Step Into My World von RallyVincento ================================================================================ Kapitel 36: Step Thirty-five... Love ------------------------------------ “Das große Glück der Liebe besteht darin, Ruhe in einem anderen Herzen zu finden.” Julie Jeanne de Lespinasse Andrea Lenjier "Du könntest es ihm aber ruhig anbieten." kam es nun leicht resignierend von mir, diese Diskussion würde ja doch zu nichts führen. "Andrea. Wieso ist dir das so wichtig?" Seijiro lehnte sich etwas zurück und sah mich an. "Weil ich nicht verstehe, was so schwierig daran ist, dass du Mamoru endlich anbietest das er dich beim Vornamen nennen darf. Er ist Massanories Partner..." "Und wir wissen nicht wie lange das so bleibt. Wenn die beiden es schaffen ein Jahr voll zu bekommen, dann reden wir weiter." Seijiro war in dieser Hinsicht wirklich stur, er wollte es nicht, also ließ er sich auch auf keine weitere Diskussion ein. "Na gut." Seufzend griff ich nach seiner Hand und schüttelte den Kopf. "Aber stur bist du trotzdem." Er streichelte meine Hand sachte, als sich plötzlich die Schiebetür öffnete. Mamoru lächelte uns an und verbeugte sich zur Begrüßung. "Guten Abend und danke für die Einladung." Ich verdrehte nur die Augen und wollte gerade aufstehen, als Seijiro mich zurückzog. "Du solltest dir abgewöhnen ihn immer gleich umarmen zu wollen." "Seijiro... na gut." Ich wusste ja, dass er nicht ganz unrecht hatte, Mamoru mochte es nicht so sehr, ließ es aber zu. Also blieb es bei einem Nicken unsererseits. Ich mochte dieses Restaurant und zwar nicht nur wegen dem guten Essen, sondern auch weil mir Seijiro hier einen Antrag gemacht hatte. Es war für seine Verhältnisse sehr romantisch gewesen und ich freute mich immer wenn wir hier hin gingen. Ich schwelgte in Erinnerungen und bekam gar nicht mit, dass auch Massanorie den Raum betrat und sich beiden uns gegenüber setzten. "Mum?" Ich zuckte kurz zusammen und sah Massanorie in die Augen, welcher mir direkt gegenüber saß. Mamoru schaute mich ebenfalls etwas besorgt an, doch Massanorie setzte sofort ein grinsen auf. "Sie schwelgt schon wieder in Erinnerungen. Du musst wissen, hier hat mein Vater ihr einen Antrag gemacht - in diesem Restaurant." Mamoru lächelte mich an. "Dann muss es ja was besonderes sein hier immer wieder hinzukommen." Verlegen nickte ich und sah Seijiro an. Auch er lächelte leicht und drückte meine Hand nun etwas fester. "Ist das eklig, wie die Teenager..." "Sei still Massanorie." gab ich nur ruhig zur Antwort. "Wenn du mal in unser Alter kommst, dann wirst du auch so kitschige Momente haben." Ich sah wie er zu Mamoru blickte und lächelte. Die beiden schienen heute ja besonders gut gelaunt zu sein, denn wenn ich mich nicht irrte, dann turtelten sie auch etwas. Massanorie und Mamoru tuschelten etwas und lachten leise, bevor sie sich wieder uns zuwandten, mein Mann beäugte das etwas kritisch, aber ich tätschelte seine Hand nur und lächelte. In meinen Augen war es sehr schön Massanorie so zu sehen, so kannte ich ihn gar nicht und es war einfach beruhigend, dass er doch noch jemanden gefunden hatte - jemanden den wir mochten und der seine Launen ertragen konnte. Ich glaubte, dass Seijiro es eigentlich auch als positiv empfand, dass Mamoru mit Massanorie zusammen war, aber er sträubte sich noch immer etwas gegen die Vorstellung, dass unser Sohn sein Glück nur in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung finden würde. Vielleicht fiel es ihm auch nur so schwer, weil Massanorie sein einziger Sohn war... "Warst du hier schon einmal essen?" Seijiro sah kurz nach draußen in den beleuchteten Garten und dann zu Mamoru. Dieser schüttelte nur den Kopf. "Nein. Aber ein Freund hat mir heute erzählt, dass es hier sehr schön sein soll. Er meinte zwar, dass es neben dem Tokyo Tower liegt, aber das es wirklich genau danebenliegt das ist schon toll. Und man kann ihn überhaupt nicht sehen, wenn man hier sitzt." Mamoru schien wirklich begeistert und Seijiro lächelte ihn kurz an. "Das Design des Hauses ist sorgfältig konzipiert, alle Zimmer haben einen Blick auf den Garten im Innenhof, aber der Tokyo Tower bleibt völlig aus dem Sichtfeld der Gäste. So vermittelt es dem Gast, dass er gar nicht direkt in der Innenstadt ist, das entspannt mehr. Es gibt insgesamt 55 Zimmer, genug, um mehr als 500 Personen zu bewirten. Vorne am Eingang gibt es vier Räume die extra für Rollstuhlfahrer eingerichtete wurden. Heutzutage ist Barrierefreiheit ein immer größeres Thema. Weißt du in welchem Stil die Räume eingerichtet sind?" Er musterte Mamoru, wobei sich Massanorie gleich wieder reinreiten musste. "Dad. Lass ihn zufrieden. Was soll die Ausfragerei. Wir wollen hier essen und Mamoru will keine Immobilie kaufen. Mein Vater denkt, nur weil er in das Restaurant mit investiert hat, dürfte er jeden immer wieder darauf hinweisen wie Traditionsbewusst hier alles ist." Ich schüttelte den Kopf und wollte Massanorie gerade etwas sagen, als Mamoru sich einschaltete und anscheinend tat er einfach so als würde er Massanorie gar nicht hören. "Zashiki Stil, das ist die Bezeichnung für einen Raum der mit Tatami-Matten ausgelegt ist. Man kann ihn auch washitsu nennen. Entstanden sind diese Räume in der Heian-Zeit, also 794-1185. Es diente zuerst in Adelspalästen dazu dass die Adeligen höher saßen als Gäste oder Menschen niederen Standes, später dann wurden ganze Räume mit Strohmatten ausgelegt und diese Räume wurden für Empfangsräume oder Gästezimmer verwendet. Zudem wurden dann die für einen Raum im Zashiki Stil typischen einfachen Einrichtungsgegenstände verwendet; flache Tische mit passenden Zaisu-Stühlen. Später kamen dann in einigen Wohnungen und öffentlichen Gebäuden sogenannte Beinbrunnen dazu, um die Sitzqualität zu erhöhen." Stille. Massanorie sah Mamoru nur mit offenem Mund an und ich konnte mir ein beeindrucktes "Oh." nicht verkneifen. Mein Mann dagegen schien mehr als nur erfreut, denn er lächelte Mamoru an und nickte. " Du musst in japanischer Geschichte sehr gut gewesen sein." Mamoru lächelte leicht und strich sich verlegen durch die Haare. "Ja schon. Ich mochte japanische Geschichte und die anderen Kulturfächer sehr gerne. Außerdem kann ich mir Jahreszahlen gut merken und ich finde es spannend zu hören, wie sich eine Kultur wie die Japanische mit westlichen Einflüssen mischt und sich dadurch nochmal neu entwickelt." Die beiden hatten anscheinend ein spannendes Gesprächsthema gefunden, denn sie unterhielten sich über Geschichte, Traditionen und Veränderungen in der Moderne. So viel hatte ich Seijiro noch nie reden gehört und auch wenn er es nicht zugeben wollte, so glaubte ich ja schon, dass er Mamoru auch ins Herz geschlossen hatte. Massanorie und ich unterhielten uns eher über Dinge die uns interessierten - wir lästerten über Menschen! SeijiroLenjier Ich war immer wieder positiv angetan von dem Jungen. Dass er sich so gut mit japanischer Geschichte auskannte, hatte mich gewundert, aber auch gefreut. Masssanorie und auch Julia hatte nie den Anspruch gehabt soviel über dieses Land zu lernen. Mamoru dagegen schien, was geschichtliche Aspekte anging, sehr viel Wert auf seine Herkunft zu legen. Das Spirituelle nun nicht unbedingt - aber das konnte ja noch werden. "Ich denke, dass der Westliche Einfluss langsam Traditionen und Werte auslöscht. Wir, als Japaner, müssen darauf achten, dass wir uns diesem Einfluss nicht zu sehr hingeben." Ich nippte an meinem Tee, der uns eben gebracht wurde und sah zu Mamoru der mich ansah und dann kurz still blieb. "Ich sehe das anders." er nahm einen Schluck seines Tees. "Die moderne japanische Kultur enthält viele Elemente der eigenen Tradition, wodurch Japan im Kreis der Industrienationen seinen individuellen Charakter, meiner Meinung nach, bewahrt hat. Natürlich gab es Phasen in denen wir als Land zu Recht Angst hatten mit westlichen und amerikanischen Einflüssen überschwemmt zu werden, beispielsweise nach dem zweiten Weltkrieg. Aber heute, finde ich, kann man fast das Gegenteil feststellen. Traditionen werden wieder viel deutlicher spürbar. Alleine in diesem Jahr gab es zwei Neueröffnungen von Kabuki Theatern und auch die öffentlichen Bäder,die vor zehn Jahren langsam immer mehr abnahmen, erfreuen sich wieder einer großen Beliebtheit. Ich würde ja behaupten, dass wir gerade eine neue Blütezeit japanischen Kultur erleben. Anstatt das westliche Einflüsse uns überschwemmen, kann man sehen, dass immer mehr unserer Traditionen in den Westen fließen. Besonderheiten japanischer Kultur und Lebensart haben längst den Westen erobert, von Sushi und Bonsai über Kampfsport, Zen-Meditation, Futons und Shôji bis hin zu Manga, Anime oder dem Tamagotchi. Das was bei uns out ist, fängt in westlichen und amerikanischen Städten gerade an hip zu werden." "Hmm, eine interessante These - wirklich. Aber die soziologische Entwicklung..." "Seijiro?" Ich sah Andrea an, welche mich antippte und matt lächelte. "Ich finde es wundervoll, dass du endlich jemanden hast mit dem du dich austauschen kannst. Aber wäre es möglich, dass wir uns alle unterhalten und zwar über Themen die nicht schrecklich langweilig sind." "Amen." Massanorie sah zuerst mich und dann Mamoru an. "Du bist ein kleiner Klugscheißer." Mamoru lachte nur leise und sah meinen Sohn freudig an. "Manchmal vielleicht." In diesem Moment schob sich die Tür auf und meine Tochter und Enkeltochter betrachten den Raum. Letztere sah uns etwas schuldbewusst an. "Hallo alle zusammen." Julia lächelte und gab Katrin einen kleinen schubs. "Na, hast du nicht etwas zu sagen?!" Meine Enkeltochter druckste etwas herum und seufzte leise. "Es tut mir leid, dass wir so spät sind. Das war meine Schuld, weil ich noch unbedingt meine Puppe baden wollte." "Und deswegen seid ihr zu spät?" ich sah zu Julia und musterte sie kurz. "Naja. Das Problem war nicht das baden der Puppe, sondern das überschwemmen des Badezimmers." Ich schmunzelte nur und verkniff mir ein lachen, da ich diese Geschichte irgendwo schon einmal gehört hatte. Andrea musste es ebenso gehen, da sie ihre Stirn an meine Schulter legte und leise lachte. "Warum lacht ihr beiden denn?" Katrin kam zu uns und zupfte an meinem Hemdkragen. "Wir haben gerade nur ein Déjà-vu." kam es von Andrea, die Katrin in die Arme schloss und ihr einen Kuss auf die Wange drückte. Danach gab auch ich ihr einen Kuss und lächelte sie an. "Mama. Das ist nicht das gleiche." Julia schien nicht begeistert darüber, dass ihre Eltern sich noch immer an die Untaten ihrer Kinder erinnerten. "Deine Mutter..."begann ich leise "... hat als kleines Mädchen einmal auch ihre Puppen baden wollen. Dabei hat sie dann vergessen das Wasser abzustellen und wir haben es nicht mitbekommen. Am Ende war das ganze Badezimmer überschwemmt und es ist in die untere Wohnung durch die Decke getropft. Da haben wir noch in Deutschland in einer Wohnung gelebt." Katrin gluckste leise und hielt sich die Hände vor den Mund. "Das ist witzig." Ich nickte und sah Julia an, welche rot wurde und sich räusperte. "Jaja sehr witzig. Aber jetzt sind wir alle Erwachsen und wir wollen doch meiner Tochter nicht noch mehr Flausen in den Kopf setzen." Katrin befreite sich aus meiner Umarmung und lief zu Massanorie, der einen kleinen Kuss bekam, bevor sie sich Mamoru in die Arme warf. Sie setzte sich auf seinen Schoss und begann mit ihm zu flüstern. Meine Frau hatte wohl recht, die beiden hatten ein sehr enges Verhältnis, was wohl darauf beruhte, dass sich Mamoru oft in Katrin wiedererkannte. So kam es mir jedenfalls seit gestern Abend vor. Ich war sehr dankbar das Mamoru Katrin beruhigt hatte und ihr Trost zugesprochen hatte. Danach ging es ihr wirklich besser und sie hatte heute Morgen mit mir und Andrea darüber gesprochen, wo ihr Papa jetzt sei und dass sie oft noch traurig wäre und Angst hatte, dass sie ihre Mutter traurig machen könnte, wenn sie weinte. Sie schien wirklich auf Mamoru zu hören und über ihren Kummer sprechen zu wollen. Mamoru Chiba Die Unterhaltung mit Seijiro war wirklich interessant gewesen und ich fand es etwas schade, dass wir sie unterbrechen mussten, weil sich Andrea und Massanorie wohl etwas langweilten. Katrin kuschelte sich an mich. "Mamoru?" "Hmm." "Du musst mir etwas sagen..." sie flüsterte und sah zu ihrer Mutter, die sich neben Andrea gesetzt hatte und sich etwas Tee eingoss. "Mit der Mama hab ich schon geredet. Und es ist ok, weil na ja ich bin zwar noch traurig, aber es ist besser." Ich seufzte und vergrub mein Gesicht in ihrem kleinen Haarschopf. "Was ist denn los?" wisperte ich nur. "Sie legte ihren Kopf in den Nacken und sah mich direkt an. "Erst musst du mir einen Kuss geben, hier hin!" sie deutete auf ihre Stirn und ich kam den kleinen Befehl nur zu gerne nach. Sie quietschte und grinste mich an. "Ich hab die Mama gefragt und auch Oma und Opa und es gibt ja keinen Weihnachtsmann und so..." ich schwieg und wurde etwas traurig, dass sie diesen Glauben jetzt schon verloren hatte. Aber es war wohl natürlich, dass sie sich solche Fragen stellte und schließlich verstand, dass es nicht echt war woran sie glaubte. "Das Christkind gibt es schon hat Mama gesagt. Sie sagt aber, dass es eigentlich keine Geschenke bringt - aber das hab ich noch nicht verstanden. Aber Mama sagt, dass mir das der Onkel Jochen erklären kann. Weißt du Maru-chan, der arbeitet nämlich für den lieben Gott." Ich sah sie fragend an, aber anscheinend hatte Massanorie uns belauscht, denn er lachte nur leise und sah mich an. "Jochen ist Pfarrer und er Mann von Melanie, der jüngeren Schwester meiner Mutter." Er strich Katrin durch die Haare und schmunzelte. "Deine Mama hat recht, die Sache mit dem Christkind solltest du wirklich mit dem Jochen besprechen." Katrin nickte nur und kuschelte sich wieder an mich. Mein Blick glitt zu Massanorie. "Du hast eine große Familie, oder?" Massanorie überlegte und sah mich schulterzuckend an. "Na geht so. Die Seite meiner Mutter ist etwas größer. Insgesamt hat sie noch drei Geschwister. Meine Tante Melanie eben und dann noch meine beiden Onkel Hermann und Stefan. Die sind alle verheiratet, wobei wir die Frau von Stefan nicht besonders mögen - Cordula..." "Sie ist eine Schreckschraube." Julia sah uns an und rollte mit den Augen. "Die denkt sie wäre was besseres, ein bisschen so wie du Bruderherz." sie grinste und widmete sich sofort wieder dem Gespräch mit ihrer Mutter, die sie jedoch nur mahnend ansah. Massanorie rümpfte die Nase. "Randkommentare von der Außenlinie. Hilfreich, wie immer. Na jedenfalls haben die zusammen vier Kinder. Jochen und Mel haben zwei Jungs, Stefan und Cordula einen Jungen und ein Mädchen. Hermann hat leider keine Kinder, er und seine Frau Emma können keine bekommen. Eigentlich schade, die beiden wären bestimmt gute Eltern gewesen." Er seufzte etwas und musterte mich und anscheinend war sein Mund schneller als alles andere. "Was ist mit deinen Eltern, hatten die Geschwister...?" er hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, da merkte er auch schon was er gerade gefragt hatte. Ich zuckte merklich bei der Frage zusammen. "Nein." kam es nur leise von mir, bevor ich mich wieder Katrin widmete. Ich hörte sehr wohl Massanories Entschuldigung, aber sie interessierte mich gerade nicht. "Was wolltest du mich eigentlich Fragen Nezumi-chan?" Katrin sah auf zu mir und überlegte. Aus den Augenwinkeln konnte ich Andrea sehen, die Massanorie ansah und nur den Kopf schüttelte. "Ach ja..." Katrin klatschte in die Hände und grinste. Sie sah zu ihrem Opa und zu dem Rest um sich dann ganz leise an mich zu wenden. "Du darfst nicht lügen!" "Nein werde ich nicht!" gab ich leise zurück und schmunzelte. "Ich weiß ja jetzt, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, beim Osterhasen bin ich mir noch nicht sicher. Weil, wir haben im Kindergarten ein Häschen, aber das kann keine Eier legen... Aber das finde ich noch raus. Aber du musst mir jetzt sagen... gibt es denn die Sailor Moon wirklich? Oder hast du das nur so gesagt? Denn Mama und Oma sagen ja, dass sie es nicht wissen, und Opa sagt nein und Sano-oji-chan sagt auch nein." Ich begann leise zu lachen und räusperte mich, als sie mich vorwurfsvoll von unten ansah. Ich beugte mich ganz nah zu ihr und sah mich um, so als wäre es das größte Geheimnis aller Zeiten. "Also die Sailor Moon, die gibt es wirklich, richtig echt. Und der Grund warum viele nicht an sie glauben ist, dass nur ganz wenige Menschen sie je gesehen haben. Weil sie doch eigentlich die Prinzessin vom Mond ist und wenn jeder wüsste, dass es sie gibt..." "Dann würden das auch die Bösen wissen." unterbrach sie mich mit großen Augen. Ich nickte nur und tippte ihr auf die Nase. "Genau. Du bist also eine Eingeweihte. Aber es ist ein Geheimnis." ich zwinkerte ihr zu und grinste. Sie nickte nur eifrig und schien sehr stolz zu sein, dass sie so ein Geheimnis wusste. Sie war wirklich süß, ich mochte Katrins Art wie sie die Welt sah. Sie stand auf und lief zu ihrem Platz neben Massanorie, welcher sie nur abschätzend ansah, aber sie sagte nichts, sondern grinste nur. Der weitere Abend war sehr nett und das Essen war einfach spitze. Es gab dünne Streifen von frittierten Tofu, mit einer speziellen süß-pikante Miso-Sauce, Sashimi mit gekühltem Sake, Häppchenvon Wagyu-Rind mit Ingwer, Blöcke von glatten Tofu in einer dicken weißen Suppe aus Sojamilch und mit frisch gemachter Sojamilch Haut, Tempura, Reis, Misosuppe, eingelegtes Gemüse und als Dessert eine grüne Pflaume mit Sirup. MassanorieLenjier Mamoru und mein Vater waren irgendwann wieder zu langweiligen Themen übergegangen, wie traditionelle Zubereitung von Essen, Geschichte und den ganzen Kram. Meine Mutter hatte nur gelächelt und meinte zu Julia und mir, dass es schön sei, dass mein Vater sich bei einem Familienessen mal nicht langweilen würde. In diesem Punkt hatte sie wohl recht, mein Vater redete normalerweise nie viel wenn wir essen waren, da wir uns immer nur über die Verwandtschaft oder andere Themen unterhielten die ihn nicht sonderlich interessierten. Also nahmen wir es hin, dass die beiden sich absonderten. Katrin schien jedoch mehr Interesse an dem Gespräch von ihrem Opa und Mamoru zu haben als wir, denn sie hörte den beiden aufmerksam zu und stellte viele Fragen die beide immer geduldig beantworteten. Ich musste zugeben, es freute mich, dass die beiden sich anscheinend sympathisch waren, auch wenn sich in mir ein leises Stimmchen namens Eifersucht meldete. Aber ich schluckte es runter. "So... ihr entschuldigt mich bitte mal kurz, aber meine Lunge möchte auch endlich was zu essen bekommen." Meine Mutter sah mich an und seufzte. "Ich finde ja, du solltest dir das Rauchen abgewöhnen." "Und ich finde, es wird endlich Zeit für Weltfrieden. Aber Mum, wir bekommen eben nie das was wir uns wünschen." ich lächelte sie an und stand auf. "Dann nimm deinen Vater mit." Etwas irritiert sah ich sie an und dann meinen Vater, der anscheinend ebenso verwundert war wie ich. "Andrea, wie kommst du darauf..." Meine Mutter sah uns an und verschränkte die Arme auf dem Tisch. "Oh bitte Seijiro. Beleidige nicht meine Intelligenz, ich weiß sehr genau, dass du ab und an eine rauchen gehst, wenn ich es nicht mitbekomme und gestern Abend wolltest du dir von Massanorie eine Zigarette schnorren, ich habe es gehört." Damit nippte sie an ihrem Tee und sah mich an. "Aber er bekommt nur eine. Hörst du." Sie hob mahnend den Zeigefinger und ich nickte nur. Sie hatte recht, seit er aus dem Krankenhaus war, hatte er wirklich versucht aufzuhören, aber es war eben eines dieser Laster was man nur schwer ablegen konnte. Also standen wir beide in eisiger Kälte draußen - zusammen - ich und mein Vater. NA. Toll! "Hier!" ich hielt ihm eine Zigarette hin und das Feuerzeug. Er nahm beides nickend entgegen und so standen wir beide still schweigend nebeneinander und rauchten. "Du und Mamoru, ihr scheint euch ja prima zu verstehen." Es klang bissiger als ich es geplant hatte. Ich musterte ihn und wartete auf eine ebenso bissige Antwort, doch es kam nichts dergleichen. Er schwieg sich aus. Das machte mich wahnsinnig. "Oh entschuldige. Den ganzen Abend am quatschen, aber ich bin ich es nicht wert, dass du mal versuchst Small-Talk zu führen. Aber mit meinem Freund kannst du reden." "Er interessiert sich halt für Themen die ich ansprechend finde." kam es ruhig und sachlich von ihm. Ich schnaubte auf diese Aussage nur verächtlich. "Ich dachte nicht, dass es dich stören könnte, dass ich mit Mamoru gut zu Recht komme." Ich atmete tief ein und aus. "Nein tut es auch nicht, ich finde es gut. Wenn Mamoru sich gut fühlt dann ist es ok." Damit hatte sich das Gespräch für mich erledigt. Ich wollte nicht streiten oder noch etwas sagen was ich bereuen könnte, also ließ ich es lieber sein. "Du solltest dir versuchen das Rauchen abzugewöhnen." Ich sah in den Nachthimmel und zum Tokyo Tower hoch. "Dann macht sich Mama noch weniger sorgen." "Ja ich weiß." kam es nur leise von ihm. Aus den Augenwinkeln sah ich ihn an und mir wurde zum ersten Mal bewusst, wie alt er geworden war. Der Herzinfarkt hatte einige weiße Strähnen in sein Haar gelegt und auch sonst wirkte er oft müde. "Mamoru meinte letztens mal zu mir, dass wir uns mal aussprechen sollte, nur... nur damit ich am Ende nichts bereue." nuschelte ich und versuchte so desinteressiert wie möglich zu klingen. Mein Vater sah mich an und plötzlich zeichnete sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen ab. "Das würde mich freuen." kam es nur ebenso leise von ihm. Gut, das musste an Sentimentalität reichen für dieses Jahr. Ich klopfte mir innerlich selber auf die Schulter. "Mamoru scheint einen großen Einfluss auf dich zu haben." Ich räusperte mich und zuckte mit den Achseln. "Naja geht so. Er ist eben manchmal etwas nervig und dann kann ich schlecht nein sagen..." ich stockte, drückte die Zigarette aus und schnippte sie in den Zigaretteneimer. "... außerdem, was soll ich ihm denn bitte antworten, wenn er mir mit der Moralschiene kommt und diesen kleinen Streunerblick aufsetzt." "Es ist etwas abwertend, dass du ihn einen Streuner nennst, findest du nicht?" Ich lachte leise und streckte mich. "Ach wo. Mamoru meint das auch, er wird immer fuchsig wenn ich ihn so nenne. Aber ich meine es eher liebevoll. Weißt du, er ist eben wie ein kleiner Streuner." Ich zog die kalte Nachtluft tief in meine Lunge und beschloss, mir auch das Rauchen abzugewöhnen, das würde Mamoru bestimmt gefallen. "Er vertraut niemanden und ich brauchte viel Zeit bis er mir überhaupt erlaubte sich ihm zu nähern. Und nun vertraut er mir, aber ich darf nie zu viel Druck ausüben, zu viele Fragen stellen und so, sonst läuft er mir sicherlich wieder weg. Er braucht seinen Freiraum und das er einfach mal weg von mir kann, wenn es ihm zu viel wird. Wie ein kleiner Streuner. Aber..." "Aber?" Mein Vater zog ein letztes Mal an seiner Zigarette bevor er sie auch ausdrückte. "... ich hab mich wirklich in ihn verliebt!" Da war sie, die Erkenntnis, die ich seit Tagen mit mir herum trug und nicht einsortieren konnte. Und nun war es raus und ich fühlte mich gut dabei. Ja es stimmte, ich hatte mich in den doofen kleinen Streuner verliebt. Dieser Idiot der mich eine dumme Schwuchtel genannt hatte, der mir mehr als einmal am Anfang ein Nein vor den Kopf geknallt hatte, der oft so launisch war wie ich selber, der mich aufregte; der mich zum Lachen brachte, mit dem ich ein besserer Mensch wurde - in diesen Mann hatte ich mich verliebt. Ich sah zu meinem Vater, der nur lächelnd an mir vorbei ging und mir auf die Schulter klopfte. Als ich ihm nach sah, blieb mir das Herz stehen. Mamoru stand nicht weit hinter mir in der Tür des Restaurants. Sein Blick, die Röte und das scheue Lächeln in seinem Gesicht zeigten mir, dass er den letzten Satz gehört hatte. "Hey." kam es nur leise von mir, als Mamoru zu mir kam und mein Vater wieder im Restaurant verschwand "Hey." kam es zögerlich von ihm. "Du hast das nicht gehört, oder?" Zaghaft sah ich ihn an und strich mir verlegen durch die Haare. "Was meinst du? Das mit dem Streuner..." er wurde leiser "... oder das du in mich verliebt bist?" "Beides?" flüsterte ich nur und griff nach seiner Hand. Seine blauen Augen sahen mich an und ich verlor mich fast darin. "Ja hab ich..." er biss sich auf die Unterlippe und wir verschränkten unsere Finger ineinander. "Und?" Meine Stirn legte sich gegen seine, sein warmer Atem strich über meine Lippen. "Ich mag es trotzdem nicht wenn du mich einen Streuner nennst..." seine Nasenspitze berührte meine und ich konnte seinen warmen Körper an meinem spüren. "Zur Kenntnis genommen." wisperte ich nur. "... und ich... ich glaube, ich hab mich auch in dich verliebt!" Ich lächelte sanft bevor ich ihn ganz an mich zog und ihn zärtlich küsste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)