Ein Valentinsproblem von Psychopath ================================================================================ Kapitel 2: ein ungebetener Gast ------------------------------- Wir setzten uns an den Tresen, wo ihm schon wieder Handynummern zugeschoben wurden, die er aber schnell in den nächsten Aschenbecher beförderte. „Hast du eine Freundin oder wieso behältst du die Nummern dieser wirklich hübschen Mädchen nicht?“, fragte ich, weil er wirklich nicht nach dem Typ aussah, der besonders lange single blieb. „Nein, eigentlich nicht. Ich hab aber kein Interesse an den Personen, die mir hier irgendwelche Zettelchen zu schieben. Schade ist nur, dass die Leute kein Interesse an mir zeigen, deren Handynummern ich annehmen würde.“ Er grinste mich an, als mir einfiel, dass ich gar nicht nach seinem Namen gefragt hatte. Das beschloss ich natürlich sofort zu ändern, denn er schien doch recht freundlich zu sein. „Darf man fragen, wie du heißt?“ „Wenn du mir sagst, wie du heißt.“ „Jun.“ „Riku.“ Und damit war unser Gespräch zunächst auch beendet. Wir saßen schweigend auf unseren Stühlen und ich sah in mein leeres Glas, das mal Bailey’s enthalten hatte. Einfach um irgendwas zu tun, bestellte ich noch ein Glas. Und noch eins. Und dann noch ein viertes. „Wieso hast du keine Freundin?“, fragte ich plötzlich, ohne, dass es mich wirklich interessierte. „Muss ich etwa eine haben?“ „Nein. Aber du scheinst keine Schwierigkeiten zu haben, eine zu finden.“ „Ich will aber keine finden. Ich hab mir schon jemanden rausgeguckt.“ „Ehrlich? Wen? Wenn du dich nicht traust, sie anzusprechen, dann mach ich’s für dich!“ „Es ist keine Frau.“ „Na dann sprech ich eben auch einen Kerl für dich an.“ „Lass das mal lieber sein. Du solltest dich nicht in meine Sachen einmischen.“ „Schade.“ Ich sah zur Tür und sofort klappte mir die Kinnlade herunter. Da kam Iori mir einem wirklich abscheulichen Weibsbild herein. Händchenhaltend. „Wo guckst du hin?“, fragte Riku und folgte meinem Blick. Doch in der Richtung standen sehr viele Menschen, deshalb sah er mich wieder fragend an. „Jun?“ „Ich werde sie erwürgen.“, knurrte ich und hoffte, dass dieses Dreckstück meinen Blick spürte, was sie aber nicht tat. „Wen willst du erwürgen?“, fragte Riku und sah wieder zur Tür. Bevor ich wirklich wahrnahm, was ich tat, war ich schon aufgestanden und ging auf Iori zu. Uns trennten nur noch zwei Meter, als er tatsächlich seine Freundin umarmte und ihr dann auch noch unnötigerweise einen Kuss gab. Sofort blieb ich wie angewurzelt stehen und von einem Moment auf den anderen wurde mir plötzlich klar, dass er nicht mehr mein Freund war, dass er sich von mir getrennt hatte. Ich hatte es wohl doch nicht so gut vertragen, wie ich dachte. Im nächsten Augenblick fand ich mich auf dem Boden kniend wieder und Tränen rannen mir über die Wangen. Jemand kniete sich neben mich und fing an, mir vorsichtig den Rücken zu tätscheln. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich auf dem Boden hockte, doch als ich mich wieder beruhigt hatte, war weder Iori noch seine Freundin zu sehen. Irgendwelche Leute starrten mich mitleidig oder amüsiert an. „Na komm. Wir setzen uns draußen auf eine Bank.“, sagte Riku, der neben mir hockte und mich tröstend anlächelte. Er half mir hoch und begleitete mich dann nach draußen, wo wir uns auf eine Bank niederließen und Riku wieder anfing meinen Rücken zu tätscheln. „Ist schon okay. Ich werd’s überleben. Danke.“, schniefte ich und versuchte ihn dankend anzulächeln. Sofort nahm er seine Hand weg und sah mich immer noch besorgt an. „Du hättest mein Angebot im Park annehmen sollen. Dann würde dein Kummer jetzt auf den Grund des Sees vor sich hin blubbern. Willst du ihn mir jetzt geben? Dann werfe ich ihn in eine Mülltonne.“ „Na gut, wenn du mir sagst wie.“ „Also: du musst dich darauf konzentrieren, dass du wirklich all deinen Kummer rausgeholt bekommst und dann holst du alles mit beiden Händen aus deinem Herzen raus und gibst es mir.“ Ich war mir ziemlich sicher, dass es total bekloppt aussah, was ich da tat, aber wenigstens konnte ich über Riku lachen, der „meinen Kummer“ wie etwas sehr Ekliges schnell zur weit entferntesten Mülltonne brachte uns es hinein warf. „So! Jetzt ist es weg. Wie fühlst du dich?“ „Besser als ich aussehe.“ „Dann muss es dir fabelhaft gehen, denn schlecht siehst du auf keinen Fall aus. Aber wenn du dir die verschmierte Schminke wegwischt, dann siehst du noch besser aus.“ „Ich geh jetzt einfach nach Hause.“, sagte ich und stand auf. „Dann leg ich mich einfach hin, denn ich bin todmüde.“ Auch Riku stand auf und drückte mich kurz an sich. „Das wird schon! Liebeskummer vergeht schneller, als du denkst. Schließlich hab ich ihn weggeworfen.“ Doch leider konnte ich nicht schlafen, obwohl ich das Gefühl hatte, dass ich selbst im Stehen einschlafen könnte. Morgens um 3:00 Uhr beschloss ich einfach mal aus Rache bei Iori anzurufen, weil ich wusste, dass er sein Handy nie ausschaltete, also stellte ich mein eigenes so ein, dass der Angerufene meine Nummer nicht sehen konnte und wählte die bekannte Nummer. Ich fragte mich ob ich noch etwas Anderes machen sollte, als nur anzuklingeln, doch mir fiel leider nichts Besonderes ein, also ließ ich es bleiben und ließ es nur ein paar Male klingeln. Noch bevor er den Hörer abnehmen konnte, legte ich schnell auf und hoffte, dass ich ihn geweckt hatte. Eigentlich war das eine ziemlich alberne und kindische Aktion, aber ich fand sie in dem Moment einfach passend. Da ich sowieso nicht schlafen konnte, setzte ich mich vor den Fernseher und schob einen DVD rein. Den ganzen Morgen über gammelte ich in meiner Wohnung herum und suchte alles raus, was mich in irgendeiner Weise an Iori erinnerte, denn ich beschloss die Dinge wegzuwerfen, auf denen zu sehen war, dass ich mal so einen bescheuerten Freund gehabt hatte. Schmuck und alles andere, was wertvoll war, behielt ich natürlich. Komischerweise schaffte ich es gerade mal ein paar Klamotten, die er bei mir vergessen hatte, in die Altkleidersammlung zu werfen. Sogar die Fotos von ihm und mir, waren mir zu schade, um sie wegzuwerfen. Nachdem ich also aufgeräumt und meine Augenringe begutachtet hatte, schmiss ich mich aufs Sofa und fragte mich, was ich den Rest des Tages machen sollte. Doch mein Magen gab mir die Antwort sehr schnell, denn kaum hatte ich mich bequem hingelegt, fing er an zu knurren und ich spürte das tiefe Loch, das unbedingt gefüllt werden wollte. Ich bewegte mich schlurfend zum Kühlschrank und öffnete die Tür; prompt lachte mich ein schimmelnder Käse an, der mich auch noch mit seinem Geruch überwältigte. Schnell knallte ich die Tür wieder zu und sah ein, dass ich mich wohl doch aus meinem Schlafanzug schälen und etwas anziehen musste, womit ich mich auf der Straße blicken lassen konnte. Im Bad ertappte ich mich dabei, dass ich hoffte, ich würde Riku treffen, denn der Kleine war mir innerhalb von einem Tag sehr ans Herz gewachsen, allein schon, weil er sich so niedlich anstellte. Nachdem ich mich fertiggemacht hatte, fiel mir ein, dass ich mir auch etwas hätte liefern lassen können, doch jetzt war es auch zu spät. Ich schlenderte zur nächsten Fressbude, bestellte und nahm mein Essen mit, denn ich wollte mich in den Park setzen, schließlich könnte Riku wieder joggen und dann würde es sich doch anbieten ein bisschen mit ihm zu reden. Ich setzte mich auf eine Bank und schaute nach rechts und links, doch von Riku war nichts zu sehen, dann begann ich damit, mein Essen aus dem reichlich vorhandenen Einwickelpapier zu holen. Natürlich war mir klar, dass ich für den Burger, den ich mir gerade in den Mund stopfte, mindestens zwei Tage hungern musste, aber das war mir egal. Für wen sollte ich denn versuchen, gut auszusehen? Als Single muss man ja nicht auf sowas achten, nur wenn man tatsächlich auf der Suche nach jemandem ist. Zehn Minuten später, war Riku immer noch nicht vorbeigejoggt und wieder sah ich in beide Richtungen, aus denen er hätte kommen können, doch es gab kein Anzeichen auf einen blonden kleinen Jogger. Fast schon beleidigt warf ich meinen Müll weg und begab mich wieder nach Hause. Vielleicht joggte er ja nur abends und so hatte ich wenigstens einen Grund, meinen Hintern noch einmal aus der Wohnung zu bewegen. Doch wieder war er nicht zu sehen. Schade. Stattdessen sah ich Iori, als ich auf dem Weg nach Hause war. Er stand vor meiner Haustür. „Was machst du hier?“, fragte ich. „Ich wollte dich besuchen.“ „Wieso?“ „Darf ich nicht?“ Ich sah ihn misstrauisch an. Was sollte er schon bei mir wollen? Schließlich hatte er mich eiskalt abserviert. „Willst du mich nicht herein lassen?“, fragte er, nachdem ich ihn nur angestarrt hatte. „Nein. Was willst du? Ich hab keine Zeit.“ „Na gut. Dann komm ich morgen mal vorbei okay? Bye.“ Noch bevor ich antworten konnte, hatte er sich schon umgedreht und war abgehauen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)