Life of a Turk von Calafinwe ================================================================================ Kapitel 5: Erinnerungen ----------------------- „Wie geht es dir?“, fragte Jin. Er war wieder auf der Krankenstation, besuchte Sarah. Sie war wach und schaute ihn aus ihren großen haselnussbraunen Augen an. Ein schwaches Lächeln zogen Sarahs Mundwinkel nach oben. „Gut, vielen Dank. Wie sieht es in der Abteilung aus?“, fragte sie dann. Jin seufzte kurz. Die Arbeitsmoral seiner Kollegin war das noch nicht statuierte Example für alle in der Abteilung. Sarah trennte Arbeit und Privatleben wie keine andere. „Etwas drunter und drüber, aber das ist normal“, erzählte Jin, „Heute war ich mit Reno auf einer Mission in den Slums von Sektor 6. War ganz interessant, aber da unten leben könnte ich vermutlich nicht.“ „Warum?“, fragte Sarah munter. „Dort geht alles total hektisch zu. Viele Leute befinden sich auf einem Haufen. Es ist zwar faszinierend zu sehen, wie alles seinen Platz zu haben scheint, aber mir wäre es dann doch etwas zu chaotisch“, antwortete Jin. Seine Kollegin lächelte wieder. Der junge Mann ließ sich ebenfalls zu einem Grinsen hinreißen. Am liebsten würde er den ganzen Nachmittag bei Sarah auf der Station verbringen. Doch jederzeit konnte sein Handy einen Pieps von sich geben und dann musste er wieder zurück. Zurück zu seinem Job, den er sich nicht ausgesucht hatte. Jin kam ursprünglich aus Gongaga. Dort war er angesehen, hatte er sich doch nie etwas schlechtes zu Schulden kommen lassen. Doch wie es der Zufall wollte, waren irgendwann ShinRa-Funktionäre aufgetaucht und wollten einen Mako-Reaktor bauen. Die Bewohner aus Jins Heimatdorf waren strikt dagegen und scheuten auch nicht vor Überfällen auf ShinRa-Patrouillen zurück. Nur Jins Eingreifen gelang es damals, einige Aktivisten entkommen zu lassen, doch er selber wurde von ShinRa verhaftet. Jin saß lange Zeit im Gefängnis, bis die Turks auf ihn aufmerksam wurden. Man garantierte ihm volle Straffreiheit, im Gegenzug dafür jedoch musste er sich dem Department of Administrative Research anschließen und die so genannte Drecksarbeit übernehmen. „Weißt du denn schon, wann du entlassen wirst?“, fragte Jin, um von seinen trüben Gedanken abzulenken. „Hm, der Arzt hat gemeint, in ein bis zwei Tagen. Ich halte das hier irgendwie gar nicht mehr aus. Die ganze Zeit liege ich nur im Bett, nicht mal herumgehen darf ich ohne Aufsicht. Ich bin froh, wenn ich wieder in die Arbeit kann“, meinte Sarah trübe. Das nutzlose Herumhocken lag ihr überhaupt nicht. Müsste Sarah länger bleiben, würde sie Jin bitten, ihr Missionsberichte zu bringen, damit sie wenigstens auf dem Laufenden war. Doch wenn sie eh in zwei Tagen entlassen wurde, würde sich das nicht rentieren. Sarah erinnerte sich an die Zeit vor den Turks zurück. Ihre Eltern hatte sie früh verloren, also wuchs sie bei Verwandten im Gasthaus zum Eiszapfen auf. An ihre Kindheit erinnerte sie sich eigentlich kaum noch, nur noch ganz selten spielten sich Szenen aus ihrem früheren Leben vor ihr ab. Als sie älter wurde, entschied sie, Söldnerin zu werden. Durch diesen Beruf lebte sie meist in einem sehr maskulinen Umfeld, was ihrem eigenen Verhalten aber nicht schadete. Irgendwann einmal bekam sie Besuch von zwei Anzugträgern. Der Ältere von beiden hatte sich damals als Verdot vorgestellt und ihr ein Angebot unterbreitet. Ein Angebot, das sie in ihrer damaligen Lage nicht ablehnen konnte. „Woran denkst du gerade?“, fragte Jin neugierig. „Ach, nichts, nur an meine Vergangenheit. Wie läuft es sonst so in der Arbeit.“ „Das übliche, Reno ist chaotisch wie eh und je, von den anderen sehe ich kaum welche. Ich bin schon gespannt, ob ich heute noch einmal ran muss. Aber was ich gerne wissen würde ist, was bei dem Verhör heute raus kam. Bei der heutigen Mission haben wir so etwas Ähnliches wie einen Mafia-Boss dingfest gemacht. Na ja, das größte Problem stellten eigentlich seine Leibwächter dar, doch selbst die machten keine nennenswerten Schwierigkeiten. Ob die den Mann schon wieder haben laufen lassen?“, überlegte Jin. „Jin, mach dir doch darüber keine Gedanken. Wir sind doch nur Werkzeug für die hohen Herren in der Chefetage. Und solange mit der Bezahlung alles stimmt, ist mir das ganz recht.“ „Na du bist mir ja eine. Machst du dir denn nie Gedanken darüber, was genau unsere Arbeit ist? Ich mein, ab und zu ist es ja doch ziemlich schmutzig.“ „Ja, stimmt schon“, antwortete Sarah, „Ach, ich weiß auch nicht, warum ich da so kalt und herzlos bin.“ Jin sagte nichts mehr. Er wunderte sich wirklich, wie Sarah ab und zu so eiskalt sein konnte. Eben wie eine richtige Killerin. Waren die Turks genau das? Killer? Der Brillenträger wollte das im ersten Moment nicht wahrhaben. Er schwieg eine Weile, bis ein Klingeln die entstandene Stille zerriss. Jin zog sein Handy aus der Tasche und blickte auf das Display. Eine Teambesprechung in einer halben Stunde. Er seufzte. „Ich muss gleich weg. Tseng will mich bei einer Besprechung dabei haben“, erklärte Jin. „Na, dann nichts wie los.“, meinte Sarah nur, „Und pass auf dich auf.“ „Ja ...“, kam es zögerlich, „Gute Besserung. Vielleicht schau ich heute Abend noch einmal rein, je nachdem, ob man mich lässt.“ Jin verabschiedete sich von Sarha und verließ dann die Krankenstation. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)