Step Into My World von RallyVincento ================================================================================ Kapitel 60: Step Fifty-eight... Mother -------------------------------------- Die Mutter ist ein Glück für jeden in seiner Not. Wer eine Mutter hat, der hat eine Beschützerin, und ohne Beschützerin ist, wer sie nicht hat. Mahābhārata Mamoru Chiba In meiner Wohnung herrschte Stille, nur das Ticken der Uhr und die leisen Atemzüge meines Freundes waren zu hören. Massanorie war irgendwann eingeschlafen, hatte seinen Kopf auf meinen Schoss gelegt und schlief nun tief und fest. Die Zeiger der Uhr bewegten sich verdächtigt auf die 5:30 Uhr zu. Mein Problem war, ich war nicht müde. Nicht ein bisschen. Auf dem kleinen Tisch neben dem Sofa lag mein neu erworbenes Buch mit dem Titel „Ich lebe MEIN Leben – In 10 Schritten zu einem selbstständigem Menschen!“ Die Therapeutin hatte mir von solchen Büchern abgeraten, aber was sollte es schon schaden. Irgendwie musste es ja weiter gehen. Das Buch lag auf Massanories Brustkorb, während ich las. „4. Höre auf, dich um das Schicksal anderer Menschen zu kümmern! Es ist einfach, sich mit der Situation anderer zu beschäftigen und darüber zu philosophieren, was diese Person macht, nicht macht, besser machen sollte … STOPP! Wie bringt dich das in DEINEM Leben weiter? Überhaupt nicht! Diese Art des „Sorgens” ist nutzlos und reine Zeitverschwendung. Denke besser darüber nach, was du machen solltest und besser machen könntest. Arbeite an deinem Charakter und deiner Kompetenz und übernimm Verantwortung für dein eigenes Leben...“ „Hey!“ ich zuckte zusammen und sah in Massanories Gesicht, seine Augen waren einen Spalt geöffnet und er atmete tief ein und aus. „Na Dornröschen.“ kam es schmunzelnd von mir, während meine Finger weiter durch seine Haare fuhren. „Kraulst du mich?“ er schloss die Augen wieder und schmunzelte verschlafen. „Hmm. Ich fand das beruhigend.“ Kam es leise von mir. „Ich mag das.“ Massanorie schnurrte gerade und ich lächelte ihn sachte an. Meine Finger schlugen das Buch zu. „Was liest du?“ „Ach nichts.“ Kam es nur schnell von mir. Doch Massanorie griff nach dem Buch und grinste leicht. Er öffnete seine Augen und sah auf den Einband. „Was für ein Scheiß.“ Kam es nur abwertend von ihm, bevor er das Kapitel aufschlug, welches ich gerade am Lesen war. Seine Augen wanderten über das Blatt, bevor er mich ansah, das Buch zuklappte und es auf den Boden warf. „Lies nicht so was. Was soll das denn mit diesem Kapitel?! Sich nicht um andere Kümmern. Das kannst du doch gar nicht. Und das ist gut so. Schmeiß das aus dem Fenster und fertig.“ Seine Hand griff nach meiner. Bockig und stur wie ich war, verdrehte ich die Augen. Massanorie setzte sich langsam auf und belächelte meine Art, bevor er sich streckte. „So ein kleines Schläfchen tut gut.“ Nun lachte ich leise auf. „Kleines Schläfchen? Du hast fast 5 Stunden geschlafen. Es ist schon morgen.“ Damit stand ich ebenfalls auf und streckte mich, bevor ich in die Küche ging. „Was?“ seine entsetzte Stimme klang hinter mir her. „Und du bist die ganze Zeit sitzen geblieben, anstatt mich einfach mal ins Bett zu schicken?“ Er kam hinter mir her und lehnte sich gähnend an den Kühlschrank. Achselzuckend setzte ich Teewasser auf. „Ich kann sowieso nicht schlafen, also war es ok. Außerdem hab ich gelesen und Ferngesehen.“ „Na dann…“ Er zog mich eng an sich und grinste leicht. „Ich kenne da eine Methode die dich sicherlich müde machen wird.“ Ich zog eine Augenbraue hoch und musterte ihn belustigt. „Kann ich mir vorstellen, aber Sex ist etwas das du dir verdienen musst nach dem gestrigen Tag. Also danke, aber nein danke. Außerdem muss ich noch duschen und fahre dann zu deiner Mutter.“ Damit löste ich mich aus seiner Umarmung und sah zu wie das Wasser zu kochen begann. Massanorie nuschelte etwas vor sich hin, bevor er aus der Küche verschwand und ich die Badezimmertür hörte. Nach einigen Minuten hörte ich die Tür wieder. „Willst du auch einen Tee?“ Rief ich. „Nein. Ich geh wieder ins Bett. Nacht. Und hol dir jetzt deine Sachen aus dem Schrank, hab keine Lust wegen dir aufzuwachen.“ Wie süß, er schmollte. Kopfschüttelnd ging ich ins Schlafzimmer und sah ihm kurz zu wie er sich aus seinen Sachen schälte und sich nur mit Shorts unter die Decke verkroch. „Kindskopf.“ Kommentierte ich sein Verhalten nur, bevor ich mir etwas Anständiges zum anziehen aus dem Schrank holte. Aber bevor ich das Zimmer verließ, kniete ich mich über ihn und stahl mir einen kleinen Kuss, was er nur brummend zur Kenntnis nahm. „Liebe dich.“ „Ja, denk ich mir.“ Kam es nur leise, aber noch bevor ich die Schlafzimmertür schloss, drehte er sich um. „Dito.“ Grinsend, das ich meinen Willen bekommen hatte trank ich meinen Tee, ging duschen und verließ um kurz nach sechs die Wohnung. Andrea Lenjier Es war noch dunkel, als ich das Haus verließ und die Tür leise ins Schloss zog. Langsam, weil der Gehweg leicht gefroren war, ging ich in Richtung Straße. „Guten Morgen.“ Ich zuckte zusammen und sah nach links. Mamoru kam auf mich zu, was ich durch die Laternen gut erkennen konnte. „Du kannst einem ja einen richtigen Schrecken einjagen.“ Kam es nur schmunzelnd von mir. „Entschuldige.“ Er zupfte an seiner Mütze und sah mich verlegen an. Einen Moment lang standen wir uns schweigen gegenüber. „Mamoru. Es tut mir leid, was gestern…“ Doch er winkte nur sofort ab. „Ich hab doch schon gesagt, dass es ok war. Ich hab mich im Ton vergriffen und wie ich Massanorie schon sagte, war es nicht das erste Mal, dass ich angeschrien wurde. Also alles gut.“ Dass er sowas sagte machte mich traurig. Aber noch weiter darüber reden brachte wahrscheinlich wirklich nichts. „Also, wollen wir ein Taxi rufen oder das Auto nehmen?“ Mamoru lachte leise und schüttelte den Kopf. „Nein. Ganz klassisch mit der Odeo Linie, bis zur Tsukijishijo Station. Dann sind es nur noch wenige Minuten. Ich dachte mir, so kann ich dir am besten eine Sightseeing-Tour bieten.“ „Es ist wirklich peinlich, dass ich mich, obwohl ich schon solange hier lebe, überhaupt nicht richtig auskenne.“ Etwas peinlich berührt sah ich Mamoru an, während ich meinen Schal fester zog. Mamoru lachte nur. „Dafür hast du ja jetzt mich. Und ich war noch nie mit jemandem auf dem Fischmarkt. Ich finde ja das muss man mal gesehen haben und gerade jetzt wo sich Seijiro besser ernähren muss und Fisch ja super gut ist für Herzpatienten, sollte es nur der Beste sein und den bekommt man eben auf dem Tsukiji Fischmarkt.“ Auf dem Weg zur Bahnstation hakte ich mich bei Mamoru ein, was er etwas verlegen zur Kenntnis nahm. Um es logisch zu begründen meinte ich nur, dass es ja glatt war und alte Menschen musste man stützen. Diese Aussage ließ ihn leise lachen und schon war es auch nicht mehr so komisch für ihn. Ich wusste gar nicht mehr wie lange ich schon nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren war. Die Bahn war voll, die Leute drängelten, Schuluniformen ohne Ende und überall. Aber es war spannend und machte sogar Spaß, gerade weil ich das nicht jeden Tag machen musste. Wir stiegen gerade an der Station aus wo wir hin wollten, als ich damit begann Mamoru etwas zu löchern. „So. Ein guter Fremdenführer sollte mir nun einige Informationen geben." Wieder hakte ich mich bei ihm ein. Mamoru sah mich an und überlegte. „Was willst du denn wissen?“ „Naja jetzt ist der Moment wo du mir was über den Fischmarkt erzählen musst. Seit wann gibt es ihn, was ist so besonders… sowas eben.“ Mamoru überlegte und biss sich dabei auf die Unterlippe. „Also… lass mich überlegen. Der Fischmarkt ist jetzt knapp 65 Jahre alt, wurde also 1935 gebaut. Wobei es bereits in der Edo-Zeit einen gab, allerdings befand er sich in einem anderen Stadtteil, in Nihonbashi. Erst mit nach den Reis-Aufständen im Jahr 1918 und dem Kanto-Erdbeben 1923 wurde der Markt hier wieder neu aufgebaut.“ Er sah mich an und schien abzuwägen ob sein erzähltes auf Interesse stieß oder nicht. „65 Jahre. Das ist wirklich schon sehr beachtlich.“ Neugierig sah ich ihn an. „Ähm, ja was noch. Oh warte… der Tsukiji-Fischmarkt, ist weltweit der größte Markt für Fisch und Meeresfrüchte. Und hier wechseln jeden Tag über zweitausend Tonnen Fisch aus aller Welt von über 400 verschiedenen Arten ihren Besitzer und werden an den hunderten Ständen zum Verkauf angeboten. Was man als Privatperson wissen muss ist, dass der Markt aufgeteilt ist in zwei Teile, einen inneren, in dem die Fischauktionen stattfinden und lizensierte Großhändler ihren Fisch an Restaurantchefs und Ladenbesitzer verkaufen. Aber Touristen brauchen eine Spezielle Genehmigung um bei den Auktionen zuzusehen, man sieht es eben nicht gern wenn Fremde dabei sind. Hat was mit Marktwirtschaft und so zu tun. Hat mich nicht sonderlich interessiert als ich hier war. Naja und der äußere Teil ist ein Gassengewirr von kleinen Läden, die Fisch, Lebensmittel, Küchenutensilien verkaufen und natürlich gibt es viele Sushi-Restaurants.“ „Und was war deine Aufgabe hier?“ Ich sah mich interessiert um, als wir die Halle betraten. Anders als erwartet war hier ein kleiner Markt wo Früchte angeboten wurden. „Das ist der Obstmarkt, man muss hier durch und kommt dann in den Bereich mit Fisch und so. Und ich hab im inneren Teil gearbeitet. Kisten geschleppt und Fisch verladen in die LKWs. Ein paar Mal durfte ich auch beim filetieren dabei sein, das ist schon spannend. Dafür werden bis zu einem Meter lange Messer verwendet. Teilweise können die Tunfische bis zu 300 Kilo wiegen. Meist sind dazu gleich zwei Personen nötig. Die gefrorenen Thunfische werden mit einer elektrischen Säge zerteilt, das ist Wahnsinn. Aber es ist anstrengend und man hat einen sehr unregelmäßigen Tagesablauf, weil ich immer so um zwei Uhr schon hier war.“ Beeindruckt sah ich mich um und dann wieder zu Mamoru zu sehen. „Um zwei Uhr?“ Mamoru nickte. „Jepp. Um 3 Uhr morgens wird der Fisch entladen und zu den einzelnen Ständen gebracht, um 5 Uhr starten dann die Fisch-Auktionen. Die ersten Stände öffnen um 7 Uhr. Zwischen 8 und 10 Uhr ist es dann hier wirklich rappelvoll, aber das ist schon was Besonderes. Um 11 Uhr schließen die ersten Läden, und um 13 Uhr rücken die Putzkolonnen an.“ „Das klingt nach Knochenarbeit.“ Mamoru nickte. Wir schlenderten durch die vielen kleinen Gängen und ich stellte überrascht fest was es hier nicht alles zu kaufen gab. Wobei ich die meisten Meeresbewohner nicht einmal kannte. Hier herrschte eine hektische Atmosphäre, überall liefen Menschen umher, es wurde gerufen und geschrien, Roller und Hubwagen fuhren schnell an uns vorbei und Mamoru zog mich nicht nur einmal leicht zur Seite, damit ich nicht umgefahren wurde. Er bewegte sich, im Gegensatz zu den vielen anderen die hier waren, sehr selbstsicher. Wir kamen nicht gerade schnell voran, wobei das an mir lag, weil ich überall stehen blieb und mich umsah. „Mamoru, schau Muscheln.“ Ich sah mir die schwarz roten Muscheln an die leicht geöffnet da lagen. „Willst du welche mitnehmen?“ Mamoru stand neben mir und schaute mir über die Schulter. Kopfschüttelnd sah ich ihn an und lachte. „Oh nein. Lass mal, meine Kochkünste sind bei Aal schon an ihrer Grenze.“ „Ach quatsch. Du kochst großartig.“ Kam es erbost von ihm. „Danke! Aber lass uns mal nach Pangasius, Lachs oder Kabeljau Ausschau halten.“ Wir sahen uns weiter um, als ich an einem Fischstand hängen blieb der Lachs verkaufte. „Guten Morgen.“ Der Fischverkäufer sah mich lächelnd an. „Guten Morgen.“ Erwiderte ich nur, bevor ich mich kurz umdrehte und Mamoru ein Zeichen gab das ich hier stand. „Ich hätte gerne Lachs und haben Sie auch Aal?“ Ich sah in die verschiedenen Boxen, entdeckte jedoch keinen Aal. „Nein Aal bekommen sie bei mir leider nicht. Aber wenn sie hier weiter gehen und dann links, bei den Riesentintenfischen rechts und dann beim Barracudastand wieder rechts, kommen sie zu einem Stand der verschiedenen Aal verkauft.“ Etwas verwirrt sah ich meinen Gegenüber an. „Am besten Sie sagen ihm das nochmal.“ Dabei deutete ich auf Mamoru, der nur einige Meter hinter mir stand und sich mit einer Frau unterhielt die hier wohl arbeitete. „Ach ist das nicht Chiba? Dann sind sie seine Mutter?“ Der Verkäufer klang überrascht aber freundlich. Ich wollte gerade etwas erwidern, aber der Verkäufer war mitten im Redefluss. „Einer der besten Jungen die hier mal gearbeitet haben. Hat immer Kisten geschleppt bis zum Umfallen. Immer fleißig, wenn auch still und unnahbar. Hat ja nie viel von sich erzählt, aber war immer der erste der morgens da war und der letzte der ging.“ Etwas stolz sah ich wieder zu Mamoru, anscheinend hatten die Leute eine bessere Meinung über ihn als er selber dachte. „Sind sie mit dem Auto hier? Und wollen Sie noch mehr einkaufen?“ „Ähm. Nein, also wir sind mit der Bahn hier und ja ich glaube, ich kaufe noch etwas mehr ein. Wieso?“ Er verstaute zwei weitere Kartons und sah mich fragend an. „Wenn sie wollen, lass ich Ihnen den Fisch später liefern. Machen wir sonst nur für Restaurants, aber wegen Chiba mach ich eine Ausnahme. Sagen sie den anderen Verkäufern nur, dass sie ihren Einkauf zu mir bringen sollen. Katō Nibori.“ Etwas verdutzt sah ich den Mann an. Mamoru Chiba „Alles gut?“ ich tippte Andrea auf die Schulter die sich kurz zu mir drehte und nickte. „Ja sehr gut sogar.“ Sie lächelte mich an und sah sich den Lachs an. „Na Chiba. Hab dich fast nicht erkannt. Ist ja schon ne Weile her.“ Ich sah den Verkäufer an und erkannte ihn auch sofort. Ich hatte mit 16 hier schon gearbeitet, wobei ich da nur im inneren Bereich geholfen hatte, weil ich ja zu jung war. Aber mit knapp 20 hatte ich dann auch viel im äußeren Teil geholfen. Meistens Kisten geschleppt und Hubwagen gefahren. Katō-san hatte diesen leichten Dialekt, an dem man erkannte, dass er eigentlich aus Yokohama kam. „Hallo.“ Kam es nur kurz von mir. „Immer noch schweigsam. Hab deiner Mutter gerade erzählt, dass sie Glück hat. Wegen dir liefere ich die Sachen heute zu ihr. Dann bleiben sie wirklich frisch.“ Ich zuckte sofort merklich zusammen und sah zu Andrea. Diese jedoch lächelte und deutet auf einige sehr schöne Lachsstücke. „Ich habe ihn nicht korrigiert. Aber wenn es dir unangenehm ist, dann darfst du es gerne klarstellen.“ Wisperte sie leise und berührte mich am Arm. Ich wusste nicht so recht was ich sagen sollte. Mir stieg die Röte ins Gesicht und ich schwieg als wir weiter gingen und Andrea noch weiteren Fisch kaufte. Wir waren fast zwei Stunden hier als wir vor einem kleinen Sushi Restaurant stehen blieben. Eine Weile mussten wir anstehen, aber Andrea schien das nicht zu stören. Sie schien wirklich Spaß zu haben. Ich stocherte in meinem Reis herum und seufzte leise. „Bist du mir Böse?“ ich sah sie an und merkte dass sie mich Schuldbewusst ansah. „Nein.“ Kam es nur leise von mir. „Mamoru. Ich hätte es korrigiert, aber ich fand es schön, dass er das meinte. Ich hab es nicht verleugnet weil ich unbedingt wollte das er den Fisch liefert, nur falls du denkst, es ginge mir um meinen…“ „Nein. Das hab ich nicht gedacht. Ich weiß, dass du sowas nie aus Eigennutzen tun würdest.“ Unterbrach ich sie schnell. Nein das hatte ich wirklich nicht gedacht. Es war nur seltsam. „Was dann?“ sie legte ihre Hand auf meine und drückte sie leicht. „Ich… ich weiß nicht. Es ist nur ungewohnt und komisch.“ Kam es leicht lächelnd von mir. „Nach dem Essen, was wirklich sehr gut ist“ Sie zwinkerte mir zu. „könnten wir ja zu Fuß in Richtung Zuhause gehen. Dann machen wir noch einen Stadtbummel, wenn du magst.“ Ich machte mir mal wieder Gedanken über Dinge die überhaupt nicht wichtig waren. Dabei bemühte sich Andrea so sehr und ich wollte ihr doch etwas Gutes tun, um ihr was zurück zu geben, für all die Aufmerksamkeit die sie mir schenkte. Und nun dachte ich wieder nur an mich und grübelte. Ich war echt doof. „Eine gute Idee. Und es gibt einige schöne Straßen hier in der Nähe und auch kleine Läden, die sehr traditionell sind.“ Kam es lächelnd von mir. Andrea hatte viel mehr eingekauft auf dem Fischmarkt wie sie wollte, aber sie meinte nur, dass es einfach zu viel gab was man unbedingt ausprobieren müsste. Sie hatte sogar Aal gekauft und meinte nur, die müsse ja schließlich auch was im Haus haben wenn ich vorbei kam. Sie hatte sich wieder bei mir eingehakt und wir schlenderten durch die Straßen, unterwegs hatten wir noch einen Kaffee getrunken und uns unterhalten. Über nichts wichtiges eher normaler belangloser Smalltalk. Andrea erzählte mir gerade von ihren Geschwistern in Deutschland als ich abrupt vor einem Buchladen stehen blieb und ich in die Auslage starrte. Jetzt ein Buch kaufen können, also ein Buch was mir nicht aufzählte wie schlecht mein Leben war. Massanorie hatte Recht, das war eine doofe Investition gewesen. Aber mein Konto zeigte mir, dass ich das knicken konnte. Die letzten Reserven die ich noch hatte gingen für die Therapeutin drauf und wie viele Termine ich noch machen konnte wusste ich auch nicht so richtig. „Wollen wir reingehen?“ Andrea stupste mich an und zog mich ohne eine Antwort abzuwarten in den Laden. „Ich suche mal eben bei den Kochbüchern.“ Kam es gut gelaunt von ihr. Meine Schritte führten mich eher in die Fachbücher Abteilung, wo mich medizinische Bücher anlachten und ich anfing in einigen zu blättern. Beim Lesen fiel mir auf, dass ich diese Dinge eigentlich immer noch spannend fand. Aber jetzt war es sowieso zu spät. Die Anmeldfrist zur Nachprüfung für die Quereinzusteiger lief in einer Woche aus. Und selbst wenn ich mich noch anmelden würde, die Gebühr dafür hatte ich nicht und den Test der zwei Wochen später stattfand – wie sollte ich dafür noch lernen? Also warum sich Gedanken machen um etwas was sinnlos war. Ich stellte die Bücher wieder zurück und schlenderte weiter durch die Abteilungen. Eigentlich war es für mich unüblich, aber ich blieb in der Romanabteilung hängen und durchstöberte die Regale. Ich war nie der Romanleser gewesen, aber ich sollte vielleicht doch mal was Neues ausprobieren. Und wenn ich etwas im Überfluss hatte, dann war es Zeit. Ziellos griff ich in die Regale und nahm einige Bücher, die mich aber nicht ansprachen heraus. Und dann musste ich fast auflachen vor Ironie. In meiner Hand hielt ich einen Roman mit dem Titel "Endymion" Ich drehte das Buch herum und lass mir den Rückentext durch. „Die Kirche hat den Schlüssel zum ewigen Leben gefunden und infolgedessen die Macht über unzählige Sonnensysteme an sich gerissen. Gnadenlos verfolgt sie jeden durch Raum und Zeit, der ihren Herrschaftsanspruch gefährdet. So auch Raul Endymion und seine Begleiterin Aenea — denn Aenea trägt etwas in sich, das die Macht der Kirche in ihren Grundfesten erschüttern und die Geschichte der Menschheit erneut radikal verändern könnte …“ Mal ein Roman der nicht nur interessant klang, wegen dem Namen des Hauptcharakters, sondern auch von der Story. Ich schlug die ersten Seiten auf und begann zu lesen und fand es wirklich spannend. „Na, was gefunden?“ Ich zuckte zusammen, schlug das Buch zu und stellte es zurück ins Regal. „Nein. Nicht wirklich.“ Kam es nur schnell von mir. „Ok? Mamoru, wenn du etwas findest was du haben möchtest…“ „Alles gut. Ich hab nur nichts gefunden.“ Ich winkte ab und versuchte das Thema von mir weg zu lenken. „Aber du hast anscheinend schon was gefunden.“ Ich deutete auf die Bücher in ihrer Hand. Sie seufzte. „Ja. Zwei Bücher über kochen mit Fisch und ein schönes Diätkochbuch. Ich denke damit kann ich Abwechslung in Seijiros Speiseplan bekommen. Er meckert in letzter Zeit schon etwas, weil er kein Fleisch mehr essen soll. Das passt ihm nicht so richtig.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Sollen wir zur Kasse gehen?“ Nickend sah ich sie an und ging in Richtung Kasse. „Was bedrückt dich Mamoru?“ Sie legte die Bücher auf die Theke und lächelte der Verkäuferin zu. „Bitte?“ Etwas überrascht sah ich sie an und wusste nicht was sie meinte. Doch sie sagte nichts, sondern sah auf die Bücher die eingescannt wurden. Gerade als das letzte Buch eingescannt war, sah ich, dass unter den Kochbüchern der Roman lag den ich in der Hand gehabt hatte. „Ich…“ „Du kannst meckern wie du willst. Kaufen werde ich das Buch trotzdem.“ Damit gab sie der Verkäuferin Geld und drückte mir die Tüte in die Hand. „Hier. Dafür darfst du die Tüte tragen.“ Damit lächelte sie mich an, nahm das Wechselgeld und verließ den Laden. „Dahinten gibt es ein kleines Café. Lass uns dort rein. Langsam wird es etwas kalt.“ Ich verneinte es nicht, sondern lief ihr hinter. Das Café war klein, aber fast leer. Wir bestellten beide einen Kaffee und ich sah sie immer wieder über den Rand der Tasse an. „Willst du mir sagen, was los ist?“ Ich schüttelte den Kopf, weil ich mir doof vorkam. Aber sie bohrte auch nicht mehr und mir kamen die Worte der Therapeutin wieder in den Kopf. Das ich meine Probleme in Worte fassen musste, denn mit Schweigen kam ich nicht weiter. „Massanorie wird jetzt Firmenchef. Das macht dich sicherlich stolz?“ kam es leise und schüchtern von mir. Andrea sah auf, sah in ihre Tasse und seufzte. „Geht so. Also ich bin schon stolz auf ihn, besonders weil er und sein Vater sich nun besser verstehen. Aber nun mit Anfang 30 die Firma zu übernehmen, ich weiß nicht ob das nicht zu viel für ihn wird. Der Druck wird ja dadurch nicht geringer und ich habe Angst, dass eure Beziehung darunter sehr strapaziert wird.“ Sie sah mich an und trank einen Schluck. „Was ist mit dir Mamoru. Was hältst du davon?“ Nun biss ich mir auf die Unterlippe und suchte nach passenden Worten. Eine Weile, mir kam es vor wie Stunden, saß ich nur schweigend da. „Ich hab Angst. Er wird nun ein richtig großes Tier und ich… ich weiß kaum wie es weiter gehen soll. Wie mein Leben wird, wie ich überhaupt über die Runden kommen soll.“ Ich flüsterte, weil ich merkte wie schwer es mir fiel das auszusprechen. „Aber es liebt dich. Und…“ „Ich weiß. Aber wie sieht das denn aus? Mein Freund ist der Chef einer riesigen Firma mit Filialen in der USA und Deutschland und ich arbeite wahrscheinlich mein Leben lang in Aushilfsjobs.“ Frustriert sah ich sie an und schluckte schwer. Sie nickte nur leicht, legte ihre Hand auf meine und drückte sie leicht. „Ein Déjà-vu. Fast habe ich das Gefühl ich würde mit mir selber reden, als ich Seijiro geheiratet habe. Aber ich sage dir, dass deine Angst einerseits unbegründet ist und andererseits weiß ich, dass es an dir nagen wird. Egal was ich sage. Nur du allein kannst gegen diese Ängste etwas tun. Nicht ich oder Seijiro, nicht einmal Massanorie. Wir können dich nur unterstützen, aber die Last kann dir keiner abnehmen.“ Es war tröstlich und gleichzeitig frustrierend. „Ich hab gesehen, wie du vorhin in Medizinbücher geschaut hast. Möchtest du wirklich nicht mehr Medizin studieren?“ Wieder schwieg ich und starrte in meine fast leere Tasse. Andrea drückte meine Hand und bestellte noch einmal zwei Tassen Kaffee. „Ich weiß es nicht.“ Kam es frustriert von mir und ich spürte wie ich meine eigenen Worte hasste. „Ich – es hat schon Spaß gemacht. Aber ich glaube ich wäre kein guter Arzt. Und selbst wenn…“ Nun hatte ich so viel gesagt. Ich stockte, zog meine Hand zurück und begann mit meinen Fingern zu spielen. Sie war geduldig und wartete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)