Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 34: Absurdität ---------------------- Dass dieses Kapitel heute noch fertig geworden ist, ist ein Wunder -.- Seit Freitag hatte ich einen full-time-job. Man könnte es Eltern-Sitting nennen. Meine Nerven liegen blank. Aber ich war noch in der Uni, habe mein Referat noch fertig bekommen und Chemie muss ich halt irgendwann morgen früh machen, habe ja erst um 13.30 Uhr die nächste Prüfung -.- Kein Kommentar also. Fröhliches Lesen. _________________________________________________________________________________ „Das riecht gut.“, riss Setos Stimme ihn aus seinen Gedanken und ließ ihn herum fahren. Kein Blut. Keine sichtbaren Wunden. Die Kleidung war etwas zerknitterter, das Jackett trug Seto nicht mehr, die Krawatte auch nicht, aber sonst schien alles wie gewohnt. Katsuya war wie der Blitz an seiner Seite, griff nach seinem Gesicht, drehte es unter seinen Argusaugen, bevor er die Hände griff. „Sie sind gerötet.“, stellte der Jüngere fest, „Was ist das für ein Schnitt?“ Ganz dünn, aber erkennbar. Auf Setos linker Zeigefingerkuppe war ein Schnitt. „Das war nun wirklich ein Unfall.“, es klang schon fast ein wenig kleinlaut, „Ich habe mich an einem Blatt Papier geschnitten.“, sie schwiegen, während Katsuya die Hand in seine schloss und an seine Brust zog, „Habe ich... dir Angst gemacht?“ „Sorgen.“, korrigierte der Blonde, den Blick auf Setos Brust gerichtet, „Und... Angst...“ „Es tut mir Leid.“, er sprach leise, flüsterte schon fast, „Ab nächste Woche gehe ich auf jeden Fall wieder ins Fitnessstudio. Dann gleichen sich meine Energien auch wieder aus.“ „Sicher?“, Katsuya verdammte das Zittern in seiner Stimme. „Ganz sicher.“, der Größere setzte einen zarten Kuss auf seine Stirn, „Noch Redebedarf?“ „Soll ich... nachher aufräumen?“ „Das mache ich selbst, keine Sorge.“, die braunen Augen hoben ihren Blick vorsichtig zu den blauen Saphiren, „Was hältst du davon, wenn wir morgen nachmittag Möbel einkaufen gehen? Möchtest du auch einen Schreibtisch haben? Und eine Staffelei? Zeichnest du überhaupt auch Bilder auf Staffelei?“ Ein kleines Lächeln legte sich auf Katsuyas Lippen, bis sich sich einen Moment später seine Lippen bewegten: „Sehen deine Entschuldigungen immer so kostspielig aus?“ „Wärst du eine Frau, du würdest längst Juwelen um diesen berückenden Hals tragen.“, antwortete Seto ausweichend und wandte den Blick ab, „Was hast du gekocht?“ „Mit Blumen und Pralinen kriegt man mich aber auch.“, gab der Jüngere zu und überhörte die Frage einfach geflissentlich, „Obwohl deine Art der Entschuldigung schon ein wenig kreativer ist, das imponiert auch sehr.“ „Herzlichen Glückwunsch, du hast etwas gefunden, was mir peinlich ist, können wir das Thema wechseln?“, Seto entzog ihm die Hand, die er bis jetzt gehalten hatte. „Was ist dir peinlich? Dein Verhalten? Oder dass du langsam ein bisschen durchschaubar wirst?“, ein gemeines Grinsen spielte mit Katsuyas Lippen. „Ich bin mir peinlich.“, erwiderte der Ältere nur, „Das Essen brennt an.“ „Das Essen ist längst vom Herd.“, kam es als Konter. „Was willst du, kleiner Teufel?“, die rauchigen Saphire wandten sich ihm wieder zu. „Einen Kuss?“, Katsuya legte den Kopf schief, „Der geht auch als Entschuldigung durch.“ Uuh... Rache war süß, erst recht, wenn sie auf diese Art kam. Das wischte die dunklen Gedanken von vorhin doch direkt hinfort... Katsuya konnte es spüren, riechen, schon praktisch schmecken, dass er Hals über Kopf roter war als das Fleisch, bevor er es angebraten hatte. Dabei hatte Seto nicht ein Wort gesagt. Er saß da, aß unschuldig sein Rinderfilet und die Klöße mit Sauce und dachte... nun ja, möglicherweise etwas extrem Versautes, aber das war Interpretation. Fakt war, dass Katsuya die Blicke, die immer wieder über alle sichtbaren Teile seines Körpers flickerten, als äußerst stimulierend empfand. „Es war köstlich, ich danke dir.“, Seto lehnte sich vor, die Finger ineinander verschränkt, das Kinn darauf und sandte ein Lächeln zu dem Jüngeren, der allerdings mehr auf die halbverhangenen Augen achtete, die auf eine ihm nicht erklärliche Art so wirkten, als würde eine Raubkatze ihre Beute fixieren. „Was soll dieser Blick?“, Katsuya verfolgte den Älteren mit seinem eigenen, während dieser die Sachen vom Tisch in die Spülmaschine brachte. „Welcher Blick?“, das wusste er unter Garantie ganz genau... „Ich sehe dich gerade nicht einmal an.“ „Das übelwollende Lächeln auf deinen Lippen dabei ist allerdings dasselbe, selbst wenn du mich gerade nicht ansiehst.“, der Blonde ging ihm zur Hand. „Das ist eine Unterstellung.“, Katsuya trat neben ihn. „Es ist Fakt.“ „Es ist Interpretation.“, konterte Seto. „Ich habe das Gefühl, das hier kommt deiner Definition von Vorspiel nahe.“ „Möglicherweise tut es das.“, er lehnte sich gegen die Arbeitsfläche, jenes unheilvolle – und vielversprechende – Lächeln auf seinen Lippen. „Und wiederum finde ich kaum Romantik.“, Katsuya trat vor ihn, griff sein Hemd in Ermangelung einer Krawatte und zog ihn in einen Kuss. Mit diesen Lippen konnte man Besseres anstellen, als sich von ihnen necken zu lassen. Verbal necken zumindest. Seto hatte sich seine Unterlippe geschnappt, hielt sie zwischen seinen beiden und strich über den gefangenen Teil mit seiner Zunge, bevor er ihn wieder entließ und erneut ertastete, was er als nächstes in Beschlag nehmen konnte – worauf Katsuya mit seiner Zunge antwortete. Der Größere überließ ihm seinen Mund, bevor er sich wenige Momente später um zu entscheiden schien und die Zunge mit seiner eigenen zurück drängte, wobei sie immer wieder aneinander vorbei glitten. „Warum sollte ich etwas ändern, wenn du auf diese Art von Vorspiel so wunderbar ansprichst?“, fragte Seto mit neckischer Stimme. „Es wird der Tag kommen, wo ich dir nicht mehr mit ungezügelter Lust erliege...“, warnte der Blonde vor. „Das wird der Tag sein, wo ich meine Taktiken ändern muss.“, der Andere schnappte noch einmal nach seinen Lippen und schmuste einen Moment mit ihnen, „Meines Empfindens nach ist der Tag aber noch fern...“ Klasse. Katsuya hob eine Augenbraue ob der geschlossenen Tür des Arbeitszimmers. Hatte er nicht eben erst so etwas wie Angst empfunden? War er so naiv und einfach zu haben? Thema abgeschlossen, auf ins Bett? „Ich habe nicht vor dich zu irgendetwas zu zwingen, Katsuya...“, Seto legte von der Seite die Arme um ihn – anscheinend war er wohl stehen geblieben, „Wenn du Angst vor mir hast, ist das vollkommen okay und verständlich. Ich habe es auch.“ Der blonde Kopf legte sich zur Seite und ein kleines Stück in den Nacken. Stumm betrachtete er die dunkelblauen Augen, die den Blick zu Boden richteten. Ja, er hatte Angst vor ihm gehabt. Irgendwo in sich spürte er sie auch immer noch. Aber irgendwie... irgendwie war sie auch nicht da. Irgendwie trat sie durch seine Gefühle weit in den Hintergrund. War das dumm? War das naiv? War das die Abhängigkeit, die er heute erst wirklich realisiert hatte? Dieses Sich-selbst-aufgeben für einen anderen, was jenseits jeglicher Vernunft, Logik und Gesundheit lag? War das das, was man als krankhafte Liebe bezeichnete? „Katsuya?“, Seto hatte es mittlerweile geschafft den Blick zu heben. Angesprochener fixierte unentwegt dessen Augen. Er wusste nicht einmal genau, wann er das letzte Mal geblinzelt hatte. Seine Hand hob sich, während der Rest seines Körpers wie eingefroren schien. Ihre Handinnenfläche legte sich mit einer federnden Berührung auf Setos Wange und mit unmerklicher Kraft zog er durch sie dessen Kopf zu sich hinab und hauchte einen Kuss auf die leicht geöffneten Lippen. „Hast du dich genug abgeregt?“ Seto blinzelte, verharrte einen Moment, bevor er langsam nickte. „Gut.“, ein Lächeln formte sich auf Katsuyas Lippen, „Ich vertraue dir.“ Sein Gegenüber löste seine Maske der Ausdruckslosigkeit nicht, sah ihm nur tief in die Augen, als suchte er die Wahrheit in ihnen. Seto vertraute ihm nicht genug, um das einfach anzunehmen – nein, genau genommen vertraute er sich selbst nicht genug dafür – das wusste Katsuya. Und doch wollte er, dass sein Freund es wusste. Von selbst denken würde er es ja eh nie. „Ehrlich?“, fragte der Brünette kleinlaut nach. Yes! Er hatte die richtige Ebene erreicht. Das war direkt an den Gefühlsteil, Setos Kinder-Ich, gegangen. „Ehrlich.“, bestätigte Katsuya und fuhr dem anderen durch die Haare, „Wollen wir das Zimmer aufräumen, dass du kaputt gemacht hast?“ „Tut mir Leid...“, Seto senkte den Blick. „Ist besser, als wenn du einem Lebewesen schadest, nicht?“ „Ja...“, er legte die Arme hinterm den Rücken zusammen und sank ein wenig in sich zusammen. „Besser als ein Lebewesen, schlechter als das Fitnesscenter, richtig?“ „Richtig.“, bestätigte Klein-Seto. „Sehr gut.“, lobte Katsuya, „Und jetzt hilfst du mir beim Aufräumen.“ „Okay.“ Wow... das war der Schaden, den ein erwachsener Mann ohne Selbstverletzung mit bloßen Händen anrichten konnte? So viel hatte Herr Jonouchi nicht hingekriegt, selbst mit Alkohol – vielleicht aber auch gerade wegen dem Alkohol. Das Glück des Küchentisches in Katsuyas alter Wohnung hatte dieser Tisch nicht gehabt. Die Platte war noch ganz, aber jedes Tischbeim war abgebrochen. Der Stuhl sah da nicht besser aus. Eines seiner Beine steckte im Bildschirm des ehemaligen Computers. Dessen andere Bestandteile befanden sich in der Nähe der Wände auf dem Boden, ebenso wie die Aktenordner und Bücher. Lose Seiten hingegen waren über das ganze Zimmer verstreut, oft auch zerrissen. Von den Schränken lag keiner danieder – möglicherweise waren sie an der Wand festgeschraubt. Möglicherweise war Seto solch eine Zerstörung nicht fremd und er hatte sie extra so montiert. „So...“, Katsuya ließ den Blick schweifen, „Erstmal räumen wir den groben Müll hier raus. Die kaputten Elektroteile und die Holzreste müssen in den Keller.“ „Keller?“, Setos Stimme war hoch, „Ich will nicht in den Keller!“ „Okay, du bringst sie ins Erdgeschoss und ich in den Keller. In Ordnung?“, Setos Kellerphobie konnten sie ein andermal bekämpfen. Jetzt mussten sie erstmal diese Situation lösen – Setos Versinken in Schuld und Selbsthass und die eigene Befangenheit. Klein-Seto nickte lächelnd und sammelte die Tisch- und Stuhlbeine zusammen – Katsuya zuckte ob des Geräusches des aus dem Bildschirm gezogenen Beines etwas – während der Jüngere die Tischplatte wuchtete. Irgendwie war es, als brächten sie Leichen in den Keller. Katsuya schüttelte über seine Gedanken den Kopf und nutzte die freie Fläche im Bügelraum, um die Platte dort gegen die Wand zu lehnen, bevor er die Beine holte, denen am Treppenabgang gerade elektrische Teile folgten, die definitiv nicht mehr benutzbar aussahen. „Was soll ich als nächstes machen?“, fragte Klein-Seto einige Gänge später. „Stapel die Ordner und die Bücher im Flur, bitte.“, bestimmte Katsuya, während er sich mit den Druckerüberresten ins Untergeschoss begab. „Kats!“, er fuhr hoch, raste ins Obergeschoss – das war nie im Leben Seto gewesen, oder? Die Stimme gehörte zu einem verheulten Kind. Hatte er sich etwas getan? – doch Seto kam ihm schon entgegen, die linke Hand ausgestreckt, über die Streifen einer roten Flüssigkeit liefen. Katsuyas Atem raste, er schnappte das Körperteil, musterte es, bevor er erleichtert durch atmete. Es war nur ein Splitter. Ein ganz normaler Glassplitter, dem sich der Kleine beim Zusammensuchen zugezogen hatte. „Du hast mir einen Schrecken eingejagt...“, er schüttelte den Kopf und zog Seto ins Bad, „Tut es weh?“ „Ganz doll!“, bestätigte die brünette Gestalt mit blauen, ansonsten geröteten Augen und Tränen auf den Wangen – wäre das kein Kind, Katsuya würde ihn abknutschen, weil er so süß aussah – und ließ sich die Hand unter kühles Wasser halten. Der Jüngere – konnte man das überhaupt so sagen? – holte eine Pinzette aus dem Wandschrank und stellte das Wasser ab, bevor er sich über die Wunde beugte. War ja schon ein recht großes Stück. „Das wird ein bisschen weh tun.“, warnte er vor, „Beiß besser die Zähne zusammen.“ „Hm-hm...“, Katsuya warf noch einen Blick zu ihm und sah, dass Klein-Seto sogar die Augen geschlossen hatte, bevor er das Splitterchen zog, „Aua... machst du jetzt ein Pflaster drauf?“ „Sofort.“, er trat an den Medizinschrank, öffnete ihn und suchte mit seinem Blick die Reihen ab, „Hast du ein Antiseptikum?“, noch im selben Moment schellte er sich einen Idioten, das Wort kannten Kinder nie im Leben. „Da.“, ein Arm neben ihm zeigte auf eine längliche Packung – PVP-Jod-Salbe. „Danke...“, er sah dem Größeren in die Augen, doch die Lider waren wie zuvor weiter geöffnet, die Gesichtszüge weicher, die Wangen ein wenig gerötet, „Seto.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen legte der den Kopf schief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)