Step Into My World von RallyVincento ================================================================================ Kapitel 71: Step sixty-nine… Children ------------------------------------- Ein Kind ist ein Buch, aus dem wir lesen und in das wir hinein schreiben sollen. Peter Rosegger Andrea Lenjier Mit was für Kinder war ich denn bitte gestraft? Mein ältester Sohn hatte die Sturheit erfunden und wollte unter keinen Umständen zugeben, wenn er Mist baute. Meine Tochter dachte sie müsse erwachsener sein als sie war, nur weil sie ein Kind hatte und fragte nie um Hilfe. Und mein jüngster Sohn dachte wirklich, dass nur weil er Stress mit meinem ältesten hatte, er nicht mehr kommen dürfte und er war eben manchmal immer noch ein kleiner Junge. Nichts als Ärger mit den Kindern. Seufzend sah ich Mamoru an. „Also nimm die Box und ich hoffe es schmeckt.“ Mamoru sah mich schweigend an, gerade als er etwas erwidern wollte tauchte eine Frau hinter ihm auf. „Guten Tag.“ Ich lächelte freundlich und verbeugte mich. „Guten Tag.“ „Oh, Frau Tzumito ist meine Chefin und das ist…“ nun zögerte er und sah mich an. In seinem Blick sah ich Unsicherheit, genau wie damals am Anfang. schoss es mir durch den Kopf. „Lenjier Andrea, seine Mutter. Es freut mich. Entschuldigen Sie die Störung. Mein Sohn hatte nur sein Mittagessen vergessen, es ist eben egal wie alt sie sind, immer muss man aufpassen.“ Die Frau lachte nur und nickte. „Ja das kenn ich, mein Bruder gehört auch zu diesen zerstreuten Menschen. Manchmal denke ich er würde verhungern, wenn ich nicht wäre.“ Ich lachte nun ebenfalls. Mamoru schwieg sich aus und wartete geduldig und stumm wie immer darauf, dass wir zu Ende geredet hatten. „Es hat mich sehr gefreut, sie kennen zu lernen.“ Ich schüttelte Akeno-san die Hand und verabschiedete mich. „Ebenfalls.“ „Mamoru, bringst du mich noch zum Tor?“ „Ja.“ Damit trottete er neben mir her. „So, was hat er gesagt?“ „Was?“ Er sah mich aus den Augenwinkeln an. „Er hat doch etwas gesagt? Ich kenne dich nun doch schon etwas Mamoru und ich kenne ihn. Und an deiner Reaktion und weil du dich nicht mehr meldest merke ich doch, dass er was gesagt haben muss. Irgendwas was mit deinem Vater und mir zu tun hat.“ Doch Mamoru sagte nichts. „Nein alles gut. Wir hatten nur einen kleinen Streit. Nichts worüber…“ „Ich fass es nicht. Du lügst mich an. Mich, deine Mutter.“ Ich stemmte die Hände in die Hüfte und schüttelte den Kopf. „Fassungslos bin ich. Na gut, wenn du es nicht sagen willst, dann reden wir eben heute Abend beim essen.“ „Also. Ich kann nicht…“ „Ich schicke deinen Vater später vorbei, der kann dich von der Arbeit abholen und dann kommst du zum essen. Wenn du jetzt diskutieren willst, tu das später mit deinem Vater. Und deinen Bruder packe ich mir auch noch, ich weiß ja jetzt, dass da was war. Versteh mich nicht falsch, mich gehen eure Beziehungssachen nichts an, wenn ihr das nicht wollt. Aber das hier scheint nichts Beziehungsmäßiges zu sein, sondern was Familiäres und das geht mich definitiv was an!“ „Bitte.“ Mamoru fasste mich an der Hand und sah mich flehend an. „Bitte rede nicht mit ihm und mecker auch nicht. Ich… es war ein dummer Streit und wir… das wird bestimmt wieder.“ Doch in seinem Blick lag nicht gerade Hoffnung und auch seine Stimme klang nicht sehr überzeugt. „Mamoru…“ „Nein bitte. Bitte sprich ihn nicht darauf an. Und ich kann heute Abend nicht - wirklich.“ Er drückte meine Hand und sah mich verzweifelt an. Seufzend nickte ich. „Na gut. Dann sage ich nichts. Aber wenn du heute Abend nicht kommen willst, dann kommst du Morgen früh bei uns vorbei und sag mir jetzt nicht es wäre ein Umweg, dass ist es nicht. Und dann bringst du mir die Bentobox und ich mach dir Frühstück. Und das ist nicht verhandelbar.“ Damit drückte ich seine Hand ebenfalls, strich ihm über die Wange und gab ihm einen Kuss auf eben jene. „Ich hab dich lieb. Merk dir das, also komm vorbei.“ Ich sagte am Abend nicht ein Wort darüber, dass Mamoru nicht da war. Ich fragte Massanorie nicht und tat so als wäre es das normalste von der Welt. Dass er mich zwischendurch ansah und wahrscheinlich auf etwas wartete ignorierte ich einfach. Nur ein einziges Mal erwähnte ich Mamoru und zwar als ich Massanorie mitteilte, dass er morgen zum Frühstück kommen würde und ich ihm danach sein Fahrrad anbieten würde um zur Arbeit zu fahren. Schließlich brauchte er mit dem Rad von uns aus nur 15 Minuten. Massanorie murmelte etwas als ich ihn bat nach dem Reifendruck zu schauen, verschwand und kam schließlich ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren wieder. Der nächste Tag begann früh, Mamoru musste um halb acht im Kindergarten sein, dass hatte er uns am Freitag erzählt als Katrin und er nach Hause kamen. Heißt er würde sicherlich um halb sieben hier aufschlagen. Die Misosuppe auf dem Herd dampfte vor sich hin, während ich alles andere vorbereitete, plus das Essen für ihn zum mitnehmen. Zugegeben, ich war stolz auf mich, anstatt wie früher bei den anderen beiden, die dem klassischen japanischen Frühstück überhaupt nichts abgewinnen konnten wusste ich, dass ich meinem Mann und Mamoru damit eine Freude machen würde. Und ich glaube mir gelang das ganz gut, auch wenn ich am Abend zuvor meine Schwiegermutter anrufen musste. Diese war völlig erstaunt, dass ich sie anrief und noch mehr als sie erfuhr, dass ich einige Tipps fürs Frühstück brauchte. Fast würde ich meinen wir hätten uns gut unterhalten. Seijiro erschien im Morgenmantel in der Küche, streckte sich etwas und sah mir über die Schulter. „Du machst ein klassisches Frühstück?“ „Für meine beiden Männer nur was sie mögen. Sei froh, dank Mamoru bekommst du das demnächst öfter.“ Ich kicherte leicht als er mich küsste und lächelte ihn danach an. „Ich liebe dich Seijiro.“ „Ich dich auch.“ Plötzlich hörte ich das Türschloss. „Oh er kommt wirklich? Und dann auch noch um kurz nach sechs.“ Seijiro wirkte überrascht, aber ich wusste, dass er kommen würde. Massanorie Lenjier „Guten Morgen.“ War alles was ich hervorbrachte, als ich kurz in die Küche kam. „Guten Morgen. Ich dachte, du wärst Mamoru.“ Meine Mutter lächelte mich an, doch ich verdrehte nur die Augen. „Was machst du denn um diese Zeit schon hier? Willst du mit uns…“ „Nein bin ich nicht, und nein will ich nicht. Ich bin mal eben in der Garage.“ Damit ging ich in Richtung der Tür die vom Haus in die Garage führte, knallte die Tür hinter mir lauter zu als gewollt und schaltete das Licht ein. Das Auto meines Vaters stand hier, sowie einige anderen Sachen, Kartons und so ein Plunder. Mein altes Mountainbike stand angelehnt an der Wand, dort wo ich es unsanft abgestellt hatte. „Ich bin so ein Idiot. So ein Kindskopf, wirklich schlau gemacht Massanorie. Echt… ich kann wirklich stolz auf mich sein. Benehme mich wie ein zehnjähriger, aber ihm halte ich das vor…“ während ich nach einer Luftpumpe suchte, hörte ich die Tür, die sich öffnete und wieder schloss. „Was suchst du?“ Mein Vater sah mich fragend an. „Die Scheiß Luftpumpe!“ fauchte ich nur und suchte die verdammte Garage danach ab. „Hast du nicht gestern Abend geschaut ob es aufgepumpt ist?“ Ich hörte mit dem wühlen auf, strich mir durch die Haare und seufzte. „Ja sollte man denken, nicht wahr.“ Kam es nur leise von mir. Doch dann sah ich wie mein Vater sich bückte und neben den Reifen des Bikes etwas aufhob. Ich kratzte mich am Kinn und suchte weiter. „Willst du mir vielleicht was sagen?“ Er hielt mir die Ventile hin, die ich gestern, weil ich wütend war, einfach raus geschraubt hatte. „Was willst du hören? Dein Sohn ist ein Idiot, der seinem Freund nicht die Familie gönnt? Der Eifersüchtig ist und weil ich nicht noch mein Fahrrad mit ihm teilen wollte, einfach beschlossen hatte die Luft raus zulassen? Was soll ich denn sagen?“ fauchte ich nur. „Mist. Das war so albern gestern Abend. Und ich – ich bin so dumm. Also wollte ich es wieder gut machen, aber jetzt finde ich die beschissene Luftpumpe nicht.“ „Ging euer Streit darum?“ Er legte die Ventile auf das kleine Regal neben der Tür. „Er hat es euch erzählt?“ Seufzend lehnte ich mich gegen die Wand. „Nein hat er nicht, er hat deine Mutter gebeten dich nicht drauf anzusprechen, denn sie ahnte etwas in die Richtung. Aber er wollte das nicht, hat sie gesagt. Er meinte wohl es wäre alles ok, nur ein kleiner Streit.“ Ich schmunzelte. „Dieser Baka. Anstatt mich zu verpetzen, beschützt er mich noch. Wieso ist er bloß so ein Gut-Mensch?“ Leise lachend sah ich zu dem Fahrrad. „Es ist einfach ausgeartet. Es fing mit etwas banalem an… aber das willst du sicherlich nicht hören.“ Doch mein Vater schloss zu meiner Verwunderung die Tür und setzte sich auf die kleine Stufe und winkte mich zu sich. „Unser erstes Vater-Sohn Gespräch und es ist in der Scheiß Garage.“ Kam es nur bissig von mir, als ich mich neben ihn setzte. „Kannst du aufhören zu fluchen?“ Er sah mich aus den Augenwinkeln an, kramte in seiner Morgenmanteltasche und hielt mir sein kleines silbernes Zigarettenetui hin. „Das bleibt aber unter uns.“ Kam es nur mahnend von ihm, als wir uns beide eine ansteckten. „Also, was ist passiert?“ „Ich war wütend. Er wollte unbedingt, dass Katrin bei uns schlief und ich wollte einfach mit ihm allein sein. Da hab ich ihm vorgeworfen, dass er keinen Sex mit mir haben will.“ Ich machte eine kurze Pause, mein Vater zog an seiner Zigarette und ich wusste es musste ihm schwer fallen mit mir über sowas zu reden. Er deutete mir an weiter zu reden. „Naja dann haben wir uns etwas in die Wolle bekommen und ich hab ihm gesagt, dass er manchmal echt dumm ist. Und später ist es dann ausgeartet, ich wollte mich entschuldigen. Er war stur wie immer und dann haben wir uns in Rage geredet. Und plötzlich hab ich ihm vorgeworfen, dass er eine Heulsuse ist und zickig...“ Ich zog an meiner Zigarette. „Naja und dann meinte ich nur, dass ihn ja keiner ertragen würde. Und das ich gerne mit einem Erwachsenen zusammen wäre und nicht mit einem Kind. Dass ihn vielleicht deswegen keiner wollte, weil er nervt. Er war dann schon geknickt und ich habe es gesehen und hab den Mund nicht halten können. Mamoru meinte dann, das du und Mum ihn nicht nervig finden, da war er schon ganz kleinlaut, aber ich hab ihm gesagt, dass ihr meine Eltern seid und dass er gehen soll, sich bei jemand anderen einnisten…“ Seufzend sah ich wieder auf das Fahrrad. Mein Vater blieb die ganze Zeit stumm. „Willst du nicht, dass er sich bei uns wohl fühlt?“ Seine Stimme klang ernst, aber nicht wütend. „Ich… ich will…“ ich überlegte und sagte einfach was ich dachte, auch wenn es so kindisch klang. „Ich will euch nicht teilen mit ihm und ich will ihn nicht teilen mit euch.“ Ich schüttelte den Kopf, weil es lächerlich klang. „Mamoru gehört dir nicht, er ist nicht dein Eigentum. Und was uns angeht. So haben wir genug Platz für drei Kinder. Sei mir nicht böse, aber du warst so wenig ein guter großer Bruder wie ich ein guter Vater war.“ Ich seufzte und nickte. „Ja stimmt wohl.“ Wisperte ich nur, bevor ich schweigend rauchte. Mein Vater drückte die Zigarette an der Steinstufe aus und legte den Stummel zurück in das silberne Etui, welches er sofort wieder in der Tasche seines Morgenmantels verschwinden ließ. „Weißt du, als ich deine Mutter kennen lernte, da habe ich mich sehr lange sehr dumm angestellt. Aber nachdem ich mich zusammengerissen hatte, da hab ich dann gefragt ob sie mit mir ausgeht und sie hat Ja gesagt und nach einigen Treffen in denen wir uns näher kennen lernten, hab ich sie das erste Mal geküsst. Und so langsam hab ich dann alle ihre kleinen Macken kennengelernt und ihre liebevollen Eigenarten.“ Er lächelte und schwärmte richtig von ihr. So kannte ich ihn gar nicht. „Auch wenn das nichts mit dem zu tun hat, was ich dir gerade erzählt habe – aber sowas hatten Mamoru und ich nicht.“ „Vielleicht ist das das Problem.“ Damit klopfte er mir auf die Schulter, stand auf, deutete mir an von der Stufe zu rücken damit er gehen konnte. „Und die Luftpumpe liegt neben den Farbeimern, auf dem Regal links.“ Er öffnete die Tür, schmunzelte und ging. Nachdenklich sah ich ihm hinterher, bevor ich die Ventile nahm und die Luftpumpe vom Regal zog, genau dort wo mein Vater gesagt hatte. Nach einigen Minuten hatte ich die Reifen wieder aufgepumpt. Ich schloss die Tür zur Garage leise und konnte Mamoru hören. Er erzählte gerade wie seine ersten Tage im Kindergarten abgelaufen waren. Zaghaft klopfte ich an den Türrahmen und räusperte mich. „Bin fertig und hau jetzt ab.“ Mamoru zuckte merklich zusammen als er mich sah. Einen Moment herrschte schweigen. Gerade als ich mich umdrehen wollte, hörte ich meinen Vater. „Setz dich und Frühstück mit uns. Deine Mutter hat sich heute selbst übertroffen.“ Meine Mutter lachte leise und bat mich ebenso zu bleiben. Mamoru aber blieb stumm. Verübeln konnte ich es ihm nicht. „Was gibt es denn?“ Lächelnd setzte ich mich an den Küchentisch und sah, zu meiner Überraschung, ein richtig japanisches Frühstück. „Ok. Also Reis, Misosuppe und Fisch… naja mal was anderes.“ Kam es nur seufzend von mir. „Ich hab noch eine salzig-sauer eingelegte Pflaume, deine Großmutter sagt, die gehört dazu und weckt die Lebensgeister.“ Besser als jede kalte Dusche meinte sie nur. Lachend stand meine Mutter auf und holte mir ein Schälchen mit Reis und Fisch. „Willst du auch ein Ei?“ „Ich nehme an du meinst nicht gekocht oder gebraten?“ „Nein Massanorie, sie meint roh.“ Mein Vater schmunzelte und ich verneinte dankend. Rohe Eier waren ja gar nicht mein Fall, ebenso wie das eingelegte Gemüse. Im Büro brauchte ich erst einmal einen Baggel, oder sonst was, was satt machte. Mamoru saß mir gegenüber und sprach nicht mehr ein Wort, aber anders als ich schien er dieses Frühstück zu mögen. Das Fahrrad das meine Mutter ihm anbot lehnte er ab, jedoch erst als er hörte, dass es mein altes war und ich seit Jahren nicht mehr nutzte… naja ich hatte es nie genutzt. Es ging bloß ums haben. Er lief lieber zu Fuß, bedankte sich für das Essen und die Bento Box und versprach, nach drängen meiner Mutter nach der Arbeit vorbeizukommen um diese für morgen wieder abzugeben. Vielleicht hätte ich etwas sagen müssen, aber was sagte man denn bitte? Gerade wusste ich nicht einmal was ich anders machen musste oder bei wem der Fehler lag. Jedoch sprach alles gerade dafür, dass der Hauptteil des Fehlers bei mir zu suchen war. Mamoru Chiba Den Tagesbeginn hatte ich mir anders vorgestellt. Warum war er auch unbedingt an diesem Morgen dort? Eigentlich wollte ich mich entschuldigen, aber irgendwie hatte ich es nicht geschafft. Und auch wenn ich mich eigentlich von den beiden distanzieren wollte, weil es Massanorie anscheinend störte, schaffte ich es nicht. Wieso konnten er und ich nicht einfach eine harmonische Beziehung führen? Das knurren meines Magens riss mich aus meinen Gedanken. „Verräter.“ Nuschelte ich nur. Das Bento war großartig gewesen und ich fand es toll, dass sie mir sowas machte. Leider gewöhnte sich mein Magen schnell an Hausmannskost und wahrscheinlich war das der Grund warum ich vielleicht, aber auch nur vielleicht, das Angebot bei ihnen zu Abend zu essen annehmen würde. Natürlich hatte das nichts damit zu tun, dass sie Aal machen wollte – überhaupt nichts. Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen als ich um die Ecke bog und das große Haus schon sah. Ich wollte mich nicht entscheiden, aber gerade wusste ich nicht was mir wichtiger war, Massanorie oder eine Familie zu haben, ein Zuhause… Nachdenklich blieb ich stehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit ging ich weiter und stockte als ich das Tor aufschob und Massanorie im Vorgarten sah. Es dämmerte schon, es war recht kalt und trotzdem kniete er in einer Jeans und einem Pullover vor seinem Mountainbike. Als er mich sah sprang er auf und wischte sich die schmutzigen Hände an einem Lappen ab. „Hey.“ Kam es nur kurz von ihm. „Hey.“ Erwiderte ich nur. Einen Moment sahen wir uns an und irgendeiner hätte nur etwas sagen müssen, aber es blieb bei dem Hey. Ich ging an ihm vorbei und kramte nach dem Schlüssel in meiner Jackentasche, hielt dann aber kurz inne. Ob er sauer würde, wenn ich mit dem Schlüssel aufschloss? Vielleicht sollte ich es nicht noch schlimmer machen und klingeln? „Du kannst auch durch die Garage, wenn du deinen Schlüssel nicht findest.“ Überrascht zuckte ich zusammen und drehte mich zu ihm um. Er deutete auf die offene Garage. „Ist das ok – für dich?“ kam es zaghaft von mir. Massanorie nickte sofort übertrieben. „Klar. Ich meine, natürlich wieso nicht. Also ist ja nicht so als wärst du ein Fremder… also nicht, dass ich das will oder denke…“ er wirkte so als wüsste er gerade selber nicht was er redete. Ein kleines schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen als ich an ihm vorbei ging, gerade als ich in der Garage stand kam er mir hinter her. „Es tut mir leid.“ Ich biss mir auf die Unterlippe, atmete dann einmal kurz ein und aus und drehte mich um. „Mir auch.“ Wir beiden starrten uns verunsichert an, doch anscheinend hatte Massanorie noch mehr auf dem Herzen. „Ich hab mich dämlich verhalten und hab Dinge gesagt, die man nicht sagen sollte. Und das alles nur weil ich dich nicht teilen will. Nicht mit Katrin, nicht mit meine Eltern, mit deinen Freunden oder anderen Menschen. Ich weiß ich bin besitzergreifend, aber bei dir ist es so schlimm. Mein Vater – also unser – also – du weißt was ich meine… Er hat recht, du bist nicht mein Eigentum und ich kann nicht so tun, als könnte ich über dich bestimmen.“ Einen Augenblick lang sah ich ihn nur an. „Danke.“ Ich lächelte etwas und fand es fast etwas schmeichelhaft, dass er mich nicht teilen wollte. Er wischte sich weiterhin die Hände an dem dreckigen Tuch ab. „Ich hab von Anfang an alles falsch gemacht. Den ganzen Tag habe ich im Büro darüber nachgedacht und so hätte das alles nicht laufen sollen. So wie bei ihnen, bei Mum und Dad hätte es laufen müssen.“ Jetzt war ich verwirrt. „Was meinst du?“ Noch immer stand ich in der Garage und versuchte nicht allzu unsicher zu wirken. „Unsere Beziehung. Ich hab mich dir aufgedrängt. Von Anfang an wollte ich meinen Willen haben, dass du nachgibst, mit unserem ersten Kuss war das so, mit dem Essen gehen. Eigentlich ab ich dich immer genötigt. Das mit deinem Zusammenbruch war auch nur, weil ich meinen Willen haben wollte und jetzt will ich dir aufzwingen so zu sein wie ich es will. Dabei muss sowas doch anders laufen. Ich hätte dich hofieren müssen oder so, mit dir ausgehen, deine Nummer bekommen und sowas…“ „Naja aber jetzt ist es eben so und ich hätte ja nein sagen können, also bei den meisten Sachen jedenfalls.“ Kam es unsicher von mir. „Ja sicher. Du und nein sagen. Nicht böse sein, aber du bist nicht sehr gut darin und ich bin nicht gerade dafür bekannt ein Nein zu akzeptieren.“ Er lachte traurig auf und sah mich seufzend an. „Und nun?“ Er zuckte mit den Schultern. „Also ich dachte, wenn du Lust hast, dann könnten wir zusammen was essen gehen. Nichts Großes oder so, vielleicht eine Ramen oder sowas.“ „Du magst keine Ramen.“ Kam es lächelnd von mir. Er war süß wenn er so herum druckste. „Ja stimmt, dass du dir das gemerkt hast. Aber das meine ich. Du weißt solche Dinge, ich nicht.“ „Ich habs dir auch nicht erzählt.“ Versuchte ich es schmunzelnd. „Also woher willst du sowas wissen.“ „Deswegen würde ich gerne mit dir ausgehen, wir könnten einfach nur reden. Über alles oder nichts und dann schauen wir, dass es besser wird. Nicht so wie jetzt, denn ich glaube damit schaden wir uns nur.“ Einen Augenblick dachte ich darüber nach. „Ok… ich bring nur die Box rein und dann können wir ja spazieren gehen oder so…“ Mir kam die Idee etwas komisch vor, aber er gab sich Mühe und vielleicht hatte er recht. Bei Bunny lief es auch nicht so ab, wie er es beschrieben hatte. Wir waren plötzlich zusammen und dann war es so. Lachend saßen wir uns gegenüber. Es war ein schöner Abend und wir hatten, glaub ich, noch nie so viel Spaß gehabt. Nachdem wir eine Weile nur herumgelaufen waren und geredet hatten, saßen wir nun bei einem kleinen Italiener und teilten uns eine Pizza. „Also Paprika auf Pizza ist ok? Aber ansonsten nicht?“ Er sah mich belustigt an. „Ja, klingt komisch. Aber ich finde Paprika hat, wenn sie gekocht wurde, ne super eklige Konsistenz, genau wie Tomaten. Also wenn man sie roh isst. Gekocht gehen die schon, aber bei Tomaten finde ich das labbrige im inneren sehr eklig.“ Ich verzog das Gesicht. „Ok. Aber dir ist bewusst, dass dieses Glibberige in Tomaten konsistenzmäßig…“ „Ja ich weiß, das ist was anderes.“ Kam es schnell von mir, ich wurde rot und räusperte mich. „Was ganz anderes.“ Massanorie nickte nur und verkniff sich ein lachen. „Und was ist mit Sport? Also ich weiß das du gerne Fußball spielst. Aber schaust du auch gerne Fußball?“ Massanorie nahm einen Schluck Cola, während ich ihn entgeistert ansah. „Oh Gott, bei deinem Gesichtsausdruck war das die falsche Frage.“ „Wie kannst du das Fragen? Natürlich und nur dass du es weißt, der FC Tokyo ist ein toller Verein und der beste überhaupt. Also pass auf was du sagst.“ Dass er überhaupt sowas fragen konnte, der hatte ja so gar keine Ahnung. „Stehen die zurzeit nicht auf Platz 2 der Tabelle, ist aber doch nur ein Zweitlegistenverein, oder? Ich glaube die haben das letzte Spiel sogar verloren…“ völlig geschockt sah ich ihn an. „Die haben verloren, weil der Schiri ein Idiot ist und nicht wegen ihrer Spielweise. Das war ein klares Foul und das hat der Vollfosten einfach nicht gewertet. Deswegen haben sie verloren! Und nur dass du es weißt, die steigen dieses Jahr sicher auf in die erste Liga. Das ist ganz klar!“ „Du und Dad werdet euch bestimmt wegen dem Thema in die Wolle bekommen, denn er ist definitiv kein F.C. Tokyo Fan, sondern Kyoto Sanga Fan.“ Ich schnaubte nur verächtlich. „Die sind auch in der zweiten Liga und nicht mal annähernd so gut wie der FC Tokyo.“ Der weitere Abend war wirklich nett und plötzlich war es zwischen uns anders als sonst. Wir liefen nebeneinander her und redeten über dies und das. Unsere politischen Ansichten, über Sport, über Hobbys, es war wirklich wie bei einem ersten Date – naja so stellte ich es mir wenigstens vor. „Also ich denke es gehört sich so, dass ich dich nach Hause bringe und eventuell bekomm ich dann noch einen kleinen Kuss. Aber nur wenn mein Date findet, dass es ok ist.“ Schmunzelnd stupste ich ihn an. „Wir schauen mal.“ „Aufregend.“ Witzelte er nur und lachte leise. „Jetzt bleibt nur die Frage wo ich dich hinbringe? Willst du zu dir oder nach Hause zu unseren Eltern?“ „Du musst das nicht sagen, wenn du nicht willst.“ Kam es leise von mir, denn ich wusste nicht wie er es wirklich fand, dass ich noch immer bei Ihnen ein und aus ging. „Mamoru hör zu. Ich bin ein Idiot und ich werde dich nicht wählen lassen. Sie lieben dich und ich weiß, dass du es verdient hast ein zuhause zu haben und Eltern. Dass ich so dumm reagiert habe tut mir wirklich leid. Und um dir die Wahl zu erleichtern, ich weiß, das Mum Sachen von dir dort hat. Also nur falls du die Entscheidung an frischen Sachen festmachst.“ „Ok?“ verwundert war ich nun schon. „Warum...?“ „Als du eine Weile dort gewohnt hast, hat sie Klamotten von dir da behalten, damit du spontan dort mal schlafen kannst. Ich weiß das, weil ich gesehen habe wie sie diese in meinen alten Kleiderschrank packte.“ Einen Moment schwieg ich. „Ich hätte einen kürzeren Weg und da es jetzt schon spät ist…“ ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr, wo die Zeiger verdächtig auf die 23 Uhr zu rückten. Er brachte mich also nach Hause und wir standen uns unschlüssig gegenüber, ohne so richtig zu wissen was wir tun sollten. „Also ich hau dann mal ab und wenn du magst, dann könnten wir das morgen nochmal machen?“ Ich nickte und merkte, dass ich rot wurde. „Ja, es war eine schöne Idee von dir.“ „Danke, ich fand es erst albern, aber er hatte wohl recht. Vielleicht fehlte uns diese richtige Kennenlernphase.“ „Ja vielleicht.“ Wir sahen uns noch etwas an. „Ok, oh und ich hab das Bike geölt und so, also du kannst es gerne benutzten. Ich hab es vor Jahren einfach nur gekauft, naja weil ich es konnte. Du kennst mich ja.“ Er zuckte mit den Achseln und strich sich durch die Haare. „Ja tu ich und ich überlege es mir.“ „Gut.“ Wieder sahen wir uns an, aber dann drehte er sich um und wollte gehen. „Hey. Also ich finde schon, dass ein Kuss drin ist – wenn du willst?“ kam es schnell von mir. Ich hörte wie er erleichtert ausatmete. „Gott sei Dank…“ Er lachte, nahm meine Hand und zog mich leicht an sich. „Denn das vermisse ich seit Tagen.“ flüsterte er nur, bevor er mich sanft küsste. Und es war anders als sonst, diesmal fühlte es sich neu und aufregend an. Er löste sich von mir und ich konnte sehen, dass er lächelte. „Dich zu küssen ist viel besser als Sex.“ Ich lachte leise und lehnte meine Stirn an seine. „Du bist doch ein Schamör.“ „Aber das bin ich nur für dich, wenn du es willst.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)