Rusty Nail von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Schizophreni und doppeltes Lächeln --------------------------------------------- Kapitel 2 Sie hatten bis spät abends noch geprobt. Gegen zehn hatte Yoshiki dann endlich Gnade mit ihnen und ließ sie aufhören. Etwas heiser beschwerte Toshi sich, dass er wegen Yoshiki noch eines Tages seine Stimme verlieren würde, was dieser wie immer ignorierte. Beschwerte sich dafür bei Heath und Pata, dass diese noch vergessen würde, wie man spielte, wenn sie so wenig probten. Was diese ebenfalls ignorierten. Alles war wie immer. Obwohl sie sich beieinander beschwerten, wussten sie, dass nichts davon ernst gemeint war und sie trotzdem zusammen halten würden. Wenig später saßen sie auch schon in Yoshikis großer Küche und futterten ein paar Kekse, die ihnen eines der Dienstmädchen hingestellt hatte und lachten mit einander. Auch, wenn Yoshiki es nicht oft zeigte, waren diese Stunden doch die, die er am meisten genoss. Einfach mit seinen Freunden Musik machen und von einer Zukunft als erfolgreiche Musiker zu träumen. Plötzlich durchbrach Heaths Stimme seine Tagträume. „Sag mal, Yo, hast du irgendwas gegen Hide?“ Verwundert sah Yoshiki von seinem Keks auf, an dem er gerade knabberte. „Hm? Du meinst den Pinki? Weiß nicht...“ „Wie, du weißt nicht?“ hakte Toshi nach und goss sich noch eine Tasse Tee ein. „Entweder du hast was gegen ihn, oder er ist in Ordnung. Entscheide dich.“ Eine Grimasse ziehend warf Yoshiki seinen restlichen Keks gegen Toshis Kopf, der daraufhin in dessen Haar hängen blieb. „He!“ machte Toshi verärgert und fuhr sich durchs Haar. Wodurch der Keks schließlich in der vollen Teetasse landete. Lachend hing Yoshiki auf seinem Stuhl und rang nach Luft, als er Toshis entsetzten Gesichtsausdruck sah. „Mensch, Yo, den wollt ich noch trinken!“ „Na und? Jetzt ist er halt etwas süßer!“ „Yo,“ unterbrach ihn abermals Heath bestimmend. „Du hast mir noch nicht geantwortet.“ „Wieso muss ich überhaupt darauf antworten?“ erwiderte der Lockige und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, die arme vor der Brust verschränkend. „Weil wir schon gemeinsam entscheiden, ob er mal bei den Proben zusehen kann.“ Murrend wickelte Yoshiki eine seiner Haarsträhnen auf dem Finger auf. „Ihr habt mich doch eh schon überstimmt. Was soll ich da noch groß gegen sagen.“ „Aber wenn du was gegen ihn hast, dann musst du es uns auch genauer erklären. Würde ich fair finden.“ Stöhnend stand Yoshiki auf, schnappte sich Toshis Tasse, die dieser die ganze Zeit über nur traurig angestarrt hatte, schüttete den Inhalt in die Spüle und schenkte Neuen ein. „Ich weiß halt nicht, was ich von ihm denken soll.“ „Inwiefern?“ Mann, konnte der nicht mal aufhören immer weiter zu fragen? Das war ja schon das reinste Verhör. Wieso musste er sich eigentlich für alles rechtfertigen? Er mochte Heath ja, sonst würde er ihn nicht bei sich Zuhause sitzen haben, aber manchmal nervte er doch schon, wenn er so stur war. Mit langsamen Bewegungen reichte er Toshi die wieder volle Tasse, setzte sich auf seinen Stuhl und nahm sich den nächsten Keks, an dem er knabberte. Ihm war wohl bewusst, dass die Blicke der anderen, vor allem Pata (toll, redet fast nie, aber starren kann der...), auf ihm ruhten, gespannt auf eine Antwort wartend. „Na schön,“ gab Yoshiki sich schließlich geschlagen und warf den abgeknabberten Keks auf den Teller vor sich. „Er ist... einfach komisch.“ „Hm?“ machte Toshi und legte den Kopf schief. „Was meinst du mit komisch? Okay, vielleicht etwas aufgedreht und stürmisch, aber irgendwie süß, oder nicht.“ „Das meine ich nicht,“ erwiderte der Braunhaarige und sah zur Decke. „Was meinst du dann?“ Wieder Heath. War ja klar. „Nun...“ drugste Yoshiki, „ich finde seine Aufgekratztheit zu extrem. Irgendwie unnatürlich. Ich denke nicht, dass das wirklich der echte Hideto Matsumoto ist. Gut, pinke Haare sind jetzt nicht wirklich schlimm, ich kann verstehen, wenn man so was für sich entdeckt. Wenn es ihm gefällt, soll es mir recht sein. Nur seine Art halt ist mir nicht ganz geheuer.“ Nachdenklich nippte Heath an seiner Tasse. Auch Toshi sah Yoshiki nur schweigend an. Pata saß einfach nur auf seinem Stuhl und schob sich die nächste Ladung Kekse in den Mund, ohne den Blonden aus den Augen zu lassen. Irgendwie war ihm unwohl bei dieser Stille. Schnell setzte er ein Lachen auf. „Aber vielleicht muss ich mich auch nur erstmal an ihn gewönnen! Wer weiß. Vielleicht ist er ja doch ganz okay.“ Erfreut sah Toshi auf. „Dann kann er mal mit zur Probe?“ Abwehrend hob sein Freund die Hand. „So schnell nun auch wieder nicht! Lasst ihn uns erstmal näher kennen lernen, dann vielleicht.“ Er wandte sich an Heath, der immer noch ans einem Tee nippte. „Zufrieden mit der Antwort?“ Klirrend stellte der Dunkelhaarige die Tasse ab und nickte langsam. „Ja. Ich gebe zu, anfangs war ich auch etwas erschrocken über diese Abgedrehtheit, aber ich finde ihn schwer in Ordnung. Ich würde ihn schon fast als naiv einschätzen.“ Plötzlich fing er an zu lachen. „Das war echt geil, als er dich vom Stuhl geworfen hat!“ Toshi fiel ins ein Lachen mit ein. Nur Yoshiki hockte errötend auf seinem Stuhl und knabberte beleidigt seinen Keks weiter. „Von wegen...“ „Warum hat er dich eigentlich so plötzlich umarmt? Ich dachte erst, der wollte über dich herfallen!“ „Halt's Maul, Toshi!“ Lachend hielt Heath sich an dem unberührten Pata fest. „Hab ich auch erst gedacht!“ „Schnauze, Heath!“ „Du bist ja auch ein ganz Süßer, Yo-chan!“ „Toshi! Verdammt, sei still!“ Trotz Yoshikis Wutausbruch dauerte es noch einige Zeit, bis die beiden sich beruhigt hatten und wieder vernünftig Luft bekamen. „Naja, ich muss dann aber auch mal langsam nach Hause.“ „Wie, jetzt schon, Heath?“ Resigniert zuckte der Gefragte die Schultern. „Ihr wisst doch, dass wir, wenn wir so weiter machen, dieses Mal bestimmt nicht versetzt werden. Also, im Klartext: Hausaufgaben machen.“ „Och nöööööööööööö,“ stöhnte Toshi, stand aber ebenfalls auf. Gelangweilt folgte Pata ihnen und Yoshiki begleitete seine Freunde zur Tür. „Ist zwar blöd, aber hast ja recht. Dann bis Morgen.“ „Tschau, Yo!“ Der Braunhaarige sah seinen Freunden noch nach, bis sie aus der Straße verschwanden, schloss dann die Tür und ging in sein Zimmer. Auf seinem Bett lagen überall Notenblätter herum und seine Schultasche lag vergessen unter dem Tisch. Seufzend zog er sie hervor und machte sich an die Hausaufgaben. Alles war still in dem großen Haus. Nirgendwo brannte Licht. In keinem Zimmer regte sich etwas. Nur auf dem Dachboden war ein Fenster geöffnet, auf dessen Brett ein Junge mit pinken Haaren saß und nachdenklich in den dunklen Himmel starrte. Die Leute, die er heute getroffen hatte, schienen ihm in Ordnung, doch er wusste nicht wirklich, ob er wirklich anfangen wollte sie zu mögen. Am liebsten würde er es wie immer tun, und einfach allen Personen ein Brett vor den Kopf schlagen. Dennoch wusste er, dass er das nicht konnte. Im schlimmsten Fall würde man ihm wieder die Klapse androhen. Und da wollte er ganz bestimmt nicht hin. Sein Blick fiel auf die Tablettenpackung, die auf seinem Nachttisch stand. Er hasste diese Tabletten. Trotzdem wusste er, er musste sie nehmen, um draußen bleiben zu können. Auch, wenn sie ihn zu jemanden komplett anderen machten. Es war ein Versteckspiel. Sein ganzes Leben. Seine Eltern, die dauernd unterwegs waren, dachten, er wäre auf dem besten Weg der Heilung. Die Leute, die er auf der Straße traf, dachten er sei ein depressiver Irrer. Die Lehrer hielten ihn für einen psychisch Kranken. Und diese Jungs, die er heute getroffen hatten, hielten ihn höchstwahrscheinlich für einen aufgedrehten, hyperaktiven Punk. Nicht mal er selber wusste, was er eigentlich war. Wenn er es mal gewusst hatte, dann hatte er es vor langer Zeit vergessen. Dabei wollte er es wissen. Er wollte, dass auch alle anderen es wussten. Und er wünschte sich wirklich, in diesen Jungen Freunde zu finden. Sie schienen auf einer Wellenlänge, soweit Hide es beurteilen konnte. Doch, wie würden sie reagieren wenn sie wüssten, wie er ohne Tabletten war? Dass die eine Tablette auch noch zu früh ihre Wirkung verloren hatte, war nicht wirklich gut gewesen. Es war echt anstrengend gewesen die Fassade aufrecht zu erhalten. Hide sah wieder nach draußen. Atmete tief ein. Die frische Luft tat gut. Einer der wenigen Momente, in denen er entspannen konnte. Morgen würde er wieder Tabletten schlucken müssen. Aber vielleicht musste er das eines Tages nicht mehr. Irgendwie freute er sich darauf, die Jungs wieder zu sehen. Wie hießen sie noch? Ach ja, Heath. Netter Junge, gewöhnungsbedürftige Frisur, aber er schien wirklich nett zu sein. Toshi. Auch in Ordnung. Schien ihm ein bisschen das Kind unter den Vieren zu sein. Dann war da noch dieser Pata... Etwas seltsam. Er schien wirklich nur zu sprechen, wenn es unbedingt sein musste, aber er schien ebenfalls in Ordnung zu sein. Und der Letzte, der mit den langen, blonden Locken... Genau, Yoshiki hieß er. Hide errötete. Scheiße, er hatte ihn vom Stuhl geworfen, oder? Oh, scheiße, das war ihm ja noch noch nie passiert, nicht mal bei der unabsichtlichen Überdosis vor zwei Wochen. Was hatte ihn da nur geritten? Umarmen, okay, daran hatte er sich gewöhnt, dass er das unter Tabletteneinfluss tat, aber so stürmisch? Was musste er nur von ihm denken? Hoffentlich hasst er mich jetzt nicht. Wäre kein toller Start, wenn die so eng miteinander befreundet sind. Zum zweiten Mal an diesem Tag überkam den Pinkhaarigen den Drang, jemanden zu umarmen. Und das ohne Tabletten. Er fühlte sich gerade einfach nur einsam. Er schloss die Augen und sah blonde Locken vor seinen Augen. Was sollte das denn jetzt? Er öffnete die Augen wieder und schloss das Fenster. Am besten, er ging schlafen. Schließlich musste er früh aufstehen. Um so schneller konnte er die Vier Typen wieder sehen. Um so schneller musste er wieder Tabletten nehmen. Gähnend trottete Yoshiki den Weg entlang. In seiner Hand hielt er eine Hundeleine, an der seine Hündin Cherry festgemacht war. Wenn er noch rechtzeitig zur Schule kommen wollte, musste er sich langsam beeilen. Immerhin musste er Zuhause noch Cherry abladen und seine Tasche holen. Warum bloß musste seine Mutter ihn auch zwingen, mit Cherry VOR der Schule raus zugehen, obwohl sie DREI Dienstmädchen hatten?! Genervt warf er einen Blick auf die Uhr. Okay, wenn er sich jetzt beeilte, könnte er es noch rechtzeitig schaffen. Er wollte gerade umdrehen, als ihm plötzlich etwas Pinkes ins Auge stach. Kurz zögerte er, als er die schmale Gestalt vor sich erkannte, dann rief er aber doch: „Hey, Hide! Warte Mal!“ Tatsächlich blieb die pinke Gestalt stehen, drehte sich langsam zu Yoshiki um, der auf ihn zu gerannt kam. Dieser war bei Hides Anblick total verwirrt. Irgendwie wirkte er anders als am Vortag. Nicht nur, dass er ganz normal, und sogar noch ziemlich langsam, die Straße lang ging, sein Lachen wollte auch nicht so ganz gelingen. „Oh, äh, Hallo, Yoshiki...“ Etwas schwach hob Hide die Arme, um Yoshiki zu umarmen, hockte sich zu Cherry und kraulte sie hinter den Ohren. „Hallo, du bist aber eine Hübsche.“ Mit einem SEHR schlecht gekünsteltem Lächeln sah er wieder zu Yoshiki hoch. „Wie heißt sie denn?“ „Cherry“, antwortete Yoshiki verwirrt und ging weiter. Hide trottete neben ihm her. „Wohnst du hier in der Nähe?“ fragte Hide lächelnd. Der Blonde nickte nur. „Ja, hier die Straße rein. Willst du noch kurz mitkommen? Muss nur kurz meine Tasche holen.“ Ohne zu antworten folgte Hide dem Blonden in die Straße. „Klar. Ich warte dann kurz hier unten.“ „Okay, komme sofort.“ Schnell schloss Yoshiki auf und ging in das Haus. Cherry übergab er einem der Dienstmädchen, dann rannte er kurz in sein Zimmer und schnappte sich seine Tasche. Der traurige Gesichtsausdruck in Hides Gesicht ging ihm nicht aus dem Kopf. War das wirklich dieselbe Person wie vom Vortag? Die hatten so gar keine Ähnlichkeit mit einander. Zwei Stufen auf einmal nehmen sprang Yoshiki die Treppe hinunter und verließ das Haus. Vor der Tür erwartete ihn der zweite Schreck an diesem Morgen. Okay, pinke Haare, bunte Klamotten, äußerlich schien es wirklich die selbe Person zu sein, die er vor ein paar Minuten noch draußen stehen gelassen hatte. Doch woher kam plötzlich dieses Atomgrinsen? Und wieso hüpfte der Pinke auf einmal wieder herum, als wäre er ein Karnickel unter Drogen? „Da bist du ja~!“ Strahlte der Pinke, hoppelte auf den erstarrten Yoshiki zu und knuddelte ihn. „Äh... ja,“ stotterte der Blonde. Zu mehr fehlten ihm die Worte. Wie konnte der Gemütszustand eines Menschen sich innerhalb von zwei Minuten so dermaßen ändern? Das war ihm irgendwie unheimlich. Mit einer leichten Gänsehaut schob er den Kleineren eilig weg und wandte sich zum gehen. „Ja! Und jetzt komm, bevor wir zu spät kommen!“ „Ja~! Ich komme!“ trällerte der Pinke und hoppelte hinter dem Größerem her. Als er ihn eingeholt hatte, sprang er plötzlich auf Yoshikis Rücken. Vor Schreck verlor der Blonde das Gleichgewicht und fiel. Wie schon am Vortag landete der Pinke auf ihn. Schnell sprang er von Yoshikis Rücken und hockte sich neben ihn. „Oh nein! Es tut mir so Leid, das wollte ich nicht! Hast du dir auch nichts getan? Tut mir wirklich Leid!“ „Ist ja gut,“ murmelte Yoshiki genervt und stand wieder auf. Mit besorgtem Blick musterte der Pinke ihn. Yoshiki warf einen etwas zu bösen Blick zurück. Der Pinke zuckte daraufhin zusammen, senkte den Blick und war plötzlich still. Verwundert blieb Yoshiki stehen. Moment mal, der sah ja aus, als würde er gleich los heulen. Ein schlechtes Gewissen überkam Yoshiki. Ehe er sich versah, hatte er den Arm um den Pinken gelegt. „Ich meine, es ist echt alles in Ordnung. Nichts passiert.“ Sein Herz raste wieder. Warum musste der Pinke ihn auch nur mit diesen riesigen dunklen Augen anstarren? Da musste es einem ja schwer fallen, ein vernünftiges Wort herauszubekommen. Schnell nahm Yoshiki den Arm von Hides Schultern und ging schnell weiter. Nach ein paar Schritten merkte er, dass er alleine ging. Verwundert drehte er sich um. Der Pinke stand immer noch auf der selben Stelle, sah Yoshiki einfach nur erstaunt an. „Was ist?“ Yoshiki konnte einfach nicht anders, er musste so desinteressiert fragen, auch wenn er bei diesem Anblick schon beinahe Mitleid mit dem Pinken hatte. Doch schon fand Hide sein Lächeln wieder, eines, was Yoshiki bis jetzt noch nicht bei ihm sehen konnte. Es war nicht dieses 1000 Watt Grinsen, auch nicht dieses seltsame gequälte, sondern ein wirklich erleichtertes, glückliches Lächeln. Schon sprang der Pinke auf ihn zu, klammerte sich an dessen Hals und schnurrte. „He!“ rief Yoshiki unwirsch und versuchte verzweifelt, den anderen von sich los zu bekommen. „Was soll das denn jetzt?!“ „Chu~...“ machte Hide schnurrend. „Ich hab dich li~eb!“ „Jaja,“ blockte der Braunhaarige ab und ging einfach weiter, den Pinken ignorierend. Wer sollte denn bitte aus dem schlau werden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)