Ein Valentinsproblem von Psychopath ================================================================================ Kapitel 1: wie jemand Trennungsschmerz ertänkt ---------------------------------------------- Ich stand vollkommen ratlos in meinem begehbaren Kleiderschrank und wunderte mich, wie ich mit so verdammt wenigen und eintönigen Klamotten überhaupt zu Recht kam. Doch zum shoppen hatte ich viel zu wenig Zeit! Irgendetwas, was einigermaßen ansehnlich war musste her, schließlich war Valentinstag und ich wollte nicht zu spät zu meinem dritten Valentinsdate kommen. Natürlich mit meinem Freund, bei dem ich mir fast sicher war, dass er mir an diesem besonderen Tag einen Antrag machen würde. Aus diesem besonderen und wichtigen Grund musste ich etwas Passendes anziehen, was ich leider schon seit geschlagenen zwei Stunden suchte. Eigentlich war das gar nicht meine Art, so lange nach Klamotten zu suchen, normalerweise griff ich verpennt in die verschiedenen Schubladen und zog Sachen von den Regalen und Bügeln, was manchmal doch ziemlich bescheuert aussah. Deshalb wurde ich nicht nur einmal gefragt, ob ich mich denn im Dunkeln anziehe. Aber an so einem wichtigen Tag musste ich doch super aussehen! Wenn ich mit dem Antrag Recht hatte, dann wollte ich nicht in irgendwelchen versifften Klamotten „Ja!“ sagen. Wobei nur „Ja.“ doch bestimmt doof klingen würde… Was konnte ich denn noch dazu sagen? Ja, natürlich? Na klar? Oder sollte ich doch schlichtweg beim „Ja.“ bleiben? Ich hatte nur noch eine Stunde Zeit, deshalb hielt ich mir mit einer Hand die Augen zu, drehte mich im Kreis und griff irgendwo rein. Ich hatte Hotpants rausgezogen und suchte jetzt nach dem Rest des dazugehörigen Outfits. Nach 10 Minuten in meinem typischen Chaos, fand ich es schließlich komplett zerknittert. Wieso musste ausgerechnet heute alles schief gehen? Ich schnappte mein Bügeleisen und bügelte, mehr schlecht als recht, meine Sachen, schlüpfte schnell hinein und rannte ins Bad, denn auch meine Haare hatten schon bessere Tage gesehen. Dank meines Haarsprays, das beschlossen hatte den Geist aufzugeben, kam ich tatsächlich fünf Minuten zu spät ins Restaurant, wo Iori eigentlich hatte sein sollen, doch er war nicht da. Vielleicht war bei ihm auch alles schief gegangen und er verspätete sich auch. Ich wartete also vor dem Restaurant. Doch als er 20 Minuten später immer noch nicht da war, holte ich mein Handy heraus und rief ihn an. Zumindest versuchte ich es, denn er nahm den Hörer nicht ab, weder auf Handy, noch auf dem Haustelefon. War ihm vielleicht etwas passiert? Ich versuchte es noch einmal auf dem Handy – und wurde knallhart weggedrückt! Empört starrte ich mein Handy an, als könnte es etwas dafür, was gerade passiert war. So schnell ließ ich mich jedoch nicht abwimmeln, ich wählte Ioris Handynummer noch mal, diesmal ging jemand ran, doch es war nicht Iori. „Wer stört?“ Das war eindeutig eine Frauenstimme! „Wer verdammt bist du denn?!“ „Wer will das wissen?“ „Wo ist Iori?“ „Bei mir.“, antwortete die Frau und kicherte unnötigerweise, dass mir wirklich schlecht wurde. „Hier ist Ioris Freund.“, antwortete ich verspätet und versuchte ruhig zu klingen, was mir jedoch nicht besonders gut gelang. „Du meinst wohl Ex-Freund.“ „Wieso?“ „Weil ich seine neue Freundin bin.“ „Seit wann? Ich will mit Iori sprechen!“ „Seit heute, aber das kann er dir ja auch selber erzählen. Iori-Schatz! Hier möchte dich jemand sprechen.“ Der Kosename erweckte in mir den Wunsch, mich sofort zu übergeben. „Ja?“ „Wo bist du, du Mistkerl?“ „Jun! Hey, mit dir hatte ich ja gar nicht gerechnet. Ich hatte dir vorhin auf den Anrufbeantworter gesprochen.“ Ich hatte zwar mitbekommen, dass jemand angerufen hatte, doch war ich viel zu beschäftigt mit meinem Klamottenproblem und hatte einfach vergessen, den AB abzuhören. „Ich hab gesagt, dass es mir wirklich leid tut, aber ich habe eine wirklich tolle Person kennen gelernt und mich auf den ersten Blick in sie verliebt. Tut mir wirklich leid. Ich hab ja nichts gegen dich! Du bist wirklich ein toller Kerl, aber diese Frau hat einfach etwas, was du nicht hast.“ Wieder kicherte die Frau. „Und was hat sie bitte? Hältst du das für in Ordnung, mich am Valentinstag nach drei Jahren so mir nichts, dir nichts zu verlassen?!“, schrie ich und kassierte verschiedene Blicke der Passanten. „Es tut mir doch leid.“ Ich hörte genau, dass er log. „Aber ich liebe dich einfach nicht mehr. Du musst das akzeptieren. Ich wünsche dir noch einen schönen Valentinstag!“ Bevor ich noch etwas sagen konnte, legte er auf und ich schmetterte mein Handy gegen die nächstbeste Wand. Wie konnte er mir das antun? „Glotz nicht so!“, schrie ich ein Mädchen an, dass mich erschrocken ansah. Sie dachte eindeutig, dass ich verrückt geworden war, schließlich hatte ich mein wirklich teures Handy gegen eine Wand gepfeffert. Noch weiter bei meinen Handytrümmern zu stehen, erschien mir ziemlich bescheuert, schließlich konnte jemand mich dazu auffordern, meinen Müll zu beseitigen. Ich setzte mich in Bewegung und ging planlos durch die Straßen. Ich wusste nicht einmal, ob ich traurig oder sauer sein sollte. Ioris neuer Freundin hätte ich am liebsten die Gurgel umgedreht, damit sie nie wieder so albern kichern konnte und ihm selbst wünschte ich die schlimmsten Schmerzen herbei. Ich setzte mich auf eine Bank im Park und merkte erst dort, wie müde ich eigentlich war. Ich schloss kurz die Augen und es kam mir albern vor, dass ich mir tatsächlich vorgestellt hatte, wie Iori mir einen Antrag machen würde. Ich lachte kurz über mich selbst. „So witzig fand ich das nicht.“, sagte jemand vor mir. Ich öffnete die Augen und sah einen blonden jungen Mann vor mir auf dem Boden sitzen. „Was denn?“, fragte ich, denn ich hatte keine Ahnung, was Lustiges passiert sein sollte. „Lachst du gar nicht über mich?“ „Nein, wieso sollte ich?“ „Weil ich mich gerade richtig peinlich abgeledert habe.“ „Das hab ich nicht gesehen.“ Das erklärte also, wieso er auf dem Boden lag. „Da will man mal etwas für seine Gesundheit tun und geht joggen und dann packt man sich ab und hat blutige Knie. Boah! Ist dir nicht kalt?“, fragte er und zeigte auf meine freien Oberschenkel „Nein, ich bin mittlerweile schon dran gewöhnt.“ „Ach so. Mir wird trotzdem kalt, wenn ich dich so ansehe. Wieso hast du dich so hübsch gemacht oder siehst du jeden Tag so aus?“ „Ich hab den Laufpass gekriegt.“ „Und da ziehst du dich hübsch an? Macht man da nicht normalerweise einen Depri-Tag zu Hause mit viel Schokolade?“ „Ja schon, aber nicht, wenn man sich fertig gemacht hat und dann die Trennung verkündet wird.“ Wieso erzählte ich diesem Kerl eigentlich das alles? Na gut, er war ganz niedlich, aber das war kein Grund ihm von meiner Trennung zu berichten. „Hm… schon scheiße. Und das am Valentinstag? Muss aber ein ziemliches Arschloch sein. Wenn du mich nicht ausgelacht hast, wieso hast du dann gelacht?“ „Darf ich nicht?“ „Doch, klar! Aber ich frag ja nur.“ „Das geht dich absolut nichts an.“ „Okay… Ich jogge dann mal weiter und überlasse dich deinem Trennungsschmerz.“ „Den will ich aber gar nicht. Kennst du jemanden, der ihn mir wegnehmen kann?“ „Wie wäre es mit einer neuen Beziehung?“ „Dauert zu lang.“ „Na dann gib ihn mir! Dann jogge ich zum Fluss und ertränke ihn dort.“, sagte er und hielt mir beide Hände hin, als ob er erwartete, dass ich ihm etwas gab. Ich lachte. Das war so eine süße Idee, mit der ich gar nicht gerechnet hatte. „Ich weiß gar nicht, wo er sich versteckt.“ „Im Herzen vermutlich. Soll ich ihn holen? Ich sehe den Übeltäter schon! Ist ein verdammt großes Vieh.“ „Nein ich behalte ihn erstmal, aber danke für den Vorschlag.“ Er nahm die Hände wieder weg und grinste mich an. „Gerne doch. Na wenigstens hast du jetzt mal über mich gelacht. Ist doch mal was! Das Leben ist nicht halb so schlimm, wie du gerade vielleicht denkst. Plane keinen Selbstmord, nur wegen irgendeiner Frau.“ „Mann.“ „Was?“ „Ich hatte einen Freund und keine Freundin.“ „Auch egal. Beide Geschlechter sind es nicht wert. Ich jogge dann mal weiter. Vielleicht fallen vor dir heute ja noch andere Kerle auf die Knie. Bye.“ Er winkte und joggte weiter. Ich sah ihm noch eine Weile hinterher und fand ihn noch knuffiger als zuvor. Leider fiel mir an dem Tag keiner mehr auf die Knie. Ich beschloss als frischgebackener Single wiedermal wegzugehen, weil ich sowieso schon gestylt war. Ich versuchte mich mit allen Mitteln davon abzulenken, dass ich verlassen wurde, denn deprimiert sein, wollte ich nicht. Ich setze mich an den Tresen ohne etwas zu trinken, denn Durst hatte ich nicht, außerdem war mir gerade jemand ins Auge gefallen, der auf der Tanzfläche auf eine eigenartige Weise tanzte, die bei jedem anderen bescheuert hätte ausgesehen, doch bei ihm nicht. Er tanzte als einziger und um ihn herum hatte sich eine Menge angesammelt, die johlte und klatschte und ihn anfeuerte nicht aufzuhören. Ich gesellte mich zu der Menge und mir klappte die Kinnlade herunter, als ich den Jogger im Park erkannte. Jedoch war er extrem gestylt und kaum wiederzuerkennen. Er beendete seinen Tanz, verbeugte sich ein paar Male, sah mich und grinste. „Danke! Danke! Danke! Autogramme gibt’s später.“ Er kämpfte sich durch die Menge auf mich zu, denn ich stand ganz hinten. Ein paar sehr interessiert dreinblickende Mädchen steckten ihm ihre Handynummern zu, die er grinsend entgegennahm und einen Moment später auf den Boden segeln ließ. „Hi.“, begrüßte er mich. „Wie geht’s denn so? Alles wieder okay bei dir?“ Ich nickte. „Natürlich. Noch ging es mir nicht schlecht.“ Ich sah an seinem Blick, dass er mir nicht glaubte, doch er sagte nichts in der Richtung. „Ich wollte mir gerade etwas zu trinken holen, kommst du mit?“ Wieder nickte ich nur. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)