Life of a Turk von Calafinwe ================================================================================ Kapitel 29: Gefühle ------------------- „Jin, ich weiß ja, dass du im Moment nicht gut zu sprechen bist auf die Company. Aber lass das ja nicht Tseng oder Verdot merken!“, meinte Rude nur. „Ja, das sagst du so einfach“, war die Antwort. Der Senior-Turk war mit seinem Kollegen in ein etwas versteckt gelegenes Gasthaus in Midgar gegangen. Eigentlich sollte Rude längst im Bett sein. Er war seit mittlerweile sechsunddreißig Stunden auf den Beinen und nicht mehr ganz taufrisch. Im Gegensatz dazu sah Jin noch recht frisch aus, obwohl er seinen Resturlaub nicht mehr genossen hat. Nachdem die ShinRa-Soldaten den meisten Dreck beseitigt hatten, mussten die Dorfbewohner selber Hand anlagen. Einiges war bei der Explosion kaputt gegangen, Dächer mussten repariert, Hauswände ausgebessert werden. Als der Junior-Turk wieder nach Midgar zurückkehren musste, waren die Dorfbewohner noch immer sehr beschäftigt. „ShinRa ist doch nichts heilig“, stellte Jin fest, „Sie überfallen Dörfer und zwingen die Leute dazu, beim Bau eines Mako-Reaktors mitzuhelfen. ShinRa zerstört Familien, wo es nur geht, schickt Männer in sinnlose Kriege. Und wofür? Um die Welt zu kontrollieren.“ „Jin, also jetzt redest du wie einer von den unzähligen Terroraktivisten.“ „Ist doch wahr. Ich hab nie darum gebeten, bei ShinRa anzufangen, aber ich wollte auch nicht mein Leben lang in einer Gefängniszelle sitzen. Ich hab nur einem damaligen Freund geholfen und das war mein Untergang.“ „Junge, beruhige dich doch“, fuhr Rude dazwischen, „Ich kann dich ja verstehen, aber das ändert auch nichts mehr an der Situation. Der Reaktor ist nun mal explodiert. Und was deinen Job betrifft, ich fürchte, den wirst du nicht so leicht an den Nagel hängen können.“ Jin schwieg. Rude hatte Recht. Schloss man sich den Turks an, war man gefangen in einer Welt aus Anzügen, Einsätzen und Missionsberichten. So etwas wie ein Privatleben gab es nicht mehr. Die Turks lebten eigentlich nur deshalb, weil ShinRa Inc. ihnen die Berechtigung dazu erteilt hatte. Würde der Konzern untergehen, war es auch um das Department of Administrative Research untergehen, soviel stand fest. „Ja, das ist ja gerade das Problem. Ich kann hier nicht weg.“ „Hay, Kopf hoch. Es geht auch wieder aufwärts.“ Rude klopfte Jin auf die Schulter. Er selbst hatte sich oft genug vor demselben Problem stehend gesehen. Der Glatzkopf grinste seinem Kollegen kurz ins Gesicht und winkte dann den Kellner heran, um zu bezahlen. Jin wollte seine Geldbörse herausziehen, doch Rude schüttelte den Kopf. „Hey, das geht auf meine Rechnung.“ „Rude, du musst wirklich nicht ...“ „Nix da, komm mal wieder runter. Immerhin bin ich nicht Reno!“ Ein Lächeln stahl sich auf Jin’s Gesicht. Ja, Rude war genau das Gegenteil von dem Chaos-Turk und ein echter Freund. Der Kellner kam mit der Rechnung wieder und der Senior-Turk bezahlte. Als sie das Lokal verließen, schauten sie sich kurz um. „Wo musst du jetzt hin?“, fragte Rude. „Zu Sektor 6, da hab ich eine kleine Wohnung.“ „Dann können wir ja zusammen gehen. Von hier aus musst du erst einmal durch Sektor 5, da haben sie mich untergebracht.“ Die beiden Turks schlenderten los. Viel war nicht mehr los in Midgar’s Straßen und so blieben sie eine Weile lang still. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, aber irgendwann fing Rude wieder ein Gespräch an. „Wie läuft es eigentlich mit Sarah?“, fragte er. „Wie bitte? Sarah? Wieso fragst du?“ „Na, es ist offensichtlich, dass du dich zu ihr hingezogen fühlst.“ „WIE BITTE?!!!“ Jin’s Gesicht wurde puterrot. Glaubte das denn jeder in der Abteilung? Und wenn ja, wusste Sarah auch davon. „Ähm, also ich ...“, stotterte der junge Mann. Rude kicherte kurz. Etwas, was er sonst nie tat. „Wie kommst du darauf?“, fragte Jin etwas gefasster. „Ach nur so, du schaust sie oft an, hältst dich viel in ihrer Nähe auf. Man erfährt vieles, wenn man Leute beobachtet.“ „Ist das so?“ Natürlich war es so und das wusste Jin auch. Rude’s Frontalangriff hatte ihn etwas überrumpelt, weshalb er jetzt ziemlich durch den Wind war. „Na ja, lass dich nicht unterkriegen. Ich muss jetzt hier weg. Man sieht sich.“ Rude verabschiedete sich und verschwand dann in eine Seitenstraße. Jin sah ihm kurz nach, ging dann aber seine eigenen Wege. Sollte die Abteilung doch denken, was sie wolle. Gefühle waren bei den Jobs, die Jin zu erledigen hatte, ein Hindernis. Aber er konnte seine Gefühle Sarah gegenüber schlecht ausschalten. Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, wollte er das auch gar nicht. Sarah war der Grund, warum der Turk noch nicht durchgedreht war. Seine Kollegin gab ihm so vieles, was ihn aufrecht durch die Welt gehen ließ. Wenn er nur nicht so unerfahren wäre, was Frauen betrifft. Dann hätte er Sarah längst angesprochen, sie vielleicht zu einem Kaffee eingeladen. Nur wie sollte er es anstellen? Und würde sie überhaupt Zeit und Lust haben, mit ihm, einem dahergelaufenen Dorftrottel Kaffee zu trinken? Jin entschied, Sarah am Wochenende zu fragen. Mehr als nein sagen konnte sie schließlich nicht. Doch wenn Jin jetzt noch länger darüber nachdachte, würde er am nächsten Tag unausgeschlafen zur Arbeit erscheinen. Er schloss die Tür zu seiner Wohnung auf, die er inzwischen erreicht hatte und schlüpfte hinein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)