Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 81: Freunde ------------------- Wie jeden Montag ist heute Schnitzel- äh, DS-Tag. Ich bin ein wenig dem Urlaub verfallen, habe Stress und Depris von mir geschmissen und starte mit Kraft und Kreativität in die nächste Woche, die für mich Folgendes bereit hält: Lernen, lernen, Uni, lernen, Uni, lernen, äh... erwähnte ich Lernen? Der Countdown läuft, nur noch ein Monat bis zur Prüfung. Aber nichts soll mich hindern nicht dennoch zu schreiben. Dementsprechend viel Spaß mit dem folgenden Kapitel ^.^ (P.S.: Ja, morgen stelle ich die beiden neuen Fanarts in die Charakterbeschreibungen, nochmal ein großes Sorry für die Verzögerung!) _________________________________________________________________________________ Shizukas Mund stand offen, schloss sich langsam wieder, bevor sie etwas Unverständliches hervor stotterte, tief durchatmete und fragte: „Wie... wie ist das?“ „Was?“ „Mit Leuten... gegen deinen Willen- ich meine...“, sie errötete, „Entschuldige, so was fragt man nicht.“ „Nein, schon okay.“, Yami begegnete ihrem Blick, „Gegen den Willen ist eine Grausamkeit. Mit meinem Willen für Geld ist eine akzeptable Sache. Die meisten Freier, die ich heutzutage habe, betrachten sich praktisch als den heimlichen Geliebten und behandeln mich auch so. Es ist nicht so, dass perverse Lüstlinge über unwillige Prostituierte herfallen, die leider mit diesem Job leben müssen. Ich gebe zu, es gibt natürlich unangenehme Fälle…“, er ließ eine Pause, die Katsuya in Gedanken automatisch zu ihren Gespräch vor vielen Wochen zurück brachte, wo Yami ihm von genau diesen erzählt hatte, „Und der Durchschnittsfreier ist auch nicht das, was ich freiwillig nehmen würde, aber es gibt doch ein paar angenehme Überraschungen.“ Was nichts daran änderte, dass Yami sich am Grunde seiner Seele zutiefst verabscheute und trotzdem nicht damit aufhörte. Und dass er auch schon ganz andere Darstellungen seines Berufs gegeben hatte, die Katsuya sagten, dass er gerade extrem verharmloste. Vielleicht stimmte es für die Freier, die er jetzt – nach acht Jahren – hatte, aber nicht für die, mit denen er damals anfing. „Ich war letztens im Theater und mir wurde ein Satz vor die Füße geworfen, der mich über Wochen nicht los ließ.“, sprach Noah in die entstandene Still, „Es wurde gesagt, dass Menschen nicht bewusst denken und deswegen handeln – sondern dass sie handeln und das Bewusstsein Gründe für diese Handlungen sucht. Dass wir uns konstant vor uns selbst rechtfertigen und nicht in der Lage sind unser Tun wirklich bewusst zu steuern.“ Der Rothaarige wandte sich ihm zu und erneut breitete sich Stille über die ganze Gruppe. Selbst die Frau im Bett nebenan, die vorher stets sehr tiefe Atemzüge gemacht hatte, schien plötzlich keinen Laut mehr von sich zu geben. Vielleicht hörte Katsuya aber auch nur nichts. Die Welt erschien ihm immer mehr wie in einen Nebel getaucht und auch sein Atem verlangsamte sich. „Du möchtest mir dezent mitteilen, dass ich gerade rationalisiere, um meinen inneren Konflikt abzuschwächen?“, fragte Yami leise, die Stimme nur so laut wie ein Flüstern, doch klar und trotz der Tonlosigkeit schneidend gesprochen. „Ich kenne dich kaum.“, gab der Geschäftsmann zu, „Aber ich denke, dass ich das in deiner Situation tun würde. Zumindest stelle ich mir vor, dass ich das tun würde.“, er verschränkte die Hände, die Ellbogen auf den Lehnen gestützt, einen Zeigefinger an seinen Lippen liegend, „Katsuya hat nicht untertrieben, als er dich als Psychologen vorstellte.“ „Ich habe nur geraten.“, die Amethystaugen bohrten ihren Blick in den Ältesten. „Du hast zu einem subtilen Angriff angesetzt und versuchst mich nieder zu starren.“, Noah legte sein Kinn auf die Hände, „Mache ich dir Angst?“ „Yami bewahrt zumindest gerade die Höflichkeit.“, Seto hob die Hände und legte sie beiden auf die Augen, was diese blinzelnd davor zurückweichen ließ, „Auch wenn es nicht höflich war diesen psychologischen Autoritätskampf überhaupt zu beginnen. Nicht jeder will dir gleich etwas Böses, nur weil er unter deine Haut geht, Yami.“ „Unter meine Haut zu kommen kostet Geld.“, giftete jener nur, stellte seinen kaum angerührten Kuchen auf das Bett, griff nach seiner Tasche und verließ den Raum. Shizuka, die seit einiger Zeit schon wieder Isamu im Arm hielt, sah mit glänzenden Augen zwischen allen Anwesenden und der Tür hin und her. Katsuyas Blick fiel zu Boden, die Iriden gefolgt von seinen Lidern, die sich tief über seine Augen legten. Noah stieß einen tiefen Seufzer aus, atmete hörbar ein und wandte sich an seinen Bruder: „Würdest du ihm bitte nachgehen, dich in meinem Namen entschuldigen und ihn bitten wieder her zu kommen? Ich bin in diesem Stuhl kaum schnell genug.“ „Eine passende Rechtfertigung.“, erwiderte dieser nur eisig, in seinem Ausdruck dieselbe Du-bist-ein-Idiot-Botschaft, die auch in seinen Worten mitschwang, doch erhob sich und verließ ebenfalls den Raum. „Es tut mir Leid…“, murmelte der Älteste nach ein paar Sekunden, „Ich wollte euch nicht den Nachmittag verderben.“ „Nein, nein…“, Shizuka schüttelte langsam den Kopf, „Das ist alles heute sehr… ungewohnt. Vertragen, Verlobung, Streit… das ist sehr…“, doch sie sprach nicht weiter und bewegte nur noch einige Male ihr Haupt nach links und rechts. „Es ist alles zu viel.“, meldete sich Katsuya, die Stimme wie heiser, ein Krächzen gar und äußerst leise. „Bruder?“, die Brünette zog die Augenbrauen zusammen, „Geht es dir gut?“ „Ich…“, brachte er hervor, doch seine Stimme schien sich im Nichts zu verlieren. Er hob eine Hand, die jedoch zitterte, als hätte er ein späteres Stadium Parkinson. Seine Schwester sog scharf die Luft ein, während Noah sich vorlehnte und eben diese Hand mit seiner griff. „Was brauchst du?“, fragte er leise. „Eis.“, hauchte er und fragte sich im selben Moment, warum er das gesagt hatte, bevor wieder Stille in seinen Gedanken herrschte. „Schön wäre es Laufen zu können…“, Noah griff nach den Rädern seines Stuhles, drehte sich fast auf der Stelle und rollte zur Tür, öffnete sie und verschwand den Gang hinunter. „Katsuya?“, fragte seine Schwester leise, legte ihren Sohn mittig auf ihr Bett und krabbelte heran, „Was ist los mit dir?“ Ein minimaler Spalt bildete sich zwischen seinen Lippen, der sich doch sofort wieder schloss. Sein Atem vertiefte sich weiter, bis er kaum mehr vorhanden schien und er sackte ein Stück nach vorn, sodass er mit den Armen auf seinen Beinen lehnte und sein Kopf praktisch waagerecht hing. „Katsuya…“, ihre Stimme schien zu zittern und sie musste die Luft hoch ziehen. Einen Moment später griff sie zu der Schublade ihres Nachttisches, um etwas heraus zu nehmen und putzte sich geräuschvoll die Nase. Aber auch dieses Geräusch war nur ein Flackern im Hintergrund, das kurz versuchte an ihm zu ziehen und schnell den Enthusiasmus verlor, als er weiter in sich selbst versank. „Es tut mir Leid.“ Katsuya blinzelte und spürte mit einem Mal Finger, die über seine Wangen strichen und einen stechenden Schmerz in seinen Händen. Seine Augen fokussierten auf den Boden, seine Hände, in denen er Eisstücke hielt, hinauf zu Amethystaugen, über denen schwarze Augenbrauen zusammen gezogen waren. „Es tut mir Leid, dass ich so blöd reagiert und die Stimmung zerstört habe.“, führte Yami aus und fuhr weiter mit seinen Daumen über Katsuyas Wangen, während er sein Gesicht in den Händen hielt, „Wenn du sauer bist, kannst du ruhig jemanden dafür anschreien.“ Anschreien? Sauer? Auf Yami? Nein, warum denn? Der Blonde blinzelte und legte die Stirn in Falten. Warum war ihm so komisch? Als wäre jeder Körperteil zu schwer für ihn, als wäre er müde ohne schlafen zu wollen und… irgendwie so betäubt. Er versuchte etwas zu sagen, doch seinen Lippen schienen wie aneinander geklebt. Mit einem Grummeln stieß er mit der Zunge dagegen, bis er sie getrennt hatte und verzog den Mund in alle möglichen Richtungen, worauf die Lähmung wie weg schien. Waren das Dissoziationen? Höchstwahrscheinlich. Und so war er noch nie dagegen vorgegangen, aber Not machte erfinderisch, nicht? Zumindest sein Gesicht war wieder beweglich. „Sorry. Ich hasse meine Dissos.“, er zog den rechten Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln. „Dissos sind lustig.“, meinte Yami nur, ließ sein Gesicht los und griff nach seinen Händen, „Ich kann komische Dinge mit dir machen und du kannst dich nicht wehren.“, er klatschte Katsuyas Pfoten zusammen. Beim dritten Mal hatte der Blonde genug Kraft seinen besten Freund davon abzuhalten, bevor er seinen ganzen Oberkörper schüttelte und die Zehen in seinen Schuhen auf und ab hob. „Wieder da?“ „Denke schon.“, murmelte Katsuya und ließ sich von Seto einen Kuss geben, der heran rückte. „Mir tut es auch Leid.“, Noahs Blick wandte sich einen Moment zu Boden. „Schon gut, geht ja wieder.“, der Blonde warf einen kurzen Blick zu der Dame im Nebenbett, die ihn unverhohlen anstarrte, „Haben wir eine Schale für das Eis?“, er öffnete die Hände und hielt diese Yami vor die Nase. „Klar.“, dieser reichte ihm Setos Kuchenteller an, der bereits geleert war, „Und, was schlägst du vor, was wir mit der ruinierten Stimmung machen?“ „Zum Fenster raus…“, Katsuya probierte die Bewegungsmöglichkeiten jedes Fingers einzeln aus, „Mag jemand etwas erzählen?“ „Au ja.“, der Rothaarige setzte sich wieder, „Noah, erzähl mal einen Schwenk aus deiner Jugend.“ „Bitte?“, dieser hob beide Augenbrauen, „Ähm…“ „Mein Bruder muss nicht sehr oft improvisieren.“, warf Seto mit einem maliziösen Lächeln ein, fuhr seinen Hocker neben diesen und lehnte sich zu ihm, „Und eine wilde Jugend hatte der brave Streber auch nicht.“ „Du warst ja auch wild genug für uns alle zusammen.“, der Älteste kniff seinem Bruder die Nase mit Zeige- und Mittelfinger, „Außerdem habe ich massig schmutzige Storys mit Sekretärinnen zu bieten.“ „Wow… und wie viele von denen hattest du? Drei?“, Seto piekte ihm mit einem Finger in die Seite. „Vergiss es, du kleine Plage.“, Noah fasste seine Hand, „Ich plaudere keine Intimitäten mitten in einem öffentlichen Krankenhaus aus.“ „Ist das ein weiterer Seitenhieb?“, warf Yami trocken ein. Katsuya verdrehte nur die Augen. Konnten die beiden es nicht einfach lassen? Welch ein Kleinkrieg ohne jeden Grund. Und warum? Wahrscheinlich, weil sein bester Freund schmollte, dass ein gut aussehender Mann wie Noah hetero war. „Warum zicken Yami und Noah sich so an?“, murmelte der Blonde auf dem Weg nach Hause im Auto, während er den Kopf in den Nacken legte und die Lider schloss. „Weil Noah den Nagel auf den Kopf getroffen hat und das Yami extrem anpisst.“, erwiderte Seto leise mit völlig trockener Stimme, „Es gibt einen Grund, warum Yami Psychologie lernt, über Ernährungslehre Bescheid weiß, magersüchtig und stets für uns da ist: Er ist ein Kontrollfreak. Und wenn jemand in sein koordiniertes System einbricht und etwas findet, was für ihn Chaos darstellt – wie das Begründungssystem, auf dem sein Leben aufbaut – macht ihm das sehr viel Angst. Das ist praktisch Yamis Macke. Deswegen könnte er auch niemals mit mir zusammen sein, denn ich wäre zu viel Chaos.“ „Und ich bin das nicht?“, Katsuya wandte seinen Kopf nach links und studierte Setos Ausdruck. „Tja… im ersten Augenblick hätte ich gesagt, dass du absolut chaotisch bist, aber im zweiten… ich meine, ich strukturiere meinen wirren Kopf durch deine Hilfe, also müsstest du eigentlich sehr strukturiert sein.“, der Brünette zog die Augenbrauen zusammen, „Ich bin verwirrt. Gib mir einen Moment darüber nachzudenken.“ „Kein Problem…“, Katsuya verschränkte die Arme hinter dem Kopf, „Du hast alle Zeit der Welt.“ Ein ganzes Leben. Ihr Leben. Der Blonde betrachtete seine linke Hand. Verlobt… tja… Anfang September hatte die Schule wieder begonnen. Jetzt war es Anfang November. Zwei Monate hatten ihn von einem ständig abgeschossenen Junkie und Punchingball eines Alkoholikers zu einem jungen Mann mit guten Noten, einer aussichtsreichen Zukunft, einer festen Beziehung, einem guten Wohnsitz und netten Freunden gemacht. Zwei Monate und er, das unbedeutende Nichts, war zu einem geliebten und erwünschten Etwas geworden. Er lächelte und setzte einen Kuss auf das kühle Metall. Wenn zwei Monate so einen Aufstieg bringen konnten – wie schnell könnte diese Welt wohl wieder zusammenbrechen? Es bräuchte nur einen, der sie verriet. Nur einen, der zu viel sah. Nur einen, der im falschen Moment ein falsches Wort fallen ließ. Oder nur einen Wagen. Einen Autounfall. Ein Erdbeben. Dies alles könnte so schnell einfach vorbei sein und er wäre wieder da, wo er vorher war. Auf der Straße. Hungrig. Allein. Am Ende. Eine Laune des Schicksals und all diese Sicherheit würde wie ein Kartenhaus in sich zusammen fallen. Er schloss die rechte um die linke Hand und zog beide an seine Lippen. Nein, das würde nicht passieren. Vielleicht würde ein Unglück ihm einen geliebten Menschen nehmen, vielleicht würde das Gesetz ihn von Seto trennen, vielleicht würde er selbst irgendwie draufgehen – aber eines blieb sicher: Den Kreis seiner Freunde konnte man ihm nicht so einfach nehmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)