Küchengeflüster von Benjy ================================================================================ Prolog: In der Luft hängend (überarbeitet) ------------------------------------------ Der junge Mann rutschte nervös auf seinem Sitzplatz hin und her. Sein Mund öffnete sich leicht, nur um dann im nächsten Moment die zierlichen Lippen fest aufeinander pressen zu können. Dem folgte ein leichtes Knabbern an der Unterlippe, bevor das Schauspiel mit einem einleitenden Seufzen von vorn beginnen konnte… Kouya seufzte hörbar. Zu seiner Erleichterung war die Sitzreihe neben ihm frei, so dass er sich nach Herzenslust benehmen konnte. Dieses Alleinsein ersparte ihm die ungewollte Unterhaltung, auf die er sich seit dem Abflug sowieso nicht hätte konzentrieren können, denn er war mit den Gedanken bereits daheim gelandet. Er strich sich mit einer Hand das rotbraune Haar hinter die Ohren, und blickte gedankenverloren aus dem Bordfenster. Der dichte Wolkenteppich versperrte ihm die Sicht nach unten, und lenkte auf diese Weise den Blick in die schier endlose blaue Ferne. Kouya blinzelte. Um sich nicht in der grenzenlosen Weite zu verlieren, schloss er die Augen, und richtete den Blick nach innen. Dort war, im Gegensatz zum friedlichen Wolkenmeer zu seinen Füßen, ein Sturm losgebrochen, der sich kontinuierlich verstärkte und, wenn er in weniger als einer Stunde landen würde, alle Rekorde auf der Mess-Skala brechen könnte. Den älteren Bruder zum ersten Mal nach einem Jahr wiedersehen zu können, war natürlich aufwühlend. Vor allem nach dem offenbarenden Telefongespräch, das inzwischen mehr als eine Woche zurücklag. Dennoch verursachte dieser Umstand weniger Bauchschmerzen, als die Tatsache, dass er dem besten Freund des Bruders ebenfalls wiederbegegnen würde. Der Gedanke an diese Person ließ sein Herz augenblicklich schneller schlagen. Und obwohl Kouya den Moment dieses langersehnten Aufeinandertreffens kaum noch erwarten konnte, zog sich gleichwohl sein Magen aus Furcht zusammen. Er seufzte erneut. Die aufreibende Auseinandersetzung am Telefon mit seinem Bruder Hiroki schoss ihm durch den Kopf. Diese war bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu Ende geführt, und Kouya befürchtete, dass dies ihr erstes Treffen auf ungemütliche Weise überschatten würde. Der Grund für die Verstimmung seines Bruders lag in dem geplanten Vorhaben, das er erst vor einer Woche gestehen konnte – seinen Auszug. Dass er ausziehen und unabhängig leben wollte, war notwendig, auch im Hinblick auf eine ihm wichtige Person. Aber Hiroki tat sich sehr schwer mit dieser Angelegenheit. Bis heute hatte Kouya keine klare Antwort, oder gar Zuspruch von ihm erhalten. Er war sich bewusst, dass er dessen Erlaubnis nicht brauchte, denn er war ja bereits volljährig. Dennoch würde es ihm deutlich besser gehen, wenn Hiroki hinter seinem Vorhaben stehen könnte. Kouya liebte, ja verehrte, den einzigen Bruder. Daher tat die fehlende Anerkennung weh. Er suchte schon die ganze Zeit nach einem Weg, der es ihnen ermöglichte, unbeschwerter mit dem bevorstehenden Ereignis umgehen zu können. Aber seine Suche war bisher erfolglos. Und wenn er sich in Hirokis Lage versetzte, fiel es ihm gleich noch schwerer, eine Lösung zu finden. Kouya konnte das Verhalten seines Bruders sehr gut nachvollziehen. Schließlich folgte der Freude über das Wiedersehen nach einem Jahr der Trennung, prompt die Trauer über das plötzliche Verlassen des Familiensitzes. Aber daran führte kein Weg vorbei. Hiroki musste sich damit abfinden, ob dieser nun wollte oder nicht. Kouya hoffte inständig, dass sich dieser innerhalb der vergangenen Woche ein wenig an diesen Gedanken gewöhnen konnte. Er war schließlich nicht aus der Welt, sondern nur örtlich von Hiroki und dem Familiensitz getrennt. Ein wenig schwermütig wurde ihm schon dabei. Besonders wenn er daran dachte, dass er dann nicht mehr die Möglichkeit besaß, Kimura Yuu zu sehen. Aber dieses Problem hoffte Kouya auf wagemutige Weise lösen zu können, indem er dem besten Freund seines Bruders endlich die Liebe gestand. Mit erröteten Wangen und klopfendem Herzen richtete Kouya seine Aufmerksamkeit wieder nach draußen. Das Flugzeug war inzwischen in den breiten Wolkenteppich eingetaucht, und schien an Höhe zu verlieren. Nahe und ferne Wolkenfetzen zogen unterschiedlich schnell am Bordfenster vorbei, und hüllten nicht nur den Flieger ein. Denn für einen unerträglichen Moment verdunkelte sich auch Kouyas Gemüt. Seine Ängste und Befürchtungen nutzten diese Chance, sich hemmungslos in ihm auszutoben. Aber just in dem Augenblick, bevor sie völlig die Kontrolle zu übernehmen drohten, verließ das Flugzeug den Wolkenschleier, und Kouya hatte wieder freie Sicht. Seine Augen weiteten sich bei dem atemberaubenden Anblick. Während er sah, wie die Erdoberfläche kontinuierlich näher kam, und auf diese Weise das Ende seiner Reise ankündigte, befreite sich sein Gemüt vollends von der dunklen Sturmfront. Und als wollte der Pilot seine Beobachtung persönlich bestätigen, kündigte dieser auch schon den Landeanflug an. Kouya schob alle aufwühlenden Gedanken und Gefühle zur Seite, und versuchte sich stattdessen auf die eigenen Vorbereitungen für den Landeanflug zu konzentrieren. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass sein Herzklopfen mit jedem sinkenden Meter zunahm. Der Anschnallgurt erlaubte zwar nicht das nervöse Hin- und Herrutschen des jungen Mannes, aber er hatte keinerlei Macht über das dazugehörige Schauspiel. Ein Seufzen war zu hören… Kapitel 1: Alle Guten Dinge sind drei...(überarbeitet) ------------------------------------------------------ „Glaubst du wirklich, ich würde so etwas tun?“ Takahashi Kia, der sich eben noch außer Reichweite der fliegenden Stuhlkissen befand, schaute nun mit neu gewonnener Zuversicht Richtung seines Geliebten, der aufgebracht mit erröteten Wangen in der hell erleuchteten Küche stand. Zwischen ihnen befand sich der große vertraute Küchentisch, der schon vielen gemeinsamen Gesprächen lauschen durfte, und auf dessen hölzernen Oberfläche nun ein hin- und herschaukelnder Schatten zu verfolgen war. Dieser gehörte zu einem Gegenstand, den Kia sehr genau kannte, und wenn Suzuki Kagerou nicht so ein verdammt wütendes Gesicht machen würde, hätte Kia vor Lachen losgebrüllt. Losgebrüllt und sich anschließend auf Kagerou gestürzt, weil dieser in seiner Wut so unglaublich sexy aussah, dass es Kia wirklich schwer fiel, sich zu beherrschen. Um sich von seinem letzten Gedanken abzulenken, inspizierte Kia den Gegenstand etwas genauer. „Kein Zweifel Kagerou, das hier an der Lampe erhängte Opfer ist dein treuer Bettgefährte Yuki, und wohlgemerkt mein Alptrau-“ „Das sehe ich selber, Kia!“, brüllte Kagerou Kia die Worte abschneidend entgegen, dessen Gemütszustand aufgrund der letzten Bemerkung wieder an Temperatur zunahm. „Okay, okay, schon gut. Ich war es nicht. Ehrlich. Das ist alles, was ich zu meiner Verteidigung sagen kann. Wie soll ich das auch gewesen sein? Ich bin vor dir aufgestanden, und nach dir nach Hause gekommen. Und, ich weiß, was dir Yuki bedeutet!“ Kagerou, der fest der Überzeugung war, dass Kia Yuki das angetan hatte, bewegte sich misstrauisch auf den baumelnden Gegenstand zu, um ihn von der Lampe und dem Strick zu befreien. In Gedanken auf der Suche nach einem Verantwortlichen für diesen geschmacklosen Scherz, griff Kagerou nach Yuki. Es blieben nur zwei Möglichkeiten: Kia oder Itō Shino, seine beiden Mitbewohner. Er konnte sich aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass Shino hierfür verantwortlich sein sollte. Ihr ältester Mitbewohner war viel zu beherrscht, um sich mit solchen Kinderspielen die Zeit zu vertreiben. Kia hatte da schon eher Gründe vorzuweisen. Sein Geliebter benahm sich hin und wieder entgegen aller Erwartungen. Er war verspielt, zynisch, liebevoll, aber eben auch unberechenbar. Aber der triftigste Grund, neben dessen Talent alle zu verblüffen, war, dass er nie ein Hehl daraus gemacht hatte, dass er Yuki als Feind im Bett ansah. „Komm, lass mich mal lieber, sonst sitzen wir womöglich heute Abend beim Empfang des vielleicht neuen Mitbewohners im Dunkeln!“ Kagerou sah auf. Kias Worte hatten ihn aus den Gedanken gerissen. Er hatte nicht bemerkt, dass er vor lauter Grübelei mehr als nötig an der Lampe zerrte, um Yuki zu befreien. Eine Entschuldigung murmelnd, überließ er das Kuscheltier der anderen Person. Kagerou drehte dem Anblick den Rücken zu, und marschierte aufgewühlt zur Anrichte. Gedankenversunken machte er sich daran, zwei Tassen Grünen Tee zuzubereiten, um endlich das gemeinsames Ritual beginnen zu können. Beinah jeden Abend nämlich, versammelten sich die Mitbewohner der WG in der Küche, um sich bei einer gemütlichen Teestunde über den vergangenen Tag unterhalten zu können. Neben der üblichen WG relevanten Themen, wie Putzplan und Einkauf, die ihren festen Platz bei diesen Gesprächen hatten, war ein neues hinzugekommen. Dieses bestimmte nun schon seit mehreren Wochen ihre Abende, und schien heute endlich ihren Abschluss zu finden. Die Rede war von einem neuen Mitbewohner. Kagerou war schon sehr gespannt auf den letzten Kandidaten. So schön es zu dritt auch war, empfand er es als eine Verschwendung, wenn das Zimmer neben Kias dauerhaft unbewohnt bliebe. Er würde es nicht nur in dieser Hinsicht begrüßen, jemand neues in der WG willkommen heißen zu können. Es war an der Zeit, dass der alte WG Staub endlich wieder durch frischen Wind aufgewirbelt wurde. Während Kagerou versonnen auf den Teekessel starrte, umschlangen ihn sanft von hinten zwei Arme und eine Stimme, die er mehr als alles andere in seinem Leben liebte, flüsterte leiseIch liebe dich und Es tut mir leid in sein Ohr. Berauscht von diesen Worten, drehte sich Kagerou Kia zu, um in dessen Augen schauen zu können. Erneut überzog eine leichte Röte Kagerous Gesicht, welche Kia den letzten Funken Verstand raubte. „Das ist so unglaublich sexy…“, raunte Kia betört, als seine Lippen Kagerous bedeckten. „Störe ich? Oder kann ich auch einen Tee bekommen?“ Erschrocken über die scheinbar aus dem Nichts auftauchende Stimme, sprang Kia einen Satz rückwärts, und stieß dabei unbeholfen mit dem dort stehenden Stuhl zusammen. Er ging anschließend daran in die Hocke, und streichelte sich mit schmerzverzogenem Gesicht das Knie. „Au… Mist, verdammter, echt...Shino! Musst du dich so anschleichen? Du weißt, dass ich das...“ Das laute Pfeifen des Teekessels unterbrach Kias Schimpftirade. Kagerous bisher unterdrücktes Lachen gesellte sich fröhlich dazu. Shino, der eigentlich noch das Bild seiner sich wild küssenden Mitbewohner vor Augen hatte, konnte nun auch nicht mehr stillhalten und fiel mit ein. Sein Lachen wurde stärker, als er Kias saure Miene sah. Dieser schien offensichtlich ganz und gar nicht glücklich zu sein, wie Shino amüsiert feststellte. Und das schmerzende Knie war nicht der einzige Grund für die Verärgerung. Ein erkennendes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Da Shino Kia inzwischen recht gut kannte, konnte er mit Bestimmtheit sagen, dass dieser sein Auftauchen als weitaus größeren Schmerz empfand. „Verdammt, das tut echt weh!“ Mit diesen Worten nahm Kia auf dem Übeltäter Platz, und überhäufte die sich langsam wieder beruhigenden Mitbewohner mit einem strafenden Blick. Eigentlich hatte er ja mitlachen wollen, aber er wusste, dass Kagerou sein aufgebrachtes Gesicht liebte. Sollte sich dieser doch danach verzerren und Shino dafür verfluchen, dass er ihrem kleinen Vergnügen ein abruptes Ende gesetzt hatte. Kia musterte beleidigt seinen Geliebten, der nun dabei war, eine Tasse Tee für Shino zuzubereiten. Dass der schwarzhaarige Mitbewohner ihre aufflammende Leidenschaft unterbrochen hatte, ließ nicht nur ihn wehmütig werden. Kia sah, dass ihm Kagerou mehr als einmal einen bedauernden Blick zuwarf. Jeder einzelne ließ sein Herz schneller schlagen, und er erwiderte sehnsüchtig den Augenkontakt. Später hätten sie noch genug Zeit, ihrem Verliebtsein eine körperliche Note zu geben. Aber Kia musste sich unbedingt noch etwas bezüglich Yuki einfallen lassen, denn dieses Plüschtier stand momentan noch zwischen ihm und einer atemberaubenden Nacht mit Kagerou. Seufzend beugte er sich nach vorn, und ließ Kopf wie Arme auf dem Tisch zur Ruhe kommen. Shino, der sich unterdessen auch an den Tisch gesetzt hatte, ließ seine Augen gelassen zwischen Kia und Kagerou hin- und herwandern. Das erleichterte Lächeln auf den Lippen erreichte auch die Augen. Kia und Kagerou nun so glücklich zu sehen, erfreute ihn wirklich. Wenn Shino daran dachte, was er und vor allem die beiden alles ertragen mussten, bis einer Liebesbeziehung nichts mehr im Wege stand, war dieser Anblick hier beinah schon ein Wunder. Würde er länger darüber nachdenken, müsste er erneut lachen, wohl aber eher weinen, und das würde dem zweitältesten ganz und gar nicht gefallen. Selbst Kia, der sonst die Gelassenheit in Person war, besaß eine Schmerzgrenze, auch wenn sie schwer zu erreichen war. Aber in der jetzigen Situation fehlte wohl nicht mehr viel, damit diese tatsächlich erreicht würde. Gedankenverloren blieb Shinos Blick an Yuki hängen, der auf der Anrichte saß, und Kagerous Arbeit mit unbeweglicher Miene überwachte. „Sag mal Kagerou, was macht dein Spielzeug eigentlich hier in der Küche?“ „Willst du Grünen oder Weißen Tee, Shino? Und ja, dasselbe wollte ich dich auch fragen. Vielleicht kannst du mir ja erklären, wieso ich Yuki aufgehängt an der Küchenlampe finden musste?!“, fragte der jüngere Mann aufgebracht zurück. Kagerous plötzlicher Ärger ließ Shino stutzen. Er war mit dessen Persönlichkeit inzwischen recht vertraut, dennoch war er immer wieder aufs Neue über die unerwarteten Stimmungsschwankungen seines Freundes überrascht. Dieses Verhalten, kombiniert mit der unglaublichen Schönheit, raubte allen die er kannte den Atem, inklusive ihm selbst. Kagerou war ohne Zweifel eine Augenweide und er konnte Kia gut verstehen, wenn dieser mit Adleraugen über Kagerou wachte. „Äh, Grünen bitte und nein, dazu kann ich nichts sagen. Na ja, wenn ich ehrlich bin, und du mich so fragst, glaube ich ja, dass da Kia seine Finger im Spiel hat. Aber der hat sich bestimmt fein aus der Sache geredet, wenn ich da so an eure filmreife Kussszene zurückdenke...“ Diese letzten Worte ließen Kagerou die Röte ins Gesicht schießen, und er schaute verlegen zu Kia, der seinerseits schamlos grinsend seinen Blick erwiderte. „Mein Reden! Wir haben wirklich das Zeug dazu, ein super beliebtes Promipärchen zu werden!“ Shino, der Mitgefühl für Kagerou empfand, und ihn am liebsten in den Arm genommen hätte, um einerseits Kia zu ärgern, und anderseits eine körperliche Stütze zu sein, konzentrierte sich wieder auf Kia, dessen Lippen nach wie vor von diesem schamlosen Grinsen umspielt wurden. Er beschloss, Kia aus der Reserve zu locken. „Sag mal Kia, wie lief eigentlich deine Präsentation? Hast du deine Unterlagen, nach denen du mich heute Morgen am Telefon gefragt hast, noch besorgt? Es klang ja seeeehr wichtig...“ Kia, hochgradig verliebt und in anzüglichen Gedanken in Richtung Kagerou versunken, schaute am Tee nippend zu Shino. „Oh, genau. Die verlief total gut. Wie geplant, nachdem ich noch mal hierher bin, um meine vergessenen Unterlagen zu holen. Der Professor war begeistert...“ Kia, dem auf einmal bewusst wurde, was er da sagte, sah hektisch hinüber zu Kagerou, der ihn verständnislos anschaute. „Was meint Shino mit ‚Unterlagen vergessen und holen’, Kia? Ich dachte, du hättest die Wohnung vor heute Abend nicht mehr betreten? So hörte es sich das zumindest für mich an, als wir uns vorhin darüber unterhalten haben. Du hast also doch kein hieb- und stichfestes Alibi!?!“ Shino schaute mit einem zufriedenen Grinsen Richtung Kia, der seinen Blick säuerlich erwiderte. Dass er Kia so leicht erwischte, hätte er nicht gedacht. Aber umso mehr freute er sich natürlich für Kagerou, dessen aufbrausende Wut nun wieder gegen Kia gerichtet war. „Also, äh, das ist so gewesen. Ich...“ Ein unerwartetes Geräusch unterbrach Kias Gestammel, und ließ die drei Männer verstummen. Es wurde still, nur um gleich nochmals laut zu werden. Kagerou, der Kia noch immer mit einem schwer abschätzbaren Blick anstarrte, regte sich plötzlich. „Wer kann das sein? Hat sich für heute Abend noch jemand angekündet? Der mögliche Anwärter für das freie Zimmer kommt doch erst um acht Uhr, oder?“ Mit diesen Worten, begleitet vom dritten Schellen der Klingel, machte sich Kagerou auf den Weg zur Haustür. Kapitel 2: ...oder vielleicht doch vier! ---------------------------------------- Hier ist es also, stellte Kouya nüchtern fest, als er die Klingel ein drittes Mal drückte. Die Gegend ist ruhig, ein angrenzender Park und Sportplatz. Die Uni eine dreiviertel Stunde entfernt. Einkaufsmöglichkeiten gleich um die Ecke. Wirklich vielversprechend. Okay, die Miete hat es zwar in sich, ist aber zu verschmerzen. Jetzt kommt es wohl nur drauf an, ob die Mitbewohner mich mögen bzw. ich sie. Ich werde wohl gleich Punktabzüge fürs zu Frühkommen ernten. Ich hoffe, sie sehen es mir nach, ungewollt ihre Spontaneität zu testen, dachte sich Kouya gerade, als eine angenehm klingende Stimme an der Gegensprechanlage ertönte. „Ja, wer ist da?“ Kouya wurde aus den Gedanken gerissen und war nicht sofort in der Lage zu antworten, als die Stimme schon ein zweites Mal erklang. „Hallohooo!? Wenn das wieder so ein dämlicher Klingelstreich ist, dann macht euch auf was gefasst! Hier wohnt nämlich jemand, der im Umkreis von 50m alles trifft, was er anvisiert, und der Balkon bietet dafür eine sehr gute Plattform!“, schmetterte Kagerou genervt in die Sprechanlage. „Kiaaaaaa! Renn mal-“, setzte Kagerou gerade an, als er unsanft unterbrochen wurde. „Hey, spinnst du! Ich mag nicht beschossen werden! Ich will doch nur die Wohnung besichtigen. Mehr nicht. Ich weiß, dass ich zu früh gekommen bin, aber muss ich dafür gleich bestraft werden?“, sprach Kouya aufgeregt in die Sprechanlage. Einen kurzen Moment lang war völlige Stille. Kouya befürchtete schon, es wäre niemand mehr da, und die Worte würden in die Tat umgesetzt, als plötzlich eine weitere Stimme erklang. „Hallo, bist du Kouya?“, fragte Kia, als erneut Kagerous, nun aufgebrachte Stimme, zu hören war. „Der hat mich Spinner genannt! Ich glaubs nicht! Kia, was redest du noch...“ „Beruhige dich und denk doch mal nach, Kagerou! Wie würdest du reagieren, wenn dir jemand so etwas aus heiterem Himmel androht? Und apropos Androhen!“, Kouya hörte schweigend zu, „Du kannst mich doch nicht einfach zu deinem Komplizen machen! Ich werfe doch nicht wildfremden Personen einen Ball an den Kopf! Was denkst du dir eigentlich?“, kam Kia zum Ende. „Äh...also, na ja, ich dachte, ein wenig Zusatztraining schadet nicht.“ Kouya, der der Diskussion schweigsam und leicht amüsiert gelauscht hatte, wollte etwas entgegnen, als eine dritte Stimme zu hören war. „Hallo Kouya?! Noch da? Hier spricht Shino, der dritte Mitbewohner. Die anderen zwei hast du ja schon kennen gelernt – zumindest verbal. Ich mach dir mal die Tür auf, dann kannst du dir die beiden Chaoten auch ansehen.“ „Vierter Stock bitte“, sagte Shino zu Kouya, der im Hintergrund Kias und Kagerous empörte Stimmen vernahm, die aber im Summen des Türöffners untergingen. Gedankenverloren und etwas unsicher machte sich Kouya auf den Weg nach oben. Das hat ja super begonnen, dachte er sich. Zu früh kommen, einen möglichen Mitbewohner Spinner nennen. Kouya seufzte. Kann ja eigentlich nur besser werden! Durch die Eingangstür kommend, stand er sofort im Hausflur des Gebäudes. Dieser strahlte Sauberkeit aus, gleichzeitig aber auch etwas Absurdes durch die vielen verschiedenen Plakate und gemalten Bildern an allen möglichen freien Plätzen der Wand, den vielen bunten Flyern auf dem Tisch in der Nähe der Fahrstühle, etlichen Fahrrädern und einem Kinderwagen, vor allem, wenn er an das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes dachte. Passt irgendwie nicht zusammen.... Er inspizierte das ein oder andere Plakat etwas genauer. Viele waren veraltet, andere kündigten kommende Veranstaltungen an. Es gab welche zu Veranstaltungen an der Universität, welche zu Sportveranstaltungen, zu Partys, Konzerten und so weiter. So verhielte es sich auch mit den Flyern auf dem Tisch neben den Fahrstühlen. Er empfand, dass die gemalten Bilder irgendwie nicht hierher passten, aber gerade das machte es wieder interessant. Auf den Bildern waren Landschaften zu sehen. Realistisch und in wunderschönen Farben gehalten. „Gefallen mir“, sagte Kouya laut, als er im Fahrstuhl nach oben verschwand. Er stieg im vierten Stock aus und hatte das Gefühl, er hätte den Flur einer Wohnung betreten. Es waren zwar keine Plakate an den Wänden zu finden und es gab auch keinen Tisch mit Flyern, dafür aber zwei große bis an die Decke reichende Regale voll mit verschiedensten Dingen. Der Hauptteil davon bestand aus Filmen auf DVDs und Büchern. Ansonsten gab es dazwischen noch Ordner, CDs, Kerzen, Farbtuben, Pinsel und so weiter. Der Flur endete auf der einen Seite an einer Wand, an der sich ein großes Bild befand, welches er aber nicht genau erkennen konnte, und auf der anderen in einem Fenster, auf dessen Fensterbrett sich mehrere Pflanzen in der untergehenden Sonne räkelten. Kouya schaute sich nach der Wohnungstür um und steuerte, als er sie entdeckt hatte – es gab nur eine einzige Tür auf dem kompletten Flur – direkt darauf zu, als sie auch schon geöffnet wurde. Drei Personen, alle annährend gleich groß, standen plötzlich vor ihm. Irgendwie hatte Kouya fast befürchtet, einer würde eine Waffe auf ihn richten, aber dem war glücklicherweise nicht so. Ihre Hände waren entweder in den Hosentaschen versteckt oder ruhten verschränkt auf der Brust. Schweigen breitete sich aus. Kouya schaute von einer Person zur anderen. Die erste war etwas kleiner als die beiden anderen und trug eine kleine, runde Brille, die ein schmales, feingeschnittenes Gesicht mit dunklen Augen zierte. Lange schwarze Haare waren zu einem Zopf nach hinten geschnürt und ein einzelner Ohrring, bestehend aus einem schwarzen Stein, schmückte das rechte Ohr. Die Person trug eine schwarze lange Hose aus einem dünnen Stoffe, die sehr teuer schien, und ein weißes Hemd, welches zu einem viertel aufgeknöpft war und den Blick auf eine einfache Silberkette mit einem kleinen Medaillon freigab. Die minimal größere Person, so mutmaßte Kouya, ist vielleicht der mögliche Scharfschütze. Kia hieß er, wenn er den Namen richtig zugeordnet hatte. Er schaute genauer hin. Er trug dunkle, kurze Haare, dessen Pony bis zu Nasenspitze reichte. Hellbraune Augen zierten sein kantiges Gesicht und ein Grübchen erschien auf der rechten Seite des Mundwinkels, wenn er lächelte, was er gerade tat. Er trug eine verwaschene Jeanshose und ein helles T-Shirt, auf dem der Spruch ‚Caution! Gender Construction Ahead’ zu lesen war. Die dritte Person im Bunde, die von der Größe her zwischen den beiden lag, stach schon allein durch ihre Haarfarbe heraus. Schulterlanges, leicht gestuftes silberweißes Haar umspielten ein aufgewecktes und äußerst attraktives Gesicht. Zwei dunkelgraue Augen funkelten in Kouyas Richtung, die Arme dazu verschränkt auf der Brust. Eine graue Hose und ein schwarzes leichtes Hemd machten den Anblick perfekt. Das ist bestimmt Kagerou, der als erstes an der Gegensprechanlage zu hören war. Den habe ich also Spinner genannt und so wie er schaut, ist er wohl noch immer etwas aufgebracht darüber, befürchtete Kouya. Er dachte schon, dass sich das Schweigen weiter in die Länge ziehen würde und überlegte seinerseits es zu brechen, als die Person mit den langen schwarzen Haaren ihm zuvor kam. „Hallo, schön, dass du dich getraut hast nach oben zu kommen! Wäre ich an deiner Stelle gewesen, hätte ich bestimmt das Weite gesucht nach so einer Begrüßung von Ka-chan“, sagte Shino und grinste in Kagerous Richtung, der durch Shinos versteckte Rüge und der Verwendung des Kosenamens etwas Farbe ins Gesicht bekam. Kagerou wollte etwas erwidern, als Kia sich seufzend zu Wort meldete. „Okay. Vielleicht sollten wir die letzten Minuten einfach streichen und von vorn beginnen. Also. Es freut mich dich kennen zu lernen, Kouya! Mein Name ist Takahashi Kia. Nenn mich einfach beim Vornamen. Ist hier so üblich bei uns in der WG. Ich bin der zweitälteste hier. Der mit den langen schwarzen Zotteln hier ist Itou Shino, der Ruhepol und älteste unserer Gemeinschaft. Aber ich sag nur, stille Wasser sind tief, oder so ähnlich.“ Kia musste lachen, als ihm Shino einen abfälligen Blick zuwarf. „Ja, und der vermeintliche Spinner hier ist Suzuki Kagerou.“ Jetzt war es Kouya, der betroffen dreinschaute. „Musst dir keine Vorwürfe machen. Kagerou ist in Gedanken noch auf der Suche nach einem Täter, der es ihm nicht leicht macht ihn zu fassen zu kriegen“, sagte Kia, als Kagerou ihn unterbrach. „Kia, was soll das? Das spielt hier keine Rolle!“ Kouya, der durch diese Bemerkungen etwas irritiert blickte und das nicht unbemerkt blieb, war froh über die nächste Ankündigung. „Ja, was stehen wir also noch im Flur rum! Rein in die gute Stube“, sagte Kia freundlich und gab den Weg frei zur Wohnung. Kouya ging als erstes, dann Kia, ihm folgend Shino und Kagerou schloss die Wohnungstür hinter ihnen. Kapitel 3: Stille Wasser voll aufsteigender Blasen -------------------------------------------------- Kouya saß in der Küche am großen Holztisch. Vor ihm stand ein Glas mit Brause, deren aufsteigende Blasen er nur deshalb angestrengt verfolgte, um nicht nach links schauen zu müssen, wo Kia saß, oder nach rechts, wo Shino vor sich hinlächelte oder gar nach vorn, von wo aus Kagerou ihn anstarrte. Verdammt, dachte sich Kouya. Wieso bin ich nervös? Bin doch sonst nicht so schüchtern. Immerhin ist nichts weiter Dramatisches während der Besichtigung passiert. Ich bin niemandem auf die Füße getreten, habe keine für meine Augen bestimmte anzügliche Hefte oder dergleichen entdeckt, mal abgesehen von der offenen Kondompackung im Bad, keine unbequemen Fragen gestellt, das freie Zimmer für wirklich nett empfunden. Jetzt sitzen wir also hier zu viert und schweigen – mal wieder! „Also?“, fragte Kia in Kouyas Richtung, als hätte er seine Gedanken gelesen. „Was hältst du von dem, was du bisher gesehen und gehört hast? Die Situation an der Sprechanlage mal außer Acht gelassen. “Kia grinste in Kagerous Richtung. „Äh...also, das Zimmer gefällt mir wirklich sehr gut!“, stotterte Kouya, der sich im Geiste dafür eine Woche Dorama-Verbot verpasste. „Und die Wohnung insgesamt ist sehr gemütlich, äh, heimelig, also, nun, sie wirkt ruhig und strahlt überhaupt nicht dieses typische WG-Flair aus! Eher eine kühle, aber sanfte Privatsphäre, die dann aber wieder durch die hier wohnenden Personen in Offenheit glänzt. Also, die Wohnung jetzt... Ah, was red ich denn da!? Ich bitte um Verzeihung!“, erzählte Kouya hastig. Kagerou stand plötzlich auf, wandte dem Tisch den Rücken zu und steuerte auf die Schüssel mit dem Obst zu. Er kam keine zwei Schritte weit, als er auch schon in Lachen ausbrach. „Kühle, aber sanfte Privatsphäre? Durch Offenheit glänzen? Wie schräg ist das denn?! Was studierst du noch gleich?“, wollte Kagerou von Kouya wissen, als er sich einen Apfel nahm und lachend zum Tisch zurückkehrte. „Hey Ka-chan, was soll das?! Was gibt es da zu lachen? Gerade du, der hier immer so viel Wert auf künstlerische Freiheit jedweder Art legt. Ich finde seine Ausführung interessant, auch, wenn ich nicht alles verstanden habe. Vielleicht klärt mich Kouya ja noch auf?“, äußerte Shino und blickte hinüber zu Kouya, der nun einen hochroten Kopf auf den Schultern trug. Bevor Kouya, mit dem Blick in Shinos Richtung, antworten konnte, erfüllte ein melodiöser Klingelton die Küche. Alle blickten auf Kouya, der mit einem ‚Entschuldigt mich bitte!’ fluchtartig den Raum verließ, um im Flur den Anruf entgegen zu nehmen. Die drei Zurückgebliebenen nutzten die Unterbrechung, um die leeren Getränkegläser zu füllen und je nach Vorliebe, Schokolade oder Chips aus dem Vorratsschrank zu kramen, um diese auf dem Tisch auszubreiten. Inzwischen war es kurz nach acht und der Hunger nagte an allen drei. Während sich Kia eine Handvoll Chips nach der anderen in den Mund steckte und Shino genüsslich auf einem Schokoladenstück lutschte, hing Kagerou seinen Gedanken nach. Chips und Schokolade waren wirklich nicht das, worauf er jetzt Lust hatte, was unter anderem sein verstohlener Blick Richtung Kia verriet, aber das musste warten. Er lenkte seine Gedanken auf die vierte Person in der Wohnung, die momentan im Flur telefonierte. Sein erster Eindruck von Kouya, mal vom Vorfall an der Gegensprechanlage abgesehen, war mehr als sympathisch. Und die Sympathie steigerte sich noch, als er an Kouyas geäußerte Eindrücke bezüglich der Wohnung und seiner Mitbewohner dachte. Wirklich interessant. Etwas holprig, aber sympathisch. Er wollte nicht lachen, war aber so sehr überrascht über die Worte, die auch seine hätten sein können, dass er sich mit Hilfe des Lachens über diese Erkenntnis half. Er meinte es nicht böse, sondern anerkennend. Er beschloss, dies Kouya bei der nächsten Gelegenheit zu sagen. „Hey Ka-chan, möchtest ein Stück Schokolade?“, fragte Kia. Kagerou wollte die Frage gerade bejahen, als auch schon Kias Gesicht vor seinem auftauchte. Überrascht über das Auftauchen und der Feststellung, dass Kia vorhatte, ihm die Schokolade per Kuss zu überreichen, ließ ihn, soweit es der Spielraum der Stuhlrückenlehne erlaubte, nach hinten rutschen, um Kias Mund zu entkommen. „Nein danke! Ich glaube, ich kann auf dein Schokoladenstück mit Clipsgeschmack verzichten! Ich nehme mir lieber selbst eins.“ In diesem Moment kam Kouya zurück in die Küche und blieb beim Anblick der beiden stehen. Kagerou schob Kia zurück und lächelte Kouya ermuntert zu, den Raum weiter zu betreten. „Ja, es ist das, wonach es aussieht, aber ich hatte keinen Erfolg meine Schokolade zu teilen.“, war Kias ehrliche Auskunft und erntete dafür einen leichten Schubs von Kagerou. „Äh, verstehe.“, stammelte Kouya, trat dabei näher auf Kia zu, um ihm sein Handy reichen zu können. „Eine sehr vertraute Art Schokolade zu teilen...“, murmelte Kouya dabei zu sich selbst. Eine laute Stimme war plötzlich aus dem Handy zu hören, die Kouya an sein Vorhaben erinnerte. „Kia, mein älterer Bruder würde gerne mit dir sprechen, wenn es möglich ist...“, erwähnte Kouya, als sich Kia das Handy auch schon an sein Ohr drückte. „Hallo Hiroki, freut mich dich zu hören. Wie geht es dir?“ Kia verließ lachend den Raum und ließ einen verduzten Kouya zurück, der über die Vertrautheit der Telefonierenden überrascht war. Woher kannte Kia den Namen meines Bruders? Es hört sich fast so an, als ob sie sich kennen. Woher? Der Uni? Kouya war so sehr in Gedanken, dass er Kagerous Frage überhaupt nicht hörte. „Hey Kouya! Magst du ein Stück Schokolade?“ „Wie bitte? Tut mir leid, ich war in Gedanken.“, sagte Kouya und setzte sich dabei zurück auf seinen Stuhl, den Blick auf die Tür gerichtet. „Ja, das haben wir gemerkt. Ich fragte, ob du etwas Schokolade möchtest?“ Beim Wort Schokolade schaute Kouya in Kagerous Richtung. Dieser schob ihm die Tafel entgegen. Er musste augenblicklich an das Bild denken, was sich ihm bot, als er zurück in die Küche kam. Ein wenig verlegen griff er nach der Tafel und bedankte sich bei Kagerou. Dieser ahnte, was in Kouyas Kopf rumschwirrte und verkniff sich ein Lächeln, stattdessen bot er ihm Antworten auf seine anderen Fragen. „Du fragst dich wahrscheinlich gerade, warum Kia deinen Bruder kennt? Stimmts?!“ Kouya schaute erst zu Shino, der sich inzwischen an Kagerous zum Tisch gebrachten und dann vergessenen Apfel zu schaffen machte, und hinterher zu Kagerou selbst, der ihn nun anlächelte. „Dein Bruder hat hier in der WG zuvor schon zwei Mal angerufen. Nach dem ersten Mal haben sich Kia und er kurz in der Mensa der Uni getroffen. Deinem Bruder war es wohl wichtig. Du scheinst ihm wichtig zu sein. Zu der Auffassung ist zumindest Kia gekommen, nachdem sie sich getroffen haben.“ Shino schaute auf. „Mensch könnte es auch böser formulieren. Nämlich, dass er kontrollieren möchte, in was für Räume du dich begibst.“, sagte Shino, der sich damit seit langem wieder zu Wort meldete. Kouya wurde unwohl. Er bereitete diesen Menschen Umstände, von denen er nicht gewusst hatte. Er dachte nicht, dass sein Bruder soweit gehen würde. Nachdem er ihn über sein Vorhaben in Kenntnis gesetzt hatte, gerieten sie in einen Streit. Hiroki wollte nicht, dass er nach seiner Rückkehr außerhalb des Familienhauses lebte. Kouya bestand aber darauf. Er wollte Freiraum für sich und sein Leben gewinnen, was innerhalb des Familienhauses zur Zeit nicht möglich war. Nicht, dass dort viele Familienangehörige lebten oder wenig Platz vorhanden war, nein, das nicht, aber er hatte das Gefühl, dass sich Dinge wandelten, die fast ausschließlich ihn selbst betrafen, mit denen er aber noch auf Kriegsfuß stand und es die Umgebung des Familienhauses nicht erleichterte. Mit seinem Bruder konnte und wollte er darüber nicht sprechen, denn eines seiner Probleme trug einen Namen. Kimura Yuu, der beste Freund seines Bruders. Kouya hatte vor noch nicht allzu langer Zeit feststellen müssen, dass sich seine Gefühle gegenüber Yuu veränderten. Bisher war er nur der beste Freund seines Bruders und ein Freund der Familie gewesen, aber inzwischen bedeutete Yuu Kouya viel mehr. Er hatte sich in ihn verliebt. Er genoss Yuus Anwesenheit im Familienhaus. Die gemeinsamen Mahlzeiten, bei denen er ihn heimlich beobachtete und seinen Gesprächen lauschen konnte. Das Schönste für ihn waren die gemeinsamen Gespräche. Sie unterhielten sich meistens über Hiroki, die Arbeit, oder das Studium. Ihre Gespräche waren gezeichnet von Offenheit, Ehrlichkeit und Tiefe. Gerade dieser Umstand bereitete ihm immer häufiger Schwierigkeiten, sich ungezwungen mit Yuu zu unterhalten. Er konnte nicht offen und ehrlich mit seinen Gefühlen Yuu gegenüber treten, sondern entschloss sich stattdessen kurzerhand, ein Jahr im Ausland zu studieren. Diese Entscheidung kam nicht aus heiterem Himmel, sondern war Bestandteil seines geplanten Studienablaufs. Aber vielleicht kam sie etwas früher als geplant, dennoch half sie ihm, sich außerhalb der gewohnten Umgebung neu zu finden und sich mit neuem Selbstbewusstsein der Sache anzunehmen. Er hatte während seiner Zeit im Ausland kaum mit Yuu gesprochen. Meist dann, wenn Yuu das Telefongespräch für Hiroki entgegennahm. Dies kam häufiger vor, wenn Yuu im Familienhaus übernachtete. Diese Gespräche waren kurz und oberflächlich und für Kouya zermürbend. Nach seiner Rückkehr hatte er Yuu bisher nur einmal gesehen. Das war am Flughafen, als ihn Hiroki und Yuu willkommen geheißen hatten. Sein Herz setzte beim Anblick Yuus beinah aus. Er trug die Haar nun länger und sah dadurch noch umwerfender aus. Kouyas Zuneigung wuchs in ungeahnte Höhen und ließ ihn, trotz all der Arbeit an sich selbst, rat- und mutlos zurück. Später im Familienhaus wurde es dann ungemütlich. Hiroki wollte einfach nicht verstehen, warum der Auszug für Kouya so wichtig war und bedrängte ihn, es sich noch einmal zu überlegen. Selbstverständlich hatte Kouya während der Diskussion nicht alle Gründe seiner Entscheidung aufgezählt. Dafür war noch nicht der richtige Zeitpunkt, aber er hatte sich fest vorgenommen, sobald die Sache mit dem Umzug geklärt war, sich seinem Bruder und vor allem Yuu zu öffnen. Als er dann abends im Bett lag, und über die vergangenen Stunden nachdachte, musste er lächeln. Er hatte sich durchgesetzt. Überrascht und glücklich war er vor allem über Yuus Eingreifen. Dieser hatte Kouya unterstützt. Damit hatte er nicht gerechnet. Das gegenwärtige Verhalten seines Bruders machte ihn traurig und wütend zugleich. Nicht, dass er gedachte hatte, dass mit seinem Okay der Weg nun frei wäre, aber dass er hinter seinem Rücken die Sache überwachte, dass ging Kouya entschieden zu weit. Er nahm sich vor, ihn später zur Rede zu stellen. Jetzt blieb ihm nur, sich bei diesen Menschen für das Verhalten seines Bruders zu entschuldigen. „Also, das ist mir jetzt wirklich unangenehm. Ich möchte mich für das Verhalten meines Bruders entschuldigen und hoffe, dass er euch nicht zu viele Umstände bereitet hat. Er kann ganz schön anstrengend sein. Um ehrlich zu sein, er möchte nicht, dass ich das Familienhaus verlasse, daher verhält er sich so untypisch. Es tut mir wirklich leid.“, sagte Kouya leise, als Kia plötzlich neben ihm auftauchte. Er hatte sein Reinkommen überhaupt nicht bemerkt. „Du musst dich nicht entschuldigen, Kouya. Hirokis Verhalten hat uns keine Umstände bereitet. Wir waren eher überrascht über seine Fürsorge. Außerdem scheint er ein netter Mensch zu sein. Wobei es mich ein wenig wundert, dass er sich ohne dein Wissen an uns gewandt hat. Das Treffen mit ihm verlief freundlich, also kein Grund zur Sorge. Ach ja, ich soll dir von ihm ausrichten, dass er dich an der Bahnstation abholen möchte. Du sollst ihm dafür deine Ankunftszeit mitteilen.“ Kouya dachte über Kias Worte nach. Er entschloss, jetzt zu gehen, um seinen Bruder zu treffen, auch wenn dass bedeutete, dass seine Chancen auf das Zimmer der WG sinken würden. Wer würde auch schon jemanden aufnehmen, der am Besichtungstag zu früh kommt, einen Mitbewohner Spinner nennt und zu guter Letzt einen Bruder vorzuweisen hat, der sich hinter dem eigenen Rücken in die eigenen Angelegenheiten mischt. Kouya stand auf. „Ich würde jetzt gerne gehen. Ich weiß, es ist etwas plötzlich, aber ich muss etwas klären. Ich bedanke mich bei euch für eure Zeit und die Besichtigung der Wohnung. Das Zimmer gefällt mir wirklich sehr. Meine Telefonnummer habt ihr ja, falls ihr noch Fragen an mich habt.“ Kagerou stand auf, um Kouya zur Tür zu begleiten. „Ihr könnt ruhig sitzen bleiben. Ich finde den Weg selbst nach draußen. Vielen Dank und noch einen schönen Abend!“, sprudelte es aus Kouyas Mund, während er schnellen Schrittes die Küche verließ und die Tür hinter sich schloss. Die drei Zurückgebliebenen schauten sich verdutzt an, während sie die Wohnungstür ins Schloss fallen hörten. Kapitel 4: Zuschnappende Türen ------------------------------ Kimura Yuu befand sich auf dem Weg zur vereinbarten Haltestelle. Er würde etwas früher dran sein, aber das störte ihn wenig. Satō Hiroki hatte ihn vor ein paar Minuten angerufen und gebeten, Kouya für ihn vom Bahnhof abzuholen, weil er es nicht rechtzeitig schaffen würde. Hiroki klang aufgebracht, weil Kouya früher kommen und mit ihm sprechen wollte, als er es selbst geplant hatte. Hiroki kommt mit solchen Aktionen schwer zurecht, vor allem, wenn er nur den Part des Reagierenden und nicht den des selbstbestimmt Agierenden inne hat, dachte sich Yuu. So war er schon immer. „Er ist wohl der geborene Herrscher...“, murmelte Yuu amüsiert vor sich hin, als er den Bahnsteig betrat. Der Zug würde in einer viertel Stunde eintreffen. Yuu dachte an die Person, die er hier gleich treffen würde. Kouya. Kouya hatte sich während seines Aufenthaltes im Ausland verändert. Es schien, dass sein Selbstbewusstsein und sein Selbstwertgefühl gewachsen waren und er dadurch seinem Leben eine entscheidende Wende gegeben hatte. Yuu mochte den neuen Kouya – mehr noch als den Alten. Er musste lächeln. Der neue Kouya hatte sich mit seinem Auszugsvorhaben Hiroki gegenüber durchgesetzt. Er hatte Hiroki niedergekämpft und das empfand er als eine große Leistung. Nur selten schaffte er es selbst, sich Hiroki gegenüber durchzusetzen. Hiroki erscheint wie ein unüberwindbarer Berg, aber gleichzeitig bot er denen, die er in sein Herz gelassen hatte, eine nicht zu erschütternde Bereitschaft des Schutzes und der Hilfe an, wie Yuu sie bis heute kaum erfahren hatte. Dafür liebte er Hiroki. Und Hiroki liebte seinen Bruder. Es fiel ihm ersichtlich schwer, Kouya ziehen zu lassen. Kouyas Veränderung vor mehr als einem Jahr war nicht unentdeckt an Hiroki vorbeigegangen. Irgendetwas schien Kouya in sein Leben integrieren zu müssen, was aber unter den damalig herrschenden Umständen nicht möglich war. So zog er es vor, das Jahr im Ausland früher als geplant zu absolvieren und es gleichzeitig für persönliche Veränderungen zu nutzen. Dieses Unwissen über Kouya und seine derzeitige Verschlossenheit gegenüber der Familie nagte an Hiroki. Er konnte diese Situation kaum aushalten. Von diesem Eingeständnis hatte er Yuu in den letzten Monaten immer wieder berichtet. Yuu selbst hatte ebenfalls mit Zweifeln zu kämpfen. Im Gegensatz zu Hiroki, der seinen Bruder auf geschwisterliche Weise liebte, empfand Yuu mehr für Kouya. Diese Gefühle gingen weit über rein freundschaftliche hinaus. Wann diese Veränderung seiner Gefühle stattfand, konnte er nicht mehr nachvollziehen, aber sein Verlangen, Kouya in den Arm zu nehmen und zu küssen, wuchs mit jedem Tag an. Er dachte, dass dieses Gefühl nicht mehr steigerungsfähig wäre, aber als er Kouya bei der Ankunft am Flughafen sah, musste er schwer schlucken. Sein Herz raste beim Anblick Kouyas. Er realisierte mit einem Mal, wie sehr er ihn vermisst hatte. Er würde ihn nicht wieder gehen lassen. Nicht, bevor er ihm seine Gefühle gestanden hatte. Als sich die Türen des Zuges öffneten, hielt Yuu mit angehaltenem Atem Ausschau nach Kouya. Um diese Uhrzeit, es war kurz nach neun, verließen viele Passanten den Zug, um ihren Weg von der Arbeit nach Hause anzutreten. Es würde ihm schwer fallen, Kouya in diesem Getümmel ausfindig zu machen, doch er hatte Glück. Kouya entstieg dem Zug aus der vorletzten Tür und befand sich somit in Rufweite. Yuu wollte gerade ansetzen, Kouyas Namen zu rufen, als dieser ihn entdeckte und anstarrte. Yuu konnte einfach nur zurückstarren. Er hatte das Gefühl, die Zeit würde stehen bleiben. Alles um ihn herum verschwand. Einzig und allein Kouya schien zu existieren. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, als plötzlich Kouya vor ihm stand und etwas sagte, was er nicht verstand. „Äh... Was hast du gesagt?“, stammelte Yuu gedankenverloren. „Ich fragte, wo Hiroki ist und was du hier machst. Kommt Hiroki nicht...“ Kouya kam nicht dazu, diesen Satz zu beenden, da Yuu ihn an die Hand genommen hatte und ihn hinter sich her Richtung Bahnhofstoilette zog. Überrascht über Yuus ungewöhnliches Verhalten, ließ er sich führen und genoss insgeheim die Berührung ihrer Hände. Da sich der Bahnsteig genauso schnell leerte, wie er sich füllte, nahm kaum jemand das Verhalten der zwei wahr. Yuu überprüfte, ob sich noch jemand im Raum befand und drängte Kouya anschließend in eine der zwei freien Kabinen. Eh Kouya wusste, wie ihm geschah, presste ihn Yuu auch schon an die Innenseite der Kabinentür, hielt seinen Kopf in beiden Händen und küsste ihn auf den Mund. Kouya hielt den Atem an. Als er realisierte was geschah, versuchte er Yuu von sich zu schieben und ihn zur Rede zu stellen, aber dieser presste sich einfach stärker an ihn und küsste ihn noch fester. Dabei wanderte eine seiner Hände hinunter zu seinem Po, um ihn zu dort massieren, während er gleichzeitig eines seiner Beine zwischen Kouyas schob, um ihn mehr spüren zu können. Kouya konnte Yuus Erektion deutlich an seinem Unterkörper spüren, was ihn vollends verwirrte. Wieso reagiert er so auf meine körperliche Anwesenheit? Warum drängte er sich mir auf? So plötzlich, wie sich diese Fragen in Kouyas Kopf auftaten, waren sie auch schon wieder verschwunden, als sich Yuu seinen Weg weiter über Kouyas Körper bahnte. Yuus Küsse wanderten von seinen Lippen hinauf zur Stirn. Liebkosten seine Lider und wanderten seitlich zu seinem Ohr. Kouya konnte ein Schaudern nicht unterdrückte. Yuus heißer Atem streifte seinen Hals als er seinen Namen in sein Ohr flüsterte. Kouya bekam eine Gänsehaut. Er wusste, wenn sie jetzt nicht durch irgendwas gestört würden, würde sich seine Gegenwehr im Nichts auflösen. Zu oft hatte er sich ausgemalt, wie es wohl wäre, Yuu zu küssen oder von ihm geküsst zu werden. Natürlich hatte er sich dabei nicht vorgestellt, dass ihr erster Kuss so einseitig und rücksichtslos verlaufen würde. Yuus Verhalten irritierte ihn nicht nur, es bestürzte ihn in erster Linie. Als hätte jemand seinen innerlichen Konflikt wahrgenommen, war plötzlich die Eingangstür zu vernehmen. Augenblicklich erstarrte Yuu und rückte von Kouya weg. Als Kouya Blickkontakt mit Yuu suchte und fand, musste er schlucken. In Yuus Augen spiegelten sich die unterschiedlichtsten Gefühle und Fragen wider. Neben glühender Leidenschaft fand er Scham, Wut über die Unterbrechung, Angst vor den Folgen und die Frage der Vergebung. Kouya konnte den Blick nicht ertragen und schaute weg. Plätscherndes Wasser war zu hören und anschließend die Eingangstür, als sie zurück ins Schloss fiel. Sie waren wieder allein. Kouya holte tief Luft. Er hatte das Gefühl, er hätte, seit sie die Toilette betreten hatten, die Luft angehalten. Er schaute rüber zu Yuu und wollte gerade etwas sagen, als sich Yuu mit gesenktem Blick sanft an ihm vorbeischob, um die Kabine zu verlassen. „Ich warte draußen im Auto vor der Station auf dich. Hiroki hat mich gebeten, dich nach Hause zu fahren, weil er nicht rechtzeitig hier sein konnte, um dich abzuholen. Er wartet daheim auf dich.“ Mit diesen Worten verließ Yuu die Toilette. Kouya hörte ein zweites Mal die Eingangstür ins Schloss fallen und lehnte sich erschöpft an die Kabinenwand. Er konnte nicht glauben, was da eben passiert war. Er schloss die Augen und verharrte ein paar Minuten. Er trat aus der Kabine und stellte sich ans Waschbecken. Er ließ kaltes Wasser über seine Hände laufen und schaute sich dabei im Spiegel an. Aus dem Spiegel blickten ihm ratlose grüngraue Augen entgegen. Er fuhr sich mit den nasskalten Händen übers Gesicht und anschließend durch die rotbraunen kurzen Haare. Er dachte an Yuu und seine Berührungen. Augenblicklich schoss ihm die Röte ins Gesicht und er musste sich bemühen, nicht aufzustöhnen. Er wollte mehr, er war sich seiner Gefühle sicher. Und Yuu? Er wusste überhaupt nichts mehr über ihn, obwohl er meinte, alles über ihn zu wissen. Dieser neue Yuu überraschte ihn, erregte ihn, aber gleichzeitig ängstigte er ihn auch. Wie soll ich ihm jetzt nur gegenübertreten?, fragte sich Kouya und verließ die Toilette. Als sich Kouya in das Auto setzte, erleichterte ihm Yuu die Situation, indem er das Radio einschaltete. Ein aktueller Popsong erfüllte das Auto und ließ damit keinen Raum für ein Gespräch. Sie fuhren schweigend zum Familiensitz der Satō. Yuu konzentrierte sich auf das Fahren und Kouya schaute aus dem Beifahrerfenster. Einige Minuten waren vergangen, als plötzlich Yuus Handy klingelte. Kouya nutze die Gelegenheit um kurz zu Yuu rüber zu schauen. Sein Blick blieb an Yuus Lippen hängen, als dieser sich am Handy meldete. Ihm wurde heiß. Als Yuu unerwartet in seine Richtung sah, drehte er schnell seinen Kopf weg, um nicht ertappt zu werden. Er lauschte dem Gespräch. Hirokis Name fiel, also schien er der Anrufer zu sein. „Ja. Wir sind schon auf dem Weg. Wir werden noch ein paar Minuten brauchen, obwohl der schlimmste Verkehr schon vorüber ist. Ach so. ... Hm. ... Du bist selbst gerade auf dem Weg. Verstehe. Soll ich dich irgendwo abfangen?“ Bloß nicht..., dachte Kouya, der es jetzt nicht ertragen würde, gleichzeitig mit beiden in einem Auto zu sitzen. „Gut. Dann sehen wir uns gleich. Ja, werde ich ihm ausrichten. Bis gleich.“ Yuu legte das Handy an die Seite und schaute kurz zu Kouya rüber, der noch immer aus dem Fenster schaute. „Das war Hiroki. Ich soll dir ausrichten, dass er etwas zu Essen geholt hat und sich auf deinen Bericht über die WG-Besichtung freut. Er wird wohl gleichzeitig mit uns ankommen.“ Kouya blieb still. Yuu schaute erneut zu Kouya, bevor er an der Ampel rechts abbog. Er konnte noch immer nicht verstehen, wieso er das getan hatte. Er hatte sich Kouya in einer Toilette aufgedrängt. Ganz, wie aus einem schlechten Film. Er hasste sich dafür. Und Kouya musste ihn erst recht dafür hassen, ganz zu schweigen von Hiroki, sollte er es je erfahren. Er hatte Kouyas Vertrauen ausgenutzt. Was war nur in ihn gefahren? Wieso konnte er nicht die Kontrolle behalten? Er dachte zurück an die Situation in der Toilette, an sein aufkommendes Gefühl, als er Kouyas Lippen mit den seinen berührte, an Kouyas Stimme, an seinen an eigenen Körper, der sich an Kouyas presste, die Hitze, das Kribbeln...und an Kouyas Wegschauen. Der Gedanke daran ließ ihn verzweifeln. Er hatte alles unnötig verkompliziert, und sich damit wohl selbst aller Chancen beraubt. Nicht, dass er dachte, er hätte eine bei Kouya gehabt, aber er wollte ihm zumindest seine Liebe auf eine einfachere und rücksichtsvollere Art gestehen. Die Situation eben war alles andere als ein gefühlvolles Geständnis, sondern eher eine Gewalttat. Er konzentrierte sich wieder auf die Straße und bog in die letzte zum Sitz führende ein. In etwa zwei Minuten wären sie da. Yuu schaute nochmals in Kouyas Richtung, aber dieser schien seine Umgebung völlig zu ignorieren. Er unterdrückte ein Seufzen und wartete auf das Ende ihrer gemeinsamen Fahrt. Als Yuu seinen Wagen vor der Residenz der Satō zum Halten brachte, sah er im Rückspiegel die Scheinwerfer eines weiteren ankommenden Autos, das in der Einfahrt des Hauses einparkte. Hiroki öffnete die Fahrertür und stieg aus. Er schaute in ihre Richtung und kam auf das Auto zu. Kouya rührte sich als erster und verließ das Auto ohne ein Wort an Yuu. Er ging auf seinen Bruder zu, sagte etwas und verschwand anschließend im Haus. Hiroki schaute ihm kurz irritiert nach, bevor er zu Yuu ging, der das Auto inzwischen auch verlassen hatte. „Hey, was ist denn mit Kouya los? Du hast am Telefon gar nicht erwähnt, dass er sich nicht wohl fühlt und lieber erst einmal ein Bad nehmen möchte. Das gemeinsame Gespräch hat er auf morgen verschoben. Dabei hatte ich das Gefühl, dass es ihm total wichtig wäre, als wir vorhin miteinander telefonierten. Und essen will er jetzt auch nichts. Der bringt mich noch ins Grab mit seinen Stimmungsschwankungen. Kommst du noch mit rein und isst mit mir den mitgebrachten Imbiss?“ Yuu schaute kurz zum Haus rauf und anschließend zu Hiroki, der ihn erwartungsvoll anschaute. Nichts lieber würde er tun, als sich im gleichen Haus wie Kouya aufzuhalten, um ihn vielleicht heute Abend noch einmal sehen zu können, aber er entschied sich anders. „Tut mir leid Hiroki, aber ich habe noch etwas anderes vor. Wenn du mich also entschuldigst. Wir sehen uns morgen.“ Ohne auf Hirokis Antwort zu warten, stieg Yuu zurück ins Auto und fuhr davon. Hiroki blickte ihm nach und fragte sich, was hier los war. Selten hatte er Yuu so gedankenverloren und kurz angebunden erlebt. Er rätselte, ob sich Kouya und Yuu vielleicht gestritten hatten, was er sich aber nur schwer vorstellen konnte, da Yuu genau wie er, total vernarrt war in Kouya und keinen Streit zwischen sich duldete. Hm, falls sie sich doch gestritten haben, will ich wissen warum, dachte Hiroki. Das Verhalten der beiden ließ ihm keine Ruhe. Er drehte der Straße den Rücken zu und ging mit der Hoffnung zum Haus, dass Kouya zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht noch reden würde, nicht nur über seine Besichtung, sondern auch über den möglichen Konflikt mit Yuu. Kapitel 5: Ein neuer Anfang --------------------------- „Ah... Nein, warte! Das tut weh! Uh...“ Kagerous Stimme bebte vor Schmerz. „Was? Entschuldige! Geht’s so rum?“, war Kias vergnügte Stimme zu hören. „Ngh... Warte, warte... Okay, jetzt. Uff... Mensch Kia, mach endlich das Licht an!“ „Wieso? Funktioniert doch bestens so. Aua... Mist.“ Nun war es Kia, der vor Schmerz aufstöhnte. Kia und Kagerou standen im Wohnzimmer der WG und versuchten zusammen die große Couch von der einen Ecke des Zimmers in die andere zu schieben, was sich im Dunklen als äußerst schwierig für beide gestaltete. Vor ein paar Minuten hatten sie noch gemeinsam auf ihr gesessen und einen Film geschaut. Jetzt war der Fernseher aus und das Zimmer dunkel, da sie kein zusätzliches Licht angeschaltet hatten. „Okay, okay. Warte. Ich mach das Licht an.“ Augenblicklich wurde es hell im Zimmer. Nachdem sich Kias Augen an die plötzliche Helligkeit gewöhnt hatten, schaute er hinüber zu Kagerou. Dieser rieb sich sein schmerzendes Schienbein und schaute verärgert zu ihm rüber. Kia blieb fast das Herz stehen, so sehr war er von diesem Anblick fasziniert, der sich ihm da bot. Ich könnte dich jetzt auf der Stelle vernaschen!, dachte Kia mit zunehmender Erregung. Er entschloss sich, Kagerou ein wenig mehr zu ärgern, um sich an dessen, wie er fand, sexy Temperament erfreuen zu können. Kia grinste verschlagen. „Hey, Ka-chan!” “Hm, was ist? Wieso grinst du so bescheuert?“ Kagerou stand inzwischen wieder und fixierte Kia mit einem fragenden Gesichtsausdruck. Er ahnte nichts Gutes, wenn Kia ihn so ansah. Wenn du jetzt Sex willst, kannste kriegen! Habe schließlich schon die ganze Zeit Lust drauf..., dachte Kagerou erregt und konnte ein Beben nicht unterdrücken. „Ich habe Yuki in der Küche erhängt!“ Kia grinste spitzbübisch hinüber zu Kagerou und wartete auf dessen Reaktion. Kagerou erstarrte. Er musterte Kia argwöhnisch, auf der Suche nach Anzeichen einer Lüge im Gesicht seines Gegenübers. Doch da war nichts. Er musste Kia glauben und langsam dämmerte es ihm auch, warum er dies gerade jetzt gesagt hatte. So? Du willst mich also noch wütender sehen, damit dich das anheizt!? Nicht mit mir, mein Lieber... Kagerou atmete tief ein schaute Kia in die Augen. „Das hat ja lange gedauert, Kia. Ich wusste von Anfang an, dass du es warst. Shino würde so was nämlich nicht tun. Hm. Bin mir zwar noch nicht so sicher warum du ausgerechnet Yuki für deine üblen Scherze benutzt, aber es ist okay. Du bist halt einfach ein zu groß geratenes Kind, das scheinbar nicht ausgelastet ist!“, sagte Kagerou mit einem arroganten Blick in Kias Richtung und wandte sich anschließend den Sofakissen zu, um sie zu ordnen. Kia stand völlig verblüfft mit offenem Mund da und konnte seinen Geliebten nur anstarren. Das war jetzt überhaupt nicht die Reaktion, die er erhofft hatte. Er musste schlucken und suchte fieberhaft nach einer Antwort. Diesen Triumph wollte er Kagerou nicht überlassen. „So? Ich ein zu groß geratenes Kind? Ich wusste gar nicht, dass solch ein Kind gewisse Dinge mit dir anstellen darf?! Hm. Habe ich da etwa vielleicht etwas noch nicht mitbekommen?“ Kia schaute gierig zu Kagerou, dessen Gesicht jetzt eine leichte Röte überzog. „Was? Spinnst du! Du sollst mir meine Worte nicht im Mund herumdrehen!“, entgegnete Kagerou nun doch aus der Ruhe gebracht und wich den über das Sofa langenden Armen aus. „Komm mir nicht zu nah, du Spinner!“ Kia umrundete das Sofa, um Kagerou schnappen zu können, aber dieser lief vor ihm davon. „Oh, jetzt spielen wir auch noch Fangen! Niedlich! Kagerou, du überrascht mich immer wieder aufs Neue!“ Er konnte ein Lachen nicht unterdrücken und verfolgte ihn weiter um das Sofa herum. Du bist so süß! Ich will dich hier und jetzt..., dachte Kia mit ansteigendem Verlangen und setzte an, Kagerou in der nächsten Kurve zu erwischen, als dieser das Gleichgewicht verlor und zu stürzen drohte. Kagerou sah nach oben. Von dort aus blickten ihm zwei vor Leidenschaft glühende Augen entgegen. Er stöhnte. Als er eben auf dem Teppich auszugleiten drohte, fing ihn Kia auf, zog ihn aber zugleich sanft zu Boden, wo sie nun einander anblickten. Er spürte, wie seine Erregung wuchs. Kias Mund kam näher und küsste ihn zärtlich. „Hey Ka-chan, die Sache mit Yuki tut mir leid... Du darfst mich dafür gerne bestrafen!“, flüsterte Kia anzüglich mit bebender Stimme in Kagerous Ohr. Er setzte sich rittlings auf Kagerou und begann langsam die Knöpfe von dessen Hemd zu öffnen. Ich darf dich also dafür bestrafen? Mal sehen. Vielleicht, indem ich mich jetzt verweigere, oder noch besser..., dachte Kagerou diabolisch grinsend. „Gut. Wie wäre es damit: Du bist heute der, der mich empfängt. Ich erinnere dich hiermit an unser Versprechen...“, äußerte Kagerou breit grinsend und wissend, dass das Kia gar nicht gefallen würde. Kia blickte auf Kagerou hinunter und hielt kurz den Atem an. Er erinnerte sich an das Versprechen. Sie hatten es sich zu Beginn ihrer Beziehung gegeben. Da Kagerou nicht immer die empfangende Person sein wollte, sondern Kia diesen Platz mit ihm teilen sollte, beschlossen sie, auf die Wünsche und Grenzen des Anderen respektvoll einzugehen. Im Gegensatz zu Kia, war Kagerou nicht festgelegt. Er wollte soviel wie möglich erfahren und sich nicht unnötig einschränken lassen, auch nicht von Kia. Bisher hatte Kagerou diesen speziellen Wunsch nicht geäußert, so dass Kia meist vergaß, dass es eines Tages soweit sein würde. Aber heute? Jetzt? Kagerou, du kannst echt fies sein..., überlegte Kia und schaute ein wenig unsicher auf Kagerou hinab, der ihn seinerseits strahlend anlächelte. Gut. Dann soll es so sein... „Okay. Dann ist also heute der Tag X! Ich bin ja wenigstens froh, dass du ein so erfahrener Liebhaber bist! Ich würde niemand anderen ranlassen...“, meinte Kia kleinlaut, während er seitlich von Kagerou hinabgleiten wollte. Er kam nicht weit, da Kagerou sich ihm entgegenreckte und ihn innig küsste. Überrascht erwiderte er den Kuss leidenschaftlich. „Heute nicht. Ich wollte dich nur ärgern...“, hauchte Kagerou atemlos zwischen ihren Küssen. „Ich will dich heute in mir spüren, ja? Schon seit unserem Kuss in der Küche...“ Mehr brauchte Kia nicht zu hören. Er gab seinem Verlangen freie Lauf. Er drückte Kagerou sanft zurück in die liegende Position und bedeckte sein Gesicht mit heißen Küssen. Seine Hände berührten Kagerous entblößte Brust, was Kagerou ein weiteres leises Stöhnen entlockte. Er musste grinsen. Du ist so verdammt empfindlich, Kagerou... Mal sehen, was ich noch aus dir herauslocken kann, stellte er vergnügt fest und begann an Kagerous Brustwarzen zu saugen. „Uff... Ngh...“ Kagerou erzitterte. Kias Hand wanderte hinunter zu Kagerous Po. Er schob sein linkes Beine zwischen Kagerous und hievte dessen rechtes Bein über seine Hüfte. Er spürte deutlich Kagerous Erregung im Schritt. Er setzte an, Kagerous Hosenknöpfe zu öffnen, als dieser seiner Hand Einhalt gebot. Kia schaute ihn fragend an. „Können wir den Raum wechseln?“, fragte Kagerou mit heiserer Stimme. „Warum? Shino hat Nachtschicht. Der kommt doch vor morgen Früh nicht wieder!“, meinte Kia, und wollte fortfahren, aber Kagerou blieb hartnäckig. „In Ordnung. Dann zu mir, oder zu dir?“ Kia zwinkerte. „Hm...zu dir!“ Kia stand auf und zog Kagerou hoch. Sie küssten sich weiter, während sie eng umschlungen zur Zimmertür taumelten. „Ngh... Du machst es mir nicht leicht, Ka-chan! Ich geh noch kurz ins Bad. Bis gleich!“, sagte Kia und verschwand in Richtung Bad. Kagerou lustwandelte in Kias Zimmer und genoss die eigene körperliche Erregung. Er ging auf die Balkontür zu, um sie zu öffnen. Er stellte sich nach draußen und sah zum Himmel. Viel konnte er nicht zu erkennen, da zum einen die Lichter der Stadt die Sterne überstrahlten, zum anderen leichte Wolken seinen Blick verdeckten. Dennoch entdeckte er ein paar Sterne. Er dachte an den vergangenen Abend. Nachdem Kouya überstürzt gegangen war, hatten sie noch eine Weile gemeinsam in der Küche am Tisch gesessen, um eine Entscheidung zu treffen. Sie waren sich von Beginn an einig. Wenn Kouya das Zimmer wollte, sollte er es bekommen. Kagerou erfreute der Gedanke, dass Kouya bald der neue Zimmernachbar werden könnte. Er mochte ihn vom ersten Augenblick an. Ähnlich erging es auch den anderen. Alle waren gespannt, wie sich Kouya entscheiden würde. Morgen früh würde Kia Kouya anrufen, um ihm die Entscheidung der WG mitzuteilen. Ein leises Geräusch hinter ihm ließ ihn lächeln. „Hey! Ich dachte, du wartest im Bett auf mich!“, war Kias gespielte Empörung zu vernehmen. Er stellte sich neben Kagerou und umschlang dessen Hüfte mit einem Arm. Kagerou lehnte sich gegen Kia und schloss die Augen. Manchmal konnte er sein Glück nicht fassen. Er presste sich stärker an Kia. „So. Schluss mit der Träumerei! Auf geht’s ins Bett, mein Lieber! Noch mal lasse ich mich nicht unterbrechen. Ich treibe es auch gerne hier auf dem Balkon mit dir. Die Entscheidung überlasse ich ganz dir...“, entgegnete Kia mit lüsterner Stimme und sah zu Kagerou. „Dann mal los. Ich lasse dir den Vortritt!“ Kagerou schob Kia vor sich her zurück ins Zimmer und schloss die Balkontür hinter ihnen. Shino schaute auf, als die Glocke der Ladentür erneut erklang. Er saß hinter der Theke und blätterte gelangweilt in einem aktuellen Videomagazin herum. An der Tür stand ein junger Mann, der sich suchend umsah. Er erblickte Shino und kam auf ihn zu. „Hey Kimura, lange nicht gesehen. Was führt dich denn so spät noch in den Laden?“, fragte Shino freundlich und lächelte den jungen Mann an, der jetzt vor ihm stand. „Guten Abend, Itou! Gute Frage. Die kann ich mir leider auch nicht beantworten. Ich suche wohl Ablenkung. Bisher hat nichts geholfen...“, gab Kimura bedrückt zu. Er dachte an die verstrichenen Stunden, seit er Kouya abgesetzt hatte. Er fuhr danach eine Zeit lang orientierungslos durch die Gegend und traf anschließend in seiner Stammbar auf ein paar gute Freunde. Dort blieb er eine Weile, aber er konnte das Zusammensein nicht genießen. Viel zu häufig musste er an Kouya, und natürlich an sein unangebrachtes Verhalten denken. Er könnte sich dafür selbst in den Hintern treten. Er war der Verzweiflung nahe. Verdammt. Kouya... Shino musterte Kimura aufmerksam. Er kannte ihn schon eine ganze Weile, aber so trübselig hatte er ihn noch nie erlebt. Eigentlich kam Kimura immer recht gut gelaunt allein oder auch in Gesellschaft in den Laden. Meist lieh er sich Liebesfilme aus – homosexuelle Liebesfilme, was Itou zu Beginn etwas überraschte. Shino wusste, dass diese Videothek eine äußerst gute Auswahl an diesen Filmen aufwies, so dass die Kunden durchaus einen weiten Weg dafür in Kauf nahmen. Ich selbst spiele häufig Bote für das Liebespaar in der WG..., dachte er belustigt. Er konzentrierte sich wieder auf Kimura, der ihn fragend anzuschauen schien. Ihn direkt nach dem Grund für seine Niedergeschlagenheit zu fragen, wäre etwas zu privat. So gut kenne ich ihn dann doch nicht, aber vielleicht..., erwog er und hatte eine Idee. „Hey Kimura, wenn du Ablenkung brauchst und dir eigentlich nicht sicher bist, ob du überhaupt einen Film schauen willst, dann bleib doch einfach und helfe mir beim Sortieren der Filme!? Wie wär’s? Hier ist im Laufe des Tages ein wenig liegengeblieben. Du darfst dich natürlich kostenlos an der Kaffeemaschine bedienen!“ Itou grinste Kimura abwartend an. Dieser schien kurz zu überlegen, nickte dann aber erfreut. „Okay. Klingt gut. Schlafen kann ich jetzt eh nicht, dann kann ich auch hier bleiben. Also dann, auf eine gute Zusammenarbeit!“ Kimura grinste zurück. Kimura mochte Itou. Er kam gerne hierher. Nicht nur, weil der Laden eine besondere Auswahl an guten Filmen besaß, sondern auch, weil es ihm zum Ritual nach Kouyas Abreise ins Ausland geworden war. Er vermisste die gemeinsamen Abende des Plauderns mit Kouya und betrat, nachdem ihm einige Freunde diesen Platz empfohlen hatten, eines Abends diesen Laden. Er war auf Anhieb von Itou fasziniert, nicht auf sexuelle Weise, aber er genoss dessen ruhige Art und hatte Spaß bei ihren gelegentlich intellektuellen Gesprächen. Sie waren zwar nie sehr persönlich miteinander geworden, aber das machte ihm nichts aus. Vielleicht ergibt sich ja jetzt die Möglichkeit, mehr voneinander zu erfahren., dachte Kimura. „Danke Itou...“, murmelte er ehrlicherweise und kam hinter den Ladentischen, wo Shino begann, ihn das Nötigste zu erklären. Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort lag Kouya wach in seinem Bett. Er ließ die vergangenen Stunden Revue passieren. Nachdem er ins Haus gegangen war, hatte er sich sofort in sein Zimmer zurückgezogen. Er wollte weder jemanden sehen noch hören. Hiroki versucht mehrmals ihn zu stören, aber er ließ sich leicht abweisen und gab sein Vorhaben schnell auf. Er nahm später ein ausgiebiges Bad und ertappte sich immer wieder dabei, wie er an Yuu und das Erlebnis in der Bahnhofstoilette denken musste. Er konnte ein Beben nicht unterdrücken. Nach dem Bad erledigte er noch einige Dinge in seinem Zimmer am PC, bevor er sich in sein Bett legte. Kouya seufzte leise. Er konnte einfach nicht einschlafen. Er war innerlich so sehr aus der Ruhe gebracht, dass kein ablenkender Gedanke half, ihn zu beruhigen. Eher bewirkte es das Gegenteil. Denn sobald er versuchte, nicht an Yuu zu denken, hatte er sein Gesicht vor Augen und spürte dessen Atem am Hals. Er schluckte. Er nahm sich vor, Yuu in den nächsten Tagen, wenn er sich bereit dazu fühlte, zur Rede zu stellen. Er hoffte, dass hinter Yuus Verhalten mehr steckte und er seinen kleinen Hoffnungsschimmer im Herzen nicht begraben musste. Er schloss die Augen und dachte an die WG. Diese Begebenheit hatte er, seit er Yuu am Bahnhof sah, völlig vergessen. Er machte sich eigentlich keine Hoffnungen auf das Zimmer, da sein Besuch und sein anschließendes Verschwinden alles andere als brillant in seinen Augen gewesen war, aber er musste es einfach so hinnehmen wie es war. Vorwürfe würden ihm auch nicht weiterhelfen. Ich werde schon etwas finden..., stellte Kouya nüchtern fest, musste sich aber eingestehen, dass er die drei sofort gemocht hatte. Er schlief irgendwann erschöpft ein. Kapitel 6: Freie Bahn mit Müsli ------------------------------- Shino betrat am nächsten Morgen den Flur der Wohnung und gähnte hörbar. Es war kurz vor neun. Er wollte eigentlich nur noch in sein Bett, aber er wusste, dass das jetzt noch nicht gehen würde. Zum einen hatte er großen Hunger und zum anderen hatten Kia, Kagerou und er gestern Abend beschlossen, Kouya zeitig anzurufen, um ihm ihre Entscheidung mitzuteilen. Er seufzte. Er öffnete die Tür zur Küche und war erstaunt. Der Tisch war bereits gedeckt. Tee und Kaffee waren fertig, aber keine Spur von Kia und Kagerou. Ich will eigentlich nicht wissen, wohin sie verschwunden sind... Er verzog in gespielter Missbilligung das Gesicht, und grinste dann schief. Er ging zurück in den Flur, um nach ihnen zu rufen, als beide vergnügt in Unterhose bekleidet aus dem Bad kamen. Sie sahen Shino und blieben verlegen stehen. „Oh! Du bist ja schon da! Wir dachten, du kämst etwas später.“, stellte Kia nüchtern fest, und ging fröhlich an ihm vorbei in die Küche. Er blickte ihm fragend hinterher und anschließend zu Kagerou, der leise in seinem Zimmer verschwand. Habe ich sie jetzt gestört, oder waren sie schon fertig?! Nein, es interessiert mich überhaupt nicht! Aber, wenn ich an Kias Grinsen denke... Der raubt mir echt den letzten Nerv!, dachte er aufgebend und folgte Kia in die Küche. „Okay, richtig. Aus welchem Film stammt dann dieses Zitat: ‚Anatomisch bin ich so eingeschränkt wie Ken.’?“ Kia schaute fragend in die Runde. Ihm gegenüber saß Shino, der sich gerade ein Stück Tofu in den Mund schob und ihn zweifelnd ansah, während Kagerou, der zu seiner Rechten saß, mit dem Schälen einer Apfelsine beschäftigt war. „Hm. Einen Anti-Barbie-Film gibt’s nicht, oder? Ach verdammt. Ich bin in so etwas eine echte Niete. Außerdem hatte ich nie einen Ken! Wie eingeschränkt ist der denn?“ Kagerou schaute zu Kia, der die Augen rollte. „Ka-chan, du gibst dir echt keine Mühe! Ich sag’s ja! Wir hätten von vornherein entscheiden können, dass du den Tisch abräumen musst! Aber auf mich hört ja nie einer!“ „Na toll, du denkst dir immer irgendwelche Spielchen aus, bei denen DU gut weg kommst. Vielleicht hättest du Shino und mir zur Abwechslung mal die Wahl des Spiels überlassen sollen!“, schnappte Kagerou bissig zurück. Er steckte sich ein Apfelsinenstück in den Mund und befüllte anschließend seine Tasse erneut mit Tee. „Das stammt aus Dogma. Wie wäre es damit: ‚’Warum trägst du dieses blöde Hasenkostüm?’ ‚Warum trägst du dieses blöde Menschenkostüm?’“, fragte Shino und trank einen Schluck Kaffee. „Ah, das weiß ich! Das ist aus Donnie Darko!“, brüllte Kagerou über den Frühstückstisch. Kia grinste ihn neckisch an. „Apropos Hasenkostüm. Bei der Uni um die Ecke hat ein neuer Laden aufgemacht. Der verkauft allerhand skurrile Dinge. Da war letztens auch ein Hasenkostüm im Schaufenster zu sehen...“ Kia konnte den Satz nicht beenden, da ihm Kagerou einen Tritt vors Schienbein setzte. Er ächzte vor Schmerz. „Whoa Kagerou, das tat echt weh!“, maulte er. Kagerou ignorierte das Gejammer seines Geliebten und überlegte angestrengt. „Wie wäre es hiermit: ‚Ich bin geisteskrank und ihr seid meine Geisteskrankheit!’ Ja, ja, ich weiß, der Spruch könnte auch unsere Wohnungstür zieren oder zumindest die von Kia!“ Er lächelte unverschämt hinüber zu Kia, der ihn wortlos anstarrte. „12 Monkeys.“ Kagerou und Kia blickten Shino verblüfft an. „Das Spiel war keine so gute Idee. Ich hätte bedenken sollen, dass du der Meister aller Videofilme bist, Shino.“, brummelte Kia leise entmutigt. „Mal sehen. Eines habe ich noch für dich, Kia. Wenn du es erraten kannst, räume ich den Tisch ab, wenn nicht, dann du! Aufgepasst: ‚Erklärt mir doch noch einmal, wie man mittels Tüten aufblasen Erdbeben verhindern kann!’“ Shino grinste wissend und Kagerou fand dieses Zitat so komisch, dass er in Lachen ausbrach. Nur Kia schaute mürrisch. „Wie verstaubt ist das denn? Das war bestimmt vor meiner Zeit...“ Kia ignorierte beide und konzentrierte sich auf das Schälen seiner Banane, die auf seinem Frühstücksteller lag. Plötzlich lachte Kagerou lauter als zuvor, und sah in Kias Richtung. „Ha ha ha. Kia, der war echt gut! ‚Verstaubt’ und ‚vor deiner Zeit’ und dann eine Banane essen?! Stimmt, deine Zeit auf den Bäumen ist wirklich schon gaaaaaanz lange her!“ Kagerou lachte weiter und Shino amüsierte sich über dessen freche Feststellung. „Oh ja, ist ja gut. Beruhige dich! Komm du mir nur wieder in mein Bett!“ Kia aß beleidigt das letzte Stück Banane und stand auf. Während er begann, den Tisch abzuräumen, weihte sie Shino in die Herkunft des Zitates ein. „Stammt aus ‚Die Ritter der Kokosnuss’. Es ist mir eingefallen, weil ich mich heute Nacht mit einem Kunden unter anderem länger über diesen Film unterhalten habe.“ „Wie? Ist es so ungewöhnlich, in einer Videothek über Filme zu sprechen? Wusste ich ja noch gar nicht!“, ließ Kia, mit dem Rücken zum Frühstückstisch, frotzelnd verlauten. „Och Kia, ist dein Ego jetzt so sehr verletzt!?“, fragte Kagerou gespielt einfühlsam und musste einen weiteren Lachanfall unterdrücken. Kia drehte sich zu Kagerou um, und sah ihn mit einer unergründlichen Miene an. „Nein, das ist nicht ungewöhnlich.“, meinte Shino spöttisch. „Ungewöhnlich war eher mein Verhalten. Der besagte Kunde suchte dringend Ablenkung, hat sie aber bis zu dem Zeitpunkt, als er die Videothek betrat, nicht gefunden. Daher bot ich ihm an, mir beim Einsortieren der Filme zu helfen. Er ist faktisch bis zum Schluss geblieben. Ich würde das jetzt nicht jedem anbieten, der den Laden betritt, aber er ist kein gewöhnlicher Kunde. Er ist einer meiner liebsten Stammkunden, dennoch erscheint er mir in letzter Zeit etwas betrübt.“ Kia setzte sich zurück an den Tisch und griff nach Kagerous Hand. Dieser ließ es geschehen, und beide sahen zu Shino. „Einer deiner liebsten Stammkunden? Ich wusste gar nicht, dass du deine Kunden in Kategorien einteilst. In was für eine hast du denn Kagerou und mich gesteckt?“, wollte Kia neugierig von Shino wissen. „Oh, jetzt wo du mich fragst. Ich musste euch leider trennen. Kagerou weilt in der Kategorie ‚Besser geht’s nicht!’. Tja, und du, Kia, in ‚Schlechter geht’s nicht!’. Wie du siehst, bei mir seid ihr nicht für die Ewigkeit gemacht, obwohl du, anatomisch gesehen, beweglicher bist als Ken!“ Shino grinste breit in Kias Richtung, der ihm den Vogel zeigte. „Du hast doch echt einen Schaden, oder?“, stellte Kia unerschütterlich fest und beugte sich hinüber zu Kagerou, um ihn sanft auf die Wange zu küssen. Dieser erhob sich danach mit einem liebevollen Blick zu Kia, um das Telefon zu holen. „Tut mir leid. Ich glaube, der Schlafmangel macht sich langsam bemerkbar. Bin wohl ein wenig zynisch heute Morgen. Darüber bin ich selbst etwas erschrocken!“, entgegnete Shino aufrichtig, was aber für Kia nicht sehr überzeugend klang. Kagerou kam zurück, legte das Telefon zusammen mit Kouyas Nummern auf den Tisch und setzte sich wieder. Er schaute zu Shino. „Hat dein Lieblingsstammkunde nun eigentlich die gesuchte Ablenkung gefunden?“ „Ich denke schon. Er war sehr gesprächig. Mit so viel Offenheit hatte ich letztlich nicht gerechnet, aber es schien ihm gut zu tun. Er ist unglücklich verliebt. Nicht, dass seine begehrte Person eine andere hätte, nein, aber es handelt sich wohl um den kleinen Bruder seines besten Freundes.“ „Autsch!“, kam es wie aus einem Munde von Kia und Kagerou. „Er hat ihn jetzt längere Zeit nicht sehen können, ich glaube, ein Jahr oder so. Wie dem auch sei, bei ihrem letzten Aufeinandertreffen hat er ihn wohl ohne zu fragen geküsst, um es mal nett auszudrücken.“ Kia und Kagerou hoben bei dieser letzten Bemerkung fragend die Augenbrauen. „Jetzt geht es ihm schlecht, weil er sich seinem Angebeteten aufgedrängt und dadurch alles unnötig verkompliziert hat. Er weiß nicht, wie er sich nun verhalten soll. Ihm ist klar, dass er wegen seines Benehmens um Verzeihung bitten muss, aber er braucht wohl etwas Zeit. Könnt ihr euch das vorstellen? Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, ich befinde mich mitten in irgendeinem Boys Love Manga.“ Shino gähnte herzhaft. „Vielleicht hätte ich ihn zu euch schicken sollen. Ihr hättet ihm bestimmt einen netten Ratschlag geben können. Obwohl ich ja denke, dass er bestens bescheid weiß, und eigentlich nur mit jemanden reden wollte. Egal. Kommen wir mal weg von meinem Lieblingskunden zu unserem möglichen neuen Lieblingsmitbewohner. Wer ruft an? Kia?“ Kia griff nach dem Telefon und hielt inne. „Soll ich ihn auf dem Haustelefon oder lieber auf seinem Handy anrufen? Was meint ihr?“ Kia schaute unsicher in die Runde. „Ich denke, Handy wäre besser, denn da sprichst du zumindest sofort mit ihm. Dann umgehen wir auf alle Fälle geschickt das mögliche Problem ‚Bruder’.“, erläuterte Kagerou sachlich. Alle nickten zustimmend. Kia begann die Nummer zu wählen... Kouya wälzte sich auf die andere Seite und versteckte seinen Kopf unter seinem Kissen, um dem grässlichen Lärm zu entgehen, der in der Nähe seines Bettes ertönte. Er stöhnte. Er kniff die Augen zusammen und hoffte, dass es gleich zu Ende sein würde, als ihm plötzlich ein Gedanke durch den Kopf schoss. Er saß auf einmal kerzengerade im Bett, versuchte sich aus seiner Decke zu befreien und fiel dabei beinahe aus dem Bett. Yuu..., war Kouyas einziger Gedanke. Er suchte nach seinem Handy, und als er es endlich in den Händen hielt, starrte er es geistesabwesend an. Das ist nicht Yuu. Aber wer ruft mich..., fragte sich Kouya enttäuscht, als er das Gespräch annahm. „Ja? ... Oh! ... Ich wünsche auch einen guten Morgen! ... Hm. ... Danke der Nachfrage. Ich bin gut nach Hause gekommen. ... Was? Wirklich? Ich kann einziehen, wenn ich möchte? ... Nein, ich bin nur überrascht, weil das gestern ja nicht ganz so gut lief, und ich nicht im Geringsten mit dieser Entscheidung gerechnet habe. ... Natürlich freue ich mich und ich würde euer Angebot wirklich sehr gern annehmen! ... Ja, okay, dann komme ich am Montag vorbei, und wir können alles Weitere abklären. ... Gut. Dann bis Montag um fünf! Ich freue mich wirklich. ... Euch auch. Bis dann.“ Kouya beendete das Gespräch und setzte sich aufgeregt auf die Bettkante. Er atmete einmal tief ein und ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Ich kann es nicht fassen! Die wollen mich trotz meines miserablen Auftrittes gestern einziehen lassen? Wenigstens läuft eine Sache leichter als gedacht... Kouya war so sehr in Gedanken, dass er das Klopfen an seiner Zimmertür nicht wahrnahm. Erst als sich die Tür öffnete, und Hirokis Kopf im Spalt erschien, reagierte er. „Guten Morgen Kouya! Ich habe dich reden gehört, und wollte fragen, ob wir gemeinsam frühstücken wollen?“ Hiroki schaute unsicher in Kouyas Richtung, der ihn von seinem Bett aus anstarrte. „Oh, entschuldige! Ich war in Gedanken. Ich mache mich fertig und komme zum Essen runter, okay?!“ „Gut. Möchtest du etwas bestimmtes Essen oder Trinken?“ „Hm. Eigentlich nicht. Hauptsache es macht satt!“, sagte Kouya breit grinsend. Hiroki musste lachen. „In Ordnung. Dann alles, was satt macht. Bis gleich!“ Er schloss die Tür und ließ ihn wieder allein. Kouya stand auf, verbannte Yuu aus seinem Kopf und ging beschwingt ins Bad, um sich für das Frühstück fertig zu machen. Während er duschte, überlegte er die ganze Zeit, wie er seinem Bruder die Entscheidung der WG, und natürlich die eigene mitteilen sollte. Aufgrund der außergewöhnlichen Umstände, hatte er gestern Abend keine Lust mehr gehabt, Hiroki etwas über den dortigen Besuch zu erzählen, noch ihn auf sein Verhalten anzusprechen. Na gut, dann bekommt er heute eben die geballte Ladung! Ich hoffe, dass ihm das Essen nicht im Halse stecken bleibt..., dachte Kouya bestimmt, während er seinen nassen Körper abtrocknete. Er schlüpfte in bequeme Sachen und ging nach unten. Er wollte gerade das Esszimmer betreten, als er Yuus Stimme hinter sich hörte. „Kouya, kann ich dich kurz allein sprechen?“ Kouya erstarrte und drehte sich langsam um. Als er Yuu sah, wurde ihm augenblicklich heiß. Er merkte, dass sich seine Gesichtsfarbe veränderte und vermied es, Yuu in die Augen zu blicken. „O… oo... oh! Geht gerade nicht. Ich muss noch mal hoch in mein Zimmer. Habe vergessen den Monitor auszuschalten. Strom sparen, du weißt schon. Geh schon mal rein. Ich komme gleich runter an den Tisch.“, stotterte Kouya hastig und eilte an Yuu vorbei zur Treppe. Er nahm drei Stufen auf einmal, und wäre oben angekommen fast gefallen. Er presste sich an die Wand, und versuchte gleichzeitig sein Herz und seinen Atem zu beruhigen. Wo kommt der so plötzlich her? Ich dachte, ich sterbe. Okay Kouya, beruhige dich! Du musst da gleich wieder runter. Uhwaaaa...das wäre die ideale Chance gewesen, ihn danach zu fragen! Apropos fragen, worüber wollte er mit mir sprechen? Der Kuss? Kouya versuchte die Bilder, die sich ihm nun aufdrängten, zu verscheuchen. Er ging in sein Zimmer, öffnete das Fenster und konzentrierte sich auf die frische Luft, die ihm entgegen strömte. Er verharrte einen kurzen Augenblick, bevor er mit aufgesetztem Pokergesicht den Weg nach unten antrat. „Da bist du ja! Ich dachte schon, ich muss einen Suchtrupp losschicken!“, sagte Hiroki vergnügt, als Kouya den Raum betrat. „Setz dich. Ich habe alles Essbare zusammen getragen, was sich im Haus finden ließ! Ich glaube, davon würde ein ganzes Baseball-Team satt werden! Möchtest du Tee oder Kaffee?“ Hiroki schaute fragend zu Kouya. „Ähm, Tee, danke.“ Er setzte sich auf den für ihn gedachten Platz. Er schaute kurz zu Yuu, der ihn anlächelte. Kouya schluckte und griff eilig nach dem Müsli. Er wollte gerade nach der Sojamilch langen, als Yuu sie ihm auch schon entgegen hielt. „Hier, bitte!“, sagte er zuvorkommend. Kouya bedankte sich, und nahm sie ihm ab. Für einen kurzen Moment berührten sich ihre Finger. Kouya unterdrückte ein Schaudern. Er schaute angestrengt auf seine Müslischale und entkam so Yuus verlangendem Blick. „Yuu, kannst du mir einen Apfel reichen?“, fragte Hiroki, und Kouya bedankte sich innerlich bei ihm für diese Ablenkung. Er seufzte leise. „Kouya, alles in Ordnung? Ich habe Yuu übrigens ganz spontan zum Frühstück eingeladen. Ich hoffe, es macht dir nichts aus. Es ist unser erstes gemeinsames Frühstück seit du wieder da bist! Müssten wir eigentlich etwas feierlicher angehen, oder? Will jemand Sake?“, fragte Hiroki heiter. „Okay, wir sollten es am frühen Morgen nicht übertreiben, aber wir könnten wirklich eine Willkommensfeier abhalten! Was meinst du, Kouya? Zu dritt, in einer netten Bar und jeder Menge Sake?“ „Wenn das gleichzeitig meine Auszugsparty sein kann, dann von mir aus...“, sagte Kouya etwas leiser. Er spürte sofort die schlagartige Veränderung der Stimmung im Raum. Beide blickten ihn überrascht an. Er schaute hoch und erwiderte den Blick seines Bruders, der ihn mit blassem Gesicht ansah. „Kia von der WG hat mich heute früh angerufen. Ich könnte bei ihnen einziehen, wenn ich wollte. Na ja, und ich denke, ich will. Ich bin selbst etwas überrascht über ihre Entscheidung, da das Treffen gestern nicht so toll lief, aber ich würde ihr Angebot wirklich sehr gerne annehmen. Mir hat es dort von Anfang an gefallen. Alle sind sehr nett, und das freie Zimmer ist genau richtig. Ich weiß, es ist nicht sehr billig, aber wenn ich mir noch einen Job neben dem Studium suche, dann müsste ich es locker bezahlen und vom Rest leben können. Ich treffe...“ Kouya kam nicht weiter, weil Hiroki ihn ungestüm unterbrach. „Kommt nicht in Frage!“ Kouya und Yuu schauten Hiroki entgeistert an. „Auf keinen Fall! Du wirst...“ Diesmal stoppte Kouya ihn unsanft. „Was soll das heißen? Ich bin alt genug! Ich brauche deine Erlaubnis nicht dazu. Natürlich wünsche ich mir, dass du hinter dieser Sache stehen könntest und mich unterstützen würdest, aber wenn du es nicht kannst, dann ist es auch gut. Ich kann dich verstehen! Kaum komme ich zurück, gehe ich auch schon wieder. Es tut mir leid, Hi-chan, aber diesen Schritt muss ich tun!“ Kouya sah Hiroki mit einer Mischung aus Verzweiflung und Entschiedenheit an. „Das meinte ich nicht, Kouya. Wenn du diesen Schritt unbedingt gehen willst, dann hast du hiermit meine Unterstützung. Du wirst deine Gründe für den unerwarteten Auszug haben und vielleicht kannst du sie mir auch irgendwann sagen, aber ich werde es nicht erlauben, dass du neben dem Studium arbeitest! Das ist nicht im Sinne unserer Eltern. Sie haben genug Geld für uns angelegt, so dass wir ohne Ablenkung durchs Studium kommen. Das galt für mich, und gilt auch für dich! Mach dir also wegen des Geldes keine Gedanken.“ Er schaute Kouya zuversichtlich an. Kouya war sprachlos. Was ist denn jetzt los? Sitz ich im falschen Film? Warum der plötzliche Wandel? Hat Yuu was damit zu tun? Das glaube ich eher weniger... Kouya sah von seinem Bruder zu Yuu, der Hiroki mit einem rätselhaften Gesichtsausdruck anschaute. Yuu bemerkte seinen Blick und erwiderte ihn. Kouya bekam weiche Knie und sah schnell weg. Ich kann es nicht glauben. Der Weg ist frei! Hiroki unterstützt mein Vorhaben! Was will ich mehr...okay, da ist noch eine Sache, aber die muss ich allein regeln. Er sah verstohlen rüber zu Yuu, der eine Kiwi löffelte, und danach zu seinem Bruder. „Ich bin froh über deine Worte, Hi-chan! Jetzt geht es mir gleich viel besser. Ich werde am Montag um fünf in der WG erwartet, dann werden die Einzelheiten abgeklärt. Ich kann anschließend ausrechnen, wie viel Geld ich letztlich brauchen werde, und dann können wir gemeinsam darüber entscheiden.“, sprudelte es glücklich aus Kouya heraus, während er sich zwischen seinen Worten ab und zu einen Löffel Müsli in den Mund steckte. „Macht es dir was aus, wenn ich dich am Montag begleite?“, fragte Hiroki ernsthaft. „Oh, also, eigentlich nicht, aber das muss ich wohl mit der WG abklären. Ich rufe da einfach später noch mal an und frage.“ Yuu gähnte hörbar. Er sah beide entschuldigend an. „Ich glaube, ich sollte mich nach Hause machen. Mein Schlafmangel macht sich bemerkbar. Danke für die Einladung Hiroki. Wie sehen uns heute Abend. Bis später! Dir noch einen schönen Tag, Kouya!“, sagte Yuu, während er sich erhob und beiden zunickte. Er verließ den Raum, schaute aber noch einmal zurück und traf auf Kouyas Blick, der ihm fragend nachsah. Yuu war enttäuscht darüber, dass Kouya die Möglichkeit eines Gespräches nicht zugelassen hatte, aber er konnte es verstehen. Er musste innerlich sogar über Kouyas Verhalten schmunzeln, als er ihn allein im Flur ansprach. Das war so süß, Kouya! Du übertriffst dich immer wieder aufs Neue! Es tut mir so leid, was ich gestern getan habe. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen... Er lächelte Kouya entschuldigend an, bevor er die Tür hinter sich schloss. Kapitel 7: Unbestimmte Blicke ----------------------------- Kouya starrte genervt auf die Fahrstuhltür, während dieser nach oben fuhr. Neben ihm stand sein älterer Bruder Hiroki, der ununterbrochen von Dingen redete, die er absolut nicht hören wollte. Hirokis Aufklärungen über das vermeintliche WG-Leben haben begonnen, seit sie gemeinsam den Familiensitz verlassen hatten. Er erzählte von fragwürdigen WG-Partys, von leeren Kühlschränken, von beschrifteten und verschimmelten Kühlschrankinhalten, von ausgegangenem Toilettenpapier, von dem Streit über zwei-, drei- oder vierlagigem Toilettenpapier, von der Missachtung des Putzplanes und kam dann irgendwann zu Haaren im Abflusssieb. Kouya stöhnte. „Hey Hi-chan! Jetzt ist genug. Verfolgst du damit einen bestimmten Zweck? Ich habe es dir schon tausend Mal gesagt, ich werde es mir nicht noch einmal überlegen. Und außerdem, du hast mir schon deine Unterstützung zugesagt! Hör also bitte auf, irgendwelche Geschichten zu erzählen, die bei mir eh nichts bewirken, außer vielleicht, dass ich ins Grübeln komme, woher du soviel darüber weißt?! Führst du vielleicht ein Doppelleben? Muss ich mir Gedanken machen? Ach ja, und wenn du nur ein Wort von dem in Anwesenheit meiner zukünftigen Mitbewohner sagst, dann schmeiße ich dich eigenhändig raus! Okay, wahrscheinlich muss mir Kia dabei helfen...“, sagte Kouya gereizt und blickte zu seinem Bruder, der ihn verlegen anstarrte. „Tut mir leid. Aber das sind halt Dinge, worüber du auch mal nachdenken solltest!“, entgegnete Hiroki ernsthaft, während der Fahrstuhl hielt, und sich die Tür öffnete. Beide entstiegen der Kabine, und wurden sogleich von Shino empfangen. „Yo Kouya! Freut mich dich zu sehen. Früher als erwartet! Du bleibst deiner Linie also treu, was!?“, sagte Shino, und lächelte verschmitzt in Kouyas Richtung. „Ich nehme an, dies ist dein Bruder Satō?“ Shino blickte fragend in Hirokis Richtung. „Oh! Mhm, ja. Hiroki, darf ich vorstellen, das ist Shino, einer meiner drei Mitbewohner!”, sprach Kouya ein wenig verlegen, weil ihm plötzlich Shinos Bemerkung über Hiroki bei ihrer ersten Begegnung wieder einfiel. Er grinste schief. „Freut mich. Ich bin Itō Shino.“ Shino lächelte Hiroki offen an. „Ja, freut mich ebenfalls. Ich bin Satō Hiroki, Kouyas älterer Bruder. Ich bedanke mich für die Aufnahme meines Bruders und hoffe, er macht ihnen keine Umstände.“ Hiroki unterdrückte ein Ächzen, da ihm Kouya den Ellebogen in die Seite gerammt hatte. Himmel, die zwei sind ja echt süß!, dachte Shino schmunzelnd. „Oh, keine Ursache, aber du kannst uns hier ruhig mit Du anreden, bzw. unsere Vornamen benutzen, nur, wenn du es natürlich möchtest. Ich denke, Kouya hat dir bestimmt von dieser Übereinkunft berichtet. Wie dem auch sei, kommt rein. Ich war gerade dabei, mir ein Bier zu öffnen. Wollt ihr auch eins?“ Er sah fragend von einem zum anderen. „Also, ist es dafür nicht noch ein wenig zu früh?“, meinte Hiroki, als Kouya Shinos Frage bejahte. „Ach was! Es gibt doch etwas zu feiern, oder? Kia und Kagerou sind übrigens noch nicht da. Die zwei sind Einkaufen. Dürften aber gleich kommen, da es ja fast fünf Uhr ist.“ Shino drehte den beiden den Rücken zu, und verschwand in der Wohnung. Kouya und Hiroki folgten. Shino zeigte Hiroki, auf dessen Wunsch, die komplette Wohnung. Er lieferte allerhand Details, und beantwortete jede seiner vielen Fragen. Kouya sah zwischen Hiroki und Shino gehetzt hin und her, und fragte sich, ob die beiden Spaß dabei hatten. Er seufzte leise, und nippte an seiner Flasche Bier. Typisch... Du stellst mehr Fragen als ich, Hi-chan! Willst du hier einziehen?, brummelte Kouya innerlich. Inzwischen standen sie in Kouyas zukünftigem Zimmer. Hiroki sah sich aufmerksam um, öffnete die Tür zum Balkon und trat nach draußen. „Tut mir leid, Shino! Ich wusste nicht, dass mein Bruder so viele Fragen stellt. Hätte ich das gewusst, dann hätte ich ihm nicht erlaubt, mich zu begleiten.“, flüsterte Kouya. „Schon okay. Du kannst dich entspannen. Außerdem finde ich es nett! Da lerne ich doch gleich deinen Bruder kennen, der übrigens, genau wie du, eine Augenweide ist!“, sprach Shino verträumt. Kouya musterte ihn unsicher von der Seite. Wie jetzt? Augenweide? Wie muss ich denn das verstehen?, überlegte Kouya irritiert, und sah zu seinem Bruder, der gerade wieder das Zimmer betrat. „Also. Ich muss gestehen, das ist eine ausgesprochen schöne Wohnung, und die Gegend spricht für sich. Es freut mich für dich, Kouya, dass du so etwas angenehmes gefunden hast! Nun, und Shino scheint mir ein aufrichtiger Zeitgenosse zu sein. Kia kenne ich ja schon. Da bin ich mal auf die dritte Person gespannt. Kagerou war sein Name, oder?“ Er blickte fragend zu Shino, der ihn bestätigend anlächelte. „Richtig. Kagerou. Wir sollten vielleicht zurück in die Küche gehen, um dort auf die beiden zu warten.“ Sie verließen das Zimmer, durchquerten den Flur, um zur Küche zu gelangen, als sie Stimmen durch die Eingangstür vernahmen. Sie lauschten ungewollt. „Wie jetzt? Das hat er gemacht?“ Kouya erkannte Kagerous Stimme. „Wirklich! Und wenn ich ehrlich bin, das hätte ich auch gerne mit dir getan! Erst schön einölen, dann mich auf dich drauf setzen, und anschließend ordentlich massieren! Na, wie wäre es? Nimmst du mein Angebot an? Ich könnte auch noch einen gratis Blowjob drauflegen!“, sagte Kia heiter, als er dir Tür öffnete, und plötzlich drei irritierten Gesichtern gegenüber stand. Er erkannte Shino, der krampfhaft versuchte, nicht zu lachen. Daneben stand Hiroki, der mit aufgerissenen Augen in seine Richtung starrte, und dann war da noch Kouya, der mit rot glühenden Wangen auf den Boden sah. Ups, haben sie das jetzt gehört?, dachte Kia ein wenig verlegen, als ihn Kagerou ungeduldig an die Seite schob. „Hey Kia, warum gehst du nicht...“ Kagerou verstummte. „Oh!“ Kagerou sah von einem Gesicht zum anderen und merkte, wie ihm heiß wurde. Mist, verdammter, wie peinlich ist das denn... Er überlegte fieberhaft, wie sie aus dieser verfänglichen Situation rauskommen würden, als Kia das Wort ergriff. „Und? Wie fandet ihr unseren Dialog? Euren Gesichtern nach zu urteilen, seid ihr angetan, oder? Wir haben über ein Theaterstück geredet, beziehungsweise dessen aufsehenerregenden Dialog nachgesprochen. Ist so ein Fetisch von uns.“ Kia lachte vergnügt, und wechselte gekonnt das Thema. „Kouya, du bist ja schon da!“, er sah ihn freundlich an. „Und auch Hiroki, schön dich wieder zu sehen! Wie ich sehe, habt ihr es euch schon ohne uns gemütlich gemacht. Ist noch Bier da, oder ist schon alles alle?“, fragte er begeistert in die Runde. „Satō, darf ich vorstellen, das ist Kia, den du ja schon kennst. Der verstummte Statist neben ihm ist Kagerou, den du noch nicht kennen gelernt hast.“, sagte Shino erklärend zu Hiroki, der Kagerou mit hochgezogenen Augenbrauen anblickte. Er hatte sich vom Schock über das Gehörte längst erholt. Donnerwetter! Attraktiver geht nun wirklich nicht!, dachte Hiroki, während er angetan Kagerous Hand schüttelte. Aber was sollte das eben? Das war eine absolut dämliche Ausrede! Ob sie was miteinander haben?, er sah Kagerou und Kia hinterher, die in der Küche verschwanden. Er runzelte die Stirn. „Gut. Dann hätten wir also alles geklärt. Ich fasse es noch einmal grob zusammen. Also, am kommenden Samstag wird der Umzug stattfinden. Ihr werdet so gegen zehn mit einem kleinen Transporter vorfahren, und gemeinsam werden wir dann die wenigen Habseligkeiten von Kouya nach oben tragen. Gegen Abend gibt es dann eine kleine Einzugsparty, an der alle teilnehmen können, die geholfen haben. Habe ich etwas vergessen?“ Kia sah angetrunken alle am Tisch sitzenden Personen an. Er grinste breit. Neben ihm saß Kagerou, der genervt die Augen rollte. Kouya musste lachen. „Hey! Was gibt es da zu lachen? Habe ich etwas lustiges gesagt?“, fragte Kia gespielt empört in Kouyas Richtung, der nur breit zurück grinste. „Und, was machen wir jetzt? Wollen wir eine Bar aufsuchen? Ich kenne da eine, die liegt gleich um die Ecke, und ist äußerst gemütlich...“ Kia wurde von Kagerou unterbrochen, dem augenblicklich klar wurde, von was für einer Bar Kia gerade sprach. Du Blödmann! Wenn du jetzt freudenstrahlend zu dieser Bar mit allen willst, dann hättest du dir vorhin die bekloppte Ausrede nicht einfallen lassen müssen. Also echt, Kia…, dachte Kagerou und seufzte hörbar. „Ich glaube, du hattest genug an alkoholischen Getränken, Kia! Ich denke, wir haben keine Lust, dich später nach Hause zu tragen. Stimmts, Shino?“ Kagerou sah hilfesuchend zu Shino, der ihn wissend anlächelte, aber keine Anstalten machte, ihm zu Hilfe zu kommen. Kagerou fluchte innerlich. Shino, du genießt das gerade, was? Mir doch egal, macht was ihr wollt! Ich gehe nicht mit... Kagerous Gedanken wurden von Hiroki unterbrochen, der das Wort ergriff. „Also, wenn es euch nichts ausmacht, würde ich jetzt gerne nach Hause gehen. Ich denke, Kouya kommt auch mit, oder?“, er sah fragend in dessen Richtung, der bestätigend nickte. „Ich danke euch für eure Gastfreundschaft. Es war ein wirklich netter Abend! Wir sehen uns dann also am kommenden Samstag.“, sprach Hiroki aufrichtig, und leerte den letzten Rest seiner Falsche Bier. Er stand auf. Kouya tat es ihm nach. „Ich kann mich den Worten meines Bruders nur anschließen. Ich freue mich auf Samstag, und auf das Zusammenleben mit euch! Ich hoffe, eure Erwartungen werden nicht enttäuscht, wenn ich hier erst einmal eingezogen bin. Also, bis Samstag!“ Er verließ zusammen mit Hiroki und Kagerou die Küche. „Danke. Es war in der Tat ein schöner Abend. Und Kouya, mach dir keine Gedanken. Hier hat niemand irgendwelche Erwartungen an dich! Sei einfach du selbst, und alles wird gut! Okay, ich klinge gerade wie jemand aus einer schlechten Seifenoper. Verzeiht!“, sagte Kagerou und grinste schief. „Ich habe zu danken, Kagerou! Ich kann meinen Bruder mit einem guten Gefühl gehen lassen. Darüber bin ich echt erleichtert!“, entgegnete Hiroki, und sah Kagerou dabei intensiv in die Augen, der verlegen weg sah. Kouya beobachtete beide mit einem unbestimmten Gefühl und war froh, als Kia an der Küchentür erschien. „Wir gehen dann mal! Bis später!“, sagten Hiroki und Kouya beinah gleichzeitig und verschwanden im Hausflur. Kaum hatte Kagerou die Tür geschlossen, als ihn Kia von hinten umarmte, und dabei sanft dessen Kopf an die Seite drehte. Sie sahen einander in die Augen. „Hey...“, setzte Kagerou an, als seine Lippen stürmisch von Kias bedeckt wurden. Kias Zunge bahnte sich einen Weg in Kagerous Mund. Dieser reagierte sofort, und begrüßte Kias mit seiner eigenen. Er spürte, wie seine und Kias Erregung wuchs. Kia zog Kagerous Körper fester an sich. Kagerou unterdrückte ein Stöhnen. Ich könnte jetzt sofort, hier auf der Stelle..., dachte Kagerou leidenschaftlich, als Kia von ihm abließ, und ihn zu sich rumdrehte. „Ich denke, wir sollten Shino eine gute Nacht wüschen, und uns verziehen. Was meinst du?“, flüsterte Kia leise, mit alkoholgeschwängerter Stimme, in sein Ohr. Kagerous Körper bebte vor Verlangen. Er nickte, und gab Kia einen leidenschaftliche Kuss zurück. „Oh...ngh...halt, warte! Warte...mhmmm...“ Kagerou versuchte halbherzig Kias erregten Körper von sich zu schieben. „Kia, wirklich, ich kann nicht mehr! Ich darf nicht zu spät aufstehen, und wenn du jetzt nicht aufhörst, dann komme ich morgen gar nicht mehr aus dem Bett!“, sprach Kagerou mit erschöpfter Stimme. „Ehrlich?! Dann sollte ich erst recht weiter machen!“ Er setzte sich sanft auf Kagerous Hüfte, und sah erregt auf ihn herunter. Er spürte, dass Kagerou erneut hart wurde. „Also, deine Lenden sind da aber anderer Meinung, oder irre ich mich da?!“, sagte Kia neckisch und grinste. Er beugte sich hinab, und gab Kagerou einen Kuss auf die Nasenspitze, bevor er anschließend nach unten rutschte, um Kagerous Glied in den Mund zu nehmen. Er begann zu saugen, und massierte dabei mit einer Hand Kagerous Hoden. Kagerou stöhnte auf. „Kia... Ngh... Nicht...“ Eh er es bemerkte, war er ein zweites Mal gekommen. Erschöpft sank er zurück, und schloss die Augen. Er genoss das unbeschreiblich wollige Gefühl, welches sich ungebremst in seinem ermatteten Körper ausbreitete. Er spürte, wie sich Kia neben ihn legte, und sie beide zudeckte. Kagerous schmiegte sich an Kias verschwitzen Körper. „Kagerou...“, fragte Kia sanft. „Hm?“ Er öffnete ein Auge und blinzelte zu Kia, der neben ihm gedankenverloren an die Decke starrte. „Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber kann es sein, dass Hiroki dich die ganze Zeit über angestarrt hat? Ich mein, wäre ja nicht ungewöhnlich, immerhin siehst du ja auch nicht gewöhnlich aus, aber er ging überhaupt nicht diskret vor! Da bin ja selbst ich zurückhaltender...“, meinte Kia versonnen. „Also, was deine letzte Bemerkung angeht, da kann ich dir bestimmt nicht zustimmen.“, sagte Kagerou schläfrig. „Aber was Hiroki angeht, ja. Seine Blicke habe ich gespürt, aber einordnen kann ich sie nicht. Keine Ahnung, ob er nur einfach so geschaut hat, oder ob dahinter ein tieferer Sinn lag. Dafür kann ich aber Shinos verstohlene Blicke Richtung Hiroki bestimmen! Die waren eindeutig. Wer weiß, was der Stille-Wasser-sind-tief-Mensch wieder ausheckt. Müssen wir uns um Hiroki Sorgen machen?“, fragte Kagerou unbestimmt, und gähnte laut. „Du musst dir übrigens keine Gedanken machen. Für mich gibt es nur dich, Kia. Ich liebe dich, und daran kann niemand etwas ändern.“, sagte Kagerou sanft und schmiegte sich fest an Kia. „Ich mache mir keine Gedanken...“, antworte Kia kleinlaut, und genoss Kagerous körperliche Wärme an seiner Seite. Er musste lächeln. Da bin ich ja mal gespannt, was da so in nächster Zeit auf uns zukommt..., dachte er inzwischen ebenfalls schläfrig. „Gute Nacht, Geliebter...“, flüsterte er Kagerou ins Ohr, der als Antwort leise unverständlich murmelte. Kouya stand, wie abgemacht, an dem vereinbarten Ort, und sah sich nach Hiroki um, den er aber nirgends entdecken konnte. Er wurde langsam unruhig. Ursprünglich hatte er vor, es zu vermeiden, sich in diesem Teil der Universität aufzuhalten, da ihm Yuu mit großer Wahrscheinlichkeit über den Weg laufen könnte. Er seufzte. Wo bleibt der wieder? Ich dachte, er hat kaum Zeit, und kann unser Treffen zum Essen nur so dazwischen schieben... Er sah sich erneut angestrengt um. Um ihn herum drängelte sich eine große Anzahl an Studenten, die entweder auf dem Sprung zur nächsten Veranstaltung waren, frei hatten, oder ihren Weg in die Mensa suchten. Er wollte gerade nach seinem Handy greifen, als er Yuu entdeckte. Er starrte gebannt in Yuus Richtung. Dieser unterhielt sich angeregt mit einem jungen Mann, der offensichtlich etwas Lustiges gesagt hatte, den Yuu brach in Lachen aus. Kouya spürte Eifersucht in sich aufsteigen. Du Idiot, Kouya! Was denkst du dir eigentlich? Eifersucht? Komm mal wieder auf den Boden! Du weißt ja noch nicht einmal, ob er am Ende nicht sogar eine Freundin hat! Aber was war mit dem Kuss auf der Toilette... Kouyas Gedanken rasten hin und her. Er bemerkte dabei nicht, dass Yuu ihn inzwischen entdeckt hatte, sich von der Person verabschiedete, und auf ihn zukam. Erst als Yuu direkt vor ihm stand, reagierte Kouya. Er wich bestürzt zurück. Yuu sah ihn verwundert an. „Kouya, alles in Ordnung?“, fragte Yuu besorgt. „Hä? Oh! Ja. War nur etwas überrascht, weil ich dich nicht habe kommen sehen. Wie geht es dir, Yuu?“, fragte Kouya sich beruhigend, als ihm bewusst wurde, dass er Yuu seit dem gemeinsamen Frühstück nicht mehr gesehen hatte. Er sah Yuu verstohlen an, und sog jede Einzelheit in sich auf. „Danke. Mir geht’s sehr gut. Ich habe von Hiroki erfahren, dass du am Samstag umziehst?! Ist es also endlich soweit. Hiroki hat mich gefragt, ob ich zum Helfen kommen würde. Wenn du nichts dagegen hast, dann komme ich gerne...“ Er blickte Kouya fragend an. „Klar, kein Thema. Aber ich weiß gar nicht, ob so viele Leute nötig sind, denn so viele Sachen besitze ich wirklich nicht.“ Kouya grinste schief. Insgeheim hatte er es sich gewünscht, dass Yuu beim Umzug dabei sein würde. „Selbst, wenn ich nur eine Kiste schleppen würde, wäre es eine weniger für dich! Obwohl ich denke, dass du körperlich stärker geworden bist, seit deinem Jahr im Ausland.“, sagte Yuu und musterte Kouya. Kouya fühlte sein Verlangen unter Yuus Blick neu erwachen, und sah beschämt zu Boden. Er versuchte, nicht daran zu denken und war froh, als Yuu das Thema wechselte. „Was machst du überhaupt hier? Triffst du dich mit Hiroki?“, fragte Yuu und sah auf seine Uhr. „Ja. Wir wollten uns hier eigentlich vor 20 Minuten treffen, aber er ist bisher nicht aufgetaucht. Angerufen hat er auch nicht. Vielleicht ist ihm etwas dazwischen gekommen. Ich denke, ich werde mal bei seinem Raum vorbeischauen...“ Yuu unterbrach Kouya energisch. „Ich bring dich hin.“ „Nicht nötig, ich weiß, wo sich der Raum befindet. Du musst dir keine Umstände...“ Kouyas konnte nicht zu Ende sprechen, da ihn Yuu an die Hand genommen hatte, und ihn hinter sich her führte. „Oh... Hey! Yuu, du musst mich nicht an die Hand nehmen. Ich kann alleine gehen.“, sagte Kouya unsicher, der ihn am liebsten von hinten umarmt hätte. „Entschuldige, aber lass mich dich wenigstens hinführen...“ Yuu sah kurz zu Kouya nach hinten, der dessen Blick fest erwiderte. Wenigstens? Was meinst du damit? Heißt das etwa, du hättest meine Hand lieber weiter in deiner..., überlegte Kouya angestrengt, grinste dabei aber über beide Ohren. „Von mir aus. Danke.“, sagte Kouya, und ging nun beflügelt neben Yuu her. Als sie immer weiter in das Gebäudes vordrangen, wurde es zunehmend ruhiger um sie. Kouya fühlte sich mit jedem Schritt unsicherer in Yuus Gegenwart. Er wollte eigentlich lieber nicht mit ihm allein sein. Mist, ich habe nicht bedacht, dass um uns herum niemand sein könnte... Er sah kurz in Yuus Richtung, der entschieden den Weg vorgab. Dieser bemerkte seinen Blick, und sah lächelnd zu ihm rüber. Kouya schaute schnell in die andere Richtung, damit Yuu nicht bemerkte, dass er einen knallroten Kopf bekam. „Wir sind gleich da...“, sagte Yuu auf einmal, und bog um die nächste Ecke. Kouya folgte ihm ahnungslos, als er unerwartet in eine Nische gezogen wurde. Sofort bedeckten Yuus Küsse seinen Mund. Er schnappte überrascht nach Luft, und starrte Yuu an, der unbeherrscht mit dem Küssen fortfuhr. Er drückte Kouya gegen die Wand, und streichelte dabei seinen Nacken. Kouya hielt sich nun auch nicht mehr zurück. Zu sehr wünschte er sich Yuus körperliche Nähe, und umschlang stürmisch dessen Rücken mit seinen Armen. Er erwiderte berauscht Yuus Küsse. Yuu sah ihn einen kurzen Moment verzückt an, bevor er ihn erneut auf den Mund küsste. Kouya schwindelte, als Yuus Zunge forsch seine Mundhöhle erkundete. Er glaubte, er müsse vor Glück Ohnmächtig werden. Er ertappte sich dabei, wie er sich selbst hingebungsvoll an Yuus Körper schmiegte, und dabei die Plätze mit ihm tauschte. Nun stand Yuu mit dem Rücken zur Wand, und sah Kouya aus aufgerissenen Augen an. „Oh, entschuldige...“, brachte Kouya erregt mit heiserer Stimme hervor, als er erneut von Yuu rangezogen wurde. „Wofür entschuldigst du dich?“, sagte Yuu leise mit erregter Stimme, und küsste Kouya sanft auf sein Ohr. Kouyas Herz setzte beinah aus, als Yuus Küsse seinen Hals hinunter wanderten, und er dabei seinen Unterleib fest an Kouyas presste. Dieser ließ es geschehen und hoffte, dass sie niemand beobachtete, schon gar nicht Hiroki. Hiroki! Verdammt... Ich muss weg... Aber das fühlt sich so gut an... Egal. Ich muss weg! Wer weiß, wo das noch hinführt! Schön, wenn das noch wo hinführt... Kouyas Gedanken sprangen unentschlossen hin und her. Er nahm all seine verbliebene Willenskraft zusammen, und befreite sich aus Yuus Armen, der ihn enttäuscht mit sehnsuchtsvollen Augen ansah. „Kouya...“, setzte Yuu verlegen an, als ihn Kouya entschlossen unterbrach. „Tut mir leid Yuu, aber ich muss los. Hiroki sucht bestimmt schon nach mir. Wir sehen uns am Samstag...“, entgegnete Kouya aufgeregt, während er einige Schritte zurücktrat. „Ach, und Yuu, hat dir schon jemand gesagt, dass deine Küsse umwerfend sind!?“, sprach Kouya selbstbewusst, während er sich umdrehte, und gehen wollte. „Hat das auch schon jemand zu dir gesagt, Kouya?“, flüsterte Yuu liebevoll in Kouyas Ohr, während er ihn unerwartet von hinten umarmte. Kouya grinste über das ganze Gesicht, als er sich losmachte und davon ging. Er sah nicht zu Yuu zurück, spürte aber dessen fragenden Blick. Shino sah verträumt aus dem Ladenfenster, während er es putzte. Er arbeitete heute nicht allein, so dass er sich beim Putzen Zeit lassen konnte. Er sah kurz über seine Schulter in Richtung Theke, wo Yuu gerade freundlich einen Kunden verabschiedete. Er musste lächeln. Heute ist das zweite Mal, dass ihm Yuu im Laden half. Inzwischen gingen sie so vertraut miteinander um, dass sie sich bei den Vornamen nannten. Er mochte Yuu und spürte, dass es ihm genauso ging. „Hey Yuu, hast du wirklich nichts besseres zu tun, als hier im Laden abzuhängen, und mir beim Putzen zuzusehen?!“, sprach Shino scherzhaft an Yuu gewandt. Dieser starrte ihn im ersten Moment entgeistert an, aber dann breitete sich ein verschmitztes Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Also, wenn ich ehrlich bin, dann fände ich es spannender, wenn du beim Putzen ein Maid-Kostüm anhättest!“ Er grinste Shino an. „Hui! Ich wusste gar nicht, dass du auf Cosplay stehst?! Vielleicht sollte das in die Geschäftsordnung aufgenommen werden. Alle Mitarbeiter/innen müssen ab sofort kostümiert die Kunden bedienen.“ Shino lachte, während Yuu zu ihm nach vorn ans Fenster kam. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Wand neben dem Fenster, und beobachtete Shino, wie dieser das letzte Stück des Fensters säuberte. „Sag, wieso grinst du eigentlich die ganze Zeit?“, fragte Yuu neugierig. Shino blickte ihn an. „So? Tue ich das?“ Shino grinste, wie zur Bestätigung. „Ja, tust du. Du putzt seit mehr als einer halben Stunde gedankenverloren das Fenster, und ein mysteriöses Grinsen erscheint dann und wann auf deinem Gesicht. Würde ich dich nicht kennen, dann hätte ich wahrscheinlich schon die Flucht ergriffen.“, stellte Yuu belustigt fest. „Und was ist mit dir? Du scheinst heute richtig gut drauf zu sein, vor allem, wenn ich an deinen letzten Besuch denke...“, entgegnete Shino, während er sich auf das breite Fensterbrett setzte, und zu Yuu hochsah. „Ich wette mal, dass du deinen Angebeteten gesehen hast? Oder vielleicht noch besser: Ihr habt euch ausgesprochen?“, tippte Shino und sah fragend rüber zu Yuu, der ihn breit angrinste. „Fast richtig. Gesehen ja, ausgesprochen nein. Aber ich glaube inzwischen, dass meine Gefühle nicht einseitig sind. Das macht mich glücklich, zugleich aber unsicher, weil ich nicht weiß, wohin das führt...“ „Wie, wohin das führt? Ist doch klar! Zu einer ordentlich heißen Bettgeschichte!“, sprudelte es heiter aus Shino, der zudem noch lachen musste, als er Yuus rote Wangen sah. „Kein Grund, gleich rot zu werden. Auf jeden Fall hoffe ich für dich, dass dein Wunsch in Erfüllung geht.“ Er schaute Yuu aufrichtig an. Yuu lächelte ihn dankbar an. „Und was ist nun mit dir?“, bohrte Yuu weiter. „Ich sehe am Samstag eine Person, die es mir ganz schön angetan hat. Na ja, eigentlich sind es ja zwei, aber die eine lasse ich jetzt mal außen vor. Ich bin fast bereit, all meine guten Vorsätze über Bord zu werfen...“, sagte Shino geistesabwesend. Yuu sah ihn stirnrunzelnd an. „Ich weiß jetzt gar nicht, ob ich dir oder der anderen Person Glück wünschen soll!?“ Yuu schaute schelmisch zu Shino, der in gespieltem Ärger die Augenbrauen hob. „Ich glaube, ich muss dich härter arbeiten lassen, damit du deinen aufgeweckten Verstand verlierst!“, sagte Shino und sah Yuu nach, der zurück zur Theke ging, um einen weiteren Kunden zu bedienen. Shino packte alle Putzutensilien zusammen, und brachte sie zurück ins Hinterzimmer. Dort öffnete er das Fenster, und zündete sich eine Zigarette an. Hiroki. Mal sehen, ob ich mit meiner Vermutung richtig liege..., dachte Shino gedankenverloren, während er seine Zigarette aufrauchte. Kapitel 8: Aufbruch ------------------- „Was zum...“, Yuu sah sich irritiert in der Hofeinfahrt des Satō-Wohnsitzes um. Der kleine Transporter stand offen, und war schon reichlich mit Umzugskartons gefüllt. Er sah auf seine Uhr. Es war kurz vor acht. Das verstehe ich nicht. Ich dachte, es sollte erst um acht Uhr losgehen? Habe ich mich etwa verhört..., überlegte er nervös. Er blickte zum Hauseingang, als dort plötzlich Hiroki mit einer Kiste erschien. „Yo Yuu! Da bist du ja endlich!“, rief Hiroki fröhlich, als er zum Transporter ging, und dort die Kiste verstaute. Yuu sah in sprachlos an. „Ich dachte, ihr beginnt erst um acht? Aber wie ich sehe, habt ihr schon früher begonnen. Warum habt ihr mir nicht bescheid gegeben? Ich wäre auch schon eher gekommen!“, entgegnete Yuu ein wenig enttäuscht. „Dachte ich mir. Na ja, Kouya konnte vor Aufregung nicht mehr schlafen, und deshalb ist er um halb sieben aufgestanden. Er hat mich bekniet, den Transporter schon früher als geplant zu holen, damit er anfangen kann, die Sachen einzuräumen. Ich habe ja erst mit dem Kopf geschüttelt, aber du kennst Kouya. Er hat nicht locker gelassen, und so haben wir um kurz nach sieben mit dem Einräumen begonnen. Wir sind hier auch schon fast fertig. Dann trägst du halt mehr Kartons, wenn wir in der WG ankommen, okay? Und schau nicht so enttäuscht! Verpasstes Kistenschleppen ist nicht wirklich etwas, worüber es sich lohnt betrübt zu sein!“ Er schlug Yuu freundschaftlich auf den Rücken, und schob ihn vor sich her, in Richtung Hauseingang. „Das verpasste Schleppen ist bestimmt nicht der Grund, warum ich enttäuscht bin, du Holzklotz...“, murmelte Yuu leise vor sich hin. „Hast du was gesagt?“, fragte Hiroki neugierig. „Nein, wie kommst du darauf?“, meinte Yuu ausweichend, und ging etwas schneller durch die Eingangstür, als er eigentlich wollte. Dort stolperte er ungeschickt über eine im Weg stehende Tasche, und fiel. Er schlug dabei leicht mit seinem Kopf auf das Regal, welches neben die Tasche platziert worden war. Er fluchte, und ächzte hörbar, als er sich aufsetzte, und dabei seine Stirn hielt. Er blickte nach vorn, und sah Kouya, der gerade zusammen mit einer jungen Frau die Treppe hinunter kam. Yuu sah irritiert zu ihm rüber, und dann zur Frau, die ihn aus großen Augen anstarrte. Wer ist das? Vielleicht der Grund, warum ich nicht kommen sollte?, dachte Yuu bitter, als er Hiroki hinter sich brüllen hörte. „Hey Yuu, was machst du denn? Ist alles in Ordnung? Zeig mal her!“, sagte Hiroki entgeistert, und kniete sich vor Yuu. Er nahm dessen Kinn in die Hand, und drehte den Kopf zu sich, um die Wunde ansehen zu können. Inzwischen waren auch Kouya und die unbekannte Frau näher gekommen, und blickten bestürzt auf sie hinab. Kouya sah, dass Yuu aus einer kleinen Platzwunde auf der Stirn blutete. Er wurde blass. „Yuu, alles okay? Tut dir der Kopf weh?“, fragte Kouya beunruhigt, und musterte fragend Yuus Gesicht, der es aber vermied, ihn anzusehen. Was ist mit dir? Warum schaust du mich nicht an?, dachte Kouya enttäuscht, während Yuu mit Hilfe von Hiroki aufstand, und beide in Richtung Bad gingen. „Kein Grund zur Sorge, Kouya! Ich kümmere mich darum. Du und Hitomi könnt einfach weiter machen, okay?“, sprach Hiroki bestimmend, als er zusammen mit Yuu im Bad verschwand. Kouya sah beiden aufgewühlt nach, als ihn Hitomi anstupste, und ihn nach draußen drängte. „Keine Zeit zum Träumen, Ya-chan! Es gibt noch viel zu tun!“, sprudelte es heiter aus Hitomi heraus, die auf den Transporter zusteuerte. „Hey! Du sollst mich nicht so nennen! Wie oft soll ich dir das noch sagen, Hitomi!“, meinte Kouya genervt. „Außerdem sind wir fast fertig! Du kannst also auch gleich das Weite suchen, bevor ich meine Geduld mit dir verliere!“ , warf Kouya sofort hinterher, und grinste dabei fröhlich über das ganze Gesicht. In Gedanken war er aber bei Yuu, der von Hiroki verarztet wurde. Warum hast du meinen Blick nicht erwidert? Habe ich etwas falsch gemacht? Verdammt, Yuu... Ich wäre am liebsten sofort zu dir gerannt, als ich dich stürzen sah. Vielleicht bilde ich mir ja auch alles nur ein, aber..., seine Gedanken wurden durch Hitomi unterbrochen, die ihn leicht gegen die Schulter boxte. „Hey! Sollst du so fies zu deiner lange nicht gesehenen Freundin sein?“, sagte Hitomi, während sie sich spielerisch in Kouyas Arme warf. Er musste grinsen. Er sah zufällig Richtung Hauseingang, und sein Lächeln gefror auf seinen Lippen. Dort stand Yuu mit einem Pflaster auf der Stirn, und beobachtete sie. Er drehte sich mit einer unergründlichen Miene um, und verschwand im Haus. Kouya sah ihm verlegen nach, und befreite sich aus Hitomis Armen, die sich lautstark darüber beklagte. Mist, wie blöd ist dass denn jetzt... Der wird doch wohl nicht ernsthaft denken, dass ich eine Freundin habe?! Oh Kouya, du bist ein Idiot! Natürlich denkt er das, immerhin wissen wir so gut wie nichts voneinander. Und die Küsse nimmt er jetzt bestimmt auch nicht mehr ernst... Was mache ich nun? Ich habe noch nicht einmal Zeit, die Sache aufzuklären... Verdammt!, dachte Kouya verunsichert, und schlich mit einer fröhlich schwatzenden Hitomi zurück zum Haus. Kouya sah gedankenverloren aus dem Beifahrerfenster. Neben ihm saß Hitomi, die aufgeregt mit Hiroki redete. Eigentlich war es so geplant gewesen, dass Hitomi nach dem Einladen des Transporters nach Hause gehen sollte, aber sie wollte unbedingt sein neues Zuhause kennen lernen. Dafür hatte sie ihn und Hiroki so lange bearbeitet, bis sie genervt zugestimmt hatten. Yuu sollte ursprünglich hier neben mir im Auto sitzen... Darauf hatte ich mich so gefreut... Heute läuft aber auch nichts so, wie es laufen sollte! Ich hätte die Pläne nicht verändern sollen... Wäre ich mal lieber einfach im Bett liegen geblieben... Ich bin selbst dran schuld..., dachte Kouya, und verzog trübsinnig das Gesicht. Er dachte kurz an Yuu, der allein mit Hirokis Auto folgte. Er hatte nicht den Mut besessen, Yuu zu fragen, ob er bei ihm im Auto mitfahren könnte. Der Grund für seine Zurückhaltung war die letzte halbe, im Haus verbrachte Stunde, in der Yuu nur das Dringendste mit ihm geredet hatte. Kouya wurde zu diesem Zeitpunkt mit jeder Minute trauriger. Er hatte gehofft, dass sich eine Möglichkeit ergeben würde, um Yuu allein sprechen zu können, aber diese kam nicht zustande. Zum einen, weil es noch etliches zu tun gab, und zum anderen klebte Hitomi ununterbrochen an seinen Fersen, was die Situation nicht entschärfte, sondern eher verschlimmerte. Kouya seufzte hörbar. „Alles in Ordnung, Ya-chan? Bekommst du schon Heimweh?“, fragte Hitomi, die ihn besorgt ansah. „Nein, alles okay. Bin nur etwas müde, das ist alles.“ Er schenkte ihr ein kleines Lächeln, bevor er wieder aus dem Fenster sah, und sich seinen Gedanken an Yuu hingab. Es war kurz vor zehn, als sie vor dem Gebäude hielten. Kouya erkannte Kia und Kagerou, die schon auf sie warteten. Er verdrängte seine trübseligen Gedanken, sprang aus dem Transporter, und ging freudenstrahlend auf sie zu. Während sie einander begrüßten, traten Hiroki, Hitomi und Yuu zu ihnen. Sie blickten einander neugierig an, als Yuu begann, die unbekannten Personen vorzustellen. „Darf ich vorstellen, das ist Takahashi, Kia und die Person neben ihm ist Suzuki, Kagerou, zwei meiner drei Mitbewohner. Itō, Shino, die dritte Person, wartet oben auf uns.“, erklärte Kouya lächelnd, während Kia und Kagerou den anderen zunickten. Kouya fuhr fort, um Yuu und Hitomi vorzustellen. „Und das sind Tanaka, Hitomi und Kimura, Yuu, zwei Freunde, die gekommen sind, um mir zu helfen. Nun, und Hiroki kennt ihr ja bereits schon.“, meinte Kouya freundlich, und sah besorgt zu Yuu, der ihm etwas blass vorkam. Was hast du auf einmal? Du warst doch eben nicht so blass? Seltsam... Hast du dir den Kopf doch schlimmer gestoßen?, grübelte Kouya gedankenverloren, als ihn Kias Lachen aus seinen Gedanken riss. „So?! Du hast also einen Spitznamen, Kouya? Ya-chan! Das ist ja echt niedlich! Dann haben wir also einen Ya-chan, und einen Ka-chan in unserer WG!“, sagte Kia amüsiert, während er Hitomi breit angrinste, die mit schelmisch blitzenden Augen zurück grinste. Kia entging dabei der böse Blick, den ihm Kagerou zuwarf. „Was zum.. Hitomi! Was habe ich dir vorhin gesagt?! Du sollst es unterlassen, diesen Namen auszusprechen, vor allem in der Öffentlichkeit!“, entgegnete Kouya entrüstet, und eine leichte Röte überzog seine Wangen. Er sah verlegen zu Kia, der ihn gut gelaunt anlächelte, und ging anschließend zum Transporter, um mit dem Ausladen beginnen zu können. Kagerou gesellte sich zu ihm. „Hey Kouya, mach dir nichts draus! Kia ist schon den ganzen Morgen unerträglich gut drauf. Vielleicht freut er sich insgeheim auf das Bier heute Abend. Keine Ahnung, aber vielleicht können wir es ihm dann heimzahlen!“, sagte Kagerou verschwörerisch zu Kouya, der ihn nur anstarren konnte, und dabei heftig nickte. Er musste lächeln. Ich glaube, ich habe dich richtige Entscheidung getroffen, hier einzuziehen..., dachte er glücklich, und nahm sich den ersten Umzugskarton. Kagerou, Yuu, Hitomi und Kouya standen dicht gedrängt mit ihren Kisten im Fahrstuhl, als dieser anhielt, und den Weg wieder frei gab. Kagerou ging als erstes hinaus, ihm folgend Hitomi, die sich angeregt mit ihm unterhielt. Himmel, sie schließt schneller Freundschaften, als ich es je könnte..., dachte Kouya geistesabwesend, als er Yuus Blick bemerkte. Er schaute zu ihm rüber, und erwiderte dessen durchdringenden Blick. Er spürte plötzlich, dass er auf diesen Augenblick schon den ganzen Morgen gewartet hatte. Am liebsten hätte er seine Kiste fallen gelassen, und Yuu umarmt. Er wollte gerade etwas sagen, als Yuu das Wort ergriff. „Ich komme mit meiner Kiste nicht vorbei, wenn du nicht vorgehst...“, stellte Yuu eisig fest, und wartete. „Oh?! Tut mir leid, ich geh schon.“, sagte Kouya, der versuchte, nicht zu enttäuscht zu klingen. Er ging voraus, und spürte Yuus Blick im Rücken. Im Vergleich zur letzten Begegnung, fühlte sich das alles andere als angenehm an. Er unterdrückte ein Seufzen und trat durch die Wohnungstür, wo er sogleich herzlich von Shino begrüßt wurde. „Yo Kouya! Wie geht es dir? Wie ich sehe, bist du fleißig...“, feixte Shino, während er an Kouya vorbei sah, und Yuu bemerkte. „Eh?! Yuu?! Was machst du denn hier?“, fragte Shino verblüfft. Kouya drehte sich stutzig zu Yuu um, und bemerkte, dass dessen Gesicht wieder an Farbe verloren hatte. Er schaute interessiert zurück zu Shino, der Yuu freundlich anlächelte. Was hat das zu bedeuten? Woher kennen sich die beiden? Yuu... Ich versteh gar nichts mehr..., dachte Kouya verwirrt. „Du bist mit Kouya befreundet? Wenn ich das gewusst hätte, dann...“, Shino verstummte plötzlich, und sah aufmerksam zu Kouya rüber, der ihn fragend anblickte. „Sag mir nicht, es ist das, was ich denke?“, fragte Shino ungläubig in Yuus Richtung, der ihn plötzlich gehetzt ansah, und das Wort ergriff. „Hallo Shino, was für eine Überraschung! Die Welt ist doch kleiner, als manch jemand zugeben mag! Ich bin hier, um einen Freund zu helfen, wie du siehst. Aber wenn ich gewusst hätte, dass du auch hier bist, dann hätte ich mir den Weg sparen können. Du hast das Kistenschleppen nötiger als ich...“, sagte Yuu mit erzwungener Heiterkeit, und sah angestrengt zu Shino. Er betete, dass Shino das Thema fallen lassen würde. Er wollte hier und jetzt auf keinen Fall seine Gefühle für Kouya preisgeben. Er sah zu Kouya hinüber, der ihn mit forschenden Augen anblickte. Er rutschte auffällig die Kiste auf seinen Armen zurecht, und hoffte, dass einer der beiden diese Geste richtig las, als auf einmal Hitomis Stimme zu hören war. Yuu dankte ihr insgeheim für die Unterbrechung. „Oh Ya-chan! Dein Zimmer ist wundervoll! Ich beneide dich! Wenn ich zurück ins Ausland gehe, dann werde ich mir auch ein Zimmer in einer WG suchen!“, meinte Hitomi verträumt, während sie an ihnen vorbeieilte und sich wieder auf den Weg nach unten machte. Kouya hatte nicht einmal Zeit, sie wegen des Spitznamens zu rügen. „Ihr solltet eure Kisten ebenfalls abstellen!“, sagte Shino auf einmal, während er in den Hausflur trat, und Hitomi nach unten folgte. „Er hat recht. Wir stehen echt blöde hier rum... Folge mir einfach.“, sprach Kouya unsicher, als er Yuu den Rücken zudrehte, und den Flur entlang ging, der zu seinem Zimmer führte. Yuu folgte ihm stumm. Auf halbem Wege kam ihnen Kagerou lächelnd entgegen, der ebenso wieder nach unten marschierte. Yuu betrat hinter Kouya das Zimmer, und war erstaunt. Es war nicht sehr groß, dafür aber sehr hell. Es hatte ein großes Fenster mit einer breiten Fensterbank, die zum Sitzen einlud. Zudem eine Tür, die zu einem weitläufigen Balkon führte. Er stellte die Kiste an einen freien Platz, und schaute sich genauer um. Er trat ans Fenster, und sah hinaus. Die Aussicht war erstaunlich schön. Es gefiel ihm hier auf anhieb. Er spürte, dass ihn Kouya beobachtete, und wandte sich ihm zu. Er blickte ihm in die Augen, und unterdrückte sein Verlangen, Kouya in seine Arme zu schließen. Am liebsten würde ich die Zimmertür abschließen, und damit alles aussperren, was deine Aufmerksamkeit von mir ablenken könnte..., dachte Yuu besitzergreifend, und verspürte seine wachsende Erregung. Er wollte Kouya auf der Stelle Küssen. Er trat einen Schritt auf ihn zu, während er zu ihm sprach. „Kouya, es tut...“, er wurde durch Kia unterbrochen, der plötzlich in der Tür erschien. „Wow, ihr habt es aber schon weit gebracht!“ Er sah beide verschmitzt an, während er die Kiste abstellte. Kouya und Yuu waren nicht sicher, wie sie Kias Bemerkung einordnen sollten, und sahen betreten zu Boden. „Eh? Was ist denn das für eine Reaktion? Ihr solltest euch lieber entschuldigen, und eiligst nach unten laufen, damit die anderen nicht alles allein hoch tragen müssen!“, sagte er in spielerischer Ernsthaftigkeit, und sah belustigt von einem zum anderen. „Oh ja, habe ich fast vergessen!“, entgegnete Kouya entschuldigend, und ging eilenden Schrittes aus dem Zimmer. Kia sah ihm verdutzt hinterher. „Äh, du hast aber verstanden, dass ich das nicht ernst gemeint habe, oder?“, fragte Kia unsicher an Yuu gewandt, der lachen musste. „Ja, ich glaube schon.“, sagte Yuu heiter, und grinste Kia an. „Oh Yuu, äh, ich darf doch dich doch Yuu nennen, oder?“, fragte Kia, und sah, dass dieser zustimmend nickte, bevor er weiter redete. „Ich habe gerade von Shino erfahren, dass ihr beide euch kennt. Das nenne ich mal einen Zufall! Da gibt es heute Abend ja eine Menge zum Anstoßen, oder was meinst du?“, sagte Kia und blickte fragend zu Yuus. „Sieht so aus. Ich bedanke mich mal lieber im Voraus für die Gastfreundschaft, falls ich heute Abend zu betrunken sein sollte, das noch zu tun.“, entgegnete Yuu grinsend und erntete damit einen kameradschaftlichen Klaps auf den Rücken. „Das sind Worte, die ich gerne höre!“, sagte Kia begeistert, während er zusammen mit Yuu nach unten ging, wo weitere Kisten auf sie warteten. Es wurde langsam dunkel. Kouya saß in seinem Zimmer auf dem Boden, und seufzte laut. Vor ihm befand sich sein Schrank, dessen Inhalt er nun schon zum vierten Mal neu einsortierte. Er konnte sich einfach nicht entscheiden, wo er was unterbringen sollte. Er unterbrach diese mühselige Aufgabe, und sah sich in seinem Raum um. Hm. Sieht doch schon ganz wohnlich aus! Gute Arbeit, Kouya!, dachte er zufrieden und rief sich die vergangenen Stunden zurück in sein Gedächtnis. Nachdem alles nach oben gebracht worden war, blieben Hitomi, Yuu und Hiroki noch kurz auf eine Erfrischung, bevor sie erst einmal die WG wieder verließen. Sein Bruder und Yuu wollten gegen acht wieder hier sein, aber Hitomi musste passen, da sie schon anderweitig etwas vorhatte. Sie versprach Kouya aber, in den kommenden Tagen zu Besuch zu kommen. Seine Gedanken blieben bei Yuu hängen. Er hatte im Laufe des Morgens erfahren, dass sich Shino und Yuu aus der Videothek kannten, in der Shino arbeitete. Es war Yuus favorisierte Videothek, so dass es irgendwann dazu gekommen war, dass er und Shino Freunde wurden. Yuu half dort sogar ab und zu aus. Es bekümmerte Kouya ein wenig, dass er von solchen Dingen, die Teil von Yuus Leben waren, nichts wusste. Ich weiß so wenig von dir... Werde ich die Chance haben, dich wieder näher kennen zu lernen? Darf ich dich offen lieben, oder muss ich mein Verlangen unterdrücken..., überlegte er schwermütig, und räumte die letzten Gegenstände gedankenverloren zurück in seinen Schrank. Er stand auf, und schob die restlichen Kisten erst einmal an die Seite, da er heute keine Lust mehr hatte, sie auszuräumen. Er gähnte laut, als es an seiner angelehnten Zimmertür klopfte. „Ja?“ Die Tür öffnete sich ein Stück, und Kagerou erschien grinsend im Spalt. „Alles okay bei dir? Du bist jetzt schon seit Stunden in deinem Zimmer, und wir haben kaum ein Geräusch gehört. Kia schickt mich, weil er sich Sorgen macht...“, sagte Kagerou, während er bei Kias Namen entnervt die Augen rollte, aber gleichzeitig ein sanftes Lächeln auf den Lippen hatte. „Also, ich, ähm, ich habe die ganze Zeit meine Kartons ausgeräumt. Hätte ich zu euch kommen sollen?“, fragte Kouya unsicher, und sah Kagerou an. „Ach was! Lass dich nicht so verunsichern! Du kannst hier machen, was du willst. Außerdem ist uns allen klar, dass du erst einmal dein Zimmer einrichten willst. Kia kann es nur nicht erwarten, bis die kleine Willkommenfeier endlich losgeht!“, meinte Kagerou, während er Kouya freundlich anschaute. „Ich bin hier eigentlich fertig! Oder ich sollte wohl eher sagen, ich beende vorerst das Einräumen, da ich dafür keine Energie mehr habe.“ Kouya sah sich in seinem Zimmer um, und grinste schief. „Ich komme gleich nach vorn, und dann kann Kia endlich sein lang ersehntes Bier trinken.“, sagte Kouya spöttisch, und sah dabei breit grinsend zu Kagerou, der ihn wissend anlächelte. „Okay. Dann kann unsere Mission also beginnen?! Ich hoffe wirklich, dass es klappt.“, brachte Kagerou listig hervor, während er Kouya dabei zusah, wie dieser sich ein frisches T-Shirt anzog. Was mache ich hier!? Nicht glotzen, sondern auf zum spaßigen Teil des Tages!, dachte Kagerou schadenfroh, als er das Zimmer verließ, und zurück in die Küche ging. Als Kouya mit Umziehen fertig war, schlüpfte er aus seinem Zimmer, und ging Richtung Küche, als es an der Haustür klingelte. Sein Herz hüpfte vor Freude, da er wusste, da das nur Hiroki und Yuu sein konnten. Yuu..., dachte Kouya verträumt, und ging einen Schritt schneller, um vor ihnen in der Küche Platz nehmen zu können. Kouya saß verdrießlich auf seinem Stuhl, und schloss für einen kurzen Moment seine Augen. Er wurde nicht darüber fertig, dass sein Bruder Hiroki die Peinlichkeit besaß, ihm zum Einzug eine Packung Toilettenaper zu schenken. Als nämlich Hiroki und Yuu vor mehr als einer Stunde hier ankamen, überreichte ihm Hiroki feierlich die Packung. Kouya dachte, er müsse im Boden versinken, als er die spöttisch, fragenden Blicke der anderen bemerkte. Hi-chan, manchmal glaube ich wirklich, du bist noch ein Kind. Ich frage mich echt, was dich da bloß geritten hat..., dachte Kouya noch immer beschämt, und versuchte auf andere Gedanken zu kommen. Er sah zu Hiroki, der sich fröhlich die inzwischen dritte Flasche Bier öffnete und seufzte ungewollt hörbar. „Kouya, alles in Ordnung?“, fragte Shino, der ihn angeheitert ansah. „Äh, ja, mir geht’s gut. Ich glaube, der Schlafmangel, und das frühe Aufstehen machen sich bemerkbar.“ Er grinste schief in Shinos Richtung, der ihm seine Flasche zum Anstoßen entgegenhielt. „Wenn das so ist, dann trink mal lieber dein Bier etwas schneller, damit sich der Abend auch für dich lohnt!“, meinte Shino aufrichtig, während er seine und Kouyas Flasche zusammenführte. Er trank einen Schluck, und bemerkte, dass seine Müdigkeit nicht nur von der heutigen Arbeit, und dem frühen Aufstehen kam. Ein Glas Sake, zwei Flaschen Bier... Ich bin schon fast an meinem Limit!, dachte er, und musste dabei über sich selbst grinsen. „Woah Kouya! Du wechselst deinen Gesichtsausdruck aber auffallend schnell von einem Extrem hin zum anderen!“, meinte Kia erstaunt, und sah anschließend rüber zu Kagerou. „Kagerou hier ist ein Meister dieser Kunst!“, quasselte Kia angetrunken, während er erfolglos versuchte, dessen Hand zu küssen. Kia! Du Idiot, pass auf, was du tust!, dachte Kagerou einen kurzen Moment besorgt, während er seine Hand außer Reichweite brachte. Aber seine Befürchtungen verschwanden so schnell, wie sie aufgetaucht waren, da Kia wieder von ihm abließ. Es war nicht so, dass Kagerou absichtlich ihre Liebesbeziehung geheim halten würde, aber er hatte jetzt einfach keine Lust auf homoerotische Aufklärungen. Er sah zu Kouya rüber, der, leicht angetrunken, mit seinen Augen an Yuu klebte. Falls Yuu wirklich dieser Lieblingsstammkunde aus Shino Videothek ist, dann fresse ich einen Besen, wenn Kouya nicht sein Angebeteter ist! Wie süß! Verstohlene Blicke, verlegenes Wegsehen... Hach, da wünsche ich mich fast an die Anfangszeit meiner Beziehung mit Kia zurück!, träumte Kagerou, als ihm Hiroki ungefragt sein leeres Glas erneut mit Sake füllte. „Ich dachte mir, bevor du auf dem Trockenen sitzt, komme ich, und rette dich!“, entgegnete Hiroki ausgelassen auf Kagerous fragenden Blick. Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich meinen, Hiroki hat eine homosexuelle Neigung... So, so. Beide Brüder, und keiner weiß über den anderen Bescheid. Wird immer besser... Die beiden sind echt ein gefundenes Fressen für Kia und seine Forschung! Genetisch, biologisch oder soziokulturell gewachsene Homo-, Hetero oder Bisexualität, keine Ahnung, spielt letztlich eh keine Rolle, wenn Gefühle im Spiel sind, und diese auch ausgelebt werden... Aber basieren Gefühle nicht auf biochemischen, wie neurologischen Prozessen? Sind sie abgespeicherte Erfahrungen? Maaaan Kagerou! Hast du einen Knall, jetzt so wirres Zeug zu denken, wenn du eigentlich die Vorbereitungen für die Mach-Kia-lächerlich-Mission treffen solltest? Kagerou stoppte seine gedanklichen Ausschweifungen, und sah zu Hiroki rüber, der noch immer auf eine Antwort zu warten schien. „Vielen Dank, Hiroki! Du kannst Gedanken lesen. Ich hatte gerade selbst vor, mir mein Glas wieder zu füllen!“, sprach Kagerou mit einem umwerfenden Lächeln an Hiroki gerichtet, als plötzlich Shino neben ihm einen Schmerzenslaut von sich gab. „Was zum...“, fluchte Shino, und schaute verärgert zu Kia, der ihn entschuldigend ansah. Kagerou folgte Shinos Blick, und traf auf Kias eifersüchtige Augen. Er schenkte Kia ein unverschämtes Lächeln, und kam zu dem Entschluss, dass es an der Zeit war, ihn für seine angesammelten frechen Taten zu bestrafen. „Wir sind mit dem Essen fertig, oder?“, fragte Kagerou auf einmal, und zwinkerte Kouya zu. Zustimmendes Stimmengewirr erhob sich, als er aufstand, und begann, den Tisch abzuräumen. Kouya und Yuu halfen ihm dabei. Die anderen blieben gemütlich am Tisch sitzen, und ließen ihre Scherze auf sie niederprasseln. Kagerou schüttelte genervt seinen Kopf, während er den Tisch abwischte. Er verkniff sich die ein, oder andere Bemerkung, und ging, als er fertig war, aus dem Zimmer. Kia sah Kagerou irritiert nach, und folgte ihm kurze Zeit später. „Hey! Alles okay, oder bin ich dir zu anstrengend heute?“, fragte Kia leise, als er Kagerou im Flur überraschte. Er nahm ihn in seine Arme, und drückte ihm sanft einen Kuss auf den Mund. „Ngh... Nicht! Was ist, wenn jemand kommt?“, hauchte Kagerou verschwörerisch. „Egal. Ich will meinen Geliebten jetzt einfach küssen!“ Kia schloss die Augen, während er Kagerou dieses Mal eine Spur leidenschaftlicher küsste. Kagerou ließ es geschehen, und verlor sich beinah in dem berauschenden Gefühl, als er plötzlich Yuu hinter Kias Schulter stehen sehen konnte. Er unterbrach hastig den Kuss, und räusperte sich, um damit Kia auf Yuus Anwesenheit aufmerksam zu machen. „Was ist los? War dir das nicht intensiv genug?“, Kia langte erneut nach Kagerou, der ihm stattdessen auf den Fuß trat. Kia rieb sich protestierend den Fuß, während Kagerou hörbar seufzte. „Yuu, wenn du in das Bad möchtest, das ist frei, wie du siehst...“, sagte Kagerou ergebend, während sich Kia verlegen zu Yuu umdrehte. „Yo Yuu! Lange nicht gesehen! Kann ich dir im Bad Gesellschaft leisten, denn da wollte ich ursprünglich auch hin, wenn mich nicht diese betörende Person aufgehalten hätte...“, er sah schelmisch zu Kagerou, der fragend die Augenbrauen hob. „Also, ja, ich wollte zur Toilette, aber ich hatte nicht vor, euch zu stören. Tut einfach so, als wäre ich nicht da, und macht weiter...“, murmelte Yuu leise, und schlich verlegen an ihnen vorbei zum Bad. Kia und Kagerou sahen sich verdutzt an. „Ach ja, was hältst du da eigentlich die ganze Zeit schon hinter deinem Rücken, Kagerou?“, wollte Kia neugierig wissen, der die Begegnung mit Yuu schon längst hinter sich gelassen hatte. Kagerou sah ihn geheimnisvoll an, und grinste verwegen. „Mhm. Das wirst du noch früh genug erfahren. Du musst dich ein wenig in Geduld üben.“, sagte Kagerou, gab Kia einen flüchtigen Kuss auf die Wange, und ging zurück zur Küche. Kia blickte ihm hinterher, und stellte sich anschließend grübelnd gegenüber der Badtür auf. Yuu starrte in den Spiegel, während er seine Hände wusch. Er musste an Kia und Kagerou denken, die sich vor seinen Augen im Flur geküsst hatten. Weiß Kouya davon? Hat er sich deswegen für diese WG entschieden? Hm... Bestimmt nicht. Die beiden haben bisher auch nicht wie ein Paar auf mich gewirkt. Und was ist mit Shino? Apropos Shino, hat er nicht gesagt, dass er am Samstag eine Person sieht, die es ihm angetan hat... Meint er damit etwa Kouya? Hoffentlich nicht...aber er hat zumindest eins und eins zusammengezählt, und erraten, dass Kouya die Person ist, von der ich ihm ständig erzähle. Ob er sich verplappert..., dachte Yuu angespannt, und trocknete seine Hände ab. Er öffnete die Tür, und stand plötzlich Kia gegenüber, der ihn erwartend anlächelte. „Yo! Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr raus.“, meinte Kia, während er Yuu Platz machte. „Also, wegen dem, was du eben gesehen hast. Ich will ehrlich sein. Kagerou und ich führen eine Beziehung. Wir halten das auch eigentlich nicht geheim, aber Kouya und Hiroki wissen bisher nichts davon, noch nicht. Spielt ja, oder vielmehr, es sollte letztlich auch keine Rolle für unser Zusammenleben hier spielen. Aber es muss natürlich irgendwann auf den Frühstückstisch, damit wir mögliche Missverständnisse frühzeitig aufklären können. Vielleicht weißt du ja, wie die beiden bezüglich Homosexualität eingestellt sind – wenn wir schon so von, in meinen Augen, unwichtigen Kategorien sprechen.“, erklärte Kia aufrichtig, und blickte Yuu fragend an. Dieser hatte ein so offenes Gespräch nicht erwartet, aber es war ihm überhaupt nicht unangenehm, da er Kia und Kagerou auf Anhieb genauso mochte, wie er Shino von Beginn an gemocht hatte. „Ähm, diese Thematik haben wir bislang nicht so häufig zu unserem Gesprächsthema gemacht. Ich, für meinen Teil, habe keine Schwierigkeiten. Und ich glaube auch, dass es Hiroki und Kouya nicht anders geht. Beide sind sehr liberal eingestellte, außergewöhnlich liebe Menschen, die nach dem Motto leben: Leben, und leben lassen! Trifft vielleicht nicht auf alles zu, was sie tun, aber ich denke, ihnen ist Achtsamkeit und Respekt vor anderen, und sich selbst sehr wichtig. Hm, was rede ich hier... Das ist natürlich nur meine eigene Wahrnehmung...“, erklärte Yuu verlegen, und sah Kia direkt in die Augen. „Vielen Dank, Yuu! Du wirst mir mit jeder Minute sympathischer. Es wäre echt jammerschade, wenn wir dich hier demnächst nicht häufiger zu sehen bekommen würden.“, meinte Kia mir einen wissenden Lächeln, als er im Bad verschwand. Yuu drehte sich um, und ging mit einem Lächeln zurück zur Küche. Kouya sah gebannt zur Tür, als sie sich öffnete. Enttäuscht stellte er fest, dass es nicht Yuu war, der durch sie hindurch kam, sondern Kagerou, der ihm zuzwinkerte. Kouya beobachtete, wie Kagerou, bevor er sich wieder auf seinen Platz setzte, eine Plastiktüte unter seinem Stuhl verschwinden ließ. Hm. Ich weiß zwar nicht, was du vorhast, Kagerou, aber ich lasse mich überraschen. Aber wo bleibt Yuu..., dachte Kouya sehnsüchtig, der es kaum ertragen konnte, dass Yuu länger aus seiner Sichtweite war, als es ihm zugegebenermaßen passte. Kouya genoss jede Minute, die er mit Yuu in einem Raum verbringen konnte. Er wusste, dass er sich kindisch benahm, aber seine Gefühle für Yuu wuchsen täglich weiter in nie geahnte Höhen. Er hatte das dringende Bedürfnis, das Missverständnis von heute Morgen unbedingt aufklären zu wollen, aber er musste sich eingestehen, dass das wohl heute, unter diesen besonderen Umständen, nicht mehr möglich war. Zu sehr hatten sie alle dem Alkohol zugesprochen, so dass er froh sein konnte, wenn er später noch in der Lage war, das richtige Zimmer zu finden. Bei diesem Gedanken grinste er schief. „So. Ich denke, es wird Zeit, dass der Abend ein wenig an Fahrt aufnehmen sollte, oder was meinst ihr?!“, Kagerou blickte in die Runde, während ihn alle Anwesenden schleierhaft anschauten. „Da wir ja alle Erwachsene sind, dachte ich mir, spielen wir doch einfach ein klassisches Spiel aus unserer längst vergangenen Jugendzeit.“, meinte Kagerou heiter, als er Kouya ins Visier nahm. „Okay, bei dir ist es noch nicht allzu lange her, Kouya! Auf jeden Fall...“ Kagerous Erläuterungen wurden durch Yuus Wiederkommen unterbrochen. Kouyas Augen blitzten vor Freude auf, und suchten Yuus, der ihm ein unbeschreibliches Lächeln schenkte. Kouyas stockte für einen Moment der Atem. „Gut, dann fehlt nur noch Kia, aber ich denke, der macht auch mit!“, sagte Kagerou, während er alle ansah, und dabei auf zweifelnde Blicke traf. Yuu erkundigte sich bei seinem Nachbar Shino, worüber Kagerou sprach. Als er dessen Antwort gehört hatte, sah er argwöhnisch zu Kagerou hinüber, dessen Vorfreude mit jeder Minute wuchs. „Na! Sagt bloß, ihr wollt euch den Spaß entgehen lassen? ‚Pflicht oder Wahrheit’ ist ein echter Klassiker! Kommt schon! Außerdem war es immer eine gute Möglichkeit, den ersten Kuss von seiner umschwärmten Person zu bekommen. Gut, natürlich nur dann, wenn sie auch daran teilnahm. Denn sonst konnte es wahrlich in die Hose gehen...“, erklärte Kagerou verschmitzt, als Kia zurückkam, und sie sich nun alle wieder vollständig in der Küche aufhielten. „Was machen wir jetzt?“, fragte Kia ahnungslos, während er sich setzte, und sich dabei eine Handvoll Weintrauben in den Mund steckte. Er sah alle erwartungsvoll an. „Wir sollen ‚Pflicht oder Wahrheit’ spielen.“, berichtete Shino alles andere als überzeugt, und schaute wieder zu Kagerou, der ihn offen anlächelte. Kia hob fragend die Augenbrauen, während er ebenfalls zu Kagerou sah. Shino wandte seinen Blick Hiroki zu, der nach wie vor eine skeptische Miene trug, während er Kagerou beobachtete. Dieser Ausdruck steht dir ungemein, Hiroki! Hätte doch glatt Lust, deine Lippen zu küssen! Auf jeden Fall wirst du das Objekt deiner Begierde nicht erobern können..., stellte Shino mit einem wissenden Blick auf Kia fest, der Hiroki dann und wann einen eifersüchtigen Blick zuwarf. „Nun, wenn keiner Einwände hat, mal abgesehen von Shinos und Hirokis fast identischem, skeptischen Blick, dann sollten wir anfangen, so lange wir noch einigermaßen nüchtern sind.“, sage Kagerou bestimmt. „Immerhin sollten wir noch in der Lage sein, uns heikle Fragen, und noch heiklere Pflichten auszudenken!“, sagte Kagerou lachend, und erntete einen unbestimmten Blick von Kia. Kagerou schnappte sich eine große, leere Flasche Sake, und legte sie in die Mitte des Tisches. „Och Ka-chan! Geht’s noch? So eine blöde Frage kannst auch wirklich nur du stellen!“, maulte Shino betrunken, als er Kagerou aus glasigen Augen anstarrte. „Ja, ja und nochmals ja. Ich war einer von denen, die sportlich gesehen nichts auf dem Kasten hatten! Dafür musste ich aber aufgrund meines zierlichen Körperbaus in der Kunst-AG als Aktmodell arbeiten... Okay, es war natürlich auf freiwilliger Basis, ich gebe es zu!“, murmelte Shino zum Schluss leiser werdend, und ließ ein schiefes Grinsen auf seinem Gesicht erscheinen. Kouya sah ihn mit großen Augen an. „Also, wenn ich dich als Modell in meiner AG gehabt hätte, dann wäre es mir eine Ehre gewesen, dich zeichnen zu dürfen!“, schmunzelte Kouya, während er aus seiner vierten Flasche Bier trank. Kouya schenkte ihm ein breites Lächeln, was Yuu mit Unbehagen beobachtete. Himmel, Kouya! Du bist sturzbetrunken! Vielleicht solltest du langsam in deinem Bett verschwinden..., dachte Yuu besorgt, und ließ Kouya nicht aus den Augen, da ihm dieser im betrunkenen Zustand alles andere als geheuer war, und er noch immer darüber rätselte, wem Shinos Vorfreude auf Samstag galt. „Gut. Dann will ich mal das gute Stück drehen!“, meinte Shino voller Enthusiasmus, und gab der Flasche ordentlich Schwung. Sie blieb ausgerechnet bei Yuu stehen. Yuu erblasste. Er ahnte nichts Gutes. Oh mist, was nun? Shino, ich hoffe, du verlangst jetzt nichts Unüberlegtes! Aber, wenn ich mir dich so ansehe, dann kann dabei nichts Gutes rauskommen..., dachte Yuu angespannt, während er zu Shino schaute. „Oh ho, Yuu-chan! Wahrheit oder Pflicht?”, fragte Shino neckisch grinsend. Yuu sah sich unsicher um, uns spürte alle betrunkenen Augen auf sich ruhen. Wenn ich jetzt Wahrheit sage, dann wird er mich bestimmt nach Kouya fragen. Wähle ich Pflicht, dann denkt er sich auf jeden Fall irgendwas im Zusammenhang mit Kouya aus...eine Umarmung, ein Kuss... Egal. Das kann ich ja dann dem Spiel, beziehungsweise unserem alkoholisierten Zustand zuschreiben... Yuu blickte gedankenverloren zu Kouya rüber, der ihn mit vom Alkohol geröteten Wangen anstarrte. Er musste bei diesem Anblick Lächeln. „Pflicht, Shino! Ich will deiner tiefgründigen Frage lieber entgehen!“, sagte Yuu zu Shino, der ihn enttäuscht ansah. „Wie gemein! Ich wollte unbedingt wissen...“, entgegnete Shino, der dabei aber augenblicklich von Yuu unterbrochen wurde. „Na, na! Ich sagte Pflicht, Shino! Hebe dir deine Frage für die nächste Runde auf...“, meinte Yuu eindringlich, während er in Shinos Augen nach Zustimmung suchte. „Ja, schon gut. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Du sagst es, Yuu! Stattdessen soll deine Pflicht sein... Hm... Genau! Gib Kouya einen Kuss auf den Mund!“, bestimmte Shino mit einem unverschämten Grinsen im Gesicht. Yuu hielt den Atem an, und Kouya erstarrte. Kagerou schaute zu Kouya rüber, dessen Gefühle sich mehr den je auf seinem Gesicht zeigten. Kia beobachtete die Szene, und erlaubte sich ein belustigtes Lachen. Yuu blickte für einen kurzen Moment unsicher zu Hiroki rüber, der Shino ungläubig ansah. Genau das habe ich erwartet, Shino..., dachte Yuu verlegen, als Hirokis laute Stimme seine Gedanken unterbrach. „Ey Shino! Sind wir hier etwa im Kindergarten?“, entgegnete Hiroki unwirsch, der versuchte, ein ernsthaftes Gesicht zu machen, was aber in seinem Zustand unmöglich für ihn war. Stattdessen grinste er von einem Ohr zum anderen, und meinte nur, dass sie wohl wirklich im Kindergarten wären, und wünschte daher Yuu und Kouya viel Spaß. Yuu freute sich insgeheim über diese Möglichkeit der Berührung, aber er hoffte, dass sein Gesicht nicht seine wahren Gefühle für Yuu verrieten. Er sah zu Kouya, der ihn verträumt anblickte. Oh Kouya, schau mich bitte nicht so an! Wie soll ich mich denn da zurückhalten..., stellte Yuu mit heimlicher Erregung fest. Er stand auf, und ging zu Kouya rüber, der ihn erwartungsvoll anschaute. Yuu beugte sich zu ihm hinab, und gab ihm einen sanften Kuss auf den Mund. Er hörte, wie Hiroki und Kia ihnen laut zu johlten. Yuu richtete sich wieder auf, und gab Kouya einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken. „Nur weil du der kleine Bruder meines besten Freundes bist, erfülle ich meine Pflicht ohne wenn und aber!“, meinte Yuu gespielt scherzhaft, und ging zurück zu seinem Platz. Ihm entging dabei Kouyas verletzter Blick, als dieser ihm nachsah. „Wie romantisch!“, brachte Kia seufzend hervor, und warf Kagerou einen vielsagenden Blick zu. „So, mal sehen, wen es nun trifft...“, orakelte Yuu, sobald der sich hingesetzt hatte, damit er, und vor allem die anderen auf neue Gedanken kamen. Er brachte die Flasche erneut in Bewegung, und als sie zum Stillstand kam, zeigte sie auf Hiroki. Yuu grinste ihn schelmisch an. „Pflicht oder Wahrheit, Hi-chan!?“, fragte Yuu, der Hiroki absichtlich mit seinem Kosenamen ansprach, den eigentlich nur Kouya benutzen durfte. Hiroki schaute Yuu für einen kurzen Augenblick irritiert an, lachte dann aber. „Pflicht, mein Freund!“, brüllte Hiroki lachend, der dabei fast seine Bierflasche umwarf. Yuu schaute sich überlegend um. Er bemerkte Shinos Blick, der Hiroki mit bewundernden Augen anstarrte, und kam lächelnd zu einer Entscheidung. „Küss Shino!“, offenbarte Yuu, der wusste, dass das ziemlich kindisch von ihm war, während Shino bei dem Gehörten augenblicklich errötete. „Meine lieben Herren,“, sagte Kia auf einmal großspurig, der nach der Chipstüte langte, „ich wusste ja gar nicht, dass ihr auf solche Spielchen steht! Wäre das zu Beginn klar gewesen, dann hätten wir uns doch gleich für eine hardcore Variante entscheiden können, oder Kagerou?“, meinte Kia weiter, und grinste alle unverschämt an. Kagerou sah zu Kia, der glücklich seine Chips aß. Er hoffte, dass er noch die Möglichkeit bekommen würde, Kia zu seiner speziell ausgedachten Pflicht verdonnern zu können. Er seufzte. Inzwischen war Hiroki aufgestanden, und zu Shino gewandert, der neben Kagerou saß. Er griff mit einer Hand nach Shinos Kinn, und drehte dessen Gesicht zu sich. Er beugte sich herab, und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss, bei dem die Zunge zum Einsatz kam. Shino öffnete überrascht die Augen, und sah in Hirokis, der seinen Blick erregt erwiderte. Der Kuss dauerte für einige Anwesende im Raum eindeutig zu lang. Stille breitete sich aus. Als Hiroki endlich von Shino abließ, und sich wieder aufrichtete, sahen ihn fünf fassungslose Personen an, einschließlich Shino. Hiroki räusperte sich, und ging Richtung Tür. „Ich muss mal eben kurz austreten!“, witzelte er, und schloss die Küchentür hinter sich. „Weiß er, was er da eben gemacht hat?“, fragte Kia heiter, als er Shinos Blick begegnete. Dieser hatte sich wieder gefasst, und trank einen Schluck Bier. Shino sah kurz zu Tür, und wartete darauf, dass Hiroki wieder eintrat. Er spürte, dass sein Herz noch immer raste. Er konnte noch immer Hirokis Zunge spüren, die sich verspielt in seiner Mundhöhle ausgetobt hatte. Dafür, dass er schon einen Sitzen hat, klappt das Küssen recht gut. Verdammt, das fühlte sich echt gut an, Hiroki! Wie küsst du erst, wenn du vollkommen nüchtern bist..., schwärmte Shino innerlich, während sich ein flüchtiges Lächeln auf seinen Lippen zeigte. Kia sah es, und hob fragend die Augenbrauen. Er wollte Shino gerade drauf ansprechen, als Hiroki zurückkam. „Na endlich!“, meinte er stattdessen, und sah zu Hiroki, der sich setzte. „Dann kann es ja weitergehen! Oder wollen wir noch ein wenig über den Kuss reden, Hiroki?“, fragte Kia amüsiert, der bemerkte, dass Hiroki ein wenig verlegen war. „Ich denke, dazu besteht kein Anlass, oder? Ich habe meine Pflicht erfüllt, und nun werde ich meines Amtes walten, und die Flasche drehen, damit die nächste Runde starten kann.“, entgegnete er, blickte dabei in die Runde, und setzte die Flasche in Bewegung. Kagerou unterdrückte einen Freudenschrei, als er bemerkte, dass die Flasche auf ihn zeigend zum Halten kam. Endlich... Fast habe ich dich, Kia!, dachte er aufgeregt, und hoffte, dass Hiroki nichts Unmögliches von ihm verlangte, und er anschließend die Flasche auf Kia gerichtet zum Stillstand bringen konnte. Bevor Hiroki überhaupt fragen konnte, entschied sich Kagerou laut für Wahrheit. Er hatte keine Lust, womöglich der dritte Pflichtküsser zu werden. „Hm. Wahrheit also.“, murmelte Hiroki, der Kagerou anblickte. „Hast du schon mit einem Mann geschlafen?“, fragte Hiroki ungewöhnlich ernsthaft. Kagerou musste schlucken. Er schaute auf den Tisch, und überlegte, ob er lügen sollte, aber er entschied sich dagegen. Ist schließlich nichts dabei... Morgen kann sich eh keiner mehr daran erinnern..., überlegte er fieberhaft, und sah zu Hiroki. „Ja, ich habe schon mit einem Mann geschlafen.“, sagte er ohne zu zögern, während sich Kia dabei an seinem Bier verschluckte, und Husten musste. „Alles in Ordnung, Kia?“, fragte Yuu, der ein Lachen nicht unterdrücken konnte. „Ja, geht schon.“, meinte Kia nach Luft schnappend, und schaute zu Kagerou, der noch immer in Hirokis Richtung blickte. „Interessant! Uke- oder Semetyp?“, wollte Hiroki weiter neugierig wissen, als ihn Kia unterbrach. „Hey Hiroki! So interessant das auch für uns alle wäre, aber du weißt, nur eine Frage!“, sagte er, und schaute zu Kagerou, der ihn nun geheimnisvoll anlächelte. Der führt doch irgendwas im Schilde..., dachte Kia beunruhigt. „Ja, tut mir leid. Eine Frage, eine Antwort.“, meinte Hiroki, der erkennbar enttäuscht klang. Yuu schaute forschend zu Hiroki, der sich nun mit seinem Bier zufrieden geben musste. Er schmunzelte. Also, ich fasse mal zusammen: Hiroki steht auf Kagerou, und Shino auf Hiroki. Kagerou ist mit Kia zusammen... Ich muss mir also um Kouya keine Gedanken mehr machen..., stellte Yuu erleichtert fest, und sah zu Kouya rüber, der seinen Kopf schläfrig auf den Tisch gebettet hatte, und alle aus halb geschlossenen Augen teilnahmslos anblickte. Yuu vernahm Kagerous Stimme, die ankündigte, dass dieser die Flasche wieder in Bewegung gesetzt hatte. Er sah zu ihr hin. Sie hatte offensichtlich nur einen geringen Schubs von Kagerou bekommen, so dass sie nur eine halbe Drehung absolvierte, und somit auf Kia gerichtet stehen blieb. Kagerous Jubel erfüllte den Raum. Kia blickte entrüstet zu Kagerou, der ihn ohne Skrupel ansah. „So, mein Lieber! Keine Beschwerden, bitte! Die Flasche hat sich regulär bewegt, und ist einfach dort stehen geblieben, wo sie jetzt steht.“, meinte Kagerou mit einem bezaubernden Lächeln Richtung Kia, der verstummte. „Wahrheit oder Pflicht?“ Kagerou sah ihn fragend an. „Hm, dann Pflicht! Ich werde das Gefühl nicht los, dass du etwas im Schilde führst...“, sagte Kia immer leiser werdend, während sich auf Kagerous Gesicht ein triumphierendes Lächeln breit machte. Kagerou langte unter seinen Stuhl, und holte die Plastiktüte hervor, die er dann Kia entgegen hielt. „Hier! Was sich darin befindet, musst du anziehen! Aber bitte nicht hier in der Küche, sondern draußen...“, sagte Kagerou lachend, während ihm Kia die Tüte aus der Hand nahm, und er einen Blick hinein warf. Er erblasste. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Kia blickte fragend zu Kagerou, der aber bejahend den Kopf nickte. „Na gut. Du wirst schon sehen, was du davon hast...“, brummelte Kia, und verließ die Küche. „Was war denn in der Tüte, Kagerou?“, fragte Shino neugierig, während er Kia nachblickte. „Das werdet ihr gleich erfahren!“, war alles, was Kagerou erheitert dazu zu sagen hatte. Shino sah zu Yuu, der den inzwischen auf der Tischkante schlafenden Kouya beobachtete. Er musste über Kouyas Anblick schmunzeln. Er erlaubte sich einen Blick auf Hiroki, der die Chance nutzte, um unbeobachtet von Kia mit Kagerou schwatzen zu können. Beide lachten gerade laut, als sich die Küchentür öffnete, und Kia wieder auftauchte. Dieser musste seinen Kopf unten halten, damit seine aufgesetzten Hasenohren beim Durchgehen nicht am Türrahmen hängen blieben. Als er komplett in der Küche stand, ging das von Kagerou erhoffte Gelächter los. Er stimmte befriedigt mit ein. Kia stand beinah nackt vor ihnen. Lediglich ein knapper Tanga, ein Netzmuskelshirt, sowie flauschige Hasenohren zierten seinen sportlichen Körper. Er schaute angesäuert zu Kagerou rüber, der ihn mit bewundernden Augen anblickte. „Wow! Das Bild müssen wir festhalten... Du siehst toll aus, Kia! Einrahmen und im Bad verewigen, so dass wir immer ein flauschiges Gefühl auf der Toilette bekommen, wenn wir nur dein Bild ansehen...“, sagte Kagerou lachend, während er aus der Küche rannte, um den Fotoapparat zu holen. Als er zurück in die Küche kam, hatte Kia den schlafenden Kouya auf seine Arme gebettet, und grinste zu Kagerou, der ihn im ersten Moment irritiert anstarrte. „Oh?! Ja, das ist sogar noch besser! Dann hat Kouya wenigstens ein Erinnerungsfoto davon, wenn er schon deinen genialen Auftritt verpasst!“, entgegnete Kagerou aufgeregt, der fleißig ein Foto nach dem anderen schoss. Yuu sah betrübt zu Kia rüber, der Kouya fest in seinen Armen hielt. Eigentlich hatte er vorgehabt, Kouya zu einem günstigen Zeitpunkt in dessen Zimmer zu tragen, aber Kia kam ihm nun zuvor. Als Kagerou aus der Küche rannte, ließ Kia verlauten, dass er Kouya in sein Zimmer tragen werde, damit er dort in Ruhe weiterschlafen konnte. Yuu besaß nicht den Mut, Kia daran zu hindern, und stattdessen sich selbst fürs Tragen anzubieten. Somit blieb ihm nichts anderes übrig, als Kouya aus der Ferne mit sehnsuchtsvollen Augen anzublicken, und hinzunehmen, wie dieser fotografiert wurde, und anschließend in sein Zimmer gebracht wurde. Kia legte Kouya vorsichtig auf dessen ausgebreiteten Futon, und blickte auf ihn hinab. Er grinste. Kouya drehte sich auf die Seite, und murmelte leise Yuus Namen. Kia hob daraufhin fragend seine Augenbrauen, und berührte sanft Kouyas Wange, bevor er aufstand, und heiter mit seinen Hasenohren zurück in die Küche ging. Das wird ein noch feuchtfröhlicherer Abend... Schaf du mal gut, Kouya! Dein Yuu hat ja nichts zu befürchten..., dachte Kia, während er zu den betrunkenen Personen in die Küche trat. Kapitel 9: Nächtliches Gelächter -------------------------------- Kouya öffnete die Augen. Bis auf die nächtlichen Lichtquellen der Stadt, die von außen in das Zimmer eindrangen, war es dunkel um ihn herum. Er starrte an die unvertraute Zimmerdecke und versuchte seine Gedanken zu sortieren. Wo bin... Oh! Genau, der Umzug! Aber wie bin ich in mein Bett gekommen? Oh verdammt, wie viel habe ich getrunken? Wo sind alle... Kouyas rasende Gedanken wurden durch das unverständliche Gemurmel einer Person unterbrochen. Dieses plötzlich auftauchende Geräusch ließ Kouya unter seiner Decke erstarren. Er lauschte und vernahm das gleichmäßige Atmen einer Person in seiner Nähe. Er hielt die Luft an. Halt... Wer ist hier mit mir in meinem Zimmer... Habe ich etwa? Oh nein, ich werde doch nicht mit Yuu... Nein, nein, nein... Daran würde ich mich bestimmt erinnern! Aber... Wenn ich mich schon nicht daran erinnern kann, wie ich überhaupt in mein Bett gekommen bin..., dachte Kouya beunruhigt, und setzte sich vorsichtig auf. Er sah sich um, und entdeckte zwei weitere Futons, mit zwei darauf schlafenden Personen. Gleich zwei?! Wer..., überlegte Kouya fieberhaft, als ihm eine Person überraschend seine gedachte Frage beantwortete. Hiroki drehte sich auf die Seite, brummelte schläfrig, und fing anschließend laut zu schnarchen an. Kouya fand die Situation urkomisch, so dass er sich den Mund zuhalten musste, um nicht laut aufzulachen. Er dachte an die weitere Person im Zimmer und nahm an, dass das nur Yuu sein konnte. Sein Herz fing zu klopfen an. Er schaute in Yuus Richtung, konnte ihn aber in der Dunkelheit kaum erkennen. Er krabbelte leise auf allen Vieren hinüber, und sah auf Yuu hinab, der fest schlafend auf dem Rücken lag. Kouya musste lächeln. So hatte er Yuu schon lange nicht mehr gesehen. Früher hatten sie häufiger zu dritt in einem Zimmer geschlafen. Aber je älter sie wurden, desto seltener wurden diese Begebenheiten. Und seit sich Kouya seiner Gefühle für Yuu bewusst war, war er diesen Gelegenheiten lieber aus dem Weg gegangen. Nicht, dass er sich nicht hätte beherrschen können, und Yuu eventuell überfallen hätte, nein, er hatte einfach schlicht und ergreifend Angst, dass er im Schlaf über seine Gefühle reden würde und einer der beiden, allen voran Yuu, dies mitbekommen würde. Kouya zuckte zusammen, als sich Hiroki erneut bewegte, und dabei pupste. Kouya biss sich augenblicklich in die Hand und unterdrückte somit sein hervorbrechendes Gelächter. Ihm traten Tränen in die Augen, und er entschied sich schweren Herzens für einen vorläufigen Rückzug aus seinem Zimmer, damit er die beiden mit seiner vorübergehenden Albernheit nicht weiter störte. Er sah noch einmal zu Yuu, der nach wie vor fest schlief. Wie gerne würde ich dich küssen, Yuu! Aber, wenn ich jetzt meine Hand wegnehme, dann würde dich mein Lachen nur aus deinem Traum reißen! Ich hoffe, du träumst wenigstens von mir..., stellte Kouya liebevoll fest, und zeichnete sanft mit dem Zeigefinger seiner freien Hand Yuus Lippen nach. Anschließend stand er auf und schlich zur Tür, die er leise öffnete und hindurch schlüpfte. Kouya lehnte sich gegen die geschlossene Zimmertür, und versuchte normal zu atmen. Sein verkrampfter Bauch schmerzte. Sobald er nur an Hiroki dachte, begann sein Lachkrampf von vorn. Er überlegte belustigt, ob sein Verhalten die Nachwirkungen des noch nicht abgebauten Alkohols waren, während er zum Bad ging. Kouya saß erleichtert auf der Toilette. Er gähnte hörbar und sah sich im Bad um. Der Toilette gegenüber stand eine Holzkommode mit zwei Schubladen, auf der verschiedene Dinge lagen. Neben Handtüchern, Bürsten, und Cremes, entdeckte Kouya auch wieder die Kondompackung, die nun geöffnet da lag. Er runzelte die Stirn. Sein Blick blieb an einer Schublade hängen. Er kniff die Augen zusammen, um sie anschließend vor Überraschung weit aufzureißen. Er beendete hastig seinen Toilettengang, und ging auf die Kommode zu. Er traute seinen Augen nicht. An der Schublade klemmte ein Foto, welches gestern Abend definitiv noch nicht da gewesen war. Und es war nicht irgendein Foto, nein, auf dem Foto waren zwei Personen zu erkennen, die Kouya sehr gut kannte. Er nahm das Bild in die Hand, und betrachtete es genauer. Er sog verblüfft den Atem ein, und brach dann in schallendes Gelächter aus. Er hoffte, dass ihn niemand hörte, aber das war ihm jetzt auch egal. Da er sich die letzten Minuten schon so zusammenreißen musste, gab es nun kein Halten mehr für ihn. Er lachte, bis ihm erneut die Tränen kamen, und er nach Luft schnappte. Als er sich wieder gefasst hatte, ging er zum Waschbecken, und wusch sich Hände und Gesicht, bevor er das Foto erneut betrachtete. Er begann wieder zu lachen, diesmal aber kontrolliert leise. Auf dem Foto war er, schlafend auf Kias Armen zu sehen, während dieser dabei in einem freizügigen Hasenkostüm mitten in der Küche stand. Ach verdammt, da habe ich ja mächtig was verpasst... Aber wann genau war das? Hat mich Kia in mein Bett getragen? Oh Gott, und dabei war er halbnackt... Hm... Aber sehr ansehnlich, muss ich zugeben..., dachte Kouya amüsiert, als ihn ein weiterer Lachkrampf durchschüttelte. Ein unerwartetes Klopfen an der Badetür, ließ Kouya zusammenzucken. Er horchte, und erkannte Kagerous Stimme. „Äh... Kouya? Bist du das? Alles okay bei dir?“, fragte dieser besorgt, während Kouya unsicher zur Tür ging und sie öffnete. Dort stand Kagerou, nur in eine Pyjamahose gekleidet, und sah ihn mit fragenden Augen an. „Oh... Habe ich dich etwa geweckt? Das tut mir wirklich leid... Ich wollte gar nicht so laut lachen, aber...“, stammelte Kouya, während Kagerou auf das Foto in Kouyas Hand starrte. Sofort prustete dieser los, während er dabei Kouya zurück in das Bad schob, damit das Lachen nicht durch den Flur hallte. Er schloss die Tür und drehte sich lachend zu Kouya um, der ihn breit angrinste. „Kann es sein, dass das dein Vorhaben war, Kagerou?“, fragte Kouya vergnügt, während er das Foto wieder an die Schublade klemmte. „Oh… Ha, ha, ha… Ja, genau!”, meinte Kagerou lachend, während er sich am Kopf kratzte. „Schade nur, dass du geschlafen hast! Wir hatten wirklich noch eine Menge Spaß! Aber Kia in seinem Kostüm, war die nicht mehr zu toppende Krönung des Abends...“, entgegnete Kagerou und zwinkerte Kouya zu. „Nun, tut mir beinahe leid, dass du mit auf dem Foto bist. Das war so nämlich nicht geplant. Aber als ich die Kamera holen ging, hat sich Kia einfach deiner bemächtigt... Aber du musst zugeben, es ist klasse geworden, oder?“, wollte Kagerou ernsthaft wissen und schaute fragend zu Kouya. „Kein Ding! Es ist super geworden... Aber wird Kia nicht sauer werden, wenn es hier im Bad für alle sichtbar ist?“, fragte Kouya neugierig. „Ach was! Der freut sich bestimmt insgeheim darüber, dass er so seinen sportlichen Körper zeigen kann!“, entgegnete Kagerou lächelnd, und überraschte Kouya mit der nächsten Frage. „Kannst du nicht mehr schlafen, oder warum stehst du hier lachend im Bad?“, wollte er plötzlich wissen. „Was.. Nun, das gleiche könnte ich dich auch fragen!“, war Kouyas schelmische Antwort, während er Kagerou grinsend dabei ansah und beide augenblicklich wieder in Lachen ausbrachen. Als sie sich beruhigt hatten, beschlossen sie, gemeinsam in der Küche einen warmen Tee zu trinken. „Danke!“, sagte Kouya anerkennend, während ihm Kagerou eine Tasse Tee vor die Nase stellte. Er sah sich um und war überrascht, den Küchentisch schon wieder völlig aufgeräumt zu sehen. „Sag mal, Kagerou, wann seid ihr denn ins Bett gegangen?“, fragte Kouya neugierig mit einem Blick auf die Küchenuhr, die halb vier anzeigte. „Oh, jetzt wo du mich fragst... Lass mich mal überlegen.... Hm, ich glaube, so gegen zwei haben wir Schluss gemacht. Kia, Hiroki und Yuu hätten wohl durchgemacht, aber ich und Shino waren einfach platt. Nun und du warst ja schon viel früher...“, meinte Kagerou grinsend und nippte zufrieden an seinem Tee. „Ah ja. Hm... Kann ich mir bei meinem Bruder richtig gut vorstellen... Ähm, Kagerou, kann ich dich was fragen?“, brachte Kouya zögernd hervor. Kagerou blickte zu ihm und nickte. „Also, ich kann nicht so gut mit Alkohol, na ja, also, was ich fragen will, ist, habe ich irgendwas Peinliches getan, oder gesagt? Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, und daran, wie ich in mein Bett gekommen bin, schon gleich gar nicht. Schon peinlich, oder?“, fragte Kouya unsicher, und grinste schief. „Mal sehen. Nach einem leidenschaftlichen Kuss mit Yuu, hast du ordentlich aus dem Nähkästchen geplaudert! Hiroki musste dich stoppen, da es wohl sonst zu unangenehm für dich und ihn geworden wäre. Na ja, dann dürfen wir den Limbo-Tanz nicht vergessen, der, wohlgemerkt, mit nacktem Oberkörper stattfand und die Sache mit Shino will ich lieber gar nicht erst erwähnen...“, meinte Kagerou, während er Kouya dabei ernst anschaute. Dieser wurde bei jedem weiteren Wort blasser, und zweifelte an seinem Urteilsvermögen. Der macht doch jetzt einen Scherz, oder? Oder nicht? Das habe ich nicht getan... Definitiv nicht! Limbo-Tanz? Und was soll mit Shino gewesen sein?, schoss es Kouya durch den Kopf, und er blickte zu Kagerou, der grinsend seine Hände an der Teetasse wärmte. „Das meinst du doch nicht ernst, oder? Ich meine, daran würde ich mich bestimmt erinnern...“, fragte Kouya verunsichert, und erhoffte eine erlösende Antwort. „Na klar...stimmt das nicht, Kouya! Was denkst du nur? Ich glaube, du bist einer von denen, die ab einer bestimmten Menge Alkohol einfach einschlafen. Nun, und davor zumindest noch so zurechnungsfähig sind, dass sie keine komischen Dinge machen würden...“, erläuterte Kagerou entschieden. Als Kouya die Worte vernahm, seufzte er erleichtert auf, und schaute gespielt böse zu Kagerou rüber. „Tu das bitte nicht, wenn ich in so einen schlechten Zustand bin, Kagerou! Schau, ich trage meine Klamotten von gestern, habe eine Gedächtnislücke und bösartige Lachkrämpfe, zudem noch immer einen schlechten Geschmack im Mund, und zu allem Überfluss liegt mein Bruder schnarchend in meinem Zimmer. Ach ja, nicht zu vergessen, nebenbei werde ich in den Armen eines Riesenkarnickels fotografiert! Geht es noch schlimmer?“, jammerte Kouya spielerisch übertrieben und sah Kagerou mit großen Augen an. Dieser, von Kouya beinah auf die falsche Fährte geführt, lachte anerkennend, und schüttelte entschuldigend mit dem Kopf. „Tut mir leid! Ich hätte mir wohl vorher ein Bild machen sollen... Aber habe ich dir schon gesagt, dass mir dein Humor gefällt! Ach, und noch etwas. Ich wollte mich für mein Gelächter an deinem ersten Abend hier in der WG entschuldigen! Kannst du dich daran erinnern?“, sprudelte es glücklich aus Kagerou heraus. Kouya sah ihn fragend an. „Nun, du hattest die WG-Atmosphäre so spannend beschrieben... Ich hatte darüber gelacht, aber insgeheim mochte ich deine Worte! Na ja, das wollte ich dir halt noch sagen. Ähm, okay. Ich rede mich hier um Kopf und Kragen und das zu so einer späten Stunde! Was meinst du, wollen wir wieder ins Bett gehen? Du kannst gerne mit bei mir schlafen, wenn dir dein Zimmer zu laut ist...“, bot Kagerou lachend an, und stand auf, um die leeren Tassen in die Spüle zu stellen. „Ach ja, ich gebe dir gerne etwas Bequemes zum Anziehen für die restliche Nacht.“, meinte Kagerou, und blieb vor Kouya stehen, der noch immer saß, und dankbar zu ihm rauf sah. „Das wäre meine Rettung! Ich nehme dein Angebot gerne an... Ich glaube, wenn ich jetzt zurück ins Zimmer müsste, dann könne ich vor Lachen nicht einschlafen.“ Oder eher vor Herzklopfen, wenn ich an Yuu denke, der kaum zwei Meter entfernt von mir liegt..., sagte und dachte Kouya hintereinander, und gesellte sich zu(m) (Stehenden) Kagerou, der sich aufmachte, die Küche zu verlassen. Kia streckte sich ausgiebig am nächsten Morgen, und setzte sich auf. Er sah schlaftrunken neben sich, und runzelte die Stirn. Oh? Du bist du schon aufgestanden, Ka-chan... Wie gemein, dabei habe ich jetzt Lust auf dich..., stellte Kia enttäuscht fest, und stand auf. Er blickte sich in seinem Zimmer um, konnte aber nirgends eine Spur von Kagerou entdecken. „Hm, dann suche ich dich eben...“, murmelte er leise, und kratzte sich im Schritt. Er ging zur Tür und trat in den Flur hinaus. Er lauschte, konnte aber keine Geräusche aus der Küche hören. Hm, dann also das Bad, oder sein Zimmer... Da wollen wir doch mal die Ka-chan-Festung mit Leidenschaft erstürmen, und dabei eine Liebesgeisel nehmen..., dachte Kia vergnügt, während er zum Bad ging. „Er hat es doch wahrhaftig schon hier ins Bad gelegt!“, sagte Kia erstaunt zu sich selbst. Er starrte auf das Bild, und musste schmunzeln. Kouya und ich machen da wirklich eine gute Figur..., urteilte er innerlich zufrieden. Er sah anschließend in den Spiegel, und grinste seinem Spiegelbild unverschämt zu. Er lachte leise und überlegte, wie Kouya wohl auf das Foto reagieren wird. Er verließ das Bad, um zu Kagerous Zimmer zu gehen. Dort angekommen, öffnete er leise die Tür und schaute hinein. Er sah, dass die Balkontür offen stand und es dadurch recht frisch im Zimmer war. Ihm fröstelte ein wenig, während er sich weiter umsah. Er blickte zu Kagerous Futon und konnte darauf eine unter Decke schlafende Person entdecken. Ah, da bist du ja... Habe ich dich!, nahm Kia erfreut an und schlich zum Futon hinüber und krabbelte behutsam unter die Decke. Er schmiegte sich von hinten an die schlafende Person, und begann sie zu streicheln. „Mhm...“, brummelte es, und Kia hielt erschrocken inne. Er rutschte augenblicklich unter Decke hervor und schlug sie zurück. „Was zum...“, setzte Kia gerade an, als ihn ein Schatten an der Balkontür ablenkte. Er sah hinüber, und fand dort Kagerou stehend, der ihn überrascht anblickte. Augenblicklich erfasst dieser die Situation, und begann laut zu lachen. Kouya erwachte von dem Lärm und rieb sich schläfrig die Augen. Er blickte sich um, und fand Kia neben sich im Bett sitzend. Er sah ihn irritiert an. Kia erwiderte unsicher Kouyas Blick. Was macht Kouya hier in Ka-chans Bett? Und dann auch noch in dessen Klamotten... Ich versteh jetzt gar nichts mehr... Ich habe ihn doch gestern Abend in sein Zimmer gebracht, oder etwa nicht? Nee, so betrunken war ich noch nicht..., dachte er ratlos, und blickte hilfesuchend zu Kagerou, der noch immer über die filmreife Szene vor ihm lachen musste. „Kia, was machst du denn hier?“, fragte Kouya unschuldig, und musterte Kia. „Was? Also echt mal! Das ist mein Satz! Ich müsste eher dich fragen, was du im Bett meines Geliebten zu suchen hast!?“, schoss Kia schärfer als beabsichtigt zurück, während er Kouya anstarrte. Kouya riss erstaunt die Augen auf und sah zu Kagerou. „Hey Kia! Kein Grund, gleich so unfreundlich zu werden. Es ist nicht das, wonach es vielleicht aussehen mag. Ich habe Kouya einfach angeboten, in meinem Zimmer zu übernachten, da es in seinem zu laut zuging... Nein, nicht, was du jetzt schon wieder denkst!“, meinte Kagerou schnell, und rollte dabei genervt mit den Augen, als er sah, dass Kia beabsichtigte, eine dreiste Frage zu stellen. „Manchmal glaube ich echt, dein Leben besteht nur aus der Buchstabenkombination SEF (Anmerkung Autorin: S=Schlafen; E=Essen; F=Ficken)!“, maulte Kagerou, während er sich plötzlich umdrehte und er lächelnd in die eine Richtung des Balkons schaute. „Guten Morgen Yuu!“, hörte Kouya Kagerou sagen und wurde auf der Stelle blass. Er stand hastig auf, und schaute verlegen zum Balkon, als dort Yuu neben Kagerou erschien. Yuu begrüßte Kagerou freundlich und sah dabei beiläufig in dessen Zimmer. Dort entdeckte er Kouya und erstarrte. Kouya erwiderte Yuus harten Blick und spürte die zunehmende Hitze in seinen Wangen. Er sah betroffen weg. Kia, der die Blicke zwischen den beiden beobachtet hatte, grinste wissend und legte Kouya freundschaftlich den Arm um die Schulter. „Nun Kouya, ich weiß zwar nicht, wie du es angestellt hast, aber du hattest die unglaubliche Ehre, Ka-chan in der vergangenen Nacht Gesellschaft zu leisten. Das darf nicht jeder...“, meinte Kia amüsiert, während er Yuu rasch einen neckischen Blick zuwarf. Dieser fixierte noch immer Kouya, der am liebsten im Boden versunken wäre. Oh bitte, nicht auch noch Hiroki..., dachte Kouya entgeistert, als er Hirokis vergnügt klingende Stimme vernahm, die alle völlig ahnungslos begrüßte. Kouya sah kurz in Hirokis Richtung, der sich ausgelassen mit Kagerou unterhielt. Kouya nutzte die Gelegenheit, um sich entschuldigend aus dem Zimmer in Richtung Bad zu flüchten. Bevor er aber die Tür vollständig hinter sich geschlossen hatte, hörte er Yuus Stimme. „Entschuldigt mich ebenfalls. Ich muss auch ganz dringend...“, sagte dieser eilig, während er zur Tür ging. Kia rief ihm belustigt zu, dass es aber nur ein Klo gäbe und er eine Nummer ziehen müsste. Yuu quittierte Kias Scherz mit einem schiefen Grinsen. Kouya ging nach dem Gehörten einen Schritt schneller, um Yuu nicht im Flur begegnen zu müssen. Er wollte grade die Badtür schließen, als Yuus Gesicht vor ihm auftauchte. Ohne ein Wort zu sagen, zwängte sich dieser durch den schmalen Spalt und schloss anschließend die Tür ab. Kouya hielt den Atem an. Nicht gut, gar nicht gut..., stellte er beunruhigt fest, als er angespannt mit klopfendem Herzen auf Yuus Rücken starrte. Yuu drehte sich um, und lehnte sich schweigend gegen die Tür. Er durchzog Kouya einer intensiven Musterung und schien darüber nachzudenken, was er sagen wollte. Kouya blickte kurz in Yuus Augen, bevor er unsicher zu Boden sah. Die Stille dehnte sich für ihn ins Unerträgliche, so dass er es nicht mehr aushalten konnte und er anfing, sich zu erklären. „Yuu! Also... Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich fühle mich ein wenig unwohl, obwohl ich das nicht müsste. Ich habe nichts Verbotenes getan, na ja und zwischen uns ist es seltsam... Keine Ahnung. Ich...“, stammelte Kouya durcheinander, während er Yuu anschaute. Dieser erwiderte seinen Blick und unterbrach ihn sanft. „Hey Kouya, du musst dich nicht rechtfertigen.“, sprach Yuu leise, und sah dabei Kouya mit sehnsuchtsvollen Augen an. „Ich bin nicht hier, um von dir zu hören, was du bei Kagerou im Bett gemacht hast, sondern... Ich...“, sagte Yuu, und brach gequält ab. Er holte tief Luft. „Ich will ehrlich zu dir sein, Kouya. Hör einfach nur zu. Du brauchst nichts sagen, hm, zumindest jetzt noch nicht. Also, was ich sagen will, ist... Ich bin verliebt in dich!“, sagte Yuu mit fester Stimme, während er Kouya dabei ernst anblickte. Kouya starrte verblüfft zurück, und spürte, wie sein Herz zu rasen begann. Das glaube ich jetzt nicht! Eine Liebeserklärung! Von Yuu... Ich sterbe vor Glück... Aber warum der ernste Blick, Yuu? Was mache ich jetzt... Mir geht es doch genauso... Kouyas Gedanken überschlugen sich. Er überlegte, ob er etwas sagen sollte, als Yuu auch schon fortfuhr. „Ich weiß, Liebe ist ein großes Wort... Klingt auch irgendwie hohl, jedoch finde ich meine Gefühle alles andere als bedeutungslos! Ich weiß nicht, seit wann sie über rein freundschaftliche hinausgewachsen sind. Aber als du fortgegangen bist, wurden sie mir zum ersten Mal richtig bewusst. Es tat gut, aber gleichzeitig schmerzte es, dich am Telefon zu hören. Ich wollte dich sehen, dich hier haben! Wollte dir meine Gefühle gestehen! Ich habe es kaum aushalten können... Und als ich dich endlich am Flughafen wiedersah, dachte ich, dass mein Herz vor Glück stehen bleibt. Du hast dich verändert, aber irgendwie auch nicht... Als ich dich dann allein am Bahnhof abholen sollte, hatte ich mir fest vorgenommen, mit dir über meine Gefühle zu sprechen, aber...“, Yuu stockte verlegen, ballte eine Faust und sank auf seine Knie. Er beugte sich nach vorn. „Es tut mir unendlich leid, dass ich mich dir aufgedrängt habe!“, sagte Yuu aufrichtig, während er auf den Boden starrte. Kouya sah ihn bestürzt an. „Yuu! Bitte... Steh auf... Es ist in Ordnung! Du musst dir keine Gedanken mehr darüber machen. Wirklich! Ich liebe dich doch auch! Also... Äh... Ich bin verliebt in dich...“, stotterte Kouya verlegen, als er auf Yuu hinabsah. Dieser richtete sich überrascht auf und blickte zu Kouya hoch, der mit hochrotem Kopf vor ihm stand. „Bitte, steh auf...“, sagte Kouya leise, und sah leidend zu Yuu. Yuu erfüllte Kouyas Bitte. Er stand nun mit rasendem Herzschlag vor Kouya, der es vermied, ihm in die Augen zu sehen. „Kouya...“, hauchte Yuu liebevoll, und trat einen Schritt näher. „Halt! Stop! Komm nicht näher...“, sprudelte es aufgeregt aus Kouyas Mund. „Ich meine... Nicht jetzt näher kommen... Ich bin völlig durcheinander...“, plapperte er und sah hilfesuchend zu Yuu, der ihn anlächelte. „Gut. Dann lasse ich dich jetzt allein. Wir sollten unser Gespräch zu einem günstigeren Zeitpunkt fortsetzen...“, meinte Yuu mitfühlend und ließ Kouya allein im Bad zurück. Kouya saß an seinem Schreibtisch, und fuhr seinen PC runter. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, streckte sich und seufzte dabei hörbar. Er blickte aus dem Fenster, und ließ seine Gedanken schweifen. Was für ein Wochenende... Chaotischer ging es wirklich nicht, aber wenn ich an die Sache mit Yuu denke..., stellte er müde fest, während ihm warm ums Herz wurde. Er dachte glücklich an den vergangenen ersten Tag in seinem neuen Zuhause. Nach dem späten gemeinsamen Frühstück, und einer Menge Gelächter, verließen Yuu und Hiroki, zusammen mit Shino, der in die Videothek musste, die WG. Kouya und Kagerou saßen anschließend noch eine Weile in der Küche, um sich über alles Mögliche zu unterhalten. Kouya genoss das Gespräch, aber seine Gedanken wanderten, häufiger als beabsichtigt, zu Yuu, der irgendwo anders den Rest des Tages verbrachte. Er sehnte sich nach ihm und konnte noch immer nicht fassen, dass Yuu ihm eine Liebeserklärung gemacht hatte. Die war genau das, worauf er über ein Jahr gehofft hatte, aber nun war ihm jede Sekunde eindeutig zu lang. Er wollte nicht mehr warten müssen. Am liebsten würde er das verschobene Gespräch sofort abhalten, um mit bereinigten Seiten endlich eine Beziehung starten zu können. Neben Kouyas Gedanken an Yuu, nahm das fertige Einrichten seines Zimmers seine übrige Zeit des Tages in Anspruch. Gegen frühen Abend war er endlich mit seiner Räumlichkeit so zufrieden, dass er sich ein wenig Zeit am PC gönnte. Er räumte seinen Mailordner auf und informierte sich über die Vorlesungen an der Uni, bis er langsam müde wurde. Er entschied sich, das Abendessen ausfallen zu lassen, da er keine Lust hatte, sich allein in der Küche aufzuhalten. Kia und Kagerou waren unterwegs und Shino noch nicht wieder aufgetaucht. Kouya legte seinen Kopf seitlich auf den Schreibtisch, und starrte sein Handy an. Unbewusst hatte er es die ganze Zeit über immer wieder in die Hand genommen und überprüft, ob eine Nachricht angekommen war. Aber bisher hatte sich nichts getan. Ist ja nicht so, dass wir irgendwas abgemacht haben... Aber hätte er mir nicht wenigstens eine Nachricht schicken können? Wohl nicht, wenn ich an mein Verhalten im Bad denke... Soll ich mich melden? Verdammt, Yuu..., dachte Kouya unschlüssig, nahm sein Handy und ging zum Fenster. „Gut. Dann schicke ich dir eben eine... Aber was schreiben? Wie blöd ist das denn...“, murmelte Kouya, und begann die Tasten seines Telefons zu drücken. HALLO, ICH HOFFE, DU BIST GUT NACH HAUSE GEKOMMEN? ALSO, ICH WOLLTE... KEINE AHNUNG, WAS ICH WOLLTE... ICH WÜNSCH DIR EINE GUTE NACHT! - KOUYA Kouya sendete die Nachricht, aber bereute es hinterher. Was schreib ich da für ein Blödsinn? Ich Idiot!, verurteilte sich Kouya selbst in Gedanken, und warf das Handy angewidert auf sein Bett. Einen kurzen Moment später kündigte es vergnügt blinkend den Erhalt einer Nachricht an. Kouya lief aufgeregt zum Bett, warf sich drauf, und nahm es mit zitternder Fingern hoch. Er hielt den Atem an, als er die Nachricht las. HALLO KOUYA! ICH VERMISSE DICH! WANN KÖNNEN WIR UNS TREFFEN? – YUU Völlig perplex drehte er sich auf den Rücken, und lachte. Kapitel 10: Einladungen ----------------------- Hiroki saß an seinem Büroschreibtisch in der Universität und versuchte sich auf den vor ihm liegenden Text zu konzentrieren. Es war spät am Abend und nur noch wenige Mitarbeiter befanden sich im Gebäude. Er seufzte und entschied sich ebenfalls für heute Schluss zu machen. Er sah aus dem Fenster und augenblicklich wanderten seine Gedanken zu den Ereignissen des vergangenen Wochenendes. Kouyas Auszug. Die Einzugsfeier. Kagerou. Das Flaschendrehen. Kagerou. Yuus Kuss. Kagerou. Sein Kuss mit Shino. Kagerou... Es war zum verrückt werden. Er stützte den Kopf in seine Hände und schloss die Augen. Krieg ich es denn noch gebacken? Verdammt... Was ist bloß los mit mir? Seine Gedanken wurden durch das Klingeln des Telefons auf seinem Schreibtisch unterbrochen. Er nahm den Hörer ab. „Satō hier! ... Ja, das habe ich schon weitergereicht. ... Hm. ... Verstehe. ... Nein, damit bin ich noch beschäftigt, aber ich denke, dass ich es bis Donnerstag fertig habe. ... Nein, kein Problem. Mittwoch ist auch machbar. ... Gut. Dann sehe ich Sie morgen. ... Ja, Ihnen auch! ... Auf Wiederhören!“, sprach Hiroki verhalten und legte den Hörer wieder auf. Er starrte auf die Blätter vor ihm und seufzte erneut hörbar. „Gut, dann muss ich eben eine Nachtschicht einlegen...“, murmelte er unglücklich, während er begann seine Tasche zu packen. Er schloss gerade die Schränke in seinem Büro ab, als es an der Tür klopfte. Er schaute überrascht auf, und überlegte, wer das zu so später Stunde noch sein konnte. Der Hausmeister? Ein verirrter Student?, mutmaßte er, während er auf die Tür zuging und sie öffnete. Erstaunt hob er seine Augenbrauen, als ihm Shino entgegen lächelte. „Yo! Ich war gerade hier in der Nähe und musste an den Lieblingsbruder meines neuen Mitbewohners denken. Ich konnte einfach nicht vorbeigehen, ohne wenigstens ‚Hallo’ gesagt zu haben. Also: Hallo Hiroki, wie geht es dir?“, fragte Shino grinsend. Shinos unerwartetes Auftauchen ließ bei Hiroki die Sicherung durchbrennen. Er zerrte ihn in den Raum, schloss die Tür und drängte ihn gegen die Wand. Die plötzliche Bewegung führte dazu, dass sich einige Strähnen langen schwarzen Haares aus Shinos Zopf lösten und Hirokis Gesicht streiften. Er musste schluckte und sah Shino dabei tief in dessen glänzend schwarze Augen. „Was hast du...“, wollte Shino gerade verblüfft fragen, als sein Mund von Hirokis bedeckt wurde. „Ngh... Hey... Hmmm... Was tust du?“, brachte Shino bebend zwischen den Küssen hervor. Er versuchte Hirokis dunkelgraue Augen mit den seinen einzufangen, aber es war zwecklos. Hiroki wurde mit jeder Sekunde ungestümer, was Shino einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Er spürte seine eigene Erregung wachsen und erwiderte Hirokis leidenschaftliche Küsse. Er klammerte sich an dessen Rücken und genoss die Zärtlichkeit. Er kam kaum zum Luft holen, so sehr beanspruchte Hiroki seinen Mund. Er spürte, dass sich dessen Hand einen Weg unter seinen Pullover suchte und erbebte in freudiger Erwartung... Als er sich entschied, Hiroki aufzusuchen, hatte er nicht gedacht, dass er so schnell zu seinem Kuss kommen würde. Er schmunzelte innerlich. Er wollte eigentlich nur Hirokis Gesicht sehen und falls es sich ergeben würde, zusammen mit ihm etwas Trinken gehen. Aber dass die Angelegenheit jetzt so verlief, gefiel ihm natürlich um einiges besser. Shino spielte mit Hirokis braunen, leicht gelockten Haaren und hielt den Atem an, als dieser begann seinen Hals küssen. Er machte sich plötzlich an seinem Gürtel und an seiner Knopfleiste zu schaffen und schob die Hand in die geöffnete Hose. Shino stöhnte auf, lehnte seinen Kopf mit geschlossenen Augen an die Wand, und konzentrierte sich auf Hirokis Hand. Er presste die Lippen zusammen, um nicht wiederholt laut aufzustöhnen, als er Hirokis Zunge an seinem Ohr spürte. „Was... Ngh... Ha...“, entfuhr es Shino mit zitternder Stimme, als er dessen Flüstern vernahm. „Das ist sexy, Shino...“, hauchte Hiroki erregt, während er fortfuhr, Shinos Hals zu küssen. Er schob Shinos Pullover und das darunter liegende T-Shirt nach oben und begann dessen Brust zu küssen. „Ngh... Ah... Hiroki… Wenn du nicht... Ngh...“ Shino sah voller Leidenschaft auf Hiroki herunter und biss sich in den Handrücken. Er wollte auf keinen Fall in dessen Hand kommen, aber er war tatsächlich kurz davor. Er fand es erstaunlich, dass er körperlich so stark auf ihn reagierte. Hiroki bewegte sich erneut. Er kniete sich nun vor Shino hin und liebkoste dessen Glied. Er umspielte selbstbewusst mit seiner Zunge Shinos Eichel, und massierte gleichzeitig dessen Hoden. Shino glaubte, dass seine Erregung nicht mehr steigerungsfähig wäre, aber Hiroki belehrte ihn eines Besseren. Er stöhnte laut vor Ekstase, als Hiroki ‚ihn’ in den Mund nahm. „Halt... Warte Hiroki.. Ngh... Ich kann nicht mehr zurückhaaa...“, brachte Shino schwer atmend hervor, als er heftig in Hirokis Mund kam. Hiroki war so überrascht, dass er sich verschluckte und sich ernüchtert aufrichtete. Seine gierigen Augen trafen auf Shinos, als auf einmal sein Handy klingelte. Verärgert über die Unterbrechung, rollte er mit den Augen, und kehrte Shino entschuldigend den Rücken zu, um das Gespräch entgegen zu nehmen. „Hallo Kouya! Was gibt’s?“, begrüßte Hiroki Kouya völlig normal, während er sich den Mund mit seinem Taschentuch abwischte. Er bot es anschließend wortlos Shino an, der aber dankend mit seinem eigenen abwinkte. Hiroki musste über diesen Anblick lachen. „Was? ... Nein, alles in Ordnung! ... Ach so. ... Verstehe. ... Das ist also der Grund für deinen Anruf. ... Mal sehen. Wann, sagtest du, wäre das? ... Okay. Ich schaue, ob ich da Zeit habe. Aber ich muss nicht klettern, oder? ... Lass die Scherze! ... Oh? Wirklich? Shino macht so etwas auch?“ Hiroki blickte interessiert zu Shino, der seine Kleidung und Haare inzwischen wieder hergerichtet hatte und ihn fragend ansah. „Ich rufe dich deswegen morgen Abend noch mal an. Gut. ... Ja, dir auch! ... Bestell Kagerou bitte meine Grüße. ... Nein, dem nicht! ... Hey, ich sagte nein! Kannst du nie auf deinen älteren Bruder hören? ... Schön für ihn. Bye!“, meinte Hiroki lachend, und beendete das Gespräch. Er schaute zu Shino, der ihn mit unergründlichen Augen ansah. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, was er eben getan hatte und sah verlegen zur Seite. Es war nicht so, dass er es nicht genossen hatte, aber irgendwie war ihm sein eigenes Verhalten nicht geheuer. Ich Idiot! Was habe ich gemacht? Ich glaube es nicht! Ich habe Shino einen gebla..äähh... Dem Mitbewohner meines Bruders! Argh..., stellte Hiroki entgeistert fest, und ging zum Schreibtisch, um seine Tasche zu holen. „Hey Hiroki!“, rief Shino plötzlich, was Hiroki für einen kurzen Moment erstarren ließ. Er sah unsicher zu ihm rüber. „Hast du Lust, etwas Trinken zu gehen? Ach und du musst dir wegen dem eben keine Sorgen machen! Habe es schon so gut wie vergessen. Also, keine unbehaglichen Gedanken, okay?“, log Shino und grinste Hiroki schief an. Als ob ich das vergessen könnte! Selten hat mich jemand so angemacht... Wenn ich ehrlich bin, dann hoffe ich auf eine zweite Runde und dann aber volles Programm!, dachte Shino lüstern, während er auf die ausstehende Antwort wartete. Hiroki stand unschlüssig am Schreibtisch, und musterte Shino, der noch immer an die Wand gelehnt dastand. Er suchte nach Anzeichen des Spottes, konnte aber keinen finden. Er seufzte und willigte ein. „Aber nicht für lange.“, sagte Hiroki entschieden und ging zur Tür. Shino lächelte ihn an, als er aus dem Raum ging. „Ach Hiroki, eins muss ich doch noch loswerden.“, meinte Shino geheimnisvoll. Irritierte dunkelgraue Augen sahen Shino an. „Deine Küsse sind im nüchternen Zustand viel besser... Sieh es als Kompliment an!“, sprach er zu Hiroki, dem diese Worte eine leichte Röte ins Gesicht zauberten. „Öhm... Danke.“, murmelte dieser verlegen, als sie gemeinsam das Gebäude verließen. „Wirklich? Kouya hat dich zu unserem Kletterwochenende eingeladen?“, fragte Shino skeptisch, während er sich eine Zigarette ansteckte. Er bot Hiroki auch eine an, aber dieser lehnte dankend ab. Sie saßen an der Theke einer kleinen gemütlichen Bar, die in der Nähe des Bahnhofes lag. Die Bar war Shinos Vorschlag gewesen. Er kam öfters hierher, weil zum einen der Besitzer ein alter Schulfreund war, und zum anderen befand sie sich direkt auf dem Weg nach Hause. „Also, wenn du das so sagst, werde ich das Gefühl nicht los, dass eigentlich niemand weiteres mitkommen soll!?“, meinte Hiroki unsicher, und kratzte sich unbeholfen am Kopf. „Ach was! Natürlich kannst du mitkommen! Wo denkst du hin? Immerhin ist es Kouyas Wunsch, oder?“, versicherte ihm Shino eindringlich, aber amüsierte sich gleichzeitig über Hirokis Unsicherheit. Verdammt... Mach das nicht, Hiroki! Sonst schleife ich dich noch in die nächste dunkle Ecke! Ich könnte auf der Stelle über dich herfallen! Aber wenn ich dich jetzt ganz direkt danach fragen würde, dann ergreifst du mit größter Wahrscheinlichkeit die Flucht..., dachte Shino enttäuscht, während er sein Glas leerte und nach einem neuen bat. Shino sah aus dem Augenwinkel zu Hiroki rüber, der gedankenverloren seine Flasche Bier anstarrte. Er musste sich eingestehen, dass er es ihm ganz schön angetan hatte. Shino ließ seinen Blick über Hirokis Körper wandern. Er trug eine einfache schwarze Jeans, die seinem wohlgeformten Po schmeichelte und dazu ein hellgraues T-Shirt, über das er ein dunkelgraues Jackett gezogen hatte. Er war intelligent, sah unglaublich sexy aus mit seinem markanten Gesichtszügen und den ausdrucksstarken Augen und besaß zudem einen Bruder, der ihm im Aussehen um nichts nachstand. Einzig allein seine Art zu reden und zu handeln, waren nicht unkompliziert und manchmal durchaus falsch zu verstehen, aber das reizte Shino umso mehr an ihm. Shino grinste schelmisch in sich hinein. Nun, ich habe alle Zeit der Welt, dich für mich zu gewinnen... Vielleicht schaffe ich es sogar, Kagerou aus deinen Gedanken zu verdrängen... Wir werde sehen... „Hey Shino, was grinst du so?“, fragte Hiroki auf einmal, und sah ihn irritiert an. Er griff nach seiner Flasche Bier, und trank einen großen Schluck. „Och, ich musste gerade daran denken, wie es wohl wäre, mit dir zu schlafen.“, meinte dieser so beiläufig wie es nur ging, dass Hiroki vor Überraschung sein Bier wieder ausspuckte. Er hustete, und sah entschuldigend zum Barkeeper, der sogleich den Platz wieder trocken wischte. Shino lachte vergnügt und klopfte Hiroki freundschaftlich auf den Rücken. „Entschuldige bitte! Ich wollte dich nicht aus der Fassung bringen. War nur ein Scherz...“, sagte Shino, und blickte in Hirokis vor Ärger aufblitzende Augen. „Hey, lass das gefälligst! Ich dachte, du hättest die Sache schon wieder vergessen?! Ich bin nämlich gerade schwer dabei, das zu tun. Aber deine Kommentare machen es mir nicht unbedingt einfacher...“, knurrte Hiroki, dem es zunehmend schwieriger fiel, Shinos Verhalten einzuschätzen und das lag nicht nur am Alkohol. Shino sah ihn entschuldigend an, und gelobte Besserung. „Gut, dann also zurück zum Kletterwochenende.“, bestimmte Hiroki forsch und fuhr sich unbewusst durch die Haare. Shino beobachtete die Geste, und war entzückt über den Anblick. Er wäre Hiroki am liebsten selbst durch dessen Haare gestrichen. Er unterdrückte sein Verlangen, und wartete gespannt darauf, dass Hiroki das Gespräch fortsetzte. „Ich muss mal eben austreten! Wenn du mich entschuldigst...“, sagte Hiroki unerwartet und stand auf. Stehend blickte er zu dem erneut lachenden Shino runter. „Was... Was ist denn jetzt schon wieder? Nee, lass mal! Ich will es lieber nicht wissen...“, sprach Hiroki genervt, während er ihm den Rücken zudrehte, und zur Toilette ging. Shino sah ihm mit sehnsuchtsvollen Augen hinterher und bestellte anschließend eine Flasche Bier. Als Hiroki um die Ecke bog, um zurück in den Thekenraum zu kommen, blieb er stehen, und beobachtete Shino, der sich gerade angeregt mit einer Person unterhielt, die er heute Abend noch nicht gesehen hatte. Shino lachte über etwas, was der Mann gesagt hatte und schob elegant seine verrutschte Brille nach oben. Sein olivgrüner Wollpullover sah zwar etwas schräg an ihm aus, aber er passte wunderbar zu seinen schwarzen Haaren, und war dabei gekonnt mit seiner ausgewaschenen hellblauen Jeans kombiniert. Hiroki stellte verblüfft fest, dass der drei Jahre ältere Shino, mit seinem feingeschnitten Gesicht und den langen schwarzen Haaren dazu, äußerst attraktiv aussah. Seine eigene Feststellung wurde immer wieder durch die bewundernden Blicke der anderen Gäste bestätigt. Er seufzte. „Das ist aber auch schon alles! Schöne Oberfläche hin oder her, im Kopf scheint bei dir echt eine Schraube locker zu sein...“, brummelte Hiroki leise, als ihn Shino entdeckte, und ihn aufgeregt rüber winkte. Hiroki setzte sich wieder in Bewegung und nahm neben Shino Platz, der ihn sogleich bestürmte. „Hey Hiroki, darf ich dir vorstellen: Das hier ist Kitagawa Hizumi, einer meiner besten Freunde, und zugleich der netteste Barbesitzer in der ganzen Stadt! Hizumi, das ist Satō Hiroki, der Bruder meines neuen Mitbewohners.“, sprudelte es vergnügt aus seinem Mund, während seine Augen vor Freude leuchteten. Hiroki und Hizumi nickten sich freundlich zu. „Wir diskutieren gerade über die kuriose Welt des Bodybuildings und über deren Sinn und Unsinn. Wie denkst du darüber?“, wollte Shino ernsthaft wissen, während er sich in den dunkelgrauen Augen vor ihm beinah verlor. Hiroki sah ihn zweifelnd an. „Was weiß ich!? Die eine Person lässt sich die Haare wachsen und die andere eben Muskelberge...“, entgegnete Hiroki trocken, und sah zu Kitagawa. Ihm entging dabei Shinos verdutzter Blick. Kitagawa blickte für einen Moment zwischen den beiden hin und her, und fing dann laut zu lachen an. „Ha ha ha... Der war gut, Satō!”, sagte er belustigt, und musterte Shino interessiert, der mit seinem erstaunten Blick förmlich an Hiroki klebte. „Gab es einen Grund für die ungewöhnliche Themenwahl? Ich mein, ich sehe hier niemanden, der nur annährend der Auslöser für euer Gespräch sein könnte.“, wollte Hiroki wissen und sah sich ein zweites Mal neugierig im Raum um. „Brauchst gar nicht suchen, Hiroki. Wir sind durchs Klettern darauf gekommen. Ich war mit Hizumi früher häufiger klettern, bis er sich so schwer verletzte, dass er es aufgeben musste.“, erzählte Shino ernst und sah dabei mitfühlend zu Hizumi rüber, dem das etwas unangenehm war. „Nun, wir haben über die beanspruchten Muskelpartien beim Klettern gesprochen. Dir ist bestimmt schon aufgefallen, dass Kletterer meistens über einen austrainierten, drahtigen Körper verfügen, bei denen du Muskelberge meist vergeblich suchst. Ist ja eigentlich auch logisch, denn Muskelmasse ist nicht gewichtslos. Und je mehr du davon aufbaust, desto mehr musst du davon den Felsen hochhieven.“, meinte Shino erklärend, und fasste Hiroki ungefragt an dessen Oberarm. Dieser zuckte erschrocken zusammen und warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Shinos entschuldigendes Lächeln kam nicht wirklich aufrichtig rüber, da er sich breit grinsend Hizumi zuwandte. „Ich denke, du bist durchaus fürs Klettern geeignet! Sofern mich mein unerlaubter Griff nicht täuscht...“, sprach Shino lachend, während er seine Flasche Bier leerte. Hiroki sah Shino von der Seite an und spürte seinen Unmut wachsen. Er hatte das Gefühl, dass sich dieser Mann die ganze Zeit über ihn lustig machte. Ihm fiel es schwer einzuordnen, ob er dessen freches Mundwerk auf den Alkohol zurückführen konnte, oder ob er immer so daherredete. Seine Gedanken umkreisten plötzlich Shinos Zunge. Hiroki bemerkte, dass ihn dieser Gedanke erregte. Woah... Krieg’ dich wieder ein! Es gibt keinen Grund, bei einer Zunge in Ekstase zu geraten!, dachte Hiroki durcheinander und rutschte unruhig auf seinem Hocker herum. Er sah verstohlen zu Shino rüber, der gerade einen tiefen Zug aus einer weiteren Bierflasche nahm. Als dieser sie absetzte, konnte er dessen feuchtglänzend Lippen sehen, die ihm den Atmen raubten. Was!?! Hiroki, hör sofort auf damit... Der Alkohol... Genau, der Alkohol ist schuld! Aber was war dann vorhin..., überlegte Hiroki fieberhaft, und versuchte sich gleichzeitig mit seinem Bier abzulenken. Halt! Was mache ich? Bin ich bescheuert? Ich sollte lieber aufhören zu trinken und nach Hause gehen... Ich Idiot..., stellte er entsetzt fest und stellte die Flasche zurück auf den Tresen. Shino sah ihn fragend an „Alles in Ordnung, Hiroki? Du wirkst auf einmal so gehetzt.“, wollte Shino mit besorgt klingender Stimme wissen. „Was? Nein, alles in Ordnung. Ich denke, ich muss mich langsam auf den Weg machen. Es ist schon spät, und eigentlich hätte ich noch etwas erarbeiten müssen. Das geht aber in diesem Zustand jetzt nicht mehr...“, sprach Hiroki verlegen, und bat um die Rechnung. Hiroki sah auf seine Armbanduhr, und schüttelte missmutig den Kopf. Er hatte seinen Zug um wenige Minuten verpasst, und überlegte nun, ob er auf den nächsten wartete, sich ein Taxi bestellte, oder ob er die Nacht in einem Hotelzimmer verbringen sollte. Er seufzte. Preislich gesehen, komme ich fast aufs Gleiche raus, aber ob ich jetzt überhaupt noch ein Zimmer bekomme?! In einem Liebeshotel schon, aber allein funktioniert das nicht..., überlegte Hiroki fieberhaft, während er Shino einen unbestimmten Blick zuwarf, der etwas entfernt am Fahrplan stand und diesen studierte. „Hey Hiroki, in etwa einer Stunde geht der nächste, der in deine Richtung fahren würde. Du müsstest aber für zwei Stationen umsteigen, oder ab dort ein Taxi nehmen. Wie gesagt, mein Angebot steht noch immer. Entweder kommst du mit in die WG, oder du übernachtest im Hinterzimmer der Videothek, in der ich Arbeite. Die wäre hier auch gleich um die Ecke und hat zudem zu, weil dienstags ab 22 Uhr immer geschlossen ist. Shino sah ihn fragend an, als er auf ihn zukam. Hiroki wollte auf keinen Fall mit in die WG, da er die Befürchtung hatte, dass sich Shino mit Absicht über den Vorfall zwischen ihnen verplapperte. Nun, er hatte keine Schwierigkeiten damit, wenn Kagerou davon erfuhr. Da wüsste dieser zumindest, dass er durchaus auch auf Männer stand. Aber er wollte unbedingt vermeiden, dass Kouya von der Sache hörte. Er konnte sich Kouyas ungläubigen Blick richtig gut vorstellen und er hatte nicht vor, dessen Bild von ihm zu zerstören. Er fuhr sich durch die Haare und schaute Shino an, der nun vor ihm stand. Warum, um alles in der Welt, ist der überhaupt mitgekommen!?! Ich hätte den Zug bestimmt nicht verpasst, wenn er nicht an jeder Ecke nach einem öffentlichen Klo Ausschau gehalten hätte..., dachte Hiroki genervt, und fällte eine Entscheidung. „Danke für dein Angebot, aber ich werde auf den nächsten Zug warten. Mir ist es lieber nach Hause zu kommen, schon allein wegen der Arbeit morgen... Ist einfach unkomplizierter!“, erklärte er, und sah zu der minimal kleineren Person vor ihm, die nun enttäuscht schaute. „Wie schade! Ich kann nichts tun, um deinen Entschluss umzustimmen? Mir würde da eine Menge einfallen...“, meinte Shino mit einem unverschämten Grinsen. Hiroki spürte mit einem Mal, das er Shinos Anzüglichkeiten endgültig satt hatte. Er ballte die Fäuste und sah ihn mit vor Wut blitzenden Augen an. Shino trat perplex einen Schritt zurück. „Ich sagte doch, dass ich den Zug nehmen will! Hast du das nicht verstanden, oder willst du das einfach nicht verstehen? Ich werde genau hier am Bahnhof warten, und mich keinen Zentimeter fortbewegen! Du kannst also gehen, und mich endlich in Ruhe lassen!“, grollte Hiroki und durchbohrte Shino mit seinem wütenden Blick. Shino war sprachlos. Er wusste, dass er seine Scherze manchmal zu weit trieb, aber dass er bei Hiroki schon dessen Schmerzgrenze erreicht hatte, war ihm überhaupt nicht bewusst gewesen. Er schämte sich für sein Verhalten und hoffte, dass er ihn nicht zu sehr in die Enge getrieben hatte. Er wollte sich eigentlich für sein Benehmen entschuldigen, ließ es aber lieber sein, um bei Hiroki nicht noch zusätzlich Gefühle der Schuld auszulösen, weil dieser ihn unbeherrscht angefahren hatte. Er schaute in die dunkelgrauen Augen, die in der Dunkelheit fast schwarz erschienen, und nickte. „Gut. Dann werde ich jetzt gehen. Ich bedanke mich für den Abend! Komm’ gut nach Hause, Hiroki. Wir sehen uns!“, sagte er verhaltener als beabsichtigt und drehte sich um. „Oh... Äh... Ja... Dir auch! Bis dann!“, stammelte Hiroki verwirrt und sah der fortgehenden Gestalt nach. „Ah, verdammter Mist...“ Murmelnd ging Hiroki zum Warteraum, um die verbleibende Zeit sitzend zu verbringen. Bevor er in den Raum betrat, blieb er stehen, und sah unschlüssig zurück. Shino bog gerade um die Ecke, und verschwand aus seinem Sichtfeld. Bei dessen Verschwinden spürte er einen kleinen Stich. Was?! Nee, mich trifft hier keine Schuld... Als würde er seinen Gedanken lautlos unterstützen wollen, schüttelte er beherzt seinen Kopf. Okay, vielleicht war ich etwas zu hart, aber er ist selbst dran schuld! Der muss doch spüren, wann er Grenzen überschreitet... Hiroki schoss plötzlich die Schamesröte ins Gesicht. Was rede ich hier so aufgebracht von Grenzüberschreitungen... Ich selbst war doch nicht besser... Er starrte verlegen auf den Boden, drehte sich auf einmal um und rannte in die Richtung, in die Shino verschwunden war. Rennen im angetrunkenen Zustand gestaltete sich schwieriger, als Hiroki gedacht hatte. Er blieb schwer atmend an der Häuserecke stehen, an der er Shino aus den Augen verloren hatte, und spähte umher. Er konnte ihn nirgends entdecken. Sein Blick fiel auf den Eingang der Unterführung. Bevor er sich wieder in Bewegung setzte, um dorthin zu gelangen, überprüfte er die Uhrzeit. „Gut, ich habe noch etwas Zeit... Wenn ich ihn dort nicht erwische, dann gehe ich zurück.“, sagte Hiroki leise zu sich, und eilte zur Unterführung. Als er den Treppenabsatz erreicht hatte, blieb er zögernd stehen. Was mache ich überhaupt hier? Kann mir das mal jemand erklären?, dachte er, während er begann nach unten zu gehen. Seine Füße hatten das Ende noch nicht erreicht, als er Shino, ihm den Rücken zugewandt, stehen sah. Er wollte gerade erleichtert nach ihm rufen, als er inne hielt, und ungläubig die Szene beobachtete. Nee... Ey, nee... Das glaube ich jetzt nicht… Hiroki starrte weiter gebannt zu Shino rüber. Shino stand breitbeinig in der Mitte der Unterführung über einem Abflussgully und versuchte urinierend das Loch zu treffen. Hiroki fand den Anblick so skurril, dass er laut zu lachen anfing. Er hörte Shinos entsetzten Aufschrei und konnte nicht mehr an sich halten. Er brüllte vor Lachen und musste sich dabei am Geländer festhalten, um nicht die letzten zwei Stufen runterzufallen. Ihm liefen Tränen übers Gesicht und er bemerkte mit verschwommener Sicht, dass sich Shino zu ihm umgedreht hatte. Er blickte mit einem hochroten Kopf zu ihm rüber. „Was machst du hier?“, wollte Shino entgeistert wissen und versuchte dabei seiner Stimme einen normalen Klang zu geben. „Also, sollte ich das nicht eher dich fragen!?“, entgegnete Hiroki und lachte erneut ungehalten. Shino funkelte ihn böse an. „Nach was sieht es denn aus?“, brummelte Shino entwürdigt, während er sich umdrehte und in Richtung Ausgang davonging. Hirokis Lachen erstarb auf seinen Lippen, als er ihm hinterher eilte. „Hey... Warte doch mal...“, rief er, und musste sich erneut zusammenreißen, als er den Gully passierte. Shino ging einen Schritt schneller. „Was...“ Hiroki legte ebenfalls einen Zahn zu, aber bereute es sogleich, da ihm schwindelig wurde. „Mist...“, sprach er leise, als er Shino endlich erreichte. Er ergriff dessen Arm, um ihn so am Weitergehen zu hindern. „Lass mich los... Was fällt dir ein?!“, fauchte Shino böse, während er seinen Arm aus Hirokis Griff riss. Dieser blickte ihn überrascht an. Was hast du? Ist dir das jetzt so unangenehm... Tut mir ja leid, Shino, aber der Anblick war einfach zu göttlich... Ich konnte nicht anders! Hiroki sah in Shinos noch immer vor Wut blitzende Augen und spürte, wie sich etwa in ihm rührte. Das kann nicht sein... Er verdrängte das Gefühl und sah zu Shino, der ihn noch immer fragend anblickte. Hiroki schluckte und bemerkte, dass er sich in diesen schwarzen Augen verlieren könnte. Er nahm seine Hände, umfasste fordernd Shinos Kopf, zog ihn damit zu sich, und küsste ihn hart auf den Mund. Shino hielt überrascht den Atem an. Er versuchte Hiroki wegzudrücken, aber dieser hielt dagegen und setzte seine Küsse fort. Shino wusste nicht, was er davon halten sollte und wartete daher auf einen günstigen Moment, um Hirokis Griff zu entkommen. Je länger der Kuss andauerte, desto sanfter wurde Hiroki und Shino vergaß sein Vorhaben. Er erwiderte Hirokis nun leidenschaftliche Küsse und umschlang ihn mit seinen Armen. Er spürte, dass sein Herz zu rasen begann, und genoss die in ihm emporsteigenden Gefühle. Er öffnete die Augen und sah in Hirokis Gesicht, welches ganz dicht vor seinem war. Dieser hatte die Augen geschlossen und erkundete gerade mit seiner Zunge Shinos Mundhöhle. Die Berührung ließ Shino verzückt einen Schauer über den Rücken laufen. Er stöhnte und schloss seine Augen wieder. Er hatte das Gefühl, dass sie sich schon eine Ewigkeit küssten, als Hiroki abrupt den Kuss beendete. Enttäuscht schaute Shino zu Hiroki, der einen Schritt zurückgetreten war, und ihn nun von dort mit erstaunten Augen ansah. „Tut mir leid! Ich habe keine Ahnung, was in mich gefahren ist! Ich bin hierher gekommen, um mich eigentlich für mein Aufdrängen zu entschuldigen, aber was mache ich? Ich mache genau dort weiter, wo ich aufgehört habe. Ich bin echt das Letzte...“, sagte Hiroki, und sah gequält zu Boden. „Ich muss mich entschuldigen, Hiroki. Ich war derjenige, der dich andauernd aufgezogen hat, ohne dabei auf deine Gefühle zu achten. Es tut mir wirklich leid und was das...ähhh, ich sage jetzt mal Küssen und so, angeht, das ist kein Problem! Im Gegenteil, ich genieße es, von dir geküsst zu werden. Wenn du also auf eine zwanglose Bettgeschichte Lust hast, dann hätte ich nichts dagegen einzuwenden...“, entgegnete Shino ernst, und sah in die dunkelgrauen Augen vor ihm, in denen sich wieder ein Sturm zusammenbraute. „W... Wie? Was sagst du da? Du fängst schon wieder damit an...“, stammelte Hiroki genervt, der sein eigenes Verhalten schon wieder vergessen zu haben schien. Er drehte Shino den Rücken zu und ging ein paar Schritte den Weg zurück, den er gekommen war. Er blieb stehen und drehte sich zögernd um. Er fixierte Shino mit verunsicherten Augen. „Ich muss los, sonst verpass ich meinen Zug. Und was dein Angebot angeht... Ich lasse es mir durch den Kopf gehen, aber kein Wort davon zu irgend jemanden, hörst du?! Unterlass es bloß, in Gegenwart andere Menschen davon zu sprechen, oder dich mir anzunähren...“, brachte Hiroki zwischen zusammengepressten Lippen hervor. Er blickte noch einmal in Shinos vor Verblüffung geweitete Augen, bevor er entschlossen zurück ging. Kapitel 11: Fangen ------------------ Kouya saß auf einer Holzbank in einem kleinen Park, der in der Nähe eines großen Einkaufszentrums lag. Es war Mittwoch Nachmittag gegen vier Uhr, und er wartete hier jetzt schon seit fast einer Stunde auf Yuu. Es war nicht so, dass Yuu zu spät kam, nein, Kouya war absichtlich einfach viel zu früh da gewesen. Er sah hinab auf das Handy in seiner Hand, mit dem er schon die ganze Zeit über aufgeregt gespielt hatte, und las nun inzwischen zum zwanzigsten Mal Yuus Nachricht. HEY, DANN ALSO MORGEN UM 16 UHR IM PARK VOR DEM MITSUKOSHI BEI DIR UM DIE ECKE! ICH FREUE MICH! BIS DANN! YUU Ein Lächeln erschien auf Kouyas Gesicht, als er die Nachricht erneut las. Er konnte es noch immer nicht glauben, er hatte ein Date mit Yuu. Halt... Es ist kein Date! Es ist lediglich eine Einkaufsberatung... Ja, mehr nicht! Es ist KEIN Date! Also, verhalte dich auch dementsprechend, Kouya!, dachte er sich selbst belehrend, aber konnte das permanente Grinsen nicht aus seinem Gesicht verbannen. „Seit Sonntag früh habe ich ihn nicht mehr gesehen... Wie er wohl aussieht?“, murmelte Kouya leise vor sich hin und beobachtete zwei Kinder, die auf der Wiese vor ihm mit ihrem Vater Fangen spielten. Die zwei schrieen und lachten gleichzeitig vor Begeisterung, was sich für Kouya so komisch anhörte, dass er kicherte. Er musste an seine eigene Kindheit denken. Er hatte zwar nie mit seinem Vater Fangen spielen können, dafür aber mit seinem Bruder Hiroki und – natürlich Yuu. Spaß hatten sie dabei mindestens genauso viel gehabt. Kouya lächelte verträumt, während er weiter die Szene vor ihm betrachtete. „Ein Königreich für deine Gedanken!“ Kouya erschrak über die plötzlich auftauchende Stimme, und sah in die Richtung aus der sie gekommen war. Sein Herz fing zu klopfen an, als er Yuu erkannte. Dieser stand seitlich vor ihm und lächelte zu ihm runter. „Ist der Platz neben dir noch frei?“, fragte er charmant, und setzte sich ohne auf Kouyas Antwort zu warten neben ihn. Kouya hielt den Atem an, und sah verstohlen aus dem Augenwinkel zu Yuu. Dieser trug einen grauen Business-Anzug mit einer knallroten Krawatte, die perfekt mit dessen rotem Rucksack und den weiß rot gestreiften Sneakers zusammen passte. Kouya schmunzelte innerlich über diese Zusammenstellung. Er fand aber, dass das alles wunderbar zu Yuus Wesen passte. Dieser sah einfach umwerfend aus. Seine vollen schwarzen Haare fielen ihm leicht ins Gesicht, so dass er sie hin und wieder unbewusst mit einer Hand nach hinten strich. Kouya hätte ihm gern selbst in die Haare gefasst, aber unterdrückte sein Verlangen. Yuus dunkle Augen suchten auf einmal seine, was seine Aufgeregtheit schlagartig ansteigen ließ. „Äh... Also... Du bist ja schon da!?“, war das einzige, was Kouya in diesem Moment herausbrachte. Yuu betrachtete ihn aufmerksam, und ein unverschämtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Nun, das Gleiche könnte ich auch zu dir sagen!“, entgegnete dieser, und berührte für einen kurzen Moment Kouyas Hand. Kouya war über diese unerwartete Berührung so überrascht, dass er leise Aufschrie, sich aber sogleich peinlich berührt die Hand auf den Mund legte. Er lief rot an und sah überall hin, nur nicht in Yuus Richtung. Kouya konnte noch immer Yuus Finger an der Stelle spüren, wo dieser seine Hand berührt hatte. Er fühlte ein wolliges Gefühl seinen Rücken hinaufklettern, und hätte sich am liebsten in Yuus Arme geworfen. Er hörte, wie Yuu leise zu lachen anfing, und stimmte verlegen mit ein. „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Kouya! An was hast du eben gedacht, als du so verträumt vor dich hingeschaut hast? Du wirktest unglaublich zufrieden... Ich kann dir zwar kein Königreich bieten, aber vielleicht fällt mir etwas Besseres ein...“, fragte Yuu neugierig, während er etwas näher rutschte und Kouya dabei tief in die Augen blickte. Kouya konnte seine Augen nicht abwenden und spürte, dass seine Erregung weiter anstieg und er erneut rot anlief. Verdammte Sch...! Geht’s noch, Kouya! Beruhig dich... Komm runter... Es ist nichts Besonderes... Ich habe doch vorher nicht so extrem auf ihn reagiert!? Was ist bloß los... Ob es an der Liebeserklärung liegt?! Mein Gott, wo soll das noch hinführen?! Wir haben die Einkaufstour noch nicht mal begonnen..., dachte Kouya verunsichert, und versuchte sich auf die Szene mit den Kindern zu konzentrieren. „Was ich eben gedacht habe? Hm. Eigentlich nichts Besonderes... Ich habe nur an die Zeit denken müssen, als wir, du, Hiroki und ich, noch Kinder waren, und Fangen gespielt haben.“, beantwortete Kouya Yuus Frage aufrichtig, und warf einen kurzen Blick zu ihm rüber, der ihn nun amüsiert von der Seite ansah. „Hey, guck nicht so! Was ist schon dabei, Fangen zu spielen? Also, ich meine, als Kinder und nicht jetzt...“, brummelte Kouya beleidigt und vermied es, Yuu anzusehen. „Wenn es so rübergekommen ist, als hätte ich mich über dich lustig gemacht, dann tut es mir leid. So meinte ich es wirklich nicht. Nun ja, ich amüsiere mich schon, aber nicht über das Fangen-Spielen, sondern über dein schüchternes Verhalten. Warum so schüchtern, Kouya? Ist dir etwas unangenehm, oder sollte ich dich lieber zur Begrüßung küssen, damit du einen klaren Kopf bekommst?“, fragte Yuu scherzhaft, aber starrte Kouya gleichzeitig mit sehnsuchtsvollen Augen an, die genau das tun wollten, was er eben gesagt hatte. Kouya starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. „Bloß nicht! Untersteh dich!“, brachte dieser aufgebracht hervor, und sprang dabei von der Bank auf. Er blickte hinunter zu Yuu, der ihn aufgrund seiner hastigen Bewegung überrascht anguckte. „Ich meine, hier ist nicht der richtige Ort dafür...“, presste er leise zwischen seinen fast geschlossenen Lippen hervor, und sah in Yuus vor Verblüffung geweitete Augen. Kouyas Stimme bebte leichte, und Yuu konnte daran unschwer erkennen, dass sich dieser genauso nach der Berührung ihrer Lippen sehnte. Yuus Herz begann bei diesem Gedanken zu rasen. Er hätte Kouya am liebsten geschnappt, ihn über seine Schulter geworfen und ihn zu sich nach Hause geschleppt, wo sie ungestört wären. Er seufzte, erhob sich ebenfalls von der Bank und wartete darauf, dass Kouya den Weg vorgab. Vielleicht kommen wir heute noch zu unserem ersehnten Kuss... Hm, und wenn ich dich dafür in eine Umkleide zerren muss..., überlegte Yuu aufgeregt, und kam sich wie ein verliebter Teenager vor. Er schmunzelte. „Vergessen wir die Unterhaltung, und machen uns auf den Weg ins Kaufhaus, okay? Ich habe noch immer keine Ahnung, was ich kaufen soll... Hiroki hat schon etwas für unsere Mutter besorgt, aber mir fällt absolut nichts ein. Das ist echt Banane, ey...“, sprach Kouya elend, und setzte sich in Richtung Mitsukoshi in Bewegung. Er blickte zurück, da sich Yuu keinen Zentimeter bewegt hatte. Dieser, noch immer an der Bank stehend, blickte zu ihm rüber und verkniff sich dabei krampfhaft ein Lachen. Kouya spürte, dass er langsam echt wütend wurde. „Oh maaaan, was ist denn jetzt schon wieder? Hast du Kichererbsen gegessen?!“, meinte Kouya, und grinste schief. „’Das ist echt Banane, ey’?! Wo hast du das denn her? Was ist an Geschenkkaufen bitte Banane, außer, das Geschenk ist eine Banane?!“, fragte Yuu und lachte herzlich, als er zu Kouya aufschloss. Dieser ignorierte Yuus Frage, und ging einfach weiter. „Hey! Das ist aber einem Sempai gegenüber unfreundlich!“, meinte Yuu lachend, während er erneut zu Kouya aufschloss und nun neben ihm herging. „Ach, sei still du Spinner! Und mein Sempai bist du bestimmt nicht! Weder studieren wir zusammen, noch arbeite ich mit dir zusammen...“, frotzelte Kouya, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen. „Okay, dann auf zum Kaufhaus! Wer zuerst am Eingang ist, muss dem anderen einen Wunsch erfüllen... Hm, nennen wir es Fangen-Spielen!“, meinte Yuu plötzlich aus heiterem Himmel, und rannte auch schon los. Kouya starrte ihm für einen kurzen Moment entgeistert nach, bevor er ihm nachrannte. „Was?! Warte... Hey, das ist unfair... Yuuuuuuu...“, brüllte Kouya ärgerlich, während er versuchte, den Vorsprung aufzuholen. „Nein, das werde ich nicht tun! Basta! Schluss! Aus! Jetzt lass mich damit in Ruhe, Yuu!“, sagte Kouya gerade genervt zu Yuu, als sie gemeinsam die Rolltreppe nach oben fuhren. „Du musst! Es war ein fairer Wettkampf...“, bedrängte Yuu Kouya weiter. Kouya begann die Rolltreppe nach oben zu gehen, um so Yuus Worten zu entkommen. „Was war daran bitteschön fair?! Hm? Du denkst dir das plötzlich einfach aus, rennst los und währenddessen informierst du mich darüber... Nun, ich kann daran nichts Faires finden, du etwa!?“, erklärte Kouya entschieden. „Ich werde dir den Wunsch also nicht erfüllen! Da kannst du von mir aus einen Kopfstand machen...“ Mit diesen Worten beendete er die Diskussion. Als Kouya am Ende der Rolltreppe angekommen war, verließ er sie und trat ein paar Schritte zur Seite, um dort auf Yuu zu warten. Er schaute über das Geländer nach unten, und dachte an ihr sportliches Eintreffen am Eingang des Kaufhauses. Er hatte Yuu natürlich nicht mehr einholen können, und nun verlangte dieser doch wahrhaftig, dass er ihn irgendwo innerhalb des Kaufhauses küssen sollte. Kouya schnaubte verärgert. Was denkt der sich eigentlich? Mal abgesehen von diesem unfairen Rennen, solche eine Forderung zu stellen... Es ist ja nicht so, dass ich ihn nicht gerne küssen würde, aber unter diesen Voraussetzungen..., dachte Kouya wehmütig, und versuchte seine Gedanken auf das Geschenk für seine Mutter zu lenken. Er war kein Stück weitergekommen. Er seufzte hörbar, und schloss erschöpft seine Augen. „Ich lasse mich überraschen, wo du mich küssen wirst...“, hauchte Yuu liebevoll in Kouyas Ohr. Er trat unmittelbar danach einen Schritt zurück, um sich vor Kouyas erwarteten Wutanfall in Sicherheit zu bringen. Dieser drehte sich sogleich um, und funkelte Yuu aus seinen grüngrauen Augen wütend an. Yuu konnte nicht anders, und lächelte Kouya verliebt an. Dieser ließ für einen kurzen Moment den Kopf hängen. „Yuu, bitte... Könntest du das sein lassen? Du machst es mir echt schwer! Wie soll ich mich denn darauf konzentrieren können, ein Geschenk für meine Mutter zu finden!? Eine große Hilfe bist du mir nämlich gar nicht... Ich habe dich immerhin als Einkaufsberater engagiert, schon vergessen?“, sagte Kouya resigniert, und lehnte sich mit dem Rücken an das Geländer. Er schaute in die glänzend schwarzen Augen vor ihm. „Okay, ich gelobe Besserung. Also, ein Geschenk für deine Mutter?! Hmmm... Sag mal, sammelt sie nicht Kokeshi Püppchen? Das wäre doch eine Möglichkeit ihr ein wenig Japan nach Deutschland zu schicken. Gut, ich weiß natürlich nicht, wie stark ihre Sammelleidenschaft ausgeprägt ist und es durchaus passieren könnte, dass du ihr ein Püppchen doppelt kaufst, aber es wäre ein Anfang, oder?“, meinte Yuu ernsthaft, und kratzte sich unbeholfen am Kopf. Yuus Vorschlag ließ Kouya aufhorchen. Das klingt gar nicht mal so übel... Vielleicht noch eine getrocknete Algenspezialität dazu..., überlegte Kouya mit neu gewonnen Mut und sah zu Yuu, der ihn noch immer fragend anblickte. Er erwiderte dessen Blick, und spürte das ihm vertraute Kribbeln im Bauch. Ein breites Lächeln erschien in seinem Gesicht. Yuu hob irritiert seine Augenbrauen. „Du bist ein Genie, Yuu! Wieso bin ich nicht selbst darauf gekommen. Argh... Gut. Dann lass uns mal eine Ecke suchen, die Kokeshis verkauft! Hier gibt es bestimmt irgendwo eine. Sollen wir fragen, oder suchen wir selbst? Ach ja, und ich würde dann noch gerne eine Algenspezialität dazu kaufen. Klingt zwar irgendwie lahm, diese Kombination (jetzt), aber immerhin habe ich etwas. Und es ist ja nicht so, dass ich...öhm, oder eher du...dir keine Gedanken gemacht hast.“, meinte Kouya verlegen. „Wie Sie wünschen, Satō-sama!“, entgegnete Yuu spielerisch untergeben, und begann in Richtung der Informationstafel davonzugehen. „Ich würde sagen, wir versuchen unser Glück erst einmal allein! Dann haben wir auf jeden Fall mehr Spaß dabei! Spielen wir einfach ‚Fang das Kokeshi Püppchen!’“, erwähnte Yuu dabei vergnügt, und gedanklich fügte er hinzu, So habe ich wenigstens mehr Zeit mit dir, wenn wir hier rumirren sollten... Außerdem musst du Zeit für die Ausführung meines geforderten Kusses bekommen! Himmel, Yuu, wie alt warst du noch mal? Yuu kam schief grinsend vor der Tafel zum Stehen und inspizierte sie aufmerksam. Kouya war inzwischen auch angekommen und murmelte leise vor sich hin, während er die Tafel überflog. „Nun, wir haben mehrere Etagen... Ich habe total vergessen, dass hier ja alles ein wenig teuerer ist. Was mache ich? Lieber doch zum Daiei um die Ecke gehen? Verdammt...“ Kouya sah sich dabei unschlüssig um, und traf auf Yuus Augen. „Was ist, Kouya? Kalte Füße bekommen? Wenn es das Geld ist, dann kann ich dir gerne etwas borgen...“, bot Yuu freundlich an. „Uh... Nee, lass mal. Danke. Geht auch so… Also, es gibt zwei mögliche Etagen, wo wir die Püppchen finden könnten. Wollen wir uns trennen, oder suchen wir gemeinsam auf jeder?“, wollte Kouya wissen, während er seine Geldbörse aus seinem Rucksack kramte, und einen Blick hinein warf. Mist... Hinterher bin ich arm..., dachte Kouya gequält, und steckte sie wieder ein. „Dann lass uns zu jeder gemeinsam fahren, und dort können wir uns ja trennen. Wenn einer von uns sie entdeckt, dann ruft er den anderen an. Wie klingt das?“, schlug Yuu vor. Kouya nickte zustimmend. „So machen wir es. Dann also los zur ersten Station!“, sagte Kouya ungeduldig und ging zurück zur Rolltreppe. Er sah zurück. „Hey Yuu, wo bleibst du? Komm schon, sonst finde ich sie zuerst, und es steht unentschieden...“, meinte Kouya lachend, während er die Rolltreppe nach oben betrat. Kouya irrte auf der vierten Etage bisher erfolglos umher. Er schaute sich angestrengt um, konnte aber keine Püppchen entdecken. Er seufzte enttäuscht, und warf einen verstohlenen Blick in Yuus Richtung, der ebenfalls eher unwissend als wissend umherlief. Er schmunzelte bei diesem Anblick. Kouya musste sich eingestehen, dass sein Leben zur Zeit mehr als gut lief – eigentlich schon viel zu gut. Er war zurück im Geburtsland, hatte sein Auszugsvorhaben in die Tat umgesetzt, und zur Krönung des Ganzen hatte er Yuu seine Liebe gestanden – zumindest so zwischen Tür und Angel und auch erst, nachdem Yuu mit der Sprache herausgerückt war. Das kam zwar sehr überraschend, hatte ihn aber um so vieles glücklicher gemacht. Er konzentrierte sich wieder auf seine Suche, als sein Handy klingelte. Er kramte es eilig aus seiner Hosentasche und konnte auf dem Display erkennen, dass es Yuu war. Ihm rutschte für eine Sekunde das Herz in die Hose. Der wird sie doch nicht wohl..., begann er zu überlegen, und nahm das Gespräch an. Er blickte sich dabei suchend nach ihm um. „Hast du sie?“, fragte er ohne zu zögern, und entdeckte Yuu, der ihm aus etwa zehn Metern Entfernung und halb verborgen hinter einem kleinen Regal, entgegen grinste. „Nein.“, war dessen kurze Antwort, während er Kouya von seiner Position aus einen Kussmund zuwarf. Dieser rollte mit den Augen und zeigte ihm den Vogel. „Warum rufst du dann an?“ Yuu ging zum nächsten Regal, aber behielt Kouya die ganze Zeit über im Auge. „Ist das nicht offensichtlich? Ich wollte deine sexy Stimme hören!“, meinte dieser und tat so, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. „Sag mal Yuu, wie alt warst du gleich noch? Ich habe das Gefühl, mir liegt da eine falsche Zahl vor...“, stellte Kouya grinsend fest, und bewegte sich ebenfalls zum nächsten Regal. „Hmm... Das wüsste ich auch gerne! Meinem Benehmen nach zu urteilen, habe ich die 15 noch nicht überschritten, oder was meinst du?“, antwortete dieser lachend, und hielt Kouya einen Plüschbären mit Schlafmütze entgegen, dessen Augen zu blinken begannen, als Yuu ihn in den Bauch piekste. Kouya musste lachen. „Ich glaube, du hast noch nicht mal die zehn erreicht! Und was du da in der Hand hältst ist kein Kokeshi Püppchen, nur so zur Information.“, belehrte ihn Kouya vergnügt. „Oh? Jetzt wo du es sagst... Aber vielleicht kann ich dich damit hypnotisieren!? Wie wär’s? Kouya... Verfolge die blinkenden Augen... Die blinkenden Augen werden immer größer... Und größer... Und noch größer... So groß, dass du sanft hineinfällst, und dort liebevoll von meinen Armen aufgefangen wirst...“ Während Yuu diese Albernheit mit monotoner Stimme in sein Handy plapperte, bewegte er den blinkenden Bären hin und her. Kouya starrte Yuu fassungslos an. Er blickte um sich, um zu überprüfen ob ihre Scherze von irgendjemand missbilligend beobachtet wurden, aber er konnte niemanden entdecken. Er atmete erleichtert auf. Er wollte auf keinen Fall das Kaufhaus verlassen müssen, ohne ein Püppchen gekauft zu haben. „Such lieber weiter, du Idiot!“, befahl Kouya, krampfhaft versucht seine Stimme nicht amüsiert klingen zu lassen, und drückte Yuus Anruf weg. Trotz der Entfernung konnte er Yuus enttäuschtes Maulen hören. Er grinste übers ganze Gesicht, und machte sich auf zum nächsten Regal. Sie trafen sich wenige Minuten danach und entschieden, ihre Suche auf die nächste Etage auszuweiten. Dort entdeckten beide gleichzeitig von der Rolltreppe aus die Püppchen. Sie stritten sich spielerisch darüber, wer sie nun zuerst entdeckte hatte, und beschlossen es bei einem Unentschieden zu belassen. „Ich liege noch immer in Führung und das bedeutet, das meine Forderung nach wie vor aktuell ist...“, meinte Yuu gerade hocherfreut, als sie die Treppe verließen und etwas abseits von ihr anhielten. Er blickte zu Kouya runter, der etwas kleiner als er selbst war und erkannte, dass dieser seinen Blick auf die weiter hinten aufgestellten Kokeshi Püppchen gerichtet hatte. Ein Lächeln erschien auf Yuus Gesicht, während er Kouya leicht anstupste. „Uh? Hast du was gesagt?“ Kouya sah überrascht zu Yuu, der noch immer lächelte. „Ich sagte, dass ich dich jetzt küssen werde...“, log Yuu und amüsierte sich über Kouyas entgleitenden Gesichtszüge. „W.. Was? Spinnst du! Küss dich selber, da vorne ist ein Spiegel...“, sagte Kouya perplex, der insgeheim an Yuus Spielchen gefallen fand. „Passe! Ich geh lieber da drüben beim Teezubehör gucken...“, meinte Yuu plötzlich abwesend. „Oh... Aber ich dachte, du könntest mir beim Aussuchen helfen...“, fragte Kouya kleinlaut und hoffte, dass es sich Yuu nochmals überlegen würde. Wir waren schon beim Suchen nicht zusammen..., dachte er sehnsuchtsvoll, und blickte Yuu mit seinen grüngrauen Augen hoffnungsvoll an. „Nee, such du mal lieber alleine aus! Ich will nicht für fast das ganze Geschenk verantwortlich sein, Kouya.“, beschloss Yuu, und ging, sich verabschiedend, zum erwähnten Teezubehör. Kouya starrte ihm für einen kurzen Moment enttäuscht nach, und machte sich dann gedankenverloren ebenfalls auf den Weg. Na ja, immerhin ist er in der Nähe... Er seufzte hörbar. Yuu stand bei den Teetassen, und sah hinüber zu Kouya, der inzwischen in jeder Hand ein Püppchen hielt und sie gegeneinander abwog. Er konnte an Kouyas gequältem Gesichtsausdruck erkennen, dass ihm die Entscheidung nicht leicht fiel. Er lachte leise, und ließ seine Augen über Kouyas Körper wandern. Dieser trug eine einfach gehaltene hellblaue Jeans, die für seinen Geschmack viel zu tief saß. Würde Kouya keinen Gürtel tragen, dann säße sie definitiv nicht mehr dort, wo sie momentan saß. Yuu schmunzelte. Ein Nietengürtel ist mir bei ihm auch noch nicht untergekommen... Niedlich..., stellte Yuu grinsend fest, und ließ seinen Blick weiter nach oben schweifen. Auf die Hose trug Kouya ein gelbes Hemd, über das er einen grauen Pullunder gezogen hatte. Yuu fügte in Gedanken Kouyas weiße Sportschuhe hinzu, die dessen spannende Klamottenkombination perfekt abrundeten. Yuu konnte sich nicht satt sehen an ihm. Er liebte dessen volles, kurzes rotbraunes Haar, welches mit den grüngraue Augen eine unwiderstehliche Versuchung darstellte. Er dachte wehmütig an den letzten richtigen Kuss, der sich an der Uni ereignete, und nun schon eine Weile zurücklag. Kouya hatte ihm dabei mit dem Ergreifen der Initiative ein kleinen Schrecken eingejagt. Yuu hatte mit dieser Reaktion überhaupt nicht gerechnet. Umso glücklicher hatte ihn diese im Nachhinein gemacht, da er gespürt hatte, dass seine Küsse Kouya nicht im Geringsten zuwider waren. Yuu wandte seinen Blick von Kouya ab und schenkte seine Aufmerksamkeit den Teetassen. Er hatte beschlossen, eine für Kouya zu kaufen damit dieser, wenn er irgendwann bei ihm übernachten sollte, seine eigene Tasse besaß. „Hm... Die oder die...“, murmelte Yuu überlegend, und sah noch mal kurz zu Kouya rüber, in der Hoffnung, dass ihm allein dessen Anblick eine Hilfe für seine Tassenauswahl war. Er konnte sehen, dass Kouya inzwischen Hilfe von einer Beschäftigten bekam, die gerade über etwas lachte, was Kouya gesagt hatte. Yuu verspürte beim Anblick der beiden Eifersucht in sich aufsteigen. Woah... Ganz ruhig, Yuu! Es gibt keinen Grund für solche Gefühle... Er beobachtete weiter angespannt die Szene. Kouya schien sich für eines der beiden Kokeshi Püppchen entschieden zu haben, denn er ging zusammen mit der Beschäftigten in Richtung Kasse davon. Yuu sah ihnen kurz nach, bevor er sich wieder auf seine eigene Aufgabe konzentrierte. Er musterte beide in Frage kommenden Tassen mit einem intensiven Blick. Seine Wahl fiel auf die beigefarbene, die an einer Stelle ein schwarzes Ornament trug, welches einer Kirchblüte an einem Zweig ähnelte. Er lächelte zufrieden, und suchte eine andere Kasse als Kouya auf. Als er die Tasse bezahlt hatte, und sie hübsch in Geschenkpapier verpackt war, machte er sich auf die Suche nach Kouya. Er brauchte gar nicht weit gehen, als ihm dieser auch schon grinsend entgegen kam. Yuus Herz schlug für einen kurzen Moment unerhört laut. „Geschafft! Aber ich denke, es wird nur bei dem Püppchen bleiben... Dieses kleine Ding hat echt meinen finanziellen Rahmen gesprengt, aber ich bin glücklich damit. Ich hoffe, dass sie meiner Mutter gefallen wird!“, sprudelte es fröhlich aus Kouyas Mund, während er vor Yuu zum Halten kam. Er sah auf die Tüte in Yuus Hand, und hob fragend die Augenbrauen. „Du hast auch etwas gekauft?“, fragte er Yuu neugierig, und blickte in dessen schwarze Augen. „Mhm. Ja, habe ich.“, meinte Yuu ausweichend, und packte die Tüte in seinen Rucksack. „Und nun? Was machen wir jetzt?“, fragte dieser weiter ablenkend, als er seinen Rucksack schulterte. „Ich bin ja dafür, dass wir oben etwas Essen gehen, oder uns zumindest mit Essbarem eindecken, und das dann irgendwo gemütlich im Sitzen zu uns nehmen. Was denkst du?“, schlug Yuu hungrig vor. Kouya, ein wenig irritiert über Yuus Verschlossenheit bezüglich seines Einkaufes, nickte zustimmend. „Dann lass uns nach oben fahren! Ich bin nicht nur ziemlich hungrig, sondern auch zu faul, jetzt noch groß durch die Gegend zu rennen.“, meinte Kouya aufrichtig, und drängte Yuu zum Losgehen. „Okay, okay... Dann nach oben!“ „Sag mal Kouya, kann es sein, dass Hiroki auf Kagerou steht?“, fragte Yuu beiläufig, während er sich den nächsten Bambusspieß mit marinierten Auberginenscheiben zu Gemüte führte. Kouya, der sich gerade eine Gabel voll aufgedrehter Spaghetti mit Tomatensoße in den Mund stecken wollte, starrte überrascht zu Yuu, der ihm gegenüber saß. „Wie? Ich dachte, der steht auf Shino!?“, antwortete dieser humorig, und führte den Weg der Gabel zu Ende. Seine Gedanken wanderten zu seinem älteren Bruder. Kouya hatte nie darüber nachgedacht, ob Hiroki auch auf Männer stehen könnte. Bisher hatte er nur Frauen in dessen Leben gesehen. Er nahm an, dass Yuu mit Sicherheit mehr darüber wusste, aber er wollte diesen jetzt nicht danach fragen. Hirokis Verhalten auf der Einzugsparty am Samstag hatte ihn zwar etwas erstaunt, aber er fand den Zungenkuss zwischen Shino und ihm nicht annährend so schlimm, wie das Klopapier, das er zum Einzug von ihm erhalten hatte. Kouya verzog bei diesem Gedanken missmutig das Gesicht. Er hatte natürlich mitbekommen, dass sein Bruder ein Auge auf Kagerou geworfen hatte. Diese Tatsache beunruhigte ihn etwas, da er seinen Bruder in bestimmten Dingen sehr gut kannte. Würde dieser beginnen, Kia und Kagerou in die Beziehung zu funken, dann müsste er dies wohl oder übel stehen lassen. Er würde ihn weder zur Rede stellen, noch ihm verbieten, ihn in der WG zu besuchen, denn dieses Recht besaß er nicht. Diese Angelegenheit mussten dann schon Kia, Kagerou und Hiroki unter sich ausmachen. Schließlich trugen sie für sich selbst die Verantwortung und waren natürlich erwachsene Menschen. Dennoch war ihm bei dem Gedanken an Hiroki etwas unbehaglich zumute. Er fokussierte seinen Blick wieder auf Yuu, der ihn fragend ansah. „Ich wüsste manchmal zu gern, was da in deinem Kopf passiert, Kouya!“, meinte Yuu amüsiert, und trank einen Schluck Wasser. Er lächelte Kouya offen an. „Dein Gesicht verrät zwar nicht deine Gedanken, dennoch stellt es eine Bandbreite deiner Gefühlsregungen zur Schau, die einen immer wieder überraschen!“ Yuu lachte freundlich, während er das sagte. „Na ja, außerdem denke ich, dass die Beziehung zwischen Kia und Kagerou ausgezeichnet läuft. Da wird Hiroki wohl keine Chance haben, oder was meinst du?“, fragte Yuu Kouya mit wissenden Augen. Kouya sah auf seinen Teller, und seine Gedanken wanderten erneut zu Hiroki. Er war der gleichen Meinung wie Yuu. Hiroki würde bei dieser Sache wohl gegen eine Wand laufen. Aber was war mit Shino? Warum war Hiroki in der Lage gewesen, ihn so intensiv zu küssen, wenn er eigentlich auf Kagerou stand? Er fände es schrecklich, wenn sein Bruder Shino für seine egoistischen Zwecke benutzen würde. Er hoffte inständig, dass dessen Interesse an Kagerou nur von kurzer Dauer wäre, und Hiroki aufrichtiges Interesse an Shino entwickeln würde – es war natürlich nicht so, dass er unbedingt eine Beziehung zwischen seinem Bruder und seinem Mitbewohner herbeiwünschte, dennoch war dieser Gedanke recht spannend. Kouya drehte weiter gedankenverloren mit der Gabel in seinen Nudeln. „Wow Kouya! Das will ich sehen!“, meinte Yuu auf einmal belustigt, und starrte auf Kouyas Teller. „Was willst du... Oh?!“, meinte Kouya überrascht, als er seine Gabel anblickte. Er war so sehr in Gedanken gewesen, dass er nicht bemerkt hatte, dass sich eine nicht mehr mundgerechte Portion Nudeln um seine Gabel gelegt hatte. Er grinste schief. „Soll ich, oder willst du?“ Breit grinsend hob er seine Gabel an, und hielt sie Yuu unernst entgegen. Dieser war kurz in Versuchung, Kouyas Angebot anzunehmen, schon allein um dessen Reaktion sehen zu können, schüttelte dann aber ablehnend den Kopf. Stattdessen entschied er sich für eine andere Variante, Kouya aus der Reserve zu locken. Er blickte in dessen grüngraue Augen, in denen noch immer der Schalk saß und verspürte das Bedürfnis, sich nach vorne zu beugen, um Kouyas Lippen mit seinen zu verschließen. Das würde er natürlich hier nicht tun können. Er sah sich um. Das Restaurant war zwar nicht sehr voll, aber da sie von allen Seiten einsehbar am Fenster saßen, unterdrückte er sein Verlangen. Enttäuscht seufzend hatte er das Gefühl, vor lauter Begierde noch verrückt zu werden. „Anstatt über Hiroki und sein Liebesleben zu sprechen, sollten wir zur Abwechslung mal von unserem sprechen!“, sagte Yuu mit einem entwaffnenden Lächeln, dass Kouya den Atem raubte. Kouya schluckte – nicht nur der Nudeln wegen. Er sah sich unbehaglich um, aber es saß niemand in ihrer Hörweite. Yuu warf ihm einen durchdringenden Blick zu. Kouya bemerkte, dass er weiche Knie bekam und sein Herz zu rasen anfing. „Ich mein, wir wissen, dass wir einander mehr als mögen, aber wie geht’s weiter? Halten wir es vorerst vor Hiroki geheim? Oder gehen wir ihm gegenüber damit offen damit um? Was ist mit unseren Eltern? Wann und wie schlafen wir miteinander...“ Yuu wurde erwartet heftig von Kouya unterbrochen. Er begann zu grinsen. „Woah... Yuu! Mach mal halblang... Wenn ich dich so reden höre, dann bereue ich es fast, dir mei...ähm...meine Gefühle gestanden zu haben...“, sprach Kouya verunsichert mit bebender Stimme. Er suchte Yuus Augen, um darin dessen wirkliche Absichten erkennen zu können. Yuu erwiderte seinen Blick mit amüsiert blitzenden Augen und lachte sanft. „Du verunsicherst mich, Yuu! Du treibst schon die ganze Zeit deine Scherze mit mir... Du weißt aber, dass das auch nach hinten losgehen kann!? Ich meine, irgendwann schlägt das um und wer weiß, was dann passiert...“, brachte Kouya leise hervor und vermied es, Yuus Blick zu erwidern. Yuu, seinerseits nun über Kouyas ernste Erwiderung aus der Fassung gebracht, suchte nach besänftigenden Worten. „Tut mir leid, ehrlich... Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Nein. Das ist auch nicht richtig. Ich weiß was mit mir los ist... Ich bin hochgradig verliebt in dich und überglücklich, mit dir hier durchs Kaufhaus laufen zu können. Na ja, etwas fehlt mir schon...“, sprach Yuu zögernd und versuchte eindringlich Kouyas Blick einzufangen. „Ich bin sonst nicht so... Also, dass ich so mit sexuellen Anspielungen um mich werfe. Ich bin echt ein Gefühlstrampel, entschuldige... Aber ich will dich schon seit meiner Ankunft an der Parkbank küssen! Dieser Gedanke, na ja, dieses Verlangen besetzt momentan den Großteil meines Verstandes. Nicht sehr reif, was?“, fragte Yuu geknickt, und konnte endlich die grüngrauen Augen vor ihm sehen. „Dann lass uns gehen...“, meinte Kouya auf einmal, während eine leichte Röte seine Wangen überzog. Er erwiderte Yuus verwirrten Blick. „Also, ich meine, lass uns einen Ort hier im Haus suchen, wo ich dich küssen kann...“, sprach er leise mit zitternder Stimme. Yuu sah Kouya in die Augen, und sein Herz schlug ihm dabei bis zum Hals. „O...okay. Ich geh schnell zahlen, dann können wir los...“ Während Yuu dies sagte, verließ er eilig den Tisch in Richtung Kasse. Kouya sah ihm nervös nach. Kein Grund, nervös zu werden... Du willst es doch auch, Kouya! Seine Hände spüren, seine Küsse schmecken, seine Stimme ganz nah am Ohr hören... Ahhh...wenn du jetzt nicht aufhörst daran zu denken, dann kommst du vor lauter Pudding in den Knien hier überhaupt nicht mehr weg.... Ist doch schön! Dann kann er dich ja huckepack tragen..., dachte Kouya mit wachsender Erregung. „Spinner...“, murmelte Kouya leise zu sich selbst, und trank sein Glas leer. Er sah erwartungsvoll in Yuus Richtung, der inzwischen auf dem Weg zu ihm zurück war. Ein aufgeregtes Lächeln zierte dessen Gesicht. Als Yuu wieder am Tisch angekommen war, blieb er stehen und wartete, bis sich Kouya von seinem Platz erhoben hatte. Trotz weicher Knie schaffte es Kouya aufzustehen und er schenkte Yuu ein breites Lächeln. „Ich dachte schon, meine Knie würden nachgeben...“, sagte Kouya verlegen zu Yuu, der dessen Gesagtes mit einem unverschämtem Grinsen zur Kenntnis nahm. „Ich würde dich auch auf Händen tragen, wenn es sein müsste...“, sagte dieser schelmisch. „Hm, huckepack wäre mir aber lieber...“, stellte Kouya mit kaum hörbarer Stimme fest. Yuu sah ihn fragend an. „Oh...nichts! Ähm... Also, eigentlich ist es ja schon blöd, sich wegen einem Kuss so zu verstecken, immerhin leben wir in einem freien Land, oder?! Okay, ist natürlich nicht so einfach, wie es sich anhört. Na ja, außerdem möchte ich nicht, dass jemand von meiner Familie durch eine außenstehende Person etwas über mein Liebesleben erfährt. Deshalb, nun... Verdammt! Wohin also?“ Mit dieser Frage beendetet Kouya seine nervöse Erklärung und sah forschend zu Yuu rüber, der ihm schon halb den Rücken zugedreht hatte. „Toilette.“, war alles was dieser sagte, und setzte sich in Bewegung. Kouya musste augenblicklich an ihren ersten Kuss in der Bahnhofstoilette denken. Er starrte mit wachsender Erregung aufs Yuus Rücken. Der Kuss damals ging komplett von Yuus Seite aus, und kam für Kouya völlig unerwartet, dennoch hatte er ihn insgeheim genossen. Ihr zweiter an der Uni wandelte sich von einem einseitigen zu einem beidseitigen, der Kouya fast den Verstand raubte. Er lächelte wehmütig. Ihr dritter, und bisher auch letzter Kuss, geschah auf der Einzugsparty. Nun, einen Kuss kann ich das wirklich nicht nennen... Es war eher ein Hauch von Yuus Lippen auf meinen... Trotzdem löste er dieses unglaubliche Wohlgefühl in mir aus..., dachte Kouya glücklich und seufzte in freudiger Erwartung, während er Yuu völlig ergeben folgte. Sie entschieden sich, die Toiletten zwei Etagen tiefer aufzusuchen, und fuhren mit der Rolltreppe nach unten. Kouya wurde mit jeder verstreichenden Sekunde hibbeliger und er sah immer wieder verstohlen in Yuus Richtung. Dieser schien nach außen hin die Ruhe schlechthin zu sein, was Kouya irritierte. Das glaube ich jetzt nicht... Könntest du nicht wenigstens ein klitzekleines Bisschen deiner Aufregung zeigen, Yuu? Komme mir schon richtig blöd vor..., dachte Kouya beinah verärgert und beugte sich leicht nach vorn, um Yuu, der vor ihm auf der Treppe stand, leicht in den Nacken zu pusten. „Was... Oh...“, entfuhr es Yuu unkontrolliert laut, während er sich verlegen zu Kouya umdrehte und diesen mit glühenden Augen ansah. Yuus offen leidenschaftlicher Blick zauberte Kouya ein befriedigendes Lächeln ins Gesicht. „Es ist nichts! Mir war so danach...“, brachte dieser vergnügt grinsend hervor, und genoss den Anblick von Yuus attraktivem Gesicht. Dieser weitete überrascht seine Augen. Er lehnte sich zu Kouya rüber, um in dessen Ohr flüstern zu können. „So?! Dir war danach? Dann lass dich mal überraschen , wonach mir gleich ist...“, hauchte er ihm ins Ohr und streifte mit seinen Lippen dessen Hals. Kouya zuckte wie elektrisiert zurück und starrte zu Yuu, der ihm inzwischen den Rücken wieder zugedreht hatte. Er schluckte und fasste unbewusst an die Stelle an seinem Hals, die Yuus Lippen ganz leicht berührt hatten. „Willst du deinen Rucksack nicht lieber absetzen?“, flüsterte Yuu in Kouyas Ohr. Sie standen eng beieinander in der Toilettenkabine und warteten darauf, bis sie sich wieder allein im Raum befanden. Als sie vor wenigen Augenblicken die Toilette betreten hatten, waren sie nicht für sich gewesen – zwei weitere Gäste waren anwesend. Kouya suchte umgehend eine freie Kabine auf und Yuu stellte sich angespannt an das Waschbecken. Er wusch sich ausgiebig die Hände und blickte aus dem Augenwinkel zu den beiden anderen Gästen rüber, die im Begriff waren zu gehen. Als sie den Raum verlassen hatten, ging er zu der Kabine, in der Kouya verschwunden war, und bat um Einlass. Kaum hatte er sie betreten und sie wieder hinter sich verschlossen, vernahmen sie erneut das Geräusch der Eingangstür, die eine weitere Person ankündigte. Yuu seufzte kaum hörbar und blickte dabei sehnsuchtsvoll in Kouyas Augen. Dieser erwiderte seinen Blick mit gleicher Intensität und hoffte, dass Yuu ihn bald küssen würde, denn sonst verlöre er noch den Verstand. „Ich habe doch schon gesagt, dass ich den Rucksack nicht absetzen will...“, wisperte Kouya mit bebender Stimme, und fand ihre Unterhaltung völlig daneben. Er hielt Yuus körperliche Nähe kaum noch aus, und empfand das Warten als reinste Folter. Er hoffte inständig, dass die dritte Person im Raum bald gehen würde. Warum eigentlich warten? Es ist ja nicht so, dass Küssen mit Lautstärke zu tun hätte, oder? Okay, ich kann nicht dafür garantieren, dass mir eventuell ein Wohlfühlgeräusch über die Lippen rutschen könnte... Argh...ich halt das nicht mehr aus! Dann küsse ich dich eben einfach...., dachte Kouya voller Selbstvertrauen, suchte Yuus Augen und erstarrte. Als hätte dieser seine Gedanken gelesen, schloss er unverschämt grinsend seine Augen und wartete. Kouya schluckte. Er hatte das Gefühl, dass er da ein paar sehr merkwürdige Seiten an Yuu entdeckte, von denen er bisher noch nichts wusste und er sich erst einmal Gedanken darüber machen müsste, wie er mit ihnen umgehen sollte – nichtsdestotrotz fand er sie anziehend. Er holte tief Luft, drückte sich auf seinen Fußspitzen nach oben, um Yuus Lippen mit seinen zu bedecken. Bevor er aber dazu kam, konnte er hören, dass die weitere Person den Toilettenraum endlich verließ, und dann ging alles ganz schnell. Als würde die gehende Person ein Startschuss für Yuu darstellen, beugte sich dieser blitzschnell nach unten, und küsste Kouya. Dieser riss überrumpelt seine Augen auf und starrte auf Yuus nahes Gesicht. Kouya spürte, dass seine anfängliche Überraschung brennender Leidenschaft Platz machte, und er sich wie ein Ertrinkender an Yuus Rücken klammerte. Er erwiderte begeistert dessen Kuss und öffnete leicht seine Lippen, um Yuus Zunge willkommen zu heißen. Yuu nahm Kouyas Einladung mit wachsender Erregung an, und spielte gekonnt mit dessen Zunge fangen. Kouya spürte bei ihren kurzen Berührungen das vertraute Kribbeln durch seinen Körper laufen, welches mit jeder Sekunde stärker wurde. Er stöhnte heiser „Ngh... Oh... Nicht... Mhm...“, entschlüpfte es seinem Mund, als Yuu mit seiner Zunge seine Wange entlang fuhr und an seinem linken Ohr zum Halten kam. Kouya hielt den Atem an. Yuu erkundete Kouyas Ohr spielerisch, während er immer wieder heißen Atem sanft hinein blies. Kouya glaubte, er müsse vor Wonne ohnmächtig werden. „Hah... Yuu, warte... Ngh…” Kouya versuchte Yuu von sich zu schieben, aber seine schwindenden Kräfte ließen es nicht zu. „Was ist, Kouya? Gefällt es dir nicht? Habe ich dir nicht gesagt, dass ich dir zeigen werde, wonach mir ist...“, murmelte Yuu leise mir erregter Stimme in Kouyas Ohr. Er sah ihn anschließend mit schelmisch blitzend schwarzen Augen an, die Kouya erneut den Atem raubten. Verdammt! Verdammt, Yuu... Bevor ich hier vor Verzückung sterbe, werde ich wohl an Sauerstoffmangel gestorben sein..., dachte Kouya schief grinsend. Er sah dabei liebevoll zu Yuu rauf, der ihn mit glühenden Augen anblickte. „Natürlich gefällt es mir, Spinner... Ich bin nur... Also, überrascht, dass ich so empfindsam bin. Na ja, ich mein, ich habe so was vorher nicht gemacht... Auch nicht richtig. Geküsst schon, aber nicht jemanden...“, presste Kouya verlegen und kaum hörbar zwischen seinen Lippen hervor, als sie abermals von Yuus verschlossen wurden. Kouya ließ sich erneut fallen. Yuu bemerkte, dass mit jeder verstreichenden Minute, die er hier zu zweit auf diesem engen Raum mit Kouya verbrachte, er das Gefühl hatte, die Beherrschung zu verlieren. Er wollte auf keinem Fall Kouya zu etwas drängen, wofür die Umgebung alles andere als angebracht wäre. Dennoch fand er den Gedanken reizvoll, hier mit Kouya zu schlafen. Er konzentrierte sich wieder auf Kouyas zaghafte Berührungen, und lächelte innerlich darüber. Dort, wo ihn Kouyas Hände berührten, hinterließen sie einen heißen Abdruck, der für mehrere Sekunden anhielt, ehe er verblasste, um an andere Stelle erneut aufzublitzen. Er genoss das Gefühl. Yuu begann mit einer Hand sanft Kouyas Nacken zu streicheln, während sich seine Zunge forschend in dessen Mundhöhle austobte. Seine andere Hand wanderte an Kouyas Seite hinab zu dessen Hüfte. Er spürte Kouyas Erschaudern. Er überlegte kurz, ob er Kouya in den Schritt fassen sollte, aber entschied sich vorerst dagegen und ließ seine Hand weiter zu dessen Po wandern. „Uff... Yuu... Nicht weiter, sonst...“, sagte Kouya im flehentlichen Ton, als Yuu dessen Mund freigab und er küssend dessen Hals hinab glitt. „Ngh...“ Kouya schloss verzweifelt die Augen und versuchte sich darauf zu konzentrieren, nicht zum Höhepunkt zu kommen. Er biss sich auf die Unterlippe, aber selbst dieser Schmerz gesellte sich auf unerhört erregende Weise zu dem Rest seiner Empfindungen, und ließ ihn aufstöhnen. „Du bist unwiderstehlich, wenn du diese Geräusche machst, Kouya... Du solltest lieber aufpassen...“, flüsterte Yuu mit bebender Stimme in Kouyas Ohr und fühlte, dass seine eigene Erregung sich immer weiter nach oben schraubte. Ich muss jetzt aufhören, sonst kann ich bald nicht mehr aufhören... Kouya... Immerhin war mein Preis nur ein Kuss!, dachte Yuu gierig und ließ seine Hand von Kouyas Po nach vorn in dessen Schritt wandern. Er spürte dort Kouyas geballte Erregung durch die Berührung seiner Hand und war im Begriff dessen Hose zu öffnen, als er ein kurzes Erzittern spürte und Kouya ihn daraufhin laut atmend von sich schob. Kouya ließ den Kopf gegen Yuus Oberkörper gelehnt hängen, während seine Hände dessen Schultern umklammerten. Auf Yuus Gesicht erschien ein wissendes Lächeln. „Scheiße... Verdammt...“, brachte Kouya heiser hervor. „Ich habe doch gesagt, du sollst...“ Kouya konnte den Satz nicht beenden, da Yuu seinen Kopf mit dessen Händen sanft anhob und ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen gab. „Es tut mir leid, Kouya... Ich habe dein Bitten überhaupt nicht wahrgenommen. Habe mich wohl hinreißen lassen.“, stellte er aufrichtig fest, und sah in Kouyas grüngraue Augen, in denen noch leicht das Glühen der langsam abebbenden Leidenschaft zu erkennen war. „Ähm, ich sollte mich wohl... Könntest du bitte die Kabine verlassen?“, fragte Kouya leise und wich Yuus Blick aus. „Oh!? Natürlich. Soll ich dir vielleicht eine neue...“, setzte Yuu an, als er sanft von Kouya aus der Kabine geschoben wurde. „Nein. Ich denke, es müsste auch so gehen. Ich gehe doch sowieso direkt nach Hause, also keine Umstände...“, sprach Kouya peinlich berührt. Yuu, der sich von außen an die Tür gelehnt hatte, schmunzelte leise. Sie waren noch immer allein und darüber war er froh, denn er wollte diesen Augenblick mit niemand Fremden teilen. Der Gedanke daran, dass Kouya schon unter seinen wenigen Berührungen zum Höhepunkt kam, ließ ihn grinsen. Natürlich war er etwas enttäuscht darüber, dass er nicht zu seinem gekommen war, aber auf der anderen Seite durchströmte ihn große Erleichterung, denn er wollte mit Kouya ihr erstes Mal bestimmt nicht in einer Kaufhaustoilette erleben. Er lachte leise. „Was ist so witzig? Machst du dich etwa lustig über mich?“, fragte Kouya verunsichert durch die geschlossene Tür. „Wie kommst du darauf?! Ich lache, weil ich ein Idiot bin!“, meinte Yuu fröhlich. „Oh? Auch schon gemerkt?“, frotzelte Kouya gut gelaunt zurück. „Und? Wie war der sehnsuchtsvoll erwartete Kuss?“, fragte Yuu neugierig. Er bemerkte, dass Kouya die Kabine verlassen wollte, und trat einen Schritt zurück. „Hm...“, hörte er Kouya sagen, als dieser im Spalt der sich öffnenden Tür erschien. „Irgendwie schmeckte alles nach mariniertem Gemüse, wenn ich mich nicht täusche!“, sprach er grinsend und wurde dabei sanft von Yuu in dessen Arme gezogen. Dieser wollte ihn gerade küssen, als sie das Öffnen der Eingangstür vernahmen. Enttäuscht entließ Yuu Kouya aus seinen Armen. Dieser ging lächelnd zum Waschbecken rüber, und betrachtete Yuu durch den Wandspiegel. „Wenn ich hier fertig bin, können wir gehen.“ Als sie einen kurzen Augenblick später gemeinsam zur Tür gingen, beugte sich Yuu zu Kouya rüber. „Nun, dein Tomatengeschmack war auch nicht unbedingt abtörnend...“, meinte dieser zärtlich und berührte für einen kurzen Moment Kouyas Hand, als sie den Raum verließen. Kapitel 12: Oh? Eier! --------------------- Kia saß entspannt auf der Anrichte und beobachtete seinen Geliebten, der gestresst durch die Küche huschte, um den Frühstückstisch vorzubereiten. „Hey, komm doch mal endlich her! Wie oft muss ich denn noch bitten?“, maulte Kia übertrieben und warf Kagerou einen gespielt beleidigten Blick zu. „Nein, und nochmals nein! Du siehst doch, dass ich in Eile bin, Kia! Du hättest mir ruhig sagen können, dass ich mit dem Tischdecken dran bin! Dann hätte ich nämlich auf die Extra-Runde mit dir im Bett verzichtet...“, brachte er aufgebracht hervor und sah mit seinen dunkelgrauen Augen zu Kia rüber, der nun schmollend das Gesicht verzog. „So? Hättest du wirklich auf das verzichtet, was du da heute morgen erleben durftest? Hm... Wenn ich ehrlich bin, ich hätte nicht darauf verzichten können, dich so zu sehen, deine sexy Stimme zu hören...“ Kagerou schnitt ihm unsanft das Wort ab und sah wütend zu ihm rüber. „Also, manchmal weiß ich echt nicht, was ich mit dir machen soll...“, wetterte dieser und wurde seinerseits nun abrupt von Kia unterbrochen. „Küssen! Du sollst mich einfach nur küssen! Und zwar am liebsten jetzt gleich! Nur ein kleiner... Immerhin sitz ich hier schon die ganze Zeit bewegungslos auf der Anrichte oder Küchenzeile, was mir wirklich schwer fällt, musst du wissen! Du siehst so attraktiv in deinen Klamotten aus, dass ich vor Verlangen den Verstand verlieren könnte! Du bist so sexy, Kagerou...“, entgegnete Kia mit einem lasziven Ausdruck in der Stimme, und ließ seine Augen über Kagerous Körper wandern. Kagerou hatte eine schwarze Hose an, zu der er ein grünes Hemd trug. Ein lose umgebundene hellgraue Krawatte hing ihm um den Hals. Sein längeres Pony hatte er mit einem kleinen Zopf nach hinten geknotet. Kia seufzte enttäuscht, da er spürte, dass ihm Kagerou seinen Wunsch vorerst nicht erfüllen würde. „Sag, wo musst du heute noch mal so schnieke angezogen hin? Muss ich mir da irgendwelche Gedanken machen?“, fragte er neugierig und nahm einen Schluck warmen Tee. Kagerou sah für einen kurzen Moment irritiert zu Kia rüber, der ihm mit seinen hellbraunen Augen über den Rand der Teetasse interessiert entgegen blickte. Willst du mich verarschen? Ich habe dir vor knapp einer Stunde zum mindestens zwanzigsten Mal gesagt, wo ich hin muss... Vielleicht solltest du deine Sexsucht etwas zurückfahren, mein Lieber?! Vielleicht ist ja doch etwas dran an dem Gerücht, dass mit jedem Höhepunkt ein Teil deiner Gehirnmasse verloren geht..., dachte Kagerou genervt, aber gleichzeitig vergnügt. Er musste über seine eigenen Gedanken laut lachen. Kia sah ihn argwöhnisch an. „Was hast du gerade gedacht, he? Bestimmt nichts Gutes! Ich kenne dich... Ich will es wissen! Raus mit der Sprache!“, brummelte Kia, während er Kagerou beim Braten der Eier beäugte. Hm...wäre eine gute Gelegenheit, dich von hinten zu erwischen! Schließlich kannst du die Eier nicht allein lassen..., überlegte Kia ernsthaft, aber entschloss sich dagegen. Er blieb einfach auf der Anrichte sitzen und hoffte, dass Kagerou irgendwann für einen kurzen Moment zu ihm kam. Er kannte Kagerou inzwischen so gut, dass er wusste, dass dieser früher oder später dem Verlangen nach einem Kuss nachgeben würde. Ein wissendes Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Ich treffe mich heute mit meinem Professor und einem ehemaligen Schüler von ihm. Das habe ich dir doch schon gesagt, Kia. Vielleicht solltest du deinen Gehirndruck überprüfen lassen...“, meinte Kagerou immer leiser werdend, während er dabei unkontrolliert zu lachen begann. „Was war das eben? Wie...“, begann Kia überrascht, als Kagerou auch schon geschwind weiter erzählte und dabei krampfhaft versuchte, sein Lachen in Griff zu bekommen. „Auf jeden Fall veranstaltet dieser ehemalige Student eine Ausstellung seiner neuesten Werke. Ich bin gefragt worden, ob ich bei den Vorbereitungen helfen könnte. Ich habe natürlich zugesagt! Vor allem daher, weil mir dessen Werke unheimlich gut gefallen...“, meinte Kagerou verträumt, während er die Eier auf die Teller verteilte. Kia konnte sich sehr gut an das Gespräch mit Kagerou wegen diese Veranstaltung erinnern – insbesondere an Kagerous Schwärmereien für diesen Künstler. Er musste sich zwar keine Sorgen um Kagerous Gefühle ihm gegenüber machen, dennoch hinterließ dessen Begeisterung einen üblen Nachgeschmack in seinem Mund. Pah...was der da so auf die Leinwand klatscht, kann ich schon alle Male! Gib mir einen Pinsel, Farbe, dann lege ich los... Obwohl ich ja lieber deinen Körper als Leinwand benutzen würde..., dachte Kia schief grinsend und tadelte sich innerlich für seine eifersüchtigen Gedanken Kagerou gegenüber. „Stimmt ja, die Ausstellung... Ich kann mich erinnern! Aber musst du dich extra für dieses Treffen so schick machen?“, sagte Kia, trotz der eigenen Erkenntnis, dass er sich wie ein eifersüchtiger Teenager anhörte. „Das Treffen ist nicht an der Uni, sondern in einem etwas gehobeneren Restaurant. Ich wollte dort nicht unbedingt negativ auffallen.“, erwiderte Kagerou beruhigend und stellte die Teller auf den Küchentisch. „Ach was! Du und negativ auffallen! Du könntest einen Reissack anhaben und würdest selbst dann allen Anwesenden noch immer die Show stehlen!“, sprach Kia aufgeblasen. „Danke für die Blumen! Könntest du jetzt aber bitte von der Anrichte herunterkommen und dich, wie es sich gehört, an den Tisch setzen?!“, fragte Kagerou mit einem Lächeln im Gesicht, da er sich innerlich über Kias Worte freute. „Na klar, aber erst kommst du zu mir und gibst mir den verdienten Kuss, auf den ich schon geschlagene 25 Minuten warten muss!“, sprudelte es Kia voller Selbstvertauen aus dem Mund und er sah dabei fordernd zu Kagerou rüber, der nun kopfschüttelnd auf ihn zukam. „Verdient für was?“, sprach er leise, während er vor Kia stehen blieb. Dieser lächelte ihn erwartungsvoll an. Kagerou schob sich zwischen Kias geöffnete Beine und berührte mit einer Hand dessen Wange, während er die andere sanft auf Kias Oberschenkel legte. Er beugte sich leicht nach vorn und verschloss seine Lippen mit Kias. Der Kuss belebte Kagerous Erinnerung an ihr Liebesspiel vor dem Aufstehen. Er genoss das wachsende Gefühl der Erregung und öffnete leicht seine Lippen, um Kias fordernder Zunge Einlass zu gewähren. Die Berührungen ihrer Zungen ließen Kagerous Herz schneller schlagen. Sie berührten und trennten sich immer wieder in ihrem lustvollen Zusammenspiel und Kagerou konnte gleichzeitig spüren, dass Kia seine starken Arme sanft um ihn gelegt hatte. Mit diesen zog er ihn nun so fest an sich heran, dass Kagerou in der Lage war, dessen vertraute Körperwärme zu spüren. Kagerou unterdrückte ein glückliches Seufzen. Er hatte gerade vor, ebenfalls die Arme um Kia zu schlingen, als ihn eine Stimme daran hinderte. „Ey man! Kann ich nicht mal einen Morgen in die Küche kommen, ohne ein sich glücklich knutschendes Pärchen sehen zu müssen?!“, nörgelte Shino, während er an ihnen vorbei zum Tisch ging. Er ließ sich dort auf einen Stuhl fallen und sah anschließend die beiden strafend an. Kia grinste unverschämt zurück und wollte Kagerou demonstrativ weiter küssen, als dieser sich aus seinen Armen befreite und ebenfalls zum Tisch ging. Kagerou warf Kia dabei einen frechen Blick zu, bevor er sich Shino zuwandte. „Entschuldige Shino! Ich vergesse manchmal einfach, dass wir hier ja zu viert wohnen!“, meinte Kagerou nicht wirklich überzeugend, da ein verschmitztes Lächeln seine Lippen zierte. „Hey Kagerou! Wofür entschuldigst du dich? Sind Küsse in der Küche seit Neuestem verboten? Tja, und es ist ja nicht unsere Schuld, wenn der Herr hier niemanden zum Küssen hat, oder warte! Hiroki! Genau, Hiroki würdest du jetzt bestimmt gern küssen wollen, oder?“ Während Kia vergnügt sprach, hüpfte er von der Anrichte und gesellte sich zu den beiden an den Tisch. Shino blickte angesäuert zu Kia rüber, der sich ihm gegenüber gesetzt hatte. „Wieso kommst du jetzt ausgerechnet auf Hiroki? Kannst du mir das mal verraten, Kia?“, brachte Shino zerknirscht hervor und griff nach seiner Gabel. „Ist doch ganz einfach! Ich erinnere dich doch gerne an das vergangene Wochenende und die spannende Kuss-Session hier in unseren vier Wänden! Also, wenn ich recht überlege, dann hast du nach Hirokis Kuss alles andere als unbefriedigt ausgesehen, stimmt`s?“, sprach Kia amüsiert, während er begann, sein Ei mit dem Reis zu zermanschen. Kagerou beobachtete ihn dabei und verzog missbilligend das Gesicht. „Oh Kia, kannst du das nicht lassen?“, meinte Kagerou angewidert und schenkte sich Grünen Tee ein. „Was lassen? Das Ei jetzt, oder Shino zu ärgern? Ich finde beides aber sehr unterhaltsam! Und was das Spiegelei angeht... Ob ich es mir nun abwechselnd mit dem Reis in den Mund stecke, oder es zermatscht mit dem Reis zusammen esse, ist doch egal! Denn schließlich landet es eh gemeinsam im Magen und sieht dabei nach dem Kauen noch viel interessanter aus... Findest du nicht auch, Shino?“, sagte Kia grinsend und sah Zustimmung suchend in Shinos Richtung. Dieser warf ihm einen ungläubigen Blick zu. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir nach deiner blöden Anmache eben ein hilfreiches Wort schenke?!“, meinte Shino und steckte sich Kias Blick ignorierend ein Stück Apfel in den Mund. „Ach komm schon! Du kannst mir nicht erzählen, dass es dir Hiroki nicht angetan hat...“, drängte Kia zum ursprünglichen Thema weiter, während Kouya, längst erwartet, endlich in der Küche erschien. Er lächelte zur Begrüßung in die Runde und legte, als er zum Tisch trat, die Tageszeitung auf einen freien Stuhl und setzte sich. „Was ist mit Hiroki? Hat er angerufen, als ich unterwegs war?“, fragte er neugierig und bedankte sich bei Kagerou für das Essen. „Nein, wir sprachen gerade über Shinos nicht vorhandenes Liebesleben!“, entgegnete Kia wahrheitsgemäß. „So? Und was hat das mit Hiroki zu tun?“, fragte Kouya irritiert und blickte fragend zu Shino rüber. Dieser versetzte Kia einen leichten Tritt gegen das Schienbein, um ihn so an einer Antwort zu hindern. „Tja, das frage ich mich auch schon die ganze Zeit. Ich glaube, Kia sind Kagerous Küsse heute morgen zu Kopf gestiegen!“, antwortete er bissig und lächelte Kia gewinnend an. Kouya schaute interessiert zwischen Kia und Shino hin und her. Sein Blick wanderte anschließend weiter zu Kagerou, der ihn schief angrinste und das Wort ergriff. „Ignorier die beiden einfach. Wie war eigentlich dein Einkauf gestern? Hast du ein Geschenk für deine Mutter gefunden?“, fragte er Kouya freundlich. „Oh!“ Kagerous Frage rief Kouya die Erlebnisse mit Yuu zurück ins Gedächtnis. Er begann zu lächeln und eine leichte Röte überzog seine Wangen. Kagerou hob überrascht die Augenbraue. „War ein voller Erfolg!“, meinte Kouya geheimnisvoll und aß ein Stück Spiegelei. „Was war ein Erfolg? Das Geschenk zu finden, oder womöglich Yuu in die nächste Umkleide gezerrt zu haben?“, witzelte Kia und schaute Kouya unverschämt an. Dieser bekam bei dessen Worten einen hochroten Kopf und er ärgerte sich innerlich darüber. Kouya hatte bisher weder die bestehende Liebesbeziehung innerhalb der WG angesprochen, noch über seine eigene beginnende fern der WG. Dennoch war allen hier klar, dass Yuu ihm so viel mehr bedeutete, und seine starken Gefühle für diesen praktisch ein offenes Geheimnis waren. Verunsichert fragte er sich, ob sein eigener Bruder ebenfalls von der Sache Wind bekommen hatte, oder dieser noch immer im Dunklen tappte. Es wäre nicht schade drum, wenn... Aber auf der anderen Seite wäre es leichter für mich, wenn Hiroki einen leisen Verdacht hegt... Hm, wenn er wirklich auf Kagerou steht, dann sollte er mit meinen Gefühlen für Yuu keine Probleme haben, oder?!, dachte Kouya hoffnungsvoll und wurde durch Kagerous laute Stimme aus den Gedanken gerissen. „Sag mal Kia, kannst du nicht einmal dein loses Mundwerk halten?“, herrschte Kagerou Kia an, der entschuldigend zu Kouya rüber sah. „Schon gut, ist ja nicht so, dass ich etwas zu verbergen hätte. Na ja. Ich bin eigentlich noch nicht wirklich bereit, damit offen umzugehen. Ich wäre euch also dankbar, wenn ihr Hiroki gegenüber nichts davon erwähnt, ja?!“, sagte Kouya etwas verlegen und blickte auf seinen Teller. „Natürlich! Darüber musst du dir keine Gedanken machen, Kouya! Obwohl, wenn ich so an Kias Mund denke, dann könnte es doch zu einem Problem werden...“, meinte Shino spöttisch und sah herausfordernd zu der erwähnten Person. Entgegen Shinos Erwartung, ignorierte Kia seine spitze Bemerkung und sah zu Kouya, der gedankenverloren auf seinem Teller herumstocherte. „Ich hüte mich davor, etwas zu sagen, Kouya! Schon allein wegen dem silberhaarigen Dämon neben mir!“ Kia sah liebevoll zu Kagerou, der ihm einen unergründlichen Blick zu warf. „Danke, aber so wirklich besser geht’s mir nicht, wenn du das sagst!“, sprach Kouya aufrichtig, blickte aber gleichzeitig mit neckisch blitzend grüngrauen Augen zu Kia. Dieser öffnete überrascht den Mund. „Also echt Shino! Das ist deine Schuld! Kouya fängt nun auch schon an, böse Dinge über mich zu denken! Ich bin zutiefst getroffen...“, brachte Kia mit übertriebener Bestürzung hervor und zwinkerte Kouya belustigt zu. Kagerou betrachtete die drei mit einem Lächeln und genoss die, trotz aller harsch gefallenen Worte, freundlich gefärbte Atmosphäre. „Was hast du denn nun gekauft, Kouya?“, wollte Kagerou noch immer neugierig wissen. „Oh genau! Da waren wir ja eigentlich. Ich habe ein hübsches Kokeshi Püppchen für meine Mutter gekauft. Die Idee dazu stammt nicht wirklich von mir, muss ich zugeben, aber für die Auswahl war ich allein verantwortlich.“, berichtete Kouya aufrichtig. Er griff nach seiner Teetasse. „Ein Kokeshi Püppchen?! Ist deine Mutter eine von diesen leidenschaftlichen Sammlerinnen?“, wollte Shino grinsend wissen. „Ähm, ja, kann wohl nicht anders gesagt werden. Aber ich habe das total vergessen, bis mir Yuu den Tipp gab. Das spricht ja dann für sie, oder? Sie hat also mit ihrer Leidenschaft unser Familienleben nicht wirklich gestörte... Gut, vielleicht habe ich es auch nur einfach verdrängt!?“, meinte Kouya lachend, während er seine Tasse leerte. Kagerou bot ihm sogleich neuen an, den dieser aber dankend ablehnte. „Ich finde diese Püppchen spannend!“, erwähnte Kagerou plötzlich. „Ich kenne einen Kunststudenten, der diese Püppchen, scheinbar völlig unpassend, in seine realistisch gezeichneten Bilder einbaut! Als ich das zum ersten Mal gesehen habe, war ich total irritiert darüber und der Meinung, dass er seine Bilder dadurch nur verunstaltete. Aber inzwischen sind seine Bilder ein richtiger Geheimtipp, und ich habe ebenfalls gefallen an ihnen gefunden. Vielleicht wäre ein Bild von ihm ein passendes nächstes Geburtstagsgeschenk? Was meinst du?!“ Kagerou schaute in Kouyas Richtung, der ihn begeistert anschaute. „Klingt ja spannend! Aber die Bilder kosten bestimmt eine Stange Geld, oder? Ich meine, dieses einfache Kokeshi Püppchen hat schon meinen finanziellen Rahmen gesprengt...“, gab Kouya kleinlaut zu. „Das weiß ich jetzt gar nicht so genau. Vielleicht kann ich ja einen Freundschaftspreis bei ihm herausschlagen?!“, erwiderte Kagerou aufmunternd und sah auf die Küchenuhr. Er fluchte unerwartet laut, so dass alle überrascht zu ihm rüber sahen. „Oh, tut mir leid! Aber ich habe die Zeit vergessen. Ich müsste schon seit zehn Minuten unterwegs sein.“, sprach er hastig und erhob sich von seinem Stuhl. Er räumte sein Geschirr auf die Spüle und wollte gerade die Küche verlassen, als er durch Kouyas Frage aufgehalten wurde. „Ach Kagerou, da fällt mir ein, ich habe meinen Bruder und Yuu zum Kletterwochenende eingeladen. Ist das in Ordnung? Wenn nicht, kann ich ihnen ohne Problem absagen...“ Kouya blickte fragend zu Kagerou und beobachtete, wie dieser auf einmal einen gequälten Gesichtsausdruck bekam. „Alles in Ordnung, Kagerou!? Es ist kein Problem ihnen...“ Kouya wurde unsanft durch Kia unterbrochen. „Sag bloß, diese Ausstellung ist am kommenden Wochenende, Kagerou!? Das kann nicht sein! Wir hatten das doch schon alles geplant! Ich glaub`s nicht...“, meinte Kia völlig enttäuscht. „Oh Kia, das tut mir wirklich leid! Ich habe das tatsächlich total vergessen, als ich meinem Professor die Zusage gegeben habe. Aber ihr könnt doch auch ohne mich fahren! Shino und du seid doch erfahrene Kletterer und durchaus ausreichend für den ausgesuchten Übungsfelsen!?“, erwiderte Kagerou peinlich berührt. „Es geht nicht darum, ob wir ausreichend sind, sondern...“ Kagerou fuhr Kia entschlossen dazwischen. „Tut mir echt leid, Kia, aber ich muss weg! Wir müssen diese Unterhaltung auf später verschieben!“, sagte dieser besänftigend und trat zu Kia, um diesen sanft auf die Stirn zu küssen. „Bis später!“, murmelte er und verließ anschließend eilig die Küche. Alle sechs Augen starrten auf die Tür, durch die Kagerou regelrecht geflüchtet war. „Yuu, du hättest eben abbiegen müssen. Hast du nicht gesagt, dass du den Weg kennen würdest?“, sprach Hiroki gelassen, warf Yuu aber einen irritierten Blick von der Seite zu. „Kein Grund zur Panik! Ich muss mal eben schnell in der Videothek vorbei, weil ich einem Freund versprochen habe, ihm einen Film zu besorgen. Ist doch okay für dich, oder? Ist nicht einmal ein richtiger Umweg! Wir kommen sogar noch immer pünktlich, weil wir eh viel zu früh losgefahren sind!“, versicherte Yuu Hiroki. Eine rote Ampel unterbrach ihre Fahrt und Yuu nutzte die Gelegenheit, um in Ruhe am Radio einen neuen Sender einzustellen. „Sag mal, Yuu... Du warst doch gestern mit Kouya unterwegs!? Hat er dir gegenüber vielleicht erwähnt, warum er unbedingt ausziehen wollte? Ich kann es immer noch nicht nachvollziehen... Es ist nicht so, dass ich es nicht gutheiße, aber ich würde gerne seine Gründe erfahren. Er redet aber nicht mit mir. Hm. Ich dachte, vielleicht hat er etwas zu dir gesagt?“ Während Hiroki seine Frage stellte, sah er gedankenversunken aus dem Beifahrerfenster, und so entging ihm Yuus betroffene Mine. Yuu räusperte sich unbehaglich. „Tut mir leid! Zu mir hat er auch nichts gesagt. Ich kenne seinen Anlass auch nicht...“, erwiderte Yuu aufrichtig. Ich weiß es wirklich nicht, Hiroki! Aber ich kann mir beinah denken, warum... Aber darüber mit dir zu sprechen, wäre ihm gegenüber nicht fair. Du musst wohl weiter geduldig bleiben..., fügte Yuu in Gedanken hinzu, während ein gequältes Lächeln auf seinem Gesicht erschien. Yuu hätte Hiroki nur zu gern sein Herz geöffnet, aber es war noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Er hatte mit Kouya noch nicht wirklich über die weitere Vorgehensweise bezüglich ihrer Beziehung gesprochen. Ihnen beiden war klar, dass Hiroki ein Recht besaß, es zu erfahren – als Bruder und natürlich als bester Freund. Aber sie waren selbst noch so durcheinander und überrascht über die Entwicklung, dass sie sich noch nicht in der Lage sahen, offen mit Hiroki darüber zu sprechen. Er hoffte einfach, dass er es ihnen nicht übel nahm, wenn sie es ihm zu einen späteren Zeitpunkt erzählten. „Verstehe. Dann muss ich wohl weiter darauf warten, bis er sich mir anvertraut. Mal was anderes. Was hältst du eigentlich von der WG? Was denkst du über die drei?“, fragte Hiroki neugierig. Yuu blickte kurz in den Rückspiegel, bevor er bei grün weiter fuhr. Er dachte kurz über Hirokis Frage nach. „Ich habe sie am Wochenende zum ersten Mal getroffen, zumindest bis auf Shino. Den habe ich durch Zufall vorher kennen gelernt...“, meinte Yuu ein wenig abwesend, da er nun mit dem Auto eine Bausstelle passierte, und sich auf die Anweisungen der Baustellenabsicherung konzentrierte. Als Yuu Shinos Namen erwähnte, blickte Hiroki interessiert zu Yuu rüber, der sich leicht auf die Unterlippe biss, während er angespannt nach draußen sah. Hiroki hob erstaunt die Augenbraue. Durch Zufall? Wo? Und wenn ich dich so ansehe, dann muss ich zugeben, dass mir dein Anblick gefällt... Dass du attraktiv bist, wusste ich ja schon immer, aber dass ich jetzt sogar darauf reagiere... Daran ist bestimmt dieser Shino schuld... Argh..., dachte Hiroki missmutig und fuhr sich unbewusst durch die Haare. „Nun, ich glaube, die sind alle in Ordnung. Ich habe mich am Wochenende sehr wohlgefühlt und das Wichtigste ist ja, dass es Kouya dort gefällt. Und diesen Eindruck habe ich! Ich denke, Kouya hat mit dieser WG einen richtigen Glückstreffer erzielt, oder?“, sprach Yuu an Hiroki gewandt, der dessen Blick offen erwiderte. „Hmmm... Weiß nicht. Ich mein, sie scheinen auf den ersten Blick völlig normal, aber so richtig schlau werde ich nicht aus ihnen.“, sprach Hiroki unbestimmt, während seine Gedanken zu Shino wanderten. Er verdrängte diesen aus seinem Kopf, und zwang sich an Kagerou zu denken. Dessen Anblick und die besonderen Gefühle dabei hatten ihn an etwas erinnert, woran er schon lange nicht mehr gedacht hatte. Als er in seinem letzten Schuljahr war, gab es einen Jungen in der Nachbarsklasse, für den er schon eine ganze Zeit lang heimlich schwärmte – Hayato war sein Name. Er hatte es ihm natürlich nie sagen können, und auch sonst hatte er mit niemanden darüber gesprochen – nicht einmal mit Yuu, der schon zur damaligen Zeit sein bester Freund gewesen war. Ihm fehlte für beides einfach der Mut. Das Überraschende an der Sache war, wie er später durch Zufall herausfinden sollte, dass Hayato mit einem Jungen aus der Nachbarsschule ausging. Er hatte die beiden schon häufiger zusammen gesehen, was ihn aber nicht gestört hatte. Erst als er sie dann aber später zufällig küssend in einen leeren Klassenraum während ihres Schulfestes fand, spürte er Wut in sich aufsteigen. Wut auf sich selbst, und natürlich Wut auf die andere Person, die ihm seinen Schwarm stahl. Er wusste damals, dass seine aufgebrachten Gedanken und Gefühle ungerechtfertigt waren. Dennoch fiel es ihm zu Beginn schwer, diese zu verdrängen, aber mit der Zeit fand er zu seiner Ruhe zurück. Bis zu ihrem Abschluss vergrub er sein Verlangen nach Hayato, und konzentrierte sich auf die Schule. Er ging sogar kurz eine Beziehung mit einem Mädchen ein, welches er nett fand, aber bevor es zu ernst wurde, zog er einen Schlussstrich. Dann hatte er erfahren, dass sein Angebeteter die Universität einer anderen Stadt besuchen würde. Er nahm also all seinen Mut zusammen, um ihm zumindest zum Abschied seine Gefühle gestehen zu können. Er tat es, nicht weil er hoffte, dass Hayato seine Gefühle erwidern könnte, sondern um für sich selbst endlich damit abschließen zu können. Hiroki konnte sich noch genau an seine Worte damals erinnern, an sein Stottern, an seine Aufgeregtheit – und an die warme Entgegnung dieser Person. Ein bittersüßes Lächeln erschien auf Hirokis Gesicht. Er hatte seitdem zwar regelmäßigen Kontakt zu Hayato, aber ihre Beziehung überschritt nie die Grenze der reinen Freundschaft. Yuus Stimme unterbrach seine Gedanken. „Hey Hiroki, wir sind da. Willst du kurz im Auto warten? Ich komme auch gleich wieder raus...“, meinte Yuu unsicher, während er sich abschnallte. „Ich komme mit. Vielleicht gibt es ja einen netten Film für später... Du hast doch eine Karte zum Ausleihen, oder?“, fragte Hiroki, der er sich ebenfalls abschnallte und das Auto verließ. Yuu blieb einen kurzen Moment seufzend sitzen und rüstete sich innerlich für das, was jetzt auf ihn zukommen könnte. Er stieg aus dem Auto und trat zum wartenden Hiroki. Shino kniete mit einem Stapel neuer Filme zum Einsortieren hinter dem vordersten Regal, als er hörte, dass jemand den Laden betrat. Er richtete sich auf, um zu schauen, wer gekommen war, und erstarrte. „Guten Abend Shino! Wie ich sehe, bist du fleißig am Einsortieren!?“, begrüßte Yuu Shino ungezwungen und sah sich nach der Aushilfe um. „Bist du allein?“, fragte er neugierig. Shino starrte entgeistert zu Yuu und anschließend zu der Person, die hinter diesem stand. Hiroki..., schoss es ihm aufgeregt durch den Kopf, als er nach vorne kam, um sie richtig begrüßen zu können. Er konnte sehen, dass Hiroki genauso überrascht war, wie er selbst. „Euch auch einen schönen Abend!“, erwiderte Shino freundlich und blickte Hiroki dabei direkt in die Augen. Dessen dunkelgraue Augen funkelten für einen kurzen Moment nervös zurück, ehe er sie abwandte. „Wie du siehst, bin ich allein heute. Seid ihr etwa gekommen, um mir zu helfen?“, meinte Shino spaßig, während er Hiroki dabei immer wieder verstohlen anschaute. Er hatte sich längst vom Schrecken dieser unerwarteten Begegnung erholt und genoss nun dessen Anwesenheit. „Nee, heute nicht. Wir sind auf dem Weg zu einem Treffen. Ich bin wegen dem versprochenen Film für den Freund vorbeigekommen. Du hast ihn doch da, oder?“, entgegnete Yuu fragend und beobachtete Hiroki dabei, wie dieser sich langsam entfernte und in den Regalen stöberte. Er konnte an Hirokis immer wieder hochfahrender Augenbrauen erkennen, dass dieser über das besondere Filmsortiment merklich irritiert war. Gut, der Film ist ja nicht für mich, also keine Panik, Yuu! Außerdem stehen noch genug andere Filme in den Regalen... Aber was, wenn er direkt nach meinen Beweggründen für das Aufsuchen solch einer Videothek fragt? Was, wenn Shino sich verplappert? Ich muss hier schnellstens raus... Als hätte Shino seine Gedanken gelesen, oder aber einfach nur seine gehetzte Miene interpretiert, stupste dieser ihn mit einem beruhigenden Lächeln sanft an, und zog ihn entschieden mit sich zur Theke. „Keine Angst. Ich werde nichts sagen, aber warum schleppst du ihn mit hierher, wenn du Schwierigkeiten damit hast? Das versteh mal einer...“, murmelte Shino, während er hinter die Ladentheke ging, um dort in einer Kiste zu kramen. Yuu spähte kurz hinter sich und musste mit Bestürzung feststellen, dass Hiroki einen umstrittenen, aber hocherotischen Schwulenfilm in der Hand hielt. Yuu hatte sich den vor Monaten schon mal angesehen, aber dieser hatte keinen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen – vielleicht bis auf die Tatsache, dass immer, wenn er jetzt Gurken sah, er zwangsläufig an diesen Film denken musste. Er stöhnte. „Oh?! Nun, diesen Film würde ich ihm zum Einstieg nicht empfehlen!“, meinte Shino amüsiert, der Yuus Blick gefolgt war. Yuu sah ungläubig zu Shino rüber, der mit seinen begehrlichen Augen an Hirokis Körper klebte. Yuu schüttelte geschlagen den Kopf. „Hey Shino, warum gehst du nicht einfach zu ihm rüber und lädst in ein? Ihr könnt euch ja den Film, oder auch einen anderen, zu zweit ansehen Na, wie klingt das?!“, meinte Yuu leise, und versuchte sich somit als schlecht getarnter Kuppler. „Was? Fängst du auch schon...“ Shino stoppte mitten im Satz. Er sah aus dem Augenwinkel, dass Hiroki zu ihnen rüber blickte. Er räusperte sich verlegen, und gab seiner Stimme ihre normale Lautstärke zurück. „Entschuldige, ich bin wohl etwas empfindlich. Hat nichts mit dir zu tun. Hier ist also der Film.“, sprach Shino und hielt Yuu den versprochenen Film entgegen. Diesen ließ Yuu auch sofort in seiner Jackentasche verschwinden. „Vielen Dank! Ich bringe ihn dann die Tage zurück, ja?! Okay, dann wollen wir mal wieder. Dir noch einen netten Abend, Shino!“, sagte Yuu, erleichtert darüber die Videothek wieder verlassen zu können, und hielt nach Hiroki Ausschau. „Ich bin fertig, Hiroki! Wenn du also...“, fragte Yuu in dessen Richtung. Hiroki kam auch sogleich zu ihm nach vorne und ließ erkennen, dass er bereit war zu gehen. „Keinen Film gefunden, Hiroki?“, fragte Shino plötzlich, während ein geheimnisvolles Lächeln seine Lippen umspielte. Hiroki sah verlegen zu ihm rüber und eine leichte Röte erschien auf seinen Wangen. Yuu überraschte dieser Anblick. „Ähm... Nein, vielleicht beim nächsten Mal. Jetzt ist nicht die Zeit dafür, also ich meine, jetzt fehlt einfach die Zeit zum richtigen Durchstöbern.“, brachte er unangenehm berührt hervor, und machte sich auf den Weg zur Ladentür. „O..okay, bis dann, Shino!“, meinte Yuu, der in Gedanken noch immer bei Hirokis ungewöhnlichem Verhalten war. „Ach, noch was, ihr beide!“ Während Shino das sagte, kam er hinter der Theke hervor und ging zurück zum vordersten Regal, wo er seine niedergelegte Arbeit wieder aufnehmen wollte. Yuu und Hiroki folgten ihm neugierig mit den Augen. „Ich habe gehört, dass ihr am Wochenende mit von der Partie seid? Kouya erwähnte so etwas. Ich hoffe, er hat euch auch darüber aufgeklärt, dass ihr dem Folge leisten müsst, was Kia und ich euch sagen? Klettern ist keine ungefährliche Sache! Daher verlange ich, dass ihr euch an das haltet, was wir euch sagen. Ich werde Kouya noch eine Liste mit Dingen geben, die ihr für das Wochenende benötigen werdet. Ach so, wir werden auch nur zu fünft sein. Kagerou ist unerwartet verhindert. Na ja, ich denke, es wird auch so ein lustiges Beisammensein! Also, bis spätestens Samstag früh!“, beendete Shino mit ernstem Gesicht seine Erklärung, und blickte in die beiden verblüfft schauenden Gesichter vor ihm. Hiroki und Yuu nickten und bedankten sich gleichzeitig, als sie den Laden verließen. Shino sah ihnen wehmütig hinterher. „Hm... Mal sehen, ob du dennoch mitkommst, Hiroki! Wenn ja, darf ich mir dann Hoffnungen machen?“, sprach Shino leise zu sich selbst, während er lächelnd den nächsten Film einsortierte. Kouya lag schläfrig auf seinem Futon, und versuchte krampfhaft die verschwimmenden Buchstaben des Buches in seiner Hand in eine Reihe zu bekommen. Er seufzte geschlagen und legte es an die Seite. Er blickte auf die Uhr auf seinem Handy. „Erst halb elf... Noch nicht wirklich sehr spät. Ob Yuu schon wieder daheim ist?“, murmelte Kouya fragend vor sich hin, während er das Handy neben sich aufs Kissen fallen ließ. Er schloss gerade seine Augen, als es an der Tür klopfte. „Hm ja?“, rief er und setzte sich dabei auf. Im Türspalt erschien Shino, der ihn breit angrinste. Kouya konnte sehen, dass dieser einen Zettel in der Hand hielt, als er sein Zimmer betrat. Er vermutete, dass das die Liste fürs Wochenende war. „Hey Kouya! Ich hoffe, ich habe dich nicht gestört?! Ich wollte dir die Liste für Samstag geben. Du solltest sie auch an Yuu und Hiroki weiterreichen, ja? Übrigens, ich habe Yuu heute gesehen...“, meinte Shino geheimnisvoll lächelnd, während er die Liste auf Kouyas Schreibtisch legte. Kouya war auf einmal hellwach. Er sah wissbegierig zu Shino rüber, der sich nun auf den Schreibtischstuhl gesetzt hatte. „Wie? Wo hast du ihn gesehen?“, fragte Kouya eine Spur hastiger als geplant und bereute es sogleich, da er die Befürchtung hatte, dass ihn Shino dafür aufziehen würde. Aber dieser tat nichts dergleichen. „In der Videothek! Er kam, um einen bestellten Film abzuholen. Nun, er war nicht allein...“, entgegnete Shino und blickte Kouya dabei in dessen grüngraue Augen, die bei den Worten ‚nicht allein’ überrascht, aber gleichzeitig verunsichert aufblitzten. „Kein Grund zur Sorge! Es war jemand, den du sehr gut kennst!“, erwiderte Shino vergnügt und Kouya wurde das Gefühl nicht los, dass sich Shino über ihn amüsierte. „Seine Begleitung war niemand anderes als Hiroki!“ Kouya sah entgeistert zu Shino. Er konnte nicht glauben, was er da eben gehört hatte. Er hatte von Yuu inzwischen erfahren, um was für eine Videothek es sich handelte, in der Shino arbeitete und ihm Yuu dort seit Kurzem, nachdem er lange Zeit einfach nur Kunde gewesen war, ab und zu freiwillig aushalf. Sie hatten dort zwar auch die aktuellen Kinofilme, wie Yuu ihm erzählt hatte, aber hauptsächlich bestand das Filmsortiment aus nationalen wie internationalen Schwulen- und Lesbenfilmen. Und das Yuu Hiroki ausgerechnet dorthin mitgenommen hatte, wollte nicht in seinen Kopf. Er fragte sich, was sich Yuu dabei gedacht hatte. „Sie waren nur für ein paar Minuten dort. Hiroki ist interessiert durch die Regalreihen geschlendert, und Yuu hat sich den Film bei mir geholt.“, berichtete Shino haargenau, der es offensichtlich genoss, dass Kouya mit jedem weiteren Wort mehr an Farbe verlor. „Dann ist mir der Samstag und die Liste eingefallen! Außerdem habe ich die Chance genutzt, sie persönlich darauf hinzuweisen, dass sie sich an Kias und meine speziellen Unterweisungen beim Klettern halten müssen. Dann waren sie auch schon wieder weg...“, beendete Shino belustigt seine Erzählung und sah zu Kouya rüber, der nicht wusste, was er sagen sollte. Kouya sortierte seine Gedanken und hatte vor, Shino eine Frage zu stellen, als sein Handy zu klingeln begann. Ein wenig erschrocken griff er danach. Sein Herz begann schneller zu schlagen, als er den Namen im Display las. Yuu..., dachte er voller Freude, und blickte entschuldigend zu Shino, der sich inzwischen erhoben hatte und dabei war, dass Zimmer zu verlassen. „Bestell Yuu meine Grüße...“, meinte dieser grinsend, während er die Türe hinter sich zuzog. Noch ein wenig irritiert durch die Unterhaltung mit Shino, nahm Kouya das Gespräch mit bebender Stimme entgegen. „Ja!?“ „Hey Kouya, ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt? Es ist schon spät, ich weiß. Aber ich wollte unbedingt deine Stimme hören...“ „Bist du von eurem Treffen schon zurück?“ „Mhm. Ich bin etwas früher gegangen. Hatte keine Lust mehr, und Hiroki war zudem auch nicht besonders gut drauf. Oder ich sollte wohl eher sagen, dass er unheimlich gut drauf war. Ich glaube fast, dass er noch immer dort ist und sich ein Bier nach dem anderen hinein kippt. Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich ihn allein dort zurück gelassen habe...“ „Wieso? Er ist doch alt genug! Aber was meinst du mit ‚unheimlich gut’ drauf?“ „Na ja, bin mir nicht ganz sicher...“ „Hat es etwas mit eurem Besuch in der Videothek zu tun?“ „Woher... Äh... Ja klar, Shino! Er hat dir von unserem Besuch erzählt?“ „Ja, eben gerade. Warum schleppst du Hiroki ausgerechnet dort mit hin, Yuu!? Ich dachte, dass wir es langsam angehen und solch beinah eindeutigen Schritte vermeiden?“ „Es tut mir leid! Ich hatte nicht gedacht, dass er mit reinkommen würde. Es ist meine Schuld! Aber du musst dir keine Gedanken machen. Er weiß nichts, noch ahnt er etwas. Er hat auch keine Fragen gestellt, als wir den Laden wieder verlassen haben. Er war so wie immer – okay, vielleicht etwas aufgedrehter als sonst. Aber was der Auslöser dafür war, weiß ich nicht. Spannend war auf jeden Fall seine Reaktion auf Shinos Frage. Hat dir Shino davon erzählt?“ „Nein. Was für eine Frage, und welche Reaktion?“ „Nun, Shino hat Hiroki gefragt, ob er einen Film zum Ausleihen gefunden hätte...“ „Yuu!?“ „Bevor du so panisch reagierst, hör doch erst einmal zu! Auf jeden Fall verneinte Hiroki mit erröteten Wangen und stotternder Stimme, sagte aber zugleich, dass er vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt darauf zurückkommen würde! Ich sage dir, ein Bild für die Götter!“ „Also ich kann Hirokis Verhalten durchaus nachvollziehen. Bedenke, was er am Wochenende mit Shino gemacht hat!“ „Ja, aber trotzdem ist er sonst gefasster und lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen – außer von dir vielleicht...“ „Hey! Was soll denn das heißen!?“ „Soll heißen, dass ich total verknallt in dich bin, und dich jetzt gern hier hätte!“ „...“ „Noch da, Kouya?“ „Ja.“ „Und warum so einsilbig jetzt?“ „Weiß nicht.“ „Ist dir das unangenehm, wenn ich so direkt darüber spreche?“ „Nein, eigentlich nicht. Ich merke nur, dass ich dich vermisse, obwohl ich deine Stimme hören kann. Komisch, was?“ „Finde ich überhaupt nicht! Es freut mich, wenn du so fühlst! Ich mein, du sollst dich dabei natürlich nicht schlecht fühlen... Ähm, du weißt schon, was ich meine. Was kann ich tun, damit du mich weniger vermisst!? Soll ich vielleicht vorbeikommen?“ „Was?! Natürlich nicht! Und komm mir jetzt auch nicht mit Telefonsex!“ „Wie schade! Wäre mein nächster Vorschlag gewesen!“ „Yuu!!!“ „War ein Scherz... Okay, was anderes... Vielleicht gab es heute etwas, worüber du lachen musstest!? Wenn ja, dann erzähl mir davon!“ „Worüber ich lachen musste? Wie kommst du auf so eine schräge Frage, aber gut... Worüber ich lachen musste... Hmmmm...“ „Was? Du hast heute noch nicht gelacht? Wie schrecklich! Vielleicht sollte ich einen Witz herauskramen, aber du weißt ja, wie schlecht ich bei so was...“ „Schon gut, mir ist da etwas eingefallen! Ich durfte heute Abend Streitschlichter zwischen Kia und Kagerou spielen.“ „Ah ja?! Und was ist daran so lustig?“ „Die Art und Weise, wie sich Kia und Kagerou dabei angestellt haben! Ich dachte, ich sterbe vor Lachen. Ich musste mich ganz schön zusammenreißen, bin aber trotzdem mehrmals von beiden verwarnt worden... Hey, dabei hätte ich sie ständig ermahnen müssen!“ „Worüber haben sie sich gestritten?“ „Oh! Jetzt wo du fragst... Ich weiß es nicht.“ „Yuu?!? Ist jetzt nicht dein Ernst?“ „Doch, ehrlich! Ich habe wirklich keine Ahnung! Heute morgen war kurz angespannte Stimmung zwischen den beiden, weil Kagerou erwähnt hat, dass er am Wochenende nicht mitkommen kann. Aber was anschließend noch war, keine Ahnung. Ist, glaube ich, auch nicht so wichtig gewesen... Auf jeden Fall kam dann irgendwann Yuki ins Spiel...“ „Wer ist Yuki?“ „Ähm, ein besonderes Kuscheltier, das Kagerou gehört und auf das Kia wohl eifersüchtig ist.“ „Auf ein Kuscheltier?“ „Ja! Er hat es natürlich nicht offen gesagt, aber wie er darauf reagiert hat, ließ für mich keinen anderen Schluss zu. Außerdem hat er Yuki sogar schon einmal erhängt!“ „Wie bitte?“ „Als Kagerou das erwähnte, habe ich fast auf dem Boden gelegen vor Lachen! Es tat mir ja leid, aber ich konnte nicht mehr. Wenn ich darüber nachdenke, dass die beiden älter sind und mit gutem Beispiel vorangehen sollten...“ „Entschuldige die Unterbrechung, Kouya, aber mir fällt da etwas ein. Sag mal, kann es sein, dass Shino heute irgendwie mit Hiroki geärgert wurde?! Ich brauche ja nur an Kia zu denke... Bin ja fast froh, nicht mit dem zusammen zu wohnen!“ „Ja. Heute morgen am Frühstückstisch. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann hat Kia ihn wegen dessen nicht vorhandenen Liebesleben aufgezogen. Manchmal ist Kia echt fies...“ „Ha! Dann war das also der Grund!“ „Wofür?“ „Hm... Ich war auch nicht unbedingt besser als Kia. Jedenfalls war Shino etwas aufgebracht, als ich ihm vorschlug, Hiroki zum Filmgucken einzuladen.“ „Du hast was?!“ „Ist doch nichts dabei, oder? Hiroki hat diesen Vorschlag auch nicht mitbekommen – na ja, Shinos laute Stimme hat seine Ohren wohl nicht verfehlt.“ „Du überrascht mich immer wieder, Yuu! Oh, ich muss mal eben mein Handy ans Ladegerät anschließen, sonst bin ich gleich weg.“ „Nee, lass! Dann sparen wir uns die Entscheidung, wer als erster auflegt! Es ist eh schon spät...“ „He? Dann habe ich doch trotzdem als erster aufgelegt?! Was ist denn das für eine Logik!?“ „Akku-Leer zählt nicht als Auflegen, dass müsstest du doch wissen! Sollte ich dir nicht lieber süße Träume wünschen? Wer weiß, wann wir getrennt werden...“ „Du bist echt ein Spinner, aber ein liebenswerter... Ich wünsche dir auch eine gute Nacht! Wir sehen uns dann wohl am Samstag? Da fällt mir ein, die Liste!“ „Stimmt, von der sprach Shino. Kannst du sie mir als Email schicken?“ „Gute Idee. Werde ich machen. Irgendwie ist das komisch, darauf zu warten, bis der Akku leer ist. Findest du nicht auch?“ „Ich liebe dich, Kou...“ „Was?“ Kouya konnte Yuus angefangenen Satz nicht mehr zu Ende hören, da sein Akku endgültig den Geist aufgab. Enttäuscht blickte er auf das Ding in seiner Hand, bevor er seufzend aufstand, um es an die Ladestation zu hängen. „Ich liebe dich auch, Yuu...“, murmelte er leise, während er sich anschließend gedankenverloren in seine Bettdecke kuschelte. Kia richtete sich hastig auf und nieste. „Alles okay?“, fragte Kagerou mit vor Erregung bebender Stimme. Er blickte mit glühenden Augen zu Kia hoch, der nackt über ihm thronte. Kia rieb sich kurz die Nase, und sah anschließend liebestoll auf Kagerou herab. „Yepp! Deine Haare haben mich bloß ein wenig gekitzelt... Wo waren wir stehen geblieben? Ah, ich weiß...“ Er beugte sich wieder nach unten, und begann Kagerous Hals zu küssen. Dieser schloss seine Augen und genoss Kias Berührungen. Er stöhnte lustvoll auf, als Kia seine Nippel rieb und ihm dabei sanft in die Schulter biss. „Ngh...“ „Gefällt dir das?“, hauchte ihm Kia mit heißem Atem ins Ohr. „Ich denke, ich werde dich für deine Absage bestrafen. Was hältst du davon?“ Während Kia mit bebender Stimme sprach, ließ er seine Hand in Kagerous Schritt verschwinden. „Ah...“, entfuhr es Kagerou leise, der sich Kia dabei lustvoll entgegen bog. „Das ist so sexy! Ich könnte dich auffressen...“, meinte Kia mit berauschter Stimme und fuhr fort Kagerous Schritt mit seiner warmen Hand zu verwöhnen. „Ngh. Oh… Ha... Kia…”, stöhnte Kagerou ergeben und blickte zu Kia, der aus kurzer Entfernung auf ihn hinunter blickte. „Bitte... Ich will nicht mehr warten!“, hauchte Kagerou gequält und sah ihn Kias hellbraune Augen, die ihn lüstern anfunkelten. „So?! Was, wenn ich aber genau das vorhabe? Immerhin...heeeeey...“ Kia konnte seinen Satz nicht beenden, da ihn Kagerou sanft von sich runterschubste und er sich plötzlich auf dem Rücken liegen wiederfand. Kagerou kletterte sogleich auf ihn rauf, und setzte sich rittlings auf seinen Schoss. „Hah! Mhm...“, brachte Kia erregt zwischen zusammengepressten Lippen hervor, während er zu Kagerou hoch sah. „Ich glaube nicht, dass du mich warten lässt, oder?“, wisperte Kagerou bestimmend, als er sich in eine bestimmte Position brachte. „Darf ich noch kurz darüber nachdenken?“, entgegnete Kia vergnügt, während er seine Arme verlangend nach Kagerou ausstreckte. „Nein...“, antwortete Kagerou mit bebender Stimme und spürte, dass Kia seinem Wunsch nachkam. Kagerou kuschelte sich in Kias warme Arme und ertrank beinah in seinem Glücksgefühl. Er seufzte leise und bemerkte, dass sich Kia regte. „Alles in Ordnung?“, fragte dieser schläfrig. „Yepp, um deine Worte zu kopieren. Ich habe gerade nur erkannt, wie verrückt ich nach dir bin...“, sprach Kagerou leise und küsste Kia sanft auf die Brust. „Was? Jetzt erst! Ich bin entsetzt...“, murmelte Kia und zog Kagerou fester in seine Arme. „So entsetzt wie Kouya, als er von deiner Yuki-Phobie erfahren hat?“, erwiderte Kagerou amüsiert, während Kia leise aufstöhnte. „Erinnere mich bloß nicht daran, sondern mach endlich deine Augen zu und schlaf! Du musst doch fit für die Morgenrunde sein...“, meinte Kia unverschämt und küsste Kagerous Schläfe. „Okay. Nacht, Kia!“ „Guten Nacht, Geliebter!“ Kapitel 13: Besteigen, die Erste! --------------------------------- Yuu sah trübselig aus dem Beifahrerfenster und betrachtete die vorbeiziehende Landschaft. Er und Hiroki fuhren auf einer schmalen Landstraße stetig bergauf, und nichts anderes als Rotkiefern, die sich immer enger um die Straße säumten, trafen auf ihre Augen. Ab und zu kam ihnen ein Auto entgegen, oder eine Gruppe Wanderer, aber das war auch schon alles an Abwechslung, die sich ihnen neben den Bäumen bot. Wir kommen zwei Stunden zu spät!, dachte Yuu resigniert und seufzte hörbar. „Hey! Es ist nicht meine Schuld!“, grummelte Hiroki, der einen kurzen Blick auf Yuu warf. „Ich konnte die Bitte des Professors nicht abschlagen, wie du dir vielleicht denken kannst. Es tut mir ja leid, ne, eigentlich tut`s das nicht.“, meinte Hiroki aufrichtig, während er langsam um die nächste scharfe Kurve fuhr. „Das einzige, was blöd gelaufen ist, ist die Tatsache, dass du mit ihnen nicht schon vorfahren konntest. Nun, das tut mir leid. Ich hätte dir diesbezüglich früher Bescheid geben müssen. Aber ehrlich gesagt, wollte ich auch nicht allein fahren. Kannst du das wenigstens ein bisschen verstehen, Yuu?!“ Als Hiroki am Ende seiner Erklärung angekommen war, sah er ein weiteres Mal, nun schuldbewusst, zu Yuu hinüber, der noch immer teilnahmslos nach draußen sah. „Nicht nötig sich zu rechtfertigen. Ich habe dich verstanden, okay?! Ein wenig später zu kommen, hat ja auch etwas für sich. Vielleicht kommen wir sogar ums Klettern herum, weil Shino und Kia die Lust vergangen ist! Kouya hat sie mit seinen miserablen Kletterkünsten bestimmt schon abgeschreckt!“, erwiderte Yuu besänftigt und sah Hiroki dabei lachend von der Seite an. Dieser musste bei diesem Gedanken ebenfalls schmunzeln. „Hm... Unterschätzt da mal Ya-chan nicht! Der ist darin bestimmt geschickter, als wir beide zusammen! Also, im Klettern jetzt...“, entgegnete Hiroki zwar ernsthaft, aber ein vergnügtes Lächeln umspielte seine Lippen. „Das glaube ich erst, wenn ich es sehe!“, meinte Yuu belustigt und griff nach der Wasserflasche im Fußraum. Er bot sie Hiroki an, der dankend ablehnte. Yuu selbst nahm einen Schluck und verstaute sie anschließend wieder, bevor er erneut aus dem Fenster sah. Zu seiner Linken öffnete sich unerwartet der Blick auf einen großen See, der beinahe komplett ringsum von Wald eingeschlossen war. Dieser reichte nahezu bis zum Seeufer heran und nur an dessen Nordseite war ein offener Zugang zu erkennen. Dort befand sich ein kleines Hotel, welches, wie er durch Kouya erfahren hatte, ihre Übernachtungsmöglichkeit sein würde. Das hat was. Vielleicht ergibt sich sogar die Möglichkeit, mit Kouya allein spazieren zu gehen... Kouya... Was du wohl gerade machst? Während Yuu verträumt zum See rüber blickte, begann Hirokis Handy zu klingeln. „Oh!? Yuu, könntest du mal bitte?!“, meinte Hiroki hektisch und versuchte das Telefon aus seiner Hosentasche zu kramen. Als er es endlich befreit hatte, hörte es auf zu klingeln. „Mist! Kannst du mal in der Anrufliste nachschauen, wer es war?! Wenn es Kouya gewesen ist, was ich mal stark annehme, dann ruf ihn bitte zurück und sag ihm, wo wir uns befinden.“ Yuu nahm das ihm entgegengehaltene Telefon und überprüfte den Anruf. „Hm. Es war Kouya. Ich ruf ihn zurück...“, meinte er bestätigend und wählte mit klopfendem Herzen dessen Nummer. „Yo! ... Nein, Yuu. ... Ich soll dir von Hiroki ausrichten, dass wir laut Navigationssystem in circa 15 Minuten an dem vereinbarten Parkplatz ankommen werden. ... Tut mir leid, aber ich hatte keinen Einfluss auf Hirokis frühmorgendliche Machenschaft. ... Ja, genau! Sehe ich auch so! Haha... Der war gut! ... Oh, Shino holt uns ab? Aber wir könnten doch mit dem Gerät? ... Wie schade, ich wollte so was schon immer mal ausprobieren! Wandern mit einem Navi! Irgendwie bescheuert, was?! ... Ja, sage ich ihm. Natürlich auf deine Verantwortung! Ich will hier nämlich nicht zwischen die Fronten geraten! ... Bis später!“ Yuu beendete das Gespräch und hatte das Gefühl, als würde Kouyas Stimme noch immer in seinem Kopf nachklingen. Er unterdrückte erfolglos seine wachsende Sehnsucht. Er hatte Kouya seit ihrem gemeinsamen Kaufhausbesuch nicht mehr gesehen – lediglich gehört hatte er ihn, jeden Abend zwar, aber Yuu wollte mehr. Er hoffte wirklich, dass an diesem Wochenende endlich ein wenig Zeit zu zweit für sie herausspringen würde – und wenn sie dafür eine kindische Nachtwanderung machen müssten. Yuu grinste schief. „Hey! Was gibt es da zu grinsen?! Verrat mir mal lieber, was ihr über mich geredet habt! Raus mit der Sprache, Yuu, sonst werfe ich dich an der nächsten Ecke aus dem Wagen, und du kannst wirklich mit deinem Navi wandern gehen!“, meinte Hiroki übertrieben ernsthaft, dessen spöttisch blitzende dunkelgrauen Augen Yuus suchten. „Och, eigentlich nichts Besonders. Kouya meinte nur, dass du durch und durch wie euer Vater bist. Hm, außerdem witzelte er, dass er sich darauf freut, dich in der Luft hängen zu sehen...“, antwortete Yuu lachend und wurde unsanft von Hiroki unterbrochen. „Diese kleine... Na warte! Ich wie unser Vater?! Hat der nicht mehr alle Tassen im Schrank? Und was war das mit Shino? Holt der uns etwa am Parkplatz ab?“ Hiroki war plötzlich so aufgebracht, dass ihm seine Stimme zu entgleiten drohte. „Äh... Also, kein Grund jetzt so laut zu werden, Hiroki! Vielleicht solltest du dich einfach aufs Fahren konzentrieren und deinen Unmut auf später verschieben?! Zumindest bis wir aus dem Auto ausgestiegen sind...“, entgegnete Yuu beruhigend, dessen Stimme aufgrund der eigenen Anspannung immer leiser wurde. Eigentlich fühlte er sich immer sicher, wenn er mit Hiroki gemeinsam im Auto saß, aber die Schlenker, die dieser eben an den Tag gelegt hatte, waren alles andere als gesund. „Entschuldige bitte. Aber Kouya kann echt etwas erleben, wenn ich ihn in die Finger kriege!“, meinte Hiroki kleinlaut, während er seine volle Konzentration wieder dem Fahren schenkte. Yuu registrierte die Veränderung und atmete erleichtert auf. „Hey Kouya! Schau mal links über dir! Dieser leichte Felsvorsprung sollte dir genügen, um dich in eine bessere Position zu ziehen! Versuchs mal!“, sprach Kia mit lauter Stimme zu Kouya, der unentschlossen vier Meter über dem Boden an einer Wand hing. Kouya sah unsicher zu Kia hinab, der ermutigend zu ihm hoch sah. Dies war seine erste Kletterrunde, nachdem sich Shino um das Sicherungsseil für das Top-Rope-Klettern gekümmert hatte. Dafür hatte dieser den Vorstieg zur befestigten Umlenkungshilfe nach ganz oben gemacht, um dort das Seil anzubringen, an dem Kouya nun hing. Kouya hatte staunend zugesehen, wie Shino, durch Kia am Boden abgesichert, sich behände Stück für Stück einen Weg nach oben gebahnt hatte. Es war faszinierend – und nicht nur das Klettern. Shino sah in seinem extravaganten Kletteroutfit unheimlich gut aus, wenn nicht sogar sexy. Er hatte eine enge grau-schwarzfarbene Hose an, und dazu ein rot-orangefarbenes Funktionshemd. Er trug Kontaktlinsen, wodurch sein attraktives Gesicht noch mehr zur Geltung kam, da keine störende Brille den Blick darauf ablenken konnte. Seine langen zum Zopf gebundenen schwarzen Haare machten den Anblick perfekt. Nicht nur Kouya war Shinos berauschender Anblick aufgefallen, sondern auch einer Reihe weitere Menschen, die sich hier zum Klettern versammelt hatten. Als sie hier heute Morgen, vor mehr als zwei Stunden, ankamen, war schon eine kleine Gruppe von fünf Kletterern zugegen, die den schwierigsten Teil der Felswand in Beschlag genommen hatten. Shino und Kia hatten diese Gruppe herzlich begrüßt, da sich darunter einige Bekannte befanden. Später kam noch eine weitere Gruppe zur Wand, die aber von beiden völlig ignoriert wurde. Kouya fragte sich schon die ganze Zeit, was der Grund dafür war, denn er wurde das Gefühl nicht los, dass sie einander kannten. Er überlegte sich, ob er die beiden danach fragen sollte. „Kouya! Nicht träumen! Das kostet Kraft!“, hörte er Kia mit belustigter Stimme rufen, die ihn zurück in die Gegenwart holte. „Uhm... Ja, okay. Was sagtest du gleich? Wo ist der Vorsprung?“, erwiderte Kouya hektisch, der bemerkte, dass seine Kräfte tatsächlich langsam schwanden. „Links über dir!“ Kouya verlagerte sein Gewicht vom linken auf den rechten Fuß und versuchte sich so gut es ging an den Fels ranzudrücken, um so etwas Kraft sparen zu können, wie es ihm Kia und Shino vorher erklärt hatten. Er spähte über sich und entdeckte die vorgeschlagene Stelle. „Okay! Habe sie entdeckt und werde es darüber probieren, Kia!“, rief Kouya Kia bestätigend zu und konzentrierte sich auf die nächsten Schritte. Wenn er diesen Vorsprung erfolgreich greifen konnte, könnte er sich auf ein nicht ganz so steiles Zwischenstück ziehen, auf dem er richtig Kraft tanken könnte. Er würde nicht die kompletten zehn Meter dieser Kletterrute schaffen, das war ihm nur zu klar, aber zumindest die Hälfte der Strecke war sein Ziel – und diesem war er recht nahe. Das sieht doch gut aus, Kouya! Klappt besser, als gedacht... Ich bin mal gespannt, wie sich Yuu in der Wand schlägt... Ahhh... Konzentrier dich!, dachte Kouya ehrgeizig und machte sich daran, den Vorsprung zu erreichen, als er Hirokis laute Stimme vernahm. „Da krabbelt ja der Verräter! Glaub ja nicht, dass du mir entwischst!“, brüllte dieser mit vergnügter Stimme. „Was...“ Kouya sah überrascht nach unten und verlor bei Yuus Anblick die Konzentration. Er hörte noch Kias Warnung, als er auch schon fiel. Ein nicht jugendfreies Wort, gepaart mit einem heiseren Schrei, entschlüpfte seinem Mund. Er spürte den Bruchteil einer Sekunde später den Ruck im Gurt, als Kias Absicherung griff, und atmete erleichtert ein. Er schloss für einen Moment die Augen, bevor er böse nach unten funkelte. „Sag mal Hi-chan! Spinnst du, mich so zu erschrecken!“, wetterte Kouya verärgert am Seil baumelnd, aber zugleich verlegen, da ihm Yuus Schmunzeln nicht verborgen blieb. „Yo Hiroki! Schön, dass du da bist, aber könntest du dich bitte an unsere Anweisungen halten?! Ich dachte, wir hätten ausdrücklich erwähnt, dass Zurufe, die keine Kletterhilfen sind, unterlassen werden?!“, sprach Kia zur Begrüßung in Hirokis Richtung, bei dem sich nun eine leichte Röte auf den Wangen zeigte. „Oh... Genau. Ich meinte, so etwas gelesen zu haben. Tut mir leid, Kouya! Kommt nicht wieder vor, aber trotzdem habe ich ein Hünchen mit dir zu rupfen!“, rief Hiroki Kouya zu, der noch immer missmutig nach unten spähte. „Hier wird nichts gerupft! Schon gar nicht ein Hünchen, du Blödmann!“, frotzelte Kouya zurück, der sich langsam fragte, ob es nicht besser wäre, wenn Kia ihn einfach hier oben hängen ließe. Bei diesem Gedanke begann Kouya zu grinsen. „Oh?! Was ist denn bitte so lustig, Ya-chan?“, entgegnete Hiroki ernst, der sich keineswegs von den Menschen um ihn herum beeindrucken ließ. Kia schüttelte genervt den Kopf, Shino unterdrückte ein Lachen und Yuu sah mit verliebten Augen zu Kouya hoch und musste sich eingestehen, dass er von dem Anblick, der sich ihm bot, entzückt war. Er bemerkte, wie ihm Kouya einen Hilfe suchenden Blick zuwarf und dabei ein wenig errötete. Tut mir leid, mein Geliebter! Du wolltest, dass ich ihm das ausrichte. Da musst du jetzt schon alleine durch..., dachte Yuu amüsiert und zwinkerte Kouya neckisch zu. Kouya quittierte sein Verhalten mit einem ungläubigen Blick, der Yuu zum Lachen brachte. Yuu spürte, wie sich alle Augenpaare auf ihn richteten. „Tut mir leid. Ich kann nicht anders...“, meinte dieser lachend und sah dabei entschuldigend zu Kouya hoch, der ihn nun völlig ignorierte. „Ich wusste gar nicht, dass hier eine Kindergartengruppe anwesend ist!“ Alle drehten sich zu der plötzlich auftauchenden, angenehm klingenden Stimme hinter ihnen um, als Kia auch schon das Wort ergriff. „Oh? Ich wusste gar nicht, dass du solch einer angehörst, Takashi!?“, erwiderte Kia mit offensichtlicher Verärgerung, ignorierte demonstrativ den Neuankömmling und wandte sich Kouya zu. „Hey Kouya! Aufgepasst! Ich lasse dich jetzt runter...“, rief er Kouya zu, der zustimmend mit dem Kopf nickte. „Achte darauf, dass du dich mit deinen Füßen an der Wand abstützt, wenn sie näher kommt! Also los!“ Kouya spürte, wie er Stück für Stück von Kia nach unten abgeseilt wurde. „Sag mal Shino, wo habt ihr denn euren Schönling gelassen? Etwa gegen zwei neue eingetauscht?“, sprach Takashi, unbeeindruckt von Kias abweisendem Verhalten, und warf dabei anzügliche Blicke in Yuus und anschließend in Kouyas Richtung. Yuu, der die Blicke bemerkt hatte, sah erst irritiert zu Shino rüber und hinterher eisig zu Takashi. Dass dieser Fremde ihm einen beleidigenden Blick zuwarf, war ihm egal, aber das er Kouya ebenfalls mit einem bedachte, ließ in ihm die Wut aufsteigen. Er fragte sich, wer diese Person wohl sein mag, auf die Shino und vor allem Kia so ungehalten reagierten. „Puh... Geschafft! Danke Kia! Das war echt großartig – zumindest bis ein gewisser Herr aufgetaucht ist! Ich darf es nachher doch noch einmal probieren, oder?“ Yuu hörte Kouyas aufgeregte Stimme und drehte sich zu ihm um. Dieser stand dicht vor Kia, der sich zu dessen Hüftgurt runtergebeugt hatte, um dort das Seil zu lösen. Wenn Yuu einen anderen Blickwinkel gehabt hätte, dann hätte er diesen Anblick durchaus auch für etwas anderes halten können. Er tadelte sich innerlich für seine unangebrachten Gedanken und grinste in Kouyas Richtung. Als sich ihre Blicke trafen, spürte Yuu, wie sein Herz schneller zu schlagen begann. Kouya sah ihm einen kurzen Moment lang direkt in die Augen, bevor er eingeschnappt den Blick abwandte. Yuu schmunzelte darüber, als ihn Shinos Stimme aufhorchen ließ. „Takashi, was willst du eigentlich? Du bist doch bestimmt nicht hierher gekommen, um uneingeladen unsere Gruppe zu sprengen, oder?“ Yuu sah zu Shino. Der gelassene Gesichtsausdruck, den er dort erblickte, passte absolut nicht zu dessen aufgebrachtem Tonfall. Yuu hob fragend die Augenbrauen und schaute zu Hiroki, der Shino verstohlen anstarrte. So so... Ich würde ja jetzt zu gern wissen, was da in deinem Kopf abgeht..., dachte Yuu neugierig und hatte dabei nicht bemerkt, dass sich Kouya neben ihn gestellt hatte. Erst als dieser flüchtig seine linke Hand berührte, wurde er sich dessen Gegenwart bewusst. Überrascht blickte er neben sich, und traf auf Kouyas vergnügt blitzende grüngraue Augen. Und was in deinem süßen Köpfchen passiert, wüsste ich manchmal auch zu gerne... Eben noch beleidigt, und nun anschmiegsam... Werd da mal einer schlau draus!, dachte Yuu ergeben und lächelte zärtlich zu Kouya hinab, der seinem Blick verlegen auswich. „Shino, willst du uns diesen jungen Mann nicht vorstellen?“, fragte Hiroki süffisant in Shinos Richtung, der ihm einen säuerlichen Blick zuwarf. „Nein, das will ich eigentlich nicht.“, schnappte Shino und bekam durch Kia, der inzwischen zu ihrer kleinen Gruppe getreten war, Unterstützung. „Ich glaube auch, dass das nicht nötig ist, oder, Takashi?! Vielleicht gesellst du dich einfach wieder zu deiner eigenen Gruppe und lässt uns in Ruhe. Ich wäre dir dafür sehr dankbar – denn dich höflich um etwas zu bitten, fällt mir nicht gerade leicht.“ Während Kia auf unfreundliche Art seine Worte an Takashi richtete, spürten alle Umstehenden, dass sich eine unangenehme Spannung zwischen den beiden aufbaute. Die Luft begann zu knistern und alle warteten interessiert darauf, was als nächstes geschehen würde. „Hey Takashi! Könntest du mal rüber kommen und diesem Neuling hier eine Einweisung geben?!“ Takashi blickte zu der ihm zurufenden Person und seufzte enttäuscht. „Wie schade! Ich dachte, ich käme in den Genuss, die drei mir unbekannten Personen kennen zu lernen! Wer weiß, vielleicht habe ich später noch die Möglichkeit dazu... Also dann!“, meinte Takashi liebenswürdig und sah alle nacheinander an. Sein forschender Blick blieb etwas länger an Kouya hängen, bevor er zurück zu der später aufgetauchten Gruppe ging. Kouya sah ihm interessiert nach und beobachtete, wie sich dieser freundlich einem jungen Mann zuwandte, der offenbar ebenfalls seine ersten Klettererfahrungen sammelte. Kouya musterte Takashi und stellte dabei fest, dass dieser ein außergewöhnlich attraktives Äußeres besaß. Nicht nur das, seine Stimme ist wundervoll... Aber ich würde zu gern wissen, was zwischen Kia, Shino und ihm vorgefallen ist... Nun, Kagerou scheint dabei jedenfalls eine wichtige Rolle zu spielen...Etwa Liebesrivalen? Gedankenverloren und weiterhin in Takashis Richtung starrend, bemerkte Kouya nicht, dass Hiroki ihm auf die Pelle gerückt war. „Erde an Ya-chan! Hallohooo...“, sprach dieser leise in Kouyas Ohr, was dazu führte, dass Kouya überrascht einen Satz nach hinten sprang und dabei stolperte. Yuu fing ihn geistesgegenwärtig auf und genoss dabei dessen körperliche Nähe. Kouya konnte sich nicht entscheiden, welchem Gefühl er den Vortritt lassen sollte. Er blickte in die ihn auffangenden dunklen Augen und ertrank beinah in Wohlgefühl. Diese Empfindung verstärkte sich zusehends, als er sich Yuus um ihn gelegte Arme bewusst wurde. Kouya brachte sich mit Hilfe von Yuu wieder ins Gleichgewicht und wünschte sich insgeheim, dass ihn Yuu weiter in seinen Armen gefangen halten würde, aber das ging natürlich nicht – noch nicht. Stattdessen ließ er seinem anderen Gefühl freien Lauf. Er sah aufgebracht zu Hiroki, der über das ganze Gesicht grinste. Dieser Anblick erzürnte ihn noch mehr. Immerhin war diese Person für seinen ungeplanten Absturz verantwortlich. Gut, nicht er allein... Sondern Yuus Anblick hat da wohl auch eine Rolle gespielt! Aber egal... Der kriegt es jetzt einfach ab!, dachte Kouya verstimmt und wollte gerade loslegen, als Shino ihm zuvor kam. „Hm... Also, ich finde ja, dass Hiroki für das Brechen einer Regel bestraft werden sollte. Oder was denkt ihr? Hätte er Kouya vorhin nicht gestört, wer weiß, wie weit dieser noch geklettert wäre...“, brachte Shino fies grinsend hervor und warf Hiroki einen triumphierenden Blick zu. Dieser wusste nicht, wie er Shinos Worte deuten sollte und sah verunsichert von einer Person zur nächsten. Dabei erntete er lediglich zustimmendes Nicken, welches ihn noch unsicherer werden ließ. „Halt! Was meinst du damit... Bestrafen? Für was? Das ist eine Sache zwischen mir und Kouya! Also...“, entgegnete Hiroki und fixierte Shino, der noch immer schelmisch zu ihm rüber sah. „Nix da! Bruder hin, Bruder her. Keine Zurufe, die mit Klettern nichts zu tun haben. So lautet eine unserer Regeln. Wie wäre es, wenn du als nächstes in die Wand gehst?!“, meinte Shino unnachgiebig. Hiroki verlor bei diesen Worten alle Farbe im Gesicht. Es war nicht so, dass er sich vor dem Klettern drücken wollte. Aber dass er nun so schnell dazu kommen sollte, passte ihm überhaupt nicht. Er war gerade erst hier angekommen, und hatte sich mit der Umgebung noch nicht einmal anfreunden können. Er hätte es lieber gesehen, wenn Yuu den Anfang machen würde. Aber ein Blick auf Shino und die anderen ließ erahnen, dass sich dessen Vorschlag durchsetzen würde. Hiroki seufzte ergeben. „Also gut. Habe ich denn eine andere Wahl?“, fragte er betreten, während seine Frage einstimmig verneint wurde. „Ist das eine gute Idee, die beiden dort allein zu lassen? Ich meine, Hiroki ist größer als Shino. Hat das nicht Einfluss auf die Absicherung?“, fragte Kouya etwas besorgt, der mit Kia und Yuu etwas abseits auf einer Decke im Gras saß, und gespannt zu den beiden an der Felswand sah. „Keine Sorge Kouya! Shino weiß was er tut. Er hat sogar noch mehr Erfahrung als ich, beinah so viel wie Kagerou. Nun, wie ich dir vorhin erklärt habe, wird der Kletterer zum einen mit dem Körpergewicht des Sichernden abgesichert, und da Shino und Hiroki beinah gleich groß und schwer sind, sollte das kein Problem darstellen. Hinzukommt, dass die Absicherung zudem mit Hilfe eines Sicherungsgerätes stattfindet, dessen Funktionsweise ich dir erläutert habe. Das Grigri bedarf einer akkuraten Behandlung, damit es seine Aufgabe hundertprozentig erfüllen kann. Tja, und Shino ist eine akkurate Person, also keine Angst!“, erklärte Kia und warf Kouya einen versichernden Blick zu. „Hm... Wenn Shino also mehr Erfahrung hat als du, dann bin ich der Meinung, dass dieser Yuu absichern sollte! Und überhaupt, wie konnte ich mich da bloß auf dich einlassen! Ich bin schockiert!“, meinte Kouya mit gespielter Entrüstung und blickte Kia scherzhaft an. „Hey...“, Kia guckte im ersten Moment betroffen zu Kouya rüber, da er nicht einschätzen konnte, ob dessen Worte ernst gemeint waren. Als er aber Kouyas schalkhaft blitzende Augen sah, seufzte er geschlagen. „Okay, okay... Dann soll Shino Yuu absichern! Dann habe ich wenigstens etwas Zeit mit dir allein! Das war doch deine eigentliche Aussage, oder?“, erwiderte Kia verschlagen grinsend und berührte für einen kurzen Moment Kouyas Knie. Dieser riss überrascht die Augen auf und rutschte ein Stück in Yuus Richtung. Yuu ließ sich durch Kias Verhalten nicht beirren, da er wusste, dass hinter dessen Worten keine ernste Absicht steckte. Er quittierte ihre Albereien mit einem wohlwollenden Lächeln und sah neugierig zu Takashi rüber, der gerade dabei war, den Neuling abzuseilen. Er konnte dessen aufdringlichen Blick auf Kouya nicht vergessen. Er hatte das Gefühl, dass dieser Mann für weitere unangenehme Überraschungen sorgen würde. Er seufzte hörbar. „Alles in Ordnung, Yuu?“, fragte Kouya und sah ihn mit seinen grüngrauen Augen forschend an. „Hm, ja, schon. Ich musste nur an Takashi denken. Kia, wer ist diese Person? Woher kennt ihr euch? Also, wenn ich das so offen fragen darf...“, meinte Yuu und sah forschend zu Kia, der nun ebenfalls einen Blick auf Takashi warf. „Eine lange Geschichte, aber kurz erzählt. Er ist der Ex-Freund von Kagerou.“, antwortete ein gedankenverlorener Kia, der Takashi noch immer beobachtete. Yuu und Kouya sahen sich verblüfft an. „Er ist eigentlich ein netter Kerl, aber ich und Shino kommen mit ihm nicht klar. Sein überhebliches Auftreten geht mir auf die Nerven. Ich glaube, Shino geht es genauso. Aber ich denke, bei ihm spielen noch ein paar andere Dinge eine Rolle. Irgendwie bin ich froh, dass Kagerou nicht hier ist...“, erklärte Kia mit einem bekümmerten Gesichtsausdruck und griff nach der Wasserflasche neben ihm. „Warum? Ist es zwischen Kagerou und Takashi nicht so gut gelaufen? Hast du dich etwa in ihre Beziehung gedrängt?“, wollte Kouya neugierig wissen, der kein Blatt vor den Mund nahm. Kia blickte ihn aufgrund seiner direkten Frage erstaunt an. Er fand gefallen an Kouyas Unbeschwertheit und konnte Yuus Gefühle für diesen sehr gut verstehen. Kouya war offen und ehrlich und schien ausreichend mit Selbstbewusstsein ausgestattet zu sein, so dass ihn aufgrund dieser Eigenschaft nichts verletzen konnte. Er fasste es nicht als Zurückweisung auf, wenn er mal eine negative Antwort erhielt. Kia hatte das Gefühl, dass sich Kouya und Kagerou sehr ähnlich waren. Vielleicht war das auch der Grund, warum die beiden so gut miteinander auskamen. Er schmunzelte über diesen Gedanken. Er wusste, wenn Kagerou jetzt hier wäre, würde dieser Kouya die ganze Zeit über die Schulter schauen, und ihm alles Mögliche bezüglich des Kletterns nahe bringen wollen. Kia konnte sich das Bild lebhaft vorstellen. Er lächelte leicht, als er auf Kouyas katzenartige Augen traf. „Ich frage mich gerade, ob es Yuu mit deiner direkten Art schwer hat...“, meinte er und sah zu Yuu, der ihm ein wissendes Lächeln schenkte. „Eh!? Was soll das heißen? Was hat Yuu damit zu tun?“, brachte Kouya verlegen hervor und sah verstohlen zu Yuu rüber, der noch immer in Kias Richtung lächelte. „Auf beide deiner Fragen ein klares Nein. Ich habe mit dem Ende ihrer Beziehung nichts zu tun. Und dir den Grund ihrer Trennung zu offenbaren, liegt nicht in meiner Macht, um es mal vorsichtig auszudrücken. Da musst du Kagerou, oder gar Takashi schon selbst fragen. Nun, an deiner Stelle würde ich da eher auf Kagerou zurückgreifen. Ist die unkompliziertere Variante. Bei Takashi werde ich das Gefühl nicht los, dass er ein Auge auf dich geworfen hat.“, sprach Kia lachend, als er Kouyas ungläubiges Gesicht sah. Yuu schaute angespannt zu Takashi rüber, der kurz zu ihnen blickte. Als dieser Yuus Blick bemerkte, begann er lasziv zu grinsen. Yuu ignorierte ihn so gut es ging, und fixierte seinen Blick auf Hiroki und Shino. Die zwei standen dicht beieinander und unterhielten sich aufgebracht über irgendwas, was Yuu nicht hören konnte. Er nahm an, dass es etwas mit dem Knoten zu tun hatte, den Shino Hiroki inzwischen wohl zum fünfzigsten Mal zeigte. Yuu begann zu grinsen und erfreute sich an Hirokis offensichtlichem Unbehagen. Ich frage mich, was dir gerade unangenehmer ist, Hiroki! Das bevorstehende Klettern, oder Shinos körperliche Nähe... Wirklich ein Glück, dass Kagerou nicht dabei ist. So hast du wenigstens die Möglichkeit, Shino deine volle Aufmerksamkeit zu schenken..., dachte Yuu und unterdrückte ein gemeines Lachen. „Okay, vielleicht frage ich Kagerou wirklich, wenn ich es nicht vergesse...“, meinte Kouya mit einem vielsagenden Blick. „Aber sag mal, klettert dieser Takashi schon länger?“, wollte Kouya weiter von Kia wissen. Kia runzelte die Stirn. Deine Neugierde ist aber auch schwer zu stillen, was?! Nun gut, ein paar Informationen können nicht schaden!, stellte er milde in Gedanken fest und begann sich auf der Decke auszustrecken und Shino und Hiroki seine Aufmerksamkeit zu schenken. „Takashi war lange Zeit Kagerous Trainer. Später auch meiner, zumindest für eine kurze Zeit. Durch ihn habe ich Kagerou kennen gelernt, aber das ist nicht die Antwort auf deine Frage. Zurück zu Takashi. Dieser ist relativ erfolgreich mit seiner Kletterei. Er hat schon mehrere Wettbewerbe gewonnen – auch im Ausland. Nun, er ist halt ein Profi, genau wie es Kagerou auch sein könnte, aber dieser bringt dem Klettern nicht die gleiche Leidenschaft entgegen wie seiner Malerei. Ich quatsche schon wieder viel zu viel... Ich denke, das sollte deine Neugier vorerst befriedigen?!“, sprach Kia bestimmend und sah entschuldigend zu Kouya rüber. „Uhm... Ja klar, danke! Entschuldige, dass ich dich so bedrängt habe.“, sagte Kouya einsichtig, der nun zu Hiroki rüber sah. „Will ich doch mal sehen, was mein lieber Bruder zustande bringt. Ich hoffe ja, dass er, wenn er fällt, ein äußerst spektakuläres Motiv abgibt...“, murmelte Kouya zu sich selbst und begann die Kamera auszupacken. Yuu und Kia sahen ihn für einen kurzen Moment irritiert an, bevor sie ebenfalls zurück zu Shino und Hiroki schauten. „Wie oft denn noch? Es reicht, finde ich! Außerdem traue ich meinen Knotkünsten eh nicht und bin dafür, dass du das übernimmst, Shino!“, meinte Hiroki aufgebracht, der sich mit dem vor ihm runter gebeugten Shino alles andere als wohl fühlte. Wer hat bloß diese Hüftgurte entwickelt..., dachte Hiroki missmutig und blickte zu Shino hinab, der gerade dabei war, erneut den Knoten zu öffnen. Als Hiroki das sah, platze ihm fast der Kragen. „Ey! Habe ich mich nicht eben...“ Shino richtete sich auf uns sah ihm erregt in die Augen. Hiroki musste schlucken und hoffte, dass niemandem Shinos Blick auffiel. „Hey man, ich mein, es fällt mir schon schwer genug, mich völlig unbefangen in deiner Gegenwart zu bewegen, aber wenn du absichtlich...“, flüsterte Hiroki leise und bemerkte, dass er heiße Ohren bekam. Er hoffte, dass der Farbwechsel durch den Sturzhelm unentdeckt bleiben würde. Er seufzte. „Tut mir leid, aber wann habe ich schon mal die Möglichkeit, dir ganz legitim in den Intimbereich zu fassen, und das noch in aller Öffentlichkeit! Okay, zwar ohne wirkliche Berührung, versteht sich, aber gerade das turnt mich an...“, wisperte Shino und sah dabei Hiroki lüstern in die Augen. Dieser konnte nicht glauben, was er da eben hörte. „Da fällt mir ein, hast du über mein Angebot weiter nachgedacht, Hiroki? Bist du vielleicht sogar schon zu einer Entscheidung gelangt?“, fragte Shino noch immer leise mit bebender Stimme, während er mit zitternden Händen begann, erneut einen Achterknoten an der Anseilschlaufe des Hüftgurtes anzubringen. Hiroki hielt peinlich berührt den Atem an und schloss die Augen. Dieser Kerl raubt mir den letzten Nerv... Der ist schlimmer als Kouya... „Himmel! Nein, ich habe noch keine Entscheidung getroffen. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch noch überhaupt nicht weiter darüber nachgedacht... Und hey! Wenn du so mit den Händen zitterst, dann fühle ich mich noch unsicherer! Reiß dich zusammen, oder ich mache einen Rückzieher...“, herrschte Hiroki Shino bissig an und nahm augenblicklich eine Veränderung in dessen Augen wahr. „Verstanden. Es tut mir leid. Ich habe mich gehen lassen. Also, der Achterknoten sitzt fest. Der Hüftgurt ist auch richtig eingestellt und auf meiner Seite ist auch alles klar. Es kann also losgehen.“, brachte Shino nun mit reserviert klingender Stimme hervor und sah aufmunternd zu Hiroki, der sich keinen Zentimeter bewegt hatte. „Ähhh... Also... Das heißt jetzt, ich kann anfangen, dort an der Felswand hoch zu kraxeln?“ Hiroki wurde sich mit einem Mal bewusst, warum er hier mit diesem engen Gurt, und den dazugehörigen Beinschlaufen, stand. Er hatte das Gefühl, dass dieses Ding eine harmlosere Variante des Bondage war. Er grinste schief über diesen unangebrachten Gedanken. „Ja, ich denke, das heißt es. Wie besprochen, rufe ich dir Anweisungen zu, wenn ich der Meinung bin, du könntest sie gebrauchen. Wenn du das Gefühl hast, du kannst dich nicht mehr halten, dann sag bescheid und lass dich einfach fallen. Nun, selbst, wenn du aus heiterem Himmel stürzt, brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich fang dich auf!“ Shino sah zuversichtlich in Hirokis noch immer skeptisch blickende dunkelgraue Augen und lächelte entwaffnend. Für einen kurzen Moment spürte Hiroki das Bedürfnis, diese Lippen vor ihm zu küssen, aber er konnte es erfolgreich unterdrücken. „Gut. Dann mal los, Hiroki!“, sprach er leise zu sich selbst und begann, auf die Felswand zuzulaufen, als ihn Shinos Worte stoppen ließen. „Hm, und denk daran, ich habe alle Fäden in der Hand – oder sollte ich wohl lieber Seile sagen? Wie dem auch sei, ich hoffe, du bist dir dessen bewusst, wenn du über die Antwort auf meine Frage nachdenkst!?“, erwähnte Shino mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Was willst du... Ich glaube es nicht! Willst du mich erpressen?“, stammelte Hiroki, unsicher in Shinos Richtung blickend. Dieser grinste ihn nur weiter geheimnisvoll an. „Ahhhh... Vergiss es! Ich habe verstanden. Konzentrier dich lieber.“, grummelte Hiroki und starrte angespannt die Wand hinauf. Shino blickte Hiroki verträumt hinterher, bevor er sich ebenfalls näher an die Felswand begab, um dort seine absichernde Position einzunehmen. Er trat auf dem recht unebenen Boden falsch auf einen Stein, so dass er umknickte und kurz in die Knie ging. Ein heiserer Schmerzenslaut entfuhr seinem Mund. Hiroki drehte sich fragend zu ihm um. „Alles okay! Bin nur leicht umgeknickt! Schau!“ Während Shino dies sagte, lief er unbekümmert auf Hiroki zu, der noch immer die Stirn runzelte. „Hm?! Wenn du das sagst... Gut, ich habe mir eine Aufstiegsrute ausgeguckt. Du bist bereit?!“, fragte Hiroki, der sich nun völlig auf die vor ihm liegende Aufgabe konzentrierte. „Ja. Kannst loslegen! Gutes Gelingen!“, meinte Shino freundlich, der Hiroki freundschaftlich auf die Schulter klopfte. Shino sah zu Hiroki hoch, der sich inzwischen fünf Meter über ihm befand. Er war erstaunt darüber, wie leicht Hiroki die ersten Meter genommen hatte und stellte fest, dass er Hiroki unterschätzt hatte. „Hey Shino... Siehst du vielleicht einen einfachen nächsten Griff, der mich in eine angenehmere Position bringen würde?“, rief Hiroki mit angestrengter Stimme nach unten, der beinah im Spagat am Felsen hing. Shino schmunzelte. Als er suchend nach oben schaute und dabei sein Gewicht verlagerte, durchfuhr erneut der vertraute Schmerz seinen umgeknickten Fuß. Ihm war inzwischen bewusst geworden, dass er sich beim Umknicken wohl leicht verletzt hatte. Aber aus irgendeinem unvernünftigen Grund, hatte er Hirokis Absicherung nicht Kia übergeben wollen. Er wusste, dass er sich damit in eine unverzeihliche Position gebracht hatte. Er seufzte und suchte weiter. „Schau mal direkt über dir! Da ist eine tiefe Mulde, wenn ich mich nicht irre. Vielleicht kannst du darüber weiterkommen...“, rief er den Schmerz im Fuß ignorierend und beobachtete, wie Hiroki ansetzte, diesen Griff zu greifen, als dieser das Gleichgewicht verlor. „Uuaaaaaaaah...“ Shino hängte sich augenblicklich ins Seil und sicherte Hiroki ohne Schwierigkeiten ab. Dieser keuchte überrascht und blickte baumelnd zu Shino hinab. „Alles okay, Hiroki?“ Shino bemerkte, dass Hiroki kreidebleich war. Er musste über diesen Anblick grinsen. „Ja. Bin okay. Nur etwas... Ähm, aus der Ruhe gebracht. Ich kann nicht verstehen, wie manche Menschen freiwillig Bungeejumping machen!? Mit dem freien Fall kann ich mich definitiv nicht anfreunden!“, meinte Hiroki mit wiederkehrender Gesichtsfarbe. „Ist alles nur eine Frage der Gewöhnung!“, antwortete Shino lächelnd. Er ließ Hiroki wissen, dass er nun beginnen würde, ihn abzuseilen. „Hey Hi-chan! Das war genial! Nicht dein Klettern, sondern dein Gesicht nach dem Absturz!“, rief ihm Kouya zu, der inzwischen lachend an Shinos Seite getreten war. „Sei bloß still! Wenn ich es richtig im Kopf habe, dann war ich höher als du, oder Shino?“ Hiroki taumelte für einen Moment, als er wieder festen Boden unter den Füßen spürte. Er blickte spöttisch zu seinem Bruder rüber, der ihn böse anfunkelte. „Ja, und warum? Hättest du mich vorhin nicht gestört, wäre ich bestimmt noch höher gekommen!“, meinte Kouya zwar verärgert, aber ein bewundernder Ausdruck lag in seinen Augen, als er Hiroki ansah. „Wenn du meinst...“, entgegnete Hiroki sanft und wuschelte liebevoll durch Kouyas Haare. „Wie wäre es, wenn wir erst einmal zurückgehen und etwas essen. Irgendwie habe ich Hunger bekommen!“, warf Shino belustigt ein, der sich anschickte, vorauszugehen, aber plötzlich zusammensackte. Hiroki und Kouya schauten für einen Moment verwirrt, bevor sie zu Shino eilten. „Was hast du Shino?! Alles in Ordnung?“, fragten beide beinah gleichzeitig mit besorgter Stimme. Inzwischen waren auch Yuu und Kia angerannt gekommen und knieten vor Shino. „Es ist alles in Ordnung. Vielleicht habe ich mir meinen Fuß doch stärker umgeknickt, als ich es wahrhaben wollte...“, gab Shino mit leiser schmerzverzerrter Stimme zu, während er sich mühsam von allein wieder aufrichtete. Er wusste, dass er keinen Schritt mehr ohne Stütze machen konnte. Der Schmerz in seinem Knöchel pulsierte und trieb ihm nahezu die Tränen in die Augen. „Wie konntest du nur!?“, war alles, was Shino hörte, bevor er auf einmal einen stechenden Schmerz auf seiner linken Wange spürte. „Hi-chan! Was soll das!?“, hörte er Kouya daraufhin sagen, der neben Hiroki stand und seinen Bruder verwirrt ansah. Hiroki selbst hatte seinen wütenden Blick auf Shino gerichtet, der überrascht nach Luft schnappte – Hiroki hatte ihn mit flacher Hand auf die Wange geschlagen. Das habe ich wohl verdient..., gab Shino in Gedanken zu und sah betreten zu Boden. Er hatte mit seiner unüberlegten Handlung Hiroki in Gefahr gebracht. Er konnte es selbst noch nicht glauben. Er spürte, wie ihn sein kompletter Mut verließ und sein Gesicht einen gequälten Ausdruck annahm. „Ich nehme an, dass der Fuß untersucht werden muss. Ich werde dich zum nächsten Krankenhaus fahren.“, sagte Hiroki plötzlich mit ruhiger Stimme und wartete auf Shinos Antwort. Dieser blickte für einen Moment in Hirokis Augen, bevor er zustimmend nickend den Kopf wegdrehte. Er fühlte sich miserabel – nicht nur wegen der Schmerzen. Hiroki wandte seinen Blick Kia zu, der ihn mit undurchdringlichen Augen ansah. „Wir werden euch wissen lassen, was bei der Untersuchung herauskommt. Wenn es zudem länger dauern sollte, fahren wir wohl direkt zum Hotel. Das ist doch okay für euch?“ Hiroki sah Zustimmung suchend alle der Reihe nach an, und wandte sich zum Schluss Shino zu, der noch immer seinen Blick gesenkt hielt. „Nun, dich werde ich wohl tragen müssen, oder!?“, meinte Hiroki fragend und ernte plötzlich Shinos erzürnten Blick, der mit diesem Vorhaben ganz und gar nicht übereinstimmte. Hiroki hielt diesem Blick stand und trug Shino zwei Minuten später schweigend huckepack in Richtung Parkplatz davon. Kapitel 14: Besteigen, die Zweite! ---------------------------------- Kouya saß auf der Decke und starrte verliebt an die Felswand. Yuu, der beinah das Ende seiner gewählten Kletterroute erreicht hatte, sah für einen kurzen Moment zu ihm rüber und grinste über das ganze Gesicht. Kia, der den heimlichen Blick mitbekam, witzelte in Yuus Richtung und ermahnte ihn, sich gefälligst auf das Klettern zu konzentrieren. Yuu rief Kia daraufhin eine schnippische Bemerkung zu, bevor er sich wieder auf seinen nächsten Kletterzug konzentrierte. Kouya musste lachen und spürte ein unglaubliches Glücksgefühl in sich aufsteigen. Er hatte Yuu noch nie so ausgelassen erlebt – zumindest empfand er es so in diesem Moment, obwohl ihm da seine veränderten Gefühle Yuu gegenüber auch einen Streich spielen konnten. Immerhin kannte er ihn nun schon seit seiner Kindheit, und es war bestimmt nicht das erste Mal, dass sich Yuu so verhielt. „Ahhhh... Das ist alles so verwirrend – du bist verwirrend, Yuu!“, murmelte Kouya glücklich, als sich jemand ungefragt neben ihn setzte. Überrascht blickte er rüber und traf dabei auf Takashis vergnügt blitzende Augen. „Wer ist verwirrend?“, fragte dieser in seiner unerhört anziehenden Stimme, die Kouya einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Er schluckte und richtete seinen Blick für einen kurzen Moment auf die Felswand, um zu sehen, ob die beiden dort Takashis Auftauchen bemerkt hatten. Es schien nicht so. Kouya wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Neuankömmling zu, der ihn noch immer fragend anschaute. „Also... Ähm... Na ja, das Klettern ist verwirrend, oder nicht? Ach, was red ich da. Mein Name ist Satō Kouya. Es freut mich, Sie kennen zu lernen!“, sprudelte es nervös aus Kouyas Mund und er bemerkte, dass der ältere Mann an seiner Seite belustigt die Augenbrauen hob. „Oh?! Ja, dann sollte ich mich wohl auch vorstellen. Ich heiße Takashi Kaito. Es freut mich ebenfalls.“, erwiderte Takashi und streckte Kouya freundlich die Hand entgegen. Dieser zögerte eine Sekunde, bevor er sie ergriff und Takashis freundliches Lächeln erwiderte. „Du bist also ein Freund von Shino und Kia?!“, wollte Takashi neugierig wissen, während er einen unergründlichen Blick in Kias Richtung warf. „Mhm. Ja, ich bin der neue Mitbewohner ihrer WG. Ich kenne sie daher noch nicht sehr lange.“, antwortete Kouya wahrheitsgemäß und versuchte seine Aufregung zu ignorieren. „Verstehe. ... Kagerou hatte wohl keine Zeit zum Klettern, was?! Wie ich ihn kenne, malt er bestimmt in seinem stillen Kämmerlein und ist überall mit Farbe bespritzt. Eigentlich schade, denn du verpasst ein begnadeten und äußerst attraktiven Kletterer...“, während Takashi seine Worte sprach, bedachte er Kouya mit einem durchdringenden Blick, der diesem das Blut in die Wangen schießen ließ. Kouya sah schnell weg und ärgerte sich über seine erkennbare Reaktion. „Wie ich sehe, bist du der gleichen Meinung wie ich, oder wie soll ich deine Reaktion verstehen?! Ach halt. Ist es etwa meine Person, die dich erröten lässt? Das ist ja süß! Ich fasse das jetzt mal als ein Kompliment auf. Nun, dieses gebe ich gern zurück, Kouya! Ich finde dich äußerst attraktiv, wenn ich dir das so offen sagen darf...“, meinte Takashi lasziv und versuchte Kouyas Blick aufzufangen. Dieser kämpfte mit der weiter ansteigenden Hitze in seinem Schädel und überlegte fieberhaft, wie er diesem Pheromone versprühenden Dämon entwischen könnte. Er entschied sich für die Ablenkungstaktik. Er holte tief Luft und versuchte sich zu entspannen. Es gab kein Grund zur Sorge. Ihm konnte hier nichts passieren – hoffte er. „Ich habe gehört, dass Sie ein richtiger Profikletterer sind?“, fragte Kouya und versuchte seiner Stimme einen interessierten Klang zu verleihen. Er hörte, wie Takashi leise lachte, bevor dieser antwortete. „Ich sehe schon, das andere Thema scheint dir unangenehm zu sein. Ich entschuldige mich hiermit für mein aufdringliches Verhalten. Na ja, und was heißt schon Profikletterer?! Leben kann ich davon nicht wirklich, aber kombiniert mit den regelmäßig stattfindenden Kletterkursen und meinen Job als Model, kann ich mich gerade so über Wasser halten.“, antworte Takashi belustigt und bemerkte dabei Kouyas ungläubig aufblitzende grüngraue Augen. „Model?! ... Oh! Ich wollte nicht unhöflich klingen. Es ist ja nicht so, dass Sie das bei Ihrem Aussehen nicht könnten. Es ist nur... Ich bin überrascht darüber, dass Ihre Agentur das Klettern gutheißt. Ich kann mir vorstellen, dass diese es lieber hätte, wenn Sie als ihr Model einem eher verletzungsrisikofreieren Hobby nachgehen würden. Ich hoffe, Sie verstehen, was ich sagen will...“, erklärte Kouya verunsichert und tadelte sich erneut für seine unbeholfene Art. Takashi sah ihm direkt in die Augen und ein entwaffnendes Lächeln erschien in seinem Gesicht. Kouya registrierte dies mit Unbehagen und wünschte sich nichts mehr, als dass Yuu, Kia oder sonst wer rettend an seine Seite eilen würde. Er verzog seinen Mund zu einem missglückten Grinsen. Oh Gott, dieser Mensch gehört eingesperrt... Was mache ich hier! Kouya, steh auf und geh endlich rüber zu Yuu und Kia! Und zwar sofort! ... Genau! Das sollte ich tun, anstatt mich hier um den Finger wickeln zu lassen... Hm, aber irgendeine zweifelhafte Seite muss diese Person doch haben, sonst hätte Kia vorhin nicht so komisch reagiert... Argh... Zum Teufel mit meiner Neugier! Kouyas wild durcheinander rasende Gedanken wurde von Takashis nächsten Worten unterbrochen. „Wie wäre es, wenn du mich einfach Kaito nennst?! Ich bin zwar älter, aber ich fühle mich unwohl, wenn mich eine Person, die ich mag, so höflich anspricht. Darf ich dich im Gegenzug Kouya nennen? Ich weiß, dass es ein ungeschriebenes Gesetz der WG ist, sich mit den Vornamen anzusprechen. Vielleicht fällt es dir ja dadurch leichter...“, sprach Takashi wissend, während er Kouya mit fragenden Augen ansah. „Und was deine Anmerkung bezüglich meiner Agentur angeht. Nun, da hast du tatsächlich ins Schwarze getroffen. So erfreut ist diese nicht über mein Hobby, aber damit muss sie sich abfinden. Als ich den Vertrag damals unterschrieben habe, war es eine Bedingung meinerseits, dem Klettern weiter uneingeschränkt nachgehen zu können. Wie du siehst, habe ich alle Fäden in der Hand!“, erläuterte Takashi voller Selbstbewusstsein, welches Kouya als grenzwertig empfand. Er gab sich alle Mühe, dass ihm keine schnippische Bemerkung über die Lippen rutschte. Rette mich einer!, dachte Kouya und sah gehetzt von Takashi zu Yuu, der noch immer mit dem oberen Stück seiner Tour zu tun hatte. Verdammt, kannst du nicht mal abstürzen, oder zumindest mal hierher sehen... Blödmann! Kouya seufzte. „Alles in Ordnung?“, fragte Takashi, dessen Stimme einen besorgten Tonfall angenommen hatte, und der zudem ein ganzes Stück an Kouya herangerutscht war. Kouya starrte für einen Augenblick entsetzt in Takashis Gesicht, während er unauffällig versuchte, wieder etwas Distanz zwischen sich und Takashi zu bringen. „Ähm... Ja, alles okay. Ich war nur in Gedanken...“, entgegnete Kouya völlig aus der Fassung gebracht. „So? Darf ich fragen, ob ich Teil dieser Gedanken gewesen war?“, meinte Takashi süffisant grinsend, der mit seiner anhaltend direkten Art Kouya den letzten Nerv raubte. Offenheit hin oder her... So aufdringlich bin ja noch nicht einmal ich, oder doch? Na ja, zumindest nicht zu fremden Personen... Ein melodiöser Klingelton ließ Kouya unwillkürlich zusammenzucken. Er sah mehr erleichtert als entschuldigend zu Takashi rüber, der nichts weiter tat, als ihn anzulächeln. Kouya verdrängte diesen unverschämten Menschen aus seinen Gedanken und kramte sein Telefon hervor. Auf dem Display konnte er Hirokis Namen lesen. Kouya begann zu grinsen und küsste seinen Bruder in Gedanken für diese passende Unterbrechung. Kouya blickte zu Takashi und hoffte, dass sich dieser nun verabschieden würde. Als Takashi keinerlei Anstalten machte zu gehen, sank Kouyas Hoffnung, aber er gab nicht auf. „Wenn du mich entschuldigst...“, sagte Kouya freundlich und schickte sich an, aufzustehen, um das Gespräch in einiger Entfernung entgegen zu nehmen. Takashi hielt ihn sanft am Arm gepackt auf. Kouya war über die Berührung so überrascht, dass er sein Telefon fallen ließ. Takashi beugte sich anschließend zu Kouya rüber. „Du muss nicht gehen. Ich werde gehen. Es hat mich gefreut, mit dir zu sprechen. Ich hoffe, wir können das später einmal fortsetzen.“, flüsterte dieser verführerisch in Kouyas Ohr. Kouya erstarrte und sah unbewusst zur Felswand und traf auf Yuus Augen. Dieser sah am Seil baumelnd beunruhigt zu ihm rüber. Kia, der Yuu eine Sekunde vorher bei dessen Absturz gesichert hatte, folgte Yuus Blick und traf auf die Szene auf der Decke. Er presste wütend seine Lippen aufeinander. Er rief Yuu zu, dass er ihn nun abseilen würde, und drehte Kouya wieder den Rücken zu. Verunsichert griff Kouya nach dem noch immer läutenden Telefon. Mit diesem als geistige Stütze in der Hand, wollte er Takashi noch einen schönen Tag wünschen, als er bemerkte, dass dieser ihn schon längst verlassen hatte. Irritiert sah er der Person nach, die ihn in den letzten Minuten völlig aus der Bahn geworfen hatte. Er seufzte erleichtert auf und nahm endlich das Gespräch an. „... Okay. Ich sage es den anderen. ... Gut. Dann sehen wir uns später im Hotel. ... Mhm, mache ich. Bis dann.“ Yuu schnappte Kouyas letzte Worte auf, als er zu ihm an die Decke trat. Er ließ sich erschöpft neben diesen nieder und starrte zu Kia rüber, der an der Felswand mit einem Bekannten schwatzte. „War das Hiroki?“, fragte Yuu angespannt. Kouya warf ihm einen überraschten Blick zu, bevor er die Frage beantwortete. „Ja. Sie sind eben erst aus dem Krankenhaus raus gekommen. So wie es aussieht, hat sich Shino seinen Knöchel angebrochen. Das ist echt ärgerlich. Sie haben ihm einen Gips verpasst und ihm etwas gegen die Schmerzen gegeben. Die beiden machen sich jetzt auf den Weg zum Hotel.“, berichtete Kouya bedauernd, während ihn ein unbehagliches Gefühl beschlich. Unerwartet drehte Yuu seinen Kopf und kam Kouyas Gesicht immer näher. Bevor sich ihre Lippen berühren konnten, stoppte Yuu seine Bewegung und sah Kouya aus eifersüchtigen Augen an. Kouya spürte, dass sein Herz schneller zu schlagen begann. Yuus Reaktion zeigte ihm, dass sich dieser in der neuen Form ihrer Beziehung noch unsicher fühlte und er seine Stellung an Kouyas Seite bedroht sah. Kouyas Herz quoll über vor Liebe und Verlangen. Am liebsten hätte er Yuus gestoppte Bewegung vollendet, aber er traute sich nicht. Stattdessen wählte er Worte, um Yuu seine Zuneigung zu zeigen und ihm ein Stück seines unsicheren Gefühls zu nehmen. „Yuu... Also, was ich sagen will... Du brauchst dir wegen Kaito keine Gedanken zu machen. Nicht, dass ich denke, du würdest dir komische Gedanken machen...“, brachte Kouya stockender hervor, als er es geplant hatte. „Kaito?!“, erwiderte Yuu überrascht und fiel in seine ursprünglich Position zurück. Von dort aus beäugte er Kouya misstrauisch. Er musste augenblicklich an Kias Worte denken. Dieser hatte ihnen im Spaß gesagt, dass es den Anschein hatte, dass sich Takashi für Kouya interessierte. Und nun nannte Kouya diesen Takashi bei seinem Vornamen. Er spürte erneut Eifersucht in sich aufsteigen. Er wusste, dass er kein Recht besaß, so zu fühlen und dadurch Kouya zu bedrängen, aber es ließ sich nicht abstellen. Sein Blick wanderte von Kouya rüber zu Takashi, der inzwischen wieder bei seiner Gruppe stand. So wie es aussah, packten sie dort alles zusammen. Sie waren mit dem Klettern fertig und würden wohl aufbrechen. Erleichtert richtete Yuu seine Aufmerksamkeit wieder auf Kouya, der ihn mit seinen grüngrauen Augen unsicher ansah. „Tut mir leid. Ich will mich nicht so liebeskrank benehmen, aber Kias Worte haben mich verunsichert. Wie erwachsen, was?!“, gab Yuu kleinlaut zu. Er berührte sanft Kouyas Hand, um somit seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Kouya lächelte Yuu zuversichtlich an und drückte dessen Hand für einen kurzen Moment. „Bin ich froh, dass du nicht so von dir selbst eingenommen bist. Ich kann dir sagen, dass dieser Typ echt hinter Gitter gehört!“, scherzte Kouya, und genoss Yuus Anwesenheit. „Was wollte er eigentlich von dir?“, wollte Yuu neugierig wissen, während er sich gemütlich nach hinten auf seine Arme stützte. „Gute Frage. Er wollte wissen, wer ich bin. Na ja, und er hat halt von sich erzählt. Er arbeitet neben dem Klettern als Model. Schräg, oder? Außerdem hat er nach Kagerou gefragt. Nein, eigentlich nicht so direkt. Er meinte nur, ich würde etwas verpassen, wenn ich Kagerou niemals klettern sehen würde.“, erzählte Kouya mit zunehmender Aufgeregtheit. Er musste sich eingestehen, dass dieser Kaito trotz allem eine äußerst spannende Person war. „Das war alles?“, argwöhnte Yuu, der Kouyas erregtes Gesicht bemerkte. „Theoretisch schon. Okay, praktisch hat er noch erwähnt, dass er...“, Kouya stockte. „Dass er?“, wiederholte Yuu fragend. Kouya fühlte sich bei dem Verlauf ihres Gespräches auf einmal nicht mehr wohl. Was war, wenn Yuu irgendetwas Unverantwortliches tat, wenn er erwähnte, dass Kaito ihm tatsächlich sein Interesse offenbart hatte. War es wirklich ein Geständnis? Vielleicht ist es einfach das Gehabe seines arroganten Wesens... Nein, das ist auch nicht fair. Ich kenne ihn ja nicht wirklich... Mist. Was mache ich... Kouya erwischte sich dabei, dass er für einen kurzen Moment mit dem Gedanken spielte, Yuu diesen Teil des Gesprächs zu verheimlichen. Er entschied sich dagegen. „Er sagte, dass er mich attraktiv findet. Na ja, es hat ihm auf jeden Fall Spaß gemacht, mich damit zu ärgern. Mehr hat er nicht gesagt. Ich hoffe wirklich, dass ich ihm so schnell nicht wieder über den Weg laufen werde.“, sprach Kouya immer leiser werdend, während er dabei zu Kia sah, der gerade lauthals lachte. Der Anblick zauberte ein Lächeln auf Kouyas Gesicht. Er drehte sich zu Yuu und sein Herz setzte aus. Mit diesem Anblick hatte er nicht gerechnet. Yuu lächelte ihn an. Nein. Er lächelte nicht nur, sondern er blendete ihn förmlich mit seinem unverschämt guten Aussehen, so dass es Kouya schwer fiel, etwas zu sagen. „Danke für dein Vertrauen, Kouya! Ich gelobe Besserung...“, flüsterte Yuu liebevoll und beugte sich erneut zu Kouya rüber. Diesmal stoppte er seine Bewegung nicht. Für einen kurzen Moment berührten sich ihre Lippen. Kouya sog überrascht den Atem ein. Er konnte noch immer die Wärme von Yuus Lippen spüren. „Kia lässt fragen, ob du für den heutigen Abschluss ein letztes Mal an die Wand willst?“, fragte Yuu Kouya in solch einem selbstverliebten Ton, dass er damit dessen vorheriger Feststellung jegliche Grundlage raubte. Kouya runzelte irritiert die Stirn, als Yuu auch schon lachend abwinkte. „Tut mir leid, aber ich musste mich ablenken... Ich würde dich gerne richtig küssen, aber ich denke, damit wärst du wohl nicht einverstanden?!“, fragte Yuu, der Kouya mit sehnsüchtigen Augen ansah. Kouya spürte das vertraute Kribbeln im Bauch und lächelte Yuu als Antwort verliebt an. „Wenn ich jetzt wählen müsste, dann würde ich mich für das Klettern entscheiden!“, erwiderte er schelmisch, während seine Augen Yuu etwas anders verrieten. „So? Das Klettern also... Da bin ich aber erleichtert, dass du wenigstens die Felswand und nicht Takashi gewählt hast!“, witzelte Yuu, der über Kouyas schlagartig veränderten Gesichtsausdruck lachen musste. „Das ist nicht witzig, Yuu!“, entgegnete Kouya erbost, konnte sich aber Yuus fröhlichem Lachen nicht entziehen. Er begann zu grinsen. „Ich mache mich dann mal auf zu meiner letzten Kletterrunde, in der ich hoffentlich deinen Rekord knacken werde...“, sprach er selbstbewusst und richtete sich auf, um zu Kia zu gehen, der ihm erfreut zuwinkte. „Wir werden sehen! Wenn nicht, dann darf ich dir heute Abend einen leidenschaftlichen Kuss stehlen!“, bestimmte Yuu, der Kouya eine Kusshand zuwarf. „Pass bloß auf, dass du von deinem hohen Ross nicht runter fällst...“ Kouya drehte Yuu in gespielter Beleidigung den Rücken zu und ging auf Kia zu. Er konnte dabei Yuus belustigtes, aber angenehmes Lachen hören, welches ihm ein breites Lächeln aufs Gesicht zauberte. „Wir werden sehen, Yuu...“, murmelte er. Wir parken an der ungünstigsten Stelle... Macht er das mit Absicht? Direkt vor dem Eingang wäre auch noch etwas frei gewesen. Er hat das definitiv mit Absicht gemacht... Während sich Shino in Gedanken noch immer mit der Parkplatzwahl beschäftigte, stieg Hiroki beschwingt aus, machte kurz Halt am Kofferraum, bevor er anschließend seinen Weg weiter um den Wagen herum fortführte. Shino verfolgte Hiroki durch die diversen Autospiegel und gab ein genervtes Stöhnen von sich. Die Fahrt hierher war trotz der verordneten und sofort eingenommenen Schmerzmittel eine Tortur für ihn gewesen. Sein Knöchel schmerzte noch immer und eigentlich hätte er am liebsten den Weg nach Hause angetreten, aber da hatte ihm jemand einen Strich durch die Rechnung gemacht. Hiroki hatte nicht mit sich reden lassen. Selbst die Anordnung des Arztes, den Fuß zwei Tage komplett zu schonen, hatte dessen Drängen nicht entkräftet. Er bestand darauf, dass Shino, trotz Verletzung und ersichtlichem Unbehagen, das Wochenende mit ihnen verbringen sollte. Shino hatte nach kurzer Zeit nachgegeben und so waren sie gemeinsam zum Hotel gefahren. Hiroki hat wirklich eine sadistische Ader..., dachte Shino gerade vorwurfsvoll, als die Person seiner Gedanken grinsend die Tür öffnete und ihm die Krücken entgegenhielt. Für einen Augenblick trafen sich ihre Augen. Shino senkte beschämt den Blick. Er konnte Hiroki noch immer nicht in die Augen sehen. Er fühlte Schuld und Wut in sich aufsteigen. Er hätte am liebsten dem Gefühl nachgegeben, Hiroki lauthals anzubrüllen. Denn einerseits wollte er, dass dieser ihn endlich in Ruhe ließ, aber andererseits genoss er seine Nähe. Shino wollte sich nicht umsonst die vergangenen Tage auf das Wochenende gefreut haben. Außerdem hatte er darauf spekuliert, dass Hiroki die Möglichkeit nutzte, ihm endlich die überfällige Antwort zu geben. Aufgrund dieser beiden Dinge gab es für Shino letztlich keine Wahl – er musste in Hirokis Nähe sein. Nun, wenn du deine sadistische Seite raushängen lassen musst, dann komme ich wohl nicht umhin, meine selbstquälerische auszuleben... Shino seufzte hörbar und nahm die Krücken. Er hievte sich damit so ungeschickt aus dem Autositz, dass Hiroki im helfend unter die Arme greifen musste. Shino ließ es ergeben geschehen, aber freute sich insgeheim über die weitere Berührung. „Ich werde schon mal vorgehen und nach der Reservierung fragen. Ist das okay für dich? Nun, dir bleibt sowieso nichts anderes übrig! Wenn du später am Eingang angekommen bist, kannst du, mir zum Dank, gleich weiter zum Zimmer humpeln!“, meinte Hiroki und zog Shino mit vergnügt blitzenden Augen auf. Er drehte sich anschließend um und marschierte fröhlich pfeifend zum Eingang. Shino sah ihm angesäuert hinterher und fluchte leise. „Du Arsch! Du hast wirklich mit Absicht so weit entfernt geparkt... Vielleicht hätte ich dich vorhin an der Felswand doch fallen lassen sollen! Mein Knöchel hätte es mir gedankt!“, murmelte Shino verärgert, dennoch erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht. „Aber dein Spielchen gefällt mir, Hiroki! Mal sehen, was du dir noch einfallen lässt...“ Während Shino begann, sich in Gedanken ein paar mögliche erotische Szenarien auszumalen, setzte er sich langsam in Bewegung. Er stöhnte leicht, als er sich des Schmerzes wieder bewusst wurde. „Ah...verdammt...“, fluchte er leidend. Als Shino den äußeren Bereich der Eingangstür des Hotels erreichte, klingelte sein Telefon. Er verlagerte sein Gewicht auf das gesunde Bein und hängte das verletzte über den Haltegriff der Krücke. In dieser Position griff er in seine Jackentasche und kramte das lärmende Ding hervor. Er las den Namen auf dem Display und bekam erneut ein schlechtes Gewissen. „Kia?! ... Verstehe. ... Ja, dort sind wir gerade angekommen. ... Hm. Nein, ich wollte nicht nach Hause, auch wenn es für meinen Knöchel vielleicht besser wäre. ... Sprich nicht davon. ... Ja, ich habe einen Fehler gemacht. ... Ich weiß, ich kann es aber nicht ungeschehen machen! ... Nein, er hat mich bisher nicht verprügelt! Du kannst Kouya also beruhigen. ... Er kümmert sich gerade um unsere Reservierung. ... Hey! Das ist absolut nicht lustig! Ich kann natürlich noch laufen, auch wenn es nur auf Krücken ist. ... Natürlich passt mir diese Verletzung nicht in den Kram! Nur gut, dass ich mein eigener Chef bin. ... Nein, den habe ich nicht gesehen. Wir sind aber auch erst seit ein paar Minuten hier. Ist etwas passiert? ... Kouya also. ... Okay, mache ich. Bis gleich also!“ Shino steckte das Handy zurück in seine Tasche, als Hiroki vor ihm erschien. Er sah ihn mit einem komischen Ausdruck in den Augen an, bevor er das Wort an ihn richtete. „Hey Shino, ich will ja nicht aufdringlich sein, aber ist das eine gute Idee, mit einem „so“ erhobenen Bein dazustehen?! Ich meine, ist das nicht eine nette Position, um...“ Shino unterbrach wütend Hirokis unsinniges Gerede, indem er sein verletztes Bein wieder senkte und mit der nun freien Gehhilfe vor dessen Gesicht herum fuchtelte. „Ich glaube, ich muss dich langsam mal zur Vernunft bringen, Hiroki! Ich weiß, dass ich einen unverzeihlichen Fehler gemacht habe! Aber hey, du bist derjenige, der unverletzt ist und zudem der jüngere von uns beiden! Schon vergessen? Ich würde dich daher bitten, mich mit deinem anzüglichen Gehabe zu verschonen! Ich erinnere dich ja nur ungern daran, aber du hast mir noch immer nicht meine Frage beantwortet! Solange ich diesbezüglich keine klare Antwort von dir erhalte, verbiete ich es mir, dass du dich mir weder verbal noch körperlich auf sexuelle Weise nährst! Habe ich mich klar ausgedrückt?“ Shino sah Hiroki während seiner Zurechtweisung die ganze Zeit über in dessen dunkelgraue Augen und musste sich zusammenreißen, nicht schwach zu werden. Hiroki selbst runzelte bloß irritiert die Stirn und hielt seinen Mund. Trotz Shinos ernsthafter Predigt, fiel es ihm schwer sein Vergnügen zu verbergen. Er presste krampfhaft die Lippen aufeinander, um das selbstgefällige Grinsen zu unterdrücken. „Mit wem hast du eben telefoniert?“, meinte er ablenkend und erntete dafür einen ungläubigen Blick von Shino. Dieser hätte Hiroki am liebsten eine weitere Standpauke gehalten, aber das Läuten von dessen Telefon ließ ihn nicht dazu kommen. „Wenn du mich entschuldigst...“, sprach Hiroki wichtig und nahm fröhlich das Gespräch entgegen. „Kouya! Wie schön dich zu hören! ... Ja, das habe ich mir schon gedacht. ... Nein, der lebt und steht wütend neben mir. ... Nein, wie kommst du darauf! So etwas traust du mir zu? Jetzt bin ich aber traurig. ... Gibt es einen Grund, warum du anrufst? ... Gut. Werde ich veranlassen. Kein Problem. Irgendwelche speziellen Wünsche? ... Gut. Dann bis später!“ Hiroki legte auf und sah zu Shino rüber, der ihn mit unergründlichen Augen anstarrte. „Meine vorherige Frage hat sich schon beantwortet, daher ziehe ich sie zurück und du kannst dir deinen Ausbruch sparen. Ich denke, wir sollte hineingehen und im Zimmer auf die Ankunft der anderen warten, oder was meinst du?“, meinte Hiroki respektlos und drehte Shino breit grinsend den Rücken zu. „Folge mir, wenn du kannst...“, fügte er lachend hinzu und betrat erneut das Hotel. Shino folgte ihm kopfschüttelnd. „...deshalb haben sie uns stattdessen zwei Zimmer angeboten. Ich hätte es ja auch netter gefunden, wenn wir alle in einem geschlafen hätten. Auf jeden Fall teilen du, ich und Kia uns eins, sowie Yuu und Kouya. Irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl bei dem Gedanken, dass sich Kouya gemeinsam mit dir und Kia ein Zimmer teilen könnte. Klingt blöd, immerhin wohnt ihr ja zusammen, aber...“ Shinos lautes Lachen unterbrach Hirokis Erläuterung. Er sah entgeistert zu ihm rüber. Shino hatte sich, kurz nachdem sie das Zimmer betreten hatten, erschöpft einen der drei Futons geschnappt und ihn mit Hilfe von Hiroki ausgebreitet. Dort lag er nun schon eine Weile und versuchte verzweifelt die unterschwelligen Schmerzen zu ignorieren. „Was ist daran denn so lustig?“, fragte Hiroki irritiert. Shino, der noch immer lachte, winkte ab. „Wie alt warst du noch mal, Hiroki? Was glaubst du denn, was „wir“ machen würden, wenn wir uns ein Zimmer teilen? Übereinander herfallen? Vielleicht solltest du dich da eher an deine eigene Nase fassen, bevor du hier...“ Shinos belustigte, aber zutreffende Entgegnung wurde grob durch Hiroki unterbrochen, der hastig aufstand. „Okay, okay. Punkt für dich! Ich werde noch mal runter zur Rezeption gehen, um die Essensbestellung aufzugeben.“, meinte Hiroki ausweichend und griff nach einem der drei Yukatas, die im Schrank lagen. Er warf einen davon Shino zu, der vor Überraschung nicht reagieren konnte und von dem sich in der Luft öffnenden Yukata getroffen wurde. „He, was soll das?! Du hättest ihn mir freundlicherweise reichen sollen und überhaupt, warum willst du wegen der Bestellung zum Empfang gehen? Es gibt hier ein Telefon! Du kannst den Zimmerservice auch einfach anrufen.“, erwiderte Shino belehrend, während er seinen Kopf vom Yukata befreite. „Schon klar, aber ich muss ans Auto, um meine Tasche zu holen. Außerdem muss ich noch ein dringendes Gespräch wegen der Arbeit führen. Daher eben.“ Hiroki ging zur Tür, aber drehte sich noch einmal um. Ein attraktives Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Shino bekam Herzklopfen. Er spürte, dass er diesen Menschen um jeden Preis an seiner Seite haben wollte. Seine Begierde wuchs und er unterdrückte ein lustvolles Beben. „Zieh ihn dir lieber an! Ist bestimmt gemütlicher. Obwohl, ich muss ja gestehen, dass dir die engen Sachen außerordentlich gut stehen! Die Farbwahl ist stilvoll und schmeichelt deiner blassen Haut und den schwarzen Haaren. Ups! Ich darf solche Worte ja nicht mehr sagen. Vergiss sie einfach! Bin dann mal weg...“ Shino starrte entzückt zur Tür, durch die Hiroki verschwunden war. Er begann wissend zu grinsen. Vielleicht bekam er tatsächlich eine positive Antwort auf seinen Vorschlag. Und wer weiß, vielleicht entwickelte sich daraus ja etwas Ernstes. Er seufzte erregt und begann sich umzuziehen. „Shino? Hey Shino...“ Hiroki starrte auf die scheinbar schlafende Person herunter. Er war vor ein paar Sekunden zurückgekommen und hatte sich gewundert, warum Shino auf keine seiner Fragen reagierte. Hiroki bemerkte, dass sich Shino tatsächlich schon den Yukata angezogen hatte. Er staunte über den Anblick, der sich ihm bot. Shino sah darin nicht nur umwerfend aus, sondern er ließ auch tief blicken. Hiroki musste schmunzeln. Da Shino sein verletzten Fuß erhöht auf mehrere Kissen gebettet hatte, war der Stoff an seinem Bein verrutscht. Hiroki kniete sich behutsam neben ihn und überlegte, was er tun sollte. Er wusste, dass er Shino noch eine Antwort schuldete, aber er war sich dieser noch nicht sicher. Konnte er wirklich einfach so eine zwanglose Bettgeschichte eingehen – noch dazu mit dem Mitbewohner seines Bruders und der eigentlich ersehnten Person? Aber begehrte er Kagerou wirklich? Im Prinzip hatte er keine Ahnung, was sich da in seinem Kopf abspielte. Er seufzte leise und näherte sich Shinos Gesicht. Er sah es eine Weile an, bevor er sich letztlich für einen flüchtigen Kuss ganz nach unten beugte. Er spürte Shinos kühle weiche Lippen, sowie dessen warme Atemluft, die ihn im Gesicht kitzelte. Hiroki grinste verspielt und beugte sich für einen zweiten Kuss nach unten, aber erstarrte kurz bevor er Shinos Lippen berühren konnte. Er hielt den Atem an, denn zwei glänzend schwarze Augen blickten auf einmal fragend zu ihm empor. „Du warst wach?!“, rief Hiroki verlegen und wollte sich wieder aufrichten, als ihn Shinos Arme davon abhielten. „Bekomme ich jetzt meine Antwort?“, hauchte Shino mit erregter Stimme, während er Hiroki nicht aus den Augen ließ. „Ich...also...ich weiß nicht. Mich verunsichert die Tatsache, dass ich nicht weiß, wohin das führen könnte...“, antworte Hiroki aufrichtig, der spürte, dass seine eigene Lust mit jeder Sekunde größer wurde. „Hm?! Zu einer Menge Spaß, würde ich sagen...“, wisperte Shino mit bebender Stimme, der begann, Hiroki näher an sich heranzuziehen. „Also, dass will ich ja nicht bezweifeln, aber...“ „Kein Aber! Ja oder nein, Hiroki! So schwer ist das doch nicht...“, drängte Shino mit wachsender Leidenschaft. Er schloss seine Augen du wartete angespannt auf Hirokis Entscheidung. Dieser sah verwundert in dessen Gesicht und begann zu lächeln. „Was soll´s...“, flüsterte Hiroki entflammt, ehe er seine Lippen erneut mit Shinos vereinigte. „Ngh... Ha... Warte! Nicht so schnell...“, brachte Shino stöhnend hervor, als Hiroki begann, dessen Yukata zu öffnen. „Wieso? Du bist doch schon halb entblößt!?“, entgegnete Hiroki lustvoll und rutschte an Shino hinab, um dessen entblößtes Bein mit Küssen zu bedecken. Shino entfuhr ein überraschter Laut, während die unerwartete Berührung dazu führte, dass sein Bein vom Kissenberg rutschte. „Autsch! Mist...“, presste er ernüchtert zwischen zusammengepressten Lippen hervor. In seinen Augen sammelten sich Tränen des Schmerzes. „Das hat gewirkt wie eine kalte Dusche! Tut mir leid...“, entschuldigte er sich mit enttäuschter Stimme bei Hiroki, der leise lachend zurück nach oben rutschte. Er blickte kurz in Shinos Gesicht, bevor er begann, sanft dessen Tränen fortzuküssen. Gleichzeitig spielte er mit Shinos geöffneten Haaren, die sich anmutig über das Kissen ausbreiteten. „Das sollte kein Problem, dass wir nicht wieder hinkriegen...“, wisperte er Shino ins Ohr und biss dabei sanft in dessen Ohrläppchen. Shino unterdrückte ein Stöhnen und spürte, dass Hiroki die Küsse auf seinem Hals fortsetzte. „Dein Hals schmeckt salzig, Shino!“, murmelte Hiroki vergnügt und spürte, dass sich Shino für einen kurzen Moment bei seinen Worten versteifte. Er grinste frech und gab seiner Zunge freien Lauf. Sie fuhr zuerst hinab bis zur Vertiefung am Schlüsselbein, um danach ihren Weg vorne über den Adamsapfel bis rauf zum Kinn fortzuführen. „Ich frage mich, ob du da unten auch so salzig schmeckst...“, neckte er Shino, der erneut auf seine Worte reagierte. Dieses Mal erstarrte er nicht, sondern er zog ungestüm Hirokis Kopf mit seinen Händen zu sich, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Dieser ließ es geschehen und gemeinsam erkundeten sie verspielt mit ihren Zungen die feuchte Höhle des anderen. Nach einer kleinen Ewigkeit, die sie nur küssend verbracht hatten, wanderte Hirokis Hand erneut unter Shinos Yukata, der bei dieser Berührung lustvoll aufstöhnte. Er krallte eine Hand in Hirokis Nacken, während die andere versuchte, dessen Hose zu öffnen. „Dann sag du noch mal zu mir, ich würde zu schnell nach vorn preschen...“, witzelte er mit vor Erregung bebender Stimme und verschloss abermals seine Lippen mit Shinos. Ein plötzliches Klopfen an der Tür ließ beide innehalten. Sie sahen sich für einen Moment irritiert an, bevor Hiroki die Stille fluchend unterbrach. „Mist...verdammter!“, sprach er, als er im nächsten Moment seinen Gedanken bestätigt bekam. „Entschuldigung. Der Zimmerservice.“, hörten sie eine durch die Tür gedämpfte weibliche Stimme. Hiroki sprang auf und Shino machte sich sogleich daran, seinen Yukata zu richten. Hiroki eilte zur Tür und warf einen fragenden Blick in Shinos Richtung, der ihm mit einem Nicken zu verstehen gab, dass er die Tür öffnen konnte. Als Hiroki die Tür öffnete, erblickte er eine junge Frau, die im Kimono gekleidet neben einem Speisewagen stand. Aber das war nicht alles, was er vor der Tür fand. Überrascht zog er die Augenbrauen in die Höhe, als er hinter die Angestellte blickte. „Yo Hiroki! Ich hoffe, Shino ist weiterhin bei angeschlagener Gesundheit?!“, meinte ein verschlagen grinsender Kia, der seinen beiden Begleitern verschwörerisch zuzwinkerte. Teller mit Essensresten türmten sich auf dem niedrigen Tisch in der Mitte des Zimmers, um den sich die fünf Freunde versammelt hatten. Sie waren mit dem Essen gerade fertig geworden und überlegten nun in ausgelassener Stimmung, ob sie die Bar des Hotels aufsuchen sollten. „Wer ist dafür?“, wollte Kia vergnügt von den anderen wissen, die nicht eine Sekunde zögerten, seinem Vorschlag zuzustimmen. „Und du fühlst dich wirklich dazu in der Lage, Shino?! Ich meine, es wäre niemand sauer, wenn du dich dagegen entscheiden würdest?!“, meinte Kia besorgt, der Shino mit einem fragenden Blick bedachte. Dieser verzog verärgert das Gesicht und hätte Kia am liebsten mit seinem Sitzkissen beworfen. „Könntest du vielleicht mal aufhören, mich zu bemuttern! Wenn ich nicht wollte, dann würde ich es auch nicht tun. Kapiert? Ich komme mit, aber ich werde wohl nicht so lange bleiben können wie ihr. Sobald der Fuß nämlich eine längere Zeit nach unten hängt, werden die Schmerzen stärker. Da kann mir selbst das verschriebene Schmerzmittel nicht mehr helfen...“, brachte Shino seufzend hervor und warf einen verstohlenen Blick zu Hiroki, der sich gerade angeregt mit Yuu unterhielt. Shino musste an die Minuten vor dem Eintreffen der drei Nachzügler denken. Er konnte es noch immer nicht fassen, aber es sah so aus, als wäre Hiroki mit seinem Vorschlag einverstanden – zumindest könnte sein Verhalten so interpretiert werden. Er spürte noch immer Hirokis Lippen, seinen heißen Atem auf der Haut, sowie dessen forschende Hände, die sich einen Weg unter seinen Yukata gesucht hatten. Shino hielt die Luft an da er spürte, dass ihn diese Gedanken erregt hatten. Er konnte nicht verhindern, rot anzulaufen und senkte verlegen den Kopf. Er hoffte, dass niemand die Veränderung bemerkt hatte. „Hey Shino, alles in Ordnung?! Du bist auf einmal so rot?! Schmerzt dein Knöchel etwa wieder stärker?“, hörte Shino jemanden spöttisch nachfragen. Er sah auf, und traf auf Hirokis neckisch blitzende Augen. Dieser zwinkerte ihm zu allem Überfluss noch belustigt zu, bevor er sich, die Antwort nicht abwartend, wieder Yuu zuwandte, der seinerseits einen kurzen Blick auf Kouya warf, der begonnen hatte, das Geschirr zusammenzustellen. Yuu lächelte über diesen Anblick. „Hey Yuu, du wirst dir mit Kouya das Zimmer nebenan teilen. Habe ich ganz vergessen zu erwähnen! Ihr habt euch bestimmt schon gefragt, warum hier nur drei Futons vorhanden sind. Sie habe einen Fehler bei der Reservierung gemacht und hatten daher kein größeres Zimmer mehr zur Verfügung.“ Während Hiroki Yuu sachlich darüber aufklärte, begann Kia plötzlich laut zu lachen. Als Hiroki seine Aufmerksamkeit auf Kia richtete, fiel sein Blick für einen kurzen Moment auf Kouya, der mit dem Zusammenstellen des Geschirrs innegehalten hatte und mit blassem Gesicht zu ihm rüber sah. Was ist denn in den gefahren?! Habe ich etwas Schreckliches gesagt... Nach Kia wohl etwas schrecklich Lustiges?!, dachte Hiroki irritiert und blickte zurück zu Yuu, der seinen Blick auf Kouya gerichtet hielt und dabei einen seltsamen Ausdruck in den Augen hatte. Haben sich die beiden etwa gestritten, so dass sie sich nicht zu zweit ein Zimmer teilen wollen... Ah, verdammt! Habe ich da etwa etwas nicht mitbekommen? Aber ihr redet doch ganz normal miteinander, Kouya!? Tja, dann musst du da leider durch... Mit Kia kommst du mir nicht auf ein Zimmer... Was denke ich hier eigentlich? Shino hat recht, ich benehme mich wie ein Kind... Kouya unterbrach Hirokis nicht enden wollende Gedanken. „Wer hat das entschieden? Du etwa, Hi-chan?“, wollte dieser noch immer mit fahlem Gesicht wissen. „Ja. Ich habe mich darum gekümmert. Hast du Schwierigkeiten damit? Ich kann auch mit Yuu tauschen, wenn dir das lieber ist?!“, entgegnete Hiroki freundlich, wurde nun aber von Yuu unterbrochen. „Ich will aber nicht tauschen! Ich finde es so völlig in Ordnung! Dann können Kouya und ich die alten Zeiten aufleben lassen. Oder was meinst du?“, meinte Yuu ein Spur zu aufgeregt in Kouyas Richtung und gab sich innerlich einen Tritt dafür. Er sah fragend zu Kouya rüber und war über dessen Verhalten etwas verunsichert. Was hast du, Kouya?! Angst, dass Hiroki etwas ahnen könnte... Yuu versuchte Kouyas Blick einzufangen, aber es gelang ihm nicht. Er wurde unruhig. „Ich finde, wir sollten die Zimmerwahl auslosen?! Ich bin dafür, wer noch?!“, sprach Kouya auf einmal und vermied es weiterhin, Yuu direkt anzublicken. Nun war es dieser, der Gesichtsfarbe verlor. Was hast du vor? Während Yuu gedankenverloren und mit größer werdender Unsicherheit in Kouyas Richtung sah, vernahm er Kias abermals aufflammendes Gelächter. Einen Moment später fiel Shino mit ein. „Von mir aus! Ich haben nichts dagegen!“, stimmten beide gut gelaunt nacheinander zu. Ihr Blödmänner! Ihr habt euren Spaß dabei, was?! Was macht dich so nervös, Kouya? Ist es vielleicht, weil wir das erste Mal allein eine Nacht zusammen in einem Raum verbringen würden, nachdem sich der Status unserer Beziehung verändert hat? Yuu seufzte hörbar, als Kouya begann, dass Losverfahren zu erläutern. Dieser hatte fünf gleich aussehende Streifen aus Papier angefertigt, von denen er zwei am unteren Ende mit einem grünen Punkt und drei mit einem blauen Punkt bemalt hatte. Er mischte sie und hielt sie anschließend mit dem unteren Ende verdeckt allen nacheinander hin, damit jeder einen Streifen ziehen konnten. „Ich habe blau! Ich muss also nicht umziehen...“, scherzte Kia, der gespannt zu den anderen sah. „Ich habe auch blau. Wir bleiben also wie gehabt zusammen.“, sprach Hiroki erleichtert, der Kia frech angrinste. „Nun, ich habe grün. Auch keine Veränderung!“ Yuu sah schief grinsend in die Runde. Kouya ballte seine Faust und wünschte sich, dass er einen blauen Punkt vorfand, wenn er seine Hand öffnete, aber Shino nahm ihm diese Hoffnung. „Tja, ich habe ebenfalls blau. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass wir es hier mit höherer Macht zu tun haben, oder Kouya?!“, witzelte Shino, der sich unbeholfen mit seinen Krücken erhob. „Wir sollten langsam gehen. Ich will, solange ich noch dazu in der Lage bin, etwas Spaß da unten haben! Außerdem brauche ich einen besonderen Platz. Eine Sitzecke wäre da echt optimal!“, erklärte er und machte sich auf zur Tür. „Ich bin der gleichen Meinung. Wir sollten gehen!“, stimmte ihm Hiroki fröhlich zu und folgte. „Wie Ihr befiehlt, meine Herren! Da wollen wir das Bier mal nicht unnötig warten lassen...“, rief Kia erfreut und rannte zur Tür. Er stoppte und sah mit schalkhaft funkelnden Augen zu Yuu und Kouya zurück. „Nun kommt schon! Ihr seht aus, als wäre das euer Untergang! Und Kouya, ich weiß zwar nicht, was los ist, aber wenn es gar nicht anders geht, dann kannst du wahlweise die ganze Nacht in der Bar verbringen, oder zu mir auf meinen Futon krabbeln. Ich habe ja noch einen gut bei dir!“, rief er Kouya empfehlend zu, bevor er durch die Tür verschwand. „Kannst du mir sagen, was los ist, Kouya?!“ Yuu durchbrach mit seiner neugierigen Frage die Stille und schaute irritiert zu seinem Geliebten. Dieser stand unschlüssig, den Blick auf die Tür gerichtet, am Tisch und wusste nicht, ob er den drei Vorgegangenen hinterher rennen sollte, oder er lieber mit Yuu über sein Unbehagen sprechen sollte. Kouya seufzte leise und ließ sich ergeben auf sein Sitzkissen fallen. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass er sich allein mit Yuu im Raum befand und spürte, wie sein Herz zu klopfen begann. Seit ihrem gemeinsamen Ausflug zum Kaufhaus, hatte sie sich nicht mehr gesehen und Kouya hatte sich daher umso mehr auf diesen Moment gefreut. Er nahm an, dass es Yuu genauso erging. Nein, er wusste es, denn sonst hätte Yuu auf Hirokis Tauschvorschlag nicht so vehement reagiert. Es machte ihn natürlich glücklich, dass Yuu jede Möglichkeit nutzen wollte, um Zeit mit ihm allein zu verbringen, aber musste es gleich eine Nacht gemeinsam in einem Zimmer sein?! Kouya lief bei diesem Gedanken ein widersprüchlicher Schauer über den Rücken. Er hatte keine Ahnung, warum er dieser belanglosen Sache so angespannt entgegensah. Sie waren alt genug, um über „gewisse Dinge“ reden zu können, aber bisher hatten sie „dieses“ Thema aus ihren Gesprächen ferngehalten – ob bewusst oder unbewusst vermochte Kouya nicht zu sagen. Kouya blickte auf und traf auf Yuus dunkle Augen, die sich nicht entscheiden konnten, welches Gefühl ihres Besitzers sie ausdrücken sollten. Kouya schluckte und schnappte sich mit einer Hand das Sitzkissen neben ihm und drückte es sich an die Brust. Er wusste, dass er so zwar einen äußerst bescheuerten Anblick bot, aber es war ihm egal. Er brauchte jetzt dringend etwas, woran er sich klammern konnte, um nicht in Yuus wunderschönen und momentan vor Lust glänzenden Augen zu ertrinken. Meine Güte! Kannst du dich mal entscheiden!? Begierde, Sorge, Neugierde, Spaß... Wenn ich bei dir einen Knopf drücken könnte, dann würde ich den Sorgeknopf wählen..., dachte Kouya mit schiefem Grinsen und versuchte seine Nervosität zu unterdrücken. Er machte sich daran, Yuus Blick selbstbewusst zu erwidern und hoffte dabei, dass seine Augen einzig und allein Unbehagen zeigten. „Also, ich weiß auch nicht, aber...“, begann Kouya stockend, als Yuu ihn sanft unterbrach. „Warte, ich will mich erst setzen, damit ich nicht auf dich herunter sehen muss.“, sprach er liebevoll und nahm Kouya am Tisch gegenüber Platz. Kouya lächelte erleichtert, da er befürchtet hatte, dass Yuu den Platz neben ihm wählen würde. Yuu registrierte Kouyas Erleichterung und runzelte irritiert die Stirn. „Sag, vertraust du mir nicht?“, fragte Yuu im ernsten Ton, der Kouya besorgt aufhorchen ließ. Er wollte auf keinen Fall, dass Yuu dachte, er hätte etwas falsch gemacht. „Doch! Natürlich, Yuu! Es ist nur, dass ich...also...ich mich bei dem Gedanken, mir allein ein Zimmer mit dir zu teilen, irgendwie komisch fühle.“, antwortete Kouya wage und drückte das Kissen in seinen Armen etwas fester. „Was meinst du mit komisch? Kannst du es mir erklären?“, entgegnete Yuu verständnisvoll und ließ Kouya nicht aus seinen Augen. „Wie soll ich sagen... Unsere Beziehung hat sich verändert und darüber bin ich mehr als glücklich! Ich sollte sagen, dass ich eigentlich schon verboten glücklich bin, aber da ist diese „andere“ Sache...“, meinte Kouya immer leiser werdend, während gleichzeitig eine leichte Röte seine Wange überzog. „Diese „andere“ Sache?“, wiederholte Yuu fragend und lächelte Kouya aufmunternd zu. „Wir haben uns bisher nur geküsst und...“ Kouya brach mitten im Satz ab und blickte ungläubig zu Yuu rüber, der erfolglos versuchte, sein Lachen zu verkneifen. „Das findest du also lustig?“, rief Kouya augenblicklich verärgert und bewarf Yuu mit dem Sitzkissen, welches er in den Armen gehalten hatte. Yuu wich dem Geschoß knapp aus, griff blitzschnell mit einer Hand über den Tisch hinweg nach Kouyas Pullover und zog ihn damit zu sich. Ehe Kouya reagieren konnte, hatte ihn Yuu schon geküsst. „Was...“, stammelte Kouya mit überraschter Stimme, während Yuu ein zweites Mal seine Lippen mit seinen vereinigte. Dieses Mal küsste ihn Yuu etwas länger und Kouya spürte dabei, dass ihm die Berührung einen wolligen Schauer über den Rücken laufen ließ. Sein Herz fing zu rasen an und er befürchtete schon, dass es ihm jeden Moment aus der Brust springen würde, falls Yuu diesen Kuss fortführte, aber er beendete es so abrupt, wie er es begonnen hatte. Verwirrt sah er zu Yuu, der ihn breit angrinste, während er sich wieder in eine gemütlichere Position brachte. „Wenn du glaubst, ich hätte vorgehabt, mit dir zu schlafen, dann muss ich dich leider enttäuschen – oder wohl eher erleichtern?! Ich habe bestimmt nicht vor, dich dazu zu drängen, Kouya. Und schon gar nicht hier, wenn dein unwissender Bruder nebenan schläft!“, versicherte Yuu lachend und blickte Kouya dabei direkt in die Augen. Er konnte erkennen, dass dieser verlegen seinen Kopf senkte. „Ich bin genau wie du der Meinung, dass wir zumindest vorher darüber geredet haben sollten... Immerhin gibt es ein paar Dinge, die wir beachten sollten! Damit meine ich zum Beispiel, dass ich weder deine noch du meine Vorlieben kennst! Wer liegt „unten“, wer „oben“, oder losen wir womöglich?“, scherzte Yuu, der an Kouyas glühenden Ohren erkennen konnte, dass er ihn mit seinen Worten noch verlegener machte. Yuu lächelte hochgradig verliebt, während ein neckischer Ausdruck in seinen Augen erschien. „Du bist süß, Kouya! Ungeachtet der Dinge, dich ich eben gesagt habe, würde ich sofort mit dir schlafen wollen! Mich erregt der Gedanke, dass ich deinen Körper mit meiner Zunge erkunden könnte! Jeden Zentimeter deiner Haut mit meiner berühren würde... Deine Zunge mit meiner leidenschaftlich umspielen könnte... Meine Hand um deinen...“, beschrieb Yuu sinnlich und wurde hastig von Kouya unterbrochen, der ihn mit glasigen Augen anstarrte und dabei heftig atmete. Yuu hob überrascht die Augenbrauen. „Stopp!“, brachte Kouya bebend hervor. „Kouya... Alles in Ordnung?! Sag bloß, du...“ Yuu beendete seine Frage nicht, sondern fixierte Kouya bewundernd mit seinen Augen. „Das ist deine Schuld! Wenn du nicht angefangen hättest, mich so anzusehen und so zu reden, dann...dann...“ Kouya versagte die Stimme, als er die letzten Ströme des erlebten Hochgefühl durch seinen Körper fließen spürte. Er stöhnte leicht und schloss seine Augen. „Du bist so anziehend, Kouya! Ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn ich nicht das Glück hätte, dass du meine besonderen Gefühle teilst! Ich könnte platzen vor Liebe!“, sprudelte es Yuu vernarrt aus dem Mund, der aufstand und zu Kouya rüber ging. Er kniete sich hinter diesen und umarmte ihn sanft. Er konnte spüren, dass Kouya für einen Moment erzitterte. Yuu beugte sich zu Kouyas rechtem Ohr. „Ich liebe dich...“, flüsterte er und drückte sanft Kouyas Kopf mit seiner linken Hand zur Seite, so dass er ihn über dessen Schulter hinweg küssen konnte. Er fühlte, dass Kouya seine Lippen leicht öffnete. Einen Augenblick später berührten sich ihre Zungen. Yuu löste nach einer kurzen Weile seine Lippen von Kouyas und kniff diesem anschließend sanft in die Wange. „Hey! Wir sollten uns auf den Weg machen! Soll ich auf dich warten, bis du aus dem Bad kommst, oder soll ich schon vorgehen?“ Yuu versuchte nicht allzu enttäuscht zu klingen, denn er hatte sich zum Aufhören gezwungen. Würde er auf diese Weise weiter hier sitzen, wüsste er nicht, was noch passieren könnte. „Oh?! Ja. Nein. Das heißt, du kannst schon mal vorgehen. Ich werde mich beeilen...“, erwiderte Kouya betört, der noch immer Yuus um ihn gelegte Arme festhielt. „Dazu müsstest du mich aber schon loslassen...“, meinte Yuu lachend und gab Kouya einen flüchtigen Kuss auf die Schläfe. „Stimmt...“, entgegnete Kouya leise und ließ augenblicklich die Arme sinken. Er rutschte zur Seite, um Yuu besser anblicken zu können. „Gut. Dann sehen wir uns gleich unten! Ich werde die Möglichkeit nutzen, um mich umzuziehen, falls sie fragen sollten...“, meinte Kouya unsicher und stand auf. Yuu folgte lächelnd seinem Beispiel. „Okay. Dann beeil dich mal! Ich will nämlich möglichst viel von dir haben!“ Während Yuu diese Worte sprach, küsste er ihn ein letztes Mal zärtlich auf den Mund und ging zur Tür. Kouya sah ihm verzückt und um einige Sorgen leichter nach, bevor er sich aufmachte, das Zimmer nebenan aufzusuchen. Kouya seufzte zufrieden, als er auf seinem Weg zur Bar um eine Ecke in den nächsten Gang bog. Er hatte sich schnell geduscht und war anschließend in den leichten Yukata geschlüpft, der sich auf angenehme Weise seinen Körper anpasste. Er freute sich darauf, die anderen und vor allem Yuu wieder zu sehen, als ihm plötzlich eine Person den Weg versperrte. Er stoppte und sah nach oben und hielt für einen kurzen Moment den Atem an. Vor ihm stand niemand geringeres als Takashi Kaito, der ihn bezaubernd anlächelte. Er trug ebenfalls einen Yukata, der seiner anmutigen Figur schmeichelte. Seine halblangen hellbraunen Haare lagen offen auf seiner Schulter. Zudem hatte er sein Pony mit zwei Spangen aus seinem Gesicht nach oben gesteckt. Kouya traf auf Takashis grüne Augen, die ihn durchdringend ansahen. „Kouya! Was für eine Überraschung!“, sprach Takashi verblüfft mit seiner anziehenden Stimme, die Kouya heiße Ohren besorgte. „Ka..ito?!“, entgegnete dieser entgeistert. Kapitel 15: Besteigen, die Dritte! ---------------------------------- Hiroki griff nach den Erdnüssen, die in einer kleinen Schale vor ihm auf dem Tisch standen, und steckte sich ein paar in den Mund. Er spülte anschließend ausgiebig mit einem Schluck kühlen Bier aus der Flasche nach, bevor er diese zufrieden seufzend wieder absetzte. „Das kommt jetzt echt gut!“, rief er, während er erneut nach den Erdnüssen langte. Bevor seine Hand die Schale aber erneut erreichen konnte, wurde sie unerwartet von Kia weggezogen. Hiroki sah irritiert zu ihm rüber. „Hey!? Was soll das?! Stell sie sofort wieder in die Mitte, sonst...“, meinte Hiroki leicht angesäuert, als er von Kia am Weiterreden gehindert wurde. „Sag mal, „Hi-chan“! Warst du eben nicht auf der Toilette?“, fragte ihn dieser mit einem gemeinen Grinsen im Gesicht. „Was hat das mit den Erdnüssen zu...“ Hiroki verstummte. Er starrte sprachlos zu Kia, der sich genüsslich eine Erdnuss in den Mund steckte. „Ich gehe mal davon aus, dass du zu den Menschen gehörst, die sich nach dem Toilettengang die Hände waschen?!“, erkundigte sich Kia im gespieltem Ernst und freute sich über Hirokis erbosten Blick. Er konnte hören, wie sich Yuu und Shino neben ihm prächtig darüber amüsierten. Hiroki schenkte beiden einen strafenden Blick, bevor er sich wieder Kia zuwandte, der ihn noch immer mit vergnügt funkelnden Augen ansah. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll!? Was ist, wenn ich deine Annahme korrigieren müsste?! Bin ich dann die größere Sau, weil ich meine Hände nicht wasche oder eher du, der sich die Erdnüsse dennoch weiter genüsslich in den Mund stopft?!“, erwiderte Hiroki eisig, der sich mit dieser Antwort anerkennendes Kopfnicken von Shino und Yuu sicherte. Kia begann lauthals zu lachen und schob die Nüsse zurück in die Mitte des Tisches. „Der geht an dich, Hiroki! Lass sie dir schmecken!“, entgegnete Kia erheitert, während er nach seinem Weinglas griff. Er trank es mit einem Zug leer und wandte sich anschließend Shino zu, der sich gerade eine weitere Zigarette anzündete. „Maaaaaaan Shino, muss das schon wieder sein?“, nörgelte er, als dieser einen tiefen Zug nahm und den Rauch absichtlich in Kias Richtung blies. Kia wedelte mit der Hand in der Luft und funkelte Shino böse an. „Was du hier treibst, ist nicht gerade gesund! Soll ich dich daran erinnern, dass dein Knöchel angebrochen ist und du unter „Drogen“ stehst?!“, belehrte Kia den süffisant lächelnden Shino, der ihm nun mit seinem Bier zuprostete. „Heute ist der Tag der unverzeihlichen Ereignisse! Schon vergessen? Daher ist es mir durchaus erlaubt, weitere lasterhafte Dinge zu tun! Sterben werde ich früher oder später sowieso, ob nun mit Lungenschaden oder ohne...“, erläuterte Shino vergnügt und warf einen frechen Blick in Hirokis Richtung. Hiroki zwinkerte Shino ausgelassen zu, bevor er sich Kia zuwandte. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass du heute nicht ausgelastet bist, Kia!? Kann es sein, dass du dich daher so fürsorglich um deine Mitmenschen kümmerst?“, witzelte er. „Falsch, Hiroki! Ich denke, es liegt einfach daran, dass Kagerou nicht mitgekommen ist. Kia übernimmt dann immer automatisch dessen Rolle, um sich somit...“ Kia brachte Shino mit einem bösen Blick zum Schweigen. „Wenn du möchtest, dass ich deinem Knöchel etwas „Gutes“ tun soll, dann musst du es nur sagen, Shino!“, drohte er spöttisch und füllte sein Schälchen erneut mit Reiswein. „Dafür musst du erst einmal an meiner Krücke vorbeikommen!“, entgegnete Shino im Spaß und sah Kia dabei herausfordernd an. „Nee, lass mal. Ich verzichte! Dank dir sieht es wohl so aus, dass ich dieses Wochenende nicht zum Klettern kommen werde...“, grummelte Kia enttäuscht und warf Hiroki einen vorwurfsvollen Blick zu. „Hey! Was guckst du mich so an?! Ich habe nichts gemacht!“, rief Hiroki, der sich ein selbstgefälliges Grinsen nicht verkneifen konnte. „In diesem Punkt bist du wirklich zu bedauern, Kia! Weder Hiroki, ich oder noch Kouya können dich absichern. Aber vielleicht ist ja morgen wieder jemand Bekanntes da, der dich für eine Klettertour sichern kann. Zu wünschen wäre es dir!“, meinte Yuu im ehrlichen Ton einstimmend. Dessen ungeachtet, konnte auch er sich neben Shino und Hiroki nicht der Stimmung entziehen, Kia ein wenig aufzuziehen. Er grinste Kia breit an. „Hä? Yuu? Du auch hier?!“, frotzelte Kia und richtete seinen schelmischen Blick auf Yuu. „Wo hast du eigentlich Kouya gelassen?!“, fragte Kia im unschuldigen Ton, während seine Augen genau das Gegenteil verrieten. Yuu ärgerte sich innerlich über seine unklugen Worte an Kia. Er befürchtete, dass dieser in seiner schlechten Laune ein Wort zuviel über ihn und Kouya verlieren könnte. Yuu blickte für einen kurzen Moment verunsichert zur Eingangtür und hoffte, dort endlich Kouya auftauchen zu sehen, aber er wurde enttäuscht. Er fragte sich langsam, warum dieser so lange brauchte. Kouya sah aus dem großen Fenster, welches panoramaartig den Blick auf den See bei Nacht freigab. Er nickte anerkennend und wandte sich Kaito zu, der neben ihm stand. Dieser erwiderte seinen Blick und Kouya wurde das ungute Gefühl nicht los, dass Kaito ihn die ganze Zeit über beobachtet hatte. Kouya hatte keine Uhr bei sich, aber er nahm an, dass beinah eine Stunde vergangen sein musste, seit er Kaito im Flur begegnet war. Er hatte sich von diesem überreden lassen, die Sitzecke, die sich den Gang weiter unten befand, aufzusuchen, um dort in gemütlicher Atmosphäre zu sitzen und zu plaudern. Es war Kouya äußerst schwer gefallen, die Bitte abzuschlagen – das lag nicht nur an Kaitos eindrucksvoller Erscheinung, sondern auch an seiner eigenen Neugier. Vielleicht konnte er unter diesen Umständen von Kaito selbst erfahren, warum die Beziehung zu Kagerou in die Brüche gegangen war. In Gedanken hatte er sich zu Beginn ihrer Unterhaltung ausdrücklich dazu ermahnt, nicht länger als zwanzig Minuten zu bleiben, aber aus diesem Vorsatz war nichts geworden. Je länger er saß und mit Kaito sprach, desto lockerer und entspannter wurde die Atmosphäre, so dass Kouya nichts dagegen tun konnte, von Kaito in dessen Bann gezogen zu werden. Sie sprachen über die verschiedensten Dinge und Kouya ertappte sich hin und wieder bei dem Gefühl, welches er verspürte, wenn er sich mit Yuu unterhielt – er fühlte sich frei und konnte er selbst sein. Kouya änderte seine Meinung über Kaito, da dieser, trotz seiner übertrieben arroganten Art, eine nette Person zu sein schien. Das führte dazu, dass Kouya annahm, er würde etwas von dem Kaito sehen, den Kagerou in ihm gesehen hatte. Außerdem fand Kouya bei ihrem Gespräch heraus, dass Kaito etliche von Yuus Ansichten teilte, und er jedes Mal erfreut über eine Übereinstimmung lächeln musste. Kouyas häufiges Lächeln war von Kaito nicht unbemerkt geblieben. Dieser wollte unbedingt erfahren, welche Gedanken Kouya so glücklich hatten lächeln lassen, aber er schwieg darüber. Yuus immer häufigeres Aufblitzen in seinen Gedanken ließ die Sehnsucht nach diesem mit jeder Minute anwachsen, so dass er seinen gefassten Entschluss, endlich die Bar aufzusuchen, Kaito offen mitteilte, was dieser leicht enttäuscht akzeptierte. Kaito schlug Kouya sofort vor, ihn zur Bar zu begleiten, da er dort ebenfalls auf Freunde treffen würde. Kouya konnte dieses Angebot nicht ablehnen und hoffte, dass Yuu über sein verspätetes, und obendrein gemeinsames Auftauchen mit Kaito, nichts Falsches denken würde. Er schob diesen Gedanken beiseite und stiefelte gemeinsam mit Kaito los. Die beiden kamen nach ihrem Aufbruch kurze Zeit später an jenem großen Fenster vorbei, vor dem sie nun seit ein paar Minuten schweigend standen, den Ausblick bewunderten und den eigenen Gedanken nachhingen. „Hast du Lust, draußen ein wenig spazieren zu gehen?“, fragte Kaito unerwartet und sah von Kouya weg hinaus in die Nacht. Ein wehmütiges Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Hm... Wenn ich ehrlich bin, dann hätte ich schon Lust am See spazieren zu gehen, aber ich müsste schon längst in der Bar sein! Die anderen machen sich bestimmt schon Sorgen...“, entgegnete Kouya unsicher, der langsam ein schlechtes Gewissen bekam. Nun, und wenn ich ganz ehrlich bin, will ich lieber mit Yuu spazieren gehen..., dachte Kouya zudem mit aufflammendem Verlangen. „Hm, das ist aber schade! Ich dachte, wir könnten unsere nette Unterhaltung draußen fortsetzen. Du hast mich neugierig gemacht...“, meinte Kaito geheimnisvoll, während er Kouya ein hinreißendes Lächeln schenkte. Dieser sah abrupt weg. „Nun, ich wüsste nicht, was an mir so interessant sein sollte?! Mein Leben ist völlig durchschnittlich. Wenn hier jemand interessant ist, dann bist das du!“, antwortete Kouya aufrichtig. Er sah eine Bewegung im Augenwinkel und konnte einen Augenblick später Kaitos Atem an seinem Ohr spüren. „So?! Du findest mich also interessant!?“, raunte dieser verführerisch. Kouya zuckte angenehm berührt zusammen und trat hastig einen Schritt zur Seite. Er spürte, dass seine Ohren glühten. „Genau das ist einer der Punkte, die dich so attraktiv machen, Kouya!“, sprach Kaito voller Bewunderung, während seine fesselnde Stimme Kouyas Ohren attackierten. Kouya freute sich innerlich über dieses Kompliment, aber er hatte nicht vor, sich auf Kaitos Unterhaltung weiter einzulassen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass Kaito, falls er sich nicht schleunigst davon machte, noch zu so viel mehr fähig war – und das würde wahrscheinlich nicht nur seine Ohren zum Glühen bringen. Jetzt geht das wieder los! Er lässt seine Pheromone fliegen... Ich muss hier weg..., dachte Kouya gehetzt, aber riss sich soweit zusammen, dass er Kaito direkt anblicken konnte. „Ähm... Also... Danke für das Kompliment, aber ich denke, ich sollte mich auf den Weg machen...“, begann er stockend, als er von Kaito unterbrochen wurde. „Ist es dir unangenehm, dass aus dem Mund eines älteren Mannes zu hören? Ich glaube, du hast bestimmt schon erfahren, dass ich Kagerous Ex-Freund bin?!“, offenbarte er, während er Kouya mit fragenden Augen bedrängte. „Oh?! Nein. Also ja, darüber weiß ich bescheid. Es ist mir auch nicht unangenehm. Es ist nur...“ Kouya wurde erneut unterbrochen. „Was ist nur...?“, fragte Kaito gespannt. „Ah... Es ist nichts. Ich werde dann mal gehen!“ Während Kouya mit einem verzweifelten Unterton in der Stimme sprach, versuchte er entschlossen an Kaito vorbei zu eilen. Dieser hatte die Bewegung erwartet und reagierte augenblicklich. Er griff nach Kouyas Arm und zog ihn sanft, aber bestimmend zu sich. Kouya hielt überrascht den Atem an, als er spürte, dass Kaito seinen Arm um seinen Rücken gelegt hatte und dessen Gesicht wenige Zentimeter vor seinem auftauchte. „Was...“, flüsterte er irritiert und drehte hastig seinen Kopf zur Seite. Er hörte, wie Kaito leise lachte. „Glaubst du etwa, ich will dich küssen?!“, fragte dieser vergnügt, während seine Augen schelmisch blitzten. „Hoffst du, dass ich dich küsse?“, wisperte er Kouya fragend ins Ohr und berührte anschließend mit seinen Lippen flüchtig dessen Hals. Kouya erstarrte für einen Moment, bevor er begann, sich aus Kaitos Umarmung zu befreien. „Mo...ment! Was willst du von mir?“, brachte Kouya erzürnt hervor, der sich inzwischen im sicheren Abstand zu Kaito befand. „Uff! Ey Shino, würdest du dich bitte nicht so schwer machen?!“, ächzte Hiroki, der Shino ein zweites Mal an diesem Tag auf dem Rücken trug. Hiroki war vor wenigen Minuten gemeinsam mit Yuu von der Bar aufgebrochen, um zum einen nach Kouya zu sehen, der noch immer nicht aufgetaucht war, und zum anderen den jammernden Shino auf das Zimmer zu bringen, da dieser sein Limit erreicht hatte – in zweifacher Hinsicht, denn seine Schmerzen wurden nach seiner Aussage langsam unerträglich und zudem hatte er längst die berauschende Stufe des Alkohols erreicht. Kia hatte Shino immer wieder darauf hingewiesen, dass er sich nichts Gutes damit tat, wenn er weiter fröhlich ein Bier nach dem anderen trinken würde, aber Kias Ermahnungen hatten diesen nicht beeindruckt. So dauerte es nicht lange, bis Shino betrunken war und alle es für besser hielten, wenn er endlich den Rückzug antreten würde. Hiroki war erstaunt darüber, dass Shino noch immer in der Lage war, klar und deutlich zu sprechen und seinen Unmut über die Entscheidung kundzutun. Aber letzten Endes gab er nach und ließ sich von Hiroki aufs Zimmer tragen, da er sich nicht mehr traute, die Krücken zu benutzen. Kia entschied als einziger, die Stellung in der Bar zu halten, für den Fall, dass Kouya in der Zwischenzeit auftauchen sollte. Er würde dann zusammen mit ihm auf ihre Rückkehr warten. „Wasss willsu von mir?“, lallte Shino gespielt und unerwartet laut in Hirokis Ohr, so dass dieser ihn beinah fallen lies. „Woah! Geht’s auch leiser?! Du hängst direkt neben meinem Ohr! Schon vergessen, du betrunkener Sack!?“, meckerte Hiroki, der insgeheim über Shinos Zustand schmunzeln musste. Yuu, der neben ihnen herging, lachte belustigt. „Wer ist hier betrunken?“, brachte Shino erbost hervor und versetzte Hiroki einen leichten Klaps auf die Schulter. „Jetzt schlägt mich dieser alte Sack auch noch!“, meinte Hiroki empört, während seine Augen vergnügt funkelnden. „Du wagst es, so respektlos mit mir zu sprechen, Hiroki?! Ich bin entsetzt! Angetrunken hin oder her, der Hauptgrund für meinen unehrenhaften Rückzug sind die stärker werdenden Schmerzen in meinem Fuß. Nun, und die Vorfreude auf unsere...“ Shino konnte den Satz nicht beenden, da sein verletzter Fuß plötzlich an der Wand entlang streifte. Ein heftiger Schmerz durchfuhr sein Bein. „Au scheiße... Pass doch auf!“, brüllte dieser mit schmerzverzerrter Stimme und zappelte unbeholfen auf dem Rücken umher. Hiroki, überrascht über Shinos Aufschrei und dessen Bewegungen, verlor das Gleichgewicht und wäre gestürzt, hätte Yuu nicht geistesgegenwärtig reagiert und ihm Halt geboten. Mit großer Erleichterung in den Augen bedankte er sich bei diesem und wandte sich danach an Shino. „Alles okay da oben?!“, fragte Hiroki kleinlaut mit schlechtem Gewissen, da er Shinos Fuß absichtlich an der Wand entlang schleifen ließ. Er hatte in diesem Moment keinen anderen Ausweg gesehen, Shino an seinen womöglich enthüllenden Ausführungen zu hindern. „Was für eine Frage!? Ich glaube, ich bin jetzt wieder völlig nüchtern! War das deine Absicht?“, stöhnte Shino, der sich dabei erschöpft auf Hirokis Schulter hängte. „Es war keine Absicht! Es tut mir leid!“, log Hiroki auf dein ersten Teil seiner Entschuldigung bezogen, aber der zweite entsprach der Wahrheit. Er tat ihm wirklich leid und er überlegte gerade, wie er es wieder gutmachen konnte, als er Kouyas laute Stimme vernahm. „Kannst du mir mal verraten, was du von mir willst?“ Hiroki konnte Kouyas aufgebrachte Stimme hören, als er zusammen mit Yuu um die Ecke in den nächsten Gang einbog. Dort, in der Mitte des Flurs vor einem großen Fenster, konnte er seinen Bruder zusammen mit Takashi Kaito stehen sehen, die offensichtlich eine Auseinandersetzung führten. Das konnte er nicht nur am Tonfall seines Bruders erkennen, sondern auch an dessen kompletter Körperhaltung. Hiroki bemerkte, wie Yuu neben ihm hörbar den Atem einsog. Kouya und Takashi schienen ihr Auftauchen noch nicht bemerkt zu haben, denn sie führten ihre Unterhaltung ungestört fort. „Ist das nicht offensichtlich, Kouya?“, entgegnete Kaito, der einen Schritt auf Kouya zuging. „Ich bin neugierig! Das habe ich dir doch schon gesagt. Mich interessiert, ob du zurzeit jemanden hast, der das Bett mit dir teilt!“, fragte Kaito in seiner direkten Art, die Kouya erneut das Blut in die Wangen schießen ließ und ihn für einen Moment sprachlos machte. „Oh... Was? Das... Also, ich wüsste nicht, dass dich das etwas angeht!“, stotterte Kouya, der erfolglos versucht, seine Fassung wiederzuerlangen. „Hast du eine Geliebte, oder sogar einen Geliebten?“, drängte Kaito weiterhin neugierig mit seiner attraktiven Stimme, die Kouya nun aber einen unangenehmen Schauer über den Rücken laufen ließ. „Ist meine Frage so schwer zu beantworten?“, fragte Kaito mit leiser werdender Stimme, die vor Verlangen bebte und er machte einen weiteren Schritt auf Kouya zu. Dieser bekam Panik und streckte Kaito abwehrend die Arme entgegen. „Ja! Es gibt da jemanden! Könntest du mich jetzt bitte gehen lassen!“, schrie Kouya und gewann dabei neuen Mut. Er funkelte Kaito wütend mit seinen grüngrauen Augen an. Dieser erwiderte unbeeindruckt seinen Blick. Kouya hatte gehofft, Kaito mit seiner Antwort den Wind aus den Segeln zu nehmen, aber er wurde enttäuscht. Kaito lächelte ihn nun auf so unverschämte Weise an, dass ihm beinah schlecht wurde. „Ist diese Person etwa hier?“, bohrte dieser unaufhörlich weiter und Kouya spürte, dass er seine gewonnene Zuversicht wieder zu verlieren drohte. Er ließ den Kopf sinken und überlegte fieberhaft, wie er dieser Situation entkommen konnte, als er unerwartet Shinos Stimme hörte. „Yo Takashi! Du hier?“, sprach dieser und ließ Kouya erschrocken zusammenfahren. Er sah in die Richtung, aus der die Stimme kam und erblasste. An der Ecke zum nächsten Gang stand sein Bruder, der Shino auf seinem Rücken trug, sowie Yuu, der seinen Blick auf Takashi gerichtet hielt. „Yuu? Tust du mir einen Gefallen?!“ Hiroki sah eindringlich in Yuus Richtung, während er seinen Weg fortsetzte und so seinem kleinen Bruder immer näher kam. Yuu wandte seinen eisigen Blick von Takashi ab und sah in Hirokis entgeistertes Gesicht, der erfolglos versuchte, ein Grinsen zustande zu bringen. „Ich weiß zwar nicht, was da vor sich geht, aber kann es sein, dass Kouya eben gesagt...ähm, wohl eher geschrieen hat, dass er verliebt ist?! Ja, oder? Shino, du hast das doch auch gehört, oder? Wieso weiß ich davon nichts?! Ich glaube, ich spinne...“, wetterte Hiroki fassungslos, der einen Schritt schneller ging, aber plötzlich wieder stehen blieb. Shino gab einen leisen Schmerzenslaut von sich. „Ey Hiroki, kannst du dich mal entscheiden!? Mein Fuß ist noch immer von der Wandaktion beleidigt! Er schmerzt...“, begann Shino mit leidender Stimme, aber wurde unsanft von Hiroki unterbrochen. „Yuu, könntest du dich um Kouya kümmern? Also, damit meine ich, ob du für mich herausfinden könntest, ob es stimmt, dass es da jemanden in seinem Leben gibt? Der verrät mir bestimmt nichts, wenn ich ihn danach frage...“ Shinos unerwartet lautes Lachen brachte Hirokis Ohren zum Klingeln. „Boah Shino, willst du sterben, oder was?! Das ist das zweite Mal...“, brüllte Hiroki unkontrolliert laut, der Shino anschließend absichtlich unsanft auf seinem Rücken zurecht rutschte. „Okay, okay...“, brachte Shino zwischen Lachen und schmerzlichem Aufstöhnen hervor, während er sich bemühte, wieder ruhiger zu werden. Er warf einen Blick auf Yuu, der ihn mit erblasstem Gesicht missmutig anstarrte. Erneut zogen sich seine Lachmuskeln zusammen und er prustete los – aber nun etwas leiser. „Ich wüsste jetzt ja mal gerne, was da eben so lustig war?! Aber die Antwort darauf ist mir jetzt egal... Nun Yuu, was sagst du?“, drängte Hiroki Yuu weiter und schaute wieder zu Kouya. Dieser hatte seinen Blick peinlich berührt zu Boden gesenkt. Hm?! Jetzt machst du mich aber neugierig, Kouya! Mal sehen, ob Yuu etwas aus dir rauskriegt..., dachte Hiroki versessen und überhörte dabei Yuus erste Antwort. Dieser begann, sie mit unsicherer Stimme zu wiederholen. „Also... Wenn ich ehrlich bin, dann würde ich lieber nicht, Hiroki! Du kannst ihn doch selbst fragen und zur Not darauf warten, bis er dir etwas sagt?!“ Hiroki hob überrascht die Augenbrauen und warf Yuu einen grimmigen Blick zu. Yuu schluckte und sah schnell weg. „Du hast aber, seit er zurück ist, den besseren Draht zu ihm, oder irre ich mich da?! Und wenn ich so richtig darüber nachdenke, dann... Warte?! Nee, nie im Leben!? Oder doch... Wenn doch, dann weiß ich schon, wen ich dafür verantwortlich machen kann...“, sprach Hiroki immer leiser werdend, so dass er zum Schluss kaum mehr zu verstehen war. Shino und Yuu sahen sich irritiert an – Shino mit einem breiten Grinsen im Gesicht, während Yuu Schweißausbrüche bekam. Yuu und Kouya?! Das hätte ich bemerkt... Außerdem steht Yuu auf Frauen... Wie lange ist die letzte Freundin her... Mal überlegen... Scheiße, ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern, je eine an seiner Seite gesehen zu haben... Hirokis rasende Gedanken wurden abrupt von Takashi unterbrochen. „Hey Shino! Hast du zu tief ins Glas geblickt, oder warum hängst du auf den Schultern dieses Gorillas?“, sprach Takashi und grinste süffisant in ihre Richtung. „Ähm, also... Nach dem respektlosen Packesel unter mir, ja, aber wenn es nach mir ginge...“ Hiroki schnitt Shino anmaßend das Wort ab. Sie waren inzwischen bei Kouya und Takashi zum Stehen gekommen. „Na na na, da oben! Ich erinnere dich nur zu gern an deinen bedauernswerten „Schritt“, Shino! Hättest du nämlich nicht auf meinen attraktiven Hintern gestarrt, dann wäre dir dieser unehrenhafte Auftritt erspart geblieben! Wir sollten daher ganz schnell dafür sorgen, dass du ins wohlverdiente Bett kommst und du der Öffentlichkeit so deinen Anblick ersparst! Also, ich entschuldige mich für unseren kurzen Aufenthalt hier! Und Yuu, da du Kouya nun gefunden hast, kannst du ihm den Weg zur Bar zeigen. Wir sehen uns später dort – wenn ich diesen immer schwerer werdenden Sack auf meinen Schultern aufs Zimmer gebracht habe! Noch einen schönen Abend!“, sprudelte es Hiroki, Takashis Beleidigung ignorierend, vor Selbstgefälligkeit strotzend aus dem Mund, während er sich anschickte, den protestierenden Shino davon zu tragen. Yuu und Kouya starrten den beiden völlig irritiert nach, während Takashi seinen amüsierten Blick wieder auf Kouya richtete. „Hey Hiroki, was soll das!? Lass mich sofort runter! Ich will hier bleiben! Jetzt wird es doch erst richtig interessant!“, rief Shino ärgerlich und begann, auf Hirokis Rücken wild umher zu zappeln. „Nichts da! Du kommst aufs Zimmer!“, wehrte Hiroki vehement ab. „Außerdem haben wir nicht viel Zeit...“, sprach er mit leiser verschwörerischer Stimme, die Shino einen Schauer über den Rücken laufen lies. „Was meinst du mit ‚nicht viel Zeit’?“, entgegnete Shino verunsichert und musste augenblicklich an die Minuten denken, die er mit Hiroki höchst erotisch allein im Zimmer verbracht hatte. Er spürte, dass ihn dieser Gedanke erregte und hoffte, dass Hiroki davon nichts bemerkte. Aber dieses Wunschdenken gab er schnell auf, denn er befand sich in einer äußerst heiklen Position – breitbeinig auf dem Rücken eben jener Person und mit „vollem Körperkontakt“. Shino schloss die Augen und unterdrückte ein Stöhnen. Er konnte sich in Gedanken nicht entscheiden, ob dies aus Vorfreude auf das Bevorstehende war, oder es letztlich nur den Zusammenbruch seiner geistigen Willenskraft ankündigte – immerhin schien heute nicht sein Tag zu sein und der Alkohol, in Kombination mit den Schmerzmitteln, machte die Sache nicht besser. Er biss sich in seinen Oberarm und wünschte sich inständig an einen anderen Ort. „Hey Shino, kann es sein, dass du... Ich will ja nicht unhöflich sein, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass mich da etwas am Rücken...“ Hiroki konnte seinen Satz nicht beenden, da ihm Shino eine Kopfnuss verpasste. Bevor er aufbegehren konnte, ergriff Shino hastig das Wort und lenkte vom Thema ab. „Bist du überhaupt nicht neugierig auf das, was da zwischen Kouya und Takashi vorgefallen ist?“, fragte dieser und versuchte möglichst normal zu klingen. „Warum? Kouya kann auf sich aufpassen! Und was soll da schon vorgefallen sein? Eine Diskussion über das Liebesleben, mehr nicht. Ich hoffe, dass Yuu mir später mehr darüber erzählen kann.“, antwortete Hiroki vergnügt, dem Shinos verlegenes Verhalten amüsierte und es zudem dafür sorgte, dass seine eigene Leidenschaft mit jedem Schritt, die sie dem Zimmer näher kamen, anstieg. Er hatte jetzt überhaupt keine Lust, weiter an Kouya zu denken. „Nun, und was ist, wenn Takashi auf Kouya steht und er ihm eben...“, drängte Shino weiter und registrierte, dass sie sich nur noch wenige Meter von ihrem Zimmer entfernt befanden. „Und wenn schon! Kouya steht nicht auf Kerle und außerdem kamen wir im richtigen Moment, oder?! Nun, jetzt ist Yuu bei ihm, was soll da noch Großartiges passieren!? Ich glaube, du solltest dir lieber Gedanken darüber machen, was bei uns gleich noch alles passieren wird...“, sprach Hiroki leise, der seine sexuelle Begierde nicht mehr aus der Stimme fern halten konnte. Shino konnte über Hirokis Entgegnung nur mit dem Kopf schütteln. Entweder war der Alkohol dran Schuld, dass Hiroki so leichtfertig darüber sprach, oder dessen wachsende Erregung ließ einfach nichts anderes mehr zu. Er seufzte erschöpft, aber ein neckisches Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Wenn du wüsstest, wie falsch du mit allem liegst... Ist eigentlich schon fast kriminell, dich im Unklaren zu lassen... Ich freue mich schon auf dein Gesicht, Hiroki! Während Shino gedankenverloren vor sich hinstarrte, blieb Hiroki plötzlich stehen. „Wir sind da!“, flüsterte er. „Oh?!“ Kouya blickte seinem Bruder mit widersprüchlichen Gefühlen hinterher. Er konnte nicht glauben, dass dieser einfach so weitergegangen war, ohne in irgendeiner Form erkennen zu lassen, ob ihn die vorgefundene Situation irritiert hatte. Okay, völlig normal war der nicht, aber lag das am Bier? Oder an Shino, den er auf seinem Rücken tragen musste? Verdammt... Mussten die ausgerechnet jetzt auftauchen? Ob sie alles mitbekommen haben? Hm, wenn ich an Yuus Blick denke, dann auf jeden Fall ausreichend... Kouyas Gedanken sprangen zwischen Hiroki und Yuu hin und her und erstarrten augenblicklich, als er Takashis Stimme vernahm. „Sind die zwei ein Paar?“, fragte dieser neugierig aus heiterem Himmel, während er Kouya fragend anblickte. Kouya sah sprachlos zu Takashi, dessen Gesicht noch immer diesen amüsierten Ausdruck zeigte, und schüttelte verneinend den Kopf. Er blickte anschließend zu Yuu, der seinerseits nach wie vor Takashi anstarrte. Ein Messer, zwei Messer, drei...vier... 100 Punkte für das Darstellen dieser bekloppten Redewendung, Yuu! Aber könntest du jetzt bitte aufhören?!?!, dachte Kouya mulmig und stupste Yuu übertrieben freundschaftlich an. „Hey! Wollten wir nicht zur Bar?!“, brachte er aufgesetzt hervor und gab sich innerlich für sein klägliches Auftreten einen Tritt in den Hintern. „Genau, da wollten wir in der Tat hin, Kouya! Will uns dein starrender Freund hier vielleicht begleiten?!“, meinte Takashi belustigt, während er Yuu einen seltsamem Blick zu warf. Dieser setzte seinen durchbohrenden Blick unbeeindruckt fort und blieb weiterhin stumm. Kouya rollte mit den Augen. „Ähm, dann mal los...“, entschied Kouya mit leiser Stimme und setzte sich in Bewegung. Er kam nicht weit, da in Yuus Hand am Arm plötzlich aufhielt. Ohne Kouya anzublicken, richtete er sein Wort an Takashi, der interessiert eine Augenbraue gehoben hatte. „Du findest den Weg bestimmt allein, oder? Kouya und ich müssen noch einmal ans Auto. Wenn du uns also entschuldigst...“, sprach Yuu kühl und drehte sich, Takashis Antwort nicht abwartend, zu Kouya um. Ihre Augen trafen sich. Kouya bekam weiche Knie. Trotz Yuus eisigem Verhalten Takashi gegenüber, loderten seine Augen nur so vor rebellischen Gefühlen. Kouya schluckte und hoffte, dass er nicht der Grund für diesen Aufruhr war. Blödmann! Natürlich bist du das...wer sonst? Gut, wer kann es dir verübeln, Yuu! Takashi muss in deinen Augen wirklich eine Plage sein... Und in meinen? Gute Frage, Kouya! Dieser Mensch bringt mich tatsächlich innerhalb kürzester Zeit dazu, dass ich meine gefasste Meinung ständig neu überdenken muss... Während Kouya vergeblich versuchte, in seinem Kopf zu einer Antwort zu kommen, spürte er, dass Yuu ihn sanft mit sich zog. „Wie schade! Ich dachte, wir könnten zusammen gehen! Aber daraus wird jetzt wohl nichts, oder Kouya?“, sprach Takashi, der sich nicht die Mühe machte, sein Verlangen zu verbergen. „Ähm, nein. Tut mir leid! Wir müssen wirklich noch einmal ans Auto...“, log Kouya kleinlaut, der spürte, dass seine Wangen dabei heiß wurden. Er redete sich ein, dass es aufgrund Yuus sanfter, aber bestimmender Berührung an seinem Arm war. „Da kann ich wohl nichts machen. Aber verrat mir noch eins... Ist Yuu diese Person, von der wir sprachen?!“, fragte Takashi ernsthaft, der seinen Blick auf Yuus Rücken gerichtet hielt. Kouya blieb für einen Moment unschlüssig stehen, bevor er, nun Yuu hinter sich her ziehend, davon stürmte. Takashis angenehmes Lachen verfolgte ihn, bis er gemeinsam mit Yuu im nächsten Gang verschwunden war. Shino lag auf dem Rücken und starrte unschlüssig an die Decke. Er konnte Hiroki hören, der sich nebenan im Bad befand und in Vorfreude gut gelaunt vor sich hin pfiff. Shino schloss gequält die Augen. Er hatte keine Ahnung, was er jetzt machen sollte. Der Schmerz in seinem Fuß hatte inzwischen ein gleich bleibendes Niveau erreicht, das ihm Tränen in die Augen trieb. Hinzu kam ansteigende Übelkeit, die sich nicht mehr ignorieren ließ. Er hoffte inständig, dass es nicht so schlimm werden würde, dass er womöglich noch erbrechen musste. Shino seufzte erschöpft und öffnete seine Augen. „Ich glaube, ich sollte das hier abblasen, bevor Hiroki auf Touren kommt...“, murmelte Shino wehmütig. Erneut schloss er die Augen und überlegte fieberhaft, wie er es Hiroki schonend beibringen könnte. „Hey Shino?! Schläfst du?“ Shino hielt nervös die Augen geschlossen und hoffte, dass Hiroki auf diese Weise von ihm abließ, aber er war sich unsicher. Shino brauchte seine Augen nicht zu öffnen, um zu erkennen, dass dieser direkt über ihm war und mit leidenschaftlichen Augen auf ihn hinab blickte – denn allein am Klang der Stimme konnte er erkennen, dass Hiroki mehr als bereit war. Trotz Schmerz und Übelkeit fühlte Shino seine eigene Erregung wachsen und er ertappte sich dabei, wie er alle Vorbehalte über Bord werfen würde, wenn Hiroki begann, genau dort weiterzumachen, wo er vorhin abgebrochen hatte. Nicht gut, gar nicht gut... Ich sollte es möglichst schnell beenden..., dachte Shino frustriert, als er überrascht den Atem anhielt. Er spürte aus dem Nichts heraus einen kalten Tropfen Wasser auf seiner linken Wange, der sofort begann, seitlich hinab auf seinem warmen Hals entlang zu laufen. Er riss konfus die Augen auf und traf augenblicklich auf Hirokis, die ihn lustvoll ansahen. Shino schluckte und war vom Anblick, der sich ihm bot, überwältigt. Hiroki lächelte ihn an. Seine dunkelgrauen Augen schimmerten dabei beinah schwarz, während ihm seine nassen kurzen Haare ins Gesicht fielen. Er trug bloß seine Hose. Shinos Augen wanderten gefesselt über Hirokis nackten Oberkörper, dessen makellose Haut ihn entzückte. Er hätte am liebsten, wenn die Sache mit seinem Fuß nicht wäre, Hiroki auf der Stelle auf den Rücken geworfen und dessen Oberkörper mit Küssen übersät. Natürlich hätte er es sich dabei nicht nehmen lassen, den einen oder anderen Liebesbeweis darauf zu hinterlassen. „Du tropfst.“, brachte Shino endlich mit heiserer Stimme hervor und hatte das Gefühl, sich in Hirokis Augen zu verlieren. „Wirklich?! Ist mir gar nicht aufgefallen! Aber wenn du es sagst...“, erwiderte Hiroki mit bebender Stimme, während er sich nach unten beugte und seine Lippen mit Shinos verschloss. Shinos Augen weiteten sich. Er starrte in Hirokis Gesicht, das dicht vor seinem war und mit geschlossenen Augen fortfuhr, ihn zu küssen. Shino spürte Hirokis Zunge, die spielerisch, aber selbstbewusst seine Mundhöhle erforschte. Sie berührte jede nur erdenkliche Stelle in ihr und verschaffte ihm damit eine Gänsehaut. Betört begann Shino, Hirokis Zunge mit seiner einzufangen und fühlte dabei, wie er von der Welle der eigenen ansteigenden Lust davongetragen werden zu drohte. Er schloss seine Augen. Elektrisiert fühlte Shino Hirokis heiße Hand auf seinem entkleideten Oberkörper, die ihm mit ihren sanften Berührungen wollige Schauer über den Rücken sandte. Hä? Wann ist das denn bitte passiert! Stopp, Stopp... Shinos verdatterter Gedanke wurde augenblicklich von Hirokis nächster lüsterner Aktion ausgelöscht. Dieser begann, sich küssend einen Weg von Shinos Kinn abwärts über die Kehle hinab zu dessen Brust zu bahnen. Hiroki stoppte hin und wieder, um der einen oder anderen Stelle besondere Aufmerksamkeit zu schenken. „Ngh...“, entfuhr es Shino berauscht aus dem Mund. Ihm war schwindelig und er überlegte besorgt, ob Hirokis aufregende Berührungen daran schuld waren, oder aber seine schlechte körperliche Verfassung die Verantwortung dafür trug. Er erbebte unter Hirokis anhaltenden Liebkosungen, aber gleichzeitig bemerkte er, dass sich der Schmerz in seinem Fuß wieder in sein Bewusstsein vorkämpfte. Er biss sich ernüchtert auf die Lippen und konnte nicht verhindern, dass er ein schmerzvolles Stöhnen von sich gab. „Shino?“ Hiroki unterbrach augenblicklich seine Erkundungstour auf Shinos entblößtem Oberkörper und kam wieder hoch auf Augenhöhe. Er blickte fragend auf Shino hinab, der angespannt den Blick erwiderte. „Hey! Du blutest! Hast du dir etwa vor Erregung auf die Lippe gebissen?“, scherzte Hiroki, der, ungeachtet der Unbeschwertheit seiner Entgegnung, Shinos Gesicht mit ernsten Augen nach weiteren Anzeichen des Schmerzes absuchte. „Blödmann! Wer würde schon durch solch amateurhafte Berührungen den Verstand verlieren!?“, frotzelte Shino verkrampft zurück, der das Gefühl hatte, dass mit jeder weiteren Woge des Schmerzes seine Übelkeit zunahm. Er befürchtete, dass diese über kurz oder lang letztendlich die Kontrolle über sein Empfinden übernehmen würde. Er schluckte nervös. Scheiße... Darauf habe ich jetzt überhaupt keine Lust! Vielleicht hätte ich ein Bier weniger trinken sollen..., dachte Shino desillusioniert und schreckte zurück, als Hirokis Gesicht näher kam. „Hey! Was hast du vor!“, rief Shino elend, der das Gefühl hatte, jeden Moment brechen zu müssen. „Wow! Keine Panik! Ich will dir nur die Lippe säubern – mit meinem Kuss versteht sich! Oder hast du etwa...“, fragte Hiroki, dessen Stimme einen unsicheren Ton angenommen hatte. „Hä? Was? Halt! Nein, ich bin nicht HIV positiv! Wie kommst du jetzt darauf... Ich glaube, ich muss kotzen!“, sprudelte es Shino jämmerlich aus dem Mund, während er versuchte, Hiroki von sich zu schieben, der ihn völlig perplex anstarrte. „Dir ist schlecht?!“, brüllte Hiroki überrascht und machte Shino Platz. Er konnte hören, wie Shino verzweifelt vor sich hinmurmelte. „Warte! Ich trage dich ins Bad! Aber komm bitte nicht auf die Idee, während ich dich trage...“ Hiroki wurde grob von Shino unterbrochen. „Verdammt! Halt deinen Mund und beeil dich lieber!“, schleuderte Shino alarmiert, den Würgereiz unterdrückend, in Hirokis Richtung und spürte für einen Moment Erleichterung in sich aufsteigen, als dieser ihm augenblicklich aufhalf und ihn anschließend laut fluchend auf seinen Armen ins Bad trug. Kouya sah beklommen aus dem Fenster. Er saß seit einigen Minuten gemeinsam mit Yuu auf der Rückbank in Hirokis Wagen und schwieg. Unbehagliche Stille umgab ihn, während er niedergeschlagen ein Seufzen unterdrückte und an die letzten Minuten dachte. Nachdem er sich und Yuu aus Takashis unmittelbarer Reichweite gebracht hatte, hatte Yuu unerwartet die Führung übernommen und ihn tatsächlich zum Auto geleitet. Also doch keine Notlüge. Habe ich etwa anderes erwartet!? ... Nun, dann habe ich Kaito wenigstens nicht angelogen... Hä? Geht’s noch, Kouya? Sollte dir das nicht eigentlich egal sein? Hallo?! Du sitzt hier allein mit der Person im Auto, an die du dein Herz verloren hast! Dieser Umstand bedarf sorgfältiger Überlegungen! Verdammt... Bescheuerter Kaito! Warum musste ich auch ausgerechnet erneut auf ihn treffen... Kouyas Gedanken wurden jäh unterbrochen, als Yuu eine Hand auf seinen Oberschenkel legte. Augenblicklich wurde sich Kouya des ihm vertrauten Kribbelns bewusst, das schon die ganze Zeit hier mit ihm im Auto saß und nur darauf gewartet hatte, dass er sich wieder daran erinnerte. Er schnappte überwältigt nach Luft und drehte sich hastig Yuu zu. Dieser war inzwischen näher gerutscht, so dass dessen Gesicht dicht vor seinem auftauchte. Kouya konnte für einen Moment Yuus dunkle Augen sehen, bevor dieser sie schloss und ihn küsste. Kouya hatte das Gefühl, er würde schweben. Er spürte Yuus warme Lippen, die abwechselnd seinen Mund und jede andere Stelle seines Gesichtes küssten. Zudem bewegten sich dessen Hände selbstsicher über seine bloßen Hautstellen. Kouya konnte Yuus eine Hand in der eigenen spüren, die diese sanft drückte, während die Finger der anderen sanft über seinen Hals fuhren. „Ha... Ngh...“ Kouya vernahm sein eigenes Stöhnen und erschauderte. Er fühlte, dass seine Ohren vor Scham heiß wurden und war froh über die Dunkelheit im Auto – so konnte Yuu wenigstens das Glühen nicht sehen. Kouya fing an, jede von Yuus Berührungen begierig in sich aufzusaugen und er erwischte sich dabei, dass er immer ungeduldiger auf die nächste wartete. Yuus Lippen bahnten sich küssend einen Weg zu Kouyas Ohr, in das er behutsam seinen heißen Atem blies, bevor er zu sprechen begann. „Ich war echt sauer – nein, ich bin es immer noch! Wenn ich nur daran denke, dass dieser Kerl so viele Minuten mit dir allein verbracht hat, könnte ich platzen, Kouya...“, flüsterte Yuu geladen. Er fing an, Kouyas Mund verlangender zu küssen und biss dabei sanft in dessen Unterlippe. Hingerissen von Yuus Eingeständnis und der zunehmenden Intensität der Küsse, spürte Kouya die eigene Leidenschaft schlagartig ansteigen. Er öffnete leicht seinen Mund, um so Yuus Zunge Einlass zu gewähren, aber dieser stoppte für einen Moment. Yuu blickte fasziniert in Kouyas Augen, während sich ein charmantes Lächeln auf seinem Gesicht breit machte. „So?! Du willst mehr?! Sollst du kriegen...“, wisperte er mit leidenschaftlicher Stimme und verschloss Kouyas Mund mit seinen. Hiroki saß frustriert neben der Badtür und stützte den Kopf auf seine Arme. Er seufzte leise. „Ist das zu fassen?! Da habe ich mich auf eine zwanglose Bettgeschichte eingelassen und nun das...“, grummelte er leise vor sich hin, während er hörte, dass Shino sich erneut übergab. „Hey?! Alles okay? Müsste dein Magen nicht schon längst leer sein?“, witzelte Hiroki verdrießlich und spitzte die Ohren. „Halt einfach deine Fresse, Hiroki! Hört sich das vielleicht an, als ob es...“ Shino konnte den Satz nicht beenden, da sein Körper abermals unter dem Brechreiz erbebte. „Hach ja... Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass das deine Strafe für...“ Hiroki unterbrach sein selbstgefälliges Gerede und horchte angespannt ins Bad hinein, als einen Moment später unerwartet die Tür aufgerissen wurde. Überrascht zuckte er zurück und riss die Augen auf. Shino war auf allen vieren zur Tür gekrabbelt gekommen und lugte nun mit bösartig funkelnden Augen aus dem Bad heraus. Er fixierte Hiroki mit seinem Blick und versuchte dabei erfolglos den pochenden Schmerz in seinem Schädel zu verdrängen. „Du siehst aus wie eine Leiche, Shino! Aber ich muss gestehen, dieser Look steht dir unheimlich gut! Passt gut zu deinen schwarzen Haaren und Augen!“, erwähnte Hiroki fröhlich und streckte eine Hand nach Shino aus, um diesem eine gelöste Strähne seines langen Haares hinter das Ohr zu streichen. Hirokis Berührung ließ Shinos Ärger augenblicklich verfliegen, so dass dieser geschlagen seufzte. „Willst du Kia und den anderen in der Bar nicht wieder Gesellschaft leisten?! Das würde mir eine Menge ersparen...“, erwiderte Shino jämmerlich und machte sich erschöpft auf allen vieren auf den Weg zu seinem Futon. „Hey warte! Lass dir helfen, du Idiot!“, sprach Hiroki irritiert, der in Gedanken noch immer bei Shinos letztem Satz war. ’...würde mir ein Menge ersparen!’ Was soll das denn jetzt bitte heißen?! Glaubst du etwa, dass ich dich in deinem erbärmlichen Zustand anfassen würde?! Wow... Mich interessiert ja mal, was du noch so über mich denkst...tse..., dachte Hiroki betroffen, während er Shino stützend zum Futon begleitete. Sobald Shino lag, kuschelte er sich erleichtert unter die Decke und zog sich diese bis über den Kopf. Hiroki beobachtete Shino dabei und unterdrückte ein Lachen. Nach kurzem Zögern setzte er sich neben Shino und überlegte, was er nun tun sollte. Zurück in die Bar wollte er auf keinen Fall mehr, da er spürte, dass sich allmählich eine leichte Müdigkeit in ihm ausbreitete. Außerdem war er frisch geduscht und seine Haare daher noch feucht. Hiroki nahm an, dass er Shino, falls er sich entschieden hätte zu gehen, mit dem dann notwendigen Föhnen seiner nassen Haare keinen Gefallen getan hätte. Ein belustigtes Grinsen erschien in seinem Gesicht. Hiroki griff nach der Bettdecke und zog sie soweit nach unten, so dass er in der Lage war, Shinos Kopf zu sehen. Dieser hatte ihn zur Seite gedreht und hielt die Augen dabei geschlossen. Hiroki streichelte sanft mit seinen Fingern über Shinos linke Wange und stellte schockiert fest, dass sich kalter Schweiß auf dessen Gesicht gebildet hatte. „Alles in Ordnung, Shino?“, fragte Hiroki besorgt. Es vergingen einige Sekunden, bis Shino reagierte und die Augen öffnete. Er drehte seinen Kopf und sah Hiroki mit bleichem Gesicht an. Ihre Augen trafen sich für einen kurzen Augenblick, bevor Shino seinen Blick wieder abwandte. Hiroki hatte das Gefühl, dass dieser Moment eine Ewigkeit dauerte und zuckte zusammen, als er Shinos belegte Stimme hörte. „Hm, geht so. Zumindest ist mir nicht mehr übel. Dafür ist der Schmerz im Fuß unerträglich...“, antworte Shino leise, während er gequält aufstöhnte. „Dann nehme ich mal an, dass unser „Date fürs Bett“ geplatzt ist?“, meinte Hiroki scherzhaft und entlockte Shino damit einen ungläubigen Blick. „War nur Spaß! Ehrlich...“, verteidigte sich Hiroki hastig, der aber gleichzeitig spürte, dass er dennoch enttäuscht über die verpasste Chance war. „Ich bin auch nicht glücklich darüber. Ich hatte gehofft, mehr als nur Küsse auszutauschen. Tja, hätte ich vielleicht mal weniger tief ins Glas geblickt. Es tut mir leid, Hiroki!“, gab Shino zerknirscht seufzend zu und sah zu Hiroki, der seinen Blick verwundert erwiderte. „Nun! Wie wäre es, wenn wir einen neuen Termin festlegen?!“, entgegnete Hiroki lachend, während er sich nach vorne beugte und Shino einen leichten Kuss auf die Stirn gab. Dieser sah überrascht zu Hiroki empor und wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. „Dazu muss ich wohl erst meinen Terminkalender durchsehen!“, antwortete Shino schief grinsend, während er sich auf seine Arme stützte, um so Hirokis Mund mit seinem erreichen zu können. Hiroki lächelte gelöst auf ihn hinab und genoss Shinos Lippen. „Sag mal Yuu, hast du nicht einen eigenen Futon?!“, fragte Kouya argwöhnisch, als Yuu begann, sich noch enger an seinen Rücken zu kuscheln. „Wie kommst du darauf? Hast du hier etwa einen zweiten liegen sehen?!“, entgegnete Yuu in gespielter Unwissenheit, während er Kouya von hinten mit seinen Armen umschlang. „Ja! Habe ich! Und jetzt tu nicht so... Ich kann mich nicht erinnern angeboten zu haben, meinen Futon mit dir zu teilen!“, antwortete Kouya entschieden und versuchte gleichzeitig, seine Aufregung zu verbergen. Insgeheim war er über Yuus Nähe glücklich und wollte nichts anderes, als in seinen Armen einschlafen. Er schloss verliebt die Augen und ergab sich Yuus Umarmung. Kouyas Gedanken wanderten zur letzten halben Stunde, die er mit Yuu knutschend im Auto verbracht hatte, und musste kichern. „Warum kicherst du?“, wollte Yuu neugierig wissen, während er verspielt an Kouyas Ohrläppchen zu knabbern begann. Dieser zuckte aufgrund der plötzlichen Berührung zusammen und unterdrückte ein entzücktes Aufstöhnen. „Nun sag schon! Sonst beiße ich dir noch in ganz andere Stellen...“, drohte Yuu scherzhaft und freute sich über Kouyas Reaktion. „Ich musste an unsere teeniehafte Knutscherei auf der Rückbank denken. Wie alt waren wir noch mal?“, witzelte Kouya, der sich wünschte, dass Yuu seine Drohung in die Tat umsetzen würde. „Was hat Knutschen auf dem Rücksitz bitte mit dem Alter zu tun?!“, entgegnete Yuu belustigt. „Nun, dein Verhalten im Auto würde ich zudem alles andere als teeniehaft bezeichnen! Ich erinnere dich nur zu gern daran, wie du dich von selbst auf meinen Schoß gesetzt hast und mir damit beinah den Atem geraubt hast!“, stellte Yuu verträumt fest, der spürte, dass sich Kouya für einen Moment in seinen Armen versteifte. „Hey! Kein Grund sich zu schämen, Kouya! Du warst so unheimlich sexy, dass es mir echt nicht leicht gefallen ist, die Beherrschung zu behalten...“, flüsterte Yuu liebevoll in Kouyas Ohr. Dieser kniff angetörnt die Augen zusammen und genoss Yuus heißen Atem auf seinem Hals. „Ach übrigens, dein Bruder hat mich auf dich angesetzt!“, erwähnte Yuu beiläufig und schmunzelte über die Reaktion, die sein Satz bei Kouya auslöste. Dieser drehte sich unbeholfen in seinen Armen um und fluchte dabei leise, weil Yuu es ihm dabei nicht leicht machte. „Idiot! Jetzt lass mich doch...mal... Verdammt, Yuu!“ Yuu lachte leise und gab den Widerstand auf. Einen Augenblick später blickte er in Kouyas Augen, die aufgebracht blitzten. Er nährte sich Kouyas Gesicht und gab diesem einen sanften Kuss auf die Nasenspitze. „Was meinst du...äh, was meint mein Bruder damit?“, fragte Kouya verstimmt und hielt Yuu mit den Armen auf Abstand. „Ich soll für ihn herausfinden, in wen sein kleiner Bruder verliebt ist. Er ist der Meinung, dass ich zurzeit einen besseren Draht zu dir habe. Hm, voran das wohl liegt...“, antwortete Yuu unbekümmert und schickte sich an, Kouya erneut zu küssen. „Komm mir bloß nicht zu nah! Was willst du jetzt machen?“, wollte Kouya alarmiert wissen, der nicht mehr verhindern konnte, dass Yuu seine Verteidigungslinie durchbrach und dessen Lippen seine fanden. „Ngh... Ha... Yuu...“, stöhnte Kouya erregt und schnappte überrascht nach Luft, als er Yuus kalte Hand in seinem Schritt spürte. „Uh... Was soll das? Wir haben eine Abmachung! Schon vergessen?“, presste Kouya verkrampft zwischen seinen Lippen hervor. „Okay, okay... Tut mir leid. Ich wollte dich nur etwas ärgern.“, entgegnete Yuu kleinlaut und zog Kouya sanft in seine Arme. „Ich werde natürlich nichts tun, also, jetzt auf deinen Bruder bezogen. Ich sage ihm vorerst, dass nichts aus dir herauszukriegen ist und hoffe, dass er die Sache vergisst. Aber wie ich Hiroki kenne, wird der nicht so schnell aufgeben. Wir sollten uns wohl langsam Gedanken darüber machen, wie und wann wir deinen Bruder aufklären...“, sprach Yuu optimistisch und drückte Kouya an seine Brust. „Vielleicht sollte Kia ihn morgen so lange am Seil baumeln lassen, bis er uns seinen Segen gibt!“, murmelte Kouya vergnügt und schmiegte sich enger an Yuus Körper. „Du kannst ganz schön fies sein, Kouya! Apropos Kia, ob der noch in der Bar sitzt und wartet?!“, entgegnete Yuu beschwingt. „Ich hoffe, dass wenigstens Hiroki zurückgegangen ist. Wenn nicht, dann kann ich mir gut vorstellen, dass Kia uns morgen als Strafe beim Klettern entweder besonders hart ran nehmen wird, oder aber er lässt uns gar nicht erst an die Wand. Lassen wir uns mal überraschen. Dennoch habe ich irgendwie schon ein schlechtes Gewissen...“, meinte Kouya auf einmal bedrückt und spürte, dass ihn sein schlechtes Gewissen zu überwältigen drohte. Er spielte mit dem Gedanken, doch wieder aufzustehen und Kia in der Bar aufzusuchen. „Nichts da! Wie ich Kia einschätze, sitzt der bestimmt schon betrunken an der Theke und quasselt angeregt mit dem Barkeeper. Du musst dir also keine Gedanken deswegen machen!“, entgegnete Yuu zuversichtlich und küsste Kouya beruhigend auf die Stirn. Kouya schloss die Augen, atmete Yuus Duft ein und seufzte zufrieden. Kia saß angetrunken an der Theke und leerte eine weitere Bierflasche. Er starrte ein weiteres Mal missmutig zum Eingang und fluchte leise... Kapitel 16: Absturz, der Erste! ------------------------------- Kia lehnte am Wagen und gähnte. Im gleichen Moment durchfuhr ein stechender Scherz seinen Schädel und er stöhnte leise. „Verdammt...“ Er fasste sich mit beiden Händen an den Kopf und ging in die Knie. Er schloss seine Augen und dachte an den gestrigen Abend zurück. Nachdem er vergeblich auf die vier Freunde in der Bar gewartet hatte, die sich aus für ihn noch unbekannten Gründen nicht mehr blicken ließen, hatte er beschlossen, den Abend trotzig und allein an der Theke zu verbringen. Nun, allein war ich ja nicht unbedingt, wenn ich da so an den süßen Barkeeper und vor allem... „...Takashi denke.“, brachte Kia seinen Gedanken laut zu Ende. Ärgerlich murmelte er Takashis Namen durch seine zusammengepressten Lippen und fluchte anschließend noch lauter. „Dieser Scheißkerl...“ Das Geräusch eines herannahenden Zuges unterbrach seinen wütenden Rückblick. Er sah in die vermeintliche Richtung, konnte aber aufgrund des Bahnhofsgebäudes und der angrenzenden Bäume nichts erkennen. Seine Gedanken wanderten augenblicklich zu Kagerou, der, wenn nichts dazwischen gekommen war, in eben jenem sitzen müsste. Sein Liebster hatte ihm gestern Abend eine SMS mit der Information geschickt, dass er sich in der Frühe auf den Weg zu ihnen machen würde, da er heute doch nicht, wie ursprünglich geplant war, bei der Ausstellung aushelfen musste. Aufgrund seines Absturzes in der Bar, hatte Kia die Nachricht zwar erst spät gelesen, dafür aber mit großer Begeisterung. Ihm war daher nur soviel Zeit geblieben, dass er es zum einen gerade so pünktlich zum Bahnhof schaffen würde, und zum anderen hatte er sich in seiner Aufbruchshektik zudem die Zeit genommen, den noch schlafenden Freunden eine Notiz zu hinterlassen, in der er sie aufforderte, dass sie ohne ihn frühstücken und sich anschließend allein zum Kletterfelsen aufmachen sollten. Dort würde er dann auf sie warten. Und wie ich auf euch warten werde! Ihr werdet euer abtrünniges Verhalten von gestern noch bereuen..., dachte Kia überlegen, während er seine Lippen zu einem gemeinen Grinsen verzog. Kia konzentrierte sich wieder auf Kagerou. Er spürte, dass seine Aufregung und die Spannung, seinen Geliebten zu sehen, wuchs und war entzückt darüber. Obwohl er und Kagerou nun schon eine ganze Weile ein Liebespaar waren, ließen diese berauschenden Gefühle kein Stück nach. Kia grinste vernarrt. Er stellte sich wieder hin und versuchte den pochenden Scherz in seinem Schädel zu ignorieren. Der Zug hatte inzwischen gehalten und Kia blickte ungeduldig vom Parkplatz aus zum Ausgang rüber. Jeden Moment würde Kagerou dort auftauchen und ihm sehr wahrscheinlich einen verärgerten Blick zuwerfen – auf diese beabsichtigte Reaktion freute er sich schon. Kia nahm an, dass Kagerou hoffte, dass er am Bahnsteig auf ihn warten würde, aber diesen Wunsch wollte er diesem nicht erfüllen. Er lächelte verliebt, wobei seine Augen vor Neckerei blitzten. „An irgend jemand muss ich meine miese Laune ja auslassen...“, sprach Kia vergnügt zu sich selbst, als er die vertraute Silhouette entdeckte. Ein wissendes Lächeln erschien auf seinem Gesicht und es wurde breiter, als er die Miene des herankommenden Kagerous erblickte. „Kia!“, rief Kagerou lauter als nötig und blieb angesäuert wenige Meter vor seinem Geliebten stehen. Er musterte Kias Gesicht und entdeckte dabei das schelmische Funkeln in dessen Augen. Ihm war sofort klar, was Kia beabsichtigte. So?! Du willst mich also ärgern? Dann steig ich doch glatt drauf ein..., dachte Kagerou inspiriert und legte sich seine nächsten Worte sorgfältig zurecht. „Hey! Wieso standest du nicht mit einem Blumenstrauß wartend am Bahnsteig? Ich hätte mich so gerne in deine starken Arme geworfen, um dir meine Zunge in den Mund zu schieben!“, meinte Kagerou enttäuscht und schlug die Augen nieder. „Bedeutet das jetzt etwa, dass ich für dich nicht mehr interessant genug bin? Verstehe...“ Kagerou warf Kia nun einen wehmütigen Blick zu, der gepaart mit den Krokodilstränen in den Augen, seinen Höhepunkt in einem herzzerreißenden Schluchzen fand. Er wandte Kia den Rücken zu und war im Begriff zu gehen, als ihn von hinten zwei Arme daran hinderten. Kia umschlang seinen Körper und presste diesen an sich. Kagerou spürte, dass ihm diese Berührung einen wolligen Schauer über den Rücken laufen ließ. „Du hast gewonnen. Deine schauspielerischen Fähigkeiten kann ich definitiv nicht schlagen...“, flüsterte Kia Kagerou Feuer und Flamme ins Ohr. Er umfasste Kagerous Kinn und drückte es sanft zur Seite, so dass er ihn über dessen Schulter hinweg küssen konnte. Dieser ließ Kia einen Moment gewähren, bevor er ihm den Ellbogen leicht in den Bauch rammte und sich aus der Umarmung befreite. Er wand sich Kia zu und traf auf verwundert dreinschauende Augen. „Was? Das war jetzt schon alles?! Eine Erwiderung meinerseits und du brichst schon mit deiner Rolle? Ich bin entsetzt! Eigentlich hätte das jetzt noch ein Weilchen hin- und hergehen müssen, oder?“, erwähnte Kagerou im gespielten Zorn. „Also, wenn du schon so etwas vorhast, dann mach es wenigstens nicht halbherzig! Verstanden?“ Während Kagerou weiter mit strenger Stimme sprach, sah er Kia nachdrücklich in die Augen und amüsierte sich innerlich über das Wechselbad der Gefühle, welches sich auf dessen Gesicht zeigte. „So. Und nun lass uns losfahren! Ich habe noch nicht gefrühstückt und sterbe vor Hunger...“, erwähnte Kagerou so beiläufig, während er zur Beifahrertür ging, dass Kia nicht wusste, ob er lachen oder weinen sollte. Irgendwie hatte er sich das Ganze anders vorgestellt. Er blickte Kagerou hinterher und überlegte, was da eben falsch gelaufen war. Eigentlich hatte er vorgehabt, die führende und vor allem austeilende Rolle zu besetzen, aber Kagerou hatte es mal wieder geschafft, ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen. Kia war über die Fähigkeit seines Geliebten immer aufs Neue erstaunt. Kagerou verstand es wirklich, die Gedanken und Gefühle seines Gegenübers richtig zu deuten und dies durchaus auch manchmal zu seinem Vorteil zu nutzen – zumindest innerhalb ihrer Beziehung. Bei diesem Gedanken überzog Kias Gesicht ein schiefes Grinsen. Er ging ebenfalls zum Fahrzeug und blickte über das Autodach hinweg zu Kagerou rüber. Dieser stand abwartend da und zwinkerte ihm verspielt zu. Kia seufzte ergeben. Er öffnete den Wagen, so dass sie beide einsteigen konnten. „Wie geht es Shino?“, wollte Kagerou neugierig von Kia wissen, als sie vom Parkplatz runter fuhren und den Weg Richtung Kletterfelsen einschlugen. Er blickte rüber zum Fahrer, der sich völlig aufs Fahren konzentrierte. Kagerou musste schmunzeln, da Kia dabei noch immer eine irritierte Miene trug. „Woher soll ich das wissen!? Die vier haben mich am gestern Abend einfach allein in der Bar sitzen lassen. Nun, und als Shino vor diesem Zeitpunkt ging oder eher davon getragen wurde, sah er mehr schlecht als recht aus...“, murmelte Kia mit zunehmendem Verdruss, da er wieder an den gestrigen Abend denken musste. „So mies? So ein angebrochener Knöchel schmerzt bestimmt ordentlich...“, sprach Kagerou gedankenverloren, während er aus dem Fenster sah. Er ging im Geiste die eigene Verletzungsserie durch, die sich durch seine Zeit als aktiver Kletterer zog. Es war zwar nie etwas wirklich Ernsthaftes dabei gewesen, dennoch hatte er vor allem die wiederholten Verletzungen an den Fingern satt – mal abgesehen von der Hornhaut, die seine Fingerspitzen überzogen und ihn bei seiner Malerei störten. Seit er dem Klettern weniger Aufmerksamkeit schenkte, hatte er das Gefühl, dass er mit seiner Malerei vorankam und immer häufiger zu einem zufriedeneren Ergebnis kam. Obwohl er zugeben musste, dass das für ihn noch immer die Ausnahme war. Nur weil sein Mentor, aber allen voran Kia, der Meinung waren, dass er ein begnadeter Künstler sei, bedeutete das nicht, dass er ebenfalls so dachte – eher im Gegenteil. Es gab auf der einen Seite noch so vieles, was er an Grundtechniken lernen musste, um mit deren Hilfe überhaupt erst in die Lage zu kommen, das Ausdrücken zu können, was er sich vorstellte. Daneben musste er auf der anderen Seite hingegen die schmerzlichen Erinnerungen, die er mit der Malerei und dem Klettern verband, in seine Lebensgeschichte einbetten und an ihnen wachsen. Das war natürlich leichter gesagt, als getan, aber er arbeitete daran – dennoch versetzte es ihn noch immer in einen ruhelosen und unzufriedenen Zustand, wenn er Kaitos Namen hörte. Es hatte ihn erschaudern lassen, als er von Kia erfahren hatte, dass dieser Kaito am Kletterfelsen und später im Hotel angetroffen hatte. Es war nichts Ungewöhnliches, Kaito dort vorzufinden, aber er war froh, dass er nicht dabei gewesen war. Kagerou glaubte zwar nicht, dass solch ein Aufeinandertreffen alte Wunden aufreißen würde, denn soweit war er mit seiner eigenen Aufarbeitung schon gekommen. Dennoch würden ihm seine vielen offenen Fragen den bedingungslosen und gefühlsneutralen Umgang mit Kaito erschweren. Er wünschte sich, dass er später einmal in der Lage war, auf die vergangenen Ereignisse mit einem guten Gefühl zurückblicken zu können. „ – hörst du mir überhaupt zu?“ Kagerou horchte auf und blickte zu Kia, der, während er zu ihm sprach, für einen kurzen Moment seine hellbraunen Augen auf ihn gerichtet hielt. Für einen flüchtigen Augenblick schwebte Kaitos Gesicht mit seinen tiefgründigen grünen Augen vor Kagerous innerem Auge, bevor er sich kopfschüttelnd davon befreite und Kias Blick erwiderte. „Was?“, fragte er melancholisch und fuhr sich verlegen mit einer Hand durch seine Haare. „Drei Groschen für deine Gedanken! Nicht zufällig an einen aufregenden Quickie im Auto, oder?“, entgegnete Kia übermütig und begann entspannt zu lachen. „Blödmann! Wie kommst du bloß darauf? Eine Nacht ohne mich ist wohl schon zu viel für dich, was!“, erwiderte Kagerou belustigt, während er zärtlich seine Hand auf Kias Oberschenkel legte und seinen Blick verträumt auf die Straße vor ihnen richtete. „Ich habe über mich nachgedacht, nichts weiter. Nun, und das ich wahnsinnig glücklich mit dir bin. Aber lass dir das Gesagte bloß nicht zu Kopf steigen! Obwohl, wenn ich so richtig darüber nachdenke, dann ist dir das eh schon passiert...“, frotzelte Kagerou lächelnd und drückte sanft Kias Oberschenkel. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll! Behandelst du all deine Bettgefährten so gemein?!“, war Kias spaßige Antwort. Er nahm Kagerous Hand, die auf seinem Schenkel ruhte, in seine und drückte sie liebevoll. „All meine Bettgefährten?! Gibt es da noch mehr? Aber bevor wir weiter davon sprechen, erzähl mir doch erst einmal, wie sich unser frisches Liebespaar macht.“, wollte Kagerou lachend wissen, der seine Hand aus Kias befreite, um im Rucksack nach der Wasserflasche zu kramen. „Welches genau meinst du!? Hiroki und Shino? Kouya und Yuu, oder Yuu und Takashi? Hm, oder vielleicht doch Kouya und Takashi?!“, fragte Kia so gelassen, wie es ihm nur möglich war, wenn von Takashi die Rede war. Er wusste, dass er von jenem nichts mehr zu befürchten hatte, dennoch machte ihn der Gedanke nervös, dass sein Liebster auf ihn treffen könnte. Kia war sich all der unschönen Erlebnisse seines Geliebten bewusst und fühlte daher Scham in sich aufsteigen, wenn er nur an sich und seine eigenen Gefühle dachte. Er seufzte leise und überhörte dabei Kagerous Entgegnung. „Was hast du gesagt?“ „Ich habe gefragt, ob du mich auf den Arm nehmen willst?!“ Kia sah vorsichtig zu Kagerou rüber, der ihn lediglich neugierig anstarrte. Er hatte schon befürchtet, dass Kagerou Schwierigkeiten mit dieser Situation haben würde, aber dem schien nicht so zu sein. Erleichtert darüber begann er zu grinsen. „Das würde ich nie tun! Wirklich! Und ich meinte die Kombinationen durchaus ernst! Gut, vielleicht würde ich Yuu und Takashi noch streichen, aber den Rest kannst du so stehen lassen!“, meinte Kia bedeutungsvoll, der es sich nicht verkneifen konnte, mit einer Hand durch Kagerous silberweißes Haar zu streichen. Am liebsten wäre er an den Straßenrand ran gefahren und hätte den Kuss dort fortgesetzt, wo Kagerous Ellbogen ihn beendet hatte. „Kaito und Kouya? Wie meinst du das?“, fragte Kagerou irritiert, der die gefundene Wasserflasche Kia anbot. Dieser lehnte dankend ab und beantwortete stattdessen die Frage. „Vielleicht liege ich auch falsch, aber ich hatte gestern beim Aufeinandertreffen das Gefühl, dass er echtes Interesse an Kouya zeigte. Ich kann mich auch irren, aber als ich Takashi abends in der Bar ein weiteres Mal traf, fiel seinerseits der ein oder andere zweideutige Kommentar bezüglich Kouya. Okay, vielleicht war ich auch schon zu benebelt vom Alkohol, als dass ich das richtig hätte einordnen können. Aber wie gesagt, es wäre keine Überraschung für mich, wenn ich richtig liege.“ Nachdem Kia seine Erklärung beendet hatte, warf er einen raschen Blick in den Rückspiegel, bevor er die Geschwindigkeit des Wagens drosselte, da sie sich unmittelbar vor der Einfahrt zum Parkplatz befanden, von dem aus sie gemeinsam zum Kletterfelsen laufen würden. „Wie dem auch sei, ich will jetzt nicht weiter über die anderen sprechen...“, wisperte Kia aufgeregt, der das Auto inzwischen geparkt hatte. Er hatte sich abgeschnallt und sich anschließend nah zu Kagerou hinüber gebeugt. „Ich würde jetzt lieber über dich, oder eher mit deinem Freund hier sprechen...“, hauchte Kia Kagerou verführerisch ins Ohr, während er begann, dessen Hose zu öffnen. „W- was hast du vor!?“, brachte Kagerou stöhnend hervor, als er Kias Hand in seiner Unterhose spürte. „Nach was fühlt es sich denn an?“, neckte Kia und küsste Kagerou erst zögernd und dann immer fordernder. Dieser genoss den Kuss und spielte verliebt mit dessen Zunge, während er versuchte nicht laut aufzustöhnen, als Kia begann, die Streicheleinheiten seiner Hand zu verstärken. „Uhh...ha... Kia...wa-...ahh...warte!“, brachte Kagerou zwischen den sich leidenschaftlich küssenden Lippen hervor. Kia stoppte und sah seinen Geliebten mit glühenden Augen an. „Warum warten?! Es ist doch niemand zu sehen!“, entgegnete Kia berauscht und begann erneut, Kagerous Gesicht mit Küssen zu übersähen. „Es könnte aber jeden Moment jemand auftauchen! Du weißt, wie beliebt dieser Parkplatz für Ausflüge ist!“, sprach Kagerou und drückte seinen Geliebten sanft zurück in dessen Sitz. Ihm entging dabei nicht der unbefriedigte Ausdruck, der sich auf Kias Gesicht breit machte. Er seufzte leise und lächelte Kia entschuldigend an. Es war nicht so, dass er nicht auch Lust hätte, aber die Tatsache, dass dieser Parkplatz meist als Ausgangspunkt für den Weg zum Kletterfelsen genutzt wird, ließ ihn unruhig werden. Er wollte auf keinen Fall, dass sie so von ihren Freunden, oder gar von Kaito, gesehen werden könnten. Der Gedanke an Kaito ließ seine Erregung schlagartig verpuffen. Er schloss für einen Moment die Augen, um sich zu sammeln. „Tut mir leid. Es war dumm von mir, mich so gedankenlos auf dich zu stürzen...“, meinte Kia leise, der Kagerou ein zerknirschtes Lächeln zuwarf. „Es gibt keinen Grund sich zu entschuldigen! Wären wir nicht ausgerechnet auf diesem Parkplatz, dann hätte ich überhaupt keine Einwände gehabt, hörst du?!“, erwiderte Kagerou aufmunternd, während er sich abschnallte und seine Hose schloss. „Lass uns einfach zum Felsen gehen und dort frühstücken. Anschließend werde ich dich sichern, damit du auch endlich zum Klettern kommst. Na, wie klingt das?“ Während Kagerou Kia einen fragenden Blick zuwarf, fuhr ein weiteres Auto auf den Parkplatz. Dem entstieg eine kleine Familie, deren Mitglieder fröhlich miteinander schwätzten und aufgeregt die Rucksäcke aus dem Kofferraum nahmen. „Okay. Aber glaub bloß nicht, dass ich ein drittes Mal bei dir abblitzen werde! Wenn wir heute Abend nach Hausse kommen, dann wirst du das Bett nicht mehr verlassen, verstanden?! Selbst wenn das bedeutet, dass ich dich daran festbinden muss...“, brummelte Kia in übertriebener Enttäuschung, dem der letzte Gedanke ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. „Denk bloß nicht daran! Du brauchst dir das gar nicht weiter auszumalen!“, sprach Kagerou vergnügt, als er das Auto verließ. „Wir werden sehen...“, murmelte Kia getröstet, während er ebenfalls aus dem Wagen stieg. Shino schlug die Augen auf und wünschte sich im gleichen Moment, er hätte es nicht getan. Er verspürte leichte Übelkeit, welche er durchaus hätte aushalten können, wenn da nicht der bohrende Schmerz in seinem Knöchel wäre. Er seufzte leise und dachte an den gestrigen Abend zurück. Er war betrunken gewesen, das stand außer Frage. Aber hatte er irgendetwas Peinliches angestellt? Er konnte sich an nichts erinnern. Das Einzige, was ihm in den Sinn kam, waren Hirokis leidenschaftliche Küsse, die ihm trotz Schmerzen den Verstand geraubt hatten. Unbewusst berührte er mit den Fingern seine Lippen und schloss verträumt die Augen. „Brauchst du einen feuchtigkeitsspendenden Pflegestift für deine Lippen?“ Shino zuckte beim Klang der wohlklingenden Stimme zusammen. Er setzte sich vorsichtig auf und blickte irritiert neben sich. Dort traf er auf Hirokis vor Belustigung blitzende dunkelgraue Augen, die frech zu ihm hinauf schauten. Shino hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, dass er dort mehr als Spott sah. War es Begierde? Er verdrängte diesen Gedanken ganz schnell und grinste seinen Futon-Nachbarn schief an. „Guten Morgen, Hiroki! Du bist schon wach?!“, fragte Shino mit leichter Verunsicherung und blickte sich im gleichen Moment suchend im Zimmer um. Kia war nirgends zu sehen. Dessen Futon sah aus, als wäre er überhaupt nicht benutzt worden. Er lag noch genauso ordentlich wie am Vorabend da. Shino konnte sich kaum vorstellen, dass Kia in einem anderen Raum übernachtet haben könnte. Hat er bei Yuu und Kouya geschlafen, oder steckt er noch in der Bar? Der hat sich bestimmt aus Frust volllaufen lassen... Hiroki unterbrach Shinos Gedanken, indem er sich ebenfalls aufsetzte, näher rückte und ihm zärtlich eine ins Gesicht fallende lange Haarsträhne hinter das Ohr strich. Shino versteifte sich und vermied es, in Hirokis Augen zu sehen. Er spürte Erregung in sich aufsteigen und ohrfeigte sich innerlich dafür. Ich glaube, ich habe meine eigene Lust in Hirokis Augen gesehen... Egal. Dafür ist jetzt eh keine Zeit. Wer weiß, wann die anderen hier hereinplatzen... Shino versuchte seine Anspannung zu lockern, indem er sich lautstark räusperte und Hiroki, der sich noch immer in äußerst gefährlicher Nähe befand, mit einer Hand sanft zurück auf dessen Futon schob. Dieser ließ es geschehen, aber hielt Shinos Hand fest, als er sie zurückziehen wollte. „Nun, ich wollte dir eigentlich vorschlagen, deine Lippen mit meiner Zunge zu befeuchten, aber ich muss wohl mit deinen Fingern vorlieb nehmen?!“ Hiroki hatte kaum zu Ende gesprochen, als er auch schon begann, Shinos Handrücken zu küssen. Seine Zunge vollzog auf jenem kreisende Bewegungen und wanderte anschließend in Richtung Zeigefinger davon. Shino starrte völlig perplex zu Hiroki, der die ganze Zeit seinen lasziven Blick auf ihn gerichtet hielt. Dieser nahm die Spitze des Zeigefingers behutsam in den Mund und fing an, abwechselnd daran zu saugen und sanft zu knabbern. Shino hielt den Atem an. Er hatte das Gefühl, dass er jeden Moment die Kontrolle über seine eigene Begierde verlor, und er sich trotz nervender Übelkeit, sowie der Möglichkeit von hereinplatzenden Freunden überrascht zu werden, Hiroki hingeben würde. Je länger er darüber nachdachte, desto attraktiver wurde dieser Gedanke, und alles andere schien in der Belanglosigkeit zu verblassen. Er sah in Hirokis vor Verlangen glühende Augen und spürte, wie sein Widerstand brach. Er griff mit seiner von Hiroki liebkosten Hand nach dessen Kinn, und zwang ihn auf diese Weise wieder näher zu kommen. Shino konnte für einen Augenblick Überraschung in dessen Augen lesen, welche aber sofort durch die nun vollends entfesselte Leidenschaft verdrängt wurde. Bevor Shino wusste wie ihm geschah, lag er auf dem Rücken und spürte Hirokis forsche Zunge in seinem Mund. Er stöhnte leise und umschlang ungestüm Hirokis Rücken mit seinen Armen. Der Schmerz in seinem Fuß und die Übelkeit schienen wie weggeblasen. Er ließ sich fallen und schwelgte in jeder von Hirokis ungeduldigen Berührungen. „Ngh... Hi- Hiroki wa-... Ohhh... Das ist gut...“, wisperte Shino lüstern, der Hirokis Küsse auf seiner entblößten Brust genoss. Dieser begann mit seiner Zunge Shinos rechte Brustwarze zu umzingeln, während er die andere mit zwei Fingern rieb. „Ah! Mnh...“ Hiroki hob seinen Kopf, um Shino ins Gesicht sehen zu können. Erfreut stellte er fest, dass diesem seine Liebkosungen mehr als gefielen. Er sah, dass eine leichte Röte Shinos Wangen überzog, und er einen Arm über seine Augen gelegt hatte. Hiroki schmunzelte. Dieser Anblick ließ ihn mutmaßen, dass Shino mit Verlegenheit zu kämpfen hatte – auch wenn er annahm, dass dem eigentlich nicht so sein könnte. Shino strotzte in seinen Augen nur so vor Selbstbewusstsein, auch wenn dessen ruhige und zurückhaltende Art häufig einen anderen Eindruck hinterließ. „Du siehst total sexy aus, Shino! Habe ich dir das schon gesagt?“, flüsterte Hiroki im berauschten Zustand und beobachtete, wie Shino sich bei seiner Äußerung wand und die Röte im Gesicht zunahm. „Sei still...“, entgegnete Shino heiser, während er verlegen seinen Kopf zur Seite drehte und den Arm dabei nicht runter nahm. „Das muss dir nicht unangenehm sein! Wirklich- “ Hiroki hatte plötzlich den urinierenden Shino in der Unterführung vor Augen und fing schallend an zu lachen. Dieses Bild tauchte so unerwartet und ohne Grund in seinem Kopf auf, dass er sich schon fragte, ob ihm sein Unterbewusstsein einen bösen Streich spielen wollte, denn er spürte augenblicklich, dass seine Erregung mit dem anhaltenden Gelächter mehr und mehr schwand. Mist... Das ist aber auch zu surreal..., dachte Hiroki belustigt und wurde von erneut von einem Lachkrampf geschüttelt. „Tu- ha tut mir lei- ha ha ha leid, Shino!“, brachte Hiroki lachend hervor, während er sich aufsetzte und sich die Tränen aus den Augen wischte. Shino sah betreten zu Hiroki hoch und fragte sich, was diesen so zum Lachen gebracht haben könnte. Er richtete sich ebenfalls auf und zog seine Kleidung zu Recht. Er warf Hiroki einen fragenden Blick zu, als dieser erneut begann zu lachen. „Scheint ja mächtig lustig zu sein, was dir da im Kopf rumschwirrt...“, meinte Shino irritiert, der gerne den Auslöser für Hirokis Anfall erfahren würde. „Ja. Nein. Ha ha ha... Eigentlich ist das eher total unlustig, aber ich kann nicht anders. Tut mir leid!“ Hiroki lachte erneut ausgelassen, aber zeigte Shino mit einer Hand eine entschuldigende Geste. „Auf jeden Fall hat das wie eine kalte Dusche gewirkt. Ich sollte aufstehen und im Bad verschwinden.“, sprach Shino leise, der seiner Stimme den unbefriedigten Klang nicht nehmen konnte. Hiroki sah ihn plötzlich mit gejagten Augen an, während sein Lachen schlagartig verstummte. „Was? Halt! Hier geblieben! Wir sind noch-“ Hirokis Erwiderung ging im Klopfen und der gedämpften Rufe an der Tür unter. „Hey, Hi-chan!? Bist du, oder seid ihr schon wach?“ „Geistreiche Frage Kouya, muss ich schon sagen! Die machen doch voll den Lärm! Die müssen wach sein, oder wir haben uns im Zimmer geirrt...“ „Hä? Nee! Die haben doch das Zimmer genau neben uns gehabt, oder?“ „Es gibt aber noch ein Zimmer neben uns...“ „Oh?! Stimmt, aber ich dachte...“ Hiroki kniff enttäuscht die Augen zusammen und hörte Shino, der neben ihm saß, leise lachen. Er sah zu Shino rüber, der seinen Blick offen erwiderte und dem ein selbstgefälliges Grinsen auf den Lippen lag. „Irgendwie finde ich diese Entwicklung jetzt äußerst zufrieden stellend, oder was meinst du? Tut mir ja fast gar nicht leid um deine verpasste Chance!“, entgegnete Shino mit fröhlicher Stimme und zwinkerte Hiroki belustigt zu. Diesem blieb vor Verwunderung der Mund offen stehen. Shino begann sich mit Unterstützung der Gehhilfe aufzustellen, und rief den beiden vor der Tür Stehenden freundlich zu. „Yuu! Kouya! Wir sind natürlich schon wach! Kommt also rein!“ Die beiden taten wie ihnen zugerufen und Shino verschwand dabei lächelnd im Bad. Hiroki warf den Eindringlingen einen unbestimmten Blick zu und machte sich daran, die Futons an die Seite zu räumen, damit sie Platz zum Frühstücken haben würden. „Wie jetzt? Kia ist schon los?!“, wollte Shino neugierig wissen, der gerade erst wieder aus dem Bad kam und daher Hirokis Unterhaltung mit Kouya und Yuu nur zur Hälfte mitbekommen hatte. Er spähte in die Mitte des Raumes. Inzwischen war das Frühstück gebracht worden, so dass Shino die drei Freunde auf dem Boden am halbhohen Tisch sitzend vorfand, der mit den verschiedensten Speisen gedeckt war. Shino musterte das Essen. Seine Übelkeit war zwar völlig verschwunden, dennoch ließ ihm das Essen nicht gerade das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er seufzte und wusste aber, dass er das Schmerzmittel nicht auf leeren Magen nehmen durfte und überlegte daher angestrengt, was er folgenlos zu sich nehmen könnte. Shino spürte die fragende Blicke der anderen und schmunzelte. „Kein Grund zur Sorge! Mir geht es soweit gut. Der Knöchel schmerzt natürlich, aber noch ist es auszuhalten. Was ist nun mit Kia?!“, mochte Shino noch immer wissen, der sich behutsam auf den freien Platz niederließ. Im Augenwinkel konnte er Hirokis skeptisch hochgezogene Augenbraue erkennen. „Kia ist jetzt wahrscheinlich schon zusammen mit Kagerou am Kletterfelsen. Dort warten sie auf unser Ankommen.“, war Hirokis knappe Antwort, der Shino ohne zu fragen eine Tasse Grünen Tee einschenkte. „Ich finds toll, dass Kagerou doch gekommen ist! Vielleicht sehen wir ihn ja klettern.“, meinte Kouya aufgeregt, der am liebsten sofort aufgebrochen wäre. „Also, wenn ich ehrlich bin, dann habe ich kein gutes Gefühl bei der Sache.“, meinte Yuu unerwartet, der seine vollen schwarzen Haare mit einem Haarband aus dem Gesicht verbannt hatte. Kouya blickte zu ihm rüber und konnte seine Bewunderung nicht verbergen. Yuu sah einfach atemberaubend aus. Er trug ein langärmliges lilafarbenes Shirt, dessen lange Knopfleiste zur Hälfte geöffnet war. Darunter trug er ein rotes Hemd, dessen V-Ausschnitt den Blick auf seinen hellen und makellosen Hals freigab. Kouya starrte fasziniert dorthin. Heute früh habe ich diese Stelle noch geküsst..., dachte er entzückt und spürte, wie seine Ohren mit einem Mal heiß wurden und wandte hastig den Blick ab. Ihm entging dabei aber nicht Yuus wissendes Lächeln, das ihm dieser für einen Moment schenkte. Das gab Kouya beinah den Rest. Die Hitze breitete sich von seinen Ohren Richtung Gesicht aus. Er schluckte nervös und hoffte, dass die anderen ihn nicht darauf ansprachen. Kouya schaute sich verstohlen um. Er sah unauffällig zu seinem Bruder rüber, der seine Augen auf Shino gerichtet hielt. Kouya meinte, Besorgnis darin lesen zu können, aber er war sich nicht sicher. Shino selbst schien Hirokis Blick nicht zu bemerken, da dieser mit der Wahl des Essens beschäftigt war. Shino entschied sich für Toastbrot mit Marmelade und verzog beim ersten zaghaften Biss das Gesicht. Kouya musste grinsen. „Warum hast du ein ungutes Gefühl, Yuu?“, fragte Hiroki auf einmal, während er genüsslich seine Misosuppe schlürfte. Kouya schaute zurück zu Hiroki, der ihm kurz ein brüderliches Lächeln zuwarf, bevor dieser anschließend zu seinem besten Freund guckte. „Nun. Na ja, ich kenne Kia ja eigentlich überhaupt nicht, aber ich nehme mal an, dass er über den Fortgang des gestrigen Abend alles andere als glücklich gewesen sein müsste. Immerhin ist niemand mehr von uns wieder aufgetaucht. Mein Mitgefühl hat er auf jeden Fall, aber ich glaube, er wird uns unser Verhalten bestimmt vorwerfen. Was meinst du, Shino?“, beantwortete Yuu mit einem schiefen Grinsen Hirokis Frage und sah hinterher forschend zu Shino rüber, der gerade die Schmerztablette geschluckt hatte. „Gute Frage. Ich glaube fast, dass Yuu Recht haben könnte. Kia kann ganz schön nachtragend sein, aber vielleicht besänftigt ihn ja Kagerous unerwartete Gegenwart-“ Shino wurde abrupt durch Hirokis laute Äußerung unterbrochen. „Oder diese wird ihn beflügeln, was ich eher denke!“, meinte Hiroki hastig und sah entschuldigend zu Shino, dem die Unterbrechung aber nichts ausgemacht zu haben schien. „Sag mal Shino, wie machst du das jetzt eigentlich mit deiner Arbeit im Videoladen? Du kannst ja schlecht rumlaufen...“, wollte Kouya neugierig wissen, der keine Lust hatte, sich über Kias möglichen Vergeltungsschlag Gedanken zu machen. „Das ist kein Problem, denke ich. Werde einfach kürzer treten und die Arbeit den Fußgesunden überlassen – zum Beispiel Yuu!“, spaßte Shino. „Glaub aber nicht, dass ich dir dann das rechtmäßig verdiente Geld überlasse!“, konterte Yuu lachend. „Das musst du auch nicht. So nötig habe ich es dann auch wieder nicht...“, entgegnete Shino heiter. Kouya sah überrascht zu Shino rüber und begann sich zu fragen, wie sich dieser allein mit seiner Arbeit im Videoladen das Zimmer in der Wohnung leisten konnte. Wie finanzierte dieser überhaupt sein Leben? Kouya beschloss, Shino darauf anzusprechen. „Aber wie zahlst du dann die Miete, wenn du nicht arbeiten kannst?“ Kouya wusste, dass diese Frage zwar sehr privat war, aber er wollte sie nicht zurückhalten. Wenn er nicht will, wird er sie auch nicht beantworten..., dachte er und hoffte dennoch auf eine Antwort. Shino sah für eine Sekunde leicht verunsichert zu Kouya rüber, der seinen Blick mit wachen und interessierten Augen erwiderte. Shino begann zu grinsen und bemerkte, dass sich Hiroki und Kouya mehr glichen, als ihnen selbst vielleicht bewusst war. Kouyas offene und durchaus herausfordernde Neugier brachte gehörig Schwung in ihr WG-Leben. Shino überlegte, wie sich ihr aller Leben unter dieser veränderten Begebenheit fortsetzen würde. Seine Gedanken wurden erneut von Hiroki, seiner beginnenden Bettgeschichte, unterbrochen. „Hey Ya-chan! Das ist unhöflich! Du kannst nicht einfach solch private Fragen stellen! Da spielt es auch keine Rolle, dass die befragte Person dein Mitbewohner ist...“, wies Hiroki seinen jüngeren Bruder harsch zurecht, dem der Rüffel prompt ins Gesicht geschrieben stand. Kouya sah entschuldigend von Hiroki zu Shino, der ihm aber freundlich zulächelte. „Kein Grund laut zu werden, Hiroki. Die Entscheidung über das Beantworten der Frage liegt letztlich bei mir. Nun, und so privat finde ich sie auch nicht! Kouya hat durchaus das Recht zu erfahren, ob einer seiner Mitbewohner die gemeinsamen Kosten der Wohnung nicht mehr tragen kann.“ Während Shino sich erklärte, blickte er aufmunternd zu Kouya, der ihm ein erleichtertes und zudem außergewöhnlich attraktives Lächeln schenkte. Verdammt, die gleichen sich wirklich wie ein Ei dem anderen! Wenn es Yuu nicht geben würde, dann hätte ich nichts dagegen, mit beiden... Äh, halt! Was denke ich denn da!? Zurück zum Thema... Shino unterbrach seinen äußerst unanständigen Gedanken und beantwortete Kouyas Frage. „Ähm, nun, es ist so, dass ich keine Miete zahlen muss.“ Yuu, Hiroki und Kouya hielten in ihren Bewegungen inne starrten verwundert zu Shino, dem diese Blicke dann doch etwas unangenehm waren. „Wie jetzt?“, kam es beinah gleichzeitig aus Kouyas und Hirokis Mund, die sich daraufhin kurz anschauten und schief zu grinsen anfingen. Yuu beobachtete die beiden und schüttelte hingerissen den Kopf. Für ihn war das natürlich nicht das erste Mal, dass er mitbekam, dass Kouya und Hiroki die gleichen Dinge sagten oder gar taten, aber er war jedes Mal aufs Neue verblüfft. Es war wirklich schwer zu übersehen, dass die beiden miteinander aufgewachsen waren. „Wie soll ich sagen... Also... Das Gebäude gehört meiner Familie.“, sprach Shino nun zwar etwas leiser, aber dem ungeachtet mit fester Stimme. „Was?!“ Kouyas laute Stimme, der die Überraschung über das Gehörte anzuhören war, entlockte Yuu ein verliebtes Lachen, in welches Shino einstimmte. „Schlag mich, wenn ich falsch liege, aber kann es sein, dass das Gebäude, in dem sich der Videoladen befindet, ebenfalls deiner Familie gehört?“, fragte Hiroki auf einmal und erntete damit Shinos ungläubigen Blick „Äh, ja, aber woher weißt du das?“ Shino nippte nervös an seiner Tasse Tee. Konnte es sein, dass Hiroki sich über ihn erkundigt hatte? Nie im Leben! Wozu auch... Reiner Zufallstreffer... Hirokis Grinsen wurde eine Spur übermütiger. „Das bedeutet ja, dass Kouya mit seinem Mietanteil dein Leben beziehungsweise das deiner Familie finanziert?!“, schloss Hiroki seine lauten Überlegungen ab, und wartete auf Shinos Erklärung. Dieser rutschte ein wenig unbehaglich auf seinem Sitzkissen umher. „Theoretisch könnte das so gesagt werden. Dennoch erarbeite ich meinen Lebensunterhalt selbst. Lediglich die Miete ist mir halt erlassen. Aber verrat mir mal bitte, wie du darauf gekommen bist, dass das andere Gebäude ebenfalls meiner Familie gehört?!“ Shinos Frage ließ Hiroki nur arrogant grinsen. „Och, ich habe da so meine Quellen!“ War alles, was dieser hervorbrachte, und handelte sich dafür von Kouya einen strafenden Blick ein. „Hey großer Bruder! Mich tadeln, weil ich unhöflich war, aber selbst keinen Deut besser! Kannst DU mir mal verraten, wie ich solch ein widersprüchliches Verhalten einordnen soll?“ Kouya, der Hiroki noch immer böse anfunkelte, begann die Essensreste, die sich problemlos transportieren ließen, zusammenzustellen, um sie später für ihren abschließenden Ausflug zum Kletterfelsen einpacken zu können. „Kannst DU mir mal verraten, in wen du verliebt bist?!“ Hirokis plötzlicher Themenwechsel schockierte Kouya. „Wa-... Was mei-.. meinst du da- damit?“, stotterte Kouya hilflos und völlig verdutzt und unterdrückte das Bedürfnis, zu Yuu zu blicken. Er wusste, wenn er diesem Bedürfnis nachgab, wäre es ein Leichtes für Hiroki, seine Gefühle für Yuu zu durchschauen. „War das so schwer zu verstehen? Ich kann meine Frage auch noch einmal wiederholen, wenn-“ Kouya fuhr Hiroki dazwischen, indem er ihm sein Sitzkissen an den Kopf warf. Er wusste, dass sein Gesicht vor Scham rot angelaufen war und er sich mit dieser Aktion mehr als kindisch benahm, aber er konnte sich nicht anderes helfen. Er senkte den Kopf, und wäre am liebsten im Boden versunken. „Das war jetzt aber ein krasser Wechsel des Gesprächsthemas, Hiroki! Und ich muss Kouya leider zustimmen, du benimmst dich momentan sehr taktlos! Da spielt es auch keine Rolle, dass die Person einmal der Mitbewohner deines Bruders ist, und es sich zum anderen um deinen Bruder selbst handelt!“, meinte Yuu süffisant lächelnd, der absichtlich Hirokis Worte wiederholte. Hiroki sah empört zu Yuu, der noch immer spöttisch grinste. Dass Yuu ihm in den Rücken fiel, fand er überhaupt nicht spaßig. Aber er musste auch zugeben, dass er Kouya wirklich arg zugesetzt hatte. Dieser hielt seinen Kopf noch immer gesenkt. Verdammt! Wieso habe ich mich bloß dazu hinreißen lassen... Jetzt erzählt er mir bestimmt überhaupt nichts mehr... Ich Volltrottel! Hiroki überlegte fieberhaft, wie er diese Situation wieder gerade biegen könnte, als ein Handy zu klingeln begann. „Entschuldigt mich...“, sprach Kouya leise, als er aufstand und zu seinem Rucksack lief. Darin kramte er nach seinem Telefon und starrte, als er es gefunden hatte, für einen Moment unschlüssig auf das Display. Die Nummer war ihm nicht bekannt und er zögerte für einen Moment, ranzugehen, aber seine Neugier siegte. Er spürte die fragenden Blicke der anderen im Rücken. „Ja? ... Häh?! ... Äh... ... Woher hast du meine Nummer? ... Ah. ... Was?! Nein, wie kommst du darauf? ... Ich muss jetzt Schluss machen. ... Ja, ebenfalls. Bis dann.“ Kouya beendete hastig das Gespräch und umfasste das Handy fester in seiner Hand. Er versuchte sich zu beruhigen. Irgendwie schien heute nicht sein Tag zu sein – zumindest seit er das Bett neben Yuu verlassen hatte. „Wer war es? Etwa Kia?“ Hörte Kouya seinen Bruder sprechen und drehte sich allen wieder zu, während er zurück zu seinem Platz ging. Yuu sah zu Kouya hoch und hatte ein mieses Gefühl, denn dessen Gesichtsfarbe, die eben noch im dunkelsten Rot leuchtete, trug nun das hellste Weiß – Kouya war leichenblass. „Alles in Ordnung?“, fragte Yuu mit zunehmender Besorgnis. „Äh, ja, alles okay. Es war nur Kai- äh, Takashi, der mir viel Spaß beim Klettern wünschen wollte...“, sprach Kouya immer leiser werdend und vermied Yuus Augen. „Takashi? Woher hat der denn deine Nummer?“, wollte Shino beunruhigt wissen. „Tja, das wüsste ich auch gern, denn von mir hat er sie nicht!“, antwortete Kouya wahrheitsgemäß und wagte einen Blick auf Yuu, der ihm mit völlig entspannten Gesichtszügen entgegensah. „Geht das so, Shino?“ Hiroki sah fragend in den Rückspiegel und traf auf Shinos dunkle Augen, die ein wenig gläsern wirkten, als dieser den Blick erwiderte. Wenn mich nicht alles täuscht, dann sieht er mit jeder Minute schlechter aus... Vielleicht hätte er doch nach Hause gemusst... Hiroki unterdrückte erfolglos das hervorbrechende Schuldbewusstsein, während er den Wagen startete und langsam vom Parkplatz rollte. „Was für eine Frage! Es ist total gemütlich, hier so schräg und im halben Spagat auf der Rückbank zu sitzen! Zu meinem unglaublichen und unverdienten Reichtum, liegt mein Bein zudem auch noch auf dem Schoß meines Sitznachbarn, der sich schon seit geraumer Zeit das Lachen verkneifen muss! Also, wie du siehst und hörst, alles Bestens! Oh, ich vergaß etwas Entscheidendes! Der Schmerz schraubt sich gerade mit jeder Sekunde gehörig in die Höhe... Hat jemand zufällig Morphium dabei? Ja? Nein? Wie schade, war nur so eine Frage...“ Kouya, der neben Shino saß, brach in schallendes Gelächter aus. Yuu, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, fing ebenfalls zu lachen an. Lediglich Hiroki, den das schlechte Gewissen immer stärker plagte, blieb stumm und sah erneut in den Rückspiegel, um Shino einen mitfühlenden Blick zukommen zu lassen, aber dieser hatte seinen Kopf zur Seite gedreht und starrte frustriert aus dem Fenster. „Tut mir leid, Shino! Ich will ja gar nicht la- ha ha ha... Tut mi- ha ha...“, meinte Kouya lachend und blickte entschuldigend zu Shino rüber, der aber weiterhin verstimmt aus dem Fenster sah. Shino schloss die Augen und seufzte lautlos. Er hörte Kouya, der noch immer vergnügt kicherte. Er konnte es ihm eigentlich nicht übel nehmen, wenn er an die Ereignisse der letzten knappen Stunde dachte. Wenn er nicht solche Schmerzen hätte, würde ihm wohl selbst der ein oder andere Scherz über die Lippen kommen, aber so? Shino wunderte sich eher darüber, dass Hiroki nicht seine Späße mit ihm trieb. Gerade von diesem hatte er ein solches Verhalten erwartet. Stattdessen hatte er das Gefühl, dass Hiroki sich sorgte, oder irrte er sich? Seine Gedanken wanderten zu den beiden Situationen, die sehr wahrscheinlich der Grund für Kouyas nicht enden wollende Erheiterung waren. Wirklich lustig waren diese eigentlich nicht gewesen, aber wer entscheidet schon, was lustig war und was nicht? Die erste, der zwei für ihn zum himmelschreienden Situationen, musste er beim Versuch sich anzuziehen erleben. Er hatte sich nach dem gemeinsamen Frühstück zum Umziehen ins Badezimmer zurückgezogen, um dort dann feststellen zu müssen, dass seine enge Unterhose nicht über den Gips passte – zumindest war er nicht in der Lage gewesen, sich sitzend soweit nach unten zu beugen, dass er die bis zum Maximum geweitete Unterhose schmerzlos über das Gipsbein ziehen konnte. Das hatte ihn schon verzweifeln lassen. Aber als er dann noch einen Schritt weiter gedacht hatte, war er kurz davor gewesen, aus dem Fenster zu springen. Er hatte nur eine weitere enge Kletterhose dabei, die selbst bei liebevollem Zureden nicht über den Gips schlüpfen würde – zudem hatte er nicht vorgehabt, die geliehene Hose aus dem Krankenhaus ein weiteres Mal zu tragen. Er hätte zu diesem Zeitpunkt schreien können. Nach etwa zwanzig Minuten hilflosem und äußerst deprimiertem Sitzen auf dem Fußboden, hatte sich Hiroki an der Tür bemerkbar gemacht und gefragt, ob alles in Ordnung sei. Er hatte diesem daraufhin sein Problem geschildert. Ihm war dabei nicht das Lachen entgangen, was sich hinterher im Raum nebenan ausgebreitet hatte. Hiroki hatte ihm anschließend fröhlich spaßend Hilfe angeboten, die er nur angenommen hatte, weil ihn das Gefühl beschlichen hatte, sonst überhaupt nicht mehr aus dem Bad herauszukommen. Zu seinem Erstaunen hatte Hiroki unglaublich Ernst ausgesehen, als er das Badezimmer mit einer Hose von sich auf dem Arm betrat. Ohne eine dämliche Bemerkung von sich zu geben, hatte er sich sofort an die Arbeit gemacht, ihm aus und in die frische Unterhose zu helfen – lediglich das gelegentlich aufblitzende belustigte Funkeln in den dunkelgrauen Augen, hatte dessen wahre innere Stimmung erahnen lassen. Hiroki hatte sogar vorgehabt, das Hosenbein, der von ihm geliehenen Sporthose, aufzuschneiden, weil selbst diese zu eng gewesen war, aber das hatte er nicht zugelassen. Er hatte darauf bestanden, dann doch die eigene Hose anzuziehen, die Hiroki stattdessen aufschneiden musste. Nach mehr als einer halben Stunde Aufenthalt im Bad, hatte er es dann schließlich erschöpft verlassen können, um sich den breit grinsenden Gesichtern der beiden anderen zu stellen. Diese hatten ersichtlichen Spaß mit der Sache gehabt – besonders Kouya, der das Dauergrinsen nicht mehr hatte abstellen können. Als wäre das schon nicht genug für seinen jämmerlichen Zustand gewesen, musste er beim Verlassen des Hotels eine weitere unglaublich blöde Situation über sich ergehen lassen. Er hatte sich gerade auf dem Weg zum Ausgang befunden, als zwei Kinder auf ihn zu gerannt kamen. Der Junge, der sich im Vordergrund befand, hatte dem Mädchen, welches hinter diesem herlief, eine gemeine Bemerkung über die Schulter hinweg zugebrüllt, so dass jener nicht mitbekommen hatte, dass er geradewegs auf ihn zusteuerte. Trotz des ausweichenden Schrittes zur Seite, war der Knirps an seiner Krücke hängen geblieben und landete, wie er selbst, auf dem Hosenboden. Der Schmerz, der ihm daraufhin durch den Körper geschossen war, hatte ihm schon fast den Atem geraubt. Aber der Spruch, des inzwischen wieder stehenden Jungen, hatte ihm den Rest gegeben. ‚Wieso stehst du auch im Weg rum, du... du Held in Strumpfhosen!?’, hatte ihm dieser nach einer empörenden Vollkörpermusterung zugerufen, während er mit hochrotem Kopf davongelaufen war. Das Mädchen hatte für einen Moment hilflos zwischen ihm und dem davoneilenden Freund hin- und her geblickt, ehe es sich ebenfalls wieder in Bewegung gesetzt hatte. Bevor es aber im nächsten Gang verschwunden war, hatte es ihm noch hastig eine Entschuldigung zugerufen. Und dann war es wieder soweit... Gelächter, und das nicht zu knapp! Immerhin waren sie zumindest noch in der Lage, mir aufzuhelfen... Shinos Lippen entfuhr erneut ein Seufzer, welcher aber dieses Mal zu hören war, und ihm sogleich den einen oder anderen betroffenen Blick einhandelte. Er ignorierte sie, und rutschte dabei in eine etwas gemütlichere Position. Diese veranlasste ihn prompt, ein schmerzliches Aufstöhnen zu unterdrücken, da er unfreiwillig sein hochgelegtes Bein bewegt hatte. Er presste angespannt die Lippen aufeinander und versuchte an etwas Schmerzfreies zu denken. Sofort tauchte Hirokis Gesicht vor seinen inneren Augen auf, wie dieses sich in der Absicht näherte, ihn zu küssen. Genervt stöhnte er auf. Soviel zum Unterdrücken... Ich muss heim, und zwar ganz schnell! Wenn ich mit zum Felsen gehe, dann ist das mein Tod – definitiv... Hirokis laute Bemerkung riss ihn aus seinen Gedanken. „Ich glaube, es ist besser, wenn ich dich nach Hause bringe. Du siehst wirklich alles andere als gut aus, Shino. Du hast selbst gesagt, dass dein Schmerz zugenommen hat – nicht erst seit dem unglücklichen Zusammenprall im Ga-“ Als er das Wort Zusammenprall ausgesprochen hatte, fing Kouya erneut laut zu lachen an. Hiroki warf seinem jüngeren Bruder einen strafenden Blick zu, der augenblicklich beschämt die Hand auf den Mund presste. „Das waren auch meine Gedanken. Es ist wohl wirklich besser, wenn ich diese Party verlasse. Du musst mich aber nicht nach Hause fahren! Ich kann auch mit dem Zug fa-“ Hiroki fuhr Shino vehement dazwischen. „Bist du noch ganz dicht?! Ah, verstehe. Die Schmerzen lassen dich unzurechnungsfähig werden... Vielleicht sollten wir, bevor dein Hirn völlig aussetzt, einen Vertrag aufstellen, der es mir gestattet, dich selbst mit Einspruch nach Hause bringen zu dürfen. Wie klingt das? Yuu, guck mal bitte im Handschubfach nach. Da müsste eigentlich noch Papier sein...“ Während Hiroki auf seiner äußerst arroganten Art vor sich hin sprach, wusste Shino nicht so recht, ob er diesem mit seinem gesunden Bein in den Rücken treten sollte, oder aber sich einfach erleichtert zurücklehnen sollte und Hiroki Hiroki sein lassen sollte. „Ich kapituliere. Fahr mich einfach nach Hause...“, flüsterte Shino überfordert. Er legte seinen Kopf zurück und schloss die Augen. Shino spürte, dass ihm mit der gefallenen Entscheidung ein Stein vom Herzen rollte, und er sich nur noch auf sein Bett freute. „Das wollte ich hören. Kouya, rufst du bitte mal Kagerou oder Kia an, um ihnen mitzuteilen, dass ihr beide allein kommt und es in Ordnung geht, dass Kia euch wieder mit zurück nimmt?“, meinte Hiroki in Kouyas Richtung fragend. Dieser schenkte ihm ein willst-du-mich-auf-den-Arm-nehmen Blick. „Guck nicht so, ist mir schon klar, dass er dich mitnehmen würde, schließlich wohnt ihr zusammen, aber wegen Yuu...“, entgegnete Hiroki gereizt, der vergeblich im Rückspiegel nach Shinos Augen suchte. Dieser hielt sie noch immer geschlossen, während nun ein halbwegs entspannter Ausdruck auf dessen Gesicht lag. „Ja, ja, hab´s verstanden.“, erwiderte Kouya brummig, der begann, in seinem Handy nach Kagerous Nummer zu suchen. Er hatte seinem Bruder die Sache beim Frühstück noch nicht verziehen und wunderte sich gleichzeitig darüber, wie dieser eben jene Angelegenheit so ohne wenn und aber einfach verdrängen konnte. Kouya befürchtete, dass Hiroki sein letztes Wort dazu noch nicht gesagt hatte, aber das sollte ihm jetzt egal sein. Er würde allein mit Yuu zum Kletterfelsen laufen können und dort mit ihm, und natürlich den anderen, ein paar nette Stunden verbringen. Er musste sich also keine Sorgen über die Anwesenheit seines Bruders machen. Seine ungeheure Vorfreude darauf stahl sich an die Oberfläche, so dass er verliebt zu grinsen begann und Kagerous Nummer wählte. Nachdem er auf dessen Mailbox gelandet war, probierte er es bei Kia, wo er den gleichen Erfolg hatte. Nach kurzem Austausch untereinander kamen sie zu der Meinung, dass Kia und Kagerou wohl bereits kletterten und somit nicht auf ihre Telefone zugreifen konnten. Sie beschlossen also, eine Nachricht zu hinterlassen und hofften, dass ihre ohne sie getroffene Entscheidung in Ordnung ging. Kouya verstaute nach getaner Arbeit sein Handy und ließ sich, nachdem er Shino vorgewarnt hatte, behutsam tiefer in den Sitz sinken. Er passte sich dem Schweigen im Auto an, und sah verträumt aus dem Fenster. Hin und wieder versuchte er unauffällig Yuus Gesicht im Außenspiegel zu erhaschen, was ihm aber nicht wirklich gelang, da dieser seinen Kopf ständig in eine andere Richtung bewegte. Kouya schwelgte daher bittersüß in seinem unerfüllten Verlangen und sah kurz zu Shino rüber, der den Eindruck erweckte, dass er schlafen würde. Kouya lächelte voller Mitgefühl in dessen Richtung. Du hast es heute bisher echt nicht leicht gehabt, Shino! Aber du kannst in den nächsten Tagen auf mich zählen, wenn du Hilfe brauchst... Eine unerwartete Berührung ließ ihn in seinen Gedanken inne halten. Kouya blickte zu seinem linken Schienbein herunter und erkannte Yuus Hand, die plötzlich unauffällig darauf ruhte. Yuu! Was, wenn Hiroki genauer hinsieht... Seine unausgesprochene Frage wirbelte ihm durch den Kopf, als er verstohlen in den Außenspiegel schaute und dort auf Yuus Blick traf. Kouya hatte das Gefühl, ihm würde vor Liebe das Herz zerspringen. Er lächelte entflammt und wünschte sich, dass sie endlich das Auto verlassen konnten. Kapitel 17: Absturz, die Zweite! -------------------------------- Hiroki steckte sich ein Kaugummi in den Mund, bevor er das Auto vom Parkplatz lenkte. Er warf noch einen letzten Blick durch den Rückspiegel auf seinen jüngeren Bruder Kouya, den er zusammen mit seinem besten Freund hier abgesetzt hatte, ehe er die Geschwindigkeit des Wagens erhöhte, und der Parkplatz außer Sichtweite rückte. Er hörte Shino hinter sich leise stöhnen und drehte sich für einen Moment nach ihm um. Hiroki sah, dass sich dieser mit dem Finden einer möglichst schmerzfreien Sitzposition abmühte, und dabei eine jämmerliche Grimasse zog. Wenn er nicht wüsste, dass Shino tatsächlich an starken Schmerzen litt, dann hätte er sich wahrscheinlich längst den einen oder anderen bösen Scherz erlaubt. Er grinste daher lediglich belustigt vor sich hin und konzentrierte sich wieder auf die Straße. Seine Gedanken wanderten zu Kouya und dessen mehr oder weniger freiwillig enthüllter Neuigkeit, die Hiroki noch immer nicht fassen konnte. Sein Bruder war heimlich verliebt, und verlor nicht ein Wort darüber – und das ganze, nachdem sich dieser ein Jahr ins Ausland abgesetzt hatte und sie sich in dieser Zeit nur sehr oberflächlich miteinander unterhalten konnten. Hiroki wurde das Gefühl nicht los, dass sich Kouya immer weiter von ihm entfernte und er nicht wusste, was er dagegen tun sollte. Der überraschende Auszug nach dessen Rückkehr schien ihre Beziehung zusätzlich zu belasten, und ließ nun noch weniger Raum zum Reden. „Verdammt...“, fluchte Hiroki kaum hörbar, während sich seine Gedanken immer enger um Kouya zogen. Er wird doch wohl nicht im Ausland... ...eine Freundin haben? Nicht, dass ich das schlimm fände, aber darüber schweigen?! Argh...was mache ich denn jetzt? Auf Yuu scheint auch kein Verlass zu sein, so wie der heute Morgen Partei für Kouya ergriffen hat. Okay, mein Verhalten war auch wirklich alles andere als angepasst...scheiße! Hiroki war so sehr in Gedanken verloren, dass er nicht bemerkte, dass Shino begonnen hatte, ihn zu beobachten. „Alles in Ordnung, Hiroki? Wenn es dir doch unangenehm ist, dann kannst du mich noch immer zur nächsten Bahnstation fahren und anschließend zum Klettern zurückkehren. Wäre kein-“ Shino konnte seinen Satz nicht beenden, da Hiroki ihm aufgebracht dazwischen fuhr. „Wie oft denn noch!? Willst du mich wütend machen? Oder bist du etwa so scharf auf den Vertrag? Soll ich diesen deiner Meinung nach vielleicht noch mit ein paar extravaganten Vereinbarungen füllen?! “, grollte Hiroki unbeherrscht, dem es im gleichen Moment leid tat. Er sah entschuldigend in den Rückspiegel, und traf auf Shinos dunkel glänzende Augen, denen ein fragender Blick inne wohnte. „Extravagante Vereinbarungen?! Darf ich fragen, was sich dahinter verbirgt? Vielleicht habe ich ja doch Lust, den Vertrag zu unterschrei-“ Shinos scherzhaft gemeinte letzte Worte gingen in seinem schmerzhaften Aufstöhnen unter, als der Wagen unerwartet abbremste und an den Straßenrand fuhr. Hiroki ließ den Motor laufen, schnallte sich ab und zwängte sich durch den Spalt der beiden vorderen Sitze, während er mit einer Hand nach Shino langte. Als er dessen Pullover zu fassen bekam, zog er Shino, ohne Rücksicht auf den verletzten Fuß zu nehmen, zu sich heran und presste unsanft seine Lippen auf dessen. Shino riss überrascht die Augen auf und unterdrückte den Reflex, Hiroki aufgrund des aufflammenden Schmerzes im Fuß von sich zu stoßen. Er schloss stattdessen die Augen und genoss, so gut es ihm trotz seines bedauerlichen Zustandes möglich war, Hirokis Kuss, der eine erstaunliche Wandlung durchmachte – vom anfangs groben und rücksichtslosen, über einen sanften bis hin zum leidenschaftlichen. Shino erschauderte, als sich ihre Lippen voneinander lösten und er in Hirokis dunkelgraue Augen blickte. Dieser erwiderte fragend seinen Blick, bevor er erneut Shinos Lippen mit dem Mund versiegelte. Shino hatte keine Ahnung, wie lange sie so verharrten. Aber als sich ihre Lippen ein weiteres Mal voneinander lösten, und Hiroki etwas Distanz zwischen sie brachte, wurde ihm bewusst, dass er nicht wollte, dass es aufhörte. Shino gab seiner Begierde nach, und griff sanft mit beiden Händen nach Hirokis Kopf, dessen Gesicht einen verblüfften Ausdruck annahm. Er zog ihn zu sich heran und setzte einfach ihren Kuss fort. „Ngh... Wa-...uh... Mhm. ... Ey...warte doch mal!“ Hiroki drückte Shino aufgewühlt zurück in den Sitz, und sah ihn mit einer Mischung aus Verzückung und Schrecken an. Er konnte noch immer dessen Hand in seinem Schritt spüren, die dort völlig unerwartet ihren Weg hingefunden hatte, und ihn beinah den letzten Rest Beherrschung gekostet hätte. Neugierig betrachtete Hiroki Shino etwas genauer. Dessen Wangen überzog eine leichte Röte, die, wie er fand, kombiniert mit den schwarzen Haaren und der eher blassen Haut äußerst sexy aussah. Hiroki biss sich auf die Unterlippe, und schloss für einen Moment seine Augen. Während er versuchte, einen kühlen Kopf zu bekommen, hörte er Shinos leise Stimme. „Tut mir leid. Ich habe mich gehen lassen. Aber ich konnte nicht anders! Deine Küsse sind einfach atemberaubend, na ja, und irgendwie schmerzbetäubend...“, meinte Shino etwas zerknirscht, der seinen Blick nicht von Hiroki abwenden konnte. Dieser sah ihn perplex an, räusperte sich verlegen und suchte nach den richtigen Worten. „Also... Nun... Ähm, kein Grund sich zu entschuldigen! Wenn sich hier einer entschuldigen muss, dann eher ich, denn ich habe erst damit angefangen. Keine Ahnung, warum ich gerade so unausgeglichen und leicht genervt bin. Nein, stimmt auch nicht. Ich weiß warum, aber dafür kannst du nichts. Verzeih, dass ich anfangs so grob war...“, entgegnete Hiroki kleinlaut, der es nicht schaffte, Shino dabei weiter in die Augen zu sehen. So entging diesem auch Shinos verliebtes Lächeln, welches aber so schnell verschwand, wie es aufgetaucht war und der darauffolgenden schmerzverzerrten Miene reichlich Platz einräumte. „Kein Thema. Außerdem stehen wir hier äußerst ungünstig mit dem Wagen, meinst du nicht auch?!“, presste Shino fragend durch seine angespannten Lippen, und versuchte die schmerzhaften Stiche im Fuß zu ignorieren. Er warf für einen kurzen Moment einen wissenden Blick nach draußen, bevor er anschließend wieder zu Hiroki blickte, der zustimmend mit dem Kopf nickte. „Du hast recht. Nur gut, dass bisher niemand vorbeigekommen ist. Dann wollen wir mal weiter...“, murmelte Hiroki unzufrieden. Er bemerkte, dass seine miese Laune jetzt noch schlechter geworden war und er sich fragte, ob nun der unbefriedigende Kuss mit Shino oder Kouyas Verhalten die größere Schuld daran trug. Hiroki grummelte leise vor sich hin, als er sich zurück in den Fahrersitz fallen ließ. Er setzte den Wagen, nachdem er sich angeschnallt und einen forschenden Blick in den Rückspiegel geworfen hatte, wieder in Bewegung. Seine Hand wanderte gedankenverloren zum Autoradio, das er anstellte und nach einem gescheiten Sender durchsuchte. „Hast du Lust mir zu erzählen, warum du so unzufrieden bist?“ „Huh? Was hast du gesagt?“ Hiroki entschied sich für einen Sender, auf dem gerade ein Hörspiel lief und sah anschließend für einen Augenblick fragend in den Rückspiegel. Shino erwiderte lächelnd seinen Blick und wiederholte die Frage. „Vielleicht beruhigt es dich etwas, wenn du mir erzählst, warum du so genervt bist...“, meinte Shino aufrichtig, der längst eine Ahnung von dem hatte, was Hiroki nicht zur Ruhe kommen ließ. Er konnte förmlich hören, wie es in Hirokis Kopf zu rattern begann und dieser offenbar unsicher darüber war, ob er reden sollte oder nicht. Shino grinste breit. Er mochte Hirokis unbestimmte und durchaus launische Art. Es war nicht so, dass er darauf stand, wenn Hiroki sich an ihm abreagierte. Aber er kam nicht umhin, sich einzugestehen, dass er dessen bisweilen raue Vorgehensweise als anziehend und höchst erregend empfand. Dass Hiroki mit seinen 25 Jahren jünger war, und er offensichtlich keinerlei Erfahrungen mit Männern hatte, machte die ganze Angelegenheit noch viel interessanter. Shino war sich bewusst, dass dieser lediglich einer zwanglosen Bettgeschichte zugestimmt hatte, dennoch erhoffte er sich mehr von der Sache. Nun, richtig miteinander geschlafen hatten sie zwar noch nicht, aber Shino ging davon aus, dass er nicht mehr lange darauf warten musste. Das einzige Problem, was sie noch klären mussten, war, obwohl es im Grunde nicht wirklich eines war, wer denn nun wen in sich „aufnehmen“ würde. Shino kannte beide Seiten und bevorzugte eigentlich die „obere“ Position, aber er befürchtete, dass Hiroki mit der „unteren“ alles andere als glücklich wäre und die ganze Sache vorzeitig abblasen würde, wenn Shino seine Vorliebe gleich zu Beginn durchsetzen würde. Daher beschloss er abzuwarten, um zu sehen, in welche Richtung sich Hiroki bewegen würde. Es käme für Shino nicht überraschend, wenn sich Hiroki einfach auf ihn stürzen würde, ungeachtet der Tatsache, dass er bisher keine „Übung“ mit Männern hatte. Aber Shino wusste, dass Erfahrungen nicht unbedingt nötig waren, um guten Sex zu haben – vor allem, wenn er an das Ereignis in Hirokis Büro an der Uni dachte. Hiroki hatte sich dort mehr als geschickt angestellt, um ihn zum Höhepunkt zu bringen. Natürlich hatte dabei der Reiz des öffentlichen Ortes und Hirokis völlig unerwartete Aktion eine gewichtige Rolle dabei gespielt, dennoch ließ dieser da einiges an Können aufblitzen und schon nur der Gedanke daran, ließ Shinos Lust erneut aufflammen, und er ärgerte sich umso mehr über seinen körperlichen Zustand. Wäre er gestern nicht zu betrunken gewesen und sein Fuß in Ordnung, hätte er wahrscheinlich ein weiteres Mal in den Genuss von Hirokis Mund und dessen Zunge kommen können – an mehr wollte er jetzt lieber nicht denken, sonst würde sich seine Enttäuschung nur noch ins Unermessliche steigern. „Warum willst du das wissen? Nur, weil wir uns geeinigt haben, Sexpartner zu werden, heißt das noch lange nicht, dass wir uns einander völlig öffnen müssen!“, entgegnete Hiroki barsch, dessen Unsicherheit nicht zu überhören war. Er sah kurz in den Rückspiegel zu Shino, der seinerseits aus dem Fenster blickte und versuchte, seine Betroffenheit zu verbergen. Verdammt... Ich muss heute echt unausstehlich sein! Okay, okay, jetzt komm einfach mal wieder runter und führ eine normale Unterhaltung, du Idiot!, dachte Hiroki beschämt und überlegte angestrengt, wie er beginnen sollte, als Shino seinem Vorhaben zuvorkam. „Da stimme ich dir zu. Wir sind einander zu nichts verpflichtet, aber ich dachte mir, vielleicht erleichtert es dich etwas, wenn du aussprichst, was dich beschäftigt...“ Shino, den Hirokis Worte mehr getroffen hatten, als er zugeben wollte, sah mit einem gequälten Lächeln im Gesicht nach vorn. Für einen Augenblick trafen sich ihre Augen im Rückspiegel, bevor Hiroki den Blick im nächsten Moment abwandte und er unentschlossen mit den Fingern auf das Lenkgrad trommelte. „Du weißt nicht zufällig, in wen mein Bruder verliebt ist? Ich mein, ihr wohnt schließlich zusammen und verbringt mehr Zeit mit ihm als ich, und da könnte es doch sein, dass...“, begann Hiroki nun ganz offen zu reden, dem die Entscheidung dazu nicht leicht gefallen war. Er wollte nicht, dass Shino von ihm dachte, dass er einen Bruder-Komplex hatte, und über alles die Kontrolle behalten musste. Aber warum wollte er das nicht? Es könnte ihm doch egal sein, wie dieser letztlich über ihn urteilte. Es war zum Verrücktwerden. Er hatte keinen blassen Schimmer, was sich gefühlsmäßig in ihm abspielte – oder eher, was Shino möglicherweise in ihm ausgelöst hatte. Hiroki strich sich mit einer Hand durch die Haare und seufzte leise. „Nun, ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich überhaupt nichts darüber weiß. Aber warum bist du dir so sicher, dass er verliebt ist?“, meinte Shino etwas entspannter, da der Schmerz im Fuß etwas nachgelassen hatte. „Was? Du hast ihn gestern Abend doch auch gehört, oder? Und heute Morgen beim Frühstück hat er es auch nicht vernein-“ Hirokis Erwiderung wurde prompt von Shino gestoppt. „Aber bejaht hat er es auch nicht, oder?“ Hiroki ließ sich von Shino nicht beirren. Immerhin kannte er seinen Bruder zumindest so gut, dass er sofort wusste, wenn dieser versuchte, etwas vor ihm zu verbergen. Oder ließ ihn hier sein brüderlicher Instinkt etwa schon im Stich, nachdem sie einander lange Zeit nicht gesehen hatten? „Ich bleibe dabei! Er hat eine Freundin und schweigt darüber...“, entgegnete Hiroki im völlig überzeugten Tonfall und vernahm auf einmal Shinos plötzliches Lachen. Irritiert drehte er sich kurz zu ihm um, bevor er sich anschließend leicht angesäuert und kopfschüttelnd wieder nach vorne drehte. „Was war jetzt bitte daran so lustig?“ Shino rückte elegant seine Brille auf der Nase zurecht, bevor er auf Hirokis Frage antwortete. „Eigentlich nichts, aber deine Art ist einfach zu süß, Hiroki!“, sprach Shino vergnügt, der wusste, was nun kommen würde. Beschwingt ließ er sich tiefer in seinen Sitz fallen und genoss Hirokis Wutausbruch. „Süß!? Wen nennst du hier süß? Ich lasse mir ja gern Einiges nachsagen, aber süß fällt da definitiv nicht drunter! So kannst du eine Erdbeere nennen, ein Baby, oder von mir aus auch Kouya, aber bestimmt nicht mich!“, wetterte Hiroki, dem Shinos selbstgefälliges Grinsen, welches im Rückspiegel nicht zu übersehen war, noch mehr anstachelte. „Oh, ich habe da eine entscheidende Person vergessen! Shino dürfen wir natürlich dabei auch nicht vergessen. Der sieht nämlich ebenfalls verboten SÜSS aus, wenn er in seiner engen Kletterhose durch die Gegend springt! Genau, der Held in Strumpfhosen, oder wie war das noch gleich!? Hmmm... Außerdem kann bisher niemand den Anblick schlagen, den du abgegeben hast, als du krampfhaft versucht hast, dir die enge Unterhose über den Gips zu ziehen. Okay, Kouya in der Küchenschürze meiner Mutter ist auch nicht ganz übel...“, meinte Hiroki weiter, dessen Stimme nun gleichzeitig vor Belustigung und Anerkennung tönte. „Ich kenne die Person, in die dein Bruder verliebt ist.“, eröffnete Shino Hiroki völlig unerwartet. Er hatte auf einmal Lust bekommen, Hiroki mit seinem Wissensvorsprung zu ärgern, aber er würde natürlich nicht verraten, um wen es sich dabei handelte – das war Kouyas und Yuus Aufgabe. „Was?! Wirklich jetzt? Raus mit der Sprache!“, rief Hiroki aufgeregt, der aber befürchtete, dass Shino es ihm nicht so leicht machen würde. „Tut mir leid, aber das kann ich dir nicht sagen.“, entgegnete Shino amüsiert, der wusste, dass er Hiroki damit ganz schön aus der Reserve gelockt hatte. Ob das mal so eine gute Idee war? Der lässt sich jetzt bestimmt die tollsten Dinger einfallen, um eine Antwort von mir zu bekommen... Nun denn, dann soll er sich mal anstrengen! Vielleicht komme ich ja so zu meiner bevorzugten Position!? Während Shino erheitert seinem Gedanken nachhing, entging ihm, dass Hiroki den nächsten Parkplatz angefahren hatte, um dort in aller Ruhe anhalten zu können. Der Rastplatz war gerade groß genug für zwei Autos und ringsherum von Bäumen umgeben. Shino sah alarmiert aus dem Fenster und bemerkte, dass Hiroki sich aufmachte, den Wagen zu verlassen. „Was- Wieso hältst du hier an? Musst du mal für kleine Jungs?“, witzelte Shino kleinlaut, dessen böse Vorahnung Realität zu werden schien. „Nein, ich dachte, ich mache mal eben eine Pause, und leiste dir da hinten ein wenig Gesellschaft!“ Hirokis arrogante Antwort ging im Zuschlagen der Fahrertür unter. Er machte sich augenblicklich auf den Weg zur hinteren Tür, die Shinos Sitzplatz gegenüber lag. Als Hiroki die Tür öffnete und den Kopf hineinsteckte, vernahm Shino dessen amüsiertes Lachen, dem ein unangenehmer Unterton mitschwang. Nicht gut, gar nicht gut..., dachte Shino, während Hiroki immer näher kam. Kouya starrte angespannt auf den wohlgeformten Hintern seines Geliebten vor ihm, dem er unentschlossen seit geraumer Zeit hinterher trottete. Er warf einen Blick zurück über die Schulter, aber er konnte nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, hinter welchen der vielen Bäume sie hervorgekommen waren. Er seufzte leise, während er Yuu weiter blind folgte. Yuu und er waren seit mehr als einer halben Stunde in trauter Zweisamkeit unterwegs, aber Kouya wurde das Gefühl nicht los, dass sie der Kletterwand nicht ein Stück näher gekommen waren. Sie hatten sogar den Schleichweg abseits des eigentlichen Weges eingeschlagen, von dem Yuu beteuerte, dass er sich diesen zu 100 Prozent gemerkt hatte, als er ihn gestern mit Shino und Hiroki entlang gelaufen war. Yuu hatte seiner Versicherung zusätzlich einen süßen Nachdruck verliehen, indem er Kouya einen leidenschaftlichen Kuss aufdrückte, so dass dieser am Ende vor lauter Entzücken Yuus Vorhaben nichts mehr entgegensetzen konnte. „Hör mal, Yuu!“, sprach Kouya leicht genervt, der zum ungezählten Male über eine Baumwurzel stolperte und sich langsam fragte, ob ihm die Bäume mit Absicht ihre Wurzeln in den Weg legten. Er stoppte und sah zu Yuu, der ebenfalls stehen geblieben war und sich zu ihm umdrehte. Als Kouya auf Yuus fesselnde dunkle Augen traf, spürte er, dass sein Herz augenblicklich schneller zu schlug. Vor lauter Sorgen bezüglich des richtigen Weges zur Kletterwand, hatte er völlig vergessen, dass er sich hier absolut allein mit Yuu befand. Das war ja genau das, was er sich die ganze Zeit über gewünscht hatte. Dennoch, jetzt, wo es ihm wieder bewusst wurde, kam er nicht umhin, sich einzugestehen, dass er extrem nervös war und sich unsicher fühlte. Kouya sah, dass Yuu in selbstsicheren Schritten und mit einem geheimnisvollen und höchst attraktiven Lächeln auf ihn zu kam, was ihn augenblicklich dazu veranlasste, sich rückwärts in die entgegen gesetzte Richtung zu bewegen. „Ähm... Also. Bist du dir wirkli-“ Kouya konnte seinen Satz nicht zu Ende sprechen, da sein Rücken unerwartet auf einen harten Gegenstand traf. Ach so, zuerst eure Wurzeln, und nun verstellt ihr mir auch noch den Weg! Wow! Wie nett! Da habe ich aber mal echt kein Mitleid mehr mit euch, wenn ihr weltweit abgeholzt werdet, oder die nächste Feuerwalze über euch drüber rollt... Gut, wenn ich an die hilflosen Koalas oder Affen denke, dann ist das schon schade, aber so... Kouya schüttelte mit geschlossenen Augen für einen kurzen Moment den Kopf, um diesen äußerst idiotischen Gedanken zu vertreiben, als er auch schon Yuus warmen Atem am Ohr spürte. „Ha! Yuu! Was ma-“ Kouya kam nicht dazu, seine Frage auszusprechen, da ihm Yuu seinen Mund mit einem leidenschaftlichen Kuss versiegelte. Er riss überrascht die Augen auf und begann, Yuu energisch von sich schieben, aber dieser ließ es nicht zu. Stattdessen drückte sich Yuu noch enger an ihn heran, und nahm ihm so die Luft zum Atmen. Kouya schloss langsam seine Augen und spürte, dass er mit jeder weiteren verstreichenden Sekunde kraftloser wurde. Sein halbherziger Widerstand verflüchtigte sich vollends und er war kurz davor, in die Knie zu gehen, als Yuu endlich von ihm abließ. „Hey?! Alles okay?“, hörte Kouya Yuu mit besorgter Stimme sprechen und öffnete erleichtert die Augen. Er erwiderte Yuus fragenden Blick mit einem schiefen Grinsen. „Sehe ich so aus?“, sprach Kouya berauscht, der noch immer Yuus weiche Lippen fühlen konnte. „Nee! Deswegen frage ich ja...“, antwortete Yuu hingerissen, der es sich nicht nehmen ließ, seinen Geliebten sanft auf die Nasenspitze zu küssen. Kouyas grüngraue Augen verzogen sich zu wütenden Schlitzen. „Du kannst dich doch nicht einfach so auf mich stürzen! Was ist, wenn hier jemand auftaucht? Und außerdem-“ Kouyas aufgebrachter Entgegnung wurde prompt ein Ende gesetzt, als sich Yuu erneut unerlaubt einen Kuss stahl. „Ngh... Uff... Ah! Lass das...“, stöhnte Kouya erregt, dessen Ohren vor Scham glühten. Er lieferte sich zudem mit Yuus rechter Hand einen Kampf, da sich diese nicht davon überzeugen ließ, den Raum unterhalb der Gürtellinie zu verlassen. „Warum?“, hauchte Yuu verführerisch und biss Kouya dabei sanft in die Unterlippe. „Ich dachte, wir könnten dort weiter machen, wo wir heute Morgen aufgehört haben...“, flüsterte Yuu weiter, während seine Küsse langsam Kouyas Hals hinab glitten. Zwischen den Gefühlen hin- und hergerissen, schloss Kouya hilflos seine Augen. Natürlich fühlte es sich gut an. Er könnte auch auf der Stelle den Verstand verlieren, und sich Yuu völlig hingeben. Dessen ungeachtet, hatte er aber auf der anderen Seite keine Lust darauf, dass ihr Erstes Mal im Wald stattfand, wo zudem die Möglichkeit bestand, dass sie heimlich beobachtet werden könnten, oder im schlimmsten Fall sogar angesprochen werden würden. Er zwang sich zu einer Entscheidung, und ließ diese Yuu auch sofort spüren. Der ging stöhnend in die Knie, und rieb sich irritiert, aber deutlich ernüchtert das Schienbein. „Wofür war das denn?“, fragte er verstimmt und blickte zu Kouya hoch, der mit einem hochroten Kopf zu ihm runter sah. „Entschuldige, aber ich hatte das Gefühl, dass du mir nicht zuhören würdest, wenn ich dich bitte, aufzuhören...“, meinte Kouya leise, dem die Tritt-Aktion schon wieder leid tat. Yuu, dem Kouyas Worte die Augen geöffnet hatten, richtete sich seufzend wieder auf und starrte verlegen zu Boden, als er begann zu sprechen. „Mein Fehler. Ich wollte dich nicht drängen...“, murmelte er schuldbewusst. „Schon gut... Vielleicht hätte ich auch vorher ausprobieren sollen zu fragen. Wie dem auch sei, verrat mir lieber mal, wo wir uns hier befinden?!“, fragte Kouya ernsthaft und sah sich neugierig um. „Na ja. Auf dem Weg zum Kletterfelsen halt...“, war Yuus wenig überzeugende Antwort. „Korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber kann es sein, dass du keine Ahnung mehr hast, wo es langgeht?!“, argwöhnte Kouya, der Yuu nun fest in die Augen blickte. „Nun, bis vor ein paar Minuten wusste ich den Weg noch, aber dann sind deine heißen Lippen dazwischen gekommen...“, versuchte Yuu zu scherzen und erntete damit einen bösen Blick von Kouya. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Und komm bloß nicht auf die Idee, mir die Schuld in die Schuhe zu schieben! Du hast schließlich angefangen, mich zu begrabschen!“, meinte Kouya wütend, den Yuus jähes Lachen noch mehr verärgerte. „Ich finde das überhaupt nicht komisch, Yuu! Wir haben uns bestimmt verirrt und statt laut zu lachen, solltest du dir lieber mal Gedanken darüber machen, wie du diese Sache wieder grade biegen kannst!“, mahnte Kouya, der etwas Abstand zwischen sich und Yuu brachte. „Begrabschen!? Das klingt jetzt aber fies, Kouya! Willst du mich etwa mit irgendwelchen schmierigen Typen in der U-Bahn vergleichen?“, erwiderte Yuu belustigt, dem das Wort nicht mehr aus dem Kopf ging. „Ach, vergiss es! Ich rufe jetzt Kagerou an und hoffe, dass er uns helfen kann.“, knurrte Kouya mürrisch, der von Yuus Reaktion alles andere als angetan war. „So? Und was willst du ihm sagen, wo wir uns gerade befinden? Vielleicht so etwas wie: Wir stehen am dritten Baum von links, der eng beim zweiten von rechts steht, und dem die Äste des fünften Baumes von hinten in die Krone stechen? Ach, genau. Details nicht vergessen: Auf dem vierten Baum von rechts sitzt ein großer dunkler Vogel, und dem sechsten Baum von vorn ist ein Herz eingeritzt! Hm?! Ich glaube, mit so einer Beschreibung kann er uns eigentlich nicht verfehlen, oder was meinst du!?“ Kouya starrte Yuu völlig fassungslos an. Er wusste nicht, ob er lachen oder noch wütender werden sollte, nachdem er Yuus zynische Antwort gehört hatte. Er überlegte einen Moment, drehte Yuu den Rücken zu und stürmte davon. „Hey! Warte! Wo willst du hin?“, rief Yuu verblüfft, während er Kouya mit schlechtem Gewissen nachlief. „War nicht so gemeint! Ehrlich! Keine Ahnung, warum ich das jetzt gesagt habe... Vielleicht hat mich das BEGRABSCHEN aus der Fassung gebracht... Bitte, Kouya! Bleib stehen...“, sprach Yuu immer leiser werdend, der Kouya inzwischen eingeholt hatte und ihn sanft von hinten mit den Armen umschloss. „Tut mir aufrichtig leid, Ya-chan...“, flüsterte Yuu Kouya ins Ohr und spürte gleichzeitig, dass dessen Anspannung augenblicklich nachließ. Erleichtert ließ er seinen Kopf auf Kouyas Schulter sinken. „Ich habe es auch nicht so gemeint, also, das Begrabschen jetzt. Eigentlich wollte ich nur eine ganz einfache Antwort auf meine Frage bekommen...“, wisperte Kouya besänftigt, dem Yuus Körperwärme einen wolligen Schauer über den Rücken laufen ließ. „Ich weiß. Die sollst du auch beko-“ „Wenn das mal nicht Kouya ist!“ Die aus dem Nichts auftauchende attraktive Stimme, die beiden nur zu bekannt war, ließ Kouya vor Überraschung aus Yuus Armen springen, was diesen gehörig aus dem Gleichgewicht brachte. Nachdem sich Yuu wieder gefangen hatte, blickte er zu Kouya rüber, der aschfahl an ihm vorbei zu jener Person starrte, die er am allerwenigsten zu sehen hoffte. „Kaito?!“, stammelte Kouya verlegen, während Yuu sich ebenfalls dem Eindringling zuwandte. Kia starrte konzentriert zur Felswand und überlegte angestrengt, welche Route er Vorklettern sollte. Momentan hatte er noch die freie Auswahl, da bisher nur ein weiteres Kletterpaar den Weg hierher gefunden hatte. Dieses war aber noch mit den eigenen Vorkehrungen beschäftigt, so dass es sich somit noch nicht an der Wand befand. Kia presste die Lippen aufeinander und verfolgte mit leicht zusammengekniffenen Augen den unsichtbaren Weg seiner möglichen Route. Er begann zufrieden zu lächeln. „Genau. Das sieht doch gut aus...“, murmelte er, als er plötzlich Kagerous Hände im Schritt spürte. „Woah! Was machst du- äh... da?“, stammelte Kia überrascht, der rasch einen Blick auf die zwei anderen Personen warf, um sicherzugehen, dass diese auch ja nichts von Kagerous unverschämten Griff mitbekommen hatten. „Kontrollieren, ob auch alles richtig sitzt! Was denn sonst?“, entgegnete Kagerou mit einem frechen Zwinkern. Er umrundete Kia und begann nun ernsthaft den Gurt, die Knoten und das Seil seines Geliebten zu überprüfen. Nachdem er damit fertig war, prüfte er gewissenhaft sein eigenes Material. „Alles klar. Von mir aus kann es losgehen. Hast du dir schon etwas ausgeguckt?“ Kia blickte für einen kurzen Moment zur Felswand, bevor er seine hellbraunen Augen wieder auf Kagerou richtete. Dieser hob fragend eine Augenbraue und wartete geduldig auf eine Antwort, die ihn aber in einer Form erreichte, mit der er nicht gerechnet hatte – Kia küsste ihn äußerst leidenschaftlich auf den Mund. Kagerous Knie verwandelten sich augenblicklich in Wackelpudding und er fühlte seine Erregung rasant wachsen, so dass er vorläufig die Notbremse ziehen musste. Er schob Kia entschieden mit einem enttäuschten Seufzen von sich. „Hör mal. Ist das nicht etwas unfair?“, fragte er Kia tadelnd, der ihm nun das attraktivste Lächeln schenkte, welches er im Repertoire hatte. Kagerou stöhnte spielerisch genervt. „Das fragt der richtige! Wie war das eben noch? Lass mich mal nachdenken... Hm, da waren plötzlich zwei Hände, die sich einen Spaß mit meinem Genital...äh, pardon, mit meinem Schwanz erlaubt hatten. Oder sehe ich das vielleicht falsch?“, fragte Kia frech grinsend, der mit seinen Armen nach Kagerou langte. „Musst du unbedingt ‚Schwanz’ sagen? Das klingt völlig daneben und unromantisch...“, erwiderte Kagerou kleinlaut, der sich bereitwillig von Kia in dessen Arme ziehen ließ. „So? Aber eigentlich magst du es doch, wenn ich so spreche?! Ist es dir jetzt unangenehm, weil wir hier nicht allein sind?“ Kagerou blickte in Kias schelmisch grinsendes Gesicht und rollte mit den Augen. Er brachte erneut seine Hand in Kias Schritt und drückte sanft zu, was diesem ein leises Stöhnen entlockte. Über dessen Schulter hinweg konnte Kagerou das andere Kletterpaar dabei beobachten, wie diese ahnungslos die letzten Vorbereitungen trafen und anschließend zu einer entfernteren Ecke des Felsen gingen. „Ich erinnere dich nur zu gern an deinen „süßen“ Rundblick von eben, als meine Hände ihr Ziel das erste Mal fanden...“, hauchte Kagerou verführerisch in das Ohr seines Geliebten. „Also sprich nicht so, als wäre es MIR unangenehm...“ Kagerous küssender Mund wanderte vom Ohr, über Kias weiche Wange hinunter zu dessen leicht geöffnetem Mund, um diesen mit einem abschließenden Kuss zu verschließen. Dieses Mal war es Kia, der seinen Liebhaber sanft von sich drückte. „Du begibst dich auf dünnes Eis, Ka-chan! Wenn du möchtest, dass ich dich hier auf der Stelle flachlege, dann red nur weiter so verdammt sexy, und ich kann für nichts mehr garantieren!“, flüsterte Kia bebend, der die dunkelgrauen Augen vor ihm über alles begehrte und nicht mehr bereit war, sie wieder freizugeben. „Verstanden. Dann ab mit dir an die Wand, bevor ich es mir noch anders überlege und selbst klettere... Der Anblick würde dir doch bestimmt gefallen, oder?“, sprach Kagerou immer leiser werdend, während er Kia dabei einen aufreizenden Blick zuwarf. „Ka-chan-“, begann Kia sein Limit erreichend, der aber von Kagerous leichtem Stoß in Richtung Wand unterbrochen wurde. „Ja ja, nun geh schon. Ich benehme mich jetzt auch wieder!“, entgegnete Kagerou lachend, der endlich das Sicherungsseil aufnahm. „Ach so, bevor ich es vergesse, und das nun Kommende vielleicht Einfluss auf deine Route haben könnte... Hiroki fährt Shino nach Hause, somit sind nur Kouya und Yuu auf dem Weg hierher.“, erwähnte Kagerou beiläufig, während er Kia zur Wand folgte. „Du wirst Hiroki mit deiner gewählten Route also nicht ärgern kön-“ „Wer sagt, dass ich jemanden ärgern will?!“, schoss Kia brüsk zurück, der die Enttäuschung nicht aus der Stimme fernhalten konnte. „Ha! Dachte ich mir`s doch...“, rief Kagerou entzückt, dem es mal wieder gelungen war, das hinterlistige Vorhaben seines Geliebten zu erraten. „Wie kommst du bloß darauf? So was würde ich nie-“ Kagerou trat rasch einen Schritt auf Kia zu, und gab diesem einen flüchtigen Kuss auf den Mund. „Soll ich dich an dein Geschimpfe erinnern?! Nun, immerhin kannst du noch Kouya und Yuu für ihr verräterisches Handeln bestrafen, mein geliebter Held!“, ermunterte Kagerou Kia sanft auf die Schulter klopfend. „Ka-chan?!“, stammelte Kia ungläubig. „Dann sag noch mal einer zu mir, ich wäre der sadistischere von uns beiden!“ Schmunzelnd trat Kia dicht an die Wand, und langte mit seiner Hand nach der ersten Felskante, die er sich als Beginn für seinen Aufstieg ausgesucht hatte. Yuu stierte feindselig auf den Rücken von Takashi, der fröhlich quatschend neben Kouya herging. Er konnte es noch immer nicht fassen, dass sie ausgerechnet dem auf ihrem Weg durch den Wald begegnet waren. Unglaublich. Aber noch unglaublicher war die Tatsache, dass sich sein Geliebter so ohne weiteres Takashi und seinen zwei Freunden angeschlossen hatte und so tat, als hätte das gestrige Gespräch zwischen den beiden überhaupt nicht stattgefunden. Yuu sah mit besänftigter Miene auf die Silhouette seines Liebsten und seufzte leise. Süßer Idiot! Warum glaubst du mir nicht, dass ich den Weg noch weiß!? So viel Vertrauen hast du also zu mir – nämlich keins. Okay, bin ja auch irgendwie selbst dran schuld, aber dennoch, mich so abblitzen zu lassen... Argh! Los, mach schon Takashi! Lauf vor den nächsten Baum und verschandle dir dein süßes Antlitz, damit du die Augen meines liebsten Idioten nicht weiter ablenken kannst..., dachte Yuu betroffen, aber gleichzeitig belustigt über den Teil mit Takashi. Er schüttelte ergeben den Kopf, und lachte leise über den dummen Gedanken. „Alles okay, Yuu?“ Yuu blickte augenblicklich nach vorn zu Kouya, als er dessen Stimme hörte. Er traf auf Kouyas besorgte Augen und spürte sein Herz schneller schlagen. Egal, wie lange du noch neben ihm hergehst und ihn vollquatschst, Takashi, Kouya gehört schon längst mir! Daran kannst auch du nichts ändern... Ein besitzergreifendes Lächeln erschien in seinem Gesicht, während er Kouyas Blick erwiderte. „Wieso fragst du? Alles Bestens! Ich freue mich über das schöne Wetter, die tolle Aussicht, deine Anwe-“ Yuu konnte nicht zu Ende sprechen, da sich Takashi ebenfalls zu ihm umgedreht hatte, und ihn amüsiert anblickte. „Oh?! Du stehst also auf Bäume?! Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich einen weiteren Umweg gegangen, der uns an einer netten Stelle vorbeigeführt hätte, wo du mehr als nur Rotkiefern sehen kannst!“, meinte Kaito offensichtlich belustigt, der Kouya anschließend frech zuzwinkerte. Yuu musste sich beherrschen, nicht nach vorn zu stürmen und seinen Geliebten am Arm zu fassen, um dann mit ihm durchzubrennen. Takashi ging ihm schon jetzt gehörig auf die Nerven, aber wie würde es werden, wenn sie erst einmal die Felswand erreicht haben, und sie so den halben Tag auf Rufweite verbringen würden. Yuu ballte die Hände, die sich in seiner Jackentasche befanden, zu Fäusten und atmete tief ein. Er wollte sich nicht in das Spiel seines Gegenübers einwickeln lassen und lächelte überzeugt. „Wie schade! Aber vielen Dank für den Gedanken...“, antwortete Yuu völlig gefasst und sah, dass Kouya ihn erstaunt anstarrte. Der Punkt geht an mich, Takashi!, dachte Yuu zufrieden, während er Kouya ein breites Lächeln schenkte. „Keine Ursache. Dann vielleicht beim nächsten Mal, wenn ich dich wieder bei ETWAS stören darf...“ Takashis Antwort ging mit einem selbstbewussten Lachen einher, das Yuu für einen Moment stocken ließ. Was erlaubt sich dieser Kerl eigentlich..., dachte Yuu innerlich wieder auf 180, während er nach außen hin die Ruhe weg war. Er konnte beobachten, wie Kouya Takashi einen unsicheren Blick zuwarf. „Wie kommst du darauf, dass du mich gestört haben könntest? Ich habe lediglich-“ „Wer will schon nicht die aufregende Zweisamkeit mit dem Liebsten in der Abgeschiedenheit genießen?“, meinte Takashi süffisant Yuu unterbrechend, der im ersten Moment nur verblüfft zurückstarren konnte. „Oder liege ich etwa falsch?“ Yuu sah hilfesuchend zu Kouya, dessen grüngraue Augen sich zu wütenden Schlitzen verengt hatten. Da er seinen Geliebten seit Kindheitstagen an kannte, wusste er inzwischen, was nun folgen würde. Yuu war natürlich glücklich darüber, dass Kouya vorhatte, Takashi die Meinung zu sagen, aber irgendwie empfand er das als nicht richtig. Diese törichte Auseinandersetzung betraf nur ihn und Takashi, und daher sollte auch er es sein, der sie auf ehrliche und offene Weise klärte. Yuu fragte sich lediglich dabei, ob es für Kouya in Ordnung wäre, wenn er sich hier, und dadurch automatisch auch ihn, vor Takashi und dessen zwei Freunde, die der ganzen Unterhaltung interessiert gelauscht hatten, outen sollte. Er blickte noch einmal prüfend zwischen Kouya und Takashi hin und her, ehe er entschlossen zu sprechen begann – oder es zumindest vorhatte. „Na, wie dem auch sei... Mir scheint, meine Chancen stehen somit gar nicht mal so übel! Oder ich sollte besser sagen, dem Möglichen näher als dem Unmöglichen – immerhin weiß ich nun sicher, dass Kouya offen für alles ist!“, erklärte Takashi im abgeklärten Tonfall, der erst Yuu und anschließend Kouya ein wissendes Lächeln schenkte, bevor er sich umdrehte und leise summend weiterging. Yuu starrte dem älteren Mann mit einer Mischung aus Erstaunen und Zorn nach. Auf der einen Seite war er froh, dass er sein offensives Vorhaben nicht in die Tat umsetzen musste, weil er ja nicht wirklich wusste, ob Kouya damit einverstanden gewesen wäre. Aber auf der anderen Seite ärgerte ihn Takashis überhebliche Art, der er gerne mit einer offenen Liebeserklärung an Kouya Einhalt geboten hätte. Er seufzte hörbar und kratzte sich verlegen am Kopf. Dieser letzte Gedanke kam ihm sehr unreif vor. Warum fühlte er sich so unsicher in Takashis Nähe... Ich bin der Idiot hier! Kouya das Vertrauen absprechen, aber offensichtlich selbst keinen Funken davon besitzen... Woher kommt bloß diese Angst? Ich bin doch sonst nicht so voller Selbstzweifel... Während Yuu geknickt seinen Gedanken nachhing, entging ihm, dass Kouya neben ihn getreten war, und ihn sanft an der Hand berührte. „Hey?! Alles in Ordnung? Du machst so ein unzufriedenes Gesicht?“, fragte dieser leise, und nahm tröstend Yuus Hand in die seine. Yuu sah überrascht auf traf auf Kouyas zärtliche Miene. Eine Welle der Freude erfasste ihn, und er ließ seinen Geliebten ungestüm daran teilhaben. Er beugte sich zu Kouya und gab ihm rasch einen Kuss auf dessen Lippen. „Eh!? Hey...“, stotterte Kouya überrumpelt, der das darauffolgende verliebte Dauergrinsen den ganzen Weg zur Kletterwand nicht mehr aus dem Gesicht verbannen konnte. Hiroki parkte den Wagen in der Nähe der Wohnung seines seit einiger Zeit schweigenden Mitfahrers, und fasste sich anschließend behutsam zum wiederholten Male an seinen rechten Wangenknochen. Er spürte noch immer ein schmerzliches Pochen und stöhnte leise. „Wir sind da.“, sprach er leise, während er einen Blick in den Rückspiegel auf Shino warf, der sich seufzend aufrichtete. „Tut es noch weh?“, fragte dieser aufrichtig, und erwiderte Hirokis Blick im Spiegel. „Falsche Frage. Ich wäre glücklicher, wenn du mich fragen würdest, ob ich hören möchte, wer die Freundin von Kouya ist...“, rief Hiroki beleidigt, der sich abschnallte. „Wie oft soll ich dir das denn noch sagen?! Ich habe kein Recht dazu, darüber ein Wort zu verlieren. Ist das so schwer zu verstehen? Und wie kommst du bloß darauf, dass ich meinen Mund aufmachen würde, wenn du mir einen blä-“ „Schon gut, schon gut. Erinnere mich nur nicht daran!“, meinte Hiroki beschämt, der mit roten Ohren aus dem Auto stieg. Shino sah grinsend zu, wie sich dieser am Kofferraum zu schaffen machte und seine Sachen auslud. Hiroki trat anschließend zu ihm an die Seitentür und öffnete sie. „Danke. Es geht schon.“, sprach Shino mit fester Stimme, der Hirokis helfende Hand dankend ablehnte, und lediglich die ihm entgegengehaltenen Krücken annahm. Während Shino sich seinen Rucksack aufsetzte, und zwei vorsichtige Testschritte mit den Krücken in Richtung Eingang gemacht hatte, drehte er sich zu Hiroki um, der ihn mit einem unbestimmten Ausdruck in den Augen ansah. Shino spürte sein Herz schneller schlagen und traf eine Entscheidung. „Willst du nicht mit hochkommen, um deine Wange zu kühlen?“ Kapitel 18: Aufgefangen im Abgang --------------------------------- Kia hing das zweite Seil ein und ließ die Enden nach unten fallen. Anschließend sah er breit grinsend zu seinem Geliebten runter. „Na!? Wie fandest du mich?!“, rief er vergnügt. Kagerou blickte anerkennend zu Kia hoch und lächelte. „Dafür, dass du nicht mehr so häufig zum Klettern kommst, war das ziemlich beeindruckend! Deine Bewegungen waren geschmeidig und deine Auswahl der Griffe optimal, zumindest was den Kräfteverbrauch angeht. Wirklich gut!“, sprach Kagerou lobend, der seine Worte beinah bereute, als er Kias nun verschlagene Miene sah. „So? Findest du? Dann habe ich mir doch etwas ganz Besonderes verdient... Meinst du nicht auch? Hm, mal von der leidenschaftlichen Nacht abgesehen, die du mir heute schon versprochen hast, könnte ich mir vorstellen, dass du mich endlich mal nackt zeichnest?!“ Kagerou starrte fassungslos nach oben und überlegte angestrengt, wie er seinem aufgekratzten Geliebten wieder den Wind aus den Segeln nehmen könnte. „Nur wenn ich dein starkes Stöhnen und Ächzen während des Kletterns ausblende, kann ich sagen, dass es eine perfekte Leistung und eines Wunsches würdig war, aber so...“, erwiderte Kagerou spöttisch, der sich über Kias entgleitende Gesichtszüge freute. „Was?! Du kannst doch nicht erst sagen, dass es beeindruckend war, und im nächsten Moment die ganze Sache wieder revidieren! Ka-chan!?“, rief Kia empört nach unten. „Warum?! Ich habe hier nichts relativiert. Ich habe lediglich gesagt, dass es keine 100%ige Leistung war! Halt keine, die eine Nacktzeichnung wert wäre...“, entgegnete Kagerou brüsk, der sich innerlich beherrschen musste, nicht laut loszulachen. Er beobachtete Kia dabei, wie dieser die Stirn kraus zog, und verbissen über die Worte nachdachte. Kagerou begann zu lächeln – er liebte diesen Ausdruck. Kia hatte mit seinem Wunsch einen wunden Punkt bei ihm angesprochen. So sehr es sich dieser bisher auch wünschte, Kagerou wollte ihn nicht zeichnen – noch nicht, und schon gar nicht nackt. Er war noch nicht bereit oder eher, er empfand sich noch nicht als gut genug dafür. Ihm war natürlich klar, dass das für Kia keine Rolle spielte, und dieser seine Zeichenkünste sowieso für außergewöhnlich hielt, trotzdem war es ihm bislang nicht möglich. Hier musste sich sein Liebster weiterhin gedulden. Kagerou blickte fragend zu Kia hoch, der noch immer nichts sagte. „Wir haben doch schon so oft darüber geredet, Kia! Ich bin noch nicht soweit, also bitte-“ „So?! Aber andere hast du schon gezeichnet, vielleicht sogar Takashi! Bloß mich nicht...“, schoss Kia unachtsam zurück, dem seine Worte im gleichen Moment ziemlich kindisch vorkamen. Er schüttelte betroffen den Kopf und seufzte hörbar. „Natürlich habe ich schon andere nackt gezeichnet – ist immerhin Bestandteil meines Studiums, aber Takashi war nicht darunter. Wie kommst du bloß darauf? Ich dachte, wir hätten mit dieser Zeit längst abgeschlossen? Oder hat dich das Aufeinandertreffen mit ihm zurückgeworfen?“, fragte Kagerou besorgt, der Kias Gefühle durchaus verstehen konnte, es sich aber dennoch wünschte, dass dieser mehr Vertrauen und Geduld aufzeigen würde. „Nein. Schon gut. Es tut mir leid! Ich habe es nicht so gemeint, auch wenn ich mir natürlich schon wünsche, dass mich ein äußerst begabter KÜNSTLER zeichnet. Und was Takashi angeht... Nun, da wir gerade von ihm sprechen, er kommt da hin-“ Kia stockte, während sich ein überraschter Ausdruck auf seinem Gesicht zeigte. Kagerou folgte seinem Blick, und zog irritiert die Augenbraue nach oben. Kouya sah erleichtert nach vorn, vorbei an Takashi, der sich gerade angeregt mit den beiden Freunden unterhielt und plötzlich verstummte. Ihm voraus konnte er die Kletterwand entdecken, vor der sich Kia und Kagerou aufhielten. Kouya konnte erkennen, dass Kia im Seil hing und Kagerou dabei war, diesen abzuseilen. „Siehst so aus, als wären wir da...“, hörte Kouya Takashi leise sagen, der sich kurz zu ihm umdrehte und entschuldigend lächelte. „Ich werde mal eben einem alten Freund ‚Hallo’ sagen. Wir sehen uns später...“ Während Takashi ihnen wieder den Rücken zuwandte, und in Richtung Felswand davonging, konnte Kouya die Stimmen der beiden Freunde hören, die sich leise miteinander unterhielten. „Ist er das nicht? Also der, der am Boden steht und die Sicherung übernommen hat!?“ „Wer?“ „Na ja, der unheimlich talentierte und außergewöhnlich attraktive junge Kletterer, dem Takashi mehr als nur seine Aufmerksamkeit während des Trainings geschenkt hatte. Ich habe gehö-“ „Ah! Genau. Davon habe ich auch gehört. Sie waren angeblich ein Paar, aber haben es nie öffentlich gemacht.“ „Hm. So etwas wurde gemunkelt. Bis heute weiß keiner so genau, wie es wirklich war, und vor allem, warum er mit dem Klettern aufgehört hat. Takashi verliert kein Wort darüber. Nun, ich glaube ja, dass sie sich gestritten haben, und einander nicht mehr ausstehen konnten. Grund dafür war bestimmt eine dritte Person, die sich zwischen die bei-“ Die beiden Freunde drehten sich plötzlich zu Yuu und Kouya um, die ihrerseits interessiert gelauscht hatten, und sahen den Letzteren mit einer Mischung aus Neugier und Bestürzung an. Hey, hey! Wenn ihr das denkt, was ich denke, dann denkt ihr falsch! Ich habe mit der ganzen Sache nichts zu tun! Ich kenne die beiden überhaupt nicht so lange – Takashi gerade mal seit 24 Stunden..., dachte Kouya aufgebracht beim Anblick der beiden Gesichter vor sich. Er konnte sich in seinen Gedanken noch nicht entscheiden, ob die zwei ihn für die ominöse dritte Person hielten, die sich möglicherweise zwischen Takashi und Kagerou gedrängt haben könnte, und somit der Grund für den Rückzug des Klettergenies war, oder aber er für sie einfach eine gute Informationsquelle darstellte. Kouya blickte hilfesuchend zu Yuu, der lediglich fragend zurückstarren konnte, und seufzte kaum hörbar. Er wollte gerade die Situation aufklären, als sich die beiden auch schon entschuldigend umdrehten, und hastig davonliefen. „Habe ich jetzt etwa so furchterregend ausgesehen?“, fragte Kouya schief grinsend, der eigentlich keine Antwort haben wollte, aber dennoch eine bekam. „Hm... Ich habe dich jetzt zwar nicht von vorn gesehen, aber du kannst durchaus entsetzlich gucken, wenn du es beabsichtigst! Ich spreche da aus jahrelanger Erfahrung...“ Yuu gab seiner großen Liebe einen leichten Stups in die Seite, ehe er ebenfalls auf die freie Fläche vor ihnen trat. Er wandte sich Kouya zu, dessen grüngraue Augen ihn ärgerlich anfunkelten. „Sieh an! Kaum sprach ich davon, schon habe ich den Beweis vor Augen!“, scherzte Yuu lachend, der seine Hand nach Kouya ausstreckte. Dieser starrte für einen Moment ungläubig auf die Hand, bevor er anschließend in Yuus dunkle Augen sah, in dessen Schönheit er durchaus ertrinken könnte, wenn er nicht achtgab. „Du glaubst doch nicht etwa, dass ich Händchen haltend mit dir da rausmarschiere – und schon gar nicht nach deinen Worten!“, rief Kouya bockig. Yuus Mundwinkel zuckten leicht, als ihm ein leises Lachen über die wohlgeformten Lippen kam. Er ging selbstbewusst zu Kouya zurück, und blieb dicht vor diesem stehen. Kouya schluckte und spürte sein Herz augenblicklich schneller schlagen, während Yuu nichts weiter tat, als ihm intensiv in die Augen zu blicken. Er presste begeistert seine Lippen aufeinander. Es war einfach unbeschreiblich, was dieser Mann in ihm auslöste. Bauchkribbeln, weiche Knie, Begierde, Wärme, Bewunderung und Zuneigung waren nur einige der vielen Dinge, die ihn mit jedem Mal stärker ergriffen, wenn sich Yuu bei ihm befand. Kouya fühlte das Verlangen nach dessen körperlicher Nähe wachsen, und ertappte sich dabei, dass er sich zusammen mit diesem zurück in den Wald wünschte, wo sie unbelästigt dort weitermachen konnten, wo sie gestört worden waren – zwar nicht mit dem vollen „Programm“, aber gegen weitere aufregende Minuten der Zweisamkeit hatte er überhaupt nichts einzuwenden. Kouya hielt es nicht mehr aus. Er musste Yuu auf der Stelle küssen, sonst würde er vor unbefriedigter Lust platzen. Seine Hände, vor Aufregung zitternd, langten nach Yuus Wangen, die er zärtlich berührte. Er konnte sehen, dass sich Yuus Lippen vor Erstaunen leicht öffneten, und dessen ebenmäßige weiße Zähne durch den schmalen Spalt hervorblitzen. Für einen Augenblick schoss ihm das Bild einer Zahnspange durch den Kopf, und er überlegte angestrengt, ob Yuu irgendwann mal eine getragen hatte. Er konnte sich aber nicht entsinnen, diesen jemals damit gesehen zu haben, und schob diesen schrägen Einfall daher zur Seite Der idiotische Gedanke ließ ihn breit grinsen und führte dazu, dass Yuu ihn skeptisch ansah. Kouya reckte sich unbeirrt in die Höhe, um mit seinem Mund Yuus erreichen zu können, als sich dieser mit einemmal zu ihm runterbeugte. Einen Augenblick später spürte er dessen warme Lippen, die sich leidenschaftlich gegen seine drückten. Kouya blinzelte berauscht, und umschlang ausgelassen mit seinen Armen Yuus Rücken. Dieser machte es ihm nach, so dass sie für mehrere Minuten eng umschlugen, alles um sich herum vergessend, dastanden. Während ihre feuchten Zungen miteinander Fangen spielten, eine leichte Brise durch ihr rotbraunes und schwarzes Haare fuhr und ihre Körper sich verliebt aneinander pressten, nahmen sie das wage Geräusch eines anerkennenden Pfeifens wahr. Kouya löste sich als erster, und spähte vorsichtig an Yuu vorbei zum Felsen, wo er zum einen Takashi beobachtete, wie dieser sich umdrehte und die gemeinsamen „Freunde“ wieder allein ließ, und er zum anderen Kia dort stehen sah, der ihm eine unverschämte Geste zuwarf. Dieser wurde sofort durch Kagerous Hieb in dessen Seite Einhalt geboten, was dazu führte, dass Kia hörbar aufstöhnte und dieser anschließend verärgert zu seinem nun grinsenden Geliebten starrte. Kouya konnte sich das Lachen nicht verkneifen und musste Yuu auf dessen Wunsch hin erklären, was ihn so schmunzeln ließ. „Geschieht dem ganz recht! Warum muss er uns auch stören, wenn es gerade am schönsten ist...“, meinte Yuu begierig, der sich erneut zu Kouya hinabbeugte und sanft dessen Lippen mit seinen berührte. Dieser erwiderte den Kuss einen Moment lang, bevor er sich räuspernd zurückzog und Yuu mit entschuldigenden Augen anschaute. „Ich denke, wir sollten Kia und Kagerou endlich begrüßen gehen. Meinst du nicht auch?!“, meinte Kouya verlegen, der in Yuus Augen nach Zustimmung suchte. „Okay. Aber viel lieber würde ich-“ Yuu sprach nicht zu Ende, da die Person, an die seine Worte gerichtet waren, unerwartet an ihm vorbeisprintete, und ihn verblüfft zurück ließ. Er drehte sich um, und starrte auf den sich entfernenden Rücken seines Liebsten und seufzte nachsichtig. Hiroki starrte prüfend in den Spiegel und versuchte seine Nervosität in den Griff zu bekommen. Seine Gedanken wanderten zu den ersten Minuten ihrer Ankunft, seit der weniger als eine halbe Stunde vergangen war, und er von dieser nun schon mindestens eine viertel Stunde im Bad verbrachte. Er fuhr sich beschämt durch die Haare. Es war nicht so, dass er Shinos Einladung mit dem Hintergedanken angenommen hatte, um damit doch noch zu einer Antwort auf seine ihn wurmende Frage zu kommen, oder gar mit diesem ins Bett hüpfen zu können, nein, das auf keinen Fall. Aber wenn er sorgfältig darüber nachdachte, wurde er das Gefühl nicht los, dass Shino hingegen genau das mit dem Angebot beabsichtigt hatte – das letztere versteht sich, und er sich somit langsam Gedanken machen müsste, was er tun würde, wenn es wirklich dazu kommen sollte. Hiroki seufzte ergeben. Natürlich hatte er dieser zwanglosen Bettgeschichte freiwillig zugestimmt, aber er musste sich eingestehen, dass er überhaupt keine Ahnung davon hatte, wie „es“ vonstattengeht. Mal vom Oralverkehr abgesehen, den er anscheinend zu Shinos vollkommener Zufriedenheit erledigen konnte, hatte er bezüglich Analverkehr keinerlei praktische Erfahrungen. Zumindest konnte er glücklicherweise behaupten, dass er sich eine zeitlang heimlich mit der Thematik auseinandergesetzt hatte – auch wenn dies schon Jahre zurück lag, und dabei ausschließlich Bücher und Filme als Referenz dienten. „Nun, so viel kann sich eigentlich nicht verändert haben...“, murmelte Hiroki zuversichtlich, der aber insgeheim hoffte, dass es heute nicht dazu kommen würde. Er wollte sein Wissen lieber vorher allein aufpolieren, und dann Shino damit beeindrucken. Eh? Wieso will ich den beeindrucken?! Und überhaupt, „Untenliegen“ kommt absolut nicht in Frage! Mist... Diesen wichtigen Aspekt haben wir noch gar nicht geklärt! Wenn er sich einbildet, in meinen Hin- Ein Klopfen an der Badetür unterbrach Hirokis rasende Gedanken. Er betrachtete seinen zweifelnden Gesichtsausdruck im Badespiegel und seufzte leise, als er Shinos Stimme hörte. „Alles okay bei dir da drin?“ „Äh ja, alles bestens. Ich komme gleich...“, entgegnete Hiroki angespannt, der sich wegen der unbedacht dahergesagten letzten drei Worte vor die Stirn schlug. „Gut. Bist du mit einer Tasse Grünen Tee einverstanden?“ Hiroki rollte mit den Augen und verkniff sich angestrengt das Lachen, da er nun über die eigenen Worte lachen musste. „Hört sich gut an...“, presste er mühevoll hervor und war erleichtert, als Shino zurück in die Küche humpelte. Hiroki wusste, dass er sich hier unnötige und durchaus widersprüchliche Gedanken machte, denn schließlich war er im Hotel bereit gewesen, ohne wenn und aber mit Shino zu schlafen, wäre da nicht dessen Fuß dazwischen gekommen. Nichtsdestotrotz fühlte er sich nun irgendwie überfordert, und war mehr als verunsichert. Er stöhnte ratlos, während er den Eisbeutel wieder in die Hand nahm, und diesen gegen die nur noch leicht schmerzende Wange hielt. „Dann mal auf in die Höhle des attraktiven Drachens...“, murmelte er weniger erfolgversprechend, als es ihm lieb war. Shino spähte über den Tassenrand zu Hiroki rüber, der sich offensichtlich nicht wohlfühlte. Dieser saß ihm angespannt am Küchentisch gegenüber, und nippte gedankenverloren am Tee. Seit Hiroki in die Küche zurückgekommen war, verhielt er sich ungewohnt schweigsam, und vermied jeglichen Augenkontakt. Shino musste innerlich grinsen, und freute sich ungemein über dessen ganz und gar nicht selbstsicheres Auftreten. Er überlegte ernsthaft, ob er sofort mit der Tür ins Haus fallen und Hiroki dadurch noch mehr unter Druck setzen sollte, aber er entschied sich dagegen. Shino würde seine Lust auf diesen fesselnden Mann vor ihm noch eine Weile unterdrücken, und die „Ruhe“ vor dem „Sturm“ genießen. Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als Hiroki es endlich schaffte, den Mund aufzumachen. „W- wie geht es dei- deinem Fuß?“, fragte dieser stockend und blickte ihm für einen Augenblick in die Augen. Shinos Lächeln wurde noch breiter und er konnte sehen, wie sich Hirokis Augen daraufhin überrascht weiteten. Shino war sich seiner anziehenden Wirkung auf andere bewusst, und das er diese verstärkte, wenn er seine langen schwarzen Haare offen trug, war ihm nicht neu. Es machte ihn glücklich zu sehen, dass er Hiroki damit ebenso faszinieren konnte und spürte, dass seine Erregung schlagartig anstieg. Am liebsten wäre er sofort mit Hiroki unter der Bettdecke verschwunden, aber er musste sich noch gedulden. „Spannender Weise schmerzt der gerade überhaupt nicht mehr. Vielleicht wirken jetzt alle bisher eingenommenen Tabletten auf einmal...“, entgegnete Shino scherzhaft, der seine Tasse abstellte und nach einem kleinen Messer griff, dass er sich vorher zusammen mit einem Apfel auf dem Tisch zurechtgelegt hatte. Während er elegant den Apfel zu schälen begann, spürte er Hirokis Blick auf sich. Shino sah interessiert rüber, und konnte für einen flüchtigen Moment einen bestürzten Ausdruck auf dessen Gesicht erkennen. Dieser verschwand so plötzlich, wie er aufgetaucht war, und Hirokis Miene zierte nun ein fragliches Lächeln. Shino ahnte, dass der Grund für dessen Schrecksekunde seine positive Aussage bezüglich der Schmerzen im Fuß war, und fing laut zu lachen an. Er sah sein Gegenüber entschuldigend an. Hiroki starrte Shino entgeistert an, während sein Ärger anschwoll. Es war nicht zu übersehen, dass dieser sich über ihn lustig machte, und er auch noch selbst daran schuld war. Er schnaubte verächtlich und hatte gerade vor, Shino die Meinung zu sagen, als er ein Stück vom Apfel hingehalten bekam. „Magst du?“, fragte ihn Shino unschuldig, dessen attraktives Gesicht hingegen vor Verlangen buchstäblich glühte und es regelrecht danach schrie, berührt zu werden. Hiroki schluckte, und fixierte mit seinen Augen das Apfelstück. Nach kurzem Zögern griff er danach, aber tat es so bedacht, dass er dabei Shinos Finger berühren konnte. Hiroki verharrte mit seinen Fingern an Shinos Hand und genoss dabei das elektrisierende Gefühl, welches sich, ausgehend von der Stelle der Berührung, in seinem ganzen Körper ausbreitete. Er schloss kurz die Augen, um so das betörende Gefühl noch intensiver genießen zu können. Sein Ärger verschwand völlig aus dem Bewusstsein und ließ ein Vakuum zurück, das sich sofort mit dem berauschenden Gefühl der Lust füllte. Was tue ich hier eigentlich?! Ich sollte gehen, und zwar sofort... Hiroki blickte in Shinos erwartungsvolle Augen und beschloss, alle bisherigen Bedenken über Bord zu werfen und sich an Shinos Spiel zu beteiligen – aber nicht nur als passive Spielfigur. Er schob das Geschirr vor sich zur Seite, krabbelte über den massiven Holztisch rüber zu Shino, der mit einer Mischung aus Erstaunen und Erregung zu ihm hochblickte, und ließ sich breitbeinig vor diesem auf dem Tisch nieder. Er griff mit selbstbewussten Händen nach Shinos Kopf, den er sanft zu sich hochzog. Er beugte sich hinab, und küsste erst behutsam, dann immer fordernder dessen weiche Lippen. Hiroki stand allein in Shinos Zimmer, und sah sich neugierig um. Die Einrichtung war genau nach seinem Geschmack: Ein Bett, ein Bücherregal, ein wenig High-Tech-Kram und ein bequem aussehender neumodischer Stuhl am Fernster waren alles, was auf sein Auge traf. Weiße Wände, kein zusätzlich rumliegender Schnickschnack und die beherrschende graue Farbe der Möbelstücke, mit einer Ausnahme, rundeten den Anblick ab. Das Zimmer wirkte weder überladen, noch gänzlich leer, und bewahrte sich somit eine angenehm kühle Optik, die Shinos Charakter schmeichelte. Hiroki begann zu grinsen. Sein anerkennender Blick fiel auf das breite Bett aus massivem Holz, das im westlichen Still erbaut war, und mit seinem warmen Braunton die Ausnahme im Raum bildete. Es erinnerte ihn an den großen gemütlichen Küchentisch, über den er vor wenigen Minuten in einem Anflug von Größenwahnsinn geklettert war. Der Gedanke daran brachte augenblicklich seine Ohren zum Glühen, so dass er sich hastig abwandte, und das Bücherregal genauer betrachtete. Unter den etlichen japanischen sowie europäischen Klassikern fand er verschiedene auffällige Bildbände, deren Inhalte sich aus den Titeln nur schwer erahnen ließen. Hiroki wollte vorerst nicht wissen, was sich dahinter verbarg, und warf darum einen abschätzenden Blick über die Hi-Fi-Anlage, die ziemlich luxuriös erschien, und trat dann mit wachsender Aufregung und um Shino kreisende Gedanken an das Fenster heran. Dieser würde wohl jeden Moment nach seinem Besuch im Bad hier auftauchen, und dort weitermachen wollen, wo sie in der Küche zuvor abgebrochen hatten. Hirokis lockeres Grinsen verwandelte sich bei diesem Gedanken prompt in ein unsicheres Lächeln, dem der Hang zur Sorge anzusehen war. Die Unterbrechung war zwar nötig gewesen, da sich der obligatorische Gang zur Toilette nicht vermeiden ließ, dennoch hatte sie bei ihm dazu geführt, dass er sich erneut fragte, ob es der richtige Zeitpunkt war, um miteinander zu schlafen. Die Lust war da, auch jetzt, trotz der Pause und der neugierigen Inspektion des Zimmers. Aber zur seiner Leidenschaft gesellte sich, neben Unsicherheit und Unbehagen, fröhlich die Angst vor dem Versagen, obwohl er nicht wirklich benennen konnte, inwiefern er versagen könnte. Potenzschwierigkeiten sollte es keine geben, denn er hatte schon in der Küche seine anschwellende Erregung im Schritt gespürt, die förmlich nach Freiraum schrie – was zudem auch nicht das erste Mal in Shinos Gegenwart war. Nichtsdestotrotz beunruhigte ihn die ungeklärte „Positionsfrage“, die, wie er fand, eine erhebliche Rolle im weiteren Verlauf der nächsten Minuten, und vor allem bei ihren zukünftigen Treffen spielen würde. Für Hiroki kam definitiv nicht Frage, den eigenen Hintern hinzuhalten. Gleichzeitig verursachte ihm diese vehemente Haltung aber den Druck, unerfahren in ein Gebiet vorstoßen zu müssen, von dem er bisher nur geträumt hatte – zumindest ab und zu, wobei ihm jene Details schon längst wieder abhanden gekommen waren. Hiroki hatte somit also absolut keine Ahnung, wie er, und ob er überhaupt in der Lage war, seinen kleinen „Freund“ ohne große Hindernisse versenken zu können. Allein schon der Gedanke daran, ließ ihn zwiespältig aufstöhnen. Er hörte ein dumpfes Geräusch vor der Tür, und drehte sich ihr alles andere als entspannt zu, als sie einen Moment später auch schon aufging. Shino, der nur noch in seine Unterhose gekleidet war, humpelte schief grinsend in das Zimmer, und ließ Hiroki erst einmal alle Zweifel vergessen. Shinos fast nackte Erscheinung war beinahe zuviel für Hiroki. Dessen Erregung schraubte sich explosionsartig in die Höhe, und er konnte sich nicht entscheiden, welche Körperpartie er zuerst mit seinen Augen liebkosen sollte. Es war ein über alle Maßen attraktiver Anblick. Shinos im Gesicht blasse Haut, die durchaus auch als weiß bezeichnet werden konnte, setzte sich auf natürliche Weise über dessen ganzen Körper fort, und lag in friedlicher Konkurrenz mit den langen schwarzen Haaren, die über dessen linke Schulter nach vorne fielen. Konkurrenz daher, da Hirokis Augen keine Entscheidung treffen wollten, wem sie mehr Aufmerksamkeit schenken sollten. Hirokis Blick fiel auf Shinos rechte Hand an der Krücke, die eine bunte Tube hielt. Ihm wurde augenblicklich klar, was das sein musste, und konnte die lauernde Gegenwart der unterdrückten Zweifel abermals spüren. Kein Grund zur Sorge... Vielleicht will er sich damit ja nur die Haare nach hinten schmieren... Idiot! Mit rasenden Gedanken wanderten seine Augen weiter zu Shinos enger Unterhose, an deren Bund er eine Reihe Kondome entdeckte, von denen zwei sichtbar herausschauten, und das dritte versteckt hinter dem Bund lag. Wäre er nicht zu nervös, vor allem aber erregt gewesen, dann hätte ihn Shinos „außergewöhnlicher“ Anblick durchaus auch erheitern können. So belächelte er lediglich innerlich diese amüsante Note, und genoss lieber den Anblick von Shinos langen sportlichen Beinen, und er begann sich sofort zu fragen, wie dieser es wohl geschafft hatte, ohne Hilfe aus der engen Kletterhose zu kommen. Hat er die jetzt völlig zerschnitten? Oder vielleicht gekonnt zerrissen, wie irgendein muskelbepackter fünf Sterne Wrestler? Halt, ne, dazu fehlen ihm definitiv die Muskelberge... Oh scheiße, Hiroki, hast du nichts Besseres zu tun, als über derlei idiotische Dinge nachzudenken? Du solltest dich stattdessen um eine klärende Unterhaltung bezüglich der Oben-Unten-Frage bemühen... Hiroki sah Shino ins Gesicht, und entdeckte Schweißperlen auf dessen Stirn. Er überlegte gerade, ob diese vielleicht der sichtbare Beweis für die unkonventionelle Entfernung der Hose war, als er angesprochen wurde. „Alles okay, Hiroki? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen...“, wollte Shino wissen, der sich nicht mehr ganz so zuversichtlich wie in der Küche anhörte, als sie ihre positive Entscheidung bezüglich des Sexes getroffen hatten. „Ä- also, warum sollte nicht alles in Ordnung sein?“, stammelte Hiroki verlegen, der sah, dass Shino die Tube elegant aufs Bett warf und ihr anschließend dorthin folgte. „Hast du es dir anders überlegt?“ Hiroki starrte Shino entgeistert an. Er und es sich anders überlegt haben? Nicht mit dieser Erektion in der Hose. Er hatte beschlossen, die nächsten Minuten einfach auf sich zukommen zu lassen, oder eher, sie genüsslich zu seiner und Shinos Befriedigung zu gestalten. Er schenkte Shino ein lustvolles Lächeln, und ging auf diesen zu, der sich inzwischen auf die Bettkante gesetzt hatte, und umständlich die Krücken davor auf den Fußboden legte. „Wie geht es deinem Fuß?“, fragte Hiroki abschätzend, der nun vor Shino in die Höhe ragte und dabei war, seinen Pullover auszuziehen. „Ist auszuhalten...“, entgegnete Shino gespannt, drehte sich um, und krabbelte unbeholfen auf allen vieren in die Mitte des Bettes. Sonderlich weit kam er dabei nicht, da er plötzlich Hirokis Gewicht auf sich spürte. Er fühlte die Berührung der nackten breiten Brust auf seinem Rücken, und hielt überwältigt den Atem an. Hiroki stützte sich mit dem rechten Arm auf dem Bett ab, während er mit der Hand seines anderen Arms sanft über Shinos Brust fuhr. „Sag mal Shino, stehst du auf Wrestling?“, flüsterte Hiroki mit bebender Stimme in Shinos Ohr, der irritiert die Augenbrauen nach oben zog. „Bitte?!“ „Na du weißt schon! Diese öligen Muskelberge, auch Homo sapiens genannt, die in engen quietschbunten Kostümen durch den Ring springen, und so tun als ob...“ Während Hiroki mit seiner, wie er selbst wusste, völlig schrägen Erläuterung fortfuhr, bahnte er sich sanft mit seiner streichelnden Hand einen Weg von Shinos weicher Brust, über den festen Bauch hinunter zu dessen Unterhose, wo er nach den Kondomen suchte. Er fand sie, zog sie langsam heraus, um sie dann achtlos zur Seite zu werfen. Hiroki spürte, dass Shino unter seinen Berührungen erschauderte, und freute sich über diese Reaktion. Er fing an, Shinos rechte Schulter mit Küssen zu bedecken, und ließ anschließend seine Zunge zu dessen Nacken wandern, wo er sanft hinein biss. Diese Aktion brachte genau die von ihm erwünschte Wirkung – Shino stöhnte leise auf, und legte sich anschließend ergeben auf den Bauch. „Hey! Die Bauchlage ist unfair! Da kann ich dir weder ins Gesicht sehen, noch deine Brust küssen – von der Stelle weiter unten ganz zu schweigen!“, neckte Hiroki lüstern und begann, Shino auf den Rücken zu drehen. Dieser ließ es ohne Widerstand geschehen, aber achtete peinlichst genau darauf, dass sich sein verletzter Fuß dabei nicht verdrehte. Hiroki kuschelte sich nun seitlich an Shino heran, und stützte lässig den Kopf in eine Hand. Er musterte seinen Bettgefährten aus dieser leicht erhobenen Position, und schnalzte bewundernd mit der Zunge. „Mich wundert es noch immer, wie du allein aus der Kletterhose gekommen bist. Ich hätte dir dabei nämlich gern geholfen. Dass du mir die Arbeit aber nicht völlig abgenommen hast, dafür hast du glatt einen Kuss verdient...“, meinte Hiroki spöttisch, der für einen Moment mit anzüglichem Blick an Shinos Unterhose verweilte, ehe er sich dann langsam zu dessen Mund runterbeugte, und seine Lippen mit Shinos vereinigte. Der Kuss zog sich in die Länge, aber vor allem in die Tiefe. Ihre feuchten Zungen trafen und trennten sich, und jede liebkoste auf ihre Weise jeweils die unbekannten Regionen der Mundhöhle des anderen, um anschließend ihr Spiel einfach von vorne zu beginnen. Hiroki spürte Shinos Hand am Rücken, deren sanfte Berührung sein Herz schneller schlagen ließ. Diese sachte Berührung der Hand verwandelte sich aber zu einem Druck ausübenden Kontakt, sobald er vorhatte, sich vom Kuss zurückzuziehen. Er spürte, dass seine Begierde dadurch erstaunlicherweise weiter anwuchs, dennoch verunsicherte ihn Shinos bestimmende Handlung, und die Frage der „Position“ fand den Weg zurück in seinen Kopf. Hiroki wusste, dass er Shinos Lippen aufgrund der Hand nicht so leicht entkommen würde – eigentlich auch nicht entkommen wollte – und beschloss daher, Shinos ohnehin schon wonnetrunkenen Zustand weiter in die Höhe zu schrauben. Während er fangen mit Shinos Zunge spielte, wanderte seine Hand hinunter zu dessen Bauchnabel, den er mit seinen Fingern kurz umzingelte, bevor er ohne Ankündigung seine Hand in Shinos Unterhose gleiten ließ. Shinos augenblickliches Erbeben wurde begleitet durch ein lustvolles Stöhnen, was zum einen Hirokis Lippen freigab, aber sich zum anderen so verboten sexy anhörte, dass er seinen Mund am liebsten wieder mit Shinos vereint hätte. Er riss sich also zusammen, und gab seinen Befürchtungen eine Stimme. Gleichwohl konnte er nicht aufhören, Shino selbst dabei verspielt zu necken. Er zog seine Hand aus der Unterhose hervor, und ließ sie wieder nach oben wandern. Er konnte Unzufriedenheit in Shinos Augen aufblitzen sehen. „Interessant finde ich ja, dass du gleich drei Kondome mitgebracht hast. Hast du etwa mehrere Runden geplant?“, fragte Hiroki unschuldig, der dabei tief in Shinos dunkle Augen sah, in denen der missvergnügte Ausdruck jetzt verschwunden war. Stattdessen hatte seine die Stille durchbrechende Frage, die zudem vor Frechheit nur so blühte, bei Shino dazu geführt, dass dieser ihn nun für einen Moment mit einer Mischung aus Unglauben und Scham anstarrte, ehe er den Kopf ignorierend zur Seite drehte. Hiroki ließ nicht locker. „Sollten wir vorher aber nicht noch etwas klären?“, hauchte dieser verführerisch und spielte unterdessen, geduldig auf eine Antwort wartend, liebevoll mit den Fingern an Shinos Brustwarzen. Nur blieb diese aus. Alles was Shino tat, war, Hirokis Blick weiterhin schweigend auszuweichen und die Lippen fest aufeinander zu pressen. „Warum so verkniffen, Shino?“, wisperte Hiroki entzückt, der nun anfing, Shinos dargebotenen Hals zu küssen. Im Augenwinkel konnte er sehen, dass Shino berauscht die Augen schloss und sich in den Handrücken biss. Dieser Anblick heizte Hiroki ungemein ein, so dass er sich rasch erhob, und sich rittlings auf Shinos „delikate“ Körpergegend setzte. Er beobachtete, dass sich dessen Augen vor Überraschung schlagartig weiteten. Aber was ihn noch mehr anmachte, war, Shinos harte Erektion unter sich spüren zu können. Dieses Gefühl war unbeschreiblich – wie würde es dann erst sein, wenn er ebenfalls seine Hose auszog, und so ihre Haut nur noch durch den dünnen Stoff ihrer Unterhosen getrennt wären. Hiroki erschauderte. So weit wollte er lieber vorerst nicht denken. „Also, wie machen wir-“ Hiroki konnte seinen Satz nicht zu Ende bringen, da Shino ihn ungeduldig unterbrach. „Hiroki... Ich habe keine Ahnung, ob du jetzt von mir hören willst, dass ich Wrestling absolut geil finde, und es daher liebe, in solch einem hautengen bunten Kostüm im Bett herum zu hüpfen – am besten noch mit Löchern unten, so dass ich es nicht einmal ausziehen brauche, wenn ich sexuell aktiv werde...“, meinte Shino aufgebracht, der mit seiner verbalen Explosion aber noch nicht fertig war. Er starrte Hiroki fest in die Augen, der seinen Blick völlig perplex erwiderte. „...tja, dann muss ich dich und deine Vorliebe, wenn es denn eine ist, leider enttäuschen! Nun, vielleicht beantworte ich ja dafür deine andere, bisher unausgesprochene Frage zu deiner Zufriedenheit. Oder sollte ich eher zu deiner Beruhigung sagen?! Also: Wenn du nicht bald anfängst, es mir ernsthaft zu besorgen, dann werde ich meine dir zu Gunsten getroffene Entscheidung nochmals überdenken und dafür sorgen, dass DU deinen Hintern hinhältst! Habe ich mich klar ausgedrückt? Du kannst also unbesorgt loslegen, da dein Arsch heute jungfräulich bleiben wird!“ Hiroki wusste nicht, was er sagen sollte. In seinem Kopf drehte sich alles, und er starrte unentschlossen auf Shino hinunter, der seinen Blick selbstbewusst erwiderte. Er spielte ernsthaft mit dem Gedanken, aus dem Bett, ja, sogar aus der Wohnung zu fliehen – konnte sich aber letztendlich keinen Zentimeter bewegen. Shinos unverblümte Wortwahl entsetzte ihn. ‚Besorgen’ und ‚Arsch’ waren Ausdrücke, die er in solch einer Situation noch nie gehört, geschweige denn selbst verwendet hatte – gut, dies hier war auch eine ganz spezielle Angelegenheit. Obwohl es also neu für ihn war, und er sich noch nicht sicher war, ob er es mochte, musste er sich eingestehen, dass es ihn erregte – es war sexy, Shino so reden zu hören, und er überlegte, ob das nur für Shino galt, oder es ihn generell antörnte. Bin ich devot geartet?!?! Während Hiroki versuchte, Herr seines Gefühlschaos zu werden, richtete Shino sich auf, so dass ihre nackten Oberkörper nur noch weniger Zentimeter voneinander entfernt waren. Hiroki hatte vor, seine Sitzposition ein Stück zurück auf die Oberschenkel zu verlegen, damit er Shino so mehr Raum für ein bequemeres Hinsetzen geben konnte, aber er wurde prompt daran gehindert - er spürte Shinos ihn fest umschlingende Arme, die es ihm zum einen erschwerten, sich zurückzuziehen, zum anderen aber gleichzeitig dafür sorgten, dass die trennenden Zentimeter zwischen ihrer enthüllten Haut schrumpften. Hiroki sog bei der Berührung mit Shinos barer Brust scharf die Luft ein, und suchte entflammt nach dessen Augen. Dieser lächelte ihn zuversichtlich an, und begann seinen Hals zu küssen. Die Augen verschlossen und den Kopf in den Nacken gelegt, genoss Hiroki Shinos feuchte Liebkosungen und wurde sich plötzlich der Enge seiner Hose bewusst – diese musste er loswerden, und zwar ganz schnell. Er wartete noch genußfreudige zehn Sekunden, bevor er Shino mit seinen Händen sanft zurückschob, um in dessen Augen schauen zu können. „Ich denke, ich sollte mich ganz ausziehen...“, flüsterte er mit erregter Stimme, und stand entschieden auf. Neben dem Bett begann er seine Hose zu öffnen, aber hielt für einen Moment inne, als er Shinos fragenden Blick bemerkte. „Kommt nicht in Frage! Ich werde hier keinen homoerotischen Strip einlegen...“, entgegnete er vergnügt, und zog sich Hose und Unterhose auf einmal aus. Shinos anerkennender Pfiff brachte ihn beinah aus dem Gleichgewicht, als er dabei war, die Hose vom zweiten Fuß abzuschütteln. Er spürte, dass seine Ohren erneut aufglühten. Um sich aus seiner Verlegenheit zu retten, griff er nach dem ausgezogenen Kleidungsstück, und legte es ordentlich zusammen. Der Blick, den Shino ihm nun zuwarf, grenzte schon an Diskriminierung. „Warum kommst du nicht einfach zurück ins Bett, und hilfst mir aus meinem letzten Stück Stoff – das hattest du vorhin so schön angekündigt, wenn mich nicht alles täuscht...“, sprach Shino süffisant, dessen Augen vor Lust aufblitzten. Hiroki musste erneut feststellen, dass er absolut keine Ahnung hatte, was in Shinos Kopf vorging. Dessen Verhalten, das in den letzten Minuten abwechselnd von Scham, Vergnügen, Ärger bis hin zu Arroganz geprägt war, ließ ihn ein weiteres Mal ratlos auf der Strecke zurück, so dass er diesen Gedanken umgehend zur Seite schob, und eilends zurück zu Shino krabbelte, der ihn erwartungsvoll ansah. „Nun, ich hoffe, du weißt, worauf du dich hier einlässt! Ich bin blutiger Anfänger, und werde wohl ohne deine Anweisungen nicht weit kommen...“, gab Hiroki aufrichtig zu. „Keine Sorge! Tu einfach, wonach dir der Sinn steht und später, wenn du keinen Rückzieher machst, werde ich dir genau erklären, was du tun musst, damit es dir, aber vor allem mir nicht zu sehr schmerzt...“, erwiderte Shino ermutigend, der Hirokis Berührungen kaum noch abwarten konnte. „Ich bitte untertänigst darum...“, sprach Hiroki gespielt unterwürfig, während seine Lippen Shinos fanden. „Bist du dir sicher?“, fragte Hiroki unsicher, der die Tube wieder verschloss und den entnommenen Inhalt in seiner Hand unschlüssig anstarrte. „Wie oft denn noch... Nun mach schon...“, brachte Shino stöhnend hervor, dem das Ganze jetzt eindeutig zu lange dauerte. Er wollte Hiroki endlich in sich spüren, aber er durfte nichts überstürzen – Hiroki, aber vor allem seinem Hintern zuliebe. „Ich bin schon recht entspannt... Die Streicheleinheiten deiner Zunge und deines Mundes haben prima Vorarbeit geleistet! Also, keine falsche Scheu! Verteile die Gleitcreme einfach über der Öffnung und deinem Zeigefinger, und schieb ihn dann langsam rein.“ Hirokis ‚Okay’ ging im leidenschaftlichen Kuss mit Shino unter. Dieser stützte sich dabei auf seine Unterarme, um so Hirokis Lippen leichter erreichen zu können. Shino konnte fühlen, wie Hiroki genau das tat, was er ihm aufgetragen hatte, und brach in schieres Wonnegefühl aus. Hirokis Finger nährte sich mit leichter Massage seiner Öffnung, um anschließend achtsam darin zu verschwinden. Während der Zeigefinger vorsichtig die Innenseite seines Schließmuskels massierte, liebkoste Hirokis Daumen gekonnt die äußerst empfindliche Stelle am Damm unterhalb seiner Hoden. Auf diese Weise würde es nicht sehr lange dauern, bis er zum Höhepunkt kommen würde. Shino hatte aber beschlossen, erst zu kommen, wenn er Hirokis Erektion in sich spürte. Daher stoppte er entschieden mit seiner Hand dessen Daumen. Hiroki hielt irritiert im Kuss und seiner Fingerbewegung inne, und sah Shino fragend an. „Noch nicht...“, hauchte Shino bebend, der Hiroki stattdessen aufforderte, einen zweiten Finger hinzuzufügen. „Schon?!“ Shino kam sich bei seinen Anweisungen zwar nicht unbedingt blöd vor, aber er wusste, dass diese ihrer berauschenden Stimmung leicht entgegenwirkten, und hoffte daher auf ein wortkargeres nächstes Mal. Er verzichtete auf eine Erwiderung, und zog Hirokis Kopf mit einer Hand wieder zu sich, um erneut in den Genuss von dessen forscher Zunge zu kommen. Nach wenigen Minuten hatte Shino endlich die erlösende Zuversicht, dass er soweit entkrampft war, dass er Hirokis delikates „Schmuckstück“ in sich aufnehmen konnte. Er wollte diesen gerade davon in Kenntnis setzen, als Hiroki von sich aus danach fragte. „Shino... Wie sieht es aus, kann ich...?“, bettelte dieser mit leidenschaftlicher Stimme, die Shino eine Gänsehaut verursachte. „Bin soweit...“, war alles, was Shino hervorbringen konnte. Er sah Hiroki entzückt dabei zu, wie sich dieser ein Kondom überstreifte, und mit fragenden Augen wieder näher kam. „Welche Stellung?!“, wollte Hiroki nun selbstbewusst wissen, der sich zu Shino runter beugte, um verspielt dessen Nasenspitze zu küssen. „Für dich als Anfänger wäre die Missionarsstellung die beste, aber da spielt wohl mein Fuß nicht-“ Shino konnte nicht zu Ende sprechen, da er Hiroki plötzlich zwischen seinen Beinen wiederfand, der mit der Zunge seinen Schaft liebkoste. Diese unerwartete Berührung brachte ihn beinah um den Verstand, und er hatte alle Hände voll zu tun, nicht vorzeitig zu ejakulieren. „Hiro-“, stöhnte Shino ungeduldig, der spürte, dass Hiroki nun dabei war, seine Beine behutsam anzuwinkeln – den Gipsfuß stützte er sorgfältig mit seinem Unterarm ab. „Geht das so?“ Shino sah Hiroki in die Augen und nickte begierig. „Also dann...“ Shino biss die Zähne zusammen, und unterdrückte ein weiteres schmerzliches Aufstöhnen. Er hatte glatt vergessen, wie unangenehm die ersten Minuten immer waren. Er versuchte sich zu entspannen, und konzentrierte sich auf die Wärme des pulsierenden Gegenstandes, der begonnen hatte, sanfte Stoßbewegungen zu vollführen. Trotz des ziehenden Schmerzes, war er zum Bersten voll mit Glücksgefühlen gefüllt, in denen er ertrinken würde, wenn ihn nicht Hirokis lustvolle Laute immer wieder zurück an die Oberfläche befördern würden. Er betrachtete betört Hirokis Gesicht, der seine Augen geschlossen hielt, und sich leicht auf die Unterlippe biss. Dieser Anblick löste verliebtes Bauchkribbeln in ihm aus, und er musste sich beherrschen, jetzt nicht mit irgendwelchen unangebrachten Geständnissen um sich zu werfen. Shino schloss seine Augen und spürte, dass seine Lust auf den Höhepunkt zusteuerte, und freute sich auf die baldige Befreiung. Gleichzeitig bemerkte er, dass Hiroki seine Bewegungen intensivierte, aber dieser dabei weder sich noch Shino völlig vergaß, so dass sich der Schmerz dabei nicht verstärkte – im Gegenteil, Shinos Wollust übernahm seinen Körper. Er vernahm Hirokis lauten Atem, der nun stoßweise kam, und hörte seinen Namen, den dieser immer wieder sagte. Das allein reichte aus, um Shino die höchste Sinneslust zu verschaffen. Ein Beben erfasste seinen Körper, und einen Augenblick später fühlte er die Wärme seines Ergusses auf dem Unterbauch. Schwer atmend öffnete Shino die Augen und traf auf Hirokis, die ihm mit einem seltsamen Ausdruck entgegenblickten. Shino langte mit seiner Hand nach Hirokis Gesicht, und schrie innerlich euphorisch auf, als dieser seine Beine seitlich über die Oberschenkel legte, um sich so besser zu ihm runter beugen zu können. Einen Moment später spürte er Hirokis warme Lippen, die sich sanft auf seine pressten. Shino schloss begeistert seine Augen, und öffnete einladend seinen Mund. Neben Hirokis ruheloser Zunge fühlte er, dass dieser seine Stoßbewegungen erneut steigerte, und umschlang daher begierig dessen Oberkörper. Er würde zwar nicht so schnell ein weiteres Mal kommen, dennoch verursachte ihm Hirokis Hammer der Lust weiterhin ekstatische Gefühle, die er bis zum Letzten auskosten wollte. „Shi- ha... Ngh...“ Mit diesem letzten Aufstöhnen brach Hiroki erschöpft über Shino zusammen, der dessen Höhepunkt in seinem Inneren deutlich spüren konnte. Seine Lippen verzogen sich zu einem erfüllten Lächeln, während er sanft über Hirokis Kopf streichelte, der nun entspannt auf seiner Brust lag. to be continued... Kapitel 19: Leidenschaftliche Ernüchterung ------------------------------------------ Hiroki blickte fasziniert in den Badespiegel und beobachtete Shino, der sich die langen schwarzen Haare mit dem Föhn trocknete. Dieser saß dabei auf einem Stuhl, und hatte den verletzten Fuß, der wegen des vorangegangenen Duschens noch immer in einer bunten Plastiktüte steckte, hoch auf den Toilettensitz gelegt. Shino war mit einem grauen Bademantel bekleidet, den er ziemlich sorglos um die Hüfte zusammengebunden hatte, und dieser daher mehr offenbarte als verbarg – allein das hochgelegte Bein sorgte für einen spektakulären Einblick. Hiroki musste sich zurückhalten, um nicht ein weiteres Mal über Shino herzufallen. Er schloss seufzend seine Augen, und versuchte sich auf das Trockenrubbeln seiner nassen Haare zu konzentrieren, aber es war zwecklos. Seine Gedanken wanderten ungewollt zu den gemeinsam verbrachten Stunden zurück. Hiroki konnte noch immer nicht glauben, dass er tatsächlich mit Shino geschlafen hatte – und das nicht nur einmal. Denn vor mehr als einer halben Stunde waren er und Shino mit der Absicht dem Bett entstiegen, endlich die Spuren ihrer insgesamt dreimal wiederholten leidenschaftlichen Aktivität zu beseitigen, nur um dann festzustellen, dass sie dazu es erst einmal nicht kommen würden. Schuld daran war das Badezimmer, das auf seine sonderbare Weise erneut ihre Lust aufeinander entfachte, und sie so vorerst den alten Spuren neue hinzufügten, bevor letztendlich warmes Wasser und Seife ihre gegenseitig erhaltenen Liebeszeugnisse verschwinden ließen. Die Tatsache, dass Shino älter und erfahrener war als er, verursachte ihm ein mulmiges Gefühl. Hiroki brauchte nur an ihr erstes Mal zu denken, um sich Shinos Erfahrungsvorsprung vor Augen zu führen. Er wusste freilich nicht, wie es Shino empfunden hatte, aber er hätte an gewissen Stellen einfach im Boden versinken können – noch nie hatte er während des Liebesspiels so unglaublich viel geredet. Hiroki wusste zwar, dass sie nicht drum herumgekommen wären, denn schließlich hatte er vorher noch nie mit einem Menschen auf diese Weise geschlafen, und brauchte daher notgedrungen bestimmte Anweisungen. Dennoch ließ ihn der Gedanke daran beschämt aufstöhnen und er hoffte, dass Shino es ihm nachsah. Immerhin konnte Hiroki von sich behaupten, wenigstens im zweiten, dritten sowie vierten Akt gepunktet zu haben, denn er wusste, dass er alles andere als eine langsame Auffassungsgabe besaß. Aber die große, alles entscheidende Frage, die ihn jetzt mehr als nur aufwühlte, war, wie es nun weitergehen würde. Hiroki hatte einer zwanglosen Affäre mit Shino bereitwillig zugestimmt. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, dass er diesem völlig ausgeliefert war. Shinos verschlossene Art ließ die ganze Angelegenheit noch fragwürdiger erscheinen. Zudem befürchtete Hiroki, dass diesem die heutige „untere Position“ nicht genügte. Er verdrängte daher vehement jeden Gedanken daran, dass Shino darauf spekulierte, irgendwann seinen Allerwertesten entjungfern zu können. „Meine Unterhose steht dir! Vielleicht etwas eng...“ Shinos belustigte Stimme ließ Hiroki überrascht aufhorchen. Er hatte in seinem gedankenverlorenen Zustand nicht bemerkt, dass Shino mit dem Föhnen fertig war, und ihm einen erwartungsvollen Blick durch den Spiegel zuwarf. Hiroki begegnete Shinos Blick und spürte, dass seine Wangen augenblicklich zu glühen begannen. Er sah, dass Shino amüsiert die Augenbrauen hochzog. „Deinem Gesicht nach zu urteilen, musst du ja eben äußerst unanständige Gedanken gehabt haben, oder sehe ich das falsch?“, neckte Shino, der sich wackelig vom Stuhl erhob, und nach den beiden Krücken griff, die neben ihm an der Wand lehnten. Er humpelte auf Hiroki zu, blieb dicht hinter diesem stehen, und ließ es sich nicht nehmen, ihn dabei die ganze Zeit mit Hilfe des Spiegel, sowie ausgerüstet mit einem lasziven Lächeln im Gesicht, zu beobachten. Shino konnte sehen, dass die Röte in Hirokis Gesicht zunahm. „Hast du nicht etwas vergessen?“, meinte Shino, der sich Hirokis linker Schulter mit seinen Lippen näherte, und dort geräuschvoll einen Kuss platzierte. „Heeee...lass das!“, rief Hiroki entrüstet, der sich durch Shinos Geste ziemlich veräppelt vorkam. „Und was meinst du mit ‚etwas vergessen’!?“, warf er verunsichert hinterher. Hiroki drehte sich Shino zu, und nahm dabei etwas Abstand zu diesem ein. Er sah, dass dieser noch immer jenes unerhörte Grinsen auf den Lippen hatte. Genervt davon wollte Hiroki etwas entgegnen, aber Shino kam ihm zuvor. „Mein T-Shirt, was sonst! Ich habe dir extra farblich passend zur Unterhose ein T-Shirt rausgesucht. Schau! Es liegt noch immer achtlos neben dir auf der Kommode, wie unhöflich...“, erklärte Shino süffisant. „Oh! Äh, WAAAAS?! Spinnst du, mich deswegen so aufzuziehen! Kann dir doch egal sein, wann ich mir das T-Shirt anziehe!“, brüllte Hiroki schwer die Fassung wieder erlangend. Er warf Shino einen bösen Blick zu. „Ja, ja... Kein Grund, gleich so laut zu werden.“, sprach Shino besänftigend, der Hiroki gutgelaunt zuzwinkerte. Er bemerkte, dass dessen angespannte Haltung nachließ und beschloss, dessen Gemüt ein weiteres Mal anzustacheln. „Hiroki, würdest du mir einen Gefallen tun?“, fragte Shino charmant, der den argwöhnischen Blick von Hirokis dunkelgrauen Augen genoss. „Könntest du meinen Bademantel richtig schließen?“ Hiroki riss unmerklich die Augen auf und überlegte angestrengt, wie er diesem aufgedrehten, über alle Maßen attraktiven Mann den Wind aus den Segeln nehmen könnte, aber er kam zu keiner wirklich durchführbaren Lösung. Stattdessen warf er seufzend das Handtuch neben sich auf die Kommode, und blickte verlierend in Shinos glänzende schwarze Augen. „Wieso bin ich nicht von selbst darauf gekommen...“, murmelte Hiroki ergeben. Er trat auf Shino zu, griff nach dessen Bademantel, wickelte diesen geschickt um den dargebotenen Körper, und fixierte ihn zum Schluss mit Hilfe des Gürtels. Während seiner Tätigkeit versuchte Hiroki nicht, Shino auch nur annährend ins Gesicht zu schauen. Er musste zugeben, dass das kein leichtes Unterfangen war, denn sein Gegenüber war nur wenige Zentimeter kleiner, und hielt zudem die ganze Zeit die Augen fest auf ihn gerichtet. Hiroki konnte förmlich Shinos musternden Blick fühlen. Er trat, nachdem er seine Arbeit beendet hatte, einen Schritt zurück, und überprüfte anschließend sein Werk. „Gar nicht mal schlecht, dafür, dass ich so etwas seit Jahren bei keiner anderen Person mehr gemacht habe! Wenn ich mich recht erinnere, dann war es Kouyas Kinderbademantel, den ich zuletzt zugebunden habe. Ah, das weckt Erinnerungen...“, schwärmte Hiroki, der sich plötzlich in Shinos Augen wiederfand. Dieser sah ihn fragenden an. „So?“ Hiroki starrte mit neu entfachtem Verlangen zurück. „So...“, sprach Hiroki leiser werdend, während er erneut nach vorne trat, sanft Shinos Gesicht mit beiden Händen umfasste, und einen Moment später seiner Lippen auf dessen legte. Shino öffnete berauscht seine Augen. Hirokis Küsse wurden mit jeder Sekunde leidenschaftlicher, und er hatte insgeheim nichts dagegen, dass dieser ihrem vierten einen fünften Akt hinzufügen würde, aber er wurde enttäuscht. Nach einem ausgiebigen, letzten tiefen Kuss zog sich Hiroki überraschend zurück, wie es Shino erschien, durchaus widerwillig, und sah ihn entschuldigend an. „Ich sollte das T-Shirt anziehen.“, presste Hiroki erregt zwischen seinen feucht glänzenden Lippen hervor. Shino hätte aufgrund der Situationskomik durchaus laut loslachen können. Da ihn Hirokis Anblick aber so sehr fesselte, tat er es nicht. Er ließ seinen Blick von dessen weichen Lippen, seitlich über die leicht geröteten Wangen hoch zu dessen Augen wandern, die ihm aufgewühlt entgegen sahen. Das handtuchtrockene, leicht gelockte Haar fiel ihm zersaust in die Stirn, an deren Spitzen sich noch immer das Wasser zu kleinen Tropfen sammelte. Shino lächelte entzückt. Neugierig überlegte er, ob Hiroki sich eigentlich seiner ungeheuren Anziehungskraft bewusst war, und wie vielen Menschen dieser bereits den Kopf damit verdreht hatte. Auch wenn Shino die Zahl seiner letzten Überlegung nicht kannte, konnte er zumindest einen weiteren Menschen dazuzählen – nämlich sich selbst. Das äußerst rasante Tempo ihrer fortschreitenden „Beziehung“ ließ Shino unruhig werden. Er war sich bewusst, dass er derjenige war, der eine zwanglose Affäre vorgeschlagen hatte – natürlich mit dem Wunsch, dass sie sich zu einer ernsthaften Sache entwickelte. Aber was war, wenn Hiroki wirklich nichts weiter als eine Affäre mit ihm im Sinn hatte, und dieser sie aus heiterem Himmel einfach beendete? Konnte er das aushalten? Shino hatte ursprünglich vorgehabt, sich vorerst auf nichts und niemanden einzulassen, da sich die Nachwirkungen seiner letzten Beziehung noch nicht gesetzt hatten. Aber durch Kouyas Einzug, und dann folglich Hirokis Bekanntschaft, war sein Vorhaben ins Wanken geraten. Es war schon erstaunlich, wie schnell seine Neugier wieder entfacht wurde, und sich sein Eroberungswillen in den Vordergrund drängte. Er beschloss, Hiroki zu gegebener Zeit mit seinen Gedanken zu konfrontieren und wünschte sich, dass dieser einer ernsthaften Beziehung nicht abgeneigt war. Shino wusste, dass dieses Vorhaben kein einfaches sein würde – vor allem für Hiroki. Der müsste sich nämlich früher oder später zumindest vor seinem Bruder outen. Dieser Gedanke zauberte ihm ein belustigtes Lächeln ins Gesicht. Er konnte sich die beiden Brüder dabei richtig gut vorstellen. Kouya, der auf der einen Seite froh wäre, endlich seine hochgefahrene Mauer Hiroki gegenüber wieder einreißen zu können. Lediglich mit dem kleinen Nebeneffekt versehen, dass er seinem Bruder gestehen müsste, dass sein Liebhaber gleichzeitig dessen bester Freund war. Und Hiroki, der offensichtlich ein Auge auf Kagerou geworfen hatte, aber gleichzeitig seinen Bruder vor dessen Freundes Homosexualität beschützen wollte, und zum Schluss selbst mit dem dritten Mitbewohner ins Bett hüpfte. Das verhieß eine Menge Spaß. „Ich sollte mich mal langsam losmachen. Deine Mitbewohner werden wohl bald eintrudeln. Ehrlich gesagt, ich finde den Gedanken nicht so prickelnd, dass sie mich hier so spät noch vorfin-“ Hiroki wurde durch Shinos schallendes Gelächter unterbrochen. Er sah irritiert zu Shino rüber, während dieser ihm eine entschuldigende Handgeste schenkte. „Tse.. Tu dir keinen Zwang an! Ich geh mich dann mal anziehen...“, erklärte Hiroki empört, der anschließend zur Badetür lief. Er öffnete sie, aber trat nicht sofort hinaus. Stattdessen kam er zurück, und griff elegant nach dem T-Shirt. „Das T-Shirt. Ganz wichtig, wie mir gesagt wurde.“ Shino prustete erneut los. Er sah, dass sich Hirokis Gesichtsfarbe unheilvoll verfärbte, und versuchte sich zusammenzureißen. Lachend fragte er diesen, ob er vorher noch etwas Warmes zum Trinken zubereiten sollte. „Nur, wenn der Kellner ein besseres Benehmen vorweisen kann als du!“, antwortete Hiroki bissig, der t-shirtüberstreifend das Bad verließ. Shino sah ihm verblüfft hinterher. „Ganz wie Sie wünschen...“, sprach Shino leise, der sich verliebt auf den Weg in die Küche machte. Kia sah verärgert in den Rückspiegel. Hinter ihm saß sein Geliebter, der sich angeregt mit ihrem neuen Mitbewohner unterhielt, und dabei stur jede seiner Fragen ignorierte. „Komm schon, Ka-chan! Du kannst doch nicht ernsthaft sauer auf mich sein, nur weil dieser dämliche Arsch von Ex-Freund der Meinung war, mich in meinem abgefüllten Zustand nach Ya-chans Telefonnummer auszuquetschen! Mich trifft keine Schuld! Wirklich! Du solltest mal eher danach fragen, warum ich mich so abgefüllt habe!“, flehte Kia übertrieben, der das Auto inzwischen durch Häuserschluchten steuerte. „Ich mein, ich bin doch der, der einfach sitzen gelassen wurde! Mir müsstest du dein Mitgefühl schenken...“, verteidigte sich Kia, der den Wagen an einer roten Ampel stoppte. „Kia... Könntest du einfach mal den Mund halten? Wir klären das später, also krieg dich wieder ein. Denk lieber mal darüber nach, wie du Kouya vor Kaitos Avancen schützen kannst. Obwohl, eigentlich ist das ja Yuus Auf-“ Kouya, der stillschweigend der Unterhaltung gelauscht hatte, sah für einen Moment nach vorn zu Yuu, der stumm aus dem Fenster blickte, bevor er Kagerou beherzt ins Wort fiel. „Das ist schon in Ordnung, Kagerou! Ich bin alt genug, um die Sache selbst zu klären. Also streitet bitte nicht wegen so etwas Unbedeutendem!“ „Das ist ganz und gar nicht unbedeutend, Kouya! Es geht hier ums Prinzip! Ich habe keine Lust, dass mein Freund auf noch dümmere Gedanken kommt, wenn er mal wieder betrunken ist! Nun, nicht, dass das etwas völlig Neues für mich wäre... Egal. Wir tragen eine gewisse Verantwortung, denn schließlich hättest du Kaito ohne uns wohl nicht kennengelernt.“, entgegnete Kagerou entschieden, der es sich nicht verkneifen konnte, unsanft sein Knie in die Rückseite von Kias Sitz zu bohren. „Wirklich, es ist schon okay.“, meinte Kouya etwas beschämt, der hoffte, dass der Name Kaito kein weiteres Mal fiel – vor allem in Hinblick auf Yuu, der gerade ganz schlecht auf diesen zu sprechen war. Seufzend wandte er seinen Blick nach draußen, und ließ die letzten Stunden Revue passieren. Nachdem er und Yuu nach einem ermüdenden Marsch durch den Wald, der einige Überraschungen geboten hatte, endlich am Kletterfelsen ankamen, Kaito sich von ihnen verabschiedete, war es irgendwie dazu gekommen, dass er zu einem späteren Zeitpunkt mit genau diesem als Sicherung am Boden an der Wand hing. Wenn er jetzt so drüber nachdachte, musste er zugeben, dass es eine ganz blöde Idee gewesen war, und er sich innerlich dafür ohrfeigte, dem Drängen des älteren Mannes nachgegeben zu haben. Die Situation war aber auch zu verfahren gewesen. Während er nämlich gemeinsam mit Kagerou Yuu und Kia am Felsen beobachtete, und der ältere Mitbewohner ihm einiges über die Theorie und Praxis des Kletterns anhand von Yuus überraschend guter Vorführung erklärte, war plötzlich Kaito bei ihnen aufgetaucht. Dieser lud sich einfach ungefragt auf die Decke ein und begann, Yuus Klettern und Kias Absichern zu kommentieren – die beiden kamen dabei nicht besonders gut weg. Er war erstaunt darüber, dass Kagerou die ganze Zeit gelassen neben ihm gesessen hatte, und jeden unangebrachten Kommentar von Kaito ernsthaft hinterfragte. Er hatte bemerkt, dass dieses Spielchen dem ungewollten Gast großen Spaß bereitete, und befürchtete deshalb, dass auf Dauer selbst dem unerschütterlich erscheinenden Kagerou irgendwann der Geduldsfaden reißen würde und beschloss daher, Kaito auf eigene Faust abzulenken. Aber dazu war es letzten Endes nicht gekommen – zumindest nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte, denn Kaito wechselte unerwartet von allein das Thema. Leider war auch das neue nicht besser als das alte. Im Grunde war es sogar noch schlimmer gewesen, denn Kaito war nun der Meinung, er müsste ihn unbedingt körperlich von seinem Können überzeugen. Und das hatte nichts anderes bedeutet, als gemeinsam zu klettern. Im ersten Moment war er über dieses Angebot entzückt gewesen, denn wie oft würde er schon in die Lage kommen, von einer modelnden Berühmtheit am Felsen eine exklusive Kletterstunde zu erhalten. Im nächsten Augenblick aber war ihm Yuu durch den Kopf geschossen, so dass er das Angebot dankend abgelehnt hatte. Leider hatte sich Kaito nicht so schnell abspeisen lassen. Dieser hatte ihn unermüdlich weiter gedrängt. Selbst Kagerou, der sich irgendwann unterstützend eingemischt hatte, konnte Kaito nicht in seinem Vorhaben bremsen. Es war dann sogar soweit gegangen, dass sich Kagerou und Kaito ernsthaft in die Haare bekommen hatten. Grund dafür war wohl weniger das abgelehnte Kletterangebot, als deren vergangenen nicht aufgearbeiteten Konflikte gewesen. Zum Schluss hatte er dem Ganzen ein Ende bereitet, indem er das Angebot letztlich doch annahm, und Kaito schweren Herzens zum Felsen gefolgt war. Auf seinem Weg dorthin hatte er es eisern vermieden, rüber zu Yuu an die Wand zu blicken. Er hatte nicht wissen wollen, was dieser von den Entwicklungen am Boden hielt. Insgeheim hatte er gehofft, dass er noch vor Yuu zurückkommen würde, und diesem somit den Anblick ersparen könnte, aber zu dem war es nicht gekommen. Zum einen angesichts Kaitos übertriebener Langsamkeit, da es sich dieser nicht hatte nehmen lassen, ihn ein weiteres Mal in die Grundkenntnisse einzuführen. Und zum anderen wegen Yuu selbst, da dieser mit der eigenen Kletterrunde schneller als erwartet fertig gewesen war. Als er dann endlich aus den Fängen des attraktiven älteren Mannes entwischen konnte, erwartete ihn auf der Decke ein unerwartet gleichgültiger Yuu, der vorgab, keinerlei Schwierigkeiten mit seinem Ausflug gehabt zu haben schien. Dennoch hatte er die ganze Zeit über das Gefühl gehabt, dass Yuu innerlich brodelte, und es nur ein falsches Wort brauchte, um diesen zum Ausbruch zu bringen. Dieser kam dann tatsächlich, aber nicht so, wie er es vermutet hätte. Yuu unterrichtete ihn zu einem späteren Zeitpunkt, dass er nun doch nicht mehr, wie eigentlich abgemacht war, mit zu ihm in die WG kommen würde, sondern lieber nach Hause fahren wollte. Das kam einem Schlag ins Gesicht gleich. Von diesem Moment an hatte er Bauchschmerzen gehabt. Seit Stunden überlegte er nun schon, wie er die Angelegenheit mit Yuu am besten klären konnte, ohne diesen dabei in ein weiteres Gefühlschaos zu stoßen, aber er war bisher zu keiner Lösung gekommen. Eigentlich konnte er das auch nicht, denn Yuu war für seine Gefühle und dem Umgang mit ihnen selbst verantwortlich. Alles war er tun konnte, war, mit seinem Geliebten ein aufrichtiges Gespräch zu führen, um zum einen gemeinsam über die eigenen Schwächen zu reden, sie zu akzeptieren, um sie dann gegebenenfalls zu Stärken auszubauen. Und zum anderen könnten sie an einer unerschütterlicheren Basis des gegenseitigen Vertrauens arbeiten. Er musste zugeben, dass das natürlich leichter gedacht als getan war, denn die veränderte Form ihrer Beziehung war schließlich neu für sie beide. Dazukam, dass sie bisher noch nicht den Mut gefunden hatten, offen mit ihr umzugehen. Allein der Gedanke an Hiroki sandte ihm einen unangenehmen Schauer über den Rücken. Er wusste, dass es sich früher oder später nicht mehr verheimlichen ließ. Dennoch, zum jetzigen Zeitpunkt war er für ein offenbarendes Gespräch mit seinem Bruder nicht bereit. Auch wenn er inzwischen spürte, dass die offene Art seiner Mitbewohner seine Unsicherheit positiv beeinflusste, und es daher Momente gab, wo er Hiroki am liebsten sofort angerufen hätte. „Kouya! ... Kouya? Alles in Ordnung?“ Kouya drehte hastig den Kopf in die Richtung, aus der er seinen Namen rufen hörte. „Äh...ja?“, meldete er sich irritiert zu Wort, und versuchte gleichzeitig seine vielen Gedanken zur Seite zu schieben. „Ist es in Ordnung, wenn wir dich an der Ecke absetzen? Kia und ich wollen noch rüber zu der Ausstellung fahren.“, fragte Kagerou, der Kouya einen besorgten Blick zuwarf. „Ja klar. Ich nehme an, die Ausstellung ist auch der Grund, warum ihr euch am Parkplatz umgezogen habt?!“, erwiderte Kouya neugierig, der seine Augen nach vorn zu Yuu wandern ließ. Dieser schwieg weiterhin. „Genau. Aber leider helfen auch frische Klamotten nicht gegen einen verschwitzten Körper. Ich hoffe einfach, dass es nicht mehr so voll sein wird, und Kia sich nicht mitten in eine Menschengruppe stellt!“, witzelte Kagerou, der Kouya ein breites Lächeln schenkte. „Ey Ka-chan! Noch so eine Bemerkung von dir, und du kannst dir die Farbkleckse allein ansehen!“, rief Kia empört, der das Gefühl hatte, dass sein Liebster keinerlei Lust hatte, ihm die Sache mit der Telefonnummer zu vergeben. Kouya blickte zu Kia, und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Während dieser weiter leise vor sich hingrummelte, klingelte unerwartet sein Telefon. Ihm stellten sich augenblicklich die Haare auf. Er flehte inständig, dass es nicht Kaito war, denn der hatte ihm beim Abschied einen Anruf versprochen, aber seine Gebete wurden nicht erhört. Kouya spielte einen Moment mit dem Gedanken, den Anruf einfach wegzudrücken, aber er konnte es nicht. Angespannt nahm er das Telefongespräch entgegen. „Ja? ... Hallo. ... Nein, noch nicht. ... Hm. ... Das ist keine so gute Idee! ... Äh? Was? Wie kommst du darauf? ... Ich sagte doch schon, dass das nicht geht. ... Nein, dennoch vielen Dank für heute. ... Ich muss jetzt aufhören. ... Ja. Wünsche ich auch. ... Werde ich machen. ... Hm. ... Tschüß.“ Kouya steckte seufzend sein Handy zurück in die Tasche, und wollte gerade die höchstwahrscheinlich unerwünschten Grüße von Kaito bestellen, als er Yuus Stimme hörte. „Kia, könntest du mich da vorn rauslassen?“, fragte dieser deprimiert. Kouya sah entsetzt zu Yuu. „Da vorn? Aber wolltest du nicht erst zwei Straßen weiter raus?“, entgegnete Kia irritiert, der begann, den Wagen seitlich an den Straßenrand zu steuern. „Nein, hier ist es okay.“, antwortete Yuu leise, der sich abschnallte, als der Wagen hielt. Er stieg sich verabschiedend aus, ohne Kouya dabei auch nur einen Blick zu schenken. Dieser sah seinem sich entfernenden Geliebten verzweifelt hinterher und wusste nicht, was er jetzt machen sollte. „Will noch jemand aussteigen, wo wir schon mal halten?!“, hörte Kouya Kia bedeutungsvoll fragen. Stille. „Ich glaub nicht...“, antwortete Kagerou leise, der Kouya dabei mitfühlend von der Seite ansah. Dieser sah gedankenverloren aus dem Fenster, und hatte seine Hände zu Fäusten geballt. Hiroki nahm seine leere Teetasse, wusch sie unter fließendem Wasser aus, und stellte sie anschließend zum Trocknen auf die Spüle. „Danke für den Tee, Shino. Der macht echt Lust auf mehr, aber ich sollte jetzt wirklich gehen.“, sprach Hiroki zufrieden, der einen prüfenden Blick aus dem Küchenfenster warf. Draußen war inzwischen die Dämmerung angebrochen, und es würde nicht mehr lange dauern, bis sich die Dunkelheit völlig ausgebreitet hatte. Hiroki wandte sich um, und sah zu Shino rüber, der noch immer den Bademantel trug. Dieser schenkte sich gerade eine weitere Tasse Tee ein, und erwiderte verstehend seinen Blick. „Ich geh dann mal meine Sachen holen.“, erklärte er zwar entschieden, blickte aber dabei dem am Tisch sitzenden Mann unentschlossen in die Augen. Hiroki hatte das Gefühl, dass es ihm mit jeder Minute schwerer fallen würde, diesen Raum zu verlassen. Die vergangene halbe Stunde in der Küche hatte entspannend gewirkt – und das lag nicht nur am beruhigenden Tee. Er und Shino hatten den Großteil der Minuten einfach schweigend dagesessen, und die Anwesenheit des anderen genossen. Hiroki musste zugeben, dass er sich an solche Augenblicke gewöhnen könnte. Die Hochstimmung, die er dabei empfunden hatte, erinnerte ihn an seine ausschweifenden Tagträume, die während seinem letzten Jahr an der Oberstufe großen Raum in seinem Denken eingenommen hatten. Die Hauptrollen darin spielten natürlich niemand sonst als er und Hayato, sein heimlicher Star aus der Nachbarsklasse. In seinen Träumen waren sie ein Liebespaar gewesen, das, allen Blicken zum Trotz, offen mit den Gefühlen für einander umgegangen war, und dementsprechend die Leidenschaft in allen Zügen genossen hatte. Wenn er jetzt über diese Zeit nachdachte, dann war das, was er zurzeit mit Shino erlebte, um Längen besser. Im Grunde war das auch kein Wunder, denn die Sache mit dem drei Jahre älteren und höchst attraktiven Mitbewohner seines Bruders war real. Er fragte sich nur, was wohl geschehen wäre, wenn Hayato nach ihrem Abschluss die Stadt nicht verlassen hätte. Sein bis heute andauernder freundschaftlicher Kontakt zu diesem, und die gelegentlichen Verabredungen waren jedes Mal ein aufregendes Ereignis für ihn. Hayato hatte zwar in den vergangenen sechs Jahren nie die Grenze der Freundschaft überschritten, aber Hiroki war aufgefallen, dass sich sein alter Freund in letzter Zeit ihm gegenüber nicht mehr ganz so unbeschwert wie bisher verhielt – vor allem, wenn er an ihr letztes Treffen dachte. Bei diesem hatte Hayato ihm anvertraut, dass er wieder Single war, und als Grund dafür unterdrückte Gefühle für eine andere Person nannte. Hiroki hatte keine Ahnung, ob er mit dieser Person gemeint war, aber Hayato hatte ihm den ganzen Abend vielsagende Blicke zugeworfen, die ihn ein ums andere Mal gehörig verunsichert hatten. Leider hatte er nicht den Mut besessen, Hayato ganz direkt danach zu fragen. Eigentlich hatte er auch gar nicht mehr über die Möglichkeit nachgedacht, jemals mit seiner Jugendliebe zusammenzukommen. Er wusste auch gar nicht, ob er das noch wollte. Hayato war ihn seinen Augen nach wie vor äußerst attraktiv, und er musste zugeben, dass er ihn als Mensch mehr als respektierte. Aber was war mit Shino? Eine Affäre, sonst nichts, du Blödmann! Vielleicht sollte ich wirklich auf Hayato zugehen... Aber irgendwie fühlt sich das falsch an... Argh, kriege ich es denn noch gebacken?!? Hirokis verzweifelte Gedanken führten dazu, dass er sich mit beiden Händen bedrückt durch die Haare fuhr. „Lässt du mir deine Nummer da?“, fragte Shino unerwartet, der damit Hirokis gedankenverlorenen Zustand unterbrach. Dieser sah überlegend zu Shino. „Äh... Keine Ahnung, vielleicht erst einmal nicht?!“, entgegnete Hiroki unsicher, dessen Stimme dabei immer leiser wurde. Er fuhr sich ein weiteres zerknirscht durch die Haare, und schaute Shino entschuldigend an. Er glaubte, für einen Moment einen verletzten Ausdruck auf dessen Gesicht aufblitzen gesehen zu haben. Aber er konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen, denn Shinos Gesicht wurde nun wieder von einem schelmischen Lächeln erhellt. „Dann werde ich also meine Unterhose und mein T-Shirt bei dir auf der Arbeit abholen müssen? Oder bringst du sie mir vielleicht in die Videothek? Dabei könnte ich dir nämlich gleich ein paar hilfreiche Filme ausleihen...“ Hiroki öffnete den Mund, aber wusste nicht, was er entgegnen sollte. Dieser Mann vor ihm war einfach unglaublich. „Hmmm... Ich könnte auch Kouya fragen, ob er sie mir mitbringt, wenn er von einem Besuch bei dir zurückkommt. Du musst es mir nur sagen.“, schlug Shino breit grinsend vor. „Ich kann natürlich nicht dafür garantieren, dass mir auf gewisse Fragen etwas rausrutscht...“ Shinos letzte Bemerkung ließ das Fass überlaufen, und ging somit in Hirokis entrüstetem Einwand unter. „Hey! Was soll das? Lass die Spielchen, Shino! Arbeit ist okay. Bring sie mir zur Arbeit, wenn du unbedingt musst! Aber kein Wort zu Kouya, hörst du!“ Hiroki starrte noch einen Moment aufgebracht in Shinos belustigte Augen, bevor er die Küche verließ. Als Hiroki Shinos Zimmer betrat, um nach seiner Wäsche zu suchen, fiel ihm wieder ein, dass sich dieser ja wegen seines verletzten Fußes schlecht bewegen konnte. Daran hatte er überhaupt nicht gedacht, als er diesem aufgebracht entgegengeschleudert hatte, die Sachen in seinem Büro an die Universität abzuholen. „Selbst schuld! Wieso musst du mich auch so aufziehen...“, murmelte Hiroki ärgerlich, der seine Klamotten in den Rucksack stopfte. Er überlegte einen Moment, und seufzte anschließend theatralisch. Er griff in eine Seitentasche, und beförderte seine Geldbörse zutage. Visitenkarten hatte er zwar keine dabei, aber ein alter Kassenzettel sollte voll und ganz den Zweck erfüllen. Auf diesen schrieb er seine Handynummer, und platzierte sie danach auf Shinos Kopfkissen. Hiroki schulterte seinen Rucksack, und ging zurück zur Tür. Er wandte sich noch einmal um, und blickte mit gemischten Gefühlen zurück zum Bett. Die darin verbrachten Stunden mit Shino waren atemberaubend gewesen. Dennoch, eine Affäre, das hatte Shino gesagt, nicht mehr. Seine Augen wanderten wehmütig zu seinem Zettel, verweilten dort für einen Augenblick, ehe er den Raum wieder verließ. „Was macht dein Fuß? Sind die Schmerzen wieder stärker geworden?“, wollte Hiroki aufrichtig wissen, der mitten im Aufbruch steckte. Er zog sich gerade die Schuhe im Flur an. Vor ihm befand sich Shino, der an der Wand lehnte, und dabei das Bein mit dem verletzten Fuß lässig über den Griff der linken Krücke hängen ließ. Nachdem Hiroki sich aufgerichtet hatte, blickte er zu Shino rüber, der ihn schon die ganze Zeit mit einem unbestimmten Ausdruck im Gesicht ansah. „Was?“, platzte es unbeabsichtigt laut aus Hiroki heraus, dem es zum Ende ihrer gemeinsamen Zeit heute immer schwerer fiel, sich seine Gelassenheit in Shinos Gegenwart zu bewahren. „Wenn du dir Sorgen machst, warum bleibst du dann nicht einfach hier, und lässt mich die ganze Nacht in den Genuss deiner heilenden Medizin kommen?“, entgegnete Shino spaßig, der sich insgeheim über Hirokis ernstgemeinte Frage freute. „Ich glaube nicht, dass es dir dann wirklich besser gehen würde!“, antwortete Hiroki spöttisch, der Shino dabei herausfordernd ansah. „So? Überschätzt du dich da nicht ein bisschen? Ich meine, ohne meine An-“ „Ja, ja! Ich geh dann mal lieber! Sonst rutscht mir noch etwas raus, was mir hinterher leidtut!“, knurrte Hiroki genervt Shino unterbrechend, der spürte, dass dieser damit seinen wunden Punkt getroffen hatte. Hiroki öffnete die Wohnungstür. „Bekomme ich keinen Abschiedskuss?“ Hiroki sah überrascht zu Shino, der ihn mit belustigt funkelnden Augen ansah, und erwog tatsächlich für einen Moment, diesen zu küssen, aber unterdrückte dieses Bedürfnis – vor allem in Hinsicht auf dessen stichelnde Bemerkungen. „Ne, lass mal. Wir müssen es auch nicht übertreiben, oder? Also, bis später!“ Hiroki zog entschieden dir Tür hinter sich zu, ohne Shinos Erwiderung abzuwarten, und marschierte mit großen Schritten zum Fahrstuhl. Kouya stand noch immer an der Straßenecke, an der Kia und Kagerou ihn vor wenigen Minuten rausgelassen hatten. Er starrte unschlüssig auf sein Handy. Das Display seines Telefons zeigte einen kurzen Text, der für Yuu bestimmt war, aber er war nicht sicher, ob er diesen abschicken sollte. Kouya hatte inzwischen soviel Vertrauen zu Yuu gefasst, um zu wissen, dass dieser nicht auf ihn sauer war. Das machte die Angelegenheit aber nicht einfacher. Da Yuu unzufrieden mit sich selbst war, fiel es Kouya besonders schwer, die passenden Worte zu finden. Zuversicht und Vertrauen musste dieser schon selber entwickeln, aber dennoch wollte er seinen Geliebten dabei unterstützen. „Du Blödmann... Wehe, du meldest dich nicht!“, murmelte Kouya befreit, der damit die Sms endlich abschickte. Anstatt das Handy zurück in die Hosentasche zu stecken, behielt er es in seiner Hand, um möglichst schnell antworten zu können. Zufrieden setzte sich Kouya in Bewegung, um die wenigen Meter nach Hause anzutreten. Er war kaum fünf Schritte gegangen, als er prompt Yuus Antwort erhielt. SORRY WEGEN VORHIN. MORGEN ABEND HÄTTE ICH ZEIT. WILLST DU VORBEIKOMMEN? YUU Ein erleichtertes Lächeln erschien auf Kouyas Gesicht, während sich gleichzeitig das vertraute Kribbeln in ihm ausbreitete. Mit so einer schnellen Reaktion hatte er nicht gerechnet, umso mehr erfreute ihn Yuus Vorschlag. Er schrieb rasch eine bejahende Antwort, und schwebte anschließend auf Wolke 7 zum Eingangsbereich seines Wohnhauses, wo er breit grinsend vor den Fahrstühlen zum Stehen kam. Kouya drückte den Rufknopf, und schlenderte danach hinüber zum Tisch, der in der Nähe an der Wand stand. Er ließ seinen Blick über die dort abgelegten verschiedenen Flyer wandern, und entdeckte jenen, der die Kunstausstellung von Kagerous Professors ehemaligen Schüler ankündigte. Kouya schmunzelte leise, als ihm Kagerous Worte im Auto wieder einfielen. Er konnte noch immer Kias entrüstete Stimme hören. „Die zwei sind echt der Hammer. Ich frage mich, ob ich und Yuu später auch noch so liebevoll miteinander umgehen...“, sprach Kouya überlegend zu sich selbst, als er einen interessanten Flyer entdeckte, nach diesem griff und in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Er konnte hören, dass einer der beiden Fahrstühle angekommen war, und ging zurück. Kouya hatte den Fahrstuhl kaum erreicht, als er sah, dass eine Person aus der sich öffnenden Tür heraustrat. Überrascht riss er die Augen auf. „Hi-chan?!“ Hiroki blieb alarmiert stehen, und drehte sich unsicher zu seinem jüngeren Bruder um. Oh...scheiße! Wo kommt der denn her... Verdammt, eine Ausrede muss her! Aber schnell! Aber was?! Während Hiroki versuchte, seine rasenden Gedanken zu beruhigen, lächelte er Kouya zeitgewinnend an. Dieser kam lachend auf ihn zu. „Was machst du denn hier? Oder sollte ich NOCH sagen?“, fragte Kouya neugierig, der seinem älteren Bruder fragend ins Gesicht sah. Dieses ‚noch’ ließ Hiroki nervös schlucken, aber er hatte nicht das Gefühl, dass Kouya etwas Bestimmtes damit sagen wollte. „Kouya!? Schon zurück? Wo ist der Rest der WG?“, fragte Hiroki ablenkend, während er seinen Bruder kurz drückte. Kouya zog irritiert die Augenbrauen nach oben. Er hatte das Gefühl, dass sein Bruder frisch geduscht roch, aber er schob diesen idiotischen Gedanken so schnell zur Seite, wie er gekommen war. „Kia und Kagerou? Die sind zu der Ausstellung gefahren, bei der Kagerou gestern aushelfen musste.“ „Die Ausstellung, also. Hm, wie war denn das Klettern? War Kia stinkig, wie wir heute Morgen befürchtet haben?“, wollte Hiroki interessiert wissen, der im Geiste noch immer angestrengt überlegte, welche Ausrede er seinem Bruder auftischen könnte, ohne dabei aufzufliegen. Es ärgerte ihn, dass er sich mit Shino nicht darüber abgesprochen hatte und entschied, diesem sofort eine Sms mit seiner ausgedachten Geschichte zu schicken, wenn er Kouya verließ. „Na ja, ehrlich gesagt, ich hätte dich gerne noch einmal klettern sehen! Und was Kia betrifft, der war ganz schön nachtragend! Der hat tatsächlich eine schwierige Route ausgesucht, und damit Yuu und mich ganz schön getriezt. Dafür schuldest du mir was! Schließlich habe ich deinen Teil abbekommen!“, meinte Kouya reichlich übertrieben, der seinen Bruder neckisch dabei angrinste. „Du kannst dir also schon einmal überlegen, was du mir Gutes tun kannst! Aber jetzt mal ehrlich, was machst du noch hier? Seid ihr jetzt die besten Freunde, oder was?“ Hiroki begann laut zu lachen, und machte eine abwinkende Handbewegung. „Wie kommst du denn darauf? Ich war doch nicht die ganze Zeit hier! Ich musste extra noch mal zurückkommen, weil Shino seinen Rucksack im Auto vergessen hat, und weder er noch ich es sofort bemerkt haben.“, entgegnete Hiroki mit fester Stimme, der inständig hoffte, dass sich sein Bruder damit zufrieden gab. „So?“ „So. Was auch sonst? Glaubst du etwa, ich habe Lust mehr Zeit mit dem Typen zu verbringen, der genüsslich von deiner Miete lebt?“ Hiroki wusste, dass das ziemlich daneben klang, aber es war ihm egal. Alles war ihm recht, nur damit sein Bruder nicht zur richtigen Schlussfolgerung kam. „Hey! Das ist Shino gegenüber nicht fair. Du weißt, dass er arbeitet. Er kann doch auch nix dafür, dass das Gebäude seiner Familie gehört!“, verteidigte Kouya seinen älteren Mitbewohner. „Ja ja, schon gut. Ich muss los. Wir sehen uns also nächste Woche.“, meinte Hiroki einlenkend, der so schnell wie möglich das Gebäude verlassen wollte, um Shino eine Nachricht zu schicken. „Nächste Woche? War da was?“ Hiroki rollte ungeduldig mit den Augen, während er Kouya sanft in den Fahrstuhl schob, und zudem bestimmend den Etagenknopf drückte. „Dann streng mal dein Hirn ein wenig an, kleiner Bruder!“, erwiderte Hiroki nachdrücklich, der Kouya durch die sich schließende Tür zuwinkte. Er konnte sehen, dass dieser ihm fassungslos entgegen starrte. Wäre die Situation nicht so brenzlig gewesen, hätte Hiroki schallend losgelacht. Aber so zückte er hektisch, nachdem sich die Tür komplett geschlossen hatte, das Handy und erstarrte. „Verdammte Scheiße... Ich habe doch überhaupt nicht Shinos Nummer!“, brüllte er unkontrolliert. „Was mache ich denn jetzt?!?“ Hiroki spielte mit dem Gedanken, ebenfalls nach oben zu fahren, um so zu tun, als habe er etwas vergessen. Dann könnte er Shino zu einem günstigen Zeitpunkt zur Seite nehmen, um diesem seine erfundene Ausrede Kouya gegenüber mitzuteilen. So würde er nicht in die Verlegenheit kommen, seinem Bruder etwas völlig anderes erzählt zu haben. Hiroki umklammerte angespannt sein Telefon, und schloss für einen Moment seine Augen. Jetzt da hoch zu fahren, wäre mein Todesurteil... Mir bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten und auf Shino zu vertrauen... Hiroki verzog beim letzten Gedanken missbilligend das Gesicht. „Als ob ich das könnte! So wie ich den kenne, wird der sich ein Spaß daraus machen, zweideutige Antworten zu geben. ... Ich fahr lieber doch hoch!“, rief Hiroki ruhelos, der den Rufknopf drückte und wartete. „Lieber doch nicht.“, murmelte er geschlagen einen Augenblick später, während er erfolglos versuchte, die sich ihm aufdrängenden Bilder vom nackten Shino unter ihm aus seinen Gedanken zu vertreiben. „Damit kann ich denen auf keinen Fall unter die Augen treten...“ Hiroki seufzte, und wandte sich entschlossen ab. Er schlich nach dem Autoschlüssel kramend zum Ausgang. Kouya schloss die Wohnungstür, und schüttelte noch immer irritiert den Kopf. „Irgendwie war der komisch...“, sprach er leise zu sich selbst, und stellte seinen Rucksack ab. „Ich bin wieder da!“, rief er laut, während er sich die Schuhe auszog. Kouya spähte dabei zu Shinos Zimmertür, die verschlossen war und überlegte, ob dieser wegen des Fußes vielleicht im Bett lag. Sein Gedanke wurde einen Augenblick später beantwortet, als sich unerwartet die Küchentür öffnete, und Shino im Türrahmen erschien. Damit hatte Kouya nicht gerechnet. Er erschrak, und verlor beinah das Gleichgewicht. Verlegen lachend sah er zu Shino rüber, der ihm breit entgegen grinste. „Yo Ya-chan! Zurück?!“, meinte Shino erheitert, der sich auf seine Krücken stützte, und dabei den verletzten Fuß behutsam auf den gesunden abstellte. Kouya war überrascht. Und nicht nur darüber, dass Shino aus der Küche kam, sondern dass dieser auch noch einen Bademantel trug. Er wurde das Gefühl nicht los, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Hat Shino geduscht? Hat Hiroki ihm etwa dabei Gesellschaft geleistet? Nenenenene, nie im Leben! ... Auf kei- ... nen Fall, o- der? „Shino, hast du ALLEIN geduscht?“ Bevor Kouya es verhindern konnte, waren ihm diese Worte schon über die Lippen gerutscht. Er lachte ein weiteres Mal beschämt, während er Shino entschuldigend anblickte. Dieser sah ihn irritiert mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ää- hem... Vergiß die dämliche Frage! Ich meine, duschen wir nicht alle?! Ich wollte nicht unhöflich sein. Ah! Ich bin Hiroki eben unten begegnet! Ich hoffe, er hat sich anständig benommen, als er dir den Rucksack gebracht hat? So kenne ich den gar nicht. Also, ich meine, extra noch mal zurückzukommen und so. Obwohl, stimmt nicht. Das ist Hiroki, wie ich ihn ken-“ Kouya riss perplex die Augen auf. Er stoppte seinen aufgeregten Redeschwall, als er hörte, dass Shino in schallendes Gelächter ausbrach. Er spürte, dass ihm die Verlegenheitsröte ins Gesicht schoss. „Hoooo?! Der Rucksack also. Hahaha...“, sprach Shino belustigt, der sah, dass ihn sein Gegenüber verwirrt ansah. „Nein, keine Sorge! Dein Bruder hat ihn mir GESITTET übergeben. Und selbst beim Teetrinken war er sehr zuvorkommend gewesen. Er hat sogar seine Tasse selbst abgewaschen.“, meinte Shino, der sofort wieder laut zu lachen anfing. Das war zu schön. Und damit meinte Shino nicht den Anblick des verzweifelten Kouyas vor sich, auf dessen Gesicht in unglaublich kurzen Abständen die unterschiedlichsten Empfindungen erschienen. Dies war durchaus erheiternd. Aber er hatte da eher Hiroki vor seinem inneren Auge, wie dieser in Gegenwart von Kouya krampfhaft nach einer Ausrede gesucht haben musste. Shino zwang sich, sich zu beruhigen und lächelte Kouya herzlich an. Er spürte tief in seinem Inneren, dass er der Sache mit Hiroki immer mehr verfiel, und mahnte sich zur Vorsicht. Er seufzte wehmütig und bot Kouya an, gemeinsam in der Küche eine Tasse Tee zu trinken. Dieser nickte zustimmend, aber wollte vorher noch in gemütlichere Klamotten schlüpfen. „Gut. Dann bis gleich.“, entgegnete Shino gefasst, der seine innere Ruhe wiedergefunden hatte. Er sah, dass Kouya unverständlich vor sich hinmurmelnd den Rucksack in die Hand nahm, und regelrecht in sein Zimmer flüchtete. Shino blickte ihm grinsend hinterher. „Okay. Dann mal auf zu einer weiteren Tasse Tee am heutigen Tag!“, murmelte Shino vergnügt, der sich über den heutigen Teekonsum keine Sorgen machen brauchte. Kouya, der das eigene Zimmer, nun in bequemen Klamotten, hinter sich gelassen hatte, betätigte die Spülung und ging anschließend zum Waschbecken rüber. Sein Spiegelbild zeigte ihm ein schiefes Grinsen, dessen dazugehöriges Gesicht sich anschließend zu einer verunsicherten Grimasse verzog. Er klatschte sich mehr Wasser als nötig in das Gesicht und erschauderte, als das kühle Nass den Hals hinab lief. Kouya griff nach seinem Handtuch, und befreite die Haut von der Nässe. Er sah ein weiteres Mal in den Spiegel. „Zufall. Reiner Zufall! Hiroki wird entweder das Bad benutzt haben, nachdem Shino mit dem Duschen fertig war. Das würde erklären, warum er so riecht, wie das Bad hier duftet. Oder aber er hat zu Hause einfach das gleiche Duschgel stehen...“ Kouya blickte sich skeptisch in die Augen. „Und was, wenn es ganz anders ist? Was, wenn er wirklich etwas mit Shino laufen hat?“, fragte er ungläubig die grüngrauen Augen vor sich. Der Gedanke war zu absurd. Kouya konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sein Bruder eine Affäre, oder was auch immer, beginnen würde, und dann auch noch mit einem Mann. Und falls doch, warum musste es dann ausgerechnet sein Mitbewohner sein?! Sollte sich diese Befürchtung bewahrheiten, würde es die Sache mit Yuu verkomplizieren – zumindest so lange, bis er Hiroki endlich über seine große Liebe aufgeklärt hatte. Dieser bisher fehlende Schritt führte nun dazu, dass er selbst hier in seinen neuen vier Wänden Vorsicht walten lassen musste. Schließlich war er nicht in der Lage vorherzusagen, wann Hiroki die Lust packen würde, Shino einen Besuch abzustatten. Kouya lief bei diesem Gedanken rot an. Er wollte sich lieber nicht ausmalen, was sein Bruder und Shino womöglich getrieben haben könnten. Nicht, dass es ihm etwas ausmachen würde, denn immerhin hatte er mit Yuu ähnliches vor. Aber jetzt zu Shino in die Küche gehen zu müssen, und das, nachdem er zusätzlich diese äußerst heikle Frage gestellt hatte, war fast unmöglich. Heftig schüttelte er seinen Kopf, in der Hoffung, damit die aufregenden Bilder und Gedanken vertreiben zu können, aber es war zwecklos. „Reiß dich zusammen, Kouya! Du bildest dir vielleicht alles nur ein. Shino und Hiroki haben solange nichts miteinander, bis einer der beiden etwas dazu sagt. Genau, das ist richtige Einstellung. Im Zweifel für den Angeklagte! Aber wer ist hier eigentlich der Angeklagte...“ Kouya musste über die eigenen Gedanken lachen. „Oh maaaaaaaaaaaaaan, ich stehe im Bad und führe Selbstgespräche! Schlimmer kann es nicht werden...“ Schmunzelnd verließ Kouya das Bad und ermahnte sich dabei, keine unüberlegten Bemerkungen oder Fragen beim Teetrinken zu stellen. Er wusste, dass diese sich selbst auferlegte Aufgabe eine Menge von ihm abverlangen würde, aber ihm blieb nichts anderes übrig. Er musste seine Neugier unterdrücken und darauf hoffen, dass Shino vielleicht von selbst etwas – FALLS es etwas gäbe – erzählen würde. „Das kann ich mir bei Kia zwar richtig gut vorstellen, aber ich denke, dass sein Verhalten heute eher die Ausnahme bildete. Er ist eigentlich nicht ernsthaft nachtragend. Ich glaube eher, dass ihn Takashis Anwesenheit verunsichert hat. Nun, vielleicht nicht verunsichert, aber in jedem Fall aufgewühlt. Und wenn du sagst, dass sich dieser häufiger in der Nähe von Kagerou aufgehalten hat, dann war das Grund genug für Kia, sein untypisches Verhalten vor sich selbst rechtfertigen zu können, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Gut, die Sache mit deiner Telefonnummer ist ein Fall für sich. Da hat er dir echt etwas eingebrockt. Wenn auch unabsichtlich, dieser Idiot. “ Shino, der zuerst Kouyas Erzählung gelauscht hatte, um anschließend seine eigenen Gedanken laut auszusprechen, nippte am Tee, und blickte aufmerksam über den Rand seiner Tasse hinüber zu Kouya. Dieser starrte gedankenverloren in seine eigene, die unangetastet vor ihm auf dem Tisch stand. Es schien, als würde dieser intensiv über das Gesagte nachdenken. Es erstaunte Shino immer wieder aufs Neue, wie offen und reflektiert Kouya über die eigenen Gefühle sprechen konnte – ganz im Gegensatz zu dessen älteren Bruder. Kouyas arglose Lebensweise brachte frischen Wind in ihr eingestaubtes WG-Leben, und mit dieser Meinung stand Shino nicht allein. Selbst Kagerou, der sonst die Rolle des Erneuerers, was die eigene Persönlichkeit und zwischenmenschliche Beziehungen angeht, innehatte, freute sich jedes Mal ungemein, wenn er mit und durch Kouya zu neuen Einsichten gelangte. Kia hingegen war da eher der stille Beobachter, aber selbst dieser blieb nicht unberührt von Kouyas Wesen. Shino fragte sich gerade ernsthaft, ob er es wagen sollte, Kouya über die Sache mit Hiroki aufzuklären, um dann nach dessen Gedanken diesbezüglich zu fragen, als dieser ihm die Möglichkeit dazu nahm. Kouya begann ein weiteres Mal zu sprechen, nun aber ein völlig anderes Thema aufgreifend. „Sag mal Shino, wie machst du das jetzt eigentlich mit deiner Arbeit in der Videothek?“ Shino sah verblüfft zu Kouya, der endlich zur Teetasse griff und einen Schluck trank. Neugierige Augen erwiderten seinen Blick. „Hm. Gute Frage. Yuu kann ich ja nicht um Hilfe bitten. Er hat schließlich seine eigene Arbeit. Mal sehen...“, meinte Shino überlegend, der sah, dass sich Kouyas Gesicht bei Yuus Namen erhellte. Ein wissendes Lächeln erschien auf Shinos Lippen. Ihm erging es momentan nicht anders, wenn er an Hiroki dachte. Er hoffte nur, dass die beginnende Affäre mit dem jüngeren Mann keine hoffnungslose Angelegenheit war. Shino zwang seine Gedanken zurück zu Kouyas Frage. „Ich werde meine zweite feste Kraft fragen müssen, ob sie komplett das Einräumen übernehmen kann. Ich werde es mir dann halt an der Kasse, oder im Büro gemütlich machen. Außerdem sollte mein Fuß ja mit jedem Tag besser werden. Das wird schon irgendwie gehen. Und falls nicht, dann werde ich einfach meinem Vater fragen, ob er kurzfristig die Miete für dieses Haus erhöhen kann, damit mehr für mich herausspringt!“ Shino begann zu lachen, als er Kouyas besorgte Miene sah. „Hey! Das war ein Scherz! So einfach würde das auch gar nicht gehen.“, versicherte Shino, der Kouya zuzwinkerte. Dieser hatte plötzlich eine Idee. „Vielleicht kann ich dir ja im Laden aushelfen?“ Kouya blickte Shino fragend an. Er wusste, dass sein Vorschlag ziemlich dreist in dessen Ohren klingen musste, aber er meinte es ernst. Sein Studiensemester hatte noch nicht begonnen, und daher hatte er reichlich Freizeit, die er nicht nur mit Yuu verbringen wollte. Kouya konnte sich gut vorstellen, etwas von dieser Zeit als Aushilfe für Shinos Laden zu opfern. So würde er unerwartet in Yuus Fußstapfen treten können, und hätte vielleicht die Möglichkeit, etwas über dessen Zeit dort zu erfahren. Kouya hatte nicht vor, Shino auszuhorchen. Es war eher so, dass er möglichst viel über den Yuu erfahren wollte, den er wegen seines Auslandsaufenthalts nicht miterleben konnte. Er brannte förmlich darauf, seinen Liebsten aus der Sicht anderer Personen sehen zu können. Hiroki war natürlich eine weitere Option, aber diese Quelle ließ Kouya absichtlich ungenutzt. Hier hoffte er einfach darauf, dass sich Gelegenheiten ergaben, bei denen sein Bruder von sich aus Geschichten über Yuu zum Besten gab. Kouya riss sich von dem attraktiven Gedanken los, und konzentrierte sich wieder aufs Hier und Jetzt. „Ich würde das natürlich auf freiwilliger Basis machen, also ganz ohne Bezahlung!“, erklärte Kouya aufgeregt, der sah, dass Shino darüber nachzudenken schien. Falls Shino nichts einzuwenden hatte, musste er die Sache nur noch seinem Bruder verklickern. Dieser dürfte, solange das Semester noch nicht begonnen hatte, nichts dagegen sagen können. „Was denkst du? Ich hätte wirklich Lust dazu! Natürlich nur so lange, bis dein Fuß wieder völlig in Ordnung ist, und für mich das Semester anfängt.“ Kouya hielt gespannt den Atem an. „Wieso eigentlich nicht. Wenn du magst, kannst du morgen Mittag mitkommen. Da wäre ich sowieso alleine, und es würde gut passen.“, entgegnete Shino endlich, der Kouya dabei dankbar anlächelte. „Klasse! Aber bis abends muss ich doch nicht bleiben, oder? Da habe ich nämlich schon eine Verabredung. Ginge das in Ordnung?“, sprudelte es Kouya glücklich aus dem Mund, der aber sah, dass Shino skeptisch die Stirn in Falten legte. „Ich muss echt bescheuert klingen. Erst dränge ich dir ungebeten meine Hilfe auf, und dann stelle ich gleichzeitig Anforderungen. Tut mir wirklich leid!“ Kouya strich sich verlegen eine Haarsträhne hinter sein linkes Ohr, und wich Shinos Blick aus. Dieser musste beim Anblick von Kouyas bedrückter Miene lachen. „Geht in Ordnung. Morgen sollst du ja auch erst einmal nur reinzuschnuppern. Vielleicht sagst du danach sowieso zur Hölle damit. Also, kein Grund, um betrübt zu sein.“ Kouyas Gesicht nahm augenblicklich einen begeisterten Ausdruck an, als dieser sich herzlich bei Shino bedankte. „Perfekt! Und jetzt habe ich Hunger! Was ist mit dir? Wollen wir uns vielleicht etwas bestellen?“ Shino sah Kouya verdutzt an. Er musste wirklich aufpassen, dass ihn dieser mit seinem Tempo nicht hinter sich zurückließ. Sein jüngster Mitbewohner war wirklich ein Meister in blitzschnellen Änderungen, was die Gesprächsthemen anbelangte. Shino vermutete, dass Kouya insgeheim die ganze Zeit über Hiroki und dessen späte Anwesenheit in der WG nachdachte. Vielleicht war das auch der Grund, warum Kouya jegliche Themen umging, die den älteren Bruder betrafen. Hirokis Begegnung musste Kouya wirklich aufgewühlt haben. Trotzdem verlor dieser kein Wort darüber. Shino schmunzelte innerlich über dieses Verhalten, welches ganz und gar nicht zu Kouya passte. Dieser war eigentlich durch und durch neugierig, aber dieses Mal schien er sich zu zwingen, jenen Charakterzug völlig zu unterdrücken. „Warum nicht! Dann etwas vom Chinesen?“ Shino sah Kouyas zustimmendes Nicken und beobachtete, wie dieser sich erhob, um nach den Bestellkarten zu suchen. Hiroki legte das Buch zur Seite, und erhob sich seufzend vom Sofa. Es gab absolut nichts, was ihn auch nur im Geringsten von seinen aufgewühlten Gedanken ablenken konnte. Da halfen weder das ausgiebige Bad, noch das bunte Fernsehprogramm. Selbst das neueste Buch seines Lieblingsautors konnte nicht seine volle Aufmerksamkeit erringen. Die innere Anspannung forderte langsam aber unweigerlich ihren Tribut. Er fühlte sich erschöpft. Gleichzeitig verspürte er aber eine ungemeine Wut – Wut auf sich selbst, und natürlich auf Shino, der anscheinend der Meinung war, nicht einen Ton von sich geben zu müssen. Hiroki starrte ärgerlich auf sein Handy, das auf dem niedrigen Tisch lag. „Warum schreibt dieser Mistkerl nicht? Die Nummer muss er doch schon längst entdeckt haben...“ Wütend trat er zum Fenster, und sah in den Garten hinaus. Natürlich konnte er nichts erkennen, da es bereits stockfinster war. Dafür erschien ihm aber der attraktive Mistkerl vor seinem inneren Auge, der ihm ein unschuldiges Lächeln schenkte. Hiroki fragte sich ernsthaft, ob Shino absichtlich nicht schrieb, um ihn zu ärgern. Vorstellen konnte er sich das bei dem allemal. Mehr als einmal hatte er in den vergangenen drei Stunden überlegt, einfach in der WG anzurufen, in der Hoffnung, dass Shino das Gespräch annehmen würde. Aber dieses Vorhaben hatte er nicht in die Tat umgesetzt. Er musste nur an Shinos Fuß denken, um zu wissen, dass die Erfüllung dieses Wunsches gegen Null ging. Mit Kouya hätte er auch über das Handy sprechen können, wenn er es unbedingt gewollt hätte. Ein weiteres hörbares Seufzen erfüllte den Raum. Während er müde den Kopf sinken ließ und dabei entschied, zu Bett zu gehen, erwachte sein Telefon zum Leben. Er stürmte zum Tisch, und riss es aufgeregt in die Höhe. Gleich zwei Nachrichten auf einmal. Eine von Kouya, und eine zweite von einer unbekannten Nummer. Hiroki las die der unbekannten zuerst. DARF ICH MICH JETZT GEEHRT FÜHLEN, WEIL: 1. DU MIR DEINE NUMMER GEGEBEN HAST? UND 2. DU MIR MEINEN RUCKSACK GEBRACHT HAST? AUF JEDEN FALL HAST DU BEI KOUYA EINEN BLENDENDEN EINDRUCK HINTERLASSEN! SHINO Hiroki begann zu grinsen. Seine Angst und Abgespanntheit waren auf einmal wie fortgeblasen. Shinos Worte hatte es also dazu gebraucht. Er wusste, was das zu bedeuten hatte. Hiroki ließ sich gedankenverloren wieder auf dem Sofa nieder. Er war noch nicht bereit dafür. Dieses wachsende Gefühl in ihm würde seinem Leben eine gehörige Wende verpassen, und er war sich nicht sicher, ob er das wollte. Diesen Gedanken verdrängend, tippte er eine bissige Antwort, bevor er die Nachricht seines Bruders las. ICH HABE BESCHLOSSEN, SHINO IN DER VIDEOTHEK AUSZUHELFEN, NATÜRLICH NUR SO LANGE, BIS DESSEN FUSS WIEDER OKAY IST. SHINO IST EINVERSTANDEN. KOUYA „Was!?“, rief Hiroki überrascht, und gehörig lauter als nötig. Kapitel 20: Randvoll -------------------- Kia blies Kagerou sanft in das Ohr, und erfreute sich an dessen Reaktion – sein Angebeteter grummelte verschlafen, und kuschelte sich gleichzeitig enger heran. Augenblicklich erschien ein verschlagenes Lächeln auf Kias Gesicht, denn genau das hatte er sich mit dem Pusten erhofft. Es gab für ihn nichts Schöneres am Morgen, als den nackten und äußerst verführerischen Körper seines Geliebten an seinem eigenen spüren zu können. „Hey...hey, das ist ein klares Foul, mein lieber!“, scherzte Kia verliebt, während er begierig seine Arme um seinen dösenden Freund schlang. Er platzierte spielerisch einen Kuss auf Kagerous Stirn, und sog betört dessen Duft ein. Kia schloss die Augen, und dachte entzückt an die letzten Stunden zurück. Genau wie am gestrigen Morgen vor dem Klettern zugesichert, hatte Kagerou sein Versprechen wahr gemacht und ihm, nach ihrem Besuch der Ausstellung und der späten Ankunft in der WG, ein paar aufregende Stunden im Bett geschenkt – und AUFREGEND war hierbei deutlich untertrieben, wie Kia fand. Selbst jetzt noch begannen seine Ohren zu glühen, wenn er an die ausgelassene Aktivität seines Geliebten dachte. In solchen Momenten fragte er sich ernsthaft, wie es sich wohl anfühlen würde, Kagerou in sich zu spüren. Kia war sich bewusst, dass sein Liebster ebenfalls in den Genuss kommen wollte, den er schon seit dem Beginn ihrer Beziehung auskosten konnte. Sie hatten nie vorgehabt, die Rollen innerhalb ihres Sexlebens fest zuzuschreiben, dennoch, es war bisher noch nicht dazu gekommen, dass Kagerou eine andere Rolle als die bisherige eingenommen hatte. Kia wusste, dass es ausschließlich an ihm lag, dass sich sein Freund in dieser Hinsicht zurückhielt. Insgeheim war er auch mehr als froh darüber, denn es würde sein erstes Mal sein, und irgendwie konnte er sich generell noch nicht recht mit diesem Gedanken anfreunden. Aber auf der anderen Seite spürte er, dass seine Neugier und sein Verlangen wuchsen, und es wohl nicht mehr lange dauern würde, bis er Kagerou mit seiner Erlaubnis überraschen würde. „Noch etwas Geduld...“, murmelte Kia versichernd, der gedankenverloren mit einer Haarsträhne seines Geliebten spielte. „Hast du was gesagt?“, hörte Kia Kagerou verschlafen nuscheln. „Ach, nichts... Ich muss gleich aufstehen!“, entgegnete Kia ausweichend, der einen Moment später einen stechenden Schmerz in seiner linken Brustwarze spürte. Er schnappte überrascht nach Luft, und drückte Kagerou wild von sich. „Was zum Teu-“ Kia konnte nicht zu Ende sprechen, da Kagerous weiche Lippen unerwartet seine Worte verschluckten. Dieser drückte ihn sanft auf den Rücken und schob sich gleichzeitig auf ihn rauf. Kia konnte dabei Kagerous aufflammende Leidenschaft deutlich spüren und war drauf und dran, diese zu erwidern, als der Kuss genauso plötzlich endete, wie er begonnen hatte. Er sah hoch zu Kagerou, der aus sitzender Position und mit verschränkten Armen auf ihn herabblickte. Ein göttlicher Anblick, wie er feststellen musste, aber das heimtückische Grinsen im Gesicht seines Liebsten bescherte ihm eine Gänsehaut. „So? Du musst also aufstehen?“, fragte Kagerou neugierig, der langsam seine Arme sinken ließ, um mit den Fingern zur sportlichen Brust seines Geliebten zu langen. Sanft fuhr er ihre vertraute Form mit dem Zeigefinger nach. Seine dunkelgrauen Augen, die eben noch in Kias geschaut hatten, richteten ihren Blick nun auf dessen Hals. Dort entdeckte Kagerou den schwindenden Umriss eines Liebesmahls, das er in der vergangenen leidenschaftlichen Nacht ungefragt hinterlassen hatte. Er wusste, dass er Kia damit ärgerte, da dieser auf Knutschflecke jeglicher Art allergisch reagierte, aber das machte die Sache für ihn umso reizvoller. Ein verliebtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Jetzt machst du mir aber Angst, Kagerou!“, meinte Kia spielerisch übertrieben, der gleichzeitig eine Hand über Kagerous rechten nackten Oberschenkel gleiten ließ. Sie wanderte langsam an dessen Innenseite nach oben. Noch ein kleines Stück, so dachte Kia, dann würde er das lieblichste Stück seines Freundes berühren können, als sie unerwartet festgehalten wurde. Mehr irritiert als enttäuscht blickte er zu Kagerou empor, dessen Lippen wieder ein neckendes Grinsen zeigten. Kia seufzte theatralisch. „Ka-chan... Ich habe gerade gar keine Ahnung, was da in deinem süßen Schädel vor sich geht, aber könntest du aufhören, Gesichtsfasching zu veranstalten?! Dein Dr. Jekyll und Mr. Hyde am frühen Morgen bekommt mir nicht auf nüchternen Magen.“, sprach Kia mit fester Stimme, aber innerlich musste er sich am Riemen reißen, um nicht vor Lachen laut loszubrüllen. Es war doch immer wieder erstaunlich, wie sehr er sich über die eigenen idiotischen Scherze amüsieren konnte, so Kia selbstverliebt sinnierend, der dabei das Gesicht seines Geliebten nicht aus den Augen ließ. Er konnte sehen, wie Kagerou bei seiner Bemerkung überrascht die Augenbrauen hob und für einen Moment die Lippen zu dünnen Strichen aufeinander presste, so dass sie ihre rote Farbe verloren. Kia unterdrückte den Drang, seine Hand nach ihnen auszustrecken. Unzählige Male hatte er diese weichen Lippen nun schon küssen dürfen, aber müde wurde er ihrer nicht. Im Gegenteil. Es verging keine Minute am Tag, wo er sie nicht wenigstens für ein paar Sekunden vor Augen hatte, wenn er sie schon nicht unmittelbar kosten konnte. Manchmal fragte er sich, was wohl seine Arbeitskollegen dachten, wenn sie ihn mit einem verträumten Lächeln im Büro sitzend vorfanden. Kia seufzte ein weiteres Mal, und versuchte seine seinen-Liebsten-auf-Lippen-reduzierende-Gedanken zu verdrängen. Kagerou bestand natürlich aus mehr als nur einem attraktiven Mund. Der Beweis dafür war schwer zu übersehen, denn schließlich kniete dieser rittlings auf ihm. „Was ist nun? Willst du noch eine Nummer schieben, bevor ich aufstehen muss, oder nicht?“, fragte Kia mit einem unschuldigen Lächeln. Er sah, dass sich Kagerous Augen für einen winzigen Moment weiteten, ehe sie sich zu Unheil verkündenden Schlitzen verengten. „Ich mein, die Zeit bleibt nicht stehen...“, murmelte Kia nicht mehr ganz so selbstsicher. Er starrte in Kagerous wütend funkelnde Augen und überlegte einen Augenblick, ob er es mit seinen Scherzen etwas zu weit getrieben haben könnte. Aber dieser Gedanke verflog in jenem Moment, als Kagerous schulterlanges silberweißes Haar sanft sein Gesicht streifte, als dieser sich zu ihm runterbeugte, und ihn leidenschaftlich auf die Lippen küsste. Kagerous Zunge drängte sich dabei in seinen Mund und begann geübt die Stellen abzusuchen, die dafür sorgten, dass ihm bei jeder Berührung ein Schauer über den Rücken lief. Kia stöhnte leise. Bilder der letzten Nacht schossen ihm ungewollt in den Kopf, die seine wachsende Erregung explosionsartig in die Höhe schießen ließ. Er wollte Kagerou sofort. Um seinen gierigen Wunsch in die Tat umsetzen zu können, musste er Kagerous Körper ein wenig nach unten dirigieren, und mit feuchten Fingern nachhelfen. Aber ehe Kia zur Tat schreiten konnte, lösten sich Kagerous Lippen von seinen. Und damit nicht genug. Dieser stand plötzlich auf und verließ sorglos das Bett, ohne ihm dabei eines Blickes zu würdigen. „Was-“, stammelte Kia irritiert, der an sich hinabblickte, um sich zu vergewissern, dass es da unten auch wirklich so aussah, wie es sich anfühlte, und Kagerou es definitiv auch bemerkt haben musste. Er richtete den fragenden Blick erneut auf seinen Liebsten. „Wie ‚was’?! Ich dachte, du wolltest aufstehen. Das hast du zumindest eben gesagt, oder irre ich mich da?“, entgegnete Kagerou gelassen, dessen Gesicht dabei einen schelmischen Ausdruck trug. „Na ja, schon, aber... Aber das war vor ein paar Minuten, und jetzt-“ „Und jetzt bist du eben anderer Meinung. Verstehe.“, fuhr Kagerou Kia gekonnt das Wort abschneidend dazwischen, und schenkte ihm ein wissendes Lächeln. „Einparken ist jetzt leider nicht mehr möglich, weil das Parkhaus schon geschlossen hat.“, sprach Kagerou augenzwinkernd. „Aber wenn du möchtest, dann kann ich-“ „Nein. Vielen Dank. Ich sollte jetzt wohl auch aufstehen, wenn ich noch gescheit frühstücken möchte.“, antwortete Kia wie aus der Pistole geschossen, der sich ernsthaft fragte, ob sein Geliebter womöglich Gedanken lesen konnte. „Okay. Dann werde ich mal ins Bad huschen und anschließend in die Küche gehen. Möchtest du etwas bestimmtes Essen oder Trinken?“ „K- keine Ahnung. Mach einfach.“, erwiderte Kia ungläubig und leicht frustriert. Er beobachtete Kagerou dabei, wie sich dieser offenbar unbekümmert seinen Pyjama anzog – trotz auffallend erregtem Zustand – und zur Tür ging. „Gut. Dann bis gleich, Geliebter!“, hörte Kia Kagerou süffisant sagen, während dieser herzlos das Zimmer zu verlassen schien. „Das glaub´ ich jetzt nicht...“ Kia stöhnte leise und setzte sich auf. Er wusste ja, dass sein Freund eine teuflische Ader besaß, und er zudem selbst dran schuld war, wenn er jene mit dem eigenen Verhalten, welches durchaus manchmal weit über das Ziel hinausschoss, hervorrief. Aber das Kagerou ihn so abblitzen ließ, war ihm schon lange nicht mehr passiert. Da half ihm auch nicht der Gedanke, dass sich Kagerou jetzt ebenfalls in einem unbefriedigten Zustand befand. „Dieser süße Idiot!“, seufzte Kia wehmütig. Ergeben stand er auf und ging zur Balkontür. Vielleicht würde ihm ja die kühle Morgenluft Abhilfe schaffen, dachte er schief grinsend, als er die Tür öffnete und augenblicklich den frischen Luftstrom auf seiner nackten Haut spürte. „Oh! Guten Morgen Kouya! Gut geschlafen?“ Kouya schloss die Küchentür hinter sich, und starrte anschließend unsicher in die Runde. Obwohl inzwischen schon mehrere Tage vergangen waren, seit er offiziell als Mitbewohner dieser Wohngemeinschaft willkommen geheißen wurde, konnte er noch immer nicht die Anspannung ablegen, die ihn morgens überkam, wenn er zum Frühstück in die Küche ging. Kouya blickte zum großen Tisch in der Mitte des Raumes. Dort sah er Kia, der an der langen Seite der Tafel saß und geräuschvoll eine Toastbrotscheibe aß, und ihm ein marmeladenverschmiertes Lächeln schenkte. Diesem gegenüber hatte Shino Platz genommen, der seinen verletzten Fuß auf den Stuhl neben sich hochgelegt hatte. Shino blickte kurz von der Zeitschrift auf, die er gerade las, und nickte ihm freundlich zu. Er trug zudem als einziger noch seinen Pyjama. Kagerou, der ihn beim Eintritt mit seiner angenehmen Stimme begrüßt hatte, stand dahinter an der Arbeitsfläche und brühte Tee auf. „Möchtest du auch welchen?“, fragte dieser mit einem bezaubernden Lächeln. „Oh... Äh, ja, gern.“, stammelte Kouya, dessen Unsicherheit beim Anblick von Kagerou zunahm. „He Kagerou! Reiß dich mal zusammen und hör auf, Ya-chan zu verwirren!“, sprach Kia übertrieben schroff, der Kouya zuzwinkerte und auf den Platz neben sich deutete. Ihm war das Lächeln seines Geliebten nicht entgangen. „Willst du mir damit irgendwas Bestimmtes sagen?“, entgegnete Kagerou verwundert, der die Teekanne nahm und zum Tisch trat. Er blickte Kia herausfordernd an. „Oh! Jetzt fällt es mir wieder ein. Es ist immer noch wegen meines unbekümmerten Aufstehens, oder?! Ach komm, Kia... Du bockst schon die ganze Zeit! Irgendwann ist auch mal gut...“, meinte Kagerou seufzend, der sich ans Kopfende des Tisches setzte, und Kia dabei nicht aus den Augen ließ. Kouya blickte fragend zwischen den beiden hin und her und überlegte neugierig, was wohl zwischen ihnen vorgefallen war, als Shino unerwartet sprach. „Kein Grund zur Sorge, Kouya. Das machen die beiden häufiger. Gewöhn dich einfach dran. Nun, und wenn es dann doch zu sehr nerven sollte, verlang einfach ein Time-out. Auf diese Bitte reagieren sie nämlich NOCH – soll heißen, dass sie trotz allem ein wenig Würde und Anstand besitzen.“, erklärte Shino unverblümt, der sich damit zwei ungläubige Blicke einhandelte, denen der lautstarke Protest auf dem Fuß folgte. „Das sagt der richtige!“, rief Kia aufgebracht, der Shinos Worte nicht auf sich sitzen lassen wollte – auch wenn sie nicht ernst gemeint waren. „Ich erinnere dich nur zu gern an deinen FEHLTRITT...“ Shino sah gequält zu Kia rüber, der ihm trotz der gesagten Worte ein einfühlsames Lächeln zeigte. Kia musste ihn nicht an sein fragwürdiges Verhalten beim Klettern erinnern, dachte Shino, denn es war ihm ohnehin ständig vor Augen – er brauchte nur auf seinen Fuß zu starren. Dazukam, dass er zum krönenden Abschluss mit Hiroki geschlafen hatte, und sich das ganze Wochenende so zu einem unvergesslichen Ereignis in sein Gedächtnis gebrannt hatte. Shino seufzte innerlich. Freud und Leid lagen dicht beieinander, wie er zugeben musste, denn zu den Schmerzen in seinem Fuß hatten sich Hirokis berauschende Berührungen gesellt, denen nun eine innerliche Unruhe folgte, die kaum auszuhalten war. „Time-out, Kia...“, bat Shino leise, der für einen Moment Kagerous mitfühlenden Blick auf sich spürte. „Hey Kouya, nun setz dich endlich!“, rief Kagerou auffordernd, der jenem die Tasse mit Tee befüllte. Anschließend strafte er Kia mit einem mahnenden Blick. Dieser Spinner hatte wirklich ein Händchen dafür, anderen deren eigenes Fehlverhalten gnadenlos unter die Nase zu reiben – auch wenn es nur als Spaß gemeint war. Kagerou konnte sich zwar gut vorstellen, dass Shino mit seinem leichtfertigen Verhalten alles andere als glücklich war, aber nachvollziehen konnte er dessen Aktion bei Leibe nicht. Er fragte sich ernsthaft nach dem Grund, der Shino dazu gebracht hatte, alle Vernunft über Bord zu werfen. Hatte Shino Hiroki unter allen Umständen sichern wollen, weil er ein Auge auf jenen geworfen hatte und unweigerlich dessen Nähe suchte? War Shino verliebt? Liebe machte ja bekanntlich blind und leichtsinnig, stellte Kagerou gedankenverloren fest, der beobachtete, wie Kouya schließlich Platz nahm, und nach der Teetasse griff. Er beschloss, Shino zu einem späteren Zeitpunkt darauf anzusprechen. „Hast du eigentlich Muskelkater vom Klettern, Kouya?“ Der Stimme folgend, sah Kouya zu Kagerou, der ihm ein wissendes Lächeln schenkte. „Ich wäre überrascht, wenn es nicht so wäre...“, meinte Kia, der sich entspannt auf seinem Stuhl zurücklehnte und das einsetzende Sättigungsgefühl begrüßte. Er rieb sich sanft den Bauch, und brummte dabei zufrieden gestellt. Kouya sah verwundert von Kagerou zu Kia und wieder zurück. Dieser erwiderte lachend seinen Blick, denn Kias Brummen und die dazugehörige Bewegung war diesem natürlich nicht entgangen. Kouya stimmte fröhlich mit ein, zuckte aber einen Moment später zusammen, als er Kias aufgebrachte Stimme vernahm. „Was?!“, fragte Kia barsch, der sich durch Kagerous und Kouyas Lachen veralbert vorkam, denn die Blicke, die sich die beiden zugeworfen hatten, waren für ihn nicht zu übersehen gewesen. Kouya räusperte sich verlegen, und sah entschuldigend zu Kia. „Ich wollte nicht lachen, aber-“ „Aber du verhältst dich manchmal einfach zu kindisch, so dass wir gar nicht anders können. Stimmt´s!?“, beendete Kagerou Kouyas begonnenen Satz. Er blickte von seinem Liebsten beruhigend zu Kouya, der wegen dessen schroffer Art beinah ängstlich auf dem Stuhl daneben saß. „Kindisch?! Ich benehme mich also kindisch. Selbst wenn es kindisch wäre, rechtfertigt das noch lange nicht euer Lachen. Aber vor allem-“, entgegnete Kia unerwartet ruhig, der langsam aufgestanden und neben Kagerou getreten war, „-wenn mein Verhalten also nicht dem Alter entspricht, was war denn dann mit dir heute Morgen?“, beendete er seine Frage, und starrte auf seinen Liebsten herab. Dieser begegnete Kias bohrendem Blick mit einem breiten Lächeln. „Ich würde sagen, dass war-“ Weiter kam Kagerou nicht, denn auf einmal hatte er die mit Marmeladengeschmack versehene Zunge seines Geliebten im Mund. „Ngh...“ Kia löste nach nicht weniger als zehn Sekunden seine Lippen, und blickte amüsiert in Kagerous Augen, die im lautlosen Protest weit aufgerissen waren. „Verdammt. Statt küssen, hätte ich lachen müssen, stimmt´s?!“, stellte Kia süffisant fest, und versah Kagerous Stirn zum Abschluss noch mit einen geräuschvollen Schmatzer. Er richtete sich anschließend auf, und blickte zu Kouya. Dieser sah von Kagerous feuerrotem Gesicht zu Kias, dessen ein selbstgefälliges Grinsen zeigte. „Für den Muskelkater und die schmerzenden Druckstellen im Schritt gibt es eine super Salbe, die im Bad im Spiegelschrank liegt. Fühl dich frei, sie zu benutzen...“, erklärte Kia, dessen Worte die erwünschte Reaktion nicht verfehlten. Er sah, wie sich Kouyas Gesicht dunkelrot verfärbte, und dieser sich peinlich berührt bedankte. „Kia!“, rief Kagerou entgeistert. „Ups! Schon so spät? Ich muss dann mal los. Bis später!“ Lachend kehrte Kia den am Tisch Sitzenden den Rücken zu. Er ging schneller als nötig zur Küchentür, da er befürchtete, dass sein Liebster versuchen würde, den Spieß erneut umzudrehen. Diese Chance wollte er Kagerou nicht bieten. An der Tür angekommen, blickte Kia ein letztes Mal zurück zu den Anwesenden. Er sah Kagerous Stuhlkissen auf sich zufliegen kommen, und wich diesem mit einem breiten Grinsen elegant aus. „Daneben!“, kommentierte Kia gutgelaunt und freute sich darüber, dass er mit seiner Einschätzung richtig gelegen hatte. Sein Freund war wenigstens manchmal ein offenes Buch für ihn, dachte er verliebt. Er zog beflügelt die Küchentür hinter sich zu, und sperrte Kagerous laut ausgerufene Verwünschungen ein. „Dieser blöde Kerl...“, fluchte Kagerou, der aufstand, um sich das Stuhlkissen zurück zu holen. „DAS war kindisch.“, meinte Shino trocken, der sich damit Kagerous wütenden Blick einfing. „Ja, ja... Ist ja schon gut.“, grummelte Kagerou. Er nahm wieder Platz und schenkte Kouya ein schiefes Grinsen. „Manchmal kann ich einfach nicht anders. Der Kerl raubt mir echt den letzten Nerv und treibt es zudem neuerdings viel zu bunt.“, murmelte Kagerou gereizt, der sich damit Shinos zweifelnden Blick einfing. „Wenn du meinst...“, fügte Shino skeptisch hinzu und konzentrierte sich anschließend wieder auf seine Zeitschrift. Ihm entging dabei Kagerous raus gestreckte Zunge. „Kouya, die Salbe, von der Kia eben sprach, ist wirklich gut. Wenn du Schmerzen haben solltest, dann benutz sie einfach. Kia tut das auch immer, vor allem dann, wenn er sich beim Baseball mal wieder verausgabt hat – was immer häufiger vorkommt, denn mit seinem zunehmenden Alter nimmt auch das imponierende Gehabe proportional zu, wenn du verstehst, was ich damit sagen will.“, witzelte Kagerou, dem es noch lieber gewesen wäre, wenn die besagte Person diese Worte auch hätte hören können. „Danke, aber ich glaube, es geht auch so.“, entgegnete Kouya verlegen, dem Kagerous Worte einen im Bunny-Köstum Baseballschläger schwingenden Kia in seinem Kopf hervorzauberten. Dieses Bild ließ ihn schmunzeln und er war beinah versucht, sein Gedankenbild mit den Anwesenden zu teilen, aber er schaffte es gerade noch, sich zu beherrschen. Er hatte schließlich keine Ahnung, wo Kia alles seine Augen und Ohren hatte. Womöglich stand dieser vielleicht lauschend vor der Tür und wartete nur auf solch eine Gelegenheit, um erneut in Erscheinung treten zu können. Kouya seufzte leise und griff nach einer Scheibe Toast. „Ich hatte mir den Muskelkater schlimmer vorgestellt. Mich überraschen eher die Stellen, an denen ich ihn verspüre. Spannend, wo sich so alles Muskeln verbergen…“, erklärte Kouya beiläufig, der sich nicht entscheiden konnte, ob er Schokoladenaufstrich oder Marmelade essen wollte. „Klettern trainiert beinah deinen kompletten Muskelapprat! Zudem wirst du geistig gefordert, schulst deine Körperwahrnehmung und steigerst die Ausdauer. Dir ist bestimmt aufgefallen, dass es enorme Kraft kostet, wenn du in der Wand stehst und über den nächsten Schritt nachdenken musst. Nun, für mich ist Klettern natürlich noch viel mehr – eins sein mit sich und der Umwelt. Die Einfachheit und Schönheit des Seins-“ Kagerous begeisterter Redeschwall wurde von Shino unterbrochen. „Ich glaube, das ist ein bisschen zu viel des Guten am frühen Morgen, Kagerou. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kouya deinen schrägen Gedanken folgen kann. Selbst mir fällt das nach all der Zeit, die ich dich inzwischen kenne, zuweilen recht schwer.“, erklärte Shino fast schon herablassend, der sich anschließend Kouya zuwandte. „Daher lass dir gesagt sein, Kouya, Klettern ist einfach das idealste Rückentraining. Recht simpel, würde ich sagen…“ „Shino!?! Ich bin entsetzt! Was ist los mit dir? Ich kann mich nicht daran erinnern, DICH heute Morgen geärgert zu haben, dennoch teilst du in meine Richtung ganz schön was aus. Ist es der Fuß?“ Kagerou sah fragend zu Shino, der die ganze Zeit die Augen stur auf die Zeitschrift gerichtet hielt. „Komm schon, Shino! Oder ist gestern etwas mit Hiroki vorgefallen, als er dich nach Hause gebracht hat? Hat er dir etwa noch Vorwürfe gemacht?“ Kagerou blickte für einen Moment entschuldigend in Kouyas Richtung. „Wie kommst du jetzt bitte auf Hiroki? Und nein, es ist nichts vorgefallen. Vielleicht sollte ich einfach eine weitere Schmerztablette nehmen, damit ich angenehm schwebend und besser gelaunt durch den Tag komme.“ Shino hoffte, dass seine Stimme so unbeteiligt wie nur möglich klang, denn innerlich hatte Hirokis Erwähnung eine Flut unterschiedlichster Gefühle und Gedanken ausgelöst – allen voran natürlich die gestrigen Stunden im Bett, die ihm glücklicherweise körperlich weniger zu schaffen machten, als er befürchtet hatte. Er vermied es, hoch zu Kagerou zu schauen, dessen neugierigen Blick er deutlich spüren konnte. Shino war sich sicher, dass es ihm äußerst schwer fallen würde, den gestrigen Vorfall geheim zu halten, wenn er Kagerou in die Augen schauen würde – mal von Kouya ganz zu schweigen. Schuld an seiner leicht beeinflussbaren Gemütsverfassung waren die Schmerzen im Fuß, die ihn völlig aus der üblichen inneren Balance gebracht hatten und dafür sorgten, dass er sich ganz schön zusammenreißen musste, um das heute Morgen aufgesetzte Pokerface aufrecht zu erhalten. Eigentlich befand er sich ja in der vorteilhafteren Position, wenn er an Hiroki dachte. Dieser würde sich wohl mehr als einmal fragen, ob Shino in Gegenwart von Kouya den Mund halten konnte. Shino könnte, wenn er denn wollte, sogar völlig zum Schwein mutieren – frei nach den zum Himmel schreienden Darstellungen der schlechtesten Filme in seiner Videothek, wie er fand. Demnach könnte er zum Beispiel Kouyas Bruder dazu nötigen, ihre gerade erst begonnene körperliche Beziehung aufrechtzuerhalten, falls dieser- „Ich habe Hiroki gestern Abend am Fahrstuhl getroffen. Er hat Shinos vergessene Tasche vorbeigebracht.“ Kouyas unschuldige Worte rissen Shino aus den Gedanken. Er hob nun doch seinen Kopf und sah für einen Moment zu diesem rüber, der mit dieser Anmerkung nichts Mehrdeutiges im Sinn gehabt zu haben schien. Shino atmete erleichtert auf bis sein Blick auf Kagerou fiel, der ihn skeptisch mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. Er hielt überrascht den Atem an und wollte rasch wegsehen, aber es war zu spät. Kagerous zweifelndes Schauen wurde zum ungläubigen Starren und führte dazu, dass sein Gesicht und die Ohren zu glühen begannen. Innerlich verfluchte sich Shino für diese unkontrollierte Reaktion, die so ganz und gar nicht zu ihm passte. Ob es wohl daran lag, dass er für Hiroki mehr empfand, als er sich bisher eingestanden hatte? „Alles in Ordnung, Shino?“, fragte Kouya besorgt, dem Shinos Gesichtsfarbe nicht entgangen war. „Uhm… Mein Fuß meint es gerade nicht sehr gut mit mir. Der Schmerz wird wieder stärker.“, murmelte Shino, der sich, die Verlegenheit überspielend, eine lange schwarze Haarsträhne hinter das Ohr strich und dabei heiser lachte. „Ist es dann nicht besser, wenn du heute nicht in die Videothek gehst?“ Shino blickte zu Kagerou, der ihn jetzt mit mitfühlenden Augen fragend ansah – dessen durchdringender Blick war nun völlig verschwunden. Shino war sich nicht sicher, was er von dieser plötzlichen Verwandlung halten sollte. Er war bei weitem nicht so vertraut mit Kagerous Persönlichkeit, wie es Kia war, dennoch konnte er die Hand dafür ins Feuer legen, dass ihn der jüngere Mann zu einem späteren Zeitpunkt definitiv auf diese Sache ansprechen würde. Shino seufzte theatralisch und schenkte den beiden Mitbewohnern ein breites Lächeln. „Ach was! Mit Schmerzmittel geht heutzutage alles! Außerdem habe ich heute die Ehre, Kouya als befristete Aushilfskraft einzuführen.“ „Wie, Kouya als Aushilfskraft?“ Kagerou wandte sich Kouya zu, der ihm ein schokoladenverziertes Lächeln schenkte. „Ich habe Shino angeboten, ihm seine Beine in der Videothek zu ersetzen. Ich dachte mir, da ich bis zum Semesterstart nicht wirklich etwas zu tun habe, kann ich mich auch anderweitig nützlich machen. Nun, und völlig studiumsfern ist diese Arbeit ja auch nicht. Ich werde auf verschiedene Menschen treffen und kann eine kleine Studie anfertigen. Was für Menschen kommen? Was und wie oft leihen sie sich etwas aus? Kommen sie allein? Bleiben sie länger, um eventuell Gespräche zu führen? Wenn ja, worüber reden sie?“ „Wow, wow Kouya…“, unterbrach Shino Kouyas laute Gedanken. „Also, dein Eifer in allen Ehren, aber ich weiß nicht, ob meine Kunden dabei mitmachen würden. Die Videothek ist in der homosexuellen Szene bekannt und beliebt, daher würde ich sagen, dass die Kundschaft kaum den Durchschnitt der Bevölkerung repräsentiert. Außer natürlich, du willst etwas innerhalb der Szene darstellen.“ „Klingt spannend! Ich habe mich auch schon immer gefragt, wer freiwillig in Shinos düsteren Laden latscht!“, meinte Kagerou lachend, der mit schelmisch funkelnden Augen zu Shino blickte. „Ich mein, er liegt nicht wirklich in der besten Ecke. Da drängen sich schon einige Fragen au-“ „Ach ja? Dann solltest du vielleicht mal deinen Bettgefährten fragen, warum er des Öfteren in den DÜSTEREN LADEN LATSCHT!“, rief Shino gespielt empört. Er spürte, dass er zu seiner inneren Ruhe zurückgefunden hatte. „Möglicherweise kommt er ja sogar in deinem Auftrag?! Und wenn nicht, dann solltest du dir unbedingt neue PRAKTIKEN ausdenken, weil Kia mit den bisherigen wo-“ „Ah. Ah. Ah. Shino, Shino. Soll ich dich daran erinnern, dass wir letztens erst über diskriminierende Sichtweisen gesprochen hatten? Klar, selbst deine Videothek verfügt über Filme, die nichts weiter als die sexuelle Stimulation im Sinn haben. Aber die meisten in deiner Auswahl lassen sich nicht NUR auf das EINE herunterbrechen. Schau, daher denke ich, dass Kia aus ganz anderen Gründen auftaucht. Vielleicht will er ja nur deinen Lebensunterhalt ein wenig aufbessern? Hm, möglich wäre auch Kias selbstlose Aufopferung, um einer GEWISSEN alleinstehenden Person Gesellschaft zu leisten – vor allem, weil dieser besagte Mensch ständig turtelnde Liebespaare vor Augen hat.“ Kagerou grinste Shino über das ganze Gesicht an. Dieser erwiderte es fröhlich. „So habe ich das natürlich noch nicht betrachtet. Vielen Dank, Professor Ka-chan!“ „Gern geschehen, Assistent Shino. Immer wieder gerne!“ Kouya blickte während der gespielten Auseinandersetzung amüsiert zwischen Shino und Kagerou hin und her und erfreute sich an dessen ausgelassener Fröhlichkeit, denn diese war für seine angeschlagene Stimmung reinster Balsam. Schuld an diesem Zustand war sein Bruder, der ihm gestern Abend klar zu verstehen gegeben hatte, dass dieser mit seinem Vorhaben, Shino in der Videothek auszuhelfen, nicht einverstanden war. Eigentlich hatte Hiroki nichts gegen seine Absicht, ein wenig zu jobben, einzuwenden gehabt, aber irgendwie schien die Videothek als Ort der Tätigkeit ein rotes Tuch für seinen Bruder zu sein. Trotz langer Überlegungen war Kouya zu keiner einleuchtenden Erklärung für Hirokis vehementer Ablehnung gekommen. Es war ihm ein Rätsel. Da sich sein Bruder noch nicht einmal dazu durchgerungen hatte, zumindest ansatzweise zu erklären, warum er die Videothek für nicht gut befand, hatte Kouya beschlossen, dennoch dort zu arbeiten. Diese Entscheidung hatte ihn zwar schlecht schlafen lassen und er befürchtete weitere Auseinandersetzungen, aber das war ihm egal. Er war alt genug und Hiroki sollte das langsam einsehen. Er griff hungrig nach einer weiteren Scheibe Toast und überlegte, ob er sich an der komischen Unterhaltung seiner beiden Mitbewohner beteiligen sollte. Kouya sah unschlüssig auf den Stapel DVDs vor ihm auf dem Tisch, der ihn an Kagerous Worte am Frühstückstisch erinnerte. Wie sein zwei Jahre älterer Mitbewohner erwähnt hatte, gab es hier in der Videothek natürlich auch die besagten Filme, an denen der tiefere Sinn völlig vorbeigegangen war. Titel wie ‚Ran an die enge glitschige Schikane!’ und ‚Ein Finger, zwei oder doch die ganze Hand?!’ oder gar ‚Stoßen bis zum Erguss’ ließen ihn innerlich Aufstöhnen und er versuchte krampfhaft, die sich ihm aufdrängenden Bilder aus dem Kopf zu vertreiben. Zu den geschmacklosen Filmtiteln gesellten sich zudem Covers, die diesen nicht im Geringsten nachstanden. Er fragte sich, ob dieser schlechte Trash nicht schon wieder Kult war, aber eigentlich wollte er es gar nicht so genau wissen. Kouya vermied es daher, sich die Hüllen in allen Einzelheiten zu Gemüte zu führen. Er öffnete sie ohne zu zögern, um die darin enthaltenen DVDs in die vorbereiteten Ausleihhüllen zu tun. Vor mehr als zwei Stunden waren er und Shino gemütlich zur Videothek aufgebrochen. Auf dem Weg dorthin hatte ihn Shino über die wesentlichsten Grundzüge des Managements eines Filmarchivs aufgeklärt, was, wie er fand, eine recht einfache Geschäftspraktik war. Kouya musste sich nicht mit dem Einkauf oder der Buchführung beschäftigen, sondern lediglich die neue Ware, so wie er es gerade tat, einsortieren, oder in regelmäßigen Abständen die Nummern für die wiedergebrachten Filme im Laden verteilen. Außerdem sollte er Shino beim Kassieren über die Schulter sehen, um zu einem späteren Zeitpunkt diese Arbeit auch allein durchführen zu können. Den meisten Spaß hatte Kouya beim unauffälligen Beobachten der Kunden, die im Laufe des Montags immer zahlreicher wurden. Da das Wochenende vorbei war und Shino seine Videothek sonntags geschlossen hielt, kamen in der Regel alle am ersten Tag der neuen Woche, um die ausgeliehenen Filme zurückzubringen. Kouya sah Kunden im Business-Anzug, leger gekleidete Studenten oder Rentner, Frauen wie Männer. Manchmal entdeckte er versteckt an deren Kleidung das Symbol der Schwulen- und Lesbenbewegung, die Regenbogenfahne, oder gar andere politische Statements. Die Atmosphäre innerhalb der Videothek war durchdrungen von Ruhe und Gelassenheit, sowie einem unausgesprochenen Zusammenhalt, der unter anderem auf die offenen und fröhlichen Gespräche untereinander zurückzuführen war. Kouya genoss dieses Gefühl und ertappte sich mehrmals dabei, dass er sich wünschte, Yuu würde ebenfalls hier auftauchen. Kouya hörte Shino laut Auflachen und sah neugierig zu diesem rüber. Dieser saß an der Kasse und unterhielt sich vertraut mit einem jungen Mann, der nicht viel älter als er selbst sein musste. Der Mann trug einen dunklen Anzug, hatte volle schwarze Haare, die diesem bis zu den Schultern reichten und, soweit Kouya es aus der Entfernung beurteilen konnte, ein attraktives Gesicht. Der junge Mann, der auf den Namen Hikaru zu hören schien, deutete lachend mit einer bösen Bemerkung auf Shinos verletzten Fuß, was dazu führte, dass Shino daraufhin mit einer Hand über den Tresen langte und nach dem Schlips des jungen Mannes griff. Überrascht wollte dieser zurücktreten, aber war zu langsam. Shino zog Hikaru an der Krawatte zu sich heran, um diesem dann sanft den Zeigefinger gegen die Nase zu schnipsen. Dieses außergewöhnlich vertraute Verhalten Shinos überraschte Kouya und er fragte sich, ob Hikaru vielleicht einmal mehr als ein nur Freund für den älteren Mann gewesen war. Kouya war so sehr in diesen Gedanken versunken, dass er nicht mitbekam, dass sich die beiden Männer ihm zugewandt hatten. Shino winkte ihn lachend heran, während Hikaru ihn neugierig von Kopf bis Fuß musterte. Er schluckte nervös und ließ den Tisch mit den knallbunten Hüllen, denen er nicht nachtrauerte, hinter sich. „Kouya, darf ich dir vorstellen. Das ist Hikaru und sozusagen dein Arbeitkollege. Er ist die zweite Aushilfe, von der ich vorhin sprach.“ Kouya blickte auf die ausgestreckte Hand Hikarus, der ihm ein breites Lächeln schenkte. Er war in der Tat attraktiv, wie sich Kouya auf dieser neuen Distanz selbst bestätigen konnte. „Ähm, freut mich.“, stammelte Kouya, der Hikarus Hand nahm. „Mich ebenfalls. Yagami Hikaru, um Shinos Vorstellung zu ergänzen. Ich habe schon viel von dir gehört, Kouya. Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit.“ Hikaru zwinkerte Kouya zu, während er dessen Hand freundschaftlich drückte. „Also, ich hoffe, nur Gutes?!“ „Ahhh ahh…Kouya. Was denkst du denn von mir? Glaubst du, ich würde geheime und peinliche Dinge über dich erzählen? Mal abgesehen davon, dass ich gar keine über dich weiß. Gut, vielleicht zählt ja dein scheues Coming-Out dazu. Dann hätte ich in der Tat etwas ausgeplaudert.“, entgegnete Shino grinsend. Kouya öffnete überrumpelt den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. „Shino, du Fiesling! Ich glaube, dir sind die Schmerzen inzwischen so sehr zu Kopf gestiegen, dass du deine unanständige Seite nicht mehr unter Kontrolle hast! Ich will lieber nicht wissen, wie eine GEWISSE Person in Zukunft darunter leiden wird. Aber ich frage mich, was Kouya wohl dazu zu sa-“ „Ich glaube, du wolltest jetzt gehen, Hikaru!“, rief Shino lauter als nötig und fing sich damit mehrere irritierte Blicke ein – und nicht nur die von Hikaru und Kouya, denn einige Kunden im Laden schauten ebenfalls interessiert herüber. „Schon klar. Dann mach´s mal gut, Kouya. Wir werden uns heute Abend wohl nicht sehen, wie ich gehört habe. Also noch viel Spaß und vielleicht bis morgen Abend, wenn nichts dazwischen kommt?!“, sprach Hikaru mit einem wissenden Lächeln. Kouya sah irritiert zwischen Shino und Hikaru hin und her und fragte sich zum einen, was für eine GEWISSE Person Hikaru mit der ersten bedeutungsvollen Bemerkung in Richtung Shino gemeint hatte und zum anderen, ob hinter der letzten in seine eine tiefere Bedeutung steckte. Es war unschwer für ihn zu erkennen, dass Shino von Hikarus Worten unangenehm berührt war. Shinos Reaktion war insofern eindeutig, dass dieser wollte, dass nichts weiter laut gesagt werden sollte. Aber es war für Kouya nicht erkennbar, worüber geschwiegen bzw. welche unausgesprochenen Geheimnisse zwischen Shino und Hikaru lagen. Neugierig blickte Kouya Hikaru hinterher, der sich inzwischen auf dem Weg zur Tür befand und wenige Sekunden später den Raum nach draußen verließ. „Er scheint nett zu sein.“, sprach Kouya, dem nichts Besseres einfiel. „Nett und zuverlässig. Vielleicht etwas vorlaut, aber auf eine charmante Art und daher gut auszuhalten. Bevor er abends hierher kommt, arbeitet er als Vertreter eines kleinen Verlags. Im Prinzip braucht er die Arbeit hier in der Videothek nicht mehr, da er erst kürzlich befördert wurde und nun über ausreichend Einkommen verfügt. Aber da ich ihm so sehr ans Herz gewachsen bin, will er auch weiterhin kommen.“, erklärte Shino lachend, der sich über Kouyas fragenden Gesichtsausdruck amüsierte. „Wenn du dich jetzt fragst, ob wir ein Paar waren, dann muss ich dich enttäuschen.“, sprach Shino nun etwas leiser. „Er steht auf jüngere, auch wenn dieser Spinner mit 25 selber noch grün hinter den Ohren ist. Vielleicht sollte ich dich vorwarnen, Kouya. Du bist genau sein Typ, aber keine Sorge, er weiß von Yuu und wird dich daher in Frieden lassen – im Gegensatz zu einem gewissen Kletterprofil, den wir beide kennen. Hikaru war übrigens ganz schön überrascht, als er erfahren hat, dass DU Yuus besagter Schwarm und Freund bist. Ich würde nicht lügen, wenn ich behaupte, dass er Yuu um dich beneidet.“ Kouya starrte Shino an und wusste nicht was er sagen sollte. Die Begegnung mit Hikaru allein hatte schon einen bleibenden Eindruck hinterlassen, aber Shinos Offenheit und Redseligkeit übertraf alles. Er konnte sich nicht daran erinnern, diesen jemals so viel am Stück sprechen gehört zu haben, dabei auch noch von äußerst privaten Dingen. Ihm war bewusst, dass ihre gemeinsame Zeit bisher kurz und lediglich auf die gemeinschaftlichen Mahlzeiten in der WG beschränkt gewesen war. Daher waren diese ersten Stunden in der Videothek etwas völlig Neues für ihn. Kouya fühlte sich unsicher und war nicht zuletzt verlegen über Shinos überraschend offene Art. Er fragte sich ernsthaft für einen Moment, ob Hikaru nicht sogar recht hatte mit seiner Bemerkung über Persönlichkeitsveränderung aufgrund von starken Schmerzen. Diesen Gedanken schob er aber im nächsten Augenblick schmunzelnd beiseite. Wenn er schon so etwas Blödes dachte, sollte er statt der Schmerzen vielleicht lieber die Schmerzmittel in Betracht ziehen, die Shino vor ihrem Verlassen der WG erneut eingenommen hatte. „Irgendwie schaust du gerade ziemlich verloren aus. Vielleicht solltest du dich erst einmal wieder auf die Arbeit konzentrieren, und zu einem späteren Zeitpunkt über Hikaru und mich nachdenken – wenn ich jetzt mal so vermessen sein darf zu behaupten, dass wir beide gerade zu 99 Prozent Gegenstand deiner Gedanken sind. Tut mir leid.“ „Uhm, also, na ja, vielleicht sollte ich mich wirklich erst einmal um die restlichen Filme kümmern.“, erwiderte Kouya gedankenverloren, der plötzlich ein breites Grinsen im Gesicht von Shino aufblitzen sah „Ach ja. Die Filme. Wenn du möchtest, kannst du nachher einen von diesen mit zu Yuu nehmen und ihm liebe Grüße von mir bestellen.“, raunte Shino anzüglich. Kouya riss die Augen auf und spürte augenblicklich Hitze in sich aufsteigen. Er schlug das Angebot energisch aus und drehte sich murmelnd um. „Mit Shino stimmt heute definitiv etwas nicht…“ Hiroki parkte den Wagen und schloss für einen Moment die Augen, während er nervös das Lenkrad umklammerte. Anschließend sah er aus der Windschutzscheibe und konnte die Videothek sehen, aus der eben ein junger Mann im schwarzen Anzug getreten war, der eiligen Schrittes in die entgegengesetzte Richtung davonging. „Wie verhalte ich mich, wenn Shino da drinnen ist!?! Was rede ich denn da? Natürlich wird er da sein, schließlich arbeitet er dort. Verdammt. Die Sms gestern fielen mir bedeutend leichter als das hier...“, sprach er leise und schnallte sich ab. Er klatschte sich aufmunternd auf die Wangen und verließ das Auto. „Egal. Ich bin wegen Kouya hierher gekommen und sollte mich daher auch voll und ganz auf diesen konzentrieren.“ Hiroki ging langsamer als gewöhnlich auf den Eingang der Videothek zu. „Mist, mist, mist… Wieso will er ausgerechnet hier bei Shino arbeiten?“, murmelte Hiroki verständnislos und zog entschlossen die Tür auf. Kouya saß wieder vor seinem Stapel DVDs und verzog angewidert das Gesicht, als er ungewollt die nächste Filmhülle genauer betrachtete. Er war nicht prüde und hatte allerhand über diverse Praktiken in Erfahrung gebracht, aber das, was er nun vor sich sah, drehte ihm beinah den Magen um. Das war etwas, was er definitiv nicht ausprobieren wollte. Er hoffte natürlich, dass Yuu da ähnlich dachte, obwohl er zugeben musste, dass sie bisher wenig über dieses Thema gesprochen hatten. Er hatte eigentlich gar keine Ahnung, was Yuu diesbezüglich mochte oder nicht. Während er wieder anfing, die Hüllen auszutauschen, ertönte die Türklingel, die einen neuen Gast willkommen oder einen alten verabschiedete. Er sah bei diesem Geräusch inzwischen nicht mehr auf, da er festgestellt hatte, dass er früher oder später sowieso einen Blick auf den neuen Kunden werfen konnte – die Videothek war zum einen nicht sehr groß, und zum anderen würde die Kundschaft in seiner Nähe vorbeischlendern müssen, wenn sie zu den Neuheiten kommen wollte. Er griff gerade nach der nächsten Hülle, als er Shinos erfreute Stimme hörte, der ein seltsamer Unterton anhaftete. „Hiroki?! Was führt dich hierher?“ „Wo ist Kouya?“ Kouya zuckte beim Erklang der scharfen Stimme seines Bruders zusammen. Hiroki vergeudete wirklich keine Zeit. Wie er befürchtet hatte, war diese Angelegenheit noch nicht beendet und Hiroki war allen Ernstes der Meinung, ihn hier zur Rede zu stellen. Kouya spielte für einen Augenblick mit dem Gedanken, sich unerkannt aus der Videothek hinaus zu schleichen, gab diese idiotische Idee aber wieder auf. Er konnte Hiroki nicht davonlaufen, was er eigentlich auch nicht wollte. Dennoch hätte er sich gewünscht, dass sich sein Bruder einen anderen Zeitpunkt ausgesucht hätte. Er stand auf und sah über zwei DVD-Regale hinweg zu seinem Bruder rüber, der noch immer zu Shino blickte und dabei einen eigenartigen Gesichtsausdruck trug. „Hier bin ich. Was gibt´s?“, rief Kouya angespannt, der sich innerlich auf eine zähe und nicht enden wollende Konfrontation einstellte. Er beobachtete Hiroki dabei, wie sich dieser beim Klang seiner Stimme abrupt umdrehte, und ihn dann überlegend musterte. Einen Moment später stand sein Bruder vor ihm, der die Lippen wütend aufeinander presste. Im Hintergrund konnte er Shino erkennen, der ihnen einen fragenden Blick zuwarf. „Was machst du hier?“, raunte Hiroki aufgebracht. Kouya spürte Erleichterung in sich aufsteigen. Zumindest schien sein Bruder nicht an einer lauten Auseinadersetzung interessiert zu sein. „Arbeiten. Ich sortiere DVDs ein.“ Kouya schlug sich für diese unüberlegte Antwort im Geiste vor die Stirn, denn nun inspizierte Hiroki die DVD-Hüllen auf dem Tisch zwischen ihnen. Kouya konnte förmlich den Aufschrei in Hirokis Kopf hören. Er sah, dass sich dessen Mund zweimal unentschlossen öffnete und wieder schloss. Dieser Anblick erinnerte Kouya an einen Fisch an Land, der verzweifelt nach Sauerstoff rang – was ja eigentlich noch nicht einmal lustig war, wie er zugeben musste. Dennoch, wäre diese Situation zwischen ihnen nicht schon so aufgeheizt, dann hätte Kouya gelacht und seinen Bruder mit diesem Vergleich liebevoll aufgezogen. „WAS ist DAS?!“, rief Shino ungewollt lauter, dessen Stimme ihm zu entgleiten drohte. Kouya sah ebenfalls auf den Tisch und sein Blick blieb vermutlich bei genau der DVD hängen, die nun seinem Bruder die Haare zu bergen stehen ließen. „Das? Ganz einfach. Eine Anleitung für Fäkalsex würde ich sagen. Von einigen auch liebevoll ‚Sekt und Kaviar’ genannt.“ Hiroki und Kouya sahen erschrocken auf, als sie Shinos laute Stimme vernahmen. „Jetzt sagt bloß, das kanntet ihr noch nicht?!“, zog Shino sie auf, der breit grinsend und schwer auf seine Krücke gestützt unbemerkt neben ihnen aufgetaucht war. „Euren Gesichtern nach zu urteilen, würde ich sagen, dass es euch nicht gänzlich unbekannt ist.“ Shino lachte, als er die roten Gesichter der Brüder vor sich sah. Er hatte zwar keine Ahnung, warum Hiroki unerwartet hier aufgetaucht war. Aber er konnte mit Bestimmtheit sagen, dass dieser nicht gekommen war, um über die gemeinsamen Stunden zu plaudern. „Ich weiß natürlich nicht, was für eine Auseinandersetzung ihr gerade führt, aber ich würde euch bitten, diese hinten im Büro fortzusetzen.“ Shino blickte ernst in ihre Gesichter. Kouya wandte den Blick ab und sah betroffen zu Boden. Hiroki entschuldigte sich leise. „Kein Grund, gleich so betrübt auszusehen. Kouya, du weißt wo das Büro ist. Also…“, sprach Shino aufmunternd, der für einen Moment tief in Hirokis dunkelgraue Augen sehen konnte. Statt einer freundlichen Ermahnung, hätte er diesem am liebsten einen leidenschaftlichen Kuss aufgedrückt, um damit das wachsende Verlangen stillen zu können, das sich seit dessen Auftauchen wieder bemerkbar machte. „Danke. Es wird nicht lange dauern.“, meinte Hiroki leise, der anschließend dem jüngeren Bruder folgte. „Himmel, da benimmt sich einer süßer als der andere…“, murmelte Shino verliebt, der noch nicht wirklich fassen konnte, dass er Hiroki so schnell nach ihrem gestrigen Spaß wiedersehen würde. „Und? Was hast du mir diesbezüglich noch zu sagen?“ Kouya lehnte verstimmt an der Wand neben der Tür und sah ungeduldig rüber zu Hiroki, der nach ihm in den Raum getreten war und sich noch immer neugierig umblickte. „Was IST das HIER!?!“ Das war nicht das, was Kouya hören wollte. „Wie, was ist das hier?! Ein Büro, wie unschwer zu erkennen ist.“, antwortete er und sah gereizt zu Hiroki, der sich ihm nun endlich zugewandte hatte. „Für mich sieht das hier eher nach einem Filmfriedhof als einem Büro aus. Shino sollte mal ganz dringend seine Prioritäten überdenken.“ Hirokis Bemerkung ließ Kouya grinsen. Einen ähnlichen Gedanken hatte auch er gehabt, als er zum ersten Mal hier hereingeführt wurde. Dieser Raum war wirklich ein reinstes Chaos – für andere wohl eine wahre Fundgrube. Überall stapelten sich Filme, von denen einige wirklich alt und noch auf Videokassette gespielt waren. Die Wände waren von verschiedensten Filmplakaten überfüllt und verschwanden zum Teil hinter großen Regalen, die sich unter dem Gewicht der Fülle der Filme bogen. „Hi-chan… Ich habe Shino versprochen, ihm hier auszuhelfen, bis sich dessen Fuß gebessert hat. Daran wird sich auch nichts ändern. Ich wünschte, du würdest die Sache nicht so verbohrt sehen. Obwohl ich ja noch nicht einmal weiß, was dich überhaupt daran stört.“ Kouya sah erwartungsvoll in das Gesicht seines Bruders und wartete. Dieser seufzte einen Moment später, ehe er antwortete. „Ich finde einfach, dass diese Art von Videothek nicht das passende ist.“ „Was meinst du mit ‚diese Art von Videothek’? Weil es hier vorrangig Schwulen- und Lesbenfilme gibt? Weil Shino mindestens homosexuell ist? Weil es nicht in zu dem Bild, das du von deinem kleinen Bruder hast, passt?“ „Nichts von all dem. Und du solltest eigentlich wissen, dass ich keine Vorurteile hege.“ „Was ist es dann?“, rief Kouya genervt, der das Gefühl hatte, dass sie sich im Kreis drehen würden. „Es ist nicht so, dass ich meine Entscheidung ändern würde, wenn du mir den wahren Grund für deine Vorbehalte sagst. Aber es würde mir eben leichter fallen, dich zu verstehen – auch auf die Zukunft bezogen. Immerhin bist du mein Bruder und mir unheimlich wichtig.“ Hiroki sah seinem jüngeren Bruder in die Augen und erwog für einen Augenblick, diesem ganz offen von seiner Beziehung zu Shino – von der er selbst noch nicht wirklich ein Bild hatte – zu erzählen, aber entschied sich vorerst dagegen. Er brauchte Zeit und Raum. Und diese Bedingungen fand er nun einmal innerhalb der Videothek – auch wenn Shino von seinem Glück noch nichts wusste und er sich hütete, es diesem auf die Nase zu binden. Kouya passte hierbei definitiv nicht ins Bild, aber wie konnte er es diesem erklären, ohne den wahren Grund zu erwähnen. Es blieb ihm eigentlich nichts anderes übrig, als weiterhin den verständnislosen und sturen Bruder zu mimen. „Ich werde dir einen Job bei mir an der Uni besorgen. Vielleicht kannst du sogar bei mir ar-.“ „Das kannst du dir abschminken!“, rief Kouya aufgebracht dazwischen. „Ich werde hier bei Shino bleiben, wie ich es versprochen habe.“ „Nein, das wirst du nicht!“, schoss Hiroki zurück, der sich dabei idiotisch vorkam. „Du kannst mir nichts verbieten, Hi-chan! Ich bin alt genug, um selb-“ „So? Darf ich dich daran erinnern, wer momentan deine Miete zahlt? Da unsere Eltern nicht da sind, habe ich durchaus das Recht-“ „Wenn das so ist, dann werde ich mich gleich auf die Suche nach einer Arbeit machen, um selbst für die Kosten aufzukommen. Wenn du mich also jetzt entschuldigst!“, schnitt Kouya Hiroki kalt das Wort ab und rannte anschließend wutentbrannt aus dem Raum. Mit dieser Reaktion hatte Hiroki nicht gerechnet. Er starrte bestürzt auf die offene Tür. „Verdammt. So hatte ich mir das jetzt nicht vorgestellt…“, murmelte er wütend und ging zum Schreibtisch. Hiroki ließ sich grollend auf diesem nieder und überlegte, wie er die Sache mit Kouya bereinigen konnte. Er war so sehr in Gedanken, dass ihm Shinos Eintreten völlig entgangen war und dieser ihn nun schon seit mehr als einer Minute schweigsam von der Wand aus beobachtete. „Ich nehme an, das lief nicht besonders gut?“ Hiroki zuckte zusammen, als Shinos Stimme zu seinen Ohren drang. Er blickte auf und starrte dem älteren Mann in die dunklen Augen. Er verweilte eine Sekunden in ihnen, bevor er Shino anschließend ganz auf sich wirken ließ. Dieser trug eine verwaschene hellblaue Jeans, deren Hosenbein um den Gips herum sauber aufgetrennt war. Darüber war er in einen schwarzen Kapuzenpullover geschlüpft, auf dessen Front in weiß das Logo einer Eliteuniversität zu sehen war. Hiroki fragte sich, ob Shino einmal Student dieser Hochschule gewesen war. Sein Blick wanderte zurück zu Shinos Augen, die ihn noch immer fragend ansahen. „Zumindest nicht so, wie ich es mir erhofft habe.“, gab Hiroki zu. „Darf ich fragen, worüber ihr gestritten habt?“ „Ich möchte nicht, dass er hier arbeitet.“ Shino zog erstaunt die Augenbrauen nach oben. „Wie das?“ „Ist das nicht offensichtlich?“, knurrte Hiroki. „Nein. Zumindest nicht für mich. Wie meinst du das, Hiroki?“, erwiderte Shino irritiert, der sich wirklich keinen Reim darauf machen konnte. „Soll ich es dir zeigen?“, raunte Hiroki heiser, der aufstand und zielstrebig auf die an der Wand lehnenden Person zuging. Shino hatte keine Chance zu antworten. Hirokis weiche Lippen pressten sich plötzlich hart auf seine. Und nicht nur das. Er spürte dessen sanfte Hände im Gesicht, am Hals, auf dem Rücken, im Schritt, was ihn innerlich erbeben ließ. Er rang nach Atem, als der jüngere Mann seinen Mund endlich wieder freigab und unterdrückte im nächsten Moment ein Aufstöhnen, als er Hirokis feuchte Lippen auf dem Hals spürte. Shinos Gedanken begannen zu rasen. Was hatte diese Aktion mit Hirokis Antwort auf seine Frage zu tun? Konnte es womöglich sein, dass dieser deswegen nicht wollte, dass Kouya hier arbeitete, weil Hiroki hoffte, die Videothek als einen gemeinsamen Treffpunkt nutzen zu können? Wenn dem so sein sollte, wäre er der glücklichste Mensch auf Erden. Es würde bedeuten, dass Hiroki die Sache zwischen ihnen ernsthafter betrachtete, als Shino bisher zu hoffen gewagt hatte. „Hey! Hiro-“ Ein weiterer leidenschaftlicher Kuss erstickte Shinos Worte. Erneut tanzte Hirokis Zunge in seiner Mundhöhle und er spürte die eigene Erregung gefährlich anwachsen. Er musste dem hier augenblicklich ein Ende setzen – auch wenn ein Teil von ihm lieber ungeniert fortfahren wollte. Jetzt war definitiv nicht der Zeitpunkt für eine filmreife Nummer im Hinterzimmer der Videothek. Shino drückte Hiroki entschieden von sich und suchte dessen Blick. Als er ihn fand, hielt er entzückt den Atem an – in dessen Augen spiegelte sich der eigene Wunsch wider. „Das ist keine gute Idee. Also. Der Zeitpunkt jetzt.“, stammelte Shino außer Atem. „Vielleicht machen wir einfach bei meiner Frage weiter, die du noch nicht beantwortet hast.“ Shino sah Hirokis unheildrohenden Stimmungsumschwung in dessen Augen kommen, und wappnete sich umgehend. Einmal mehr wurde offensichtlich, dass Kouya und Hiroki miteinander verwandt waren. Er unterdrückte ein Schmunzeln. „Ich dachte, ich hätte dir die Frage ausreichend beantwortet?! Aber wenn du natürlich nicht in der Lage bist, sie zu verstehen, sollte ich vielleicht gehen und die ganze Sache erneut überdenken.“ „Hiro-“, begann Shino irritiert, der eigentlich mit einer ganz anderen Reaktion gerechnet hatte. Er blickte Hiroki verdutzt hinterher, der ohne ein weiteres Wort zu verlieren das Zimmer verließ. „Scheiße.“ Fluchend sackte Shino gegen die Wand und ärgerte sich über sich selbst. Yuu sprintete beflügelt die Treppe zu seiner Einzimmerwohnung hinauf, während ein verliebtes Lächeln seine Lippen umspielte. Als er oben angekommen war und sich in die entsprechende Richtung seiner Wohnung drehte, blieb er überrascht stehen. An seine Wohnungstür gelehnt, saß eine vertraute Person, mit der er erst in einer Stunde gerechnet hatte. „Kouya?“ Kapitel 21: Wer hätte das gedacht... ------------------------------------ „Und?“ „Na ja, dann bin ich wutentbrannt weggerannt…“ „Wirklich?!“ Yuus amüsiertes Lachen hallte durch die geräumige Einzimmerwohnung. „Lach nicht! Mir ist das echt ernst!“, schnappte Kouya, der am Tisch in der Mitte des Raumes saß und zu Yuu rüber starrte. Dieser befand sich in der Kochnische und brühte Tee auf. „Und was war mit Shino? Hast du nicht erzählt, dass ihr zwei alleine wart? Das hieße dann ja, du hast ihn mit deiner Flucht völlig allein gelassen.“ Yuu hörte Kouyas verächtliches Schnaufen. „Vielleicht ist ja Hiroki geblieben, und hat sich an meiner statt um die diversen geschmacklosen Filme gekümmert! Zu wünschen wäre es ihm allemal, also dem Hi-chan jetzt!“ Yuu sah auf und fixierte Kouya. Er war überrascht gewesen, seinen Freund aufgelöst und auf 180 vor seiner Tür wartend vorzufinden. Mehr noch überraschten ihn aber dessen bissige Bemerkungen, die vor nichts und niemanden Halt zu machen schienen. Yuu fragte sich, wann wohl die erste in seine Richtung schießen würde, da er bisher verschont geblieben war. Ein schiefes Grinsen erschien auf seinen attraktiven Lippen. Die letzte halbe Stunde zumindest war seinem besten Freund gewidmet gewesen, was ihn nicht im Geringsten störte. „Hm… Shino hat auf jeden Fall mein vollstes Mitgefühl! Ist bestimmt nicht einfach gewesen, zwei laute Sturköpfe unauffällig im Hinterzimmer zu verstecken!“ „Hey! Auf wessen Seite bist du eigentlich?!“, rief Kouya übertrieben empört. „Wenn überhaupt, dann bin ich auf meiner Seite! Ich lass mich doch nicht in einen Streit zwischen Brüdern reinziehen, von denen der eine mein Geliebter, und der andere mein bester Freund ist!“, erwiderte Yuu arrogant, der beladen mit einem Tablett zum Tisch kam, und Kouya gegenüber Platz nahm. „Und Shino ist in diesem Fall nun mal die leidtragende Perso-“ Kouya stöhnte genervt und ließ den Kopf auf den Tisch sinken. Er ignorierte bewusst Yuus Schmunzeln. „Ja, ja. Schon gut…“ „Hier! Für dich!“ Kouya blickte verdutzt auf den quadratischen Gegenstand, der plötzlich vor seinen Augen erschien. Das handgeschöpfte beigefarbene Geschenkpapier bestach hinreißend durch die getrockneten Blütenblätter, die liebevoll darin eingearbeitet worden waren. Am olivgrünen Geschenkband, welches den Gegenstand locker umschloss und farblich hervorragend dazu passte, war eine kleine Karte befestigt, auf der etwas geschrieben stand. FÜR GEMEINSAME STUNDEN Kouya richtete sich auf und sah irritiert zu Yuu, der ihm ein unergründliches Lächeln schenkte, welches das vertraute Herzklopfen auslöste. „W-wie komm ich dazu?“, stotterte Kouya, der innerlich mit Schmetterlingen zu kämpfen hatte, die ungefragt in alle Richtung zu flattern versuchten. „Darf ich meinem Liebsten kein Geschenk machen?“ „Doch, doch, natürlich. Aber, na ja, ich komme mir nur so, also, es fühlt sich wunderbar an…“, sprach Kouya immer leiser werdend, der es jetzt tunlichst vermied, Yuu in die Augen zu sehen. „Dann ist ja gut. Ich dachte nämlich schon, du würdest es nicht nehmen wollen, weil du vielleicht das Gefühl hast, es wäre eine Art Versöhnungsgeschenk von mir. Immerhin habe ich mich wegen Takashi ziemlich daneben benommen.“, gestand Yuu, der am liebsten rüber zu Kouya geeilt wäre, um endlich dessen Mund leidenschaftlich mit seinem versiegeln zu können – er hatte sich bisher nämlich nicht getraut, sich Kouya auf diese Weise zu nähern, seit dieser hier früher als erwartet aufgetaucht war. „Daran hatte ich bis eben gar nicht mehr gedacht…“, murmelte Kouya, der zaghaft nach dem Geschenk griff. Yuu konnte Kouyas glühende Ohren unter den frechen rotbraunen Haaren hervorblitzen sehen und richtete bezaubert seine Augen auf das dazugehörige Gesicht, das nicht weniger glühte. „Ich versuche mich zu bessern, was mein…ähm, nun, eifersüchtiges Verhalten betrifft.“, sprach Yuu leise. „Woah, das klingt so dämlich…“ Yuu fuhr sich verlegen durch die schwarzen Haare. Er beobachtete Kouya dabei, wie dieser schweigsam das Geschenk auspackte. Kouya starrte auf den wunderschönen Teebecher in seiner Hand und hörte kaum, was Yuu sagte. Unbewusst breitete sich Erleichterung in ihm aus, und ein leises Seufzen entschlüpfte seinen Lippen. Er wusste nicht wieso, aber irgendwie hatte er mit etwas ganz anderem gerechnet – etwas mit einem mehr sexuelleren Zusammenhang. Kouya hatte keine Ahnung, warum sein Kopf während des Auspackens voll von diesen Dingen war. Für gemeinsame Stunden konnte schließlich alles und nichts bedeuten. Vielleicht war er mit seinen Gedanken einfach noch ungewollt bei Shinos geschmacklosen Filmen gewesen, mit denen er sich heute hatte auseinandersetzen müssen – die nicht nur bei ihm eine Wissenslücke gefüllt hatte, wenn er da an seinen Bruder dachte. „Der ist wunderschön!“, hauchte Kouya entzückt. „Er gefällt dir?! Dann bin ich ja beruhigt. Es war nicht einfach gewesen, den richtigen Becher zu finden.“ „Aber warum? Also, nicht, dass ein Teebecher nicht toll wäre, aber-“ Kouya verstummte, als er zu Yuu blickte. Was er dort sah, raubte ihm schlicht den Verstand. Yuus Wangen überzog eine leichte Röte, die wunderbar mit den schwarz schimmernden Augen harmonierte, in denen er sich auf der Stelle verlieren könnte. Kouya riss sich von dem Anblick los, und betrachtete erneut die Tasse in seiner Hand. „Du sollst einfach deine eigene haben, wenn du hierher kommst.“, sprach Yuu leise. Kouya hatte das Gefühl, ihm müsse beim Klang der Stimme das Herz endgültig übergehen. Er stellte den Becher behutsam ab, stand auf, um sich wenige Sekunden später in einer leidenschaftlichen Umarmung wiederzufinden, die nur durch Yuus zuckersüßen Kuss übertroffen wurde. Wohlige Wärme breitete sich in Kouyas Körper aus, und er umschlang Yuu fester. Am liebsten hätte er auf das Luftholen verzichtet, um damit die Berührung ihrer Lippen nicht unterbrechen zu müssen. „Yuu…“, wisperte er atemlos. „Kouya…“ Yuu sah berauscht auf Kouya hinab, der mit freiem Oberkörper und geöffneter Hose unter ihm lag und bei jeder Berührung erzitterte. Sein Geliebter hielt die Augen geschlossen, und biss sich in freudiger Erwartung sanft auf die Unterlippe. Yuu begann zu lächeln. Er setzte sich auf, und zog nun ebenfalls sein T-Shirt aus – er hatte zwar keine Ahnung, wie weit sie gehen würden, aber es würde wohl nicht schaden, mit Kouya gleichzuziehen. Yuu fuhr sanft mit den Fingern über Kouyas entblößte Brust, auf der sich allmählich seine hinterlassenen Liebesmahle zeigten, und entlockte auf diese Weise den feucht glänzenden Lippen unter ihm ein heiseres Stöhnen. Er lehnte sich gerade zu diesen hinab, als ihm unerwartet grüngraue Augen entgegensahen, die sich beim Anblick seines nun ebenfalls nackten Oberkörpers abrupt weiteten. „Oh…?!“, hörte er Kouya ausrufen. „Was OH?!” Yuu starrte fragend herab, während er die Distanz zwischen ihren Lippen immer mehr verringerte. Er spürte, wie mit jedem schrumpfenden Zentimeter Kouyas Erregung zunahm und entschied grinsend, sie gnadenlos weiter in die Höhe zu treiben. Verspielt küsste er Kouyas Nasenspitze, während er gleichzeitig unangekündigt seine Hand in dessen Unterhose schob. Das Ergebnis seiner Handlung war äußerst erregend. „Ngh…“ Kouya stöhnte auf und suchte berauscht seinen Blick. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass dir das gefällt?“, neckte Yuu verliebt, der sah, dass Kouya bei seinen Worten dunkelrot anlief. Er verstärkte den Druck seiner Hand, und genoss die leidenschaftliche Reaktion seines Liebsten – Kouya langte bebend mit einer Hand nach seinem Gesicht. Yuu fuhr sich verlangend mit der Zunge über die Lippen und ließ sie anschließend sanft über Kouyas wandern, bevor er im nächsten Moment erstarrte. Er richtete sich schlagartig auf und starrte bestürzt zur Tür. Die Klingel erklang ein weiteres Mal, und wurde nun von einem aufdringlichen Klopfen begleitet, dem ein genervtes Rufen folgte. „Yuu!?! Ich weiß, dass du da bist! Also mach auf…oder besser, schick Kouya gleich raus!“ „Das ist jetzt nicht wahr, oder…“, flüsterte Yuu und blickte gepeinigt auf Kouya hinab, der ernüchtert zu ihm aufschaute und die Lippen wütend aufeinander presste. „Das kann er sich abschminken!“, rief dieser einen Atemzug später und krabbelte Verwünschungen ausrufend unter ihm hervor, schnappte sich das T-Shirt und rannte die Hose festhaltend zum Bad. Yuu hörte das absperrende Geräusch der Badezimmertür und wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Kouya und er waren in so guter Stimmung gewesen. Er zog ernsthaft in Betracht, Hiroki für dessen unwillkommene Störung einfach vor der Tür versauern zu lassen – aber natürlich tat er dies nicht. Er griff fluchend nach seinem T-Shirt, und überprüfte mit einem Blick die Gegend unterhalb seiner Gürtellinie. „Der Anblick müsste noch als tragbar durchgehen…“, sprach Yuu leise, ehe er sich schief grinsend zur Tür aufmachte, um den älteren Bruder seines Geliebten einzulassen. Er machte sich nicht die Mühe, Kouya darüber in Kenntnis zu setzen, denn dieser hatte ihm mit der überstürzten Flucht ins Bad längst eine Antwort darauf gegeben. „Guten Abend, Hiroki! Was führt dich hierher?“, begrüßte Yuu Hiroki freundlich, der ihm übelgelaunt entgegen starrte. „Mein Bruder, was sonst!“ Die Antwort war schärfer als beabsichtigt. Hiroki hob entschuldigend die Hand. „War nicht so gemeint, Yuu. Ich komme natürlich auch dann hierher, wenn sich mein kleiner Bruder gerade nicht hier versteckt. Und jetzt sag mir bitte nicht, er wäre nicht hier, nur weil er das so von dir verlangt hat. Shino hat mir nämlich gesagt, dass er vorhatte dich zu besuchen.“, erklärte Hiroki nun mit ruhiger Stimme, der durch die Tür trat, da Yuu ihm inzwischen Platz gemacht hatte. „Er ist hier. Aber zu seiner Verteidigung sollte ich sagen, dass er nichts dergleichen von mir verlangt hat. Kouya hat sich lediglich im Bad eingeschlossen und ich befürchte, da kommt er vorerst nicht wieder raus.“ Yuu konnte den erneuten Stimmungsumschwung an Hirokis Augen ablesen. Denn genau wie bei Kouya, hatte er auch bei dessen älterem Bruder kein Problem damit, die rasch wechselnden Launen zu erfassen. „Eingeschlossen im Bad sagst du?! Wie alt war er noch mal?!“, rief Hiroki ungläubig, der ohne auf eine Antwort zu warten in den Wohnraum stürmte und zielstrebig auf das Bad zusteuerte. Yuu sah ihm kopfschüttelnd nach und murmelte amüsiert vor sich hin. „Ich frag mich wirklich, welcher sich kindischer benimmt…“ „Hey! Jetzt mach schon die Tür auf, Kouya! Ich will mit dir reden! Und zwar von Angesicht zu Angesicht!“, rief Hiroki sichtlich genervt. „Nur wenn du mir versprichst, dich aus dieser Sache rauszuhalten.“, antwortete Kouya entschlossen. „Wie könnte ich! Ich lasse dich nicht an einem Platz arbeiten, wo- wo von Sekt und Kaviar die Rede ist!“ Hirokis Stimme hatte die Zimmerlautstärke längst überschritten, aber er schien es selbst kaum zu bemerken. Yuu, der in Gedanken noch immer bei Sekt und Kaviar war und sich fragte, was es damit wohl auf sich hatte, räusperte sich lautstark, ehe er zu sprechen begann. „Hiroki, etwas leiser, wenn es geht.“ Der Angesprochene drehte sich um, und funkelte für einen Moment wütend in Yuus Richtung. Dieser lehnte lässig an der Wand gegenüber Badtür, und beobachtete vergnügt seit mehr als fünf Minuten die Szene vor ihm. „Ja, schon klar. Entschuldige!“, entgegnete Hiroki nun mit gemäßigter Lautstärke und wandte sich wieder der Tür zu. „Ya-chan, ich bitte dich! Ich bin einfach der Meinung, dass du bei mir an der Uni viel besser aufgehoben bist.“ „Kannst du mir mal den wahren Grund verraten, warum ich nicht in der Videothek arbeiten soll?! Der SEKT und der KAVIAR allein können es ja nicht sein, oder?“, schoss Kouya eisig zurück, der keine Anstalten machte, das Bad zu verlassen – wie kindisch er das auch letztendlich selber fand, vor allem in Hinblick auf seinen Liebsten, der irgendwo da draußen stehen musste. „Red nicht ständig von Sekt und Kaviar, sonst wird mir noch schle-“, begann Hiroki flehend, dem Yuu nun neugierig ins Wort fiel. „Was hat es eigentlich mit Sekt und Kaviar auf sich? Entschuldigt bitte, wenn ich da jetzt so dazwischenplatze, aber meine Neugier bringt mich fa-“ „Musst du nicht wissen!“ „Frag lieber nicht!“ Yuu hob erstaunt die Augenbrauen. Die Antworten der beiden kamen wie aus einer Pistole geschossen, und ließen ihn schmunzeln. Hinzukamen die glühenden Ohren seines besten Freundes, die darauf schließen ließen, dass dessen Gesicht nicht weniger leuchten musste. Wenn Hiroki davon schon peinlich berührt war, wie mochte es dann Kouya wohl ergehen. Yuu hoffte, dass er das Rätsel um den Sekt und den Kaviar mit Hilfe von diesem später lüften konnte. „Okay, habe schon verstanden. Aber Hiroki, also, nicht das ich mich einmischen will, aber was ist eigentlich so schlimm daran, dass Kouya Shino aushelfen möchte? Es ist ja nicht so, dass er entschieden hat, für immer dort zu arbeiten. Es ist ja nur für solange, bis Shinos Fuß wieder in Ordnung ist.“, meinte Yuu, der gespannt war, ob sein bester Freund sich offenbarte. Aber wenn er ehrlich war, dann konnte diese Erklärung durchaus auch noch auf sich warten lassen. Denn je schneller Hiroki sie verließ, umso früher konnten er und Kouya dort fortfahren, wo sie unterbrochen worden waren. „Es ist nicht schlimm, im Sinne von verwerflich oder dergleichen. Aber ich bin der Meinung, wenn er jetzt schon ein ganzes Jahr außerhalb unserer Gesellschaft gelebt hat, dann sollte er sich wenigstens mit Hilfe einer Arbeit an der Uni wieder in selbige eingliedern.“ „Hm. Klingt nachvollziehbar, aber ich denke, dass du den Arbeitsplatz letztlich beliebig austauschen kannst, wenn du von Gesellschaft sprichst. Da spielt es keine Rolle, ob du an der Uni, als Reinigungskraft oder in der Videothek arbeitest. Die Gesellschaft hast du überall, lediglich der Standpunkt ist ein anderer.“, meinte Yuu sinnierend. „Ahhh… Verschon mich damit, Yuu! Das ist mir alles selbst auch klar, aber ich denke, die Uni ist einfach der bessere Or-“ „Damit du mich wenigstens dort weiter bevormunden kannst, wenn ich schon nicht mehr daheim wohne!“, rief Kouya triumphierend durch die Tür. „D- das stimmt doch gar nicht! Was denkst du bloß von mir?“, erwiderte Hiroki entrüstet. „Habe ich dir jemals irgendetwas getan, was dein jetziges Verhalten mir gegenüber rechtfertigen könnte?“ „Und ob!“ „Hah?! Und was bitte schön?“ „Mich vom Baden ausgeschlossen!“ „Machst du Witze?“ Hiroki sah irritiert von der Tür zu Yuu, der unwissend mit den Schultern zuckte. „Kannst du das näher erläutern?“ „Als wir noch jünger waren und Yuu zu Besuch bei uns war, habt ihr gemeinsam gebadet und mich, trotz meines Flehens, dabei ausgeschlossen. Und das, obwohl du es mir vorher noch versprochen hattest!“ Es herrschte kurz Stille, ehe Hirokis und Yuus lautes Gelächter den Raum erfüllten. „Ja, genau. Sehr lustig! Fand ich damals nämlich auch schon…“, schnappte Kouya beleidigt. „Das meinst du doch nicht wirklich ernst, oder?“, entgegnete Hiroki noch immer lachend, dem es schwer fiel, sich wieder zu beruhigen. „Ich mein, das ist mindestens 15 Jahre her! Wie kannst du dich überhaupt noch an so etwas erinnern?“ „Erst auslachen und dann so tun, als ob meine Erinnerungen falsch wären. Und du auch, Yuu! Schön, dass du das genauso lustig findest.“ Kouya seufzte innerlich. Als wäre das Einschließen im Bad nicht schon kindisch genug, musste er nun auch noch mit so etwas anfangen. Kein Wunder also, wenn selbst Yuu die Beherrschung verlor und ihm dadurch ungewollt in den Rücken fiel. Wenigstens hatte sein Geliebter abrupt aufgehört zu lachen, als dessen Name fiel. Wäre sonst ja auch noch schöner. Kouya verdrängte die Gedanken an dieses vergangene Ereignis und konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt. Er musste zurück zum eigentlichen Thema kommen. „Ich sage es jetzt ein letztes Mal: Ich werde solange in der Videothek aushelfen, bis es Shinos Fuß wieder besser geht. Da kannst du dich von mir aus auf den Kopf stellen, Hi-chan! Ich habe nichts weiter zu sagen. Entweder du akzeptierst das jetzt hier auf der Stelle, oder du musst mich eben aus dem Familienregister streichen lassen.“, meinte Kouya schließlich übertrieben. „Idiot! Als ob ich das würde – mal davon abgesehen, dass ich das überhaupt nicht dürfte! Aber wie du willst, dann gehe ich eben jetzt! Sich mit einer Person ernsthaft unterhalten zu wollen, die sich im Bad eingeschlossen hat und sich weigert raus zu kommen, ist sowieso schlicht unmöglich. Lass es mich wissen, wenn sich dein Verhalten wieder normalisiert hat. Kannst dich dann ja melden, oder eben nicht…“ Hiroki wandte sich resigniert an Yuu, der ihm ein entschuldigendes Lächeln schenkte. „Vielleicht kannst du ihm ja ein wenig Vernunft einreden – zumindest dieses Verhalten hier betreffend…“ „Wohl kaum. Ich glaube, mein Lachen hat ihn ebenfalls verärgert. Ich werde warten müssen, bis er von allein das Bad verlässt.“, entgegnete Yuu schief grinsend, der es nun ernsthaft bereute, sich sein amüsiertes Lachen nicht verkniffen zu haben. Er wusste, dass ihm das sein Geliebter unter die Nase reiben wird, sobald sie wieder allein waren. Yuu verfluchte sich, denn das bedeutete, sie würden definitiv nicht dort weitermachen, wo sie vorhin abbrechen mussten. „Kann sein. Bis später!“ Während Hiroki sich mürrisch verabschiedete, sah er hoffend für einen Moment zur Badtür, ehe er enttäuscht die Wohnung verließ. „Komm schon, Kouya! Ich habe mich doch schon längst entschuldigt…“, rief Yuu kleinlaut, der sich inzwischen von außen an die Badtür gesetzt hatte und seit mehr als einer viertel Stunde mit seinem Liebsten diskutierte. „Ich konnte damals doch nicht ahnen, wie wichtig dir das war! Selbst Hiroki war sich dessen nicht bewusst. Wir wollten einfach unter uns sein und über…keine Ahnung…Erwachsenenthemen sprechen. Da hätten deine Ohren definitiv gestört…“ „Meine Ohren hätten also gestört!? Und worüber habt ihr euch denn so schön unterhalten? Welcher größer ist? Wer schneller is-“ „Woahhh…halt, halt! Wo denkst du hin?! Kouya!?! Nichts dergleichen! Zumindest nicht zu diesem Zeitpun-“ „Ha! Dann gibst du also zu, mal mit meinem Bruder um die Wette onaniert zu haben?!“ „…“ „Kann ich dein Schweigen als Zustimmung ansehen?!“, rief Kouya bebend durch die Tür. „I-, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mir ist noch immer schleierhaft, wie du plötzlich auf so etwas kommst, wenn es doch eigentlich, ich fasse es jetzt mal so zusammen, um den Ort des Sekts und Kaviars ging. Du machst mich echt fertig…“ „Schön, dass ICH dich fertig mache! Und was ist mit mir? Ich erfahre mal eben so, dass mein Bruder und sein bester Freund gemeinsam sexuelle Abenteuer erlebt haben!“ „Jetzt übertreibst du wirklich! Wenn du das SO sagst, klingt es, als hätten Hiroki und ich eine sexuelle Beziehung geführt, was aber nicht mal annährend stimmt!“, rechtfertigte sich Yuu eisern, dem diese Situation mit jeder weiteren verstreichenden Sekunde unwirklicher vorkam. Yuu beklagte sich innerlich. Er wusste, dass sein Geliebter ein Meister der Ausdauer war und befürchtete, dass sie heute Nacht um 12 noch hier sitzen würde, wenn er nicht schnellstens einen besänftigenden Weg fand, um Kouyas verbohrte Haltung aufzubrechen. „Wie wär’s, wenn ich dir drei Dinge zur Auswahl anbiete?“ „Was meinst du?“, fragte Kouya, der trotz seiner Verärgerung neugierig klang. „Baden, gemeinsam onanieren oder über unsere Kindheit sprechen?!?“, erläuterte Yuu, der darüber grinsen musste. „Hm, wir könnten die drei Dinge auch kombinieren!?! Was denkst du?“ „Ich denke, ich sollte jetzt lieber nach Hause gehen.“, schoss Kouya augenblicklich zurück. „WAS! Wie- wieso?“, rief Yuu entgeistert, der nicht das Gefühl gehabt hatte, dass sein Geliebter aufgrund der jüngsten Ereignisse so stark gekränkt sei. Da war es dann auch kein Wunder, wenn sein Angebot auf absolut taube Ohren traf, und er in den Augen seines Geliebten jetzt ziemlich blöd aussehen musste. Yuu krallte sich hilflos mit beiden Händen in die vollen schwarzen Haare und überlegte krampfhaft, wie er diese Situation soweit entspannen konnte, dass Kouya zumindest nicht sofort nach Hause ging. „Hör mal… Du hast recht. Das Angebot war wirklich daneben. Ich habe deine Gefühle nicht ernst genommen. Es tut mir leid…“ „Schon gut. Mein Verhalten war auch nicht besser.“ Während Yuu überrascht die beschämte Stimme seines Geliebten hörte, nahm er zusätzlich wahr, dass dieser die Badtür endlich entriegelte. Erleichtert stand er auf und wartete. Einen Moment später ging die Tür auf und Kouya erschien im Türrahmen. Dieser sah ihn mit der vertrauten Mischung aus Verlegenheit und Trotz an. Yuu lächelte und konnte nicht anders, als Kouya blitzschnell in seine Arme zu ziehen, und stürmisch dessen weiche Lippen mit seinen zu bedecken. Yuu parkte den Wagen am Straßenrand, stellte den Motor ab und blickte fragend zu Kouya, der auf dem Beifahrersitz saß. Dieser sah angespannt aus der Windschutzscheibe rüber zur Videothek, die, im Gegensatz zur spärlichen Straßenbeleuchtung um sie herum, hell aufleuchtete und der Dunkelheit trotzte. Yuu folgte schweigsam dem Blick seines Geliebten, und ließ für einen Moment die letzten Stunden Revue passieren. Es war in der Tat so gekommen, wie er es befürchtet hatte. Kouya hatte selbst nach dem befreiten Kuss, den sie nach dessen selbst auferlegtem Badaufenthalt geteilt hatten, darauf bestanden, nach Hause zu gehen und somit ihrem leidenschaftlichen Treiben, das noch nicht einmal annährend in Fahrt gekommen war, ein jähes Ende gesetzt. Immerhin hatte sich sein Liebster zu einer weiteren Tasse Tee überreden lassen, so dass sie wenigstens noch etwas Zeit zu zweit am Tisch genießen konnten – zumindest hatte er sie genossen. Natürlich war Yuu über den Ausgang ihres ersten gemeinsamen Abends in seiner Wohnung als Liebespaar enttäuscht. Aber er konnte Kouya sehr gut verstehen, denn schließlich hatte dieser nicht den besten Tag gehabt – selbstverständlich bezogen auf den älteren Bruder. Wenn Yuu jemand Schuldigen für diesen halbwegs schiefgegangen Abend bestimmen müsste, dann würde es Hiroki mit dem plötzlichen Auftauchen definitiv auf Platz eins schaffen, aber dicht gefolgt von ihm selbst, da er sich in der ein oder anderen Situation nicht hatte beherrschen können. Er ärgerte sich selbst jetzt noch über das eigene Verhalten, aber es war kein Weltuntergang und ihr nächstes Treffen hatten sie auch schon beschlossen. Es blieb nun also nichts mehr zu tun, als Kouya sicher nach Hause zu bringen, und sich auf das nächste Mal zu freuen. Bevor er dies aber tun konnte, musste er zuvor einen Zwischenstopp in der Videothek einlegen. Sein Geliebter hatte beschlossen, sich unbedingt heute noch einmal persönlich bei Shino für das Weglaufen zu entschuldigen. Yuu fragte sich zwar, warum Kouya das nicht bis morgen zum Frühstück aufheben wollte, aber er war letztlich dem Wunsch seines Freunds kommentarlos nachgekommen, und nun saßen sie hier. Yuu strich sich eine störende Haarsträhne aus dem Auge, und sah erneut zu Kouya, der noch immer zur Videothek blickte. Er räusperte sich leise, ehe er das Wort an seinen Geliebten richtete. „Kouya?“ „Hm?“ „Wir sind da.“ „Hm.“, entgegnete Kouya, der gedankenverloren an der Unterlippe knabberte und ihn weiterhin ignorierte. Yuu schloss für einen Moment die Augen und seufzte leise. „Das ertrage ich nicht länger…“, murmelte er sehnsüchtig und beugte sich vernarrt zu Kouya rüber. Die bunte Beleuchtung der Videothek spiegelte sich sanft auf dem attraktiven Gesicht seines Liebsten und dessen rotbraunen Haaren wider und sorgte so für einen atemberaubenden Anblick, der Yuus Herz mit schwindender Distanz schneller schlagen ließ. „Was hast du gesa-“ Sich zu Yuu umdrehend, brach Kouya mitten im Satz ab, als plötzlich das Gesicht seines Liebsten auf ihn zukam. „Yuu?!“ Einen Augenblick später spürte er die warmen Lippen seines Geliebten, und begrüßte sie mit klopfendem Herzen. Zu Yuus Lippen gesellten sich überraschend schnell dessen warme Hände, die selbstbewusst über seinen Körper fuhren – die eine verweilte an seinem Nacken, wo sie verliebt mit seinen Haaren spielte, während sich die andere an seiner Oberschenkelinnenseite langsam nach oben arbeitete, und dabei einen elektrisierenden Schauer nach dem anderen durch seinen Körper sandte. Kouya genoss Yuus Berührungen und ergab sich dem Gefühlsrausch. Aber so plötzlich wie dieser angefangen hatte, war er auch schon wieder vorbei. „Ngh...ha… Wa- Yuu?!?“ „Bestrafung.“, neckte Yuu. „Was?“ Kouya sah irritiert zu Yuu, der sich wieder in den Fahrersitz zurückgelehnt hatte und ihn frech angrinste. „Du wolltest doch nach Hause, oder? Da musst du dich schon mit dem Bisschen zufrieden geben. Mehr gibt es nur bei mir in der Wohnung.“ Yuus Grinsens wurde anzüglicher. „Wobei ich es hier im Auto auch ganz reizvoll finde…“ „Pah, kannst du vergessen! Und sag mir noch mal, ich würde mich kindisch benehmen.“ „Das war nicht ich, sondern Hiroki. Schon vergessen? Er wollte, dass ich dir ein wenig Vernunft einrede, oder…küsse. Hmmm, Küssen fällt wohl nicht darunter, zumindest nicht nach Hirokis Vorstellungen…“, erwiderte Yuu schmunzelnd. „Da kannst du dir aber sicher sein!“ „Bin ich.“ „Schön, dass wir das geklärt hätten.“, meinte Kouya sarkastisch, der gerne weiter von Yuus Lippen genascht hätte. „Was ist nun? Willst du noch kurz mit rein?“, fügte er hinzu, und wunderte sich über Yuus gute Laune. „Da fragst du noch? Wenn mich nicht alles täuscht, dann müsste Hikaru heute Abend hier sein. Glaubst du wirklich, ich würde dich allein in die Höhle des Löwen gehen lassen?“, antwortete Yuu bedeutungsvoll und stieg beschwingt aus. Draußen traf er auf Kouyas ungläubige Miene. „Was?“ „Irgendwie klingt das ziemlich schräg, wenn DU das sagst. Die Sache mit der Höhle meine ich. Vielleicht solltest du dich mal an die eigene Nase fassen!?“ „Findest du?“ Während Yuu fröhlich fragte, trat er auf Kouya zu. „Vielleicht sollte ich lieber deine Nase küssen?“ „Uwahhhhhh…“ Kouya wich hastig einen Schritt zurück und funkelte Yuu argwöhnisch an. „Idiot! Nicht hier draußen! Was ist, wenn uns jemand sieht?“ „Und wenn schon! Es gibt keinen Grund, sich zu verstecken!“ „Sag das mal meinem Bruder…“, entgegnete Kouya seufzend. „Würde ich ja gerne, damit wir mit diesem Versteckspiel endlich aufhören können. ABER-“, meinte Yuu für einen Moment lauter, als er sah, dass sein Liebster protestierend dazwischen reden wollte. „…aber ich beuge mich natürlich deinem Willen. Ich könnte nie etwas tun, was du nicht möchtest.“ Yuu sah Kouya auf einmal durchdringend an. „Das ist mein Ernst, Kouya! Ich liebe dich!“ „A- also echt mal, d- du schaffst es doch immer wieder, mich zu überraschen.“, stammelte Kouya verlegen, dem das Herz heftig schlug. Die Schmetterlinge in seinem Bauch erzeugten mit ihrem aufgeregten Flattern reichlich Wärme, die ihm zu Kopf stieg und seine Ohren rot färbte. Er sah Yuus bezauberndes Lächeln und langte betört mit einer Hand nach dessen Gesicht, konnte sich aber im letzten Moment bremsen. „Kouya?“ „Ahhh…nichts. Wir sollten endlich reingehen.“ Kouya wich den fragenden Augen aus. „Ach übrigens, Hikaru ist ziemlich nett und gutaussehend.“, sprach er übertrieben bedeutungsvoll. „Kouya!?!“ Yuu schloss die Tür und sah seinem Liebsten, der freundlich rufend zum Ladentisch schritt, argwöhnisch hinterher. Zu seinem Missfallen konnte er dort Hikarus Kopf unter dem Tresen hervorlugen sehen, auf dessen Gesicht sich ein unheilvolles Grinsen ausbreitete, als dieser ihn und Kouya erblickte und sich dabei elegant aufrichtete. Während Hikaru sprach, strich er sich das schulterlange schwarze Haar hinter die Ohren und lehnte sich lässig an den Tisch. „Huh?! Was macht ihr denn hier? Ich dachte, ihr hättet heute euren großen Tag?“, rief dieser freundlich, dessen Augen schelmisch blitzten. „Sagt bloß, es hat nicht geklappt?!“ Yuu rollte genervt mit den Augen. Er kannte Hikaru inzwischen gut genug, um zu wissen, dass dieser es bei der einen Bemerkung nicht belassen würde. Yuu wollte den attraktiven Mann gerade in seine Schranken weisen, als er Kouyas ausgelassene Antwort vernahm, die ihn überraschte. „Ganz so würde ich es nicht umschreiben…“, entgegnete Kouya lachend, dessen Gesicht, ungeachtet seiner ungenierten Worte, eine leichte Röte überzog. „So? Und wie würdest du es umschreiben?“ Hikaru warf Yuu über Kouyas linke Schulter hinweg einen frechen Blick zu, während er seine Frage stellte. „Äh- also, wie soll ich sa-“ „Du sollst gar nichts sagen! Und schon gar nicht zu diesem fragwürdigen Geschöpf, das da so engelsgleich vor dir steht!“, rief Yuu arrogant dazwischen. Er trat dicht hinter Kouya und zog diesen in eine feste Umarmung, welche sein Geliebter nach kurzem Protest zuließ. „Er muss nicht alles wissen! Und schon gar nicht etwas, was uns betrifft. Stimmt´s, Hikaru?“ Yuu unterstrich sein besitzergreifendes Verhalten Kouya gegenüber, indem er geräuschvoll einen Kuss auf dessen Hinterkopf platzierte. „Yuu!?!“, platzte es ungläubig aus Kouya heraus. Erneut schlug Protest in ihm hoch, der dazu führte, dass er sich mühselig aus der Umarmung seines Liebsten befreite. „Also echt mal!“ Während sich Kouya entnervt neben Yuu stellte, hinderte er murmelnd dessen Hand daran, ihn ein weiteres Mal in dessen Fänge zu ziehen. „Hatten wir nicht erst über solch ein Verhalten gesprochen?!“, raunte er leise. „Stimmt, aber du hast eben draußen ein Wort zuviel über Hikaru verloren! Was erwartest du?“ Yuu setzte eine Unschuldsmiene auf, während er lauter als nötig Kouyas Frage beantwortete. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass ich Auslöser dieser zuckersüßen Auseinandersetzung bin? Was hat Kouya denn Schönes über mich gesagt?“ „Nichts Besonderes. Lediglich, dass du unfreundlich und schlecht aussehend bist!“, schoss Yuu mürrisch in Hikarus Richtung. Dass er sich nun lächerlich benahm, wusste er, aber es war ihm unmöglich dieses Verhalten abzustellen. Am liebsten hätte er Kouya geschnappt und die Videothek mitsamt Hikaru, der seinem Geliebten gerade ein unverschämtes Lächeln schenkte, hinter sich gelassen. Er seufzte lautlos, schloss für einen Moment die Augen und hörte Kouyas Stimme, die neben ihm erneut den Raum belebte. „Das ist überhaupt nicht wahr, Yuu! Ich habe genau das Gegenteil von dem gesagt! Auch wenn ich es nicht so gemeint habe, wie du vielleicht denkst, dass ich es gemeint haben könnte...also…ähm-“ Kouya brach verunsichert ab und starrte zu Boden. „Oh, ich fühle mich geehrt, Kouya! Heißt das etwa, ich könnte bei dir landen, wenn der Kerl neben dir nicht wäre?“ „Hikaru! Pass auf, was du sagst!“, zischte Yuu. „Wir sind hier, weil Kouya mit Shino sprechen will, mehr nicht. Ich nehme an, er ist nicht da?“ „Ah ah ah, schon gut, Yuu-chan!“, entgegnete Hikaru augenzwinkernd, der wusste, dass seine Namenswahl den Mann vor ihm an den Rand des Ausbruchs brachte. „Du musst nicht gleich so kühl werden. Und nein, Shino ist nicht nicht da. Er ist hinten im Büro.“ Er sah ermutigend zu Kouya, der ihm ein schiefes Lächeln schenkte. „D- danke. Dann geh ich mal kurz zu ihm. Bin gleich wieder da, Yuu…“, sprach Kouya hastig und ging eiligen Schrittes nach hinten. Yuu blickte Kouya sehnsüchtig nach. Sobald sein Geliebter im Gang um die Ecke verschwand und nicht mehr zu sehen war, ließ er unbewusst ein lautes Stöhnen über seine anziehenden Lippen gleiten. Er erntete damit Hikarus amüsiertes Lachen. „Oh man, du bist echt bis über beide Ohren verliebt! Du solltest dich mal sehen…“ „Sei du bloß still! Ich werde wohl nicht anders aussehen als du, wenn sich Shino in deiner Nähe aufhält.“, schoss Yuu hitzig zurück. „Und lass bloß die Finger von Kouya. Ich werde noch verrückt, wenn sich die Zahl seiner Verehrer weiter erhöht.“ „Du solltest eigentlich wissen, dass ich mich nie in eine bestehende Beziehung drängen würde, Yuu.“, meinte Hikaru ernsthaft. „Aber ich kann deine Besorgnis durchaus verstehen. Dieser junge Mann ist wirklich eine Augenweide – und nicht nur äußerlich, wenn ich deinen vielen Erzählungen glauben schenken kann. Du bist echt zu beneiden. Und was Shino betrifft, der ist überraschenderweise mit jemand neuem beschäftigt.“ „Echt? Was Ernstes?“ „Hm, wenn ich mir Shino so angucke, dann würde ich behaupten, mehr als ernst…“ „Hooo!? Das interessiert mich jetzt aber. Ich sollte ihn deswegen bei der nächsten Gelegenheit mal anhauen.“ „Ja, das solltest du tun.“, sprach Hikaru amüsiert, der sich entschuldigte, um eine Kundin zu bedienen. „Was sollte dieses Grinsen jetzt…“, murmelte Yuu unzufrieden, während er zu dem Regal mit den Neuerscheinungen schlenderte. „Wa- Aaaah.. Nicht. Das ist zwar äußerst charmant, Hi- Hiroki, aber ich glaube, noch immer der absolut fa- haaaaa… Wa- was machst du?! Aua… Warte, mein Fuß-“ „Du redest mir gerade eindeutig zu viel, Shino!“ „Wie!?!“ Kouya zog die Hand zurück und starrte verblüfft auf die Tür zum Büro. Hier plötzlich den Namen seines Bruders zu vernehmen, war schon eine Überraschung. Aber die Art und Weise dieser Unterhaltung setzte dem noch eine Krone mit Sternchen auf, und ließ ihn zu einer Salzsäule erstarren. Lediglich seine Gedanken waren frei und rasten daher unweigerlich in eine bestimmte Richtung, die ihm zwar nicht unvertraut war, aber dennoch ein beunruhigendes Gefühl hervorrief. „Ngh… Wa- warte… Wir sind hier nicht allein! Hikaru ist vorn.“ „Ah, dieser schwarzhaarige Schönling? Er weiß nicht, dass ich hier hinten bin.“ „Was?! Umso schlimmer! Was, wenn er jemanden hierher schickt?“ „Willst du mir damit sagen, dass du häufiger so spät abends hier hinten Besuch bekommst? Ich wusste gar nicht, dass Vertreter so ungünstige Arbeitszeiten haben...“ „Blödmann! Sei nicht so ignorant, und hör-…nghhhhaaaaa… Ni-nicht gut. Nimm bitte deine Hand da raus…“ „Wow! Du bist sogar noch in der Lage BITTE zu sagen…“ Kouya schluckte. Häufig hatten er und Yuu über die Möglichkeit, ob Hiroki und Shino etwas miteinander haben könnten, gescherzt. Aber Kouya hatte ihren Scherzen niemals einen zweiten, ernsthaften Gedanken eingeräumt, so dass ihn diese unfreiwillige Entdeckung mehr erschütterte als ihm lieb war. Es fiel im schwer zu glauben, dass sein Bruder, der große Schwierigkeiten damit gehabt hatte, dass er in eine WG zog in der ein schwules Pärchen lebte, dieser ihn sogar ständig vor Kia gewarnt hatte, nun tatsächlich selbst etwas mit einem Mann hatte. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er darüber nachdachte, ob er sich für Shino freuen sollte oder nicht. Immerhin hatte es sein Mitbewohner mit einem äußerst exzentrischen Menschen zu tun, der kein Blatt vor den Mund nahm, und zudem neue Maßstäbe in Sachen Dickköpfigkeit setzte. Kouya unterdrückte ein Schmunzeln. Vielleicht würde sich diese Entwicklung ja positiv auf sein aufgeschobenes Coming-Out innerhalb der Familie auswirken. Er spürte seinen Mut anwachsen, aber das war nicht alles. Seine Ohren begannen zu glühen, während die Geräusche fortwährend gedämpft durch die Tür zu ihm durchdrangen und er nicht im Stande war, sich fortzubewegen. „Lass mich doch mal los! Das geht so nicht! Hiroki!?! … Ahhh…“ „Ich dachte, du würdest dich darüber freuen? Halt doch mal still…“ „Idiot! Ist dir entgangen, dass ich einen verletzten Fuß habe?! Und was…Ohhh… Ich geb´s au-“ „Das sind die Worte, die ich hören wollte! Hast du vielleicht Kon-“ „Halt! So habe ich das nicht gemeint! Du bist mir ein Rätsel! Erst abhauen und mich einfach so stehen lassen. Wiederkommen. Mich mit Fragen nach Kouyas möglichem Aufenthaltsort löchern. Erneut verschwinden, und nun eine Nummer im Büro verlangen?“ „Das klingt ganz schön sexy, wenn du das so sagst… Und ich dachte schon, meine Erregung kann sich nicht mehr stei-“ „Hiroki!?! Ngh… W- was ist nun mit Kouya? Hast du ihn gefunden?“ „Was soll mit Kouya sein? Müssen wir gerade jetzt über meinen Bruder sprechen?“ „Ja, müssen wir! Es interessiert mich eben. Mich interessiert alles, was mit dir zu tun hat.“ „…“ „Hi- roki?“ „Ich glaub´s nicht. Ich bin gekommen… Die Worte haben mich kommen lassen!?! Wie unbefriedigend ist das denn…“ „Ist das jetzt ein gutes, oder schlechtes Zeichen?“ „Was weiß denn ich! Passiert mir das erste Mal.“ „Hm… Dann kann ich mich also geehrt fühlen?“ „…“ „Jetzt guck nicht so! Ich wollte von Anfang an nicht hier, aber du…“ „Stimmt, aber ich bin noch nicht fertig. Du sollst auch etwas davon haben!“ „Wie? Nicht nötig. Verschieben wir´s auf´s nächste Mal… Hiroki? Was hast du vor?“ „Dir die Sinne rauben, was sonst?“ „…“ „Klappt doch ganz gut…“ „Ahhh… Ngh…“ Kouya presste aufgewühlt die Lippen aufeinander, und entfernte sich langsam mehrere Schritte von der Tür. Mit dem Rücken zum Büro holte er tief Luft und versuchte sich in Gedanken krampfhaft von den beiden Personen zu lösen, deren enthüllender Unterhaltung er gerade ungewollt Zeuge geworden war. Kouya wartete einige Sekunden, bevor er murmelnd zurück nach vorn ging. „Oh mein Gott… Ich glaub´s nicht…“ Yuu sah von der DVD auf und entdeckte Kouya, der mit einem seltsamen Gesichtsausdruck und roten Ohren wieder im Laden erschien. Er fragte sich, ob Shino seinem Liebsten als Strafe die Leviten gelesen hatte, schob diesen Gedanken aber sofort an die Seite, als ihm Kouya mit Handzeichen zu verstehen gab, dass er sofort gehen wollte. Yuu stellte die DVD zurück ins Regal, rief Hikaru einen Abschiedsgruß zu, zu dem sich Kouyas gesellte, und folgte seinem Geliebten bereitwillig aus dem Laden. Draußen angekommen, blickte er fragend in die grüngrauen Augen. „Ist etwas passiert?“ „Äh, nein. Es ist alles in Ordnung. Ich hatte nur das Bedürfnis zu gehen.“, entgegnete Kouya gefasster, als er tatsächlich war. „Das Gefühl habe ich aber nicht! Shino wird doch wohl nicht etwa-“ Yuu brach ab und riss die Augen auf. Mit grimmigen Worten auf den Lippen, drehte er sich wieder dem Eingang zu, um die Videothek zu stürmen. „Verdammt! Das hätte ich nicht von Shino erwartet! Der kann was erle-“ „Hast du eine Klatsche? Was glaubst du denn bitte, was Shino gemacht haben soll?“ Während Kouya eindringlich sprach, hinderte er seinen Liebsten daran, zur Tür zu gelangen. „Ich weiß zwar nicht, was dir da im Kopf rumschwirrt, aber ich kann dir versichern, dass Shino nichts getan hat. Und selbst wenn, dann würde ich es nicht wollen, dass du losrennst und dich für mich prügelst! Aus dem Alter sind wir raus, oder?!“ „Aber dann erklär mir bitte mal, warum du so seltsam ausgesehen hast, als zurückgekommen bist und vor allem sofort gehen wolltest!“, erwiderte Yuu aufgebracht, dem es schwer fiel, sich von den unschönen Gedanken Shino gegenüber loszureißen. „Ich mein, ist es da nicht naheliegend zu denken, dass-“ „Nein, es ist ganz bestimmt nicht naheliegend sofort anzunehmen, dass Shino mich angegrabscht hat! Ich dachte immer, du besitzt Verstand und Menschenkenntnis! Vor allem wenn ich bedenke, dass du Shino inzwischen so lange kennst… Also echt, wenn er das hört, ist er bestimmt total enttäuscht, oder wird dich bis in alle Ewigkeit damit aufziehen, was ich dir übrigens glatt gönnen würde.“ „Ja ja, schon gut! Habe verstanden und es tut mir leid.“, sprach Yuu besänftigt, der mit einer Hand nach Kouya langte. Er berührte sanft dessen Wange, strich ihm eine wild abstehende rotbraune Haarsträhne hinter das Ohr zurück und genoss die kurze Berührung ihrer Haut. „Ich habe wohl etwas überreagiert.“ „Etwas ist gut, aber egal. Würdest du mich jetzt nach Hause bringen?“ „Nur, wenn ich einen Kuss bekomme!“ „Yuu!!!“, rief Kouya genervt, den es noch immer erstaunte, dass Yuus Persönlichkeit so widersprüchlich und facettenreich war. Bei jedem Aufeinandertreffen lernte er Neues und begann jedes einzelne Puzzlestück, aus denen sich sein Geliebter zusammensetzte, innig zu lieben. „Im Auto oder Fahrstuhl, und auch nur, wenn uns keiner sieht.“ „Woher kommt denn jetzt bitte der Fahrstuhl? Aber dein Wunsch soll mir recht sein! Dann jetzt gleich im Auto und später also im Fahrstuhl, da ich dich bis an die Wohnungstür bringen werde, wie es sich für ein ordentliches erstes Date gehört!“, meinte Yuu verliebt, der Kouya an die Hand nahm und ihn ungezwungen zum Auto führte. „Das ist nicht unser erstes Date!“, rief Kouya lachend. „Egal. Aus dieser Abmachung kommst du jetzt jedenfalls nicht mehr raus…“ Hikaru verabschiedete sich gerade gut gelaunt von einem guten Freund am Telefon, als er im Augenwinkel Shino wahrnahm, der endlich aus dem Büro zurückkam. Eine bissige Bemerkung auf den Lippen, wandte er sich in dessen Richtung, nur um im nächsten Moment wortlos den Mund offenstehen zu lassen. Hinter Shino erschien eine weitere Person, die ihm zwar bekannt vorkam, er sich aber nicht daran erinnern konnte, wo er sie schon einmal gesehen haben könnte. Hikaru setzte ein weiteres Mal an, etwas in Shinos Richtung zu rufen, aber verstummte erneut. Verblüfft sah er zu den beiden rüber. Der Unbekannte beugte sich zu Shinos Ohr und flüsterte etwas hinein, was bei dem älteren Mann dazu führte, dass sich dessen Wangen leicht röteten. Hikaru zog erst skeptisch, dann aber wissend die Augenbrauen nach oben, während sich ein breites Grinsen auf seinen Lippen ausbreitete. Er beobachtete, wie Shino und der andere Mann, der ohne Zweifel dieser ominöse Hiroki sein musste, sich verabschiedeten. Der eine verließ ohne einen Blick zurück den Laden, während der andere sehnsüchtig hinterher starrte. „Müssen eigentlich alle um mich herum so schmachtend durch die Gegend glotzen…“, brummelte Hikaru, der nun endlich seine Sprache wiederfand. „Hey Shino! Schön, dass du dich hier vorn auch noch mal blicken lässt! Wer war denn dieser stattliche junge Mann? Den hast du mir überhaupt nicht vorgestellt!“, rief er übertrieben beleidigt und musste lachen, als er das entsetzte Gesicht seines Chefs sehen konnte. „Wow! Das wird ja immer besser…“ Shino setzte sich ächzend auf den Stuhl hinter der Theke, stellte die Krücken an die Wand und blickte gespannt zu Hikaru, der ihn nun schon seit geraumer Zeit mit einem vieldeutigen Grinsen anstarrte. „Was ist?“ „Hast du meine Frage nicht gehört?“ „Die da wäre?“ „Nun, ob dieser junge Mann zufällig Hiroki gewesen ist?“ „Und wenn es so wäre?“ „Ich habe gar nicht mitbekommen, dass du da hinten Besuch hattest. Na ja, da wird es hoffentlich nicht schlimm gewesen sein, dass ich Kouya-“ „Was ist mit Kouya?“, unterbrach Shino Hikaru misstrauisch, den ein ungutes Gefühl beschlich. „Äh? Er war doch vorhin bei euch hinten, schon vergessen?“, entgegnete Hikaru seelenruhig, dem das Ganze langsam Spaß machte. Er konnte sehen, wie sich Shinos Gesichtsfarbe von blass zu rot, und dann wieder zurück verfärbte. „Sag bloß, ihr wart da hinten unanständig?“ Hikaru begann erneut herzlich zu lachen, als er Shinos gepeinigten Gesichtsausdruck sah. „Dacht ich´s mir doch!“, rief Hikaru triumphierend. „Kein Wunder also, dass der Kleine so schnell verschwunden war.“ „Hat Kouya etwas gesagt?“ „Nö. Ist einfach auf und davon, nachdem er und Yuu mir einen Abschiedsgruß zugeworfen haben.“ „Yuu!?! Der war auch hier?“ „Yepp. Aber keine Angst, er war nur hier vorn bei mir. Obwohl ich natürlich keine Ahnung habe, wie geschwätzig der Rotschopf mit seinem Liebsten umgeht.“ „Das wüsste ich auch gern…“, entgegnete Shino leise, dem das alles zwar ein wenig peinlich war, aber sein Hochgefühl nicht schmälerte. Hiroki schien ernsthaft an einer Beziehung interessiert zu sein, auch wenn dieser es bislang nicht eindeutig ausgesprochen hatte. Shino lächelte plötzlich. Er war also im Moment die einzige Person, die wusste, dass die Sato-Brüder Beziehungen zu Männern unterhielten und dies voreinander geheim hielten. Sein Lächeln wurde umtriebener. „Ey Shino, kannst du das mal lassen?“ „Wieso? Hat doch gerade erst angefangen…“, entgegnete er amüsiert, und sah dem schwarzhaarigen Mann belustigt in die Augen. Kapitel 22: Eine kunterbunte Mischung zum Frühstück --------------------------------------------------- Die Küche war erfüllt vom Duft gekochten Kaffees und dem Liebesgeflüster zweier Personen, die eng umschlugen am großen Holztisch in der Mitte des Raumes lehnten. Kagerou spielte verliebt mit den kurzen Nackenhaaren seines Geliebten, der vor wenigen Augenblicken frisch geduscht in der Küche zum Frühstück erschienen war, und an dessen Lippen er nun berauscht klebte. Sein inneres Lächeln verschaffte sich unkontrolliert einen Weg nach außen, und störte Kia bei dessen Versuch, erneut die Zunge in seinem Mund verschwinden zu lassen. „Hey! Was soll das? Warum grinst du denn jetzt so? So kann ich dich nicht gescheit küssen…“ Motzend griff der ältere Mann bestimmend mit einer Hand nach dem Kinn des jüngeren, um diesen die Möglichkeit zu nehmen, sich lachend wegzudrehen. „Und jetzt auch noch über mich lachen!“ „Nnnn… Na-… Kia! Wa- warte!“, rief Kagerou atemlos, der kaum Luft holen konnte, da ihm der Mund seines Liebsten erneut gehörig zusetzte. „Jetzt wart’ doch mal bitte!“ Kia energisch von sich schiebend, befreite er sich aus der süßen Umarmung, und trat außer Reichweite der nach ihm schnappenden Arme. Lachend wandte Kagerou ihnen den Rücken zu, um an der Anrichte nach dem Tee zu sehen. Dieser zog nun schon drei Minuten länger als nötig. Shino, der sich für heute Morgen extra Tee von ihm gewünscht hatte, würde sich über seine Unachtsamkeit weniger freuen. Kagerou hoffte, dass sein ältester Mitbewohner darüber hinwegsah. „Wegen dem ollen Tee unterbrichst du unsere traute Zweisamkeit?!“ Theatralisch ließ sich Kia auf den nächstbesten Stuhl plumpsen. Ein freches Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Und ich dachte schon, du wolltest unsere schon beendete morgendliche Aktivität hier fortführen!“ „Eigentlich war es nicht der Tee, der mich gezwungen hat, unseren Kuss zu beenden. Der ist mir nämlich erst wieder in den Sinn gekommen, als mein Blick auf Shinos Teetasse auf dem Tisch fiel.“ „So? Und was hat dich nun so zum Lachen gebracht?“, maulte Kia noch immer beleidigt, der nach einem Apfel in der Obstschale griff. „Und jetzt sag nicht, mein kleines Missgeschick von heute Morgen.“, warf er mit vollem Mund hinterher. „Natürlich nicht! Wobei ich zugeben muss, dass das durchaus auch der Fall hätte sein können.“ Grinsend entsorgte Kagerou die Teebeutel. „Was dann?“ Überrascht sah er zu Kia rüber, dessen Stimme einen nachdenklichen Ton angenommen hatte. Er liebte diesen Klang. Leider kam er viel zu selten in den Genuss, ihn zu hören. Sein Geliebter benahm sich in seiner Gegenwart generell extrem ausgelassen. Manchmal beneidete er Kias Arbeitskollegen an der Uni, die dessen ernste Seite viel häufiger zu Gesicht bekamen. Nichtsdestotrotz wusste Kagerou zu schätzen, dass gerade diese ungezwungene Seite Kias einzig und allein ihm entgegengebracht wurde. Er konnte also damit leben, den ernsten Kia nur hin und wieder zu sehen. „Ich musste daran denken, wie glücklich ich bin. Das hat mich eigentlich zum Lächeln gebracht. Aber die Ausführung wurde durch deine forschen Lippen und deine Zunge behindert. So ist aus dem ursprünglichen Lächeln ein amüsiertes Lachen geworden.“ Den aufrichtigen Worten folgend, trat Kagerou mit dem dampfenden Teekessel zurück an den Tisch, und wurde dort von Kias betörtem Lächeln begrüßt. Dieser verfolgte aufmerksam jede seiner Bewegungen. „Wie du siehst, nichts Verwerfliches.“ „In der Tat. Für diese Worte könnte ich dich auf der Stelle flachlegen.“ Hellbraune Augen blitzten vergnügt auf, und ließen Kagerous Herz schneller schlagen. „Wow. Ich mach dir eine aufrichtige Liebeserklärung, und alles, woran du denken kannst, ist, wie du mich hier flachlegen kannst. Das enttäuscht mich jetzt schon ein wenig…“ Seufzend wollte Kagerou gerade Platz nehmen, als ihn das Geräusch der Klingel innehalten ließ. Er wandte seinen Blick zur Küchentür und fragte sich, wer zu so zeitiger Stunde hier auftauchen könnte. Für die Post war es definitiv noch zu früh. Während er noch darüber nachdachte, stand Kia auf und ging, scheinbar eine Antwort auf seine Gedanken suchend, zur Tür. „Setz dich ruhig hin. Ich sehe mal nach. Wenn ich wiederkomme, bekommst du eine leidenschaftliche Antwort auf deine Leibes- äh, Liebeserklärung.“ Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen trat Kia durch die Tür nach draußen. Kagerou starrte verblüfft auf die geschlossene Küchentür. „Eine leidenschaftliches Antwort also? Warum beunruhigt mich das jetzt mehr, als dass es mich freut…“ Er setzte sich wie befohlen an den Tisch, und sah zum breiten Küchenfenster hinaus. Es schien ein schöner Tag zu werden, denn der wolkenlose Morgenhimmel gab der Sonne freie Hand. Diese nutzte ihre Vormachtsstellung aus, indem sie ihre wärmenden Strahlen gönnerhaft überall verteilte, und so die Luft in die Küche angenehm erwärmte. Mit einen entzückten Seufzen schloss Kagerou die Augen und warte. „Entschuldige bitte die frühe Störung, aber ich muss unbedingt zu Kouya. Er ist doch da, oder?“ Kia streckte Hiroki dreist die Zunge raus, die dieser aber am anderen Ende der Sprechanlage nicht sehen konnte. Er fuhr sich unzufrieden, weil gestört in seiner Zweisamkeit mit Kagerou, mit einer Hand durch die kurzen Haare. „Ein junger Mann, der auf diesen Namen hört, wohnt hier tatsächlich. Wenn mich ni-“ „Kia, lass die Scherze. Lässt du mich nun rein, oder nicht?“, rief Hiroki verärgert, der Kia damit ins Wort fiel. „Ja ja, schon gut. Fang bloß nicht an zu heulen! Ich lass dich rein.“ Kia ließ den aufgebrachten Besucher nicht mehr zu Wort kommen, und drückte den Türöffner. Hiroki funkelte den beinah gleichgroßen Mann im Türrahmen wütend an. Die Entscheidung, heute Morgen noch vor der Arbeit nach Kouya sehen zu wollen, war ihm merklich schwer gefallen. Aber hätte er gewusst, dass er hier als erstes einem sarkastischen Kia über den Weg laufen würde, wäre ihm seine Entscheidung leichter gefallen. Dieser ein Jahr ältere Mann und Mitbewohner seines kleinen Bruders verhielt sich so abschreckend wie eh und je, so dass Hiroki wirklich Mühe hatte, sich zu beherrschen. „Danke.“, presste er lieblos über die Lippen. „Kein Ding. Weißt ja, wo sein Zimmer ist.“ „Ich denke schon.“ „Ah, und noch etwas. Vergiss nicht, die Schuhe auszuziehen.“ „Wa- was sollte das denn?!“, rief Hiroki empört und lauter als beabsichtigt. Er musste mit ansehen, wie Kia ihm elegant und ignorierend den Rücken zuwandte und in der Küche verschwand. Der Besucher schluckte die bissige Bemerkung die ihm auf der Zunge lag runter, und zog sich alleingelassen im Eingang die Schuhe aus. Sein Blick wanderte dabei links den Flur hinab, und blieb an Shinos Zimmertür hängen. Für einen Moment verspürte er das große Bedürfnis, Kouyas Angelegenheit einfach aus seinem Kopf zu stoßen, und stattdessen dem älteren Mann einen Überraschungsbesuch abzustatten. „Unmöglich…“ Kaum hörbar flüsternd und leicht enttäuscht, stellte er seine Schuhe ordentlich in die Reihe. Der Blick fiel dabei auf ein Paar Turnschuhe, das ihm bekannt vorkam, aber nicht seinem Bruder gehörte. „Yuus…“ Nachdenklich schritt Hiroki also rechts den Flur entlang zur ersten Tür neben der Küche, und blieb stehen. Sich innerlich zur Besonnenheit mahnend, hob er die Hand, nur um überrascht im nächsten Moment in der Bewegung innezuhalten. Zwei vergnügte Stimmen drangen gedämpft durch die Tür an sein Ohr. „Yuu! Du sollst das lassen!“ „Wieso? Du magst das doch.“ „Überhaupt nicht… Wie kommst du auf so-“ Hiroki hörte seinen Bruder vergnügt aufquietschen. Wenn sich Kouya heute Morgen in so offensichtlich guter Stimmung befand, kann an seinem geplanten Gespräch mit diesem nicht viel schief laufen. „Lediglich Yuu muss noch das Feld räumen…“ Ermutigt setzte erneut zum Klopfen an, aber Kouyas nächster Satz traf ihn absolut unvorbereitet. Er erstarrte. „Nimm deine Hand aus meiner Hose, und hör auf an meinem Ohr zu knabbern! Ich will endlich aufstehen…“ Seine Gedanken begannen zu rasen. Es fiel ihm schwer, dem Gehörten eine andere Assoziation zu verpassen, als die reinen Worte vermuten ließen. Hiroki presste unschlüssig die Lippen aufeinander. Ist Yuu diese geheimnisvolle Person, in die sein Bruder verliebt war? Das konnte nicht sein. Seit wann? Spielte keine Rolle. Wenn er ernsthaft über die beiden nachdachte, fiel ihm auf, dass sie, seit Kouya aus dem Ausland zurück war, auffallend viel Zeit miteinander verbrachten. Was auch erst einmal nicht weiter schlimm war, wie Hiroki zugab, denn schließlich waren sie alle seit klein auf befreundet. Aber dass DAS hier der Grund für diese Zweisamkeit war, hinterließ dann doch einen bitteren Geschmack. Hiroki blendete das Geplänkel der offenbar schwer Verliebten so gut es ging aus, und fuhr sich hilflos mit beiden Händen durch die kurzen Haare. Sein geplantes Gespräch konnte er jetzt vergessen. Kouyas Arbeit in der Videothek war bei weitem nicht so aufwühlend, wie es dessen Beziehung zu seinem besten Freund war. Er entschied sich für einen vorläufigen Rückzug, um sich mit der unerwarteten Entdeckung erst einmal anfreunden zu können. Geschlagen wandte sich Hiroki um, und ging zurück zur Eingangstür. Weit kam er aber nicht. Von der anderen Seite des Korridors starrten ihm verblüfft zwei dunkle Augen entgegen, die er nur allzu gut kannte. Er spürte sein Herz schneller schlagen. „Shino…“ Der Angesprochene humpelte auf Krücken lächelnd in Hirokis Richtung. An der Küchentür blieb Shino stehen und wartete darauf, dass sich der fassungslose Mann wieder in Bewegung setzte. „Warum so überrascht? Schon vergessen, dass ich auch hier wohne?“ „Na- natürlich nicht! Aber ich war mit den Gedanken wo anders…“, erwiderte Hiroki, als er vor dem Wartenden zum Stehen kam. „Kouya besucht?“ „Äh…ja, aber er scheint noch zu schlafen. Werde es später übers Handy probieren.“ Hiroki hoffte, dass es nur bei Shinos fragendem Blick blieb. Er hatte wirklich keine Lust, jetzt darüber zu reden. Schon gar nicht wollte er mit Shino über diese Angelegenheit sprechen. Wäre auch äußerst seltsam, sich über den männlichen Geliebten des Bruders aufzuregen, wenn die eigene Situation höchst fragwürdig war. „Ich werde mich dann mal wieder auf den Weg machen.“ „Bekomme ich keinen Begrüßungskuss?“, fragte Shino leise, der Hirokis Ankündigung völlig ignorierte. „Was?“ Kaum zu Ende gesprochen, trat Hiroki panisch einen Schritt zurück. Er befürchtete, dass sein jüngerer Bruder just in dem Moment das Zimmer verlassen würde, wenn er hier vorn naiv an Shinos süßen Lippen hing. Dem vorzubeugen, ist Distanz keine schlechte Idee, wie es ihm wahnwitzig durch den Kopf schoss. „Nur einer… Und dann kommst du noch kurz mit in die Küche, und trinkst einen Kaffee. Ja? Kia und Kagerou freuen sich bestimmt auch, dich zu sehen.“ „Klar, das glaube ich dir aufs Wort. Vor allem Kia, der mich eben vor der Tür stehen lassen wollte.“ „Ach was, nun komm schon. Oder soll ich Kouya von unserem Geheimnis erzählen?!“, flüsterte Shino, der mit seinem breiten Grinsen der Drohung die Schärfe nahm. „Das… Verdammt, Shino! Mir ist gerade nicht zum Spaßen zu Mute…“ „Warum?“ „Nicht so wichtig. Ein Kuss und ein Kaffee?! Das war die Abmachung, oder?“ Hiroki trat nervös auf den kleineren Mann zu. Sein Herz schlug schneller, als er seine Hände sanft um Shinos warme Wangen legte, und diesem einen flüchtigen Kuss auf die einladenden Lippen hauchte. „Ein bisschen mehr darf es ruhig sein!“ Protestierend zielte Shino mit einer Krücke nach Hirokis Schienbein. „Sind wir hier etwa bei ‚Wünsch dir was!’?“ Amüsiert und geschickt der Gehhilfe ausweichend, steuerte er erneut auf Shinos Lippen zu. Diesmal verweilte er länger auf ihnen. Als besonderen Nachschlag öffnete Hiroki sogar kurz seinen Mund, so dass sich ihre Zungen für einen Moment treffen konnten. Die Gedanken um Kouya rückten dabei für ein paar Sekunden in weite Ferne. „Das sollte jetzt aber genügen.“ „Nicht, wenn ich meine untere Körperhälfte fragen würde.“, raunte Shino entzückt, der sich suchend mit der Zunge über den Mund fuhr, um so die letzten Reste von Hirokis süßen Lippen zu erhaschen. „Aber wir sollten wirklich besser in die Küche gehen…“ Kia starrte missmutig über den Tisch rüber zu Hiroki, der sich gerade von Shino eine Tasse von Kagerous gekochtem Kaffee einschenken ließ. Er verzog den Mund. Als wenn es nicht schon genug wäre, dass der Bruder ihres jüngsten Mitbewohners so plötzlich am frühen Morgen hier in der WG auftauchen musste, setzte Hiroki dem sogar noch eins auf, indem sich dieser ungeniert zum Frühstück einladen ließ. Kia schnalzte missbilligend mit der Zunge, und ließ seine Augen zu Kagerou wandern. Sein Geliebter beobachtete die beiden Hinzugekommenen mit einem fragenden Gesichtsausdruck, dem etwas überraschend Ernstes anhaftete. Machte sich sein Liebster etwa Sorgen um das Liebesleben von Shino? Er hoffte nicht. Und wenn doch, was konnte Kagerou schon groß dagegen machen, dass sich ihr Freund eine tickende Zeitbombe ins Bett geholt hatte – sofern sie schon da angekommen waren. Aber Kia musste zugeben, dass die Geheimniskrämerei der Satō-Brüder äußerst amüsant war. Außerdem musste er sich nun keine Gedanken mehr über Hirokis anfängliche Bewunderung Kagerou gegenüber machen. Einen Verehrer mehr, den er von seiner Liste streichen konnte. Was ihn aber nicht davon abhielt, diesen weiterhin zu ärgern. „Wolltest du nicht zu Kouya?“, fragte er spöttisch und musste mit ansehen, wie Hiroki bei seinen Worten plötzlich den frisch eingeschenkten Kaffee verschüttete – Kagerous liebevoll gekochten Kaffee, über dessen liebevoll gedeckten Frühstückstisch, wie es Kia idiotisch durch den Kopf schoss. „Woah, alles okay, Hiroki?! Warte, ich hole einen Lappen.“ Mit diesen Worten sprang zu Kias Verärgerung nun auch noch Kagerou auf, der sich den Lappen von der Spüle schnappte, und zurück zum Tisch kam. „Verbrüht hast du dich aber nicht, oder?“ Die mitfühlenden Worte seinen Liebsten sorgten dafür, dass Kia Hiroki dafür am liebsten den Rest des Kaffees über dessen andere Hand geschüttet hätte. „Äh… Nein, alles in Ordnung. Tut mir leid wegen dem Kaffee.“, murmelte Hiroki verschämt. „Ach was, ist ja noch welcher da! Außerdem kann ich neuen kochen.“ Kagerou winkte besänftigend ab. Während er den Tisch säuberte, sah er fragend zu Shino, aber dieser zuckte lediglich als Antwort kaum merklich mit den Schultern. Wieder Platz genommen, wanderte sein Blick zu Kia, der Hiroki unverhohlen anfunkelte. Kagerou rollte innerlich mit den Augen. Sein Liebster hatte seit dessen Ankunft schlechte Laune, die dieser zum Leidwesen aller nicht nur für sich behielt. Kagerou ging davon aus, dass die zynische Attacke gegen den frühen Besucher am heutigen Morgen nicht die letzte gewesen war. Er seufzte lautlos, und schob den Unleidlichen aus seinen Gedanken. Stattdessen sah er neugierig zu Kias auserkorenem Opfer, das dabei war, die halbvolle Tasse selbst wieder bis zum Rand mit neuem Kaffee aufzufüllen. Das leichte Zittern der Hände entging Kagerou nicht und er fragte sich, was den älteren Mann so aus der Ruhe brachte. An Shinos Gegenwart konnte es nicht liegen, denn deren Umgang schien entspannt und vertraulich. Und er glaubte auch nicht, dass es an Kia lag, der für Hirokis Unruhe sorgte. Da blieb als letzte Möglichkeit nur ihr jüngster Mitbewohner, der bis jetzt noch nicht in der Küche zum Frühstück erschien war. Kagerou fiel es schwer einzuschätzen, ob Kouyas Anwesenheit Hiroki beruhigen oder dessen erkennbare Unruhe verschlimmern würde. Was er aber mit Bestimmtheit sagen konnte, war, dass sein Freund definitiv Spaß bei diesem Aufeinandertreffen hätte. Und dieses Wissen ließ ihn wünschen, dass Kouya erst hier auftauchte, wenn Hiroki die WG längst wieder verlassen hatte. Kagerou warf zwischen all den Gedanken einen strafenden Blick auf Kia, der ihm mit spottsüchtiger Miene entgegen sah. Sein Geliebter war unverbesserlich. Mit diesem Verhalten bestätigte dieser einmal mehr, wie gut er ihn bereits kannte. Kagerou musste lächeln, und verursachte damit für einen Moment Verunsicherung, die sich deutlich auf dem Gesicht seines Geliebten zeigte. Er zwinkerte diesem neckisch zu, bevor er sich an Shino wandte. Ein Blick auf den älteren Mann reichte aus, um zu sagen, dass dieser es offensichtlich genoss, Hiroki zu so früher Stunde sehen zu können. Kagerou beobachtete, wie Shino betört jeder Bewegung des jungen Mannes mit den Augen folgte. Es war schier unmöglich zu denken, dass zwischen den beiden nichts laufen würde. Dennoch umgab sich ihr ältester Mitbewohner mit Schweigen, das ohne Zweifel als Rücksichtnahme auf Hiroki gedeutet werde konnte. Kagerou griff neugierig nach seiner Tasse. „Wie geht es deinem Fuß?“ Shino sah auf. „Erstaunlich gut, wenn ich bedenke, dass er gestern die ein oder andere schmerzhafte Erschütterung erleben musste.“ Er lächelte Kagerou an. „Es wird besser. Aber ich bin es inzwischen ziemlich leid, die Krücken benutzen zu müssen.“ Während die duftenden Teeschwaden aus der Teetasse in seiner Hand stetig emporstiegen, und ihn dabei sanft in der Nase kitzelten, drangen aus dem Flur zwei vergnügte Stimmen an sein Ohr, die sich der Küche näherten. Shino blickte von Kagerou neugierig zur Tür. Aber nicht nur er, denn Kagerou, Kia und Hiroki, der ein wenig blass um die Nase geworden war, hatten sich ebenfalls erwartungsvoll der Küchentür zugewandt. Diese öffnete sich einen Moment später, und gab den Blick auf zwei vergnügte Menschen frei, deren sorgenlose Mienen sofort verschwanden, als sie den Besucher am Tisch entdeckten. Kouya nahm rasch Abstand von Yuu. Der wiederum, grüßte befangen in die Runde. „Euch auch einen Guten Morgen! Ich habe gar nicht mitbekommen, dass Yuu hier übernachtet hat.“ Kia begrüßte beide mit übertriebener Verwunderung. „War das Gästebett bequem?“ Kouya lief rot an, während Yuu hingegen alle Farbe verlor. Gleiches konnte Kia beim Seitenblick auf Hiroki beobachten, der sich inzwischen erhoben hatte. Sein umtriebenes Lächeln wurde breiter. „Ich werde dann mal gehen.“ Hiroki sprach genau die Worte aus, die Kia erwartet hatte. „Was! Schon? Du hast dir doch gerade erst wieder die Tasse aufgefüllt! Die solltest du wenigstens austrinken. Wäre doch schade um Kagerous Mühe beim Kochen!“ Kia starrte Hiroki förmlich zurück auf dessen Stuhl, und geizte nicht damit, allen sein unheilvolles Grinsen zu zeigen. Dieses verwandelte sich einen Augenblick später in ein schmerzhaftes, denn Kagerou trat ihm gehörig vors Schienbein. „Nun setzt euch erst einmal. Und du auch, Hiroki. Was wollt ihr trinken?“ Während Kagerou erneut aufstand, um frischen Tee und Kaffee zuzubereiten, suchten sich Yuu und Kouya mit unsicheren Mienen Plätze am großen Küchentisch. Hiroki hingegen schien noch einen Moment zu zögern, bevor er wieder Platz nahm und es tunlichst vermied, in Richtung seines Bruders zu schauen. Er konnte Shinos fragenden Blick auf sich spüren, war aber nicht in der Lage, dem älteren Mann jetzt noch unbedarft in die Augen zu sehen. Nicht, solange sich Kouya in der Nähe aufhielt. Ein kurzer Blick auf Yuu, der sich neben ihn gesetzt hatte, erinnerte ihn an die mitgehörte Unterhaltung. Dieser Gedanke sorgte dafür, dass für einen flüchtigen Augenblick unbändige Wut in ihm aufstieg. Diese zog ihre Kraft zum einen aus der Tatsache, dass es sein bester Freund nicht fertiggebracht hatte, ihm von der Sache mit Kouya zu erzählen. Zugleich gewann der Zorn auch aus dem Gefühl der Unzulänglichkeit heraus an Kraft, welches er verspürte, wenn er an die eigene Situation mit Shino dachte. Eigentlich war diese verfahrene Situation beinah wieder amüsant. Dennoch sorgte sie aber dafür, dass sich Hiroki äußerst unnatürlich benahm, und Kouya nicht lange brauchen würde, dies zu bemerken. Der ältere Bruder musste also unter allen Umständen innerlich zur Ruhe kommen, um wenigstens eine halbwegs typische Unterhaltung mit Kouya führen zu können. Die, wie er insgeheim hoffte, nicht sofort stattfinden würde. Aber das jüngste Mitglied der Familie Sato sah das anders. Kouyas unverblümte Frage nach einer gefühlten Ewigkeit, ließ Hiroki schuldbewusst zusammenzucken. „Was machst du hier, Hi-chan?“ Der junge Mann, der sich neben Kagerous Platz am entgegengesetzten Ende des Tisches gesetzt hatte, starrte mürrisch zum älteren Bruder rüber, der es noch immer vermied, ihn anzusehen. „Willst du da weitermachen, wo du gestern aufgehört hast?“ „Wo hat er denn gestern aufgehört?“, hörte Kouya Kia interessiert dazwischen rufen. Er blickte verunsichert zu dem aufmerksamen Mitbewohner, der ihm neugierig in die grüngrauen Augen sah. „Ah, ist jetzt nicht weiter von Belang.“ Die ausweichende Antwort kam Kouya nur leise über die Lippen, den das Gefühl beschlich, dass sich sein Bruder äußerst seltsam benahm. Aber nicht nur dieser, auch Kia schien in höchst irritierender Laune zu sein. „Ich wollte nur nachsehen, ob du es inzwischen wieder aus Yuus Bad herausgeschafft hast.“ Der Ton der späten Antwort Hirokis, stand dem der Frage um nichts nach. „Da- also, das-“, stammelte Kouya verlegen, und starrte Hiroki mit einer Mischung aus Ärger und Unglauben an. Mit solch einer Reaktion hatte er nicht gerechnet. „Wie du siehst, habe ich es geschafft. Du ja anscheinend auch!“ Aufgebracht funkelte er zum anderen Ende des Tisches. Natürlich konnte niemand wissen, dass er mit seinem letzten Satz Hirokis Aufenthalt im Hinterzimmer der Videothek meinte. Auch der Betreffender selbst nicht, denn dieser blickte ihn nur verständnislos an. Lediglich Shino zog für den Bruchteil einer Sekunde überraschend die Augenbrauen nach oben, was Kouya aber nicht bemerkte. „Ich werde Shino nach wie vor helfen. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.“ „Ach darum geht´s… Hi-chan hat also noch immer ein Problem damit, dass der kleine Bruder in der beliebten Szene-Videothek aushilft!“, warf Kia süffisant dazwischen. „Ich weiß zwar nicht, wovon du redest, Ya-chan, aber ich bin eigentlich hierher gekommen, um mit dir in Ruhe zu reden.“ „Danach sieht es für mich aber nicht aus.“ „Und woran machst du das jetzt fest? An der einen unangebrachten Bemerkung? Oder generell an der Tatsache, dass ich das Bedürfnis hatte, die Sache so schnell wie möglich klären zu wollen? Vor allem nach der Sache bei Yuu gestern...“ Kouya musterte Hiroki genauer. Sein Bruder hatte sich ihm jetzt vollends zugewandt, und die anfängliche Unsicherheit, die er bei diesem noch gespürt hatte, war verschwunden. Dessen Gesicht strahlte nun die vertraute Ruhe aus, die sich auch in den dunkelgrauen Augen widerspiegelte. Kouya seufzte und ließ sich nicht nur von Hirokis wiedererlangter Besonnenheit anstecken. Er selbst wollte diese Angelegenheit nicht auf diese hässliche Art zu Ende bringen, schon gar nicht vor den Augen der anderen. „Entschuldige, auch wegen gestern, aber mein Entschluss steht fest. Ich hoffe einfach, dass du das respektieren kannst.“ Während er sprach, warf er einen kurzen Blick auf Yuu. Dieser lächelte ihm ermutigend zu. Gern hätte er sich jetzt Luft verschafft, und Hiroki endlich von der Sache mit Yuu erzählt, um vielleicht im Gegenzug etwas von dessen Angelegenheit mit Shino zu erfahren. Aber ihm war klar, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür war. Der Grund, warum sein Bruder, und wohl weniger Shino, schwiegen, ähnelte wohl sehr dem seinen. Wobei außer Frage stand, dass der älteste Mitbewohner und Yuu mit aufgedeckten Karten weitaus weniger Schwierigkeiten hätten, als sie beide. Eigentlich war es auch ziemlich dumm, nicht darüber zu sprechen. Kouya kam sich ziemlich unreif vor. Eine Beziehung führen zu wollen, war ja schön und gut. Aber nicht in der Lage zu sein, auch selbstbewusst mit dieser umgehen zu können, disqualifizierte ihn im Grunde schon wieder. „Mach, was du für richtig hältst.“ Diese völlig unerwarteten Worte überraschten Kouya. Sein Bruder leerte die Tasse und sah versöhnlich zu ihm rüber. „Wie laaaaaaaaaaaangweilig… Ich dachte, uns würde eine viel längere und spannendere Auseinandersetzung bevorstehen.“ „Tut mir fast schon leid, dich enttäuschen zu müssen, Kia. Aber vielleicht kannst DU ja weiter für Unterhaltung sorgen. Darin bist du doch eh unschlagbar.“, entgegnete Hiroki arrogant, der keine Lust hatte, sein friedfertiges Verhalten auch auf Kia auszuweiten. Sein Blick fiel auf Kagerou, der ihm erst ein breites Grinsen schenkte, bevor dieser in schallendes Gelächter ausbrach. Kagerou wischte sich eine Träne weg, und war weit davon entfernt, sich wieder zu beruhigen. Kia funkelte ihn beleidigt an. Das Lachen wurde lauter, und erfüllte auf ansteckende Weise die sonnendurchflutete Küche. Kouya, Yuu und Shino stimmten unterschiedlich stark mit ein. Lediglich Hiroki beließ es bei einem selbstzufriedenen Grinsen. „Schön, dass ihr euch alle einig seid, was meine Qualitäten als Entertainer betrifft. Ich fühle mich auf´s Tiefste geehrt, und lasse euch natürlich an meinem Ruhm teilhaben, sofern ihr nicht vorher vor Lachen umkommt!“ „Ach komm schon, Kia! Kein Grund SO beleidigt zu sein!“ Kagerou stupste Kouya neben sich unauffällig an, um diesen auf Kias missglückten Versuch eine verächtliche Miene aufzusetzen, aufmerksam zu machen. Ihr Lachen vereinte sich erneut, und verschluckte so für einen Moment das Geräusch der Klingel. „Oh? Noch mehr Besuch?“ Lachend erhob sich Kagerou. „Soll ich nicht lieber gehen? Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass du in deinem Zustand in der Lage bist, einen zusammenhängenden Satz hervorzubringen. Obwohl, für ein HALLO und WER IST DA dürfte es gerade noch reichen…“ „Danke, aber es geht schon, Kia!“, rief Kagerou grinsend. Sein Geliebter genoss es in der Tat, den Alleinunterhalter zu spielen. „Eß lieber noch ein Schokobrötchen. Ist gut für die Nerven!“ Mit diesen Worten steuerte Kagerou dem zweiten Klingeln entgegen, das leiser wurde, als sich die Tür zum Flur wieder schloss. Ruhe breitete sich aus, und Shino hieß diese freundlich willkommen. Über den Rand seiner runden Brille wanderte nicht nur sein Blick zu Hiroki – auch seine Gedanken waren angefüllt mit Bildern jener Person. Sein Liebhaber saß inzwischen viel entspannter neben ihm. Es schien, als hätte dieser das Selbstvertrauen wiedergefunden, was zu Beginn unauffindbar gewesen war. Er lächelte, als der Mann ihn für einen Moment ansah. Hirokis Wangen zeigten eine kaum wahrnehmbare Röte, die sich bis zu dessen Ohren erstreckte. Ob dies ein Zeichen der Zuneigung in seine Richtung war, fiel Shino schwer einzuschätzen. Immerhin hatte sich Hiroki vor wenigen Minuten noch in einer hitzigen Debatte mit Kouya und dem Spaßvogel Kia befunden. Aber das leidenschaftliche Funkeln in den dunkelgrauen Augen war eindeutig, und ließ sein Herz höher schlagen. Er riss sich los, und sah nach vorn zu Kouya, der sich gerade mit Kia rumärgern musste. Dieser war der Meinung, dem jüngeren Mitbewohner die zweite Hälfte des tatsächlich geschmierten Schokobrötchens anbieten zu müssen, damit auch Kouya seinen Nerven süße Nahrung verschaffte. Ein Blick auf Yuu zeigte ihm, dass dieser von Kias Aktion weniger erfreut war. Lächelnd griff Shino nach seiner Teetasse und genoss seine Position des Allwissenden. Während er einen Schluck des bitteren Grünen Tees nahm, öffnete sich die Küchentür. Shino blickte neugierig auf, und sah Kagerou mit einem seltsamen Gesichtsausdruck eintreten. Der zweitjüngste ihrer WG war aber nicht allein. Ihm folgte eine weitere Person, deren attraktives Lächeln für Entsetzen sorgte. „Besser kann es doch jetzt eigentlich nicht mehr werden…“, murmelte Shino vergnügt, der Takashi grüßend zunickte. *~*~*~*~*~* Fertig, aber auch irgendwie nicht wirklich… Hallo Ihr Lieben! Ihr habt Euch gerade durch das vorerst letzte Kapitel von ‚Küchengeflüster’ gequält. Vielen Dank! Tja, es hat in der Küche mit Kia und Kagerou begonnen, und es endet dort erst einmal wieder. Einziger Unterschied: die beiden sind um einige Erfahrungen und einen Mitbewohner reicher und jetzt eben nicht allein. Küche wegen Überfüllung geschlossen! – könnte nun durchaus als Warnhinweis an der Haustür der WG stehen. Ich schreibe absichtlich etwas von vorerst, weil diese Geschichte noch nicht abgeschlossen ist. Was Ihr Euch vielleicht auch schon selber gedacht habt, denn schließlich scheint da noch einiges zu fehlen. Richtig! Es kann ja nicht sein, dass wir mehr wissen, als die Protagonisten selbst: Hiroki weiß von Kouya. Kouya weiß über Hiroki Bescheid. Aber beide wissen nicht, dass es der andere vom anderen auch schon längst weiß. Das muss sich natürlich ändern. Ach ja, Takashi und der ehemalige Schulfreund von Hiroki dürfen bei dem ganzen Wirrwarr auch nicht fehlen. All die offenen Enden werden also in ‚Küchengeflüster II’ miteinander verknotet, so dass es allen Beteiligten (Leser_innen, Protagonisten und Autorin selbst) zum Schluss ein verliebtes Lächeln auf die Lippen zaubern wird…hoffentlich. Bevor ich aber mit dem zweiten Teil der Geschichte anfangen werde, muss ich erst einmal dafür sorgen, dass sich weitere Leser_innen nicht ebenfalls durch die Kapitel quälen müssen. Für Euch, die es bis hierher geschafft haben, gibt es einen Kniefall von mir und das Versprechen, es beim nächsten Mal besser zu machen. Ich werde also alle Kapitel überarbeiten, und dies als Übung für die noch ausstehende Geschichte nutzen. Und hoffe, dass ich Euch in Zukunft nicht mehr mit abschreckenden Dialogen à la …, sagte er, …, entgegnete Shino …, meinte Yuu quälen werde. Ich gelobe Besserung! In diesem Sinne nochmals vielen lieben Dank fürs Lesen, Kommentieren und Favorisieren… Zwitscherling Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)