Existenz von abgemeldet (Leben oder Tod) ================================================================================ Kapitel 1: Leben oder Tod ------------------------- Existenz! „Warum?“ Nur ein einziges Wort. Nur eine einzige Frage. Und doch würde Kaito darauf niemals eine Antwort erhalten. Rens Tod hatte ich tief getroffen. Tiefer noch als die Gewalt und die Abscheu, die sein eigener Vater ihm entgegenbrachte. Was war nur der Grund dafür, dass er in seinem Leben keinen Sinn mehr sah? War es tatsächlich die Trennung von Kaito, die es Ren unmöglich gemacht hat auch nur einen klaren Gedanken zu fassen? Dachte er denn, dass dem Jungen der Abschied leicht gefallen war, nur weil er ihm zum Abschied ein Lächeln schenkte? „Mit meinem Lächeln wollte ich dir sagen: Warte auf mich, Liebster! Bald sehen wir uns wieder!“, wisperte Kaito und sah in den verregneten Himmel. Seit jenem verhängnisvollen Tag, an dem ihm von Megumi gesagt wurde, dass sein geliebter aus der Welt geschieden war, war jeder Tag ein wolkenbehangener Tag für den Schüler. Lange Zeit gab es niemanden im Leben Kaitos, dem er sich hätte öffnen können. Sicher hatte er Freunde, doch viele von ihnen hatten keine Ahnung wie es wirklich in ihm aussah. Und Kaito war auch nicht gewillt ihnen Einblick in seine Gefühlswelt und sein Innerstes zu geben! Warum auch? Nur um am Ende geheucheltes Interesse zu ernten müssen und doch wieder allein da zu stehen? Ren war der Einzige, bei dem der Junge ganz er selbst sein konnte und bei dem er sich geborgen fühlte. Er brachte ihm die Zuneigung entgegen, die sich der Schwarzhaarige immer vergeblich von seiner Familie gewünscht hatte. Das bittere Gefühl der Einsamkeit konnte der junge Lehrer mit nur einem liebevollen Blick oder einem zärtlichen Kuss verschwinden lassen. Vergessen waren in den lustangefüllten Momenten ihrer Zweisamkeit die Schimpfworte, die er sich täglich auf dem Schulhof hatte anhören müssen und die Schläge, die ihn zwar physisch in die Knie zwangen, aber psychisch nicht halb so sehr schmerzten wie die verbalen Attacken der Anderen. Die Wunden seiner geschändeten Seele begannen allmählich zu heilen, doch die größte fügte ihm ausgerechnet der liebste Mensch in seinem Leben zu. Ren hinterließ ein tiefes Loch im Herzen des Jungen, das ihm auf immer und ewig Schmerzen bereiten würde. Dennoch ein Schmerz, der wohliger nicht hätte sein können. Er war der klägliche Rest seiner Beziehung zum Größeren und ließ seine Erinnerung an seinen Liebsten nicht verblassen. Diese Qual, tief in den Abgründen seiner Seele, war das einzige, was Kaito in seinem Leben noch stützte und ihm halt gab. Doch der Verlust, den er hatte erleiden müssen, ließ gleichzeitig seinen Hass auf die Menschheit anwachsen. „Egoismus regiert diese Welt!“, hauchte er leise und verzog sich noch tiefer in seine Gedanken. Für den Schwarzhaarigen war ein Mensch wie der andere, jeder einzig und allein bedacht auf seinen eigenen Vorteil. Und der Größte Egoist von allen war in seinen Augen Ren. Auch er hatte nur an sich gedacht, als er sich den Lauf des Revolvers an die Schläfe gesetzt hatte. Hätte er denn nicht einmal auf Kaito warten können? Sein eigenes Wohl hinter das seines Schülers stellen können? War das für einen Menschen denn tatsächlich so schwer? An jemand anderen zu denken, als an sich selbst? War die Sehnsucht wirklich zu groß für Ren oder war sein Suizid einfach nur die feige Flucht vor den Konsequenzen seiner Liebe zu seinem minderjährigen Schüler? Es waren so viele Fragen, die in Kaitos Kopf herumspukten und es auch weiterhin für den Rest seines Lebens tun würden. Denn der einzige Mensch, der sie ihm hätte beantworten können, hatte sich ängstlich davongestohlen. Lange Zeit blieb Kaito so vor dem Grab Rens stehen und quälte sich selbst mit den immer wieder aufkommenden Fragen nach dem Warum. Der Regen hatte die Klamotten des Jungen völlig durchnässt und doch blieb er stur im eiskalten Wind stehen und starrte auf die Worte, die in den Grabstein eingemeißelt waren. Seine ihn liebende Frau wird darauf erwähnt und seine hilfsbereite Art angepriesen. Und was war mit ihm? Niemand, der sich dieses Denkmal ansehen würde, würde jemals von dem Jungen erfahren, den Ren mit Haut und Haar geliebt hatte. Wegen dem er seine Frau verlassen wollte und seinem Leben ein Ende bereitete. So tief ging seine Liebe und doch würde niemand außer Kaito jemals davon erfahren. Der Schwarzhaarige war auf der Beerdigung des Lehrers vor einer Woche unerwünscht gewesen und er war auch selbst nicht bereit sich dem Trauerzug anzuschließen. Die Wärme von Rens Berührungen lag noch immer auf seiner Haut und auch der zärtliche Hauch seiner Küsse war noch zu frisch, als dass er hätte mit ansehen können wie ihn diese Leute für immer in ein Erdloch sperren. Leute, von denen sich Kaito sicher war, dass niemand von ihnen Ren auch nur im Ansatz so sehr geliebt hat, wie er selbst es getan hatte und noch immer tat, am allerwenigsten seine Frau. „Du Mistkerl!“, wimmerte der Junge und es war kaum zu erkennen, ob es nun Tränen waren, die sein Gesicht hinabrannen oder ob es der Regen war, der hinablief. „Du hast mich mit dir genommen. Eine Hülle bin ich.....mehr nicht! Es ist so als ob du mein Herz noch jetzt in deinen Händen halten würdest. Und du drückst zu...mit aller Kraft, so dass ich kaum mehr atmen kann, beim Gedanken an dich!“ Seine Stimme war gefährlich dünn und dennoch musste er loswerden, was er zu sagen hatte, denn es würde das erste und auch das letzte Mal sein, dass Kaito die Ruhestätte seines Liebsten aufgesucht hat. „Aber ich werde nicht weglaufen, Ren! Mein Leben wird weitergehen. Soviel Kontrolle hast du nicht über, dass ich so sehr der Verzweiflung nachgeben würde wie du. Vielleicht werde ich nicht glücklich ohne dich, und ich bin mir sicher, dass du bis zum Zeitpunkt meines Todes die Vorherrschaft in meinen Träumen haben wirst, aber.......richten wirst du mich nicht!“ Kraftlos sank der Junge auf die Knie, hinab auf den matschigen Boden. „Ich wusste du würdest mich verlassen! Du hast mich verletzt und enttäuscht, genau wie alle anderen. Ich bin nicht überrascht. Aber warum.....tut dein Verrat nur so weh? So sehr, dass es mich zerreißt?“ Hinter Kaito trat ein junger Mann hervor. Er war an die 20 Jahre alt und größer als der Junge. „Bist du fertig? Er war doch nur dein Lehrer, was willst du hier also so lange?“, maulte dieser. Auch er wusste nicht, was es für eine besondere Bindung zwischen Kaito und Ren gab. „Ja!“, sagte der Schwarzhaarige leise und wischte sich unwillkürlich die Tränen aus den Augen. Vorsichtig legte er eine schwarze Rose auf den Grabstein und wandte sich zu seinem Begleiter, der gefühllos einen Arm um ihn legte. Er hatte ich auf einer Party kennen gelernt und von ihm ein paar Pillen gekauft. Es war die gleiche lieblose Beziehung, die Kaito mit Ryo geführt hatte. Der junge Mann bedeute ihm nichts und doch half er ihm über das Gefühl der Einsamkeit hinweg, das beizeiten schlimmer war als der Tod selbst. ‚Die Menschen verlieben sich nur um Schmerz zu erleiden. Ihre sadistische Ader treibt sie dazu und deshalb werde ich keine Liebe mehr empfinden, für niemanden. Hörst du, Ren? Ich brauche dich nicht!’, dachte Kaito bei sich, in den Armen dieses Fremden und bemerkte nicht, dass er sich selbst am meisten belog! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)