Life of a Turk von Calafinwe ================================================================================ Kapitel 24: Warten ------------------ Finsternis und stickiger Rauch umgaben Jin’s Elternhaus. Seit dem Nachmittag saßen sie nun hier fest, inzwischen war es Abend geworden. Jin und seine Mutter saßen beide bei der Couch. Der Puls des Kranken hatte sich etwas stabilisiert, soweit der Turk das feststellen konnte. Doch das sollte sich lieber ein Arzt ansehen, sobald dazu die Möglichkeit gegeben war. Hin und wieder war ein Klopfen auf dem Dach zu hören, wenn kleine Trümmerstückchen auf das Dorf hernieder gingen. Doch die Gebäude blieben heil. „Ich hab gespürt, dass irgendwann so etwas passieren wird“, sagte seine Mutter in die Stille hinein, „Schon damals, als die ShinRa den Reaktor gebaut haben, habe ich es gewusst.“ „Mama ...“, meinte Jin nur. Er konnte gut nachvollziehen, wie seine Mutter sich fühlte. Ihm selbst waren am Nachmittag ähnliche Gedanken durch den Kopf gegangen. Die Mehrheit der Dorfbewohner war damals gegen den Bau des Reaktors, es gab auch einige Anschläge auf ShinRa-Funktionäre oder die Reaktor-Baustelle, unter anderem der von Milo. Doch ShinRa Inc. hatte Geld, viel Geld, mit dem sie die Dorfbewohner bestach. Die Company war bisher nicht aufgetaucht. Das war auch unmöglich, denn das ganze Dorf war inzwischen in dem giftigen Nebel versunken. Jin fragte sich, ob sein Arbeitgeber überhaupt irgendwelche Hebel in Bewegung gesetzt hatte. Ein neuerlicher Stoß ließ das Dach des Hauses erzittern. Bei einem kurzen Blick aus dem Fenster vor einer halben Stunde hatte der Turk festgestellt, dass sie gerade noch so die Tür öffnen konnten. Er hoffte, dass nicht noch mehr Trümmer herabregneten. „Jin ... mein Junge ...“, krächzte jemand hinter ihm. Es war sein Vater. Jin stürzte zu ihm hin und ergriff die Hand des Kranken, die etwas zitterte. Seine Mutter ging in die Küche und kam kurz darauf mit einem Glas Flüssigkeit zurück, das sie ihrem Mann hinhielt. „Mama! Hast du das Wasser frisch aus dem Hahn gelassen?“, fragte der Turk erschrocken. „Nein, wieso? Das ist der Rest Limonade von heute Mittag“, antwortete sie ihm verwirrt. „Gut. Das Wasser aus dem Hahn könnte vergiftet sein.“ Jin richtete seinen Vater etwas auf und seine Mutter setzte ihm das Glas an die Lippen. Vorsichtig trank der alte Mann ein paar Schlucke und ließ sich dann wieder zurücksinken. „Vater, wie geht es dir?“, fragte der Sohn. „Ich ... Was ist passiert? Ich hab einen lauten Knall gehört und dann ... stürzte ich glaube ich zu Boden. ... Wo bin ich denn?“, fragte sein Vater stockend. „Du bist daheim. Der Mako-Reaktor ist explodiert, während du auf dem Feld gearbeitet hast. Aber ich habe dich rechtzeitig gefunden.“ Jin ließ den Kopf hängen. Viele aus dem Dorf hatte er retten können, doch ob diese die eingeatmeten Gase überlebten, war eine andere Frage. Die meisten Bauern waren dem Gift viel länger ausgesetzt als sein Vater, von daher würde es ihn nicht wundern, wenn manche die Nacht nicht überlebten. Doch einige waren auch auf den Feldern zurückgeblieben. Jin machte sich Vorwürfe, willkürlich die einen gerettet und andere Dorfbewohner zurückgelassen zu haben. Doch er konnte es nicht mehr ändern. Sein Vater hustete und riss Jin aus seinen Gedanken zurück. „Ich hab der Company Bescheid gesagt, doch leider wird es auch für sie unmöglich sein, jetzt jemanden herzuschicken“, meinte er müde. „Ach, weil ShinRa jemanden herschickt“, geiferte sein Alter, „Für die ist Gongaga doch nur insoweit interessant, als dass sie hier ihren Reaktor bauen konnten. Jin mein Junge, uns hatte man damals nicht beachtet. Wir waren nur lästige einfache Menschen, die irgendwie besänftigt werden mussten. ShinRa hat sich noch nie für die einfachen Leute interessiert.“ Jin schwieg. Wenn man es genau betrachtete, hatte sein Vater Recht. Aber das änderte nichts an der momentanen Situation. Das Unglück war nun einmal passiert und die Dorfbewohner mussten es ausbaden. Doch zumindest zu Schadensersatzzahlungen war ShinRa verpflichtet, fand Jin. Klopfende Geräusche ertönten. Der Turk kannte dieses Geräusch nur zu gut, verkündete es doch einen nahenden Regenschauer. Jin ging zum Fenster hinüber und blickte hinaus. Es war bereits zappenduster, doch in den anderen Wohnhäusern brannte Licht, sodass der junge Mann ein bisschen was erkennen konnte. Die Luft war immer noch trübe von dem ganzen Rauch. Asche von dem Brand war auf dem Dorf hernieder gegangen und bedeckte alles unter sich. Der Regen reinigte zwar die Luft, verwandelte die Asche aber auch in Schlamm. Es würde Tage dauern, Gongaga von diesem Dreck zu befreien, doch wenigstens konnte man dann wieder gesunde Luft atmen. Der Regen wurde stärker, war zu einem prasselnden Dauergeräusch geworden. An der Fensterscheibe rann schmutziges Wasser herunter. Der Turk ging wieder zu seinen Eltern zurück. Sachte zog er seinem Vater die Wolldecke bis zum Kinn hoch und wartete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)