Küchengeflüster von Benjy ================================================================================ Kapitel 13: Besteigen, die Erste! --------------------------------- Yuu sah trübselig aus dem Beifahrerfenster und betrachtete die vorbeiziehende Landschaft. Er und Hiroki fuhren auf einer schmalen Landstraße stetig bergauf, und nichts anderes als Rotkiefern, die sich immer enger um die Straße säumten, trafen auf ihre Augen. Ab und zu kam ihnen ein Auto entgegen, oder eine Gruppe Wanderer, aber das war auch schon alles an Abwechslung, die sich ihnen neben den Bäumen bot. Wir kommen zwei Stunden zu spät!, dachte Yuu resigniert und seufzte hörbar. „Hey! Es ist nicht meine Schuld!“, grummelte Hiroki, der einen kurzen Blick auf Yuu warf. „Ich konnte die Bitte des Professors nicht abschlagen, wie du dir vielleicht denken kannst. Es tut mir ja leid, ne, eigentlich tut`s das nicht.“, meinte Hiroki aufrichtig, während er langsam um die nächste scharfe Kurve fuhr. „Das einzige, was blöd gelaufen ist, ist die Tatsache, dass du mit ihnen nicht schon vorfahren konntest. Nun, das tut mir leid. Ich hätte dir diesbezüglich früher Bescheid geben müssen. Aber ehrlich gesagt, wollte ich auch nicht allein fahren. Kannst du das wenigstens ein bisschen verstehen, Yuu?!“ Als Hiroki am Ende seiner Erklärung angekommen war, sah er ein weiteres Mal, nun schuldbewusst, zu Yuu hinüber, der noch immer teilnahmslos nach draußen sah. „Nicht nötig sich zu rechtfertigen. Ich habe dich verstanden, okay?! Ein wenig später zu kommen, hat ja auch etwas für sich. Vielleicht kommen wir sogar ums Klettern herum, weil Shino und Kia die Lust vergangen ist! Kouya hat sie mit seinen miserablen Kletterkünsten bestimmt schon abgeschreckt!“, erwiderte Yuu besänftigt und sah Hiroki dabei lachend von der Seite an. Dieser musste bei diesem Gedanken ebenfalls schmunzeln. „Hm... Unterschätzt da mal Ya-chan nicht! Der ist darin bestimmt geschickter, als wir beide zusammen! Also, im Klettern jetzt...“, entgegnete Hiroki zwar ernsthaft, aber ein vergnügtes Lächeln umspielte seine Lippen. „Das glaube ich erst, wenn ich es sehe!“, meinte Yuu belustigt und griff nach der Wasserflasche im Fußraum. Er bot sie Hiroki an, der dankend ablehnte. Yuu selbst nahm einen Schluck und verstaute sie anschließend wieder, bevor er erneut aus dem Fenster sah. Zu seiner Linken öffnete sich unerwartet der Blick auf einen großen See, der beinahe komplett ringsum von Wald eingeschlossen war. Dieser reichte nahezu bis zum Seeufer heran und nur an dessen Nordseite war ein offener Zugang zu erkennen. Dort befand sich ein kleines Hotel, welches, wie er durch Kouya erfahren hatte, ihre Übernachtungsmöglichkeit sein würde. Das hat was. Vielleicht ergibt sich sogar die Möglichkeit, mit Kouya allein spazieren zu gehen... Kouya... Was du wohl gerade machst? Während Yuu verträumt zum See rüber blickte, begann Hirokis Handy zu klingeln. „Oh!? Yuu, könntest du mal bitte?!“, meinte Hiroki hektisch und versuchte das Telefon aus seiner Hosentasche zu kramen. Als er es endlich befreit hatte, hörte es auf zu klingeln. „Mist! Kannst du mal in der Anrufliste nachschauen, wer es war?! Wenn es Kouya gewesen ist, was ich mal stark annehme, dann ruf ihn bitte zurück und sag ihm, wo wir uns befinden.“ Yuu nahm das ihm entgegengehaltene Telefon und überprüfte den Anruf. „Hm. Es war Kouya. Ich ruf ihn zurück...“, meinte er bestätigend und wählte mit klopfendem Herzen dessen Nummer. „Yo! ... Nein, Yuu. ... Ich soll dir von Hiroki ausrichten, dass wir laut Navigationssystem in circa 15 Minuten an dem vereinbarten Parkplatz ankommen werden. ... Tut mir leid, aber ich hatte keinen Einfluss auf Hirokis frühmorgendliche Machenschaft. ... Ja, genau! Sehe ich auch so! Haha... Der war gut! ... Oh, Shino holt uns ab? Aber wir könnten doch mit dem Gerät? ... Wie schade, ich wollte so was schon immer mal ausprobieren! Wandern mit einem Navi! Irgendwie bescheuert, was?! ... Ja, sage ich ihm. Natürlich auf deine Verantwortung! Ich will hier nämlich nicht zwischen die Fronten geraten! ... Bis später!“ Yuu beendete das Gespräch und hatte das Gefühl, als würde Kouyas Stimme noch immer in seinem Kopf nachklingen. Er unterdrückte erfolglos seine wachsende Sehnsucht. Er hatte Kouya seit ihrem gemeinsamen Kaufhausbesuch nicht mehr gesehen – lediglich gehört hatte er ihn, jeden Abend zwar, aber Yuu wollte mehr. Er hoffte wirklich, dass an diesem Wochenende endlich ein wenig Zeit zu zweit für sie herausspringen würde – und wenn sie dafür eine kindische Nachtwanderung machen müssten. Yuu grinste schief. „Hey! Was gibt es da zu grinsen?! Verrat mir mal lieber, was ihr über mich geredet habt! Raus mit der Sprache, Yuu, sonst werfe ich dich an der nächsten Ecke aus dem Wagen, und du kannst wirklich mit deinem Navi wandern gehen!“, meinte Hiroki übertrieben ernsthaft, dessen spöttisch blitzende dunkelgrauen Augen Yuus suchten. „Och, eigentlich nichts Besonders. Kouya meinte nur, dass du durch und durch wie euer Vater bist. Hm, außerdem witzelte er, dass er sich darauf freut, dich in der Luft hängen zu sehen...“, antwortete Yuu lachend und wurde unsanft von Hiroki unterbrochen. „Diese kleine... Na warte! Ich wie unser Vater?! Hat der nicht mehr alle Tassen im Schrank? Und was war das mit Shino? Holt der uns etwa am Parkplatz ab?“ Hiroki war plötzlich so aufgebracht, dass ihm seine Stimme zu entgleiten drohte. „Äh... Also, kein Grund jetzt so laut zu werden, Hiroki! Vielleicht solltest du dich einfach aufs Fahren konzentrieren und deinen Unmut auf später verschieben?! Zumindest bis wir aus dem Auto ausgestiegen sind...“, entgegnete Yuu beruhigend, dessen Stimme aufgrund der eigenen Anspannung immer leiser wurde. Eigentlich fühlte er sich immer sicher, wenn er mit Hiroki gemeinsam im Auto saß, aber die Schlenker, die dieser eben an den Tag gelegt hatte, waren alles andere als gesund. „Entschuldige bitte. Aber Kouya kann echt etwas erleben, wenn ich ihn in die Finger kriege!“, meinte Hiroki kleinlaut, während er seine volle Konzentration wieder dem Fahren schenkte. Yuu registrierte die Veränderung und atmete erleichtert auf. „Hey Kouya! Schau mal links über dir! Dieser leichte Felsvorsprung sollte dir genügen, um dich in eine bessere Position zu ziehen! Versuchs mal!“, sprach Kia mit lauter Stimme zu Kouya, der unentschlossen vier Meter über dem Boden an einer Wand hing. Kouya sah unsicher zu Kia hinab, der ermutigend zu ihm hoch sah. Dies war seine erste Kletterrunde, nachdem sich Shino um das Sicherungsseil für das Top-Rope-Klettern gekümmert hatte. Dafür hatte dieser den Vorstieg zur befestigten Umlenkungshilfe nach ganz oben gemacht, um dort das Seil anzubringen, an dem Kouya nun hing. Kouya hatte staunend zugesehen, wie Shino, durch Kia am Boden abgesichert, sich behände Stück für Stück einen Weg nach oben gebahnt hatte. Es war faszinierend – und nicht nur das Klettern. Shino sah in seinem extravaganten Kletteroutfit unheimlich gut aus, wenn nicht sogar sexy. Er hatte eine enge grau-schwarzfarbene Hose an, und dazu ein rot-orangefarbenes Funktionshemd. Er trug Kontaktlinsen, wodurch sein attraktives Gesicht noch mehr zur Geltung kam, da keine störende Brille den Blick darauf ablenken konnte. Seine langen zum Zopf gebundenen schwarzen Haare machten den Anblick perfekt. Nicht nur Kouya war Shinos berauschender Anblick aufgefallen, sondern auch einer Reihe weitere Menschen, die sich hier zum Klettern versammelt hatten. Als sie hier heute Morgen, vor mehr als zwei Stunden, ankamen, war schon eine kleine Gruppe von fünf Kletterern zugegen, die den schwierigsten Teil der Felswand in Beschlag genommen hatten. Shino und Kia hatten diese Gruppe herzlich begrüßt, da sich darunter einige Bekannte befanden. Später kam noch eine weitere Gruppe zur Wand, die aber von beiden völlig ignoriert wurde. Kouya fragte sich schon die ganze Zeit, was der Grund dafür war, denn er wurde das Gefühl nicht los, dass sie einander kannten. Er überlegte sich, ob er die beiden danach fragen sollte. „Kouya! Nicht träumen! Das kostet Kraft!“, hörte er Kia mit belustigter Stimme rufen, die ihn zurück in die Gegenwart holte. „Uhm... Ja, okay. Was sagtest du gleich? Wo ist der Vorsprung?“, erwiderte Kouya hektisch, der bemerkte, dass seine Kräfte tatsächlich langsam schwanden. „Links über dir!“ Kouya verlagerte sein Gewicht vom linken auf den rechten Fuß und versuchte sich so gut es ging an den Fels ranzudrücken, um so etwas Kraft sparen zu können, wie es ihm Kia und Shino vorher erklärt hatten. Er spähte über sich und entdeckte die vorgeschlagene Stelle. „Okay! Habe sie entdeckt und werde es darüber probieren, Kia!“, rief Kouya Kia bestätigend zu und konzentrierte sich auf die nächsten Schritte. Wenn er diesen Vorsprung erfolgreich greifen konnte, könnte er sich auf ein nicht ganz so steiles Zwischenstück ziehen, auf dem er richtig Kraft tanken könnte. Er würde nicht die kompletten zehn Meter dieser Kletterrute schaffen, das war ihm nur zu klar, aber zumindest die Hälfte der Strecke war sein Ziel – und diesem war er recht nahe. Das sieht doch gut aus, Kouya! Klappt besser, als gedacht... Ich bin mal gespannt, wie sich Yuu in der Wand schlägt... Ahhh... Konzentrier dich!, dachte Kouya ehrgeizig und machte sich daran, den Vorsprung zu erreichen, als er Hirokis laute Stimme vernahm. „Da krabbelt ja der Verräter! Glaub ja nicht, dass du mir entwischst!“, brüllte dieser mit vergnügter Stimme. „Was...“ Kouya sah überrascht nach unten und verlor bei Yuus Anblick die Konzentration. Er hörte noch Kias Warnung, als er auch schon fiel. Ein nicht jugendfreies Wort, gepaart mit einem heiseren Schrei, entschlüpfte seinem Mund. Er spürte den Bruchteil einer Sekunde später den Ruck im Gurt, als Kias Absicherung griff, und atmete erleichtert ein. Er schloss für einen Moment die Augen, bevor er böse nach unten funkelte. „Sag mal Hi-chan! Spinnst du, mich so zu erschrecken!“, wetterte Kouya verärgert am Seil baumelnd, aber zugleich verlegen, da ihm Yuus Schmunzeln nicht verborgen blieb. „Yo Hiroki! Schön, dass du da bist, aber könntest du dich bitte an unsere Anweisungen halten?! Ich dachte, wir hätten ausdrücklich erwähnt, dass Zurufe, die keine Kletterhilfen sind, unterlassen werden?!“, sprach Kia zur Begrüßung in Hirokis Richtung, bei dem sich nun eine leichte Röte auf den Wangen zeigte. „Oh... Genau. Ich meinte, so etwas gelesen zu haben. Tut mir leid, Kouya! Kommt nicht wieder vor, aber trotzdem habe ich ein Hünchen mit dir zu rupfen!“, rief Hiroki Kouya zu, der noch immer missmutig nach unten spähte. „Hier wird nichts gerupft! Schon gar nicht ein Hünchen, du Blödmann!“, frotzelte Kouya zurück, der sich langsam fragte, ob es nicht besser wäre, wenn Kia ihn einfach hier oben hängen ließe. Bei diesem Gedanke begann Kouya zu grinsen. „Oh?! Was ist denn bitte so lustig, Ya-chan?“, entgegnete Hiroki ernst, der sich keineswegs von den Menschen um ihn herum beeindrucken ließ. Kia schüttelte genervt den Kopf, Shino unterdrückte ein Lachen und Yuu sah mit verliebten Augen zu Kouya hoch und musste sich eingestehen, dass er von dem Anblick, der sich ihm bot, entzückt war. Er bemerkte, wie ihm Kouya einen Hilfe suchenden Blick zuwarf und dabei ein wenig errötete. Tut mir leid, mein Geliebter! Du wolltest, dass ich ihm das ausrichte. Da musst du jetzt schon alleine durch..., dachte Yuu amüsiert und zwinkerte Kouya neckisch zu. Kouya quittierte sein Verhalten mit einem ungläubigen Blick, der Yuu zum Lachen brachte. Yuu spürte, wie sich alle Augenpaare auf ihn richteten. „Tut mir leid. Ich kann nicht anders...“, meinte dieser lachend und sah dabei entschuldigend zu Kouya hoch, der ihn nun völlig ignorierte. „Ich wusste gar nicht, dass hier eine Kindergartengruppe anwesend ist!“ Alle drehten sich zu der plötzlich auftauchenden, angenehm klingenden Stimme hinter ihnen um, als Kia auch schon das Wort ergriff. „Oh? Ich wusste gar nicht, dass du solch einer angehörst, Takashi!?“, erwiderte Kia mit offensichtlicher Verärgerung, ignorierte demonstrativ den Neuankömmling und wandte sich Kouya zu. „Hey Kouya! Aufgepasst! Ich lasse dich jetzt runter...“, rief er Kouya zu, der zustimmend mit dem Kopf nickte. „Achte darauf, dass du dich mit deinen Füßen an der Wand abstützt, wenn sie näher kommt! Also los!“ Kouya spürte, wie er Stück für Stück von Kia nach unten abgeseilt wurde. „Sag mal Shino, wo habt ihr denn euren Schönling gelassen? Etwa gegen zwei neue eingetauscht?“, sprach Takashi, unbeeindruckt von Kias abweisendem Verhalten, und warf dabei anzügliche Blicke in Yuus und anschließend in Kouyas Richtung. Yuu, der die Blicke bemerkt hatte, sah erst irritiert zu Shino rüber und hinterher eisig zu Takashi. Dass dieser Fremde ihm einen beleidigenden Blick zuwarf, war ihm egal, aber das er Kouya ebenfalls mit einem bedachte, ließ in ihm die Wut aufsteigen. Er fragte sich, wer diese Person wohl sein mag, auf die Shino und vor allem Kia so ungehalten reagierten. „Puh... Geschafft! Danke Kia! Das war echt großartig – zumindest bis ein gewisser Herr aufgetaucht ist! Ich darf es nachher doch noch einmal probieren, oder?“ Yuu hörte Kouyas aufgeregte Stimme und drehte sich zu ihm um. Dieser stand dicht vor Kia, der sich zu dessen Hüftgurt runtergebeugt hatte, um dort das Seil zu lösen. Wenn Yuu einen anderen Blickwinkel gehabt hätte, dann hätte er diesen Anblick durchaus auch für etwas anderes halten können. Er tadelte sich innerlich für seine unangebrachten Gedanken und grinste in Kouyas Richtung. Als sich ihre Blicke trafen, spürte Yuu, wie sein Herz schneller zu schlagen begann. Kouya sah ihm einen kurzen Moment lang direkt in die Augen, bevor er eingeschnappt den Blick abwandte. Yuu schmunzelte darüber, als ihn Shinos Stimme aufhorchen ließ. „Takashi, was willst du eigentlich? Du bist doch bestimmt nicht hierher gekommen, um uneingeladen unsere Gruppe zu sprengen, oder?“ Yuu sah zu Shino. Der gelassene Gesichtsausdruck, den er dort erblickte, passte absolut nicht zu dessen aufgebrachtem Tonfall. Yuu hob fragend die Augenbrauen und schaute zu Hiroki, der Shino verstohlen anstarrte. So so... Ich würde ja jetzt zu gern wissen, was da in deinem Kopf abgeht..., dachte Yuu neugierig und hatte dabei nicht bemerkt, dass sich Kouya neben ihn gestellt hatte. Erst als dieser flüchtig seine linke Hand berührte, wurde er sich dessen Gegenwart bewusst. Überrascht blickte er neben sich, und traf auf Kouyas vergnügt blitzende grüngraue Augen. Und was in deinem süßen Köpfchen passiert, wüsste ich manchmal auch zu gerne... Eben noch beleidigt, und nun anschmiegsam... Werd da mal einer schlau draus!, dachte Yuu ergeben und lächelte zärtlich zu Kouya hinab, der seinem Blick verlegen auswich. „Shino, willst du uns diesen jungen Mann nicht vorstellen?“, fragte Hiroki süffisant in Shinos Richtung, der ihm einen säuerlichen Blick zuwarf. „Nein, das will ich eigentlich nicht.“, schnappte Shino und bekam durch Kia, der inzwischen zu ihrer kleinen Gruppe getreten war, Unterstützung. „Ich glaube auch, dass das nicht nötig ist, oder, Takashi?! Vielleicht gesellst du dich einfach wieder zu deiner eigenen Gruppe und lässt uns in Ruhe. Ich wäre dir dafür sehr dankbar – denn dich höflich um etwas zu bitten, fällt mir nicht gerade leicht.“ Während Kia auf unfreundliche Art seine Worte an Takashi richtete, spürten alle Umstehenden, dass sich eine unangenehme Spannung zwischen den beiden aufbaute. Die Luft begann zu knistern und alle warteten interessiert darauf, was als nächstes geschehen würde. „Hey Takashi! Könntest du mal rüber kommen und diesem Neuling hier eine Einweisung geben?!“ Takashi blickte zu der ihm zurufenden Person und seufzte enttäuscht. „Wie schade! Ich dachte, ich käme in den Genuss, die drei mir unbekannten Personen kennen zu lernen! Wer weiß, vielleicht habe ich später noch die Möglichkeit dazu... Also dann!“, meinte Takashi liebenswürdig und sah alle nacheinander an. Sein forschender Blick blieb etwas länger an Kouya hängen, bevor er zurück zu der später aufgetauchten Gruppe ging. Kouya sah ihm interessiert nach und beobachtete, wie sich dieser freundlich einem jungen Mann zuwandte, der offenbar ebenfalls seine ersten Klettererfahrungen sammelte. Kouya musterte Takashi und stellte dabei fest, dass dieser ein außergewöhnlich attraktives Äußeres besaß. Nicht nur das, seine Stimme ist wundervoll... Aber ich würde zu gern wissen, was zwischen Kia, Shino und ihm vorgefallen ist... Nun, Kagerou scheint dabei jedenfalls eine wichtige Rolle zu spielen...Etwa Liebesrivalen? Gedankenverloren und weiterhin in Takashis Richtung starrend, bemerkte Kouya nicht, dass Hiroki ihm auf die Pelle gerückt war. „Erde an Ya-chan! Hallohooo...“, sprach dieser leise in Kouyas Ohr, was dazu führte, dass Kouya überrascht einen Satz nach hinten sprang und dabei stolperte. Yuu fing ihn geistesgegenwärtig auf und genoss dabei dessen körperliche Nähe. Kouya konnte sich nicht entscheiden, welchem Gefühl er den Vortritt lassen sollte. Er blickte in die ihn auffangenden dunklen Augen und ertrank beinah in Wohlgefühl. Diese Empfindung verstärkte sich zusehends, als er sich Yuus um ihn gelegte Arme bewusst wurde. Kouya brachte sich mit Hilfe von Yuu wieder ins Gleichgewicht und wünschte sich insgeheim, dass ihn Yuu weiter in seinen Armen gefangen halten würde, aber das ging natürlich nicht – noch nicht. Stattdessen ließ er seinem anderen Gefühl freien Lauf. Er sah aufgebracht zu Hiroki, der über das ganze Gesicht grinste. Dieser Anblick erzürnte ihn noch mehr. Immerhin war diese Person für seinen ungeplanten Absturz verantwortlich. Gut, nicht er allein... Sondern Yuus Anblick hat da wohl auch eine Rolle gespielt! Aber egal... Der kriegt es jetzt einfach ab!, dachte Kouya verstimmt und wollte gerade loslegen, als Shino ihm zuvor kam. „Hm... Also, ich finde ja, dass Hiroki für das Brechen einer Regel bestraft werden sollte. Oder was denkt ihr? Hätte er Kouya vorhin nicht gestört, wer weiß, wie weit dieser noch geklettert wäre...“, brachte Shino fies grinsend hervor und warf Hiroki einen triumphierenden Blick zu. Dieser wusste nicht, wie er Shinos Worte deuten sollte und sah verunsichert von einer Person zur nächsten. Dabei erntete er lediglich zustimmendes Nicken, welches ihn noch unsicherer werden ließ. „Halt! Was meinst du damit... Bestrafen? Für was? Das ist eine Sache zwischen mir und Kouya! Also...“, entgegnete Hiroki und fixierte Shino, der noch immer schelmisch zu ihm rüber sah. „Nix da! Bruder hin, Bruder her. Keine Zurufe, die mit Klettern nichts zu tun haben. So lautet eine unserer Regeln. Wie wäre es, wenn du als nächstes in die Wand gehst?!“, meinte Shino unnachgiebig. Hiroki verlor bei diesen Worten alle Farbe im Gesicht. Es war nicht so, dass er sich vor dem Klettern drücken wollte. Aber dass er nun so schnell dazu kommen sollte, passte ihm überhaupt nicht. Er war gerade erst hier angekommen, und hatte sich mit der Umgebung noch nicht einmal anfreunden können. Er hätte es lieber gesehen, wenn Yuu den Anfang machen würde. Aber ein Blick auf Shino und die anderen ließ erahnen, dass sich dessen Vorschlag durchsetzen würde. Hiroki seufzte ergeben. „Also gut. Habe ich denn eine andere Wahl?“, fragte er betreten, während seine Frage einstimmig verneint wurde. „Ist das eine gute Idee, die beiden dort allein zu lassen? Ich meine, Hiroki ist größer als Shino. Hat das nicht Einfluss auf die Absicherung?“, fragte Kouya etwas besorgt, der mit Kia und Yuu etwas abseits auf einer Decke im Gras saß, und gespannt zu den beiden an der Felswand sah. „Keine Sorge Kouya! Shino weiß was er tut. Er hat sogar noch mehr Erfahrung als ich, beinah so viel wie Kagerou. Nun, wie ich dir vorhin erklärt habe, wird der Kletterer zum einen mit dem Körpergewicht des Sichernden abgesichert, und da Shino und Hiroki beinah gleich groß und schwer sind, sollte das kein Problem darstellen. Hinzukommt, dass die Absicherung zudem mit Hilfe eines Sicherungsgerätes stattfindet, dessen Funktionsweise ich dir erläutert habe. Das Grigri bedarf einer akkuraten Behandlung, damit es seine Aufgabe hundertprozentig erfüllen kann. Tja, und Shino ist eine akkurate Person, also keine Angst!“, erklärte Kia und warf Kouya einen versichernden Blick zu. „Hm... Wenn Shino also mehr Erfahrung hat als du, dann bin ich der Meinung, dass dieser Yuu absichern sollte! Und überhaupt, wie konnte ich mich da bloß auf dich einlassen! Ich bin schockiert!“, meinte Kouya mit gespielter Entrüstung und blickte Kia scherzhaft an. „Hey...“, Kia guckte im ersten Moment betroffen zu Kouya rüber, da er nicht einschätzen konnte, ob dessen Worte ernst gemeint waren. Als er aber Kouyas schalkhaft blitzende Augen sah, seufzte er geschlagen. „Okay, okay... Dann soll Shino Yuu absichern! Dann habe ich wenigstens etwas Zeit mit dir allein! Das war doch deine eigentliche Aussage, oder?“, erwiderte Kia verschlagen grinsend und berührte für einen kurzen Moment Kouyas Knie. Dieser riss überrascht die Augen auf und rutschte ein Stück in Yuus Richtung. Yuu ließ sich durch Kias Verhalten nicht beirren, da er wusste, dass hinter dessen Worten keine ernste Absicht steckte. Er quittierte ihre Albereien mit einem wohlwollenden Lächeln und sah neugierig zu Takashi rüber, der gerade dabei war, den Neuling abzuseilen. Er konnte dessen aufdringlichen Blick auf Kouya nicht vergessen. Er hatte das Gefühl, dass dieser Mann für weitere unangenehme Überraschungen sorgen würde. Er seufzte hörbar. „Alles in Ordnung, Yuu?“, fragte Kouya und sah ihn mit seinen grüngrauen Augen forschend an. „Hm, ja, schon. Ich musste nur an Takashi denken. Kia, wer ist diese Person? Woher kennt ihr euch? Also, wenn ich das so offen fragen darf...“, meinte Yuu und sah forschend zu Kia, der nun ebenfalls einen Blick auf Takashi warf. „Eine lange Geschichte, aber kurz erzählt. Er ist der Ex-Freund von Kagerou.“, antwortete ein gedankenverlorener Kia, der Takashi noch immer beobachtete. Yuu und Kouya sahen sich verblüfft an. „Er ist eigentlich ein netter Kerl, aber ich und Shino kommen mit ihm nicht klar. Sein überhebliches Auftreten geht mir auf die Nerven. Ich glaube, Shino geht es genauso. Aber ich denke, bei ihm spielen noch ein paar andere Dinge eine Rolle. Irgendwie bin ich froh, dass Kagerou nicht hier ist...“, erklärte Kia mit einem bekümmerten Gesichtsausdruck und griff nach der Wasserflasche neben ihm. „Warum? Ist es zwischen Kagerou und Takashi nicht so gut gelaufen? Hast du dich etwa in ihre Beziehung gedrängt?“, wollte Kouya neugierig wissen, der kein Blatt vor den Mund nahm. Kia blickte ihn aufgrund seiner direkten Frage erstaunt an. Er fand gefallen an Kouyas Unbeschwertheit und konnte Yuus Gefühle für diesen sehr gut verstehen. Kouya war offen und ehrlich und schien ausreichend mit Selbstbewusstsein ausgestattet zu sein, so dass ihn aufgrund dieser Eigenschaft nichts verletzen konnte. Er fasste es nicht als Zurückweisung auf, wenn er mal eine negative Antwort erhielt. Kia hatte das Gefühl, dass sich Kouya und Kagerou sehr ähnlich waren. Vielleicht war das auch der Grund, warum die beiden so gut miteinander auskamen. Er schmunzelte über diesen Gedanken. Er wusste, wenn Kagerou jetzt hier wäre, würde dieser Kouya die ganze Zeit über die Schulter schauen, und ihm alles Mögliche bezüglich des Kletterns nahe bringen wollen. Kia konnte sich das Bild lebhaft vorstellen. Er lächelte leicht, als er auf Kouyas katzenartige Augen traf. „Ich frage mich gerade, ob es Yuu mit deiner direkten Art schwer hat...“, meinte er und sah zu Yuu, der ihm ein wissendes Lächeln schenkte. „Eh!? Was soll das heißen? Was hat Yuu damit zu tun?“, brachte Kouya verlegen hervor und sah verstohlen zu Yuu rüber, der noch immer in Kias Richtung lächelte. „Auf beide deiner Fragen ein klares Nein. Ich habe mit dem Ende ihrer Beziehung nichts zu tun. Und dir den Grund ihrer Trennung zu offenbaren, liegt nicht in meiner Macht, um es mal vorsichtig auszudrücken. Da musst du Kagerou, oder gar Takashi schon selbst fragen. Nun, an deiner Stelle würde ich da eher auf Kagerou zurückgreifen. Ist die unkompliziertere Variante. Bei Takashi werde ich das Gefühl nicht los, dass er ein Auge auf dich geworfen hat.“, sprach Kia lachend, als er Kouyas ungläubiges Gesicht sah. Yuu schaute angespannt zu Takashi rüber, der kurz zu ihnen blickte. Als dieser Yuus Blick bemerkte, begann er lasziv zu grinsen. Yuu ignorierte ihn so gut es ging, und fixierte seinen Blick auf Hiroki und Shino. Die zwei standen dicht beieinander und unterhielten sich aufgebracht über irgendwas, was Yuu nicht hören konnte. Er nahm an, dass es etwas mit dem Knoten zu tun hatte, den Shino Hiroki inzwischen wohl zum fünfzigsten Mal zeigte. Yuu begann zu grinsen und erfreute sich an Hirokis offensichtlichem Unbehagen. Ich frage mich, was dir gerade unangenehmer ist, Hiroki! Das bevorstehende Klettern, oder Shinos körperliche Nähe... Wirklich ein Glück, dass Kagerou nicht dabei ist. So hast du wenigstens die Möglichkeit, Shino deine volle Aufmerksamkeit zu schenken..., dachte Yuu und unterdrückte ein gemeines Lachen. „Okay, vielleicht frage ich Kagerou wirklich, wenn ich es nicht vergesse...“, meinte Kouya mit einem vielsagenden Blick. „Aber sag mal, klettert dieser Takashi schon länger?“, wollte Kouya weiter von Kia wissen. Kia runzelte die Stirn. Deine Neugierde ist aber auch schwer zu stillen, was?! Nun gut, ein paar Informationen können nicht schaden!, stellte er milde in Gedanken fest und begann sich auf der Decke auszustrecken und Shino und Hiroki seine Aufmerksamkeit zu schenken. „Takashi war lange Zeit Kagerous Trainer. Später auch meiner, zumindest für eine kurze Zeit. Durch ihn habe ich Kagerou kennen gelernt, aber das ist nicht die Antwort auf deine Frage. Zurück zu Takashi. Dieser ist relativ erfolgreich mit seiner Kletterei. Er hat schon mehrere Wettbewerbe gewonnen – auch im Ausland. Nun, er ist halt ein Profi, genau wie es Kagerou auch sein könnte, aber dieser bringt dem Klettern nicht die gleiche Leidenschaft entgegen wie seiner Malerei. Ich quatsche schon wieder viel zu viel... Ich denke, das sollte deine Neugier vorerst befriedigen?!“, sprach Kia bestimmend und sah entschuldigend zu Kouya rüber. „Uhm... Ja klar, danke! Entschuldige, dass ich dich so bedrängt habe.“, sagte Kouya einsichtig, der nun zu Hiroki rüber sah. „Will ich doch mal sehen, was mein lieber Bruder zustande bringt. Ich hoffe ja, dass er, wenn er fällt, ein äußerst spektakuläres Motiv abgibt...“, murmelte Kouya zu sich selbst und begann die Kamera auszupacken. Yuu und Kia sahen ihn für einen kurzen Moment irritiert an, bevor sie ebenfalls zurück zu Shino und Hiroki schauten. „Wie oft denn noch? Es reicht, finde ich! Außerdem traue ich meinen Knotkünsten eh nicht und bin dafür, dass du das übernimmst, Shino!“, meinte Hiroki aufgebracht, der sich mit dem vor ihm runter gebeugten Shino alles andere als wohl fühlte. Wer hat bloß diese Hüftgurte entwickelt..., dachte Hiroki missmutig und blickte zu Shino hinab, der gerade dabei war, erneut den Knoten zu öffnen. Als Hiroki das sah, platze ihm fast der Kragen. „Ey! Habe ich mich nicht eben...“ Shino richtete sich auf uns sah ihm erregt in die Augen. Hiroki musste schlucken und hoffte, dass niemandem Shinos Blick auffiel. „Hey man, ich mein, es fällt mir schon schwer genug, mich völlig unbefangen in deiner Gegenwart zu bewegen, aber wenn du absichtlich...“, flüsterte Hiroki leise und bemerkte, dass er heiße Ohren bekam. Er hoffte, dass der Farbwechsel durch den Sturzhelm unentdeckt bleiben würde. Er seufzte. „Tut mir leid, aber wann habe ich schon mal die Möglichkeit, dir ganz legitim in den Intimbereich zu fassen, und das noch in aller Öffentlichkeit! Okay, zwar ohne wirkliche Berührung, versteht sich, aber gerade das turnt mich an...“, wisperte Shino und sah dabei Hiroki lüstern in die Augen. Dieser konnte nicht glauben, was er da eben hörte. „Da fällt mir ein, hast du über mein Angebot weiter nachgedacht, Hiroki? Bist du vielleicht sogar schon zu einer Entscheidung gelangt?“, fragte Shino noch immer leise mit bebender Stimme, während er mit zitternden Händen begann, erneut einen Achterknoten an der Anseilschlaufe des Hüftgurtes anzubringen. Hiroki hielt peinlich berührt den Atem an und schloss die Augen. Dieser Kerl raubt mir den letzten Nerv... Der ist schlimmer als Kouya... „Himmel! Nein, ich habe noch keine Entscheidung getroffen. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch noch überhaupt nicht weiter darüber nachgedacht... Und hey! Wenn du so mit den Händen zitterst, dann fühle ich mich noch unsicherer! Reiß dich zusammen, oder ich mache einen Rückzieher...“, herrschte Hiroki Shino bissig an und nahm augenblicklich eine Veränderung in dessen Augen wahr. „Verstanden. Es tut mir leid. Ich habe mich gehen lassen. Also, der Achterknoten sitzt fest. Der Hüftgurt ist auch richtig eingestellt und auf meiner Seite ist auch alles klar. Es kann also losgehen.“, brachte Shino nun mit reserviert klingender Stimme hervor und sah aufmunternd zu Hiroki, der sich keinen Zentimeter bewegt hatte. „Ähhh... Also... Das heißt jetzt, ich kann anfangen, dort an der Felswand hoch zu kraxeln?“ Hiroki wurde sich mit einem Mal bewusst, warum er hier mit diesem engen Gurt, und den dazugehörigen Beinschlaufen, stand. Er hatte das Gefühl, dass dieses Ding eine harmlosere Variante des Bondage war. Er grinste schief über diesen unangebrachten Gedanken. „Ja, ich denke, das heißt es. Wie besprochen, rufe ich dir Anweisungen zu, wenn ich der Meinung bin, du könntest sie gebrauchen. Wenn du das Gefühl hast, du kannst dich nicht mehr halten, dann sag bescheid und lass dich einfach fallen. Nun, selbst, wenn du aus heiterem Himmel stürzt, brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich fang dich auf!“ Shino sah zuversichtlich in Hirokis noch immer skeptisch blickende dunkelgraue Augen und lächelte entwaffnend. Für einen kurzen Moment spürte Hiroki das Bedürfnis, diese Lippen vor ihm zu küssen, aber er konnte es erfolgreich unterdrücken. „Gut. Dann mal los, Hiroki!“, sprach er leise zu sich selbst und begann, auf die Felswand zuzulaufen, als ihn Shinos Worte stoppen ließen. „Hm, und denk daran, ich habe alle Fäden in der Hand – oder sollte ich wohl lieber Seile sagen? Wie dem auch sei, ich hoffe, du bist dir dessen bewusst, wenn du über die Antwort auf meine Frage nachdenkst!?“, erwähnte Shino mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Was willst du... Ich glaube es nicht! Willst du mich erpressen?“, stammelte Hiroki, unsicher in Shinos Richtung blickend. Dieser grinste ihn nur weiter geheimnisvoll an. „Ahhhh... Vergiss es! Ich habe verstanden. Konzentrier dich lieber.“, grummelte Hiroki und starrte angespannt die Wand hinauf. Shino blickte Hiroki verträumt hinterher, bevor er sich ebenfalls näher an die Felswand begab, um dort seine absichernde Position einzunehmen. Er trat auf dem recht unebenen Boden falsch auf einen Stein, so dass er umknickte und kurz in die Knie ging. Ein heiserer Schmerzenslaut entfuhr seinem Mund. Hiroki drehte sich fragend zu ihm um. „Alles okay! Bin nur leicht umgeknickt! Schau!“ Während Shino dies sagte, lief er unbekümmert auf Hiroki zu, der noch immer die Stirn runzelte. „Hm?! Wenn du das sagst... Gut, ich habe mir eine Aufstiegsrute ausgeguckt. Du bist bereit?!“, fragte Hiroki, der sich nun völlig auf die vor ihm liegende Aufgabe konzentrierte. „Ja. Kannst loslegen! Gutes Gelingen!“, meinte Shino freundlich, der Hiroki freundschaftlich auf die Schulter klopfte. Shino sah zu Hiroki hoch, der sich inzwischen fünf Meter über ihm befand. Er war erstaunt darüber, wie leicht Hiroki die ersten Meter genommen hatte und stellte fest, dass er Hiroki unterschätzt hatte. „Hey Shino... Siehst du vielleicht einen einfachen nächsten Griff, der mich in eine angenehmere Position bringen würde?“, rief Hiroki mit angestrengter Stimme nach unten, der beinah im Spagat am Felsen hing. Shino schmunzelte. Als er suchend nach oben schaute und dabei sein Gewicht verlagerte, durchfuhr erneut der vertraute Schmerz seinen umgeknickten Fuß. Ihm war inzwischen bewusst geworden, dass er sich beim Umknicken wohl leicht verletzt hatte. Aber aus irgendeinem unvernünftigen Grund, hatte er Hirokis Absicherung nicht Kia übergeben wollen. Er wusste, dass er sich damit in eine unverzeihliche Position gebracht hatte. Er seufzte und suchte weiter. „Schau mal direkt über dir! Da ist eine tiefe Mulde, wenn ich mich nicht irre. Vielleicht kannst du darüber weiterkommen...“, rief er den Schmerz im Fuß ignorierend und beobachtete, wie Hiroki ansetzte, diesen Griff zu greifen, als dieser das Gleichgewicht verlor. „Uuaaaaaaaah...“ Shino hängte sich augenblicklich ins Seil und sicherte Hiroki ohne Schwierigkeiten ab. Dieser keuchte überrascht und blickte baumelnd zu Shino hinab. „Alles okay, Hiroki?“ Shino bemerkte, dass Hiroki kreidebleich war. Er musste über diesen Anblick grinsen. „Ja. Bin okay. Nur etwas... Ähm, aus der Ruhe gebracht. Ich kann nicht verstehen, wie manche Menschen freiwillig Bungeejumping machen!? Mit dem freien Fall kann ich mich definitiv nicht anfreunden!“, meinte Hiroki mit wiederkehrender Gesichtsfarbe. „Ist alles nur eine Frage der Gewöhnung!“, antwortete Shino lächelnd. Er ließ Hiroki wissen, dass er nun beginnen würde, ihn abzuseilen. „Hey Hi-chan! Das war genial! Nicht dein Klettern, sondern dein Gesicht nach dem Absturz!“, rief ihm Kouya zu, der inzwischen lachend an Shinos Seite getreten war. „Sei bloß still! Wenn ich es richtig im Kopf habe, dann war ich höher als du, oder Shino?“ Hiroki taumelte für einen Moment, als er wieder festen Boden unter den Füßen spürte. Er blickte spöttisch zu seinem Bruder rüber, der ihn böse anfunkelte. „Ja, und warum? Hättest du mich vorhin nicht gestört, wäre ich bestimmt noch höher gekommen!“, meinte Kouya zwar verärgert, aber ein bewundernder Ausdruck lag in seinen Augen, als er Hiroki ansah. „Wenn du meinst...“, entgegnete Hiroki sanft und wuschelte liebevoll durch Kouyas Haare. „Wie wäre es, wenn wir erst einmal zurückgehen und etwas essen. Irgendwie habe ich Hunger bekommen!“, warf Shino belustigt ein, der sich anschickte, vorauszugehen, aber plötzlich zusammensackte. Hiroki und Kouya schauten für einen Moment verwirrt, bevor sie zu Shino eilten. „Was hast du Shino?! Alles in Ordnung?“, fragten beide beinah gleichzeitig mit besorgter Stimme. Inzwischen waren auch Yuu und Kia angerannt gekommen und knieten vor Shino. „Es ist alles in Ordnung. Vielleicht habe ich mir meinen Fuß doch stärker umgeknickt, als ich es wahrhaben wollte...“, gab Shino mit leiser schmerzverzerrter Stimme zu, während er sich mühsam von allein wieder aufrichtete. Er wusste, dass er keinen Schritt mehr ohne Stütze machen konnte. Der Schmerz in seinem Knöchel pulsierte und trieb ihm nahezu die Tränen in die Augen. „Wie konntest du nur!?“, war alles, was Shino hörte, bevor er auf einmal einen stechenden Schmerz auf seiner linken Wange spürte. „Hi-chan! Was soll das!?“, hörte er Kouya daraufhin sagen, der neben Hiroki stand und seinen Bruder verwirrt ansah. Hiroki selbst hatte seinen wütenden Blick auf Shino gerichtet, der überrascht nach Luft schnappte – Hiroki hatte ihn mit flacher Hand auf die Wange geschlagen. Das habe ich wohl verdient..., gab Shino in Gedanken zu und sah betreten zu Boden. Er hatte mit seiner unüberlegten Handlung Hiroki in Gefahr gebracht. Er konnte es selbst noch nicht glauben. Er spürte, wie ihn sein kompletter Mut verließ und sein Gesicht einen gequälten Ausdruck annahm. „Ich nehme an, dass der Fuß untersucht werden muss. Ich werde dich zum nächsten Krankenhaus fahren.“, sagte Hiroki plötzlich mit ruhiger Stimme und wartete auf Shinos Antwort. Dieser blickte für einen Moment in Hirokis Augen, bevor er zustimmend nickend den Kopf wegdrehte. Er fühlte sich miserabel – nicht nur wegen der Schmerzen. Hiroki wandte seinen Blick Kia zu, der ihn mit undurchdringlichen Augen ansah. „Wir werden euch wissen lassen, was bei der Untersuchung herauskommt. Wenn es zudem länger dauern sollte, fahren wir wohl direkt zum Hotel. Das ist doch okay für euch?“ Hiroki sah Zustimmung suchend alle der Reihe nach an, und wandte sich zum Schluss Shino zu, der noch immer seinen Blick gesenkt hielt. „Nun, dich werde ich wohl tragen müssen, oder!?“, meinte Hiroki fragend und ernte plötzlich Shinos erzürnten Blick, der mit diesem Vorhaben ganz und gar nicht übereinstimmte. Hiroki hielt diesem Blick stand und trug Shino zwei Minuten später schweigend huckepack in Richtung Parkplatz davon. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)