Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 66: Wiedersehen ----------------------- Yeah! Habe neben dem Kongress in Mainz "Ruhm und Ehre" (ein Theaterstück für den Jugendliteraturpreis von Baden-Württemberg) beendet. Jetzt nur noch das gegenlesen lassen, einschicken und Absage abwarten ^.^ In den nächsten Tagen werde ich auch die Schreiben für die zweite Runde an die Verlage schreiben (für DS 1). Heißt: Ich habe zur Zeit nur noch vier Schreibprojekte XD (DS, Eisengel, SOLDIER, Tradition) Und ich habe derzeit viel Motivation DS zu schreiben. Ich bin zwar nur im Kapitel nach diesem, aber ich habe endlich mal wieder Zeit auch zu schreiben (woran es in den letzten Wochen mangelte). Allerdings wird es dieses Jahr nicht als Nachsommerbonus mehrere Kapitel pro Woche geben, tut mir Leid, das kriege ich nicht hin. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen! P.S.: Wenn sich jemand fragt, welches Anhängsel Yumi im Japanischen verwendet, es wäre kun, nicht chan. So klein und lieb ist Seto dann doch nicht. _________________________________________________________________________________ „Seto?“, fragte eine unbekannte weibliche Stimme, „Mein kleiner Seto?“ Katsuya musterte mit einem schnellen Blick die Schwester, die gerade mit mehreren Kilo Bettwäsche im Arm ihren Weg querte, doch mitten auf der Kreuzung der Gänge stehen geblieben war, als sie Seto gesehen hatte. Sie war relativ klein, ein wenig rundlich und ging auf die Ende Dreißig zu. „Yumi?“, ein Grinsen schlug sich auf die Züge seines Freundes, in dem Katsuya mit geübter Leichtigkeit Klein-Seto erkannte. Kannten die beiden sich so gut? Anscheinend. Seto machte zwei Schritte nach vorne und schloss die Frau in die Arme, die die Wäsche einfach mal fallen ließ und rief: „Meine Güte, Seto, nicht so stürmisch! Ich bin doch kein junges Mädchen mehr. Mei, du bist ja noch mehr gewachsen, seit wir uns das letzte Mal sahen. Wie lange ist das her?“ Sie lösten sich und Seto wich ein Stück zurück, wobei er auf seine Unterlippe biss. „Hm? Du wirst mir auf meine alten Tage doch nicht schüchtern, oder? Was ich noch alles erlebe…“, sie schüttelte den Kopf, doch hatte einen liebevollen und stolzen Gesichtsausdruck, „Wie gut du aussiehst. Isst du etwa ordentlich?“ „Sicher, ich koche für ihn.“, zur Abwechslung mal warf Katsuya seinem Freund ein amüsiertes Lächeln zu, „Guten Tag, ich bin Katsuya Jonouchi.“ „Yumi Kisagi, sehr erfreut.“, sie schüttelte energisch seine Hand, „Und er isst das freiwillig? Ohne Drohung, dass man ihn sonst füttert?“ „Aus welcher Zeit kennen sie ihn?“, formulierte der Blonde so ungenau wie möglich. „Ach, wann war das…“, sie verschränkte die Arme und warf den Blick zur Decke, „Sechzehn war er da, das ist… zwölf Jahre her, kommt das hin?“ „Fast dreizehn.“, murmelte Seto leise. „Und so lange habe ich dich auch nicht mehr gesehen.“, sie lächelte zu ihm herüber, „Nicht, dass es mich stört, dass du nicht mehr ins Krankenhaus kamst, aber vermisst habe ich dich schon ein Stück.“ „Sorry.“, Röte schlich sich auf seine Wangen. „Hach, du bist noch niedlicher als damals. Magst du einen Kaffee haben?“, das ließ Seto begeistert auffahren, „Und doch noch ganz der alte. Manches ändert sich nicht. Ich bring’ schnell die Wäsche weg. Weißt du noch, wo das Schwesternzimmer ist?“ Er nickte schnell, griff Katsuya mit einer Hand und zog ihn den Gang herunter nach rechts. „Hier ist die Gynäkologie.“, erklärte er schnell, „Und direkt gegenüber die Pädiatrie. Und dazwischen das Zimmer.“, er klopfte schnell, obwohl die Tür offen stand, „Mittag, alle miteinander.“, er ging an einer verwirrt blinzelnden Schwester vorbei zum hinteren Teil des Raumes und zog zwei Stühle unter einem Tisch hervor, „Setz’ dich doch.“ „Ähm… Seto…“, Katsuya setzte sich, doch sank ein wenig zusammen unter dem Blick der zwei anwesenden Krankenschwestern, „Yumi hat zwar gesagt, wir sollen hier warten, aber…“ „Das ist okay, ich war schon oft hier.“, erklärte Seto enthusiastisch mit einem Gesichtsausdruck, der immer noch Klein-Seto in Leuchtschrift schrie. Die beiden Damen warfen sich einen Blick zu, eine zuckte mit den Schultern und sie wandten sich wieder ihrer Arbeit zu. Ein wenig erleichtert ließ Katsuya den Atem frei, den er unbewusst angehalten hatte. Für ein Kind gab es viele Verbote nicht. Sie dachten sich nichts dabei einfach in ein Angestelltenzimmer zu gehen. Daran musste er denken – Klein-Seto war nicht nur süß, er konnte auch Schwierigkeiten machen, wie man hier sah. Wenigstens war das gut gelaufen. Nur was hatte ihn geweckt? „Du kennst Schwester Yumi also seit dreizehn Jahren?“, der Brünette nickte, „Und du warst damals oft im Krankenhaus? War das nach dem Tod deines Vaters?“, noch ein Nicken, jedoch ohne enthusiastisches Lächeln, „Warst du nebenan auf der Pädiatriestation?“, wieder… Klein-Seto konnte zwar ein Plappermaul sein, aber das hier musste man ihm echt aus der Nase ziehen, „Und du hast dich gut mit ihr verstanden?“, konnte er nicht wenigstens zur Abwechslung ja sagen? „Aber Ärger hast du ihr schon gemacht, nicht wahr?“ Kein Nicken – nur ein schadenfrohes Grinsen. Lausbub. „Erzähl.“, forderte Katsuya ihn lächelnd auf, worauf Seto sich konspiratorisch vorbeugte. „Ich habe ganz lange diskutiert, bevor sie mir Spritzen geben durfte. Und das musste sie zweimal die Woche.“, der Brünette biss sich vorsichtig auf die Unterlippe, betrachtete Katsuya für einen Moment, doch schien die Reaktion als ungefährlich einzustufen, „Und gegessen habe ich auch nur so viel, wie ich musste, obwohl ich ganz dünn war. Und immer, wenn sie nicht geguckt hat, habe ich gearbeitet. Sie wollte immer, dass ich mich ausruhe, aber das war schrecklich langweilig. Das hat sie super sauer gemacht. Am Anfang hat sie immer versucht das nicht zu zeigen, da habe ich sie für ausgelacht.“ Katsuyas rechter Mundwinkel hob sich höher. Seto musste echt ein absolut grausamer Patient gewesen sein. Damals war er sicher noch rebellischer als jetzt – und wenn er jetzt Ärzte dazu dezimieren konnte nach seinem Willen zu handeln, konnte er das damals wahrscheinlich auch. Die arme Yumi. „Und einmal bin ich ausgebrochen, da wurde er plötzlich ganz still.“, meinte eine weibliche Stimme knapp neben ihnen, die beide aufschrecken ließ. Versöhnlich reichte die Schwester Seto jedoch einen Becher Kaffee. „Hat Angst gemacht...“, murmelte dieser leise und nahm das Gefäß entgegen. „Da brachen Monate von Selbstbeherrschung entzwei. Ich habe mich direkt entschuldigt, er sah so schrecklich verängstigt aus und hat gezittert. Das war wie ein Schlag ins Gesicht das zu sehen. Aber ab dem Moment haben wir uns gut verstanden und Kompromisse gefunden.“, auch sie zog sich einen Stuhl heran, „Die jugendliche, suizidale Bratze war zu einem artigen Kind mutiert, das auf eine charmante Art seinen Kopf durchsetzte.“, sie lächelte zu Seto, „Obwohl du es den Ärzten nicht leicht gemacht hast.“ Ganz wie vermutet. Der Blick, den Katsuya seinem Freund zuwarf, ließ ihn eine Schnute ziehen. Das sorgte allerdings nur dafür, dass Yumi ihm mit dem Zeigefinger an die Wange tippte – worauf er die Knie anzog, seine Arme darum legte und beide anschmollte. „Die fast fünfzehn Jahre scheinen ihn keinen Tag älter gemacht zu haben.“, Yumi gluckste und hob eine Hand zu ihrem Mund, „Er ist genau so niedlich wie damals. Wenn er noch einmal eingeliefert werden würde, wäre ich wahrscheinlich immer noch dafür ihn auf die Kinderstation zu bringen.“ „Könnte ihm gefallen, auch wenn er das nie zu gäbe.“, stellte Katsuya mit einem Lächeln fest und wandte sich der Schwester zu, „War er oft hier?“ „Einige Zeit jede Woche. Manchmal sogar zweimal die Woche. Wir haben sein Zimmer schließlich gar nicht mehr belegt sondern für ihn frei gehalten.“, sie seufzte, „Meistens blieb er eh nur hier, um ein wenig Schlaf nachzuholen, eine Eisenspritze zu bekommen und etwas zu essen. Er hat sonst einfach weder geschlafen noch gegessen und sich die Arme aufgeschnitten.“, sie runzelte die Stirn, griff langsam nach Setos Jackettärmel und zog diesen und das Hemd darunter ein Stück nach oben, wobei der Brünette sich nicht wehrte, „Verbände... du schneidest dich immer noch?“ Seto schmollte nur weiter statt eine Antwort zu geben, sodass Katsuya das für ihn tat: „Nein, das war eine einmalige Sache. Er macht es normalerweise nicht. Das ist jetzt zwei Wochen her.“ „Hat das ein Arzt gesehen?“, er nickte, „Na gut... es macht mir aber schon Sorgen. Irgendwann kam er plötzlich nicht mehr. Ich dachte schon, er hätte sich endgültig umgebracht. Aber er tauchte immer noch im Fernsehen auf, das hat mich beruhigt.“, sie seufzte, „Ehrlich, ich war geschockt, als die Ärzte sein Zimmer plötzlich wieder an andere vergeben haben. Was hat dich damals so abrupt bekehrt?“ „Um...“, ein Hauch Röte schlich sich auf Setos Wangen, „Ich habe eine... Beschäftigung gefunden...“ Katsuya hob eine Augenbraue, ebenso wie Schwester Yumi, bevor sich beide einen Blick zuwarfen und zusammen Seto zu wandten. Es vergingen einige Sekunden des Schweigens, bevor der junge Mann das Wort erhob: „Was für eine Beschäftigung?“ „Tja...“, Setos blaugraue Augen suchten den Raum ab, doch schienen nichts zu finden, um das Thema zu wechseln, „Ähm... du weißt schon... die Sache mit meiner Schule...“ „Mit deiner Schule?“, wenn das irgendein Wink mit dem Zaunpfahl hatte sein sollen, er hatte ihn nicht verstanden, „Welche Sache mit deiner Schule?“ „Die Jungen. Zu meiner Schulzeit. Yami hat dir davon erzählt, das weiß ich.“, der Ältere zog wieder eine Schnute und seufzte tief, als Katsuya die Stirn in Falten legten, „Ich habe alle hübschen Kerle an meiner Schule durchgevögelt. Klingelt es?“, in seinen Ton mischte sich Aggressivität und er setzte die Beine zurück auf die Erde, lehnte sich vor und verschränkte die Hände – ganz wie ein Geschäftsmann. „Oh! Sorry, ja- natürlich- ich vergaß...“, stotterte der Blonde hervor. „Und das hat dich von deinen Selbstmordversuchen abgehalten?“, fragte Yumi voller Verwunderung. „Ja.“, gab Seto nur kalt und präzise zurück. „Erstaunlich... von der Selbstverletzungssucht zur Sexsucht... das ist sehr ungewöhnlich, so weit ich weiß.“ „Nun, ihr beiden, so gerne ich auch über alte Zeiten plaudere, ich muss wohl langsam wieder an die Arbeit.“, sagte Yumi schließlich wenige Minuten später, „Schließlich ist heute Halloween. Einige Kinder wollen sich verkleiden und die verschiedenen Stationen terrorisieren. Bei ein paar müssen wir auf jeden Fall dabei sein.“, sie seufzte und ließ den Kopf ein wenig hängen, „Es wäre so schön, wenn wir eine kleine Feier machen könnten. Oder zusammen mit allen Kindern etwas unternehmen könnten. So bleiben einige ganz allein heute Abend und vielen mussten wir das Rausgehen verbieten. Wir haben einfach nicht genug Leute und nur zwei Kinder werden von ihren Eltern besucht. Es ist traurig mit an zu sehen, wie die ganzen Kürzungen uns dazu bringen unsere Arbeit so zu vernachlässigen.“ „Können wir helfen?“, fragte Katsuya eifrig, doch warf einen Moment später einen fragenden Blick zu Seto – der war von der Idee sicher wenig begeistert. „Wenn ihr wollt... willkommen wäre sie auf jeden Fall.“, auch sie sah zu dem Brünetten, „Wie steht es mit dir, Seto?“ „Gern.“, ein Lächeln legte sich auf das Gesicht, das in den letzten Minuten praktisch ausdruckslos gewesen war und überraschte somit beide anderen Anwesenden, „Wenn du mir nicht so viele Blagen an den Hals hängst. Ich vermute, die können mit dem Fitnessstudio konkurrieren, wo ich eigentlich hin wollte.“ Oh. Ja. Das Fitnessstudio. Da war etwas gewesen. Und wieder wurde Seto davon abgehalten. Katsuya lächelte schief und legte den Kopf zur Seite. Ob die Leute dort ihn wohl schon vermissten? Bei seinem normalen Charakter wahrscheinlich nicht... „Um ehrlich zu sein...“, Yumi lächelte ein wenig verlogen, „Da ist dieser eine Junge... sie haben ihn hierher gebracht wegen Missbrauch durch seinen Vater. Er ist über und über von Hämatomen und hat eine gebrochene Rippe. Ich habe ihn ausgezogen, damit die Polizei Fotos machen konnte. Er hat sich an mich geklammert und zitterte bei jedem Mann, der in seine Nähe kam. In ein paar Tagen wollen sie ihn abholen, um ihn in eine Pflegefamilie zu bringen, aber ich mache mir ein wenig Sorgen, wie er in Zukunft auf Männer reagieren wird. Wir haben hier keine männlichen Pfleger, deswegen kann keiner das übernehmen und gerade jetzt ist eigentlich die kritische Zeit, wo es noch möglich ist große Schritte mit ihm zu gehen...“, sie warf dem Brünetten einen fast flehenden Blick zu, „Ich weiß von damals noch, wie gut du mit solchen Kindern umgehen kannst. Könntest du vielleicht einmal mit ihm sprechen? Es einfach nur versuchen, ob du ihm vielleicht ein wenig Angst nehmen kannst?“ Katsuya sah zwischen beiden hin und her. Sie wusste noch... von vor dreizehn Jahren? Wo Seto noch ein höchst suizidaler, aggressionsgeladener Teenager gewesen war? Wie gut er damals mit missbrauchten Kindern umgehen konnte? Jungen, die von ihrem Vater geschlagen wurden? Er schluckte und wandte den Blick ab. „Natürlich, kein Problem.“, erklang Setos ruhige Stimme, die er auch bei ihm immer benutzte, wenn er ihn beruhigen wollte, „Hast du noch mehr solcher Fälle zur Zeit?“ „Noch ein Mädchen, aber die ist schon länger hier. Ihr hat man die Hüfte gebrochen. Allerdings ist sie ganz anhänglich und hat kaum Probleme. Sie ist immer froh, wenn sich jemand Zeit für sie nimmt.“ „Hört sich wie ein passender Anhang für dich an.“, Seto legte ihm eine Hand auf die Schulter, „In Ordnung, Katsuya?“ „Sicher... erklärst du mir, was ich zu tun habe und auf was ich achten muss?“ „Natürlich.“, Yumi lächelte breit, „Damit habe ich meine zwei Sorgenkinder vergeben. Bei allen anderen muss sowieso eine Schwester dabei sein, die würde ich keinen Laien anvertrauen. Da muss jemand im Notfall direkt helfen können. Aber die beiden sind einfach nur verletzt.“, sie nickte, doch aus ihren Augen sprach Trauer, „Sagen wir... mit Verletzungen, die ihr kennt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)