Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 11: Zermürbung ---------------------- Guten Morgen ^.^ Komme ich doch dazu ein Kapitel hochzuladen ^.- Und nächste Woche Sonntag habe ich auch einen PC, da müsste ich es also auch schaffen. Nur ob ich alle Kommentare entsprechend beantwortet kriege oder das erst zwischen Donnerstag und nächsten Sonntag schaffe, weiß ich leider nicht. Heute schaffe ich es wahrscheinlich nicht. Bei diesem Kapitel möchte ich mal wieder eine Warnung aussprechen. Mich persönlich reißt es nicht herunter, aber ich vermute, dass es manchen aufs Gemüt gehen könnte. Ich wünsche dennoch viel Spaß beim Lesen ^.^ Übrigens ist das, was Seto tut, KEINE therapeutische Art mit Dissoziativen umzugehen. Sie verstärkt die Dissoziationen auf Langzeit sogar. _________________________________________________________________________________ Katsuya öffnete die Augen, blinzelte und versuchte sich zurecht zu finden. Was zur Hölle... der Raum war klein. Klein und weiß. Zu klein für ein Krankenhauszimmer, zu einheitlich weiß für eine moderne Gefängniszelle. Er saß auf einem Stuhl, einem relativ harten und kalten Stuhl. Er schien direkt auf Metall zu sitzen. Katsuya senkte den Blick, entdeckte, dass seine Hände an dem Metallstuhl fest geschnallt waren. Wenn seine Hände... er versuchte die Füße zu bewegen, doch scheiterte. Sein Unterleib und sein Hals waren ebenso angekettet. Er wusste nicht einmal womit genau. Das um die Handgelenke war metallisch grau, doch biegsam und flexibel wie ein Lederriemen. Wie kam er hier hin? Was machte er hier? Wo war er überhaupt? Schritte. Katsuya zuckte zusammen, spürte Eis unter seiner Haut seinen Rücken hinab laufen. Er schluckte, was durch den Riemen Schmerzen bereitete. Dieser Jemand war etwas Besonderes. Er wusste nicht, wieso, aber die Person machte ihm eine so panische Angst, dass er sich nicht einmal in der Lage fühlte zu schreien. Die Schritte waren langsam, hallten auf dem Boden wider und klangen nach schweren, breitsohligen Stiefeln. Stiefel, wie er sie trug. Stiefel, wie sein Vater trug. Katsuya hielt die Luft an. Die Geräusche stoppten. Wer oder was auch immer das war, es war hinter ihm. Direkt hinter ihm, nur getrennt durch die hohe, metallene Lehne des Stuhls. Ganz leicht streifte ein Lufthauch über seinen Kopf. „Spürst du es?“, eine herbe, trunkene Männerstimme. Definitiv sein Vater. Katsuya wagte es nicht zu antworten. Er wagte es nicht zu atmen. Er konnte nicht einmal zittern. Sein Körper gehorchte nicht. Er konnte nicht atmen. „Spürst du das Gift in deinen Adern?“ Er konnte nicht weinen. Er konnte nicht schreien. Er war wehrlos. „Ich bin dein Gift.“, an seinem Kopf vorbei griff ein aufgedunsener Arm, eine Spritze in der Hand. Sie wurde an seinen Unterarm gesetzt, eingestochen und ausgedrückt. „Süßes Gift...“ Er konnte sich nicht bewegen. Er konnte nicht schreien. Er konnte nicht atmen. Und langsam benebelte das Gift seine Sinne. „Lass dich fallen.“, die Stimme war in ein lockendes Zischen übergegangen, „Sei mein Kind. Wähle den Abgrund, der kein Ende hat. Mein Kind...“ Der Stuhl war ein Todesstuhl. Die Spritze war die letzte, die nach dem Schlafmittel. Es war eine Todeszelle. Er war in der Todeszelle und er war der Verurteilte – und sein Vater der Henker. „Dein Vater?“, die Stimme klang belustigt, eine Gestalt tauchte in seinem rechten Augenwinkel auf und trat vor ihn – er konnte den Blick nicht heben, „Der bin ich nicht.“ Die Gestalt beugte sich hinab. Katsuya sah in seine eigenen Augen. „Guten Morgen, Katsuya.“, Isis lächelte ihm entgegen, als er wie jeden Dienstagmorgen die Krankenstation betrat – Seto hatte die ersten beiden Stunden, er nicht. „Morgen...“, mit einem müden Andeuten eines Lächelns zog er sich den fahrbaren Hocker heran. „Kein guter Morgen?“, fragte sie mit etwas gedämpfterer Stimme. „Alpträume.“, Katsuya lehnte sich nach vorne und begrub sein Gesicht in seinen Handinnenflächen, „Was wollten sie mit mir besprechen?“ „Nun...“, sie seufzte, „Ich weiß nicht, ob das jetzt der richtige Zeitpunkt ist.“ Zeitpunkt für was? Wirkte er so labil? Es war nur ein weiterer, verdammter Alptraum, wie er ihn mittlerweile sogar mehrmals die Nacht hatte. Wenigstens war Seto für ihn da... „Sagen sie es einfach.“, befahl er mehr als er bat und bereute seinen Ton noch im selben Moment. „Es geht um Donnerstag.“, konnten sie das Thema nicht einfach bis Donnerstag verdrängen? Und wieso wusste Isis davon? „Ich bin ebenfalls geladen, das heißt, ich werde dort auch eine Aussage machen.“, okay, das klärte zumindest die zweite Frage, „Und darüber wollte ich mit dir sprechen.“ „Warum?“, wieso klang er so verdammt kalt und unfreundlich? „Ich bin dort, um über meinen Eindruck von dir im letzten Jahr zu sprechen.“, sagte sie langsam und eindringlich, „Das heißt, ich darf über nichts, was mit deinem Körper geschehen ist und wie ich dich als Mensch empfand, schweigen.“ Das hieß, sie würde seine komplette Verletzungsgeschichte und die Endzüge seiner Rebellionszeit dem Gericht offenbaren... klasse. Katsuya könnte kotzen. Das ging die verdammt noch mal nichts an! „Ich sehe, das lässt dich nicht kalt.“, sie hob die Hand, legte sie auf seinen Oberarm und drückte kurz, „Katsuya?“ „Lass mich.“, er riss seinen Arm los, stand auf, nahm Abstand von ihr, „Du weißt einen Scheißdreck von mir!“ „Katsuya, bitte nicht...“, sie stand auf und hob vorsichtig die Arme, als wollte sie ihn mit der Geste beschwichtigen, „Beruhige dich, bitte.“ „Gar nichts tu' ich!“, sie machte einen Schritt auf ihn zu, „Bleib stehen! Fass mich nicht an!“ Sie riss die Lider auseinander, erstarrte in der Bewegung und zog schließlich ihre Arme an ihren Körper. „Du machst mir Angst.“ Er starrte in ihre Augen, sah ihre Lippen zittern und atmete tief durch. Beruhigen. Er musste sich beruhigen. Sie hatte ihm nichts getan. Er zeigte eine aggressive Abwehr aus Angst. Er war überspannt. Er musste sich beruhigen. „Rufen sie Seto, bitte.“, er stützte sich an das Regal neben sich, „Ich weiß nicht, ob ich das allein kontrollieren kann... stehen sie nicht rum, gehen sie ihn holen, verdammt!“, schrie er. Isis nutzte die Chance zur Flucht. Seto und Isis fanden einen Scherbenhaufen. Die Stühle und die Liege hatte Katsuya umgeworfen, mit dem Hocker hatte er die Glastüren eines Schranks eingeschlagen. Aber der Scherbenhaufen war nicht der auf den Boden, es war der, der an der Wand hockte. Irgendeine der Scherben trug den Namen Katsuya. Der Rest war nur ein diffuses Ich, Du und Es, dass sich über den ganzen Raum verteilt hatte. Zumindest war das ungefähr das, was der Blonde gerade empfand. Nichts und alles war er. „Wie erwartet...“, flüsterte Seto nur, „Es wird schlimmer. Danke, dass sie mich geholt haben. Lassen sie uns bitte allein und halten sie Ryou hiervon fern.“ Katsuyas Körper hob nicht einmal den Blick. Er hatte den Kopf zwischen seinen Beinen vergraben und hielt diese mit seinen Armen beieinander. Seto war sicher sauer. Seto würde... würde... Er krallte die Nägel in seine Beine. Seto würde ihm helfen. „Katsuya?“, er spürte eine Präsenz direkt vor sich, hörte die Stimme aus kurzer Entfernung, „Katsuya, kannst du mich hören?“ Ja, konnte er. Er wollte ihm das sagen. Aber seine Lippen bewegten sich nicht. „Katsuya, ich werde dich jetzt berühren.“, Hände legten sich auf seine, zogen die Nägel von seinen Beinen und fuhren seine Arme hinauf, „Dies sind deine Hände... deine Unterarme... deine Oberarme... deine Knie... deine Unterschenkel.“, er zog an den Fußfesseln des Jungen, um so seine Beine zu strecken – sein Oberkörper folgte dem nachgebenden Halt. Die Hände lösten sich, legten sich auf seine Schultern, drückten ihn zurück gegen die Wand, fuhren unter seine Achseln und zogen ihn – den Beton im Rücken als Halt – nach oben. „Wäre die Liege nicht auf dem Boden, würde ich dich darauf legen.“, Seto trat auf ihn zu, drückte ihn mit seinem kompletten Körper an die Wand, die Beine drängten sich zwischen seine. Eine Hand fuhr zwischen seine Schulterblätter, die andere zu seinem Hintern hinab, bevor sich Seto etwas von ihm lockerte und ihn in die Höhe zog, um ihn wie ein Kind auf dem Arm zu tragen. „Komm, Klammeräffchen, hilf ein bisschen mit.“, er musste die Beine über Setos Hüften ziehen und sich festklammern. Er musste. Aber es ging nicht. Sein Körper gehorchte nicht. „Dich hat es echt erwischt.“, er wurde wieder herunter gelassen, Hände und Körper entfernten sich, nur zwei Finger legten sich an seinen Hals und blieben dort. „Sechzig... das geht.“, die Person entfernte sich, kehrte zurück, zog ihm die Jacke aus und band etwas um seinen Arm, legte etwas Kaltes in die Armbeuge, bevor plötzlich ein Druck seine Hand taub werden ließ, „Neunzig sechzig.“, ein Seufzen, ein Reißen, das Ding von seinem Arm war weg, „Puls und Blutdruck sind stabil, wir müssen also nicht ins Krankenhaus.“, der Körper verschwand wieder für einen Moment, „Glück gehabt, Kleiner. Ich frage mich trotzdem, ob ich dich in die Psychiatrie bringen sollte. Ich kann dich nicht rund um die Uhr betreuen, ich muss arbeiten.“, die Stimme bog seitlich ab, „Frau Ishtar!“ Die Decke war weiß. Wie im Krankenhaus. Aber er war nicht im Krankenhaus. Er lag auf einer Liege in der Krankenstation der Schule. Katsuyas Kopf kippte zur Seite. Argh... das knackte. Egal, wenigstens ein bisschen hatte er mitgemacht. Komisch eigentlich. Seine Reaktionen sagten ihm, dass er dissoziativ war. Aber er fühlte sich gar nicht so. Er fühlte sich vollkommen wach. Nur sein Körper gehorchte ihm nicht. Es war... wie in seinem Traum... Aber er fühlte keine Angst. Isis würde ihm nichts tun. Sie wirkte nicht einmal sauer. Sie fegte in aller Ruhe die Scherben weg. Ganz anders als Ryou, der ihm immer wieder besorgte Blicke zuwarf und nun mit dem Stuhl an ihn ran fuhr, sich zu ihm beugte und flüsterte: „Kannst du mich hören?“ Warum fragten das alle? Er war nicht debil, verdammt. Er konnte nur nicht reagieren. Zumindest konnte er Ryou ansehen. „Isis? Was ist los mit ihm?“, die Stimme war weinerlich. „Das weiß ich auch nicht genau. Ich weiß nicht viel über Psychologie.“, sie seufzte und sah zu dem Liegenden rüber, „Herr Kaiba sagte, Katsuya würde nach und nach wieder Kontrolle über seine Körperfunktionen gewinnen. Man muss nur warten.“, sie warf dem Liegenden einen besorgten Blick zu, „Ich halte mich einfach an das, was Kaiba sagte. Immer wieder versuchen ihn zum Reagieren zu bringen.“ „Aha...“, Ryou hob die Hand und bewegte sie von links nach rechts, was Katsuya kurzzeitig verfolgte, bis er wieder den Jüngeren fixierte, „Kann er verstehen, was wir sagen?“ „Lass uns um Gottes Willen davon ausgehen, bitte.“ „Dann kann ich ihm etwas erzählen?“, der Weißhaarige wandte sich der Schwester zu, „Wacht er eher auf, wenn ich ihm was erzähle?“ „Ich denke schon.“, Isis lächelte, doch die Hilflosigkeit stand ihr zu Augen, „Einen Versuch ist es wert.“ Katsuya blinzelte einmal. Jemand klopfte. Der Jemand war Seto, das wusste Katsuya schon. Es musste neun Uhr sein, die erste Fünfminutenpause. Und Seto sah nach ihm. „Herein.“ Natürlich war es Seto. Sein besorgter Seto. Katsuya versuchte ein Lächeln zustande zu bringen, doch es endete in einem kläglichen, kurzen Zucken seiner Mundwinkel. Nun ja, wenigstens lag er nicht mehr, sondern saß aufrecht, ein Kissen und eine Wand im Rücken. Die beiden schwachen Aufpasser für ihn hatten sich ganz schön anstrengen müssen, als er ihnen mit zwei bewegbaren Fingern anzudeuten versuchte, dass er sich aufrichten wollte. Dieser Zustand war echt verdammt nervig. Und es machte ihn sauer so hilflos zu sein. Was immer das hier war, es war bescheuert. Er wollte nicht mehr. Mit aller Kraft hob er seinen Arm in die Luft, der wie ein geworfener Ball nach oben schleuderte, auf Höhe seiner Schulter kurz verharrte und krachend auf die Decke, die man über ihn gelegt hatte, zurück fiel. „Oho? Etwas koordinierter, bitte.“ Seto schritt zu ihm herüber, griff seinen Oberarm mit Daumen und Zeigefinger und kniff zu – oder etwas in der Art, Katsuya spürte nur ein leichtes Drücken. Aber das Drücken wurde zu einem Pressen, zu einem Schmerz, der wie Punkte auf seine Haut klatschte, bevor ein großer Fleck Schmerz daraus wurde. „Herr Kaiba! Das reicht!“, schrie Isis erschrocken und eilte an seine Seite. Katsuya verzog plötzlich das Gesicht, versuchte von dem Schmerz zurück zu zucken und zischte: „Au!“ Der Druck lockerte sich kurz, dafür wurden die Fingerkuppen durch Nägel ersetzt, die sich in seine nackte Haut bohrten. „Herr Kaiba!“, sie griff mit wilden Augen nach seinem Arm, was ihn nicht einmal den Blick von Katsuya abwenden ließ. Der Blonde kniff die Lider zusammen und heulte leise auf. „Berühr meine Hand und ich höre auf.“, Kurz über der Höhe seiner Augen hielt der Brünette seine zweite Hand. Die sollte er berühren? Er bemerkte im Augenwinkel, dass Isis Setos Arm losgelassen hatte. Er musste nur den Arm heben. Katsuya versuchte es, sein Arm sank nach zwei Zentimetern zurück – kein Grund aufzugeben. Das hier war zu schaffen. Nächster Versuch. Zehn Zentimeter. Zwanzig Zentimeter. Seine Hand war nur Millimeter von Setos entfernt, erzitterte, sank ein Stück herab, doch schnellte schließlich doch in die Höhe, tatschte Setos an, was sofort den Schmerz von seinem Arm nahm. „Sehr gut.“, lobte der Ältere ihn, „Gib mir deine Hände.“, er hielt beide hoch und Katsuya versuchte die Aktion noch mal mit beiden, wobei der eine Arm immer noch vor Schmerz pulsierte, „Wenn ich das nächste Mal komme, kannst du aufstehen, gehen und am Unterricht teilnehmen. Hast du mich verstanden?“, ja, das hatte er verstanden, „Hebe einen Finger, wenn du mich verstanden hast.“ Der Lehrer sah auf seine Hände, nickte, drehte sich um und verließ die Krankenstation. Ein Blick zu seiner Hand sagte Katsuya, dass er eine seiner Fingerkuppen um einen Zentimeter gehoben hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)