Das Leben danach von Kittykate (Kriegsende und jetzt?) ================================================================================ Samstag Teil II --------------- Es war mittags als Steed auf dem grünen Untergrund zum Stehen kam. Saber Rider saß auf seinem stählernen Ross und blickte sich um. Seit seinem letzten Besuch hatte sich nicht viel verändert. Das weiße Schulgebäude erstreckte sich über die Landschaft und eingesäumt zwischen Bäumen wirkte es wie ein sicherer Ort. Seit seinem letzten Besuch war nun bald ein Jahr vergangen. Damals hatten sich die Outrider auf diesem Planeten ausgebreitet und die Star Sheriffs sollten sie verjagen. Zu gut konnte er sich noch an den letzten Angriff der Feinde erinnern. Damals hatten die Blechdosen zwei Kinder entführt und auch April und Sincia wurden gefangen genommen. Die beiden jungen Frauen hatten eine Leichtsinnigkeit an den Tag gelegt, die bei Saber und dem restlichen Team ungut aufkam. Sie hatten damals nicht nur sich selbst, sondern auch und besonders die Kinder in Gefahr gebracht. Zum Glück war damals alles gut ausgegangen und niemand zu Schaden gekommen. Ein Lächeln trat auf seine Lippen, denn ihm fiel gerade ein, dass die schwarzhaarige Lehrerin immer noch sein Tagebuch verwahrte. Er hatte es ihr damals gegeben, um ihr zu zeigen wie sehr er ihr vertraute. Seine Gefühle konnte er ihr gegenüber nicht aussprechen, denn im Vordergrund stand seine Pflicht als Star Sheriff und sein Eid gegenüber dem neuen Grenzland. Damals war auch nicht abzusehen ob dieser Krieg überhaupt jemals endete. Ob sie es gelesen hatte? Es war sein wertvollster Besitz, denn er hatte seine intimsten Gedanken und Geheimnisse hineingeschrieben. Tief in sich spürte Saber, dass sie alles richtig verstanden hatte, wenn sie es gelesen hatte. Endlich konnte er sie wieder sehen. Die Outrider waren besiegt – für immer. Der blonde Recke lächelte leicht. Hier würde er sie finden. An diesem Ort und in diesem Haus arbeitete die Frau, die er lieb gewonnen hatte. Er wollte sie so schnell, wie nur irgendwie möglich, wieder sehen. Er drückte Steed seine Füße in die Flanken, der sofort das weiße Gebäude ansteuerte. Sincia saß in ihrem Klassenzimmer am Lehrerpult und blickte gedankenverloren zum Fenster hinaus. Sie hatte die Nachrichten verfolgen können und erfahren, dass die Star Sheriffs nach ihrem großen Erfolg Urlaub bekamen. Unwillkürlich dachte sie an Saber Rider, den blonden groß gewachsenen und durchaus attraktiven Mann. Sie hatte ihn damals kennengelernt als er mit seinem Team auf diesem Planeten gelandet war. Und sie lernte ihn zu schätzen als er sich für sie und die Kinder bei der Geiselnahme einsetzte. Sie errötete ein wenig, als ihr der Gedanke an die damalige Rettung kam. Er hatte ihr Komplimente gemacht, sie vor schlimmeren Verletzungen bewahrt und sie vor den Outridern beschützt. Dieser Mann war ein Gentleman durch und durch. Er wusste was er wollte, nahm seine Pflicht sehr ernst und blieb immer höflich. Dieses und noch mehr konnte sie aus seinem Tagebuch entnehmen. Er hatte es ihr überreicht mit Worten, die sich tief in sie eingebrannt hatten. Ich überreiche dir mein Tagebuch. Es wird dir mehr über mich und meine Gefühle sagen, als ich es aussprechen könnte. Die Pflicht ruft, ich muss wieder mit meinen Freunden gehen. Auf Wiedersehen, Sincia! Die Schwarzhaarige nahm einen Schlüssel und sperrte eine der Schubladen ihres Pults auf. Zaghaft zog sie die Lade heraus und warf einen Blick ins Innere. Dort lag es, rot eingebunden und nicht größer als ein Taschenkalender. Saber Riders Tagebuch. Sie verwahrte es, seit er sie verlassen hatte. Und wenn sie ihn vermisste blätterte sie darin und las sich seine Eintragungen durch. Es tat ihr gut zu wissen, was er erlebt hatte und wie es ihm dabei ging. Sie fühlte, als würde sie ihn schon Jahre kennen. „Miss Sincia“, eine zwölfjährige Schülerin trat in den Türrahmen und klopfte. „Miss Sincia, sie haben Besuch“, erzählte sie der schwarzhaarigen Frau. Die Lehrerin lächelte. „Ich komme sofort!“ Mit diesen Worten schob sie die Schublade zu und verschloss sie wieder. Die junge Frau fragte sich wer dieser Besucher wohl sein könnte, doch als sie ihn in der Aula stehen sah, setzte ihr Herz aus. Dort stand der Mann, der es schaffte in ihren Gedanken zu spuken, umringt von einigen Kindern, die ihn von früher noch kannten. Saber Rider hatte die Schule betreten und war kaum zwei Schritte vorwärts gekommen, da hatte sich die kleine Amber, die im letzten Jahr einen Wachstumsschub gemacht hatte, ihn entdeckt. Und mit ihr kamen immer mehr Kinder. Er sah ein größeres Mädchen vorbeigehen und bat sie Sincia zu holen. Er schaffte es kaum weiter zugehen. Immer wieder stellten ihm diese Kinder fragen. Zum Kampf gegen die Outrider. Ob er sie wirklich besiegt hatte. Wo er so lange war und wo seine Freunde waren. Der Recke konnte kaum eine Frage beantworten, da immer mehr Kinder dazwischen redeten. Seine Augen lösten sich von den vielen Kinderaugen und blickten sich in der Aula um. Hoffentlich kam ihm Sincia bald zu Hilfe. Er hatte nicht viel mit Kindern zu tun gehabt, wie er feststellte und konnte auch kaum mit ihnen umgehen. Am gegenüberliegenden Ende erfassten seine blauen Augen eine zierliche Gestalt. Er musterte sie und stellte ohne Zweifel fest, dass es Sincia war. Die Lehrerin mit ihren schwarzen Haaren, war noch schöner als vor fast einem Jahr. Er fühlte sein Herz, das mit einem Mal einen Takt schneller schlug. Endlich stand er der Frau gegenüber, die ihm seit seinem letzten Aufenthalt hier im Kopf herumspukte. „Sincia“, sagte er und schaffte es mit dieser einfachen Feststellung, das alle Kinder aus dem Weg gingen. Endlich hatte er freie Bahn. Jetzt konnte er zu ihr gehen. Doch sie blieb wie erstarrt stehen. Sie sah ihn auf sich zukommen, brachte aber keinen einzigen klaren Gedanken zustande. Er war hier, hier bei ihr, und das in seinem Urlaub? Wie war das nur möglich? Als ihr Verstand soweit realisiert hatte, dass er wirklich vor ihr stand, stand Saber schon direkt bei ihr. Vorsichtig und zögernd griff er nach ihrer Hand und drückte diese. „Es ist schön dich wieder zu sehen!“ Colt, Robin und Josh betraten das kleine Häuschen. Kaum hatten sie die Koffer abgestellt, wurde der Scharfschütze auch schon von seinem zukünftigen Schwager beschlagnahmt. „Colt, ich muss dir unbedingt was zeigen. Ich war vor ein paar Tagen bei einem Freund und der hat so ein altes Segelflugzeug bei seinem Opa auf dem Dachboden gefunden. Es war allerdings kaputt und da hat er es mir geschenkt. Komm mit, ich will es dir zeigen“, erzählte Josh ohne Luft zu holen und zog den Cowboy mit sich. „Ich habe es nämlich repariert, weißt du? Und jetzt kann ich es fliegen lassen. Komm schon, Colt, wir können es gleich zusammen starten.“ Nach einem letzten kurzen Blick zu Robin war er schon mit Josh im nächsten Zimmer verschwunden. Robin schmunzelte. Das ihr kleiner Bruder Colt vermisst hatte, war ihr schon lange klar gewesen, doch stellte sich jetzt erst heraus, wie sehr der Cowboy in ihrem Leben gefehlt hatte. Sie bedachte die abgestellten Koffer mit einem kritischen Blick und entschied sich es für heute gut sein zu lassen. Sie mochte Unordnung überhaupt nicht, aber sie gönnte Colt und Josh ein paar Minuten für sich. Immerhin war es wichtig, dass sich die beiden wichtigsten Männer in ihrem Leben verstanden. Die Koffer konnten sie auch morgen noch auspacken. Mit diesem Gedanken verschwand Robin in die Küche und begann das Abendessen zu kochen. Colt und Josh waren längst im Garten um das alte Segelflugzeug starten zu lassen. Der Cowboy war von dem handwerklichen Geschicks des Jungen beeindruckt und starrte dem fliegenden Gefährt nach. Irgendwann reichte Josh ihm die Steuerung und Colt übernahm das Flugobjekt. Er ließ das kleine Flugzeug alle möglichen Figuren fliegen und beide hatten mächtig viel Spaß zusammen. „Du, Colt“, merkte Robins kleiner Bruder zaghaft an. „Was ist denn, Partner?“ Colt landete das Flugzeug wieder sicher auf dem Boden und beschloss für sich, ab jetzt wieder selbst mit dem Broncobuster zu fliegen. So ein Segelflieger war ja ganz nett, aber nichts ging über einen Ritt mit seinem Raumgleiter. „Ich bin froh, dass du wieder da bist. Ich hab dich so sehr vermisst“, nuschelte Josh und errötete leicht. Auch auf Colts Wangen zeigte sich ein leichter Rotschimmer. Er wusste nicht genau, was er auf diese Aussage sagen sollte. Er hatte Robin und den kleinen Jungen neben sich auch vermisst, nur das konnte er ihm doch nicht sagen. Er war nicht der Typ für diese gefühlsduseligen Sachen. Langsam schritt er zum Segelflugzeug und hob es auf. Die blonde Lehrerin unterbrach diese, für Colt unangenehme, Situation. „Jungs, Essen ist fertig!“, rief sie vom Haus in den Garten. Josh war schon unterwegs. „Na, endlich“, rief er, plötzlich war er wie ausgewechselt, und grinste breit: „Ich hab einen Bärenhunger.“ Colt stieg sofort drauf ein. „Nichts da, kleiner Mann, der Bär ist allein für mich. Du musst dich mit dem Rest zufrieden geben.“ Auch er eilte zum Haus. „Ich bin aber noch im Wachstum“, erwiderte Josh und legte einen Zahn zu. Colt kam ihm näher und überholte ihn schließlich. „Ich auch“, entgegnete der Cowboy. „Ja, du wächst in die Breite!“ Josh sprintete, überholte den Cowboy und huschte zuerst an Robin vorbei durch die Tür. Colt hingegen bremste ab und blieb vor seiner Angebeteten stehen. „Tja, mein Lieber, da hat Josh Recht“, spöttelte Robin und knuffte dem Scharfschützen in den Bauch. „Hey, das ist kein Speck, das sind alles Muskeln“, erwiderte Colt fast entsetzt über so eine Annahme, doch schon schloss er Robin in seine Arme und drückte ihr ein Küsschen auf die Lippen. „Aber vielleicht schadet ja ein bisschen Speck nicht, denn mit Speck fängt man bekanntlich Mäuse und ich habe hier eine ganz süße!“ Robin strahlte und drängte sich näher an Colt. Sie hatte diesen Mann so sehr vermisst, dass sie ihn am Liebsten gar nicht mehr losgelassen hätte. Aber sie musste und Josh wollte schließlich noch heute sein Abendessen. „Kommt ihr zwei jetzt endlich? Ich habe Kohldampf!“ „Ist schon gut, Partner“, stimmte Colt zu, ließ es sich aber nicht nehmen, Robin noch ein Küsschen zu geben. April trat erschöpft vor das Büro ihres Vaters. Sie hatte viel mit Deena geredet und konnte zumindest überhaupt mal mit jemanden reden, der nicht in dieses ganze Desaster mitverwickelt war. Und Deena war die neutralste Person, die April in diesem Moment eingefallen war. Zudem machte sich die Ingenieurin Sorgen um Trista. Das Mädchen sah so traurig aus und schien mit einer Last auf den Schultern unterwegs zu sein, die sie nicht allein zu tragen schaffte. April wollte Trista helfen, hatte sie das Mädchen doch gern und war froh mit ihr eine Freundschaft aufzubauen. Jetzt musste die braunhaarige Frau ihr nur noch vertrauen, so wie sie ihr vertraute. Ihr Blick glitt zu dem Schriftzug auf der Tür und sie beschloss für sich, dass dieses Gespräch mit ihrem Vater das letzte an diesem Tag war. Sie klopfte zaghaft an und trat ein. „Daddy, ich muss mit dir reden“, begann die Wissenschaftlerin sofort, noch ehe sie richtig im Büro stand. Doch als sie ihren Blick zum Schreibtisch richtete, erkannte sie dass Commander Eagle nicht allein war, sondern König Jarred bei ihm saß. „König Jarred?“ „April“, der König von Jarr stand auf und begrüßte die Tochter seines Freundes mit einem kräftigen Händedruck. „Komm nur, dein Vater und ich haben soeben von dir gesprochen. Wir sind beide der Meinung, dass du und Roland ein nettes Pärchen seid.“ Erst starrte April den König an, ehe sie ihren Vater anfunkelte und drohend den Zeigefinger hob. „KEINE Verkupplung! Ich entscheide, wen ich wann zu meinem Freund nehme, ist das klar?!“ Beide Männer lachten herzhaft auf und April erkannte, dass die beiden älteren Herrschaften sie ärgern wollten. „Keine Sorge, April“, versuchte Eagle seine Tochter zu beruhigen. „Ich habe von Offizier Brown bereits von deinen einschlagenden Argumenten gehört und König Jarred hat mich über euer gestriges Gespräch aufgeklärt. Ich werde mich nicht mehr einmischen, versprochen!“ Irgendwie kam sich die Blondine vor als wäre sie im falschen Film. Zumal gefiel ihr nicht, dass ihr Vater von der Ohrfeige gehört hatte. Ein Themenwechsel war angebracht. „König Jarred, Ihr seid noch auf Yuma?“ „Ja, April. Roland und ich werden uns die Stadt noch ein wenig ansehen. Wir werden übermorgen abreisen!“ Tja, somit war für heute die richtige Aussprache gescheitert, obwohl ihr Vater bereits erste Einsicht gezeigt hatte. Das war ja auch schon ein Erfolg. „Ich verschwinde dann wieder, war ein anstrengender Tag heute“, erklärte sie noch lächelnd und zog sich zurück. „Bis die Tage, Daddy! Auf Wiedersehen, König Jarred!“ „Auf Wiedersehen, April!“ antworteten beide gleichzeitig und schon schloss sich die Tür. April stand unentschlossen im Gang und blickte auf ihre Uhr. Es war bereits schon abends, aber sie wollte nicht allein sein. Doch zu Colt konnte sie nicht gehen und auch Saber war nicht mehr auf Yuma. Einzig und allein blieb ihr Fireball, allerdings fühlte sich April für eine weitere Konfrontation nicht stark genug. Fürs erste beschloss die Blondine sich in ihre Wohnung zurückzuziehen. Er hatte sich den ganzen Nachmittag mit seinem Red Fury beschäftigt. Das ganze Auto war so ziemlich in alle Einzelteile zerlegt. Fireball motzte ihn für das nächste Rennen noch ein wenig auf. Immerhin wollte er nach der langen Rennpause nicht auf dem letzten Platz landen. Erschöpft und durchgeschwitzt trat er am Abend den Rückweg an, um sich frisch zu machen. Zu späterer Uhrzeit würde er Mandarin treffen. Die beiden wollten die KOK-Bar unter die Lupe nehmen und sich noch einen Drink genehmigen. Er unternahm gerne etwas mit Mandarin. Sie war locker und fröhlich und sie war nicht so schnell eingeschnappt wie April. Da war sie schon wieder in seinen Gedanken. Egal wo er war oder was er machte, immer wieder schob sich die Blondine zwischen seine Gedankengänge. Er verstand nicht, was er immer falsch machte. Es schien egal zu sein, ob er sich gut oder völlig daneben benahm er konnte es ihr nicht recht machen. Ihre Augen, die ihn so unendlich traurig ansahen, hatten sich tief in sein Gedächtnis gebrannt. Wieso sah sie ihn so an?! Wieso lächelte sie nicht einmal?! Wieso konnte er einfach keinen ordentlichen Umgang mehr mit ihr pflegen?! Wieder drängte sich die Vermutung auf, dass sie ihn nicht haben wollte, aber wieso sagte sie ihm das nicht einfach? Er sehnte sich nach ihr. Er vermisste das Gefühl, wenn er sie berührte. So oft hatte er ihr kurz über den Arm gestreichelt oder ihre Hand gedrückt, wenn sie sich zufällig berührt hatten. Es war irgendwie alltäglich geworden und wie selbstverständlich. Er war immer für sie da gewesen und sie hatten über alle Probleme reden können… Nur jetzt waren es wohl unlösbare Probleme… Irgendwas stand zwischen ihnen und er wüsste gern, was das wohl war. Seufzend machte er sich auf dem Weg ins KOK zu seiner Dienstwohnung. Er musste die Probleme mit April vergessen. Er traf sich mit Mandarin, was wollte er denn mehr? Sie war immer zu Späßen aufgelegt und mit ihr wurde es nicht langweilig. Langsam begann die Vorfreude auf den Abend. Die Schule, in der Sincia arbeitete, war ein Internat. Die Kinder wohnten in dem Gebäude in Gemeinschaftszimmern. Ebenso hatten auch einige der Lehrer und Lehrerinnen ihre eigenen vier Wände. Sincia aber wohnte bei einem älteren Ehepaar zur Miete. Deren Haus stand ein paar Minuten von der Schule entfernt. Die Lehrerin hatte Saber erklärt, dass er während seines Aufenthalts bei ihr wohnen könne und es ihr auch gar nichts ausmachen würde. Dem Recken hingegen war es unangenehm ihr zusätzliche Arbeit zu bereiten, jedoch hatte er sich überhaupt keine Gedanken über eine Bleibe gemacht. Es gefiel ihm nicht, dass ihm so etwas Wichtiges entfallen war, aber es war jetzt nun mal so. Sie traten auf ein, in hellem blau gestrichenes, Haus zu. Sincia blickte zu dem Highlander auf. „Meine Wohnung ist im ersten Stock. Es ist eine kleine Zwei-Zimmer Wohnung, aber sie reicht für mich. Meine Vermieter sind sehr nett. Sie wohnen gleich hier im Erdgeschoss.“ Sie wollte gerade die Tür aufsperren, als diese schon geöffnet wurde. Heraus trat ein älterer Herr. Saber schätzte ihn auf ende sechzig. „Hallo, Sincia“, begrüßte er die Lehrerin freundlich, ehe er den blonden Mann an ihrer Seite neugierig musterte. „Haben Sie Besuch?“ Sincia errötete prompt und brachte nur ein kurzes Ja heraus. Saber hingegen musterte den Mann skeptisch. Was sollte so eine Aussage? Es ging ihn doch gar nichts an, ob und wann seine Mieterin Besuch empfing. „Na, dann wünsch ich Ihnen einen schönen Abend“, grinste der Rentner und setzte seinen Weg fort. Er wollte sich noch ein wenig um den Garten kümmern, denn abends waren die Temperaturen um einiges angenehmer als tagsüber. Sincias Rot verfärbte sich noch dunkler, während Saber dem Alten irritiert nach blickte. „Ich möchte nicht wissen, was er sich denkt“, murmelte die Lehrerin. Immerhin brachte sie kaum einen Mann nach Hause, es waren bis jetzt immer Freundinnen und Kollegen bei ihr gewesen. Und selbst die männlichen Kollegen waren nie alleine bei ihr. Sie ging voran in den Flur und trat die alte Holztreppe hinauf in das obere Geschoss. Saber blieb hinter ihr. Sie sperrte ihre Wohnungstür auf und ließ ihn eintreten. „Wie gesagt, sie ist nicht groß“, erklärte sie kurz. Zuerst betrat er den Flur. Von diesem führten drei Türen weiter in die Wohnung. Rechts ging es in ein kleines Bad, links in ein mittleres Schlafzimmer und gerade aus kam man in ein großes Wohnzimmer. Von dort führte eine weitere Tür in die Küche, die wiederum sehr klein war. Saber sah sich um und stellte erfreut fest, dass sie sehr ordentlich war. Alles war blitzblank geputzt und ordentlich in die Schränke und Regale eingeräumt. Sie hatte sich gut eingerichtet, praktisch, dennoch wohnlich. Während der Star Sheriff sich interessiert umsah, verschwand Sincia in der Küche und kochte ihnen etwas zu Essen. „Schöne Wohnung“, bemerkte Saber in die Stille. Irgendwie gefiel ihm das Schweigen nicht. Selbst wenn er sonst die Ruhe liebte, um sich zurückzuziehen, seine Gedanken zu ordnen oder einfach nur zu genießen, in dieser Wohnung und in ihrer Nähe empfand er die Stille als unangenehm. „Danke“, kam gedämpft zurück. Sincia war gerade mit ihrem Kopf in einem der Schränke verschwunden, um nach einer passenden Schüssel zu suchen. Saber trat ebenfalls in die Küche und sein erster Blick fiel auf ihre Hinteransicht. Es gefiel ihm was er sah… Oh, was dachte er sich nur?! Verlegen blickte er in eine andere Richtung. „Kann ich dir behilflich sein?“ Sincia tauchte wieder auf. Sie drehte sich ihm zu und nickte lächelnd. „Gerne!“ Gemeinsam machten sie sich ans Werk. „Wie habt ihr es geschafft sie zu besiegen? Sie waren eine große Armee und sie waren sehr mächtig“, bemerkte die schwarzhaarige Lehrerin. „Wir konnten in ihre Hauptzentrale eindringen und Nemesis zerstören. Es war ein harter Kampf, aber wir haben ihn gewonnen!“ Sincia hing an seinen Lippen. Leicht errötet mit großen braunen Augen starrte sie ihn an, lauschte seinen Worten und hörte ihr Herz in unregelmäßigen Abständen schlagen. Meistens klopfte es etwas zu schnell. „Sind hier noch einmal Outrider aufgetaucht?“ Saber erwiderte nun ihren Blick. Dem konnte sie nicht lange standhalten und senkte die Augen. „Nein, zum Glück ist danach nie wieder etwas vorgefallen!“ Sie wandte sich einer Tomate zu, die geschnitten werden wollte. Traurigkeit spiegelte sich plötzlich in ihrem Gesicht. „Amber hat wochenlang danach Albträume gehabt. Es war eine harte Zeit gewesen!“ „Es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass so etwas passiert!“ Besorgt ließ er seine Augen über Sincias Gesicht wandern. Sie lächelte ihn an, auch wenn ihre Augen ihn traurig ansahen. „Da kannst du ja gar nichts dafür!“ Auch er lächelte und sie hielten sich gegenseitig in ihrem Blick gefangen. Verlegen löste Sincia ihre Augen und heftete sie auf das Schneidebrett. Wieder legte sich ein leichter Rotschimmer auf ihre Wangen und sie lauschte ihrem schnellen Herzschlag. Sie hatte bei keinem anderen Mann jemals so gefühlt wie bei ihm. Wieso war das nur so? Mehr als verwirrt, über dieses schöne Gefühl ihn bei sich zu wissen, versuchte sie ihre Gedanken so gut es ging auf das Abendessen zu lenken. Sie hatten eine große Glasschüssel mit allen Zutaten für einen Kartoffelauflauf gefüllt und als dieser endlich im Ofen stand, setzten sich die beiden auf die Couch. Vor ihnen standen zwei, mit Orangensaft gefüllte, Gläser. Sincia erzählte ihm von ihrem Schulalltag und auch wie sie das letzte Jahr gemeistert hatte. Sie war eine Spielgefährtin für die kleineren Kinder, eine Ratgeberin für die Kinder, die etwas größer waren, und eine Seelsorgerin für die großen Kinder. Sie war immer für ihre Schützlinge da, liebte diese und hing auch an ihnen. Als sie von dem Abschluss der Großen erzählte und wie traurig sie über den Abschied war, musste auch Saber schlucken. Die ganze Zeit über sah er sie an, beobachtete ihre Gesichtszüge, prägte sich jeden kleinsten Winkel genau und konnte seine Augen nicht von ihr abwenden. „Wie geht es deinen Kollegen?“ Die Schwarzhaarige wollte nicht nur von sich erzählen. So würde sie etwas von den anderen erfahren und nicht die ganze Zeit alleine reden. Sie konnte sich noch zu gut an seine Freunde erinnern und wie sehr sie sich für sie und die Kinder eingesetzt hatten. April war mit Sincia entführt worden und die jüngere Frau war ihr eine große Hilfe mit ihrem Mut und ihrer Erfahrung gewesen. Saber entschied zu erst von Colt zu berichten, da dieser ein weniger kompliziertes Leben führte als seine anderen beiden Freunde. Er berichtete von Colts Schandtaten und seinen Fettnäpfchen, wobei Sincia immer wieder lachen musste. Zu guter Letzt berichtete er von Robin. „Und sie wird sich der großen Aufgabe annehmen ihn noch ein wenig zu erziehen“, endete der Recke und Sincia lächelte ihn an. „So wie du das erzählst, scheint das keine leichte Aufgabe zu sein.“ „Das wird es nicht, aber Robin wird das schaffen. Seitdem Colt die Lehrerin kennt, hat er sich schon um 180° Grad gedreht!“ Saber erwiderte ihren Blick mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Sincia hingegen konnte ihn immer nur kurz ansehen, denn sie fühlte die Verlegenheit sofort in sich aufsteigen. Er war ein toller Mann mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Er stand zu seinen Freunden und war immer dazu bereit für jeden von ihnen seine Hand ins Feuer zu legen. Er war ein grundehrlicher Mensch, der ebenso eine Ehrlichkeit von anderen voraussetzte. Zudem war er sehr klug und gebildet. Sincia konnte sich nicht erinnern einen ähnlich gestrickten Mann kennen gelernt zu haben. „Fireball und April hingegen sind unsere Sorgenkinder“, lenkte Saber das Thema in eine ernstere Richtung. Auch Sincia horchte auf. Da schien dicke Luft zu sein und so wie sie die Lage einschätzte, nicht nur zwischen den beiden erwähnten, sondern im ganzen Team. Inzwischen glaubte sie ihn zu kennen und fühlte sich in der Lage ihn zu verstehen und hinter seine Fassade blicken zu können. Und das was sie sah, war überhaupt nicht angenehm. „Was ist denn passiert?“ Eigentlich wollte sie nicht nachbohren, aber Saber schien das Problem bereden zu wollen. „Fire ist ganz klar in April verliebt, wie er sich ihr gegenüber verhält, wie er sie behandelt, alles deutet daraufhin“, begann er und zögerte ein wenig. Vorsichtig sah er sie an. Er wollte sie nicht langweilen. „Erzähl weiter“, bekräftigte ihn Sincia und Saber nickte erleichtert. „Und April scheint von unserem Turbofreak auch nicht abgeneigt zu sein. Wenn sie ihn sieht, dann strahlen ihre Augen.“ „Aber Saber, da ist doch gar kein Problem, oder?“ „Während unserem Kurzurlaub, in der Zeit des Friedenvertrags, muss irgendetwas vorgefallen sein, denn nach dem Urlaub sind beide völlig verändert wieder gekommen. April und Fire verbrachten ihren Urlaub gemeinsam, verloren aber danach kein Wort darüber. April kann seitdem keinen richtigen Kontakt mehr zu dem Rennfahrer aufbauen, weil der es nicht zulässt und sie immer wieder abweist.“ Saber war das aufgefallen. Ihr Verhältnis hatte unter dem gemeinsamen Urlaub gelitten, doch keiner von ihnen verlor nur ein Wort über die Ereignisse. Colt und er hatten in ruhigen Minuten spekuliert und selbst als sie den Mut fanden und einen von den Freunden darauf angesprochen hatten, weigerten die beiden sich, unabhängig voneinander, etwas zu sagen. Saber konnte sich noch zu gut an die Situation auf der Brücke erinnern. Fire hatte ihn damals angelogen, das hatte er angenommen, da ihm dieser auswich. Allerdings konnte der Boss des Teams Ramrod nicht mit Sicherheit sagen, ob sein Pilot log. Fireball war im Grunde eine ehrliche Seele und sie konnten so ziemlich über alles reden - abgesehen von April. Der Rennfahrer konnte über Mandarin oder über seine früheren Freundinnen offen reden, doch kam April zu Wort oder war auch nur anwesend, kam dem Junge kein Wort mehr über die Lippen. Und nun brachten deren ständige Streitereien Unruhe ins Team. Streitereien störten Saber nicht ganz so, da sie sich alle oft in den Haaren gelegen hatten, aber es war nie ernst geworden. Fire und April hingegen bekriegten sich fast. Bei ihnen war der Spaß zum Ernst geworden und der Highlander bezweifelte stark, dass die beiden den Ursprungsgrund kannten. „Kopf hoch“, munterte Sincia ihn auf. Sie hatte ihm die ganze Zeit über seinen Erzählungen zugehört und sie konnte sich ein Bild von der jetzigen Situation machen. „Die beiden werden ihre Probleme schon lösen. Sie sind noch sehr jung und haben schon so viel erlebt. Viel mehr als andere Kinder in ihrem Alter jemals erleben werden. Sie bekommen ihre Probleme schon in den Griff.“ Da kam die Lehrerin zum Vorschein. Saber musste unweigerlich grinsen. Er suchte ihren Blick und fand ihre Augen. „Sag ihnen nicht, dass du sie als Kinder bezeichnest. Immerhin sind sie schon beide erwachsen!“ Auch Sincia lächelte. „Mit achtzehn Jahren ist man noch nicht erwachsen“, widersprach sie. Sie warf einen Blick auf die Uhr und hörte in diesem Moment den Ofen piepsen. Das Essen war fertig und beide freuten sich bereits auf den selbst zubereiteten Auflauf. Fireball saß mit Mandarin in der KOK-Bar bei seinem zweiten Drink. Sie lachten und redeten die ganze Zeit über. Sie besahen sich alle Mitarbeiter des Kavallery Oberkommando, die sich zu dieser Stunde hier noch herumtrieben, und zogen über den ein oder anderen her. Der Rennfahrer leerte sein Glas und blickte die Freundin an. „Ich hol mir noch etwas! Möchtest du auch noch einen Drink?“ Mandy nickte. „Ja, bitte, das gleiche wie eben!“ „Okay“, und schon machte sich der Pilot auf den Weg zur Bar. Die beiden hatten sich einen Tisch geschnappt, der näher an der Eingangstür als an der Theke stand. Aber das störte sie nicht. Die Rothaarige folgte ihm mit ihren Augen. Etwas bedrückt und traurig sah sie ihm nach. Wieso verstand er ihre Zeichen nicht? Lag es an ihr? Oder lag es an ihm? Wollte er sie vielleicht gar nicht verstehen? War er etwa doch in April verliebt? Sie unterdrückte einen Seufzer. Soeben wollte sie sich auf ihren Drink konzentrieren als sie aus den Augenwinkeln ein ihr bekanntes Mädchen eintreten sah. Sofort beobachtete sie die Blondine. April war langweilig gewesen und sie suchte nach ein wenig Gesellschaft. Sie hoffte ein bekanntes Gesicht zu treffen und in der Bar waren ihre Chancen relativ hoch. Als sie eintrat, bemerkte die Blondine, dass der Laden mehr als gut gefüllt war und sie einige vom Sehen wieder erkannte. Ihre Hoffnungen starben mit einem Mal, denn es gab kein Gesicht zu dem sie sich gerne gesetzt hätte. Ein großer Mann, der nicht mehr geradeaus laufen konnte, stieß sie an, brummte kurz etwas und verschwand zur Tür hinaus. Nun war der Ingenieurin die Lust auf einen Drink komplett vergangen. Sie fühlte sich unwohl und beschloss den Abend lieber allein zu verbringen. Kaum setzte sie diesen Entschluss in die Tat um, hielt sie jemand sanft am Arm fest. „April!“ Die Blondine drehte sich zu der Person und erstarrte. Es war Fireball. „Hallo, Matchbox“, flüsterte sie und blickte sich fast ängstlich um. Wenn er hier war, würde Mandarin bestimmt nicht weit weg sein. Sie wollte ihr nicht begegnen und schon gar nicht wollte sie die beiden zusammen sehen. „Ich wollte gerade gehen“, stammelte sie und zog ihren Arm zurück. „Du bist doch gerade erst gekommen“, erwiderte ihr Teamkollege. Der Rennfahrer wollte nicht, dass sie schon wieder ging. Er hatte sie immer nur ganz kurz gesehen und wollte mit ihr mal wieder einen schönen Abend verbringen. Er spürte den stetig unrunden Schlag in seiner Brust und jedes Mal passierte es, wenn ihm diese Frau gegenüberstand. Selbst wenn sie nicht mehr für ihn fühlte, so wollte er ihr bester Freund bleiben. „Magst du dich zu uns setzen?“ Zu uns! April wollte verneinen, doch er ließ ihr nicht mal die Chance dazu, denn er deutete in eine Richtung: „Mandy sitzt dort! Ich komme gleich wieder!“ Die Wissenschaftlerin setzte sich in Bewegung. Sie hatte ein ganz schlechtes Gefühl. Sie kam dem Tisch immer näher und spürte Captain Yamatos Augen auf sich. „Hi, Mandy“, grüßte April und setzte sich auf einen Stuhl zu ihr an den Tisch. „Hallo!“ Mandarin verfiel in ein Schweigen. Wieso hielt Fire die junge Frau an der Tür auf, verwickelte sie in ein Gespräch und schickte sie anschließend zu ihnen an den Tisch? Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Dass April bei ihr saß, passte der Rothaarigen überhaupt nicht. Fire und sie hatten so einen schönen Abend gehabt, doch jetzt machte Miss Eagle ihn kaputt. April behagte das Schweigen gar nicht. Sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Sie fühlte sich fehl am Platz. Mandarin schien sie nicht hier haben zu wollen, nur verstand die Ingenieurin nicht, warum das so war. Die beiden Frauen hatten nie ein Problem miteinander gehabt, aber jetzt schien es ihnen unmöglich miteinander umzugehen. „Du hast einen tollen Abend organisiert!“ „Danke“, erwiderte Mandy zaghaft. Sie nahm das kleine Friedensangebot an. „Hattest du gestern einen schönen Abend und heute einen schönen Tag?“ April hielt inne, dann setzte sie ein Lächeln auf. „War super, danke der Nachfrage!“ Die blauen Augen verrieten Mandarin, dass es eine Lüge war, doch sie hielt sich mit einer Bemerkung zurück. Dafür sah sie Fireball auf ihren Tisch zukommen und stellte ihr die nächste Frage, die ihr in den Sinn kam. „Wie ist Offizier Brown? Ich hab ihn nach dem Feuerwerk nicht mehr gesehen!“ Fireball war dem Tisch nahe genug, um die nächsten Worte ebenfalls zu verstehen. „Aber dich hab ich auch nicht mehr erblickt. Hattest du mit Offizier Brown eine schöne Nacht?“, ergänzte Mandy und konnte ein kleines hinterlistiges Lächeln nicht unterdrücken. April starrte fassungslos zu dem Sterncaptain, dann auf ihre Fingernägel. Irgendwie wurde die Blondine sauer auf die Rothaarige. War ja klar, dass Mandy solche Dinge annahm. Fire setzte sich zu den Mädchen. Er überreichte der Freundin ihren Drink und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Bier. Aufmerksam musterte er April. Konnte es sein? April und ein One-Night-Stand? Es war irgendwie unvorstellbar, aber immerhin ließ sie sich ja auch von diesem fremden Typen küssen. Ihre Stimme unterbrach seine Gedankengänge. „Ich war noch eine ganze Weile auf der Party“, wich sie aus. Sie wollte Mandy nichts von der Ohrfeige erzählen. Es reichte schon, wenn ihr Vater bescheid wusste. Sonst sollte niemand davon erfahren. Mandy lehnte sich zurück und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Abschätzend musterte sie ihre Konkurrentin. „Aber das eine schließt doch eine Nacht zu zweit nicht aus“, erklärte sie. April funkelte sie jetzt böse an. „Ich hatte nichts mit Offizier Brown!“ „Außer dem Kuss“, erwiderte die Rothaarige. „Jeder wusste sofort, was an diesem Abend noch laufen würde!“ Aprils blauen Augen blickten unsicher zu Fireball, der weder ein Wort für Mandy, noch ein Wort für sie selbst eingelegt hatte. Er hörte sich alles an und verzog nicht einmal das Gesicht. War sie ihm wirklich so egal? Sie hatte gehofft, er würde für sie einspringen und Mandarin in ihre Schranken zurückweisen, aber nichts dergleichen geschah. Im Gegenteil sogar, April vermutete, dass er Mandarin mehr Glauben schenkte als ihr. „Ich hatte nichts mit Offizier Brown! Glaub es oder lass es, Mandy!“ Nach einem verletzten Blick zu Fire, stand April auf. „Vielen Dank für eure Gesellschaft. Ich gehe ins Bett!“ Sie drehte sich um und ging zur Tür. Allerdings rechnete sie nicht damit, dass Fire ebenfalls aufsprang und sie wenige Schritte vor dem Ausgang aufhielt und zu sich drehte. „Lass mich bitte los, Turbo“, bat April. Sie war zutiefst enttäuscht von ihm. „Ich hab nur eine Frage, April Eagle“, Fire pausierte. Er wusste nicht wie er ihr diese Frage stellen konnte, ohne seine Gefühle preiszugeben. „Bist du glücklich mit ihm?“ Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Hatte April ihm nicht gerade etwas anderes gesagt? Entweder er hörte nicht zu oder er glaubte Mandarin. Sie löste sich erschrocken von ihm, doch schlagartig funkelten ihre blauen Augen ihn bitterböse an. „Wieso fragst du nicht Mandy danach?! Sie kann dir diese Frage bestimmt beantworten!“ „Hör auf mit dem Blödsinn, April!“ Auch der Pilot wurde ungeduldig. „Willst du mich für dumm verkaufen?! Warum sollte ich Mandarin fragen, wenn du etwas mit ihm hattest?“ „Ich glaub das einfach nicht!“ April schlug sich fassungslos mit ihrer flachen Hand gegen die Stirn. „Mandy erzählt Geschichten und du glaubst ihr mehr als mir?!“ Irgendwie musste die Navigatorin ihre Gefühle wieder unter Kontrolle bringen. „Hör mir gut zu, Turbo, ich sag es nur einmal!“, sie machte eine extra lange Pause, um auch wirklich seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Ich hatte und habe nichts mit diesem Offizier laufen! Es war ein Kuss und dafür bekam er hinterher eine Ohrfeige! Wenn du mich jetzt entschuldigst“, sie riss ihren Arm los und drehte sich zur Tür, doch einen weiteren Schritt später… „Schön zu erfahren, dass du es nicht nur mit mir so handhabst, sondern generell so schlagfertig bist!“ Sie blieb wie erstarrt stehen. Seine Worte hatten in ihr alle Alarmglocken bereitgestellt. „Wie bitte?“, flüsterte sie und drehte sich zu ihm um. Der Rennfahrer hatte ein hämisches Grinsen aufgesetzt. „Ach, auf einmal hab ich dein Interesse geweckt?“ „Was willst du damit sagen?“ Doch April wusste bereits wovon er sprach. Es gab nur einen einzigen Moment in den gesamten letzten zwei Jahren, in dem er von ihr eine Ohrfeige bekommen hatte. Eigentlich hatte sie geglaubt, dass für ihn die Sache längst erledigt war, doch anscheinend war dem nicht so. Ihr gemeinsamer Urlaub… Während dem Friedensvertrag… Die Wissenschaftlerin konnte sich noch zu gut an diesen Tag erinnern. Es war eigentlich ein wunderschöner Tag gewesen. Er war ein Rennen gefahren und sie hatte ihm zugejubelt. Jedoch raste der plötzlich der Wagen unkontrolliert in einen Reifenstapel. Die Sorge um ihn stieg und stieg, sie malte sich die schlimmsten Horrorszenarien aus. Tief in sich drin wünschte sie, dass sie irgendwann in ferner Zukunft vielleicht doch mal ein Paar würden, aber dem sollte wohl nicht so sein. Tränen liefen April über die Wange bis Fireball hinter ihr auftauchte und ihr sagte, dass alles okay wäre. In diesem Moment war sie so glücklich, ihn gesund und in einem Stück zu sehen, dass sie sich an seine Brust warf. Später waren sie gemeinsam am Strand entlanggelaufen und ließen sich in den Sand fallen. Alles war so schön, wie in einem Traum aus dem April nicht wieder aufwachen wollte. Und dann, ganz plötzlich, beugte sich Fireball über sie und kam ihr näher. Er wollte sie küssen. Je näher er kam, desto schneller musste die Blondine aus ihrem Traum erwachen. Die Wissenschaftlerin wollte nichts sehnlicher als von ihm geküsst zu werden, aber sie durfte nicht. Ihr Vater hatte ihr das Versprechen abgenommen, dass sie während des Außendienstes mit keinem der Jungs etwas anfing. Zudem kannte sie die Konsequenzen genau. Kurz bevor er ihre Lippen berühren konnte, sah April keinen anderen Ausweg als die Ohrfeige. Nur so würde er von ihr lassen. Daraufhin hatte er sie angeschrieen und war entsetzt aufgesprungen. April wusste, dass sie falsch reagiert hatte und wollte es ihm damals erklären, doch er hatte nur abgewunken. Es war alles normal danach, aber Fire war ihr seitdem nie wieder so nahe gekommen. Der Rennfahrer schien die gleichen Gedanken zu haben, denn sein Gesicht verzog sich ein wenig. „Es ist nicht das gleiche“, erwiderte April mit zusammen gekniffenen Augen. „Ach ja? Ist es nicht? Stimmt ja, bei mir war es nur bei dem Versuch geblieben, während er ein Schritt weiter war“, erbost fixierte er seine Freundin. Er klang eifersüchtig, und mahnte sich selbst zur Ruhe. Er musste aufpassen, dass sie nichts von seinen Gefühlen mitbekam. „Ich hatte den Eindruck, dass es dir egal wäre“, schimpfte April, denn sie wurde mal wieder eines besseren belehrt. „Ist es auch. Ich stelle lediglich fest, dass du wohl so mit allen Männern verfährst“, wischte er das Argument weg. „Ja, natürlich verfahre ich so mit jedem, der mir zu nahe kommt“, höhnte April, verschränkte ihre Arme vor der Brust und funkelte ihn an. „Offizier Brown hat sie verdient, da er die Grenze eindeutig überschritten hatte“, erklärte sie mit finsterem Ton. „Du aber hattest sie nicht verdient!“ „Das wird ja immer besser“, unterbrach er sie aufgebracht. „Wieso hast du mir dann trotzdem eine verpasst?“ „Wenn es passiert wäre und es hätte irgendjemand davon erfahren, wären wir beide aus dem KOK geflogen!“ Fireball stutzte. Was erzählte sie ihm da? Ihr Vater war der Boss, der würde sie nicht rausschmeißen. Und genau diese Weisheit verkündete er: „Dein Vater hätte dich in Schutz genommen.“ April trat einen Schritt zurück. Sie wirkte mehr als verletzt. „Das vielleicht schon“, sie pausierte und zögerte mit dem zweiten Teil der Antwort. „Aber?“, hakte er nach. Konnte er sich das nicht selbst denken? Konnte er sich nicht vorstellen, dass er geflogen wäre und sie ihn vielleicht nie wieder gesehen hätte? Nur so konnten sie die Zeit miteinander verbringen! Verstand er es nicht? Wollte er es nicht verstehen? Ihr Blick glitt zum Tisch, wo Mandarin nach wie vor saß und die beiden finster beobachtete. Er wollte es nicht verstehen, sonst bekäme er Ärger mit Mandarin, rief sich April in Gedanken. Und sie selbst wollte sich weiteren Ärger mit dem Sterncaptain ersparen. „Nichts aber, das ist alles. Mandy wartet auf dich“, erwiderte die Blondine und brachte ein kleines Lächeln zustande. „Lass sie nicht noch länger warten!“ Mit diesen Worten verschwand April aus der Bar und flüchtete in ihre Wohnung. Fireball blickte ihr erst verwirrt hinterher, ehe er sich auf den Rückweg machte. Mandarin bohrte nach, was es denn noch wichtiges zu besprechen gab, doch er wich aus. Viel lieber wollte er sich seinem Bier widmen und die vielen verworrenen Gedanken und gesprochenen Worte sortieren. Robin brachte Josh ins Bett. „Gute Nacht, Josh! Schlaf schön!“ „Gute Nacht, Robin“, wünschte er zurück und sah Colt im Türrahmen stehen. „Schlaf gut, Colt!“ „Du auch, Partner!“ Colt war zutiefst gerührt über diesen familiären Umgang. Er selbst hatte keine Familie mehr, da die Outrider damals seine Eltern umgebracht hatten. Er konnte sich kaum noch an eine glückliche Familie erinnern und wusste auch die dazu gepflegten Umgangsformen nicht mehr. Bevor Josh allerdings einschlafen konnte, erzählte Colt noch schnell: „Und morgen gehen wir drei in den Tierpark. Ich war nämlich noch nie im Tranquility-Tierpark!“ „Der ist super, Colt“, antwortete Josh sofort hellauf begeistert. „Dort wird es dir gefallen!“ „Das kann ich mir gut vorstellen“, stöhnte Robin auf. Sie hatte ebenso erst von Colts Plänen erfahren wie Josh und sie wollte sich lieber gar nicht erst vorstellen, was morgen auf sie alles zukommen würde. Ohne auf Robins Kommentar zu reagieren, stimmte der Scharfschütze zu: „Das hoffe ich doch, Kleiner! Also, jetzt musst du aber schnell schlafen, sonst kommen wir morgen nicht pünktlich los!“ Der Cowboy lächelte den kleinen Mann an, der sofort eifrig nickte. „Gute Nacht!“ Und schon hatte er sich in sein Bettchen gelegt und die Augen geschlossen. Robin schmunzelte. Sie bekam Josh nie pünktlich ins Bett, denn meistens versuchte er noch Zeit zu schinden, indem er ihr noch irgendeinen Blödsinn erzählte. Das Colt zurück war, tat Josh gut und Robin hoffte, dass er dieses Mal für immer bei ihnen bleiben würde. Sie ging zur Tür, knipste das Licht aus und schloss leise hinter sich die Tür. Nun stand sie ihrem Cowboy im Flur gegenüber und lächelte ihn liebevoll an. „Wie schaffst du das nur?“ „Was denn?“, gab er ebenso grinsend von sich. „Das Josh sofort ins Bett verschwindet, bei mir klappt das nicht!“ „Tja, meine Liebste, du bist in dieser Beziehung einfach zu nachlässig“, gab der Cowboy von sich und ging in Deckung. „COLT!“ Es war bereits spät abends. Saber hatte Sincia noch beim Abwasch geholfen, doch jetzt richtete sie ihm sein Nachtlager. Er würde auf der Couch im Wohnzimmer schlafen. Saber stellte sich schon darauf ein, dass es nicht ganz so bequem sein würde, bis er sah, dass Sincias Couch eine Schlaffunktion enthielt. Ein Lächeln trat auf seine Lippen, es konnte doch eine geruhsame Nacht werden. Sie brachte Bettwäsche und versorgte ihn noch mit einem Glas Wasser. „Gute Nacht, Saber“, sie stand in der Tür und lächelte ihn an. Es war ein schüchternes, verlegendes Lächeln. Saber betrachtete sie und lächelte ebenfalls. „Gute Nacht, Sincia!“ Sie wollte soeben gehen, doch drehte sie sich noch einmal um. „Saber“, zog sie seine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Er blickte zu ihr und sie sprach weiter. „Ich gehe morgen mit den Kindern picknicken. Möchtest du mitkommen?“ Saber fragte sich, ob er das schaffen könnte. Er hatte sich an diesem Tag schon überfordert gefühlt, sollte er einen weiteren Tag schaffen? Aber es war eine Chance Zeit mit ihr zu verbringen, wieso also nicht? „Gerne!“ Sincias Herz begann zu rasen vor Freude und sie strahlte ihn an. „Sehr schön! Die Kinder werden sich bestimmt freuen. Schlaf gut, Saber!“ Nun schloss sie hinter sich die Tür und verschwand erst ins Badezimmer, um danach in ihr Bett zu kriechen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)