Immortal von CuthbertAllgood ================================================================================ Kapitel 7: 6. Offenbarung ------------------------- Ich war Raphael seitdem aus dem Weg gegangen und hatte mir lieber Gedanken um den anderen Vampir gemacht. Leider war aber nicht wirklich etwas dabei herausgekommen. Ehrlich gesagt – ich hatte nicht einmal ansatzweise eine Ahnung, was ich tun sollte, wenn ich dem Ketzer das nächste Mal über den Weg laufen würde – denn dass ich das noch tun würde, davon war ich überzeugt. Solange, bis entweder er oder ich tot war. Vorzugsweise er. Aber wie ihn töten? Ach, was soll’s. Ich würde so lange schießen und mit dem Kama zuschlagen, bis selbst er nicht mehr aufstand, die Überreste verbrennen und in verschiedenste Gewässer kippen. Hoffentlich vergiftete ich sie damit nicht… Aber egal wie, er würde durch meine Hand sterben! [Ich hoffe, ich habe das typische Ischariot-Denken halbwegs hinbekommen? ;D] Irgendwie hatte ich den Unterricht überlebt, auch wenn ich bei jeder Bewegung aus den Augenwinkeln und jedem plötzlichen, lauten Geräusch zusammengezuckt war. Doch nun endlich klingelte es – wen gibt es, der diesem Laut noch nie sehnsuchtsvoll entgegenfieberte? Ich hasste dieses Gymnasium ohnehin, noch oft genug verstand ich nicht genau, was man eigentlich von mir wollte und außerdem schien mein Akzent Gegenstand allgemeiner Belustigung zu sein. Aber wenn man auf die eine Wange geschlagen wurde, sollte man auch die andere hinhalten. Irgendwann würden sie für jede noch so kleine Sünde büßen. Ich warf mir einmal mehr einen Riemen der Mördertasche auf die Schulter, das Klirren der Kamateile ging im allgemeinen Lärm unter. Nur verlagerte sich dadurch die eine Klinge und schnitt durch den Stoff. Zwar sah es niemand, aber ich spürte, wie sie auch mühelos durch den dünnen Stoff von der Hose und in meine Haut glitt. Ich stöhnte leise auf. Doch jetzt konnte ich mich nicht darum kümmern, ohne mich zu verraten. Erst richtig entsetzt war ich, als ich sah, dass Yumiko nicht im Auto saß, sondern Heinkel allein am Steuer. „Wo ist Yu abgeblieben?“, fragte ich, als ich, mich dem Todesurteil übereignend, ins Auto kletterte. Zuvor hatte ich die Tasche hineingeworfen und auch wenn die Hose zerschnitten blieb, setzte der Heilungsprozess bereits wieder ein. Schneller als bei den meisten Regeneratoren. „Special Auftrag vom Chef. Schnall dich an.“ Nichts anderes hatte ich vorgehabt, bei Heinkels Fahrstil. Meine Erwartungen wurden völlig erfüllt. Schon wieder schaffte sie es, eine alte Frau fast umzufahren. Da Yu nicht eingreifen konnte, ich auch nicht, ich langte nicht ganz daran, vollführte Wolfe eine Vollbremsung erster Sahne. Ich zuckte im Sicherheitsgurt ein ganzes Stück vor, meine weißen Haare, die ich heute ausnahmsweise einmal nicht zurück gebunden hatte, fielen sämtlich vornüber. Die Oma stand noch gemütlich vor dem Wagen – allmächtiger Herr, das waren noch höchstens zwanzig Zentimeter! – in einer Hand einen Krückstock, in der anderen einen Snickers. Verfolgte mich die Snickersoma?! Das war schon das dritte Mal heute! In aller Seelenruhe biss sie von ihrem Snickers ab, sah Heinkel böse durch die Windschutzscheibe an und stolzierte mit einer Kraft und Geschwindigkeit davon, die ich ihr in ihrem Alter gar nicht zugetraut hatte, die sie allerdings schon dem Dieb gegenüber offenbart hatte. „Fahr…langsamer!“, keuchte ich. „Heinkel, du bringst mich um! Und die Oma da irgendwann auch noch.“ Heinkel lächelte flüchtig und schüttelte kurz den Kopf. Mehr Antwort erhielt ich nicht, doch sie tat mir den Gefallen und beschleunigte, nachdem sie wieder angefahren war, nur auf sechzig oder siebzig. Sowieso erstaunlich, dass sie kaum befahrene Straßen fand, denn anderswo konnte sie ja nicht so schnell fahren, und das in Berlin! Wahrscheinlich fand sie die selbst in Rom. Nach einer Weile bemerkte ich jedoch, dass sie weder den normalen Weg zum Hauptquartier noch den nach Hause nahm. „Heinkel?“, fragte ich unsicher. „Wohin fahren wir?“ „Außer die Stadt. Nichts Besonderes, nur ein paar Kisten holen. Keine Ahnung, was drin ist und was dein Vater damit will.“ „Okay.“ Wirklich überzeugt war ich nicht, aber es hieß nicht, dass Heinkel mir etwas verschwieg oder mich gar anlog. Um mir die Zeit zu vertreiben, kramte ich in meiner Tasche nach Lesestoff, wobei ich den Klingen des Kamas sorgsam fern blieb. Goethe. Na wunderbar. Ich verstand da doch eh kein Wort, und das lag nicht unbedingt an meinem Deutsch – aber ich las es dennoch. Als wir auf die Autobahn kamen und Heinkel den Motor voll ausreizte, nichts anderes hatte ich erwartet, sah ich nur einmal flüchtig auf und dann erst wieder, als sie ihn vor einer modernen Lagerhalle parkte. „Wartest du oder kommst du mit?“ „Ich komm mit und helf tragen.“ Ich legte das Gelesene aufgeschlagen zur Seite und schnallte mich ab. Vielleicht fand ich ja heraus, was wir abholen sollten. Heinkel hatte einen Schlüssel für das elektronische Schloss und als das Tor nach oben hin aufglitt, konnte ich weder draußen noch in der Halle irgendwen entdecken. „Woher wissen wir, was wir brauchen?“ Heinkel zuckte mit den Schultern. „Steht ‚I13’ oder so was drauf.“ „In Ordnung.“ Ich ging aufmerksam durch die durch vollbeladene Regale gebildeten Gänge. Schon recht bald würde ich fündig, zumindest nahm ich das an, die drei recht großen Kisten waren beschriftet mit JI XIII Das zu entschlüsseln war ja nun wirklich nicht schwer. JI – Judas Ischariot, nach dem die Organisation benannt war. Und XIII war einfach die römische Zahl Dreizehn. Neugierig sah ich in die erste hinein. Jede Menge Barren Reinsilber. Also wirklich nichts Besonderes, nur für die Waffen. Allerdings würde wohl selbst Heinkel einen Gabelstapler dafür brauchen. Ich wollte sie eben rufen, als mir auffiel, dass da noch eine wesentlich kleinere Schachtel war, die auf die dieselbe Art etikettiert war. Sie war auch wesentlich leichter, wie ich spürte, als ich sie in die Hand nahm – und fast wieder fallen gelassen hatte, als ich den Inhalt gesehen hatte. Die Gegenstände darin waren fein säuberlich geordnet, klein und vor allem unbenutzt. Freakchips. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)