Life of a Turk von Calafinwe ================================================================================ Kapitel 21: Heimat ------------------ Die Sonne brannte grell vom Himmel herab und durchflutete den Wald. Vogelgezwitscher war rundum in den Bäumen zu hören und ab und zu ließ sich auch ein wildes Tier blicken. Seit zwei Tagen war Jin nun unterwegs, hatte wider Erwarten seinen eingereichten Urlaubsantrag genehmigt bekommen. Zu erst war er mit dem Helikopter von Midgar nach Junon mit geflogen und von da aus ging’s mit dem Schiff nach Costa del Sol. Für den Weg nach Gongaga, sein Heimatdorf, hatte er ein Motorrad gemietet und war ziemlich schnell vorangekommen. Jin brauste um eine Kurve und drosselte dann die Geschwindigkeit seiner Maschine, bis sie auf einem Felsvorsprung ganz zum Stehen kam. Unter ihm lag Gongaga, im Hintergrund war der Mako-Reaktor zu sehen. Er seufzte und schob dann die Maschine ins Tal hinab. Das Haus seiner Eltern stand gleich am Dorfeingang, weshalb er sein Motorrad hinter das Gebäude schob und es dort stehen ließ. Dann trabte Jin um die Hauswand herum und kam in den kleinen Garten, der der ganze Stolz seiner Mutter war. Es waren Kopfsalate und Bohnen angepflanzt, während sich Tomaten und Gurken an einem Gitter hinaufrankten. Jin liebte den selbst gemachten Salat seiner Mutter. Das Essen in Midgar schmeckte nur allzu oft gekünstelt, nach Massenherstellung. Doch was blieb ihm anderes übrig? Jin steckte den Kopf beim geöffneten Fenster hindurch und blickte in die Küche. Seine Mutter saß gerade am Küchentisch und schnippelte Kartoffeln zurecht. Sie sah inzwischen sehr alt aus, fand Jin, früher hatte sie nicht so viele Falten und graue Haare gehabt. Außerdem wirkte ihr Gesicht eingefallen und ihre Haltung gebückt. Leise, um sie nicht zu erschrecken, klopfte Jin an den Fensterrahmen. Erschrocken drehte seine Mutter den Kopf herum, ihn im ersten Augenblick nicht erkennend. Doch dann verklärte sich ihr Gesicht von Besorgnis in Erstaunen und Freude. Sie ließ Kartoffel und Messer in eine Schüssel fallen und stand auf. „JIN!! Junge!“, rief sie. Sie wollte zur Eingangstür gehen, was leider sehr schlecht ging. Jin kam ihr daher entgegen, denn das Gehen schien seiner Mutter Schwierigkeiten zu bereiten. Er nahm sie in die Arme und drückte sie vorsichtig an sich. „Jin, lass dich anschauen!“, sagte seine Mutter. Er löste die Umarmung und trat einen Schritt zurück. Der Blick seiner Mutter streifte ihn von oben bis unten, dann nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und zog es zu sich runter. Jin ließ sie gewähren und hatte auch nichts einzuwenden, dass seine Mutter sein Gesicht mit Küssen bedeckt. Denn wie lange hatten sie sich nicht gesehen? Mindestens drei Jahre war es jetzt her, seit Jin von ShinRa-Infanteristen gefangen genommen wurde. Seine Mutter hatte sicher das Schlimmste befürchtet. „Jin! Jin!!“, sagte sie immer wieder, „Wie ist das nur möglich?“ „Ich hab Urlaub bekommen, Mama! Was gibt’s denn heute zu Essen? Und, ist Papa irgendwo in der Nähe?“ „Junge. Wie schön, dass du da bist. Dein Vater ist auf dem Feld draußen bei der Arbeit. Wie lange ist das jetzt her?“ „Bestimmt schon zwei Jahre“, antwortete Jin. Seine Mutter hielt seine Hand ganz fest, doch sanft löste sich Jin von ihr. Er küsste sie auf die Stirn. „Ich geh Papa suchen!“, meinte er und ging dann hinaus. Inzwischen war die Sonne weitergeklettert. Jin ging durch den Garten und wandte sich dann nach rechts, der Dorfmitte zu. Die kleinen Felder seiner Familie lagen hinter dem Dorf und so entschied er sich dazu, es auf direktem Wege zu versuchen. Nachbarn oder Dorfbewohner bekam er leider nicht zu Gesicht. Nur einmal meinte er, so etwas wie Kinderlachen zu hören, doch er täuschte sich. Inzwischen hatte er das kleine Dorf durchquert und sah die Felder vor sich. Fast auf jedem war ein Dorfbewohner beschäftigt. Jin lief auf dem Weg und bog dann nach links ab. Jin sah einen groß gewachsenen Mann vor sich mit einer Halbglatze und grauen Haaren. In der Hand hielt er eine Harke, mit der er Kohlköpfe bearbeitete. Es war Jin’s Vater. Er ging auf ihn zu und wartete, bis der alte Mann sich von selber umdrehte. Wie bei seiner Mutter vorhin war auch das Erstaunen und die Freude seines Vaters sehr groß. Er fiel ihm um den Hals und war den Tränen nahe, Jin noch einmal in seinem Leben sehen zu dürfen. Jin lachte nur und nach einem viel zu kurzen Gespräch gingen die beiden, jeweils einen Arm um die Schulter des anderen gelegt, zu ihrem Wohnhaus zurück. Jin’s Mutter stand inzwischen am Herd und aus mehreren Töpfen roch es verführerisch heraus. Die beiden Männer betraten das Haus, wuschen sich Gesicht und Hände und setzten sich dann an den gedeckten Esstisch. Gefüllte Salatteller gab es bereits, während die erste Schüssel auf den Tisch wanderte. Sie beinhaltete Nudeln. Jin nahm den Teller seines Vaters und schaufelte ihm eine ordentliche Portion davon ein, bevor er sich selbst nahm. Seine Mutter stellte eine zweite Schüssel mit Tomatensoße auf den Tisch und das Essen konnte beginnen. Anfangs sprach Jin nicht sehr viel, aß nur und hörte seinen Eltern zu, wie sie ihm aus den vergangenen Jahren erzählten. Doch dann fiel ihm plötzlich etwas ein. „Sind Milo’s Eltern momentan hier?“, fragte er mit vollem Mund. „Milo’s Eltern? Ja, warum mein Junge?“, antwortete sein Vater, „Falls du zu Milo selber willst, den haben wir schon seit einigen Wochen nicht mehr gesehen.“ Wundert mich nicht, dachte Jin. Doch seinen Eltern sagte er lieber nichts von dem, was er wusste. Den Brief, den er von Milo bekommen hatte und Milo’s Eltern bringen sollte, trug er immer noch in seiner Jackett-Tasche. Still aß er weiter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)