa und gerade in letzter Zeit spürte ich immer mehr, wie ich mich nach dieser Zukunft sehnte – auch wenn ich für Seiya Gefühle hegte, so waren diese nicht die selben wie für Mamoru. „Hast du dir schon einmal Gedanken gemacht was ist – ich meine, was ist wenn du nicht Königin wirst!“ Etwas erschrocken sah ich zu Minako, welche an ihrem Tee nippte und in die Runde schaute. „Wie meist du das? Ich meine, wir wissen doch, dass das passieren wird.“ Konterte Makoto nur. Und auch ich nickte dazu nur. Schließlich war Chibiusa der lebende Beweis wie es kommen würde. „Ja aber – was ist wenn es anders kommt.“ Minako sah mich an und ihre Stimme hatte einen ernsten Unterton angenommen. „Ich überlege einfach was dann sein wird.“ „Spielst du damit auf Yosuke an?“ Ray sah sie etwas zerknirscht an. „Nein. Ich spiele darauf an, was dann aus uns wird. Ich habe mir einfach überlegt, dass es vielleicht nicht sinnvoll ist, dass wir unser Leben auf diese Zukunft ausrichten und dabei die Gegenwart vergessen oder auch was wir wollen. Als wir anfingen mit dem kämpfen, da dachte ich auch, dass es nichts Größeres gibt als das was wir einmal waren, aber nun – nun denke ich einfach, dass ich vielleicht mit dem was ich jetzt haben kann sehr zufrieden bin.“ Völlig fassungslos sahen wir uns an. „Was soll das heißen?“ kam es dann endlich von Ami. „Das soll heißen, dass ich darüber nachdenke für eine Weile nach England zu gehen. Eigentlich nächstes Jahr im Sommer zusammen mit Yosuke. Er will dort ein Auslandssemester machen und hat mich gefragt ob ich nicht mitkommen will. Ich würde dann das Austauschprogramm der Schule in Anspruch nehmen - “ Weiter kam sie nicht. „Wie denkst du dir das bitte? Was ist wenn uns wieder Dämonen angreifen?“ Ray war völlig empört und auch Makoto sah sie nur Kopfschüttelnd an. „Minako, ich denke, du solltest das noch einmal überdenken. Ich meine als Mamoru ins Ausland ging, da bin ich ja auch nicht mitgegangen.“ „Ja ich weiß. Und was ist dann passiert? Wir entsinnen uns alle. Außerdem hat er dich, glaub ich, auch nie gefragt.“ War ihre bissige Antwort darauf. „Ich denke einfach, dass Mamoru in einigen seiner Überlegungen was die Eigenverantwortlichkeit unseres Lebens betrifft nicht unrecht hat. Zudem will ich sehr gerne etwas für meine berufliche Zukunft tun und ich glaube in England kann ich einiges dafür lernen.“ Schweigend sahen wir uns an. Wie konnte Minako nur sowas sagen. So als wäre das was wir einmal waren nichts wert. So als wäre unsere Zukunft in Crystal Tokio nichts wert. „Diese Zukunft ist wichtig für die ganze Menschheit!“ kam es plötzlich von Luna. „Nein, denn die Menschheit weiß nichts von dieser Zukunft. Am Ende gestalten wir unsere eigene Zukunft.“ Mit diesen Worten stand sie auf und ging. „Sie kann doch nicht einfach so gehen?!“ Doch Ray packte mich sanft am Arm und schüttelte den Kopf. „Wahrscheinlich ist das wieder eine ihrer Marotten, das geht vorbei. Und das mit diesem Yosuke hält sowieso nicht so lange. Sie schafft es doch nie eine Beziehung mit einem Mann so durchzuziehen, dafür ist sie zu wankelmütig.“ „Meinst du?“ Ich war doch etwas verunsichert. Doch auch die anderen nickten nur. „Lass uns am besten noch etwas bestellen.“ Ich stimmte Ami zu und wir bestellten uns noch etwas zu trinken, bevor wir uns aufmachten um zu lernen. „Findest du mich fett?“ Luna saß vor meinem Spiegel, während wir lernten und sah sich von allen Seiten an. „Nein natürlich nicht.“ Kam es prompt von Artemis, bevor auch nur eine von uns etwas Falsches sagen konnte. Das was dieser Freund von Mamoru zu Luna gesagt hatte, nahm sie etwas mit. Ray sah auf und runzelte die Stirn „Ich würde nicht soviel darauf geben was so einer sagt. Ich meine, so einen unsympathischen Typen habe ich noch nie kennen gelernt!“ Ich nickte nur. „Ich frage mich vorher die beiden sich kennen?“ „Hmm?“ Ami sah auf. „Ich habe irgendwie gerade das Gefühl eines Déjà-vu. Diese Situation hatten wir doch schon einmal.“ „Ja stimmt. Mit Fiore. Ich erinnere mich.“ Nachdenklich überlegte ich vorher Mamoru diesen Mann kannte, denn er schien ihn gut zu kennen und sein Verhalten war wirklich sehr seltsam gewesen an diesem Tag. So kannte ich ihn gar nicht. Ich nahm mir vor, ihn am Wochenende darauf anzusprechen. Massanorie Lenjier „Es ist der neueste Schrei unter Hedgefonds- und Bankmanagern: Sie planen, tausende Mieteinnahmen zu neuen, hochkomplexen Finanzpapieren zu bündeln. Die Wall Street scheint ein neues Produkt auf den Finanzmarkt werfen zu wollen: Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" führen mit Blackstone und der Deutschen Bank zwei große Akteure Gespräche darüber, die weltweit erste Anleihe auf der Basis künftiger Mieteinnahmen zu kreieren und zu verkaufen… Hörst du mir überhaupt zu?!“ Ich sah auf und begutachtete mein Gegenüber. Steven hatte einige Finanzberichte vor sich und wir wollten eigentlich über eine neue Anleger-Möglichkeit reden, jedoch hatte ich gerade kein Ohr für sein Gerede. „Nein!“ kommentierte ich die Frage nur kurz und sachlich. „Dürfte ich erfahren wo du gerade mit deinen Gedanken bist? Ich denke nämlich, dass der Ausbau des Firmenkapitals keine unerhebliche Sache darstellt.“ „Das Firmenkapital interessiert mich gerade nicht.“ Kam es eisig von mir, während ich erneut nach meinem Handy griff, so wie schon viermal vorher an diesem Tag. Er hatte nicht zurück gerufen und er ging auch nicht dran. Erneut drückte ich die Wiederwahltaste und wartete. „Komm schon.“ Wisperte ich mehr zu mir selbst, aber nach nur zweimal läuten wurde ich wieder weggedrückt. Es hatte anscheinend keinen Sinn. So erreichte ich ihn nicht. An diesem Abend war echt alles schief gelaufen, was schief gehen konnte. Und das schlimmste war, dass ich ihm nicht nachgelaufen war. Aber was hätte ich ihm sagen sollen? Sorry, dass er mich geküsst hat? Sorry, dass das nicht alles war? Oh Gott, ich brauchte ein Wunder. Aber vielleicht musste er sich auch nur etwas abreagieren? Ich war mir nicht ganz sicher, was er nun von mir verlangte. „Du schaffst es allein den Börsenbericht zu bearbeiten und für morgen Abend ein Konzept vorzulegen, nicht wahr!“ Aussage, keine Frage. Damit stand ich auf, griff nach einer Tasche, welche in der Ecke stand und verließ mein Büro. Im Flur kam mir meine neue dusselige Sekretärin entgegen. „Herr Lenjier, eine Frage…“ „Nein. Sie dumme Sumpfkuh schaffen es nicht mal einen Kopiere zu bedienen. Selbst ihr Vorgänger war dazu in der Lage und der war nur ein Student. Dann werden sie als ausgebildete Bürokraft das wohl auch schaffen!“ giftete ich sie im vorbei gehen an. Sollte die Ziege doch losheulen, ich hatte dafür keine Zeit, wirklich nicht. Ich hatte andere Sorgen und Probleme. Nämlich einen Freund der sauer auf mich war. Ich verschwand auf die Toilette und kramte in der Tasche herum. Was ich nicht alles bereit war zu tun, nur um den lieben Friedenswillen. Seit Freitagabend, seit diesem Vorfall, war ich gereizt und wütend. Also hatte ich mir gestern in der Stadt eine Jeans und einen Pullover gekauft, genauso wie von ihm gewünscht. Vielleicht würde ihn das ja gnädig stimmen. Trotzdem machte sich in mir ein flaues Gefühl breit, als ich endlich bei ihm ankam und zu seiner Wohnung hoch fuhr. Innerlich wusste ich was das Problem war, aber eingestehen wollte ich es mir nicht. Dies hier war nur ein Missverständnis und Mamoru würde schon einknicken, wenn ich nur lieb genug darum bat – dachte ich. Die innere Stimme, welche mich seit dem Abend beharrlich auf meine Schandtat hinwies und mir in einer Dauerschleife erzählte was für ein Schwein ich war, ignorierte ich einfach. Ich klingelte an seiner Tür, aber es machte keiner auf. Etwa er war da und wollte nicht öffnen oder er war noch arbeiten. Ich musste zugeben, dass ich seine Arbeitszeiten nicht wirklich kannte – wo er arbeitete ja, wann nein. Gute Voraussetzung um spontan hier aufzutauchen. Das erneute öffnen des Fahrstuhls ließ mich aufhorchen und tatsächlich stand mir Mamoru plötzlich gegenüber. Er wirkte blass, hatte Ringe unter den Augen und wirkte auch an sich etwas mitgenommen. Lächelnd sah ich ihn an, aber im nächsten Moment konnte ich nicht leugnen, dass meine innere Stimme recht hatte. Ich hatte mir etwas vorgemacht. Er war nicht mehr mein Freund, er würde mir nicht einfach so um den Hals fallen. Sein Blick durchbohrte mich regelrecht und ohne ein Wort ging er an mir vorbei und kramte nach seinem Schlüssel. „Mamoru hör zu, es ist nicht so wie es aussah!“ „…“ „Ich meine, das war alles ein Missverständnis. Du weißt doch wie das ist, man trinkt etwas über den Durst…“ In diesem Moment öffnete sich seine Wohnungstür. „Hast du mit ihm geschlafen?“ Seine Stimme klang dünn und gepresst. Nun war ich es der schwieg. Ich wollte das hier nicht, aber ich verstand immer mehr, dass ich alles kaputt gemacht hatte. Dass Mamoru nicht nur wegen der Arbeit so blass und müde aussah. Ich war ebenso ein Grund. „Nein…“ kam es wispernd von mir. „LÜG MICH NICHT AN!“ er drehte sich zu mir um und schlug mir auf die Brust. „WAGE ES NICHT MICH ANZULÜGEN!“ Erschüttert stand ich da und dann blieb mir nichts anderes übrig – ich nickte. Und die Ohrfeige die ich daraufhin bekam, ließ mich erschrocken feststellen, dass ich zu weit gegangen war. „Ich bin doch nur eine Nummer.“ Er sah mich an und begann zu weinen. „ICH HAB DIR VERTRAUT. MEHR ALS JEMALS JEMANDEM ZUVOR! UND DU BELÜGST UND VERRÄTST MICH!“ Er schrie mich an und schlug immer wieder auf meinen Brustkorb. Ich ließ es zu und stand nur da. Was sollte ich auch tun. Er hatte ja recht. Ich war hier der Feind – ich ganz allein hatte alles weggeworfen was wir in harter Arbeit erreicht hatten und für was? Für ein paar Minuten schnellen Sex. „Wie wäre es, wenn wir reden und dann kauf ich dir was Nettes. Du kannst dir aussuchen was du willst!“ Im Nachhinein, war das mal selten dämlich. Mamoru sah mich fassungslos an und wurde nur noch wütender. „Veraschst du mich?“ fragte er mich mit einem wütenden Blick. Ein Kopfschütteln meinerseits. „DU DENKST WIRKLICH, DASS SICH DAS HIER MIT GELD LÖSEN LÄSST? SEH ICH AUS WIE EINER DEINER STRICHER?“ „Nein, so meinte ich das nicht.“ Ich kam in Erklärungsnot. „Mamoru…“ Ich wollte ihn umarmen, irgendetwas machen. Aber er wich meiner Berührung aus und atmete tief ein und aus. „Fass mich nicht an! Und verschwinde einfach.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand in seiner Wohnung. Es dauerte einige Minuten bis ich mich wieder gefangen hatte. Meine linke Wange schmerzte und ich konnte spüren wie sie langsam anschwoll. Erneut klingelte ich, aber es kam nichts zurück. Nach einigen Minuten ging ich in zaghaftes Klopfen über, aber auch hierauf folgte nichts als Stille. Nach einer halben Stunde, die ich vor seiner Tür ausgeharrt hatte, machte ich wieder auf den Weg zu meinem Wagen. Eine Weile saß ich nur dort und starrte auf die Straße vor mir. „Scheiße! Scheiße! Scheiße! SCHEIßE!“ Ich schlug mit aller Kraft auf das Lenkrad, immer und immer wieder. Gott, was war ich doch für ein erbärmlicher Kerl. Die ganzen letzten Tage hatte ich mir eingeredet, dass alles wieder gut werden würde. Dass er nur etwas sauer war. Den Gedanken, dass er mich hasste, dass ich alles kaputt gemacht hatte, diesen Gedanken hatte ich beiseite geschoben – denn dies bedeutete, dass ich ihn verlor. Ich hatte ihn verloren wegen meinem dummen Stolz, weil ich nicht Nein gesagt hatte als ich es hätte tun sollen. Was nun? Aufgeben? Ich wusste es nicht. Verzweifelt lehnte ich meine Stirn gegen das Lenkrad und musste nun selbst meine Tränen hinunter schlucken. Und ich musste mir eingestehen, dass ich mehr als nur ein beiläufiges Gefühl für ihn hatte. Andrea Lenjier „Seijiro?“ Ich klopfte an seine Bürotür und schaute zaghaft hinein. Mein Göttergatte saß hinter seinem Schreibtisch und nahm sofort die Brille ab, als ich herein kam. Wie süß er war, er hasste es wenn man ihn mit Brille sah, dabei fand ich schon, dass sie ihm stand. Aber Männer waren da sehr eitel – jedenfalls meine Männer. „Was gibt es?“ Er lächelte und lehnte sich zurück. „Du bist ja sichtlich gut gelaunt.“ Gab ich treffend zurück und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, welchen er nur mit einem Lächeln kommentierte. In letztere Zeit hatte mein Mann ausgesprochen gute Laune an den Tag gelegt und er war auch öfter zu Hause, wenn auch in seinem Arbeitszimmer. Aber ich nahm die Mühe schon wahr, mehr Zeit mit mir zu verbringen. „Was machst du gerade?“ „Einen Urlaub buchen!“ völlig überrascht sah ich auf die Internetseite der Fluggesellschaft. „Und wohin? Und wann wolltest du mir das sagen?“ Fragte ich gespielt erbost. „Ich dachte, du würdest eventuell gerne mal wieder deine Schwester sehen. Also dachte ich, wir fliegen über Neujahr nach Deutschland.“ Überwältigt von dieser lieben Geste fiel ich ihm um den Hals. „Wirklich? Du bist ein Schatz.“ Ich lehnte mich nach vorne und küsste ihn zärtlich auf die Lippen, was er gerne erwiderte. „Ich dachte, ich muss mir etwas Mühe geben, da ich ja sehr in deine Ungnade gefallen bin.“ Mir war sehr gut bewusst auf was er anspielte, deswegen war es noch schöner. Auch wenn er manchmal sehr eisig wirkte, so nahm er meine Kritik immer ernst und versuchte auch sich zu bessern. Und er war wirklich ein Romantiker – wenn er denn wollte. Das kam zwar nur sehr selten vor, aber deswegen war es ja etwas Besonderes! „Und was ist nun der Grund, warum du zu mir gekommen bist?“ „Oh richtig. Ich wollte fragen ob du damit einverstanden bist, wenn ich ein Gemüsecurry mache, mit Reis und so.“ „Klingt gut. Aber lohnt sich der Aufwand für zwei Leute?“ „Also wirklich. Soll ich etwa einfach eine Suppe machen? Ich denke nicht. Außerdem habe ich das Rezept gestern in einer Zeitschrift gefunden. Lass mir doch meinen Spaß!“ Ich strich ihm durch die Haare und gab ihm noch einmal einen Kuss. „Ich ruf dich wenn es fertig ist.“ „Gut, mach das!“ Wieder in der Küche band ich mir eine Schürze um und kramte das Rezept heraus, welche ich gestern zufällig gefunden hatte. „Fanatisches Gemüsecurry, lockerer Basmatireis dazu ein Möhrensalat, Papadamas und indisches Fladenbrot. Na wenn das nicht gut klingt.“ Mit Elan machte ich mich daran Schüsseln und Kochtöpfe heraus zu suchen, als ich plötzlich hörte wie die Haustür aufgeschlossen wurde. Meine Tochter konnte es nicht sein, da Katrin noch immer krank im Bett lag, blieb nur noch mein Sohn, welcher jedoch einen Schlüssel besaß diesen aber nur selten nutze. „Mama?“ Ich horchte auf. „Küche.“ Er nannte mich nie Mama immer nur Mum, es sei denn etwas war nicht in Ordnung. Meistens wenn er etwas ausgefressen hatte. Ohne mich umzudrehen, hörte ich ihn herein kommen. Er drückte mir einen Kuss auf die Wange und lehnte sich an die Anrichte hinter mir. Ich wusste sehr genau, dass ich, wenn ich fragen würde, keine Antwort bekam, also hieß es abwarten. Eine Zeitlang kam nichts. „Erinnerst du dich noch an René?“ „War das nicht dieser dämliche Junge, der dich damals so verkaspert hat, der nach Finn? Um es einmal human auszudrücken?“ „Ja, genau der. Weißt du auch noch wie er mich „verkaspert“ hat?“ Seine Stimme klang irgendwie angeschlagen. Nachdenklich versuchte ich mich zu erinnern. Ja da war es wieder. „Oh ja, du hast gedacht ihr hättet eine Beziehung und dann hat er doch mit diesem anderen jungen Mann geschlafen. Dieser René war einfach nur schlimm, ich meine, was muss in einem Menschen vorgehen, wenn man jemanden so behandelt.“ „Großartig!“ „Bitte?“ ich drehte mich um und sah Massanorie nun an und ließ erschrocken das Messer fallen. „Oh mein Gott. Was hast du gemacht?“ Ich ging zu ihm rüber und legte meine Hand auf seine Wange, welche rot und leicht geschwollen war. „Ich hol dir einen Eisbeutel!“ Doch Massanorie hielt meine Hand fest und schüttelte den Kopf. „Schon gut. Lass es. Ich bin jetzt René!“ wisperte er nur, während er zum Küchentisch ging, sich einen Stuhl ran rückte und sich setzte. „Was?“ Ich verstand gerade nicht worauf er hinaus wollte. Ohne es mir zu erklären sah er mich an und auch wenn es etwas dauerte aber so langsam fiel der Groschen auch bei mir. „Massanorie – mit wem?“ In diesem Moment kam mein Mann in die Küche. „Ist das gerade Massanorie gewesen?“ Er sah unseren Sohn und knallte ihm das Telefon auf den Tisch. „Steven hat gerade angerufen und sich über dein mangelndes Engagement beschwert. Wie kommst du darauf einfach so aus der Firma zu verschwinden und andere mit deinen Aufgaben zurück zu lassen.“ Ich blickte Massanorie an und sah seinen Blick, welchen er mir zuwarf als mein Mann Stevens Namen nannte. „Seijiro?“ Ich berührte meinen Mann am Arm, welcher sich zu mir umdrehte. „Alles in Ordnung?“ Er sah wohl mein etwas blasses Gesicht und schaltete sofort auf fürsorglichen Ehemann um. „Ja alles gut. Aber würdest du mich mit Massanorie allein lassen, bitte?“ Ich sah ihn bittend an und obwohl ich sah, dass er noch nicht fertig war, sah er auch, dass etwas nicht stimmte. Sein Blick lag auf Massanorie, welcher sein Gesicht in seine Hände gelegt hatte und meinen Mann einfach ignorierte. „Gut, aber dass ist noch nicht geklärt.“ Ich nickte nur und war dankbar, dass er wieder ging. „Du hast mit Steven geschlafen?“ Langsam setzte ich mich und nahm seine Hand. „Ist das alles?“ Da war noch mehr, dass wusste ich. „Mamoru – er weiß es. Er hat gesehen – wie ich – wie Steven mich geküsst hat und dann war ich heute da und dachte das wird schon, aber dann ist alles einfach über mir zusammen gestürzt. Ich habs dann zugeben und Mamoru – so hab ich ihn noch nie erlebt.“ „Hast du von ihm dieses Andenken?“ Mein Sohn nickte und strich sich über die Wange. „Eigentlich hätte er noch fester zuschlagen müssen!“ „Wieso hast du das getan? Wieso schläfst du denn mit Steven? Ich dachte, das mit Mamoru und dir ist etwas Festes?“ „Ich hab etwas zu viel getrunken, war eifersüchtig, wollte Spaß und dann hab ich halt nicht mehr nachgedacht. Keine Ahnung. Ich weiß es im Nachhinein nicht mehr.“ „Du weißt ich liebe dich, aber ehrlich, das war ja mal das dämlichste was du je gemacht hast!“ Mahnend sah ich ihn an, stand auf und ging zurück zur Arbeitsplatte wo mein kleiner Kürbis lag, den ich noch schneiden musste. Eine Weile lang kam nichts von ihm und ich wusste nicht was ich sagen sollte. „Was mach ich denn nun?“ Er stand nun neben mir und sah mir zu. Seufzend sah ich ihn an. „Massanorie? Sag mir, wie hast du dich damals denn gefühlt?“ Er überlegte und wurde plötzlich sehr nachdenklich. „Ich war wütend, aber eigentlich mehr verletzt. Ich hatte ihm vertraut und er hat mich gedemütigt damit…“ Seine Stimme wurde leiser, er dann stand da und sah nur aus dem Fenster. „Ich hab Scheiße gebaut.“ Ich nickte nur und strich ihm über den Arm. Erst jetzt fiel mir auf, das mein Sohn einen wollweißen Pullover trug und eine Jeans. Etwas überrascht sah ich ihn an. Er bemerkte meinen Blick und lächelte. „Mamoru hat gesagt, dass er sich nicht mehr mit mir in der Öffentlichkeit sehen lassen kann, wenn ich immer aussehe wie ein Bestatter… Das war bevor…“ Er seufzte und biss sich auf die Lippe. „Was mach ich denn nun?“ Wieder sah er mich fragend an. Doch ich schüttelte nur den Kopf. „Weißt du, ich glaube du musst ihm Zeit lassen. So wie du muss er auch mit jemanden darüber reden…“ „Mit wem denn?“ unterbrach er mich. „Das ist ja das Problem, seine Freunde wussten doch nicht, dass wir etwas hatten. Er hat mit mir geredet. Und nun bin ich das Arschloch und was bleibt ist, dass er ganz allein damit ist. Ich bin wie seine Ex. Ganz toll!“ Ratlos sah ich ihn an. Was sollte ich meinem Sohn denn jetzt sagen. Ich hatte ihn schon lange nicht mehr so gesehen, so ratlos und verloren. „Ich würde sogar zu meinem Erzeuger gehen, wenn er einen Ratschlag hätte der mich weiter bringt. Also wenn du mir sagst, ich soll zu ihm gehen, dann geh ich auch zu dem rüber!“ Er meinte es wirklich ernst, wenn er schon Hilfe von seinem Vater annehmen würde. „Beruhige dich erst einmal. Es hilft jetzt keinem wenn du dich verrückt machst und ganz sicher hilft es Mamoru nicht. Ich meine, du verlangst nun eine Sofort-Hilfe. Aber die gibt es nicht. Hast du dich eigentlich bei ihm entschuldigt?“ Natürlich ging ich davon aus, aber besser einmal nachfragen. „Nicht so richtig!“ kam es nun von meinem Sohn. Perplex sah ich ihn an. „Wie bitte? Das ist jetzt nicht dein ernst. Du gehst zu ihm und alles, aber du entschuldigst dich nicht. Wenigstens das hat er wohl verdient. Das ist doch wohl nicht zu viel verlangt!“ Fassungslos wandte ich mich wieder meinem Rezept zu. „Tut mir leid!“ Kam es jetzt nur kleinlaut von ihm. „Also bei mir musst du dich nicht entschuldigen!“ Gab ich nur etwas gereizt als Antwort. Ich war schon etwas wütend auf ihn, auch wenn er mit leid tat. Seufzend reichte ich ihm ein Messer und den Blumenkohl. „Hier, du kannst mir helfen.“ Ohne einen Widerspruch begann Massanorie mir zur Hand zu gehen. Es verging etwas Zeit in der ich das Curry und den Reis aufgesetzt hatte und mir nun erneut das Rezept durch las. Massanorie hatte mir fleißig geholfen und sah mich eine Weile aus den Augenwinkeln an. „Du hast noch was Dummes angestellt, oder?“ Ich drehte mich zu ihm und musterte ihn. Ich kannte doch meine Kinder und Massanori hatte immer noch diesen: Mama, ich hab noch mehr Müll gebaut Blick drauf. Er wich meinem Blick aus und holte sich eine Cola aus dem Kühlschrank. „Kann sein, dass ich noch was Dummes gesagt habe.“ „Oh Gott. Und was?“ „Ich hab ihm gesagt, dass – naja, dass ich als Entschädigung kaufen würde was er will.“ Ich schüttelte nur fassungslos den Kopf. Wie konnte mein Sohn denn so dumm sein. Wenn er Mist baute dann aber richtig. „Und was hat er gesagt?“ Fragte ich etwas erschöpft über die Erkenntnis, dass mein Sohn manchmal wirklich ein Sonderfall war. „Er wurde noch wütender und hat gesagt er wäre keiner meiner sonstigen Stricher!“ Er nippte an der Cola. „Im Nachhinein war das wohl nicht meine beste Wortwahl gewesen. Aber ich wollte es doch nur gut machen.“ „Aber du kannst doch nicht alles mit Geld lösen.“ Kam es nur traurig von mir. „Ja das hat er auch gesagt.“ Er hob den Kochtopfdeckel an und warf einen Blick hinein. „Du solltest froh sein, wenn Mamoru nicht die Bürgersteigseite wechselt wenn er dich sieht.“ „Danke Mum. Das hilft mir ungemein.“ Kam es nur leise von ihm. „Na gut, es ist jetzt so wie es ist. Und machen kannst du erst mal nicht viel. Ich würde sagen, dass du ihm jetzt etwas Zeit gibst. Und dann entschuldigst du dich aufrichtig bei ihm und hoffst, dass er dir nicht noch eine langt.“ Ich holte drei Teller aus dem Schrank und drückte sie Massanorie in die Hand. „Aber?“ „Nichts aber. Wie gesagt, eine Sofort-Lösung bekommst du nicht. Du hast das verbockt, nun musst du auch mal etwas Empathie zeigen und Mamoru Zeit geben. Und selbst wenn er dir das verzeiht, wird es nicht einfach für dich. Dir ist doch klar, dass er dir nicht mehr vertrauen wird, selbst wenn er dir das verzeiht.“ Massanorie sah mich an und nickte dann nur. „Denk daran, nicht du bist hier das Opfer.“ Ich strich ihm über den Arm und schob ihn sanft in Richtung Esszimmer. „So und nun deck den Tisch. Du isst mit uns. Und wenn du schon auf dem Weg bist, kannst du deinem Vater Bescheid sagen, dass das Essen gleich fertig ist.“ „Aber…“ „Aber? Nichts aber. Du klopft an sein Büro, wirst dir einen Anschiss holen, weil du einfach abgehauen bist aus dem Büro und dann essen wir zusammen.“ „Dir ist bewusst, dass ich keine 15 mehr bin, oder?“ Er wurde etwas zickig und sah mich provozierend an. „Dann benimm dich auch nicht so!“ konterte ich nur. „Und sieh mich nicht so an.“ Er maulte kurz verschwand dann aber doch aus der Küche. Nachdem Seijiro und Massanorie ihre Streitigkeiten ausgetragen hatten, was wie immer nicht ohne eine gewisse Lautstärke von statten ging, saßen wir am Tisch und aßen. Mein Mann war wohl wenig über das da sein von Massanorie begeistert, sagte aber nichts. „Und? Wie schmeckt es dir?“ „Gut. Aber hat mir dein Essen je nicht geschmeckt?“ Er schmunzelte und sah mich an. „Hmm, mir würden da einige Male einfallen.“ Er lachte leise und nahm sich einen Nachschlag. „Und was ist mit dir Massanorie?“ Dieser nickte nur und stocherte in seinem Essen herum. Er war sichtlich mitgenommen und wirkte gedanklich abwesend. „Vergiss nicht das Essen am Freitag mit Steven und seinem Vater. Es ist wichtig, dass Senior gut gelaunt ist, wenn wir am Samstag die Papiere unterschreiben. Du weißt ja wie das sonst wieder endet.“ Seijiro warf Massanorie einen missbilligen Blick zu, welcher jedoch nur nickte wie zuvor. „Kommst du auch mit?“ Massanori sah nun auf und schob seinen Teller von sich weg. „Ja, dein Vater hat mich gefragt, zudem ist es ja kein richtiges Geschäftsessen. Eher eine Mischung aus Privat und Geschäft.“ „Hmm.“ War alles was als Antwort kam. Seufzend sah ich Massanorie an und fragte mich, ob er das jemals wieder hinbekam. Mir tat Mamoru leid, dass hatte er sicherlich nicht verdient. Besonders, weil ich der festen Überzeugung war, dass Massanorie nur sehr geringe Chancen hatte jemals etwas Besseres als ihn zu finden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)