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Anime Evolution: Krieg

Fünfte Staffel
von

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Scherben

Prolog:

Damals.

"Takashi-nii? Wohin gehst du? Takashi-nii?"

Mizuhara hielt inne, als er die Stimme seiner kleinen Schwester hörte. Andächtig starrte er auf die kleine Tasche, die er mit Unterwäsche und Hygieneartikeln gefüllt hatte. Alles andere würde gestellt werden. "Ich gehe zur UEMF, Haru. Akira braucht mich."

Entsetzen stand in den Augen seiner kleinen Schwester. Sie machte einen Schritt ins Zimmer, schien nach ihm greifen zu wollen und stockte doch. "Takashi-nii, ist das wirklich nötig? Recht es nicht, wenn Takeru-onii-sama in der UEMF dient? Musst du auch dein Leben riskieren?"

Takashi packte die letzten persönlichen Dinge ein und schloss die Tasche. Er nahm sie auf und schulterte sie. Dann ging er langsam auf seine Schwester zu. "Was ich mit meinem Leben mache, liegt alleine in meine Hand. Ich habe schon vor sehr langer Zeit entschieden, dass ich Pilot bei der UEMF werden will. Ich werde einen Mecha steuern, das habe ich immer gewusst, immer geplant. Nun werde ich früher damit anfangen als ich eigentlich erwartet habe."

"G-gibt es keinen anderen? Gibt es keine Erwachsenen, die das für dich tun können?", fragte sie verzweifelt.

"Nein, gibt es nicht. Und ich bin sehr froh, dass es so ist. Dass ich jetzt meine Chance kriege, und nicht erst in der fernen Zukunft. Dass Akira mich braucht." Für einen winzigen Moment stockte er, sah seiner kleinen Schwester in die Augen. Doch er verging, und Takashi drückte sich an ihr vorbei aus dem Zimmer. "Für dich ist gesorgt, Haru. Tante Anna verwaltet dein Haushaltsgeld und dein Taschengeld. Außerdem bist du schon fast mit der Mittelschule fertig."

"Es geht nicht ums Geld! Es geht um dich, Takashi-nii! Warum lässt du mich auch allein? Warum lasst ihr alle mich im Stich?"

Takashi trat auf den Gang hinaus. "Weil es nicht um dich geht, Haru. Es geht um mich, es geht um Akira Otomo und es geht um das Schicksal der Erde. Ich werde dafür mein Leben riskieren."

"Wer hat dir gesagt, dass du dein Leben riskieren sollst?", schrie sie.

Ein dünnes Lächeln huschte über seine Züge, als er ein letztes Mal zurück sah. "Du kommst alleine zurecht. Du bist selbstständiger als ich es heute bin. Und du hast mehr Kraft als deine beiden Brüder zusammen. Die Zeit ohne mich und Takeru wird dir gut tun, glaube mir. Und letztendlich tue ich das nicht nur für Akira, sondern auch für dich."

"Warum ist dir Akira Otomo wichtiger als deine Schwester? Ich hasse ihn!"

"Vielleicht tust du das wirklich. Vielleicht tun das viele. Vielleicht... Vielleicht hat er in seinem Kampf nur wenige Menschen, die ihm zur Seite stehen. Auch darum muss ich jetzt gehen. Ich habe eine Verantwortung übernommen, und ich werde ihr gerecht werden." Er sah noch einmal zurück. "Lerne fleißig und halte deine Position als Beste der Schule. Ich erwarte, dass du auf der Fushida-Oberstufe problemlos in die Schülervertretung kommst und sie irgendwann anführst. Das ist das einzige was du mir schuldest. Das einzige was ich verlange."

Takashi wartete keine Antwort ab und verließ das Haus. Draußen erwarteten ihn bereits Mitschüler aus dem letzten Jahr, die ebenso wie er zur Rekrutierungsstelle der UEMF unterwegs waren, um Akira Otomo dabei zu helfen, die Welt zu retten.

Haru sank langsam auf die Knie und weinte. "Ich werde nie zur UEMF gehen. Ich hasse sie. Ich hasse Akira Otomo! Ich hasse sie, hasse sie, hasse sie!" Schluchzend sah sie dabei zu wie ihre Tränen zu Boden fielen.
 

1.

Rooter Kevoran legte verärgert die Stirn in Falten. "Die Daina entführen eine deiner Drohnen, Tarco Pahel!"

"Ja, Kapitän, ich habe es bereits bemerkt. Die Selbstzerstörungssequenz wurde bereits aktiviert."

"Und warum sehe ich ihn nicht zusammen mit diesem Hawk in die Luft gehen? Ich brauche dir wohl nicht erst zu sagen, dass gerade ein Core nicht in die Hände der Daina fallen sollte."

"Die Explosion hätte längst erfolgen müssen. Ich verstehe das nicht. Die Drohne hat bis zu diesem Augenblick perfekt funktioniert. Hat der Key vielleicht...?"

"Nonsens!", rief der Kapitän und machte eine Geste, die keinen Widerspruch zuließ. "Würde der Key gegen uns arbeiten können, gäbe es dieses Schiff entweder schon nicht mehr, oder wir würden immer noch da unten ruhen. Gehen wir eher davon aus, dass es sich um eine Fehlfunktion handelt.

Ich sehe, dieser Hawk bringt den Core der Drohne auf diesen leichten Kreuzer. Vernichte ihn."

"Verstanden, Kapitän."

Rooter gab sich gelassen und leicht verärgert, aber innerlich beurteilte er die Situation vollkommen anders. Gut, sie hatten es geschafft, aus dem Tiefseegraben aufzusteigen. Gut, seine Leute waren wieder aus der Stasis erwacht. Gut, die Reparaturprotokolle hatten den größten Teil des Schiffs repariert, und sie waren sogar dabei, die jüngsten Gefechtsschäden zu flicken, die durch diese verrückten Daina entstanden waren. Aber aus dem Schneider waren sie noch lange nicht. Vor allem nicht, nachdem es den Daina da draußen gelungen war, zwei der acht Drohnen zu vernichten. Diesen Kampfkraftverlust durfte er ebenso wenig unterschätzen wie den Kreuzer, der über seiner RASZHANZ hing. Auch die kleine Flotte aus Oberflächenschiffen durfte nicht ignoriert werden, wenn sie überleben wollten. "Was machen die Wassergebundenen Schiffe?"

"Die Unterseeischen Einheiten starten Raketen. Ebenso mehrere der kleineren Begleiteinheiten des Trägers. Die RASZHANZ verzeichnet dreiundachtzig Kontakte."

Indigniert schnaubte der Kapitän ärgerlich. Nette Idee des gegnerischen Kommandeurs, auf einen Moment zu warten, in dem seine Drohnen gebunden waren, bevor er den Raketenbeschuss begann.

"Key, sind diese Raketen atomar bestückt?"

Helen Otomo kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. "Ich sage es mal so: Diese Seeleute sind Chinesen. Eigentlich sollten sie keine Atomwaffen an Bord haben. Wundern würde es mich allerdings nicht. Aber bei dieser Menge, Kapitän, sollten Sie ohnehin nicht allzu viele durch kommen lassen."

"Danke für diesen äußerst hilfreichen Tipp, Key. Vritrives Acouterasal!"

"Kapitän?" "Bringe so viele gegnerische Mechas zwischen uns und die anfliegenden Raketen, bevor wir das Abwehrfeuer eröffnen. Warum nicht zwei Kertels mit einem Griff pflücken?"

Die Göttin lächelte leicht. "Verstanden, Kapitän."

"Und jetzt sieh und lerne, mein lieber Key, dass selbst deine so hoch gelobten Daina bei ein klein wenig Verwirrung höhere Verlustzahlen haben werden." Er knirschte mit den Zähnen. "Darin unterscheiden sie sich nicht von uns."

Helen Otomo tat wie ihr befohlen wurde und beobachtete die Schlacht. Die HINDENBURG sandte Partikelfeuer und weitere Raketen auf den Weg, verzichtete aber auf atomare Waffen. Zumindest solange die eigenen Mechas gefährdet waren. Und die Drohnen der RASZHANZ hielten diesen Gegner dicht genug am Schiff. Selbst Eikichi würde es schwer fallen, hier leichtfertig das Todesurteil für über hundert menschliche Piloten zu sprechen.

Das Schlachtschiff der Götter erwiderte das Feuer, nicht mit der gigantischen Strahlenkanone, die beinahe die Nordamerikanische Ostküste vernichtet hatte. Aber die Angriffe waren mächtig genug, um die Schilde des Kreuzers der Bismarck-Klasse in Bedrängnis zu bringen und teilweise zu durchschlagen.

Auf der anderen Hälfte des Schlachtfelds näherten sich die Raketen der chinesischen Flotte. Auch keine atomaren Marschflugkörper, jedenfalls soweit Helen wusste. Aber China war immer für die eine oder andere Überraschung gut. Die Kastration der Gelben Tiger wäre jedenfalls ein guter Grund gewesen, besonders angepisst zu sein.

Als die Raketen auf zwanzig Kilometer heran waren, begann die RASZHANZ mit dem Abwehrfeuer. Energiegestützte Flak und mechanische Kanonen beschossen die heran rasenden Raketen. Ihre Trefferquote stieg mit der Annäherung an das Götterschiff. Helen registrierte, dass der Kapitän Recht hatte. Das Gros der Raketen würde in jenem Bereich vernichtet werden, in dem sich die Mechas der HINDENBURG und die überlebenden Einheiten der Gelben Tiger waren. Über die paar, die durch kommen würden, wollte sie nicht nachdenken. Aber die Explosionen der anderen Raketen mitten in den Reihen der terranischen Piloten würde ihnen größte Mühe bereiten, vielleicht einige vernichten.

Einige Sekunden später war die Zahl der angreifenden Raketen auf fünfzehn reduziert worden. Das war nicht so gut wie Helen erwartet hatte. Griffen die Reparaturprotokolle noch nicht so gut? Im Gegenzug hatte es aber weitere Mechas der Menschen erwischt, oder zumindest gut genug irritiert, um sie zu leichten Opfern der Drohnen zu machen. Nach diesem Schachzug waren die Gelben Tiger auf eine aktive Kompanie reduziert worden. Helen sah dabei zu, wie ein stark beschädigter Eagle langsam auf Atlantis zutrudelte. Ersaufen oder zerschellen. Beides keine erstrebenswerte Schicksale.

Dann kam der Einschlag der restlichen Raketen in die RASZHANZ. Mehrere Erschütterungen gingen wie Druckwellen durch das Schiff, rissen Götter von den Beinen. Helen drohte zu stürzen, wurde aber vom Kapitän und der Ersten Offizierin davor bewahrt. "Danke", sagte sie leise.

Der Kapitän erwiderte nichts. Er sah seine Stellvertreterin ernst an. "Vritrives Acouterasal, ich stelle fest, das wir abstürzen."

"Abstürzen würde ich nicht sagen. Temporär des Antriebs beraubt passt schon eher. Wir werden auf Atlantis notlanden."

"Mitten in Dämonenland."

"Mitten in ein Gebiet, in dem der Gegner nicht wagen wird, uns am Boden zu vernichten."

"Permanenten Angriffen der Dai ausgeliefert."

"Ausgeliefert ist so ein hartes Wort. Wir müssen unsere Defensivfähigkeiten ohnehin testen. Vergessen Sie nicht, Kapitän, wir haben schon oft genug gegen Dai gekämpft. Aber diesen Dai da draußen fehlt jegliche Kampferfahrung gegen Götter."

Mit einem mürrischen Grunzen wandte sich Rooter erneut dem Gefecht zu. "Wir stürzen immer noch ab. Bereite alles für den Abwehrkampf vor und lege Augenmerk auf die Reparaturen."

"Entschuldigt bitte wenn ich mich einmische, aber ist die RASZHANZ nicht verloren, wenn sie erst einmal auf Atlantis gestrandet ist?"

Ein flüchtiges Grinsen huschte über die Züge des Kapitäns. "Auf einem anderen Planeten zu einer anderen Zeit würde ich dir Recht geben, Key. Aber nicht hier, nicht heute und nicht auf Atlantis. Wir haben den Dai nie wirklich getraut, deshalb haben wir die eine oder andere Notfallstrategie entwickelt. Vritrives Acouterasal, bereite alles dafür vor, um die Garnison zu wecken. Wir führen Entlastungsangriffe auf die Dai und ihr Zentrum durch, solange die Reparaturen dauern. Danach nehmen wir die Garnison auf und brechen in den freien Weltraum durch. Mit wie vielen Banhes kann ich rechnen?"

Die Erste Offizierin dachte kurz nach. "Zweihundertelf, vielleicht zweihundertzwanzig, wenn die Konservierung auf Atlantis so gut funktioniert hat wie bei uns in der Tiefsee. Dazu kommen achttausend Götter."

Entsetzt sah Helen die beiden an. "Ihr habt ein Depot auf Atlantis?"

"Kein Depot. Ein Waffenlager, eine Garnison. Eine vollständige Rhetta an Banhes und Infanteristen. Einer der Trümpfe, die wir für den Fall der Fälle auf der Erde installiert haben." Seine Züge verloren jedes Anzeichen von Humor und Freude. "Wecke sie auf, Vritrives Acouterasal!"

"Jawohl, Kapitän."

Helen musste zugeben, der Kerl hatte Eier. Sein Schiff stürzte gerade ab, und er plante schon wieder bis zum Durchbruch in den freien Raum. Oh ja, Eikichi und Akira hätten ihre helle Freude daran gehabt, diesen Gott persönlich kennen zu lernen.

***

Der Himmel... Er war so wunderschön. Tiefblau, makellos. Haru hätte ewig hinein starren können. Sie fühlte sich wohl, wie in Watte gepackt. Es war warm, einschläfernd warm, und ein leises, kaum wahrnehmbares raunen verhallte sanft in ihren Ohren.

Beinahe glaubte sie, im dunkelblauen Himmel einen Stern aufblitzen zu sehen, nur für einen Moment. Was für ein herrlicher Gedanke, mitten am hellichten Tage Sterne sehen zu können. Was für ein Erlebnis.

Doch dann war da etwas, was die Watte durchdrang, was ihre kleine Idylle störte, an ihr zerrte. Sie ignorierte es. Sie brauchte keine Störung. Nicht jetzt, nicht hier. Doch es war hartnäckig, penetrant. Ärgerlich. Aber es störte Haru nicht. Nicht mehr, schon lange nicht mehr.

Plötzlich wurde ihr der Blick auf den Himmel versperrt. Sie stutzte einen Moment, bis sie erkannte, was da den Himmel verdeckte. Es war Philips Gesicht, kaum zu erkennen hinter dem getönten Visier seines Raumhelms. Was tat er hier? Warum störte er sie?

"HARU!", rief er und schüttelte sie an den Schultern.

Übergangslos verschwand die sie umhüllende Watte, entließ sie in die raue Wirklichkeit. Schmerzen durchfuhren sie, und der Geräuschpegel erreichte unanständig hohe Werte. In all dem war Philips von Sorge zerfurchtes Gesicht der dominierende Faktor.

Sie atmete aus, musste husten und zog tief die Luft wieder in die Lungen. "Ich bin da, Philip. Ich bin da. Was ist passiert?"

Ihr Stellvertreter atmete erleichtert aus. "Wir sind abgestürzt, Haru. Das Schlachtschiff der Götter hat uns abgeschossen. Wir haben dann versucht notzulanden, aber das hat nicht ganz funktioniert! Schnell, Haru, wir müssen hier weg!"

"Was? Abgestürzt? Wo...?"

"Wir sind auf Atlantis, und das Götterschiff stürzt auch gerade ab! Wenn wir hier nicht schnell fort kommen, wird es uns einfach zerquetschen!"

Oh, das machte Sinn. Das erklärte auch, warum Philip den Gunner-Platz verlassen hatte. Notfalls hätte er Harus Platz einnehmen können, um sie hier weg zu bringen.

Die junge Frau versuchte die verschiedenen Systeme zu reaktivieren. "Ab auf deinen Platz! Wenn ich durchstarte, solltest du angeschnallt sein!"

"Ist gut", erwiderte er erleichtert und kletterte zurück auf seinen Sitz.

Da! Eine Anzeige! Noch nicht die Bord-K.I., aber immerhin ein Ortungsbild! Das erste, was sofort ins Auge fiel, das war dieser gigantische Klotz, der ziemlich exakt in ihre Richtung unterwegs war. Er reduzierte seine Geschwindigkeit, aber nicht weit genug, um dem Schicksal zu entgehen, die Erde zu küssen. Das war das feindliche Schlachtschiff der Götter. Haru murmelte einen derben Fluch und schaffte es, einen anderen Monitor zu aktivieren. Die Schadensanzeige leuchtete auf und informierte sie darüber, dass der Treffer den Eagle schwerstens kastriert hatte. Ohne die Notenergie im Rückenpack wäre es ein wesentlich schnellerer Weg zurück zur Erde gewesen. Der Treffer hatte sowohl die Batteriepacks im Torso als auch beide Beine hinweg gewischt. Im Grunde war der Eagle nur noch ein Wrack. Aber wenn es ihr gelang, das Rückenpack zu aktivieren, ein wenig Schub raus zu kitzeln, nur ein klein wenig für drei-, vierhundert Meter... Verdammt, wie entlockte man einem Wrack Energie? Sie versuchte es mit KI, aber auch das führte nicht zum gewünschten Erfolg. Im Gegenteil, ihre Energie floss sinnlos aus ihr heraus wie Wasser aus einem bodenlosen Fass.

Zwanzig Sekunden, bis das Feindschiff aufschlug. Sie checkte ihre Möglichkeiten. Keine. Aussteigen und laufen? Nein, die Strecke war zu weit, das hätten sie von Anfang an versuchen sollen. Andererseits, was hätte sie da draußen vor der Druckwelle geschützt? Und ein unbequemes Gefühl im rechten Bein verriet ihr, dass laufen ohnehin keine Option gewesen wäre. Blieb nur noch sterben? Für einen Moment war sie versucht, John Takei zu rufen, ihre Rettung einzufordern, oder wenigstens ein paar letzte Worte zu sagen. Aber wenn John sich nicht um den abgestürzten Eagle kümmerte, dann nur weil er es nicht konnte. Es war ihm unmöglich, und er hatte die Rettung der Welt vor das Leben seiner beiden Schützlinge gestellt. Ein dünnes Lächeln huschte über Harus Züge. Sie hatte damit gerechnet, das sie sterben konnte, wenn sie Akira Otomo aktiver unterstützte. Nur so bald hätte sie nicht damit gerechnet. Dennoch, Johns Entscheidung war richtig.

"Philip?" "Ja?"

"Es tut mir Leid. Der Eagle ist nur noch Schrott." "Ja."

"Philip?" "Ja?"

"Es war mir ein Vergnügen, mit dir zu arbeiten." Fünfzehn Sekunden. Zwölf. Zehn.

Philip schnallte sich wieder ab, kam nach vorne und ergriff ihre Hände. "Haru, ich... Haru..."

Eine feingliedrige, schlanke Hand schlug ihm kräftig auf den Rücken und trieb ihn damit weit genug nach vorne, um seinen Helm mit Harus Helm kollidieren zu lassen.

"Merke dir was du sagen willst, und tue es später. Jetzt haben wir keine Zeit dafür", sagte eine Frauenstimme, löste Harus Gurte und umschlang sie mit dünnen, aber starken Armen um die Taillen. Als er vom Boden hoch gehoben wurde, sah Philip erstaunt auf, direkt in zwei grüne, spöttisch glimmende Augen. "Willkommen auf Atlantis, Haru Mizuhara und Philip King." Einen Augenblick später war das Cockpit des Eagle-Wracks leer. Eine Viertelsekunde, bevor die Druckwelle des abstürzenden Götterschiffs das Material wie Pappe deformierte.

Dann schlug das Schiff auf, schlitterte mehrere hundert Meter über dem Boden und kam in einer Fontäne aus Dreck, Rauch und Flammen zur Ruhe. Ein gewaltiges Grollen wie bei einem schweren Beben ging durch das Land. Vorerst würde das Götterschiff wohl nicht in den Orbit entkommen, wo es seine Waffen gefahrlos für sich selbst einsetzen konnte.
 

2.

Ein wenig konsterniert, eigentlich mehr distanziert betrachtete Kei Takahara seine rechte Hand. Sie blutete nicht. Sie schmerzte nicht. Und dennoch bestand sie auf der Innenseite nur noch aus zerfetztem Fleisch und einigen Sehnen. Selbst die Knochen schimmerten hier und da durch. Das hatte Akira gemacht. Okay, nicht freiwillig. Aber von ihm war die destruktive Kraft ausgegangen. Genauer gesagt hatte er die natürliche magnetische Molekülbindung von allem aufgehoben, was er berührt hatte. Lediglich die drei Dämonenkönige Okame, Sphinx und Tyges hatten diese Kraft unterdrücken, bündeln können. Akira meinte es nicht böse, er war nur seit seiner unfreiwilligen Erhebung zum Reyan Maxus halt ein KI-Staubsauger geworden. Und nun begann er über diese Fähigkeit die Kontrolle zu verlieren. Weniger über das KI-saugen an sich, aber über die Verarbeitung des KI. Es erinnerte an damals, als er gegen Torum Acati gekämpft hatte, als er sich mit dem Admiral der Naguad einen halben Kilometer tief in den Boden der AURORA gefräst hatte, und das nur mit seiner Aura. Nun hatte sich diese Fähigkeit verselbstständig und löste bei allen Molekülen die Bindung auf, wenn er das Material berührte. Das beinhaltete den Tisch vor Ginas Restaurant, eine ihrer Speisekarten, und Keis rechte Hand. Da, man konnte genau sehen, wo der Daumen Akiras gelegen hatte. Auch dort war ein Loch gefräst worden, sogar eine Kerbe in einen Fingerknochen geschlagen. Faszinierender Anblick.

Makoto Ino platzte in das Behandlungszimmer. "Kei!"

"Ich bin hier, Mako-chan."

Atemlos kam der Generalstabschef der AURORA neben ihm zum stehen. "Oh nein. Nein, das sieht ja schlimm aus. Kei, es tut mir so Leid, aber ich hatte ja keine Ahnung. Ich wusste ja nicht, dass diese Fähigkeit, die er im Kampf mit Acati gezeigt hat, derart außer Kontrolle geraten konnte." Der Taral griff nach der Hand und drückte die Finger seiner Rechten tief ins verletzte Fleisch. Von der Wunde breitete sich wohlige Wärme aus.

"Was tust du, Mako-chan?"

"Ich heile dich mit meinem KI. Ich bin derzeit der stärkste KI-Meister, der zur Verfügung steht. Yoshi hilft dabei, Akira vom Sauerstoffdistributor auf die ADAMAS zu schaffen, sein Opa ist auch dabei, die Dämonenkönige sowieso, und der einzige Slayer, der an meine Fähigkeiten als Heiler ran reicht, namentlich unsere gute Emi-chan, ist hoch schwanger. Da gehen wir lieber keine Risiken ein."

"So, so. Du bist also ein KI-Meister. Wann hattest du vor, uns diese Neuigkeit mitzuteilen?", scherzte Kei. Er zuckte zusammen, als seine Hand plötzlich zu schmerzen begann. Es war nicht intensiv, aber nervig. Es fühlte sich an, als würde ein Igel über seine Hand rollen.

"Tut weh, eh? Ich stimuliere gerade die abgefrästen Nerven zum Wachstum. Außerdem überrede ich deine Zellen dazu, wieder Fleisch, Knochen und Sehnen zu bilden."

"Du überredest sie?"

"Alter KI-Heiler-Slang. Die Alternative wäre, dein Fleisch wachsen zu lassen und Sehnen nachträglich zu implantieren. Die Aussicht, deine Hand dann wieder benutzen zu können läge allerdings nur bei achtzehn Prozent. Und da haben wir noch nicht mal die Haut drauf gebracht, geschweige denn Tastsensibel gemacht."

Kei legte die Linke auf Makotos Schulter. "Ich weiß das wirklich zu schätzen, das du das hier für mich tust, solange meine Nerven noch nicht abgestorben sind. Obwohl du lieber bei Akira wärst. In sicherem Abstand zu ihm, aber wenigstens in der Nähe."

"Halte die Klappe, Kei. Du bist mein Freund, und du brauchst meine Hilfe", erwiderte der Bluthund böse. "Außerdem warst du es, der Joans heimliche Besuche bei uns Zuhause gedeckt hat. Ich schulde dir eh was."

Kei schluckte hart an dem Kloß, der plötzlich seine Luft abschnürte. "Auch das weiß ich zu schätzen, Mako-chan", krächzte er.

Makoto sah ihm ernst in die Augen. "Wir sind Freunde. Und wenn ausgerechnet wir Kleinen nicht zusammen halten, wer kümmert sich dann um uns, Konteradmiral Takahara?"

Kei lachte prustend wie über einen guten Witz. "Hätte mir das jemand vor drei Jahren erzählt, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Ich und Konteradmiral mit eigener Flotte. Oder du, junger Mann, Freund von Joan Reilley und General an Bord der AURORA. Was für erstaunliche Entwicklungen."

"Ich bevorzuge: Was sind wir doch für erstaunlich fähige Leute."

"Das auch", sagte Kei trocken und nickte. Er hatte zwar, ehrlich gesagt, manchmal Zweifel an seinen eigenen Fähigkeiten, an seinem Können und daran, ob er diesen hohen Rang und diese wichtige Aufgabe überhaupt verdiente, aber dann stellte er immer wieder fest, wie leicht ihm diese Arbeit von der Hand ging. Vielleicht war er dazu geboren worden, um Soldat zu werden. Offizier zu sein, Menschen zu führen. Vielleicht hatte Akira nur beschleunigt, was ohnehin irgendwann passiert wäre. Vielleicht aber wäre er irgendwann auch Kapitän eines Firmenkonsortiums geworden und dort für ein paar zehntausend Menschen verantwortlich gewesen. Da war ihm diese Variante schon lieber.
 

Die Tür zum Behandlungszimmer flog auf, und Ami Shirai stürmte herein. Erst stürzte sie auf Kei zu, schien ihn umwerfen zu wollen. Dann aber starrte sie auf die Wunde, die unter Makotos Hand immer noch sehr gut zu erkennen war. Sie raunte erschrocken auf. Als sie Kei wieder in die Augen sah, schien es als spüre sie alle Schmerzen, die eigentlich er hätte empfinden müssen.

Abwehrend hob Kei eine Hand. "Es tut nicht weh. Nur dieses elende Aktivieren der Nerven kribbelt etwas."

"Dennoch! Diese Wunde, sie... Kei-chan, es tut mir so Leid. Wären ich oder ein anderer Slayer in der Nähe gewesen..."

"Was dann? Eventuell wäre ein anderer verletzt worden. Eventuell hätte Akira, ohne es zu wollen, etwas wichtigeres aufgelöst als ein paar Zellen meiner Hand."

"Das nennst du ein paar Zellen?", hauchte sie entsetzt.

"Wie ich schon sagte, es tut nicht weh. Außerdem hat der beste Heiler an Bord der AURORA beschlossen, mich zu versorgen. Und bis der Zeit hat, hilft Mako-chan halt aus."

"Merkwürdig. Die Reaktivierung der Nerven muss eigentlich mehr Schmerzen verursachen", murmelte Makoto in spielerischem Tonfall.

"Das war ein Witz. Verstehst du keinen Spaß mehr, Herr Ino?"

"Einer meiner besten Freunde wurde schwer genug verletzt, um am Schock sterben zu können. Nein, Spaß habe ich gerade nicht im Sinn. Reiß dich mal zusammen und leide ein wenig. Das gibt dann auch Pluspunkte bei Ami." Makoto zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

"Pluspunkte kann er sammeln, wenn er wieder geheilt ist. Wie weit gehen wir heute, Sensei?"

"Heute regen wir die Zellen nur zum Wachstum an. Wir legen einen sterilen Verband auf und fügen alle zwölf Stunden eine neue Sitzung an. Nach zwei Tagen ist seine Hand dann wiederhergestellt." Makoto zog eine Augenbraue hoch. "Deinen Worten entnehme ich, dass du mir assistieren willst."

Vor den Augen der beiden Männer hüllte sich Ami in ihre Slayer-Rüstung. "Du zeigst mir wie das geht und was ich machen soll, okay? Ich bin nicht so gut im heilen. Und ein nein akzeptiere ich nicht. Kei ist mein Kerl, verstanden?"

Ein wohliger Schauer ging durch Keis Körper. So direkt hatte es die schlanke Frau noch nie gesagt. Aber es klang wirklich, wirklich gut in seinen Ohren. Wäre er nicht schon verliebt gewesen, jetzt hätte er schwer mit einem zerspringendem Herzen zu kämpfen gehabt. Er beugte sich vor und küsste sie.

Ami erwiderte den Kuss einige Zeit, dann drückte sie Kei mit dem rechten Zeigefinger lächelnd zurück. "Später, Kei-chan. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Also, Makoto, was kann ich tun?"

Der blonde Junge grinste breit. "Hätte ich nicht Joan, dann würde ich jetzt neidisch werden. Ich mache dir dir Heilung eines Zellenclusters einmal vor, Ami. Dann markiere ich dir Sektoren, in denen du das nachmachst. Hier, so stimuliere ich die Knochen zu Wachstum. Jetzt du. Weniger Energie. Es ist mehr ein locken. Ja, so ist das nicht zu schlecht. Nein, nicht zu sehr. Schnell wachsen ja, zu schnell wachsen nein. Dann sind sie stabiler. Hm, du lernst schnell, Mädchen."

"Es geht ja auch um Kei. Nicht mal bei Akira wäre ich da so bei der Sache", erwiderte sie entrüstet, und für einen Augenblick sahen sich die drei an, bevor sie zusammen lachten. Für einen Moment unterbrachen sie die Behandlung.

"Es geht ihm gut", sagte Kei, und scheiterte am Versuch, ermutigend zu lächeln. Aber was dieses Thema anging, da spürte er halt Schmerzen, schlimmere als seine Hand eigentlich hätte verursachen müssen. Tiefe, pochende Schmerzen. Weil es da einen wichtigen Freund gab, dem er nicht einmal helfen konnte, wenn sich sein ganzer Körper auflöste. Verdammt frustrierend, Konteradmiral Kei Takahara. Verdammt frustrierend.

***

Als das Kurierschiff im Kanto-System das Transportwurmloch verließ, gellten die Alarmsirenen. Nicht dass die Mannschaft eine Warnung gebraucht hätte. Nicht dass die Nerven aller Anelph, Naguad und Menschen an Bord nicht ohnehin bis zum zerreißen gespannt war. Nicht dass die Szene, die sie alle erwartete, wirklich eine Überraschung war. Aber es war halt Tradition, und Traditionen hielt man ein, selbst wenn sie unsinnig, überflüssig oder gar gefährlich waren. Überflüssig zu sagen, dass der Kapitän der sprungfähigen Fregatte SANSSOUCI ein sehr traditionsbewusster Mann war.

"Das Kanto-System", stellte Commander Eskender Saleed fest. "Wie es scheint, haben sie noch nicht angefangen, Admiral."

Der alte Mann beugte sich in seinem Notsitz ein wenig vor und betrachtete das taktische Hologramm des Skippers aufmerksam. "Wie viele haben sie versammelt? Wissen wir genaues, Eskender?"

Der Skipper lächelte dünnlippig. "Wir haben hier einiges aufgefahren, fast einhundert Schiffe der Arogads und der Daness versammelt. Dazu kommen noch einmal genauso viele Schiffe der Naguad-Marine und der verbündeten Häuser. Der Gegner kommt indes auf etwas mehr als eintausend Schiffe. Die meisten sind jedoch Raider, deren Kampfkraft wir ohne ein zünftiges Gefecht nicht einschätzen können. Aber da sie nicht zum Core gehören, rechnen wir ihnen im Moment noch zwanzig Prozent Kampfkraft ab." Saleed deutete in der Hologrammanzeige auf drei Planetenbahnen. "Wenn wir verteidigen, hier, hier und hier, sind wir leicht im Vorteil. Aber dazu müssten sie uns angreifen. Im Moment brauchen sie sich entweder nur auf Lorania oder das Regionalflottenhauptquartier zu beschränken, um uns Stück für Stück auseinander zu nehmen. Sie wissen ganz genau, dass wir Lorania nicht entblößen können, dass wir die Flottenzentrale nicht unverteidigt lassen. Es ist ein Patt, und selbst ein brandneues Schiff mit der allerneuesten Technologie wie die SANSSOUCI ändert nicht viel daran, Admiral Ryon."

Jano Avergan Ryon lächelte ebenso dünnlippig wie der Kapitän. "Sehr gut. Ein Patt hindert sie vielleicht daran, in meinem Heimatsystem zu kämpfen."

"Bis eine Seite Verstärkung heran führt", stellte Saleed ernst fest.

"Bis eine Seite Verstärkung heran führt. Und da das Verräterhaus Logodoboro anscheinend über Core-Welten verfügt, die Raider-Kampfschiffe herstellen, wird diese Verstärkung nicht lange auf sich warten lassen." Sein Blick streifte über das Hologramm, erkannte die Sperrriegel über den Planeten. Er ließ sich die Namen der Schiffe anzeigen und pfiff manches Mal anerkennend auf. "Das ist vielleicht das erste Mal in meinem Leben, das ich mich über die Anwesenheit so berühmter und kampfstarker Naguad-Schiffe im Kanto-System freue. Vielleicht ist das Patt doch nicht so deutlich wie wir glauben."

Saleed schnaubte amüsiert und warf dem Admiral einen scheelen Blick zu. "Und vielleicht ist das Patt nun ganz aufgehoben, wenn ausgerechnet Avergan Ryon zurück kehrt, der Mann, der den Exodus angeführt und Akira Otomo für seine Zwecke eingespannt hat. Ich habe mir sagen lassen, dass man Ihren Namen nur in Ehrfurcht geflüstert ausspricht."

Ryon winkte ab. "Bah, das ist nicht wegen der Flucht. Jeder Idiot hätte die Flotte nach dem ersten Sprung raus aus Kanto anleiten können. Falls ich hier immer noch einen guten Ruf genieße, dann nur weil ich in der Flotte einen guten Job gemacht habe."

"Ach so, ich verstehe. Die Polizeiaktionen und die Niederschlagungen ganzer Rebellionen. Das dunkle Kapitel der Naguad."

Der alte Admiral räusperte sich verlegen. "Ja und nein. Es ist... Vielleicht nicht ganz so einfach wie ich Akira Otomo vor anderthalb Jahren berichtet habe. Wahr ist, das ich vielen Schiffen und vielen Soldaten in auswegslosen Situationen den Arsch gerettet habe. Wahr ist, dass gerade wir Kantonesen als Troubleshooter begehrt waren und stets an Brennpunkten eingesetzt wurden - und zum Überdruss noch einen unfähigen, von sich selbst überzeugten Haus-Admiral als Vorgesetzten bekamen, der uns schon halb selbst in den Untergang geführt hätte, wenn ich nicht gewesen wäre."

Fragend zog der Iraner eine Augenbraue hoch. "So?"

Ryon lachte laut. "Ich bin ein frecher Anelph, mein lieber Eskender, frech, dreist und gerade heraus. Ich habe schon mehr Naguad-Admiräle über eine öffentliche Leitung Vollidiot genannt als eine Kompanie Finger hat. Leider lag ich selten falsch. Zum Glück war mir der Hausrat der Elwenfelt aus Gründen die ich nicht verstehe, immer sehr gewogen. Selbst nach Debakeln, wenn große Schiffsverluste und tausende Tote auf den Anelph abgewälzt werden sollten, der sich weigerte die Gift anzunehmen, hielt irgend jemand seine schützende Hand über mich. Leider hat mich das nicht gerade bescheidener oder vorsichtiger gemacht."

"Und irgendwann waren Sie frech genug, um einfach mit ein paar Anelph die Biege zu machen."

"Etwas flapsig formuliert, aber so ist es." Ryon seufzte. "Sehen Sie, seit wir von den Elwenfelt entdeckt und dank der Intrigen der Logodoboro militärisch unterworfen wurden, ist viel Wasser Loranias Flüsse hinab geflossen. Ich habe tief, sehr tief in die Strukturen der Naguad geschaut. Ich habe viele getroffen, die ich heute noch Freund nennen würde, wenn sie mich nicht im Gegenzug Verräter nennen. Aber ich habe auch viele getroffen, die unpassende Positionen hatten, durch Familienbande, Protektionismus und dergleichen. Meistens musste ich mich mit ihnen herum schlagen. So kommt es mir zumindest vor. Dadurch, das wir von den Elwenfelt missioniert wurden, sind wir dem Elwenfelt-Genom zugerechnet worden, egal ob wir die Gift annehmen oder nicht. Aus diesem Grund war es auch das Haus Elwenfelt, das unsere Kampfschiffe und unsere Besatzungen anforderte. Und wenn ich mal so darüber nachdenke, was ich gesehen, erlebt und gehört habe, im Dienste des Hauses Elwenfelt, an den Verrat der Logodoboro denke und die eigentlichen Kapazitäten des Hauses Elwenfelt berücksichtige, dann muss ich wohl ehrlich sagen, dass ich das Haus durch eine schwere Zeit gerettet habe. Wenn es heute immer noch neun große Häuser gibt, dann liegt es einzig an mir."

"Frustrierend, so etwas festzustellen, oder? Nach all den Verlusten, all den Toten auf beiden Seiten. All dem Krieg, dem Ärger. Verzeihung, ich wollte Sie nicht unterbrechen, Avergan Ryon."

Der Admiral schmunzelte nachsichtig. "Da gibt es nichts zu verzeihen. Sie haben ja Recht, Eskender. Aber es ist auch nur die halbe Wahrheit. Sehen Sie, die Türme der Naguad stehen zu neunt. Dazu kommen die Regierung, die Flotte und ungezählte Hauslose Bürger. Und das, obwohl Haus Arogad bereits vor über zweitausend Jahren die Gift erfand, und lediglich Awarima und Fioran diese Methode nie angewendet haben, beziehungsweise wieder aufgaben. Diese Häuser sind Daness, Arogad, Bilas, Koromando, Elwenfelt, Grandanar, Fioran, Logodoboro und Awarima, wie Sie wissen. Die beiden größten Häuser Daness und Arogad sind derzeit ein Bündnis eingegangen, das mindestens so lange halten wird wie Akira Otomo lebt. So lange er und Solia Kalis von den Daness verlobt sind, werden die Daness auch den Turm ihrer Familie nicht aus Arogad-Besitz zurückfordern. Das Leben der Naguad formt sich, ob mit, ob ohne Haus, um diese neun Türme. Sie sind Staaten im Staat, und haben unterschiedlich große Macht. Sie schicken ihre Leute in die Regierung, ins Militär, in die Verwaltung, sie handeln als eigenständiges Haus, haben ihren Sitz im Parlament und formen die Naguad-Politik. Und sie führen Krieg gegeneinander. Das führt zu vielen ungewöhnlichen Allianzen, merkwürdigen Schattengefechten. Heutzutage nennt man drei der Häuser Lakaien der Großen. Die Daness verlassen sich auf die kleineren Häuser Awarima und Bilas, während sich Haus Arogad seit mehreren hundert Jahren der Freundschaft und Treue der Fioran versichert. Die anderen vier Häuser kochen in diesem Schatten ihre eigene Suppe. Früher einmal war Haus Elwenfelt der Lakai der Arogad. Doch das änderte sich lange bevor das Kanto-System erobert wurde. Die Verbindungen zerbrachen, wurden unwiederbringlich zerstört. Dies war zu einer Zeit, als Haus Arogad durch das Riesenprojekt, den Planeten Arogad für Naguad bewohnbar zu machen, geschwächt und unflexibel war. Stimmen im Haus Elwenfelt sprachen von einer neuen Zeit für sich, für eine Expansion, die sie aus dem Schatten der Arogad heraus treten lassen und auf eine Stufe mit Daness heben würde. Dies war der Beginn einer Offensive an Material, an Eroberungen, an Expansion. In nur einhundert Jahren verdoppelte Haus Elwenfelt die Zahl der von ihm kontrollierten Welten. Doch anstatt inne zu halten und die neuen Welten zu konsolidieren, expandierten sie weiter, zerfaserten sich, drohten sich aufzulösen. Haus Logodoboro bot ihnen damals Hilfe an, gegen ein Stück vom Kuchen, und die Elwenfelt griffen dankbar zu."

"Logodoboro. Da wird einem doch einiges klar. Warum das Verhältnis zu den Arogad zerbrach, wieso sich Logodoboro als Lakai anbot, warum danach alles für Haus Elwenfelt so furchtbar schief ging."

"Sie sind ein Mann mit scharfem Verstand. Tatsächlich waren es die Logodoboro, die praktisch überall, wo die Elwenfelt präsent waren, Unruhe schürten, Aufstände anzettelten und Sezession betrieben. Das war hier im Kanto-System nicht anders als auf Dutzenden anderen Welten. Leicht hätte all das im Blut versinken können, hätte es hunderttausende Tote bei den planetaren Bevölkerungen geben können, unabhängig ob sie Naguad, Daima, Daina oder von einer anderen Rasse waren. Und das war sicher der Plan der Logodoboro, alle Strukturen der Elwenfelt zu übernehmen, nachdem das Haus sich letztendlich völlig verausgabt hatte. Aber darauf warteten sie vergeblich, bis ihr Verrat offensichtlich wurde. Und wenn ich darüber nachdenke, dann fällt mir nur ein Faktor ein, der nicht Jano Avergan Ryon heißt, der manche Schlacht umgerissen, manche Flotte gerettet und manche planetare Bevölkerung wieder zufrieden gestellt hat. Dieser Faktor war Oren Arogad, das Oberhaupt seines Hauses. Als die Schwäche der Elwenfelt immer offensichtlicher wurde, war er es, der dem alten Verbündeten Unterstützung gab und Hilfe ohne Gegenleistung anbot. Er war es, der das Militär drängte, einige der militärischen Aufgaben auf Schlüsselwelten wie Lorania zu übernehmen, um den Elwenfelt Kapazitäten frei zu machen. Das ist auch der Grund, warum die Tod und Ehre-Division der Arogad in Elwenfelt-Territorium diente, und das als regulärer Bestandteil der Streitkräfte des Reichs der Naguad. Soweit meine Geschichte und meine Erkenntnisse."

Ryon seufzte leise, schloss die Augen und lehnte sich zurück. "Zu meiner Zeit war ich ein hervorragender Offizier. Ein Mann mit Ruf, der selbst auf seiner Heimatwelt respektiert wurde, obwohl er wie ein Söldner von den Elwenfelt herum gescheucht wurde. Rückzuge unter Feindfeuer organisieren, verlorene Raumschlachten drehen, ganze planetare Bevölkerungen zur Räson bringen ohne sie auszulöschen... Ich hatte viel getan, viel erreicht, viel gesehen. Aber ehrlich gesagt merke ich erst jetzt, wie viele der Kämpfe wir einzig und allein den Logodoboro verdanken. Wie viele Anelph haben sterben müssen, weil sie die Elwenfelt einfach nur tief in die Scheiße reiten wollten, wie ihr Terraner sagen würdet. Was also bleibt mir anderes übrig, als nach Hause zurück zu kehren und dabei zu helfen, den Logodoboro wieder die Tour zu vermasseln?"

Ryon öffnete wieder die Augen und lächelte breit. "Genau das, mein lieber Eskender, wird mir einen Riesenspaß bereiten. Und das ist es wert, ist es wirklich wert."

"Na, dann wollen wir mal hoffen, dass die Logodoboro den Namen des Mannes nicht vergessen haben, der ihre Übernahme der Elwenfelt verhindert hat", sagte Saleed mit angriffslustiger Miene. "Kurs auf Laccus, Eins O!"

"Aye, Aye, Sir!"

***

Als ich wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, sah ich in besorgte Gesichter. Sie gehörten unseren Dai an Bord, und schmerzlich wurde mir bewusst, dass ausgerechnet mein Lieblings-Dai Kitsune irgendwo im Weltraum unterwegs war. Ohne Abschiedsgruß, ohne ein einziges Wort. Das tat mir weh, mehr als ich vielleicht zu zu geben bereit war. Anderen gegenüber. Oder belog ich mich in diesem Punkt auch selbst?

"Was...?", fragte ich mit rauer Stimme.

Sphinx versuchte sich an einem Lächeln und scheiterte grandios. Ihre Miene war ein Zerrbild aus Trauer und Angst, notdürftig von einem Lächeln kaschiert. Angst um mich, nicht vor mir. Zumindest hoffte ich das.

"Du bist ein Reyan Maxus geworden, Akira. Du erinnerst dich?"

Ich wollte antworten. Immerhin war das ein alter, ein uralter Hut. Seit ich Prime auf das Dreifache seiner Größe aufgebläht hatte, seit ich die Kinder der Götter besucht hatte, war es allgemein bekannt, das ich vom Reyan Oren zum Maxus weiter geklettert war. Mir war nur nicht bewusst gewesen, dass damit Probleme verbunden waren. Ich hatte es da eher mit den Worten eines weisen alten Mannes gehalten, der einmal gesagt hatte: Mit großer Macht kommt große Verantwortung.

Halunke. Hätte er mal lieber gesagt: Große Macht kann dich großartig gefährden.

Das wäre der Wirklichkeit sehr viel näher gekommen. Zumindest meiner Wirklichkeit, hier und jetzt.

"Wir dachten eigentlich, wir hätten noch Zeit, noch die Gelegenheit, ein wenig in unseren Archiven zu forschen und dir deine neuen Kräfte als Maxus rechtzeitig zu deuten... Bevor eine Katastrophe eintritt. Aber dann hast du alles wieder einmal beschleunigt, Akira."

Ich runzelte die Stirn. Dann erinnerte ich mich an Kei. Und an seine rechte Hand, die sich unter meiner Berührung langsam aufzulösen begonnen hatte. "KEI! Geht es ihm gut?"

Okames kräftige Hände drückten mich wieder runter. Zurück auf die schmucklose Krankenliege, auf der ich lag. "Er wird behandelt. Er hat keine Schmerzen und wird keine Schäden davon tragen", informierte mich der sonst so wortkarge Dai.

Ich nickte erleichtert. Trotzdem hatte ich ein schlechtes Gewissen, denn ich war mir sehr, sehr sicher, dass ich Keis Fleisch von den Fingern gelöst hatte, auch wenn das nie meine Absicht gewesen war.

"Du musst mir jetzt gut zuhören, Akira. Ich weiß nicht sehr viel über die Reyan Maxus, denn es gibt sie seit dem Krieg mit den Göttern nicht mehr. Die Reyan Maxus waren die mächtigsten Daina und Daima, die wir kannten. Manche waren mächtiger als die Dai selbst. Und es war nicht unbedingt diese unglaubliche Macht, die sie... Von den anderen isolierte. Es war eine Fähigkeit, die... Die sie zu Monstern entstellte, egal ob sie es wollten oder nicht. Je stärker diese Fähigkeit bei ihnen ausgeprägt war, desto stärker waren sie auch letztendlich. Und desto länger hielten sie im Krieg stand. Bis sie besiegt wurden oder den Freitod suchten. Und die ganze lange Zeit, von ihrer Erweckung als Reyan Maxus bis zu ihrem Tod... Lebten sie allein auf den Kommandoschiffen wie der ADAMAS."

Meine Hände krallten sich in Sphinx' Unterarm. Die Haut fühlte sich weich und warm an. Und was das beste war, sie löste sich unter meinen Fingern nicht auf. "Warum?"

"Es ist ihre KI-Fähigkeit. Sie verdanken ihre große Macht dem Umstand, das sie permanent freies KI aus ihrer Umgebung aufsaugen und sich zu eigen machen. Dieses KI geben sie ebenso unkontrolliert, wie sie es sammeln, als Aura an ihre Umgebung ab. Was dann passiert hast du an Ginas Tisch gesehen."

"Er hat sich aufgelöst."

Sphinx nickte bestätigend. Das war nicht besonders ermutigend für mich. Überhaupt nicht ermutigend. "Wie ich schon sagte, wir wissen nicht mehr sehr viel über die Reyan Maxus. Aber was wir wissen, ist, dass sie von Menschen besonders viel freies KI aufnehmen und es besonders stark an ihre Umgebung abgeben. Normale Menschen, tote Materie, Pflanzen können sich damit nicht arrangieren. Es kommt zu ungewöhnlichen Effekten, wie diesen Auflösungserscheinungen. Deshalb lebten die Maxus meistens allein auf ihren Kommandoschiffen. Alleine schon, um diese nicht willentlich zu gefährden. Doch dieser hohe Preis hatte auch etwas Gutes. Ihre Kampfkraft war die Höchste, über die wir Dai, die Daina und die Daima verfügten. Mit ihnen waren wir in der Lage, den Krieg zu beenden und die Götter zu besiegen. Zumindest glaubten wir, das wir das getan hätten. Als sie nach dem Tod des letzten Reyan Maxus wieder zu schlugen, verloren wir Dutzende Welten an sie und mussten für die Erde einen schmerzvollen Kompromiss eingehen, um sie und die Millionen Daina auf ihr schützen zu können. Damals waren die Dai nicht bereit gewesen, weitere Daina auf den Weg des Reyan Maxus zu schicken, um ihrer Seelen und ihres Verstandes willen. Es führte fast zu unserer Vernichtung. Auch diesmal leben wir in schwierigen Zeiten. Doch diesmal haben wir einen Reyan Maxus. Dich, Akira."
 

Ich verstand, und das in jeder Konsequenz. Deshalb die Trauer in ihrem Blick, deshalb das die mürrische Miene vom alten Wolf, deshalb das unverholene Mitleid in Torges' Blick. Sie wussten was mir blühte. Sie würden mich auf die ADAMAS bringen, und ich würde sie nicht wieder verlassen, bis ich eines Tages besiegt war, oder den Freitod wählte. Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich unbesiegbar war, ob ich der Erde und den Verbündeten als Maxus in einem Kommandoschiff besser dienen konnte als zuvor in meinem Mecha. Aber ich war mir sicher, das mein Leben ein geringer Preis dafür sein würde, um galaxisweiten Frieden zu erreichen. Der Haken bei der Geschichte war allerdings, das ich keine Ahnung hatte, ob und wer bereits hinter den Göttern und ihren Kindern lauerte, um als nächster die gierigen Hände, Klauen oder Flossen nach uns auszustrecken.

Nachdenklich betrachtete ich die Decke über mir, eine typische Decke, wie sie in Helikoptern üblich war. Dies war eine Polizeimaschine, die ich noch nicht aufgelöst hatte. Weil wir zu hoch flogen, oder weil die Dai meine Fähigkeiten gewaltsam unterdrückten? Ein wenig von beidem, vermutlich.

"Ihr bringt mich auf die ADAMAS, und da werde ich bleiben", stellte ich tonlos fest. "Für den Rest dessen, was man Leben nennt."

Die Miene von Sphinx verzog sich zu einer gequälten Grimasse des Schmerzes. Sie litt furchtbar, als sie mich diese Worte sagen hörte. Und sie litt noch weit mehr daran, mich in dieser Situation zu wissen. Sie haspelte nach Worten, legte ihre herrlich kühlen Hände an meine Wangen, kämpfte um eine Eingebung. Um etwas tröstliches, was sie mir sagen konnte.

Aber was war in der Lage, mich zu trösten? Mir meinen Schmerz zu nehmen? Ich meine, auf ewig isoliert in der ADAMAS zu bleiben, alles und jeden gefährdend, der es wagte, mir nahe zu kommen, was würde das für ein Leben sein? Und die Dai, die hier und jetzt meine destruktive Kraft im Griff zu halten versuchten, wie lange durften und konnten sie bei mir bleiben, bevor meine unheilvolle Fähigkeit auch ihr KI stahl und in zerstörerische Kraft umsetzte?

"Wir sind gleich bei einem Sauerstoffdistributor, Akira. Er bringt uns durch das Hologramm in der Decke, zu einer speziellen Andockbucht, an der die ADAMAS angelegt hat. Dafür müssen wir innen das Gestänge durchqueren. Es ist der schnellste und sicherste Weg, um dich von Bord zu bringen. Wir..." Sphinx verstummte erneut, verlor die Fassung und brauchte bange Sekunden, um ihre Stimme wieder zu finden.

"Vorsicht! Vernachlässige deine Kraft nicht!", warnte Okame.

Sphinx nickte verstehend, konzentrierte sich wieder mehr darauf, meine Kräfte zu binden. Und dabei war ich mir sicher, dass ich, hätte ich das gewollt, alle drei beiseite hätte wischen können.

"Ihr werdet mich nicht begleiten", stellte ich fest. "Denn ihr habt keine Ahnung, wann ich euer KI anzapfe, und wie stark ich es frei gebe."

"Ja", gestand sie tonlos. "Wir werden das ausprobieren. Nach und nach. Unsere Grenzen, deine Grenzen. Aber hier und heute, für deinen Schutz, müssen wir dich alleine auf die ADAMAS schicken."

Sie bat nicht um Verständnis, sie bat nicht um Vergebung. Sie bat nicht einmal um ein wenig Mitleid. Sie sagte einfach wie die Dinge waren, und sie sah den Konsequenzen direkt ins Auge. Sie tat einfach, was sie musste. Eine Einstellung, die gerade der Held der beiden Marsfeldzüge nachvollziehen können sollte, ging es mir ironisch durch den Kopf.

"Meine Freunde?"

Sphinx versuchte sich erneut an einem Lächeln, und diesmal gelang es. "Niemand verbietet dir, mit ihnen in Verbindung zu bleiben. Wir richten eine Standleitung ein, abhörsicher, nur für dich und das Haus. Du wirst sie alle immer um dich haben, nur nicht bei dir."

In voller Konsequenz bedeutete dies vor allem eines: Ich durfte nie wieder mit Megumi zusammen sein, sie nie wieder berühren, mich nie wieder von ihr berühren lassen. Alles was wir waren, was uns gemeinsam ausmachte war nun auf Bildschirme oder Hologramme beschränkt. Diese Erkenntnis fühlte sich an wie ein massiver Schlag in die Magengrube. Und das war es auch, ein unerlaubte Tiefschlag, der mir den Atem raubte und mir die Kraft zu nehmen drohte.

Aber hatte ich das Recht zu hadern? Hatte ich das Recht, diese Kraft, dieses Geschenk abzulehnen? In den letzten Wochen und Monaten war eines immer deutlich geworden: Mit den Anelph, mit den Naguad, mit dem Kaiserreich oder gar dem Core wären wir militärisch immer irgendwie fertig geworden, hätten es irgendwie reißen können. Aber gegen die Götter sahen wir keine Sonne. Selbst unser mächtigstes Schiff, die AURORA, hatte nur mit Mühe und Not über einen einzigen Strafer gewonnen. Im heimatlichen Sonnensystem jedoch tummelten sich derzeit mehrere Strafer. Über Iotar hatte ein weit größeres Sternenreich als wir es waren und je sein würden Dutzende Flotten zusammen gezogen und gegen angreifende Strafer geführt. Am Ende der Kämpfe hatten die Strafer ihr Ziel erreicht. Vom Gegner war nichts übrig geblieben, außer ein paar treibenden Wracks. Und selbst diese geballte Macht hatte nicht mehr als ein halbes Dutzend gegnerische Schiffe abwehren können. Wenn mir also mit dieser Kraft die Macht gegeben wurde, die Götter zu besiegen und die Bedrohung abzuwehren, vielleicht für immer zu vernichten, wer war ich, dass ich dieses Geschenk ablehnte, mit mir haderte? Vielleicht, wenn ich lang genug lebte, würde es eines Tages eine Möglichkeit für mich geben, dieses unheilvolle KI-saugen und KI unkontrolliert abgeben abzustellen. Vielleicht würde ich nicht immer so isoliert sein. Nur wer lebte, durfte hoffen. Letztendlich war es ein Schicksal, nämlich meines, das ich in die Waagschale war, deren andere Schale mit sechs Milliarden Menschen gut gefüllt war. Nein, ich durfte nicht gegen diese Entwicklung sein. Stattdessen musste ich hoffen, schnell genug Kraft genug zu haben, um alleine einen Strafer besiegen zu können. Vielleicht mehrere. Eventuell alle. Das war meine Bürde. Das war mein Auftrag. Das war verdammt noch mal mein Job. Und diese Erkenntnis tat verdammt weh, die Gewissheit so viel zu verlieren. Aber trotzdem, Schmerzen bedeuteten immer, dass man noch lebte.

"Okay, bringt mich auf die ADAMAS. Versuchen wir aus diesem Dilemma etwas raus zu holen. Zum Beispiel eine erstklassige Waffe gegen die Götter", sagte ich ernst, gefangen, wieder selbstsicher.

Ich hob meinen Zeigefinger drohend. "Aber das enthebt euch Dai nicht davon, nach einer Möglichkeit zu suchen, um mir aus dieser Scheiße wieder raus zu helfen."

"Aber Akira, Scheiße sagt man nicht. Das ist so ein hartes Wort für so eine weiche Masse", scherzte Sphinx.

Wider erwarten kam der derbe Scherz bei mir gut an. Ich prustete, unterdrückte einen Lacher. Und ich fühlte mich gleich viel besser. Noch war nichts zu spät, nichts am Ende. Mein Tod war nicht beschlossen, und es war auch noch nicht in Stein gemeißelt, dass ich den Rest meines Lebens alleine auf der ADAMAS verbringen musste. Im Gegenteil, solange ich lebte, lebte auch die Hoffnung. Und wenn ich wirklich eine derart effiziente Waffe war, dann würden die Götter den Tag verwünschen, an dem sie wieder aus ihrer Deckung gekommen waren.

Hauptsache, ein Reyan Maxus war genug für diese Aufgabe. Nur weil dieser eine Akira Otomo hieß, bedeutete dies nicht automatisch meinen Sieg. Denn neben den Göttern hatten wir auch noch genug mit hausgemachten Gegnern zu tun. Zum Beispiel dem Haus Logodoboro. Oder den Sympathisanten des Kaisers der Iovar. Den Resten des Legats. Und, und, und. Wahrlich, ein Reyan Maxus reichte da kaum, konnte gar nicht überall sein.

Als sich dieser Gedanke in mir festgesetzt hatte, war es wie ein Schock. Die Gewissheit, dass ich diesmal wieder meinen verdammten Abschluss nicht machen konnte, wurde davon vollkommen verdrängt. Meine neue Erkenntnis war um vieles schrecklicher, grausamer, endgültiger. Ich wurde panisch. Und Menschen, die in Panik gerieten und die Kraft eines Reyan Maxus ihr eigen nannten, waren eine schlechte Überraschung, selbst für drei Dai.

Als sich die Liege und der Boden des Hubschraubers unter mir aufgelöst hatte und ich ungebändigt und ungebremst gen Erdboden fiel, die verdutzten Blicke der drei Dai auf mich gerichtet, unter mir der nahe Wald, da wusste ich längst, was ich jetzt tun musste. Und das sehr schnell, bevor meine Handlungen einem oder mehreren Menschen das Leben kostete. Ich drehte mich in der Luft, bekam die Füße nach unten. Ich sammelte mein KI in ihnen, um gleich bei der Landung einen Sprung auszulösen, der mich ein, zweihundert Meter näher an Fushida City bringen würde. Vielleicht würde ich für mein Ziel gegen meine eigenen Freunde kämpfen müssen.

Das musste ich in Kauf nehmen. Das Ziel war zu groß, zu wichtig. Ich hatte tiefe, unendlich tiefe Angst um meine Schwester.
 

3.

Als Haru Mizuhara vor einem halben Jahr auf die Fushida Oberstufe gewechselt war, hatte sie sich fest vorgenommen, einerseits ihrem Bruder als Schülersprecher nachzufolgen, und andererseits dieses überzogene, heldenhaft verklärende Bild von diesem reichen Bengel, Akira Otomo, wieder gerade zu rücken. Relativ schnell hatte sie eine Gruppe Gleichgesinnter gefunden, Angehörige von toten Schülern meist, die bei Otomos Feldzug auf dem Mars gestorben waren, während er hatte weiterleben dürfen. Aber es waren auch Menschen darunter, die es einfach nicht richtig fanden, das Otomo so viele Taten zugeschrieben wurden, obwohl nicht einmal er, der Übermensch, so viel würde leisten können. Und einige, die aus Kuriosität dabei waren.

Aber Haru war nicht so einseitig zu glauben, dass die oberflächliche Propaganda dieser Gruppe ausreichen würde, um den verwöhnten Bengel von seinem Übergott-Thron zu stoßen. Also hatte sie sich, auf ihre beiden Brüder berufend, die in der UEMF dienten, am Vorbereitungsprogramm für die Mechas beworben und war angenommen worden.

Zu ihrer größten Überraschung hatte das Training nicht, wie sie befürchtet hatte, regelmäßige Lobpreisungen des Überhelden Akira Otomo beinhaltet. Die Lehrer, die sie auf Sparrow, Hawk und Eagle ausbildeten, waren sachlich, korrekt und hielten sich beim Thema Meinungsvorbildung vollkommen zurück.

Haru hatte ein Talent für Mechas, vor allem für den Eagle, den großen, klobigen Artillerie-Mecha, weshalb ihre Lehrer sie für den Phoenix empfahlen - was gleichbedeutend war mit einer Empfehlung zum Offiziersanwärter. Nun umfassten die Schulungen, sorgfältig abgestimmt um ihr zu ihrer Last als stellvertretenden Schulsprecherin nicht allzu viel Mehrarbeit aufzunötigen, auch Taktik-Schulungen für Gruppen und Kompanien. Dabei wurden Aufnahmen eingesetzt, die während der Marsfeldzüge gemacht worden waren. Sie und eine kleine Handvoll weiterer Schüler analysierten Fähigkeiten und Taktik der Gegner, diskutierten die Taktik der UEMF und sprachen über Verbesserungen. Zu ihrer größten Überraschung waren die UEMF-Taktiken weder perfekt noch wasserdicht, und manchmal bedeutete die Eigeninitiative eines einzelnen Piloten die Rettung einer ganzen Kompanie. Aber die Lehrer machten ihr auch klar, dass die UEMF viele Kampfarten auf dem Mars zum ersten Mal kennen gelernt hatte, zum ersten Mal ausgeführt hatte. Der reine Bodenkampf zum Beispiel, der in der Kaverne unter dem Nyx Olympos einzig möglich gewesen war, hatte viele adhoc-Probleme hervor gebracht, auf die sie sich schnell hatten einstellen müssen. Und sie hatten es getan, wenngleich auch unter schweren Verlusten.

Aber es war etwas anderes, was sie dabei wirklich faszinierte. Eine Handvoll Mecha-Piloten tat sich hervor, wo immer sie auch in den Kampf eingriffen. Leisteten mehr als die anderen, retteten aussichtslose Situationen, schlugen sich mit den schwersten Gegnern.

Ein einzelner Eagle hatte es ihr besonders angetan, der mit der schlafwandlerischen Sicherheit eines Scharfschützen alle anderen in seinen Schatten stellte. Wie sich für sie später heraus stellte, war General Ino der Pilot gewesen, und der jetzige Colonel Futabe sein Bordschütze. Das verwunderte sie schon ein wenig, weil es nicht in ihr Weltbild passen wollte. Vor allem wunderte sie sich darüber, dass die Ausbilder nicht speziell auf ihre Elite-Soldaten hingewiesen hatten. Aber Haru erkannte sehr schnell, dass das vollkommen unnötig war. Ihre Taten, die Aufnahmen, sprachen für sich selbst, sprachen für Yoshi Futabe und Makoto Ino.

***

Als Haru erwachte, schloss sie sofort wieder geblendet die Augen. Sie stöhnte leise und legte eine Hand vor ihr Gesicht. Wortfetzen drangen an ihr Ohr, die auf einen handfesten Streit schließen ließen.

Sie versuchte es erneut, deckte ihre Augen mit dem Schatten ihrer Hand ab, und konnte sogar etwas erkennen. Langsam schälten sich Konturen hervor, und sie erkannte den blauen Himmel über sich. Was war passiert? Wo war sie? Das letzte woran sie sich erinnern konnte, war der Absturz auf Atlantis. Das, und den bevor stehenden Absturz des Götterschiffs auf ihre Position, die sie und Philip hätte auslöschen müssen. Warum lebte sie noch?

"Wir können sie nicht weiter vordringen lassen!", rief eine zornige Männerstimme. "Kuzo, das ist nicht dein Ernst! Sie sind in unserer Hand, am Boden gestrandet! Geben wir ihnen den Gnadenstoß, bevor Schlimmeres geschieht! Zum Beispiel, das sie ihr Schiff reparieren und wieder starten, um die Erde dann aus dem Weltraum heraus zu vernichten!"

Eine sonore Frauen-Altstimme antwortete ihm. "Einverstanden, Tora. Du kommandierst die Umschließung und wehrst alle Ausbruchversuche ab. Wenn du es schaffst, dann führe Kommandos ins Innere und versuche so viel wie möglich zu beschädigen. Wenn es möglich ist, vernichte das Schiff. Gehe aber sicher, dass du nicht auch zugleich den ganzen Planeten vernichtest. Es gibt einen Grund dafür, warum das Götterschiff selbst notgelandet eine Bedrohung für uns ist."

Haru richtete sich auf, blinzelte, und erkannte endlich, wo sie war. Sie lag auf einem goldenen Boden, der seltsam warm war, sich beinahe bequem an sie anschmiegte. Sand? Nein, dazu war der Grund zu fest. Sie sah in Richtung der Stimmen, und erkannte einen großen blondhaarigen Mann, der mit einer schwarzhaarigen Frau diskutierte. Tora und Kuzo? Dann waren sie Dämonen. Das Ziel ihrer Erkundungsmission. Genau die Wesen, von deren Bedrohung oder deren Lauterkeit sie sich hatte selbst überzeugen wollen.

"Wo...?", brachte sie mühsam hervor.

Sie spürte, wie jemand sie im Rücken ergriff und stützte. "Trink erstmal etwas, Haru-chan. Es wird dir gut tun."

Dankbar griff sie nach der Flasche und nahm einen tiefen Schluck von dem herrlichen, köstlichen, einfachen Wasser. Als sie husten musste, wurde ihr die Flasche wieder weg genommen.

Sie hustete erneut und sah ihren Gönner an. "Takei-sensei."

Eine Mischung aus Respekt, Ärger und Erleichterung huschte über die Miene des Mannes. "Von Rechts wegen müsstest du eigentlich tot sein, Haru Mizuhara. Sei froh, dass Dai-Kuzo-sama dich und Philip für rettenswert befunden hat."

Fragend weiteten sich ihre Augen. Die Erinnerung an die letzten Sekunden, an die Druckwelle des herab stürzenden Götterschiffs, an Philips letzte Worte, all das brach über sie herein. Und dann war da diese Stimme gewesen...

"Ich bin kein Anfänger, Kuzo. Wir werden uns genau ansehen, was wir vernichten. Wir wollen den Göttern schließlich schlussendlich nicht die Arbeit abnehmen."

"Dann ist es beschlossen. Stelle dein Kommando zusammen. Die Wolfsdämonen, die das Schiff zuerst erreicht haben, sprechen bereits von ersten Kämpfen, also bereite dich entsprechend vor."

Haru schreckte zusammen. Ja, das war die Stimme, die sie kurz vor dem Ende, vor ihrem Ende gehört hatte.

"Und jetzt gehe, Dai-Tora. Einer meiner Gäste ist erwacht."

Die beiden trennten sich, und die große Frau trat zu Haru und Takei heran. "So, so. Du bist also die kleine Schwester von Takashi?" Sie schmunzelte, als sie die junge Frau im Druckanzug eingehend musterte. "Absolut kein Vergleich mit ihm. Allerdings stehst du ihm bei den Fähigkeiten, einen Mecha zu führen, nicht besonders nach. Du hast großes Talent, junge Mizuhara. Wir werden eine Verwendung dafür finden." Sie sah zu Takei herüber. "Wie geht es dem anderen, Thomas?"

"Philip King ist noch nicht bei Bewusstsein, aber es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Soll ich ihn wecken?"

"Solange Toras Offensive läuft, wird es für ihn nichts zu tun geben", erwiderte Kuzo. "Auch für dich nicht, junge Mizuhara, vor allem solange du keinen Mecha führst."

"Sie ist nicht vollkommen wehrlos. Sie beherrscht ihr KI bereits recht gut", wandte Takei ein.

"Mag sein, mein alter Freund. Mag sein. Aber kann sie es mit einem Dai aufnehmen? Wenn nein, dann ist ihr Leben da draußen verschwendet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du dir das für deine Schülerin wünschst, nachdem sie gerade erst einer anderen lebensbedrohlichen Situation entkommen ist. Dank meiner bescheidenen Hilfe, wohlgemerkt."

"Wofür ich dir dankbar bin, Dai-Kuzo-sama. Wir werden ihre Fähigkeiten und die ihrer Freunde noch bitter brauchen. Sie haben erfolgreich gegen die Mechas der Götter gekämpft."

Dai-Kuzo wandte sich ab. "Und wir müssen damit rechnen, dass das nicht die einzige Überraschung war, welche die Götter für uns vorbereitet haben. Im Gegenteil, ich rechne damit, dass uns das Schlachtschiff umso mehr Sorgen macht, je weiter die Reparatur voran schreitet. Dann nützt uns auch unser kleiner Spion an Bord nicht mehr allzu viel."

Ein großer blonder Mann trat zu der Dämonenkönigin. Er hätte hübsch sein können, wäre sein Gesicht nicht so furchtbar ernst gewesen. "Tora-sama hat seine Offensive begonnen. Er stieß sofort auf stärkeren Widerstand als die Wolfsdämonen berichtet haben. Ich kann mir nicht helfen, aber für mich sieht das aus wie eine Hinhaltetaktik."

"Und damit hast du natürlich Recht, Kuma. Koordiniere unsere Angriffe mit der UEMF und der chinesischen Marine. Gib Eikichi Bescheid, dass er weitere Antischiffsraketen bereit halten soll."

"Aber Dai-Kuzo-sama, Atombomben auf Atlantis?"

"Gegen diese Bedrohung müssen wir alle Opfer bringen. Auch wenn dies bedeutet, dass große Teile von Atlantis verwüstet oder verseucht werden. Schlussendlich sind wir die wahren Gegner der Götter, und wir sollten keinen geringeren Preis bezahlen als die Chinesen. Oder die UEMF. Oder die Naguad."

Dai-Kuma-sama räusperte sich verlegen, so als würde er sich an eine peinliche Wahrheit erinnert fühlen. "Ich hoffe, das wird nicht nötig sein."

"Das hoffen wir alle. Ach, und bei der Gelegenheit besorge doch bitte einen neuen Eagle für Haru-chan. Sie hat bereits bewiesen, wie verdammt gut sie ist. Und das wir trotz ihres Misstrauens den Dai gegenüber diesmal auf der gleichen Seite steht wie wir." Sie lächelte die Schülerin freundlich an. "Können wir uns darauf einigen? Für den Moment, junge Mizuhara?"

Haru fühlte sich überrumpelt und überfahren. Woher hatte sie...? Wie hatte sie...? Warum hatte sie...? "Ja", krächzte sie mit rauer Stimme.

"Na, das ist doch mal eine gute Nachricht." Dai-Kuzo-sama beugte sich vor und ergriff ihr Kinn. Ihr Lächeln bekam einen herzlichen, süßen Ton, der Haru einen wohligen Schauder über die Haut sandte. Als sich dann die Lippen der Dai auf die ihren senkten, kam zum Schauder noch ein Stromschlag hinzu, der sie von innen nach außen drehte.

Dai-Kuzo-sama richtete sich mit einem zufriedenen Lächeln wieder auf. "Interessant, Haru-chan. Interessant. Du hast großes Potential, auf vielen Gebieten. Wenngleich du ein klein wenig dazu neigst, offensichtliches zu übersehen." Sie sah Takei an. "Thomas, der OLYMP schickt deine Division herüber. Du wirst sie in etwa einer halben Stunde übernehmen können. Dein Stab kann sich hier auf der AO einrichten. Deine Kids müssen dann auch wieder fit sein."

Takei nickte ernst. "Geht klar, Dai-Kuzo-sama. So leicht lassen wir uns von den Göttern bestimmt nicht unterkriegen."

"Etwas anderes habe ich auch nicht von dir erwartet. Nicht von dir." Die Dai lächelte zufrieden und wandte sich ab.

John Takei lächelte ihr hinterher, bis sie an einer Brüstung stand. "Meinst du, du kannst wieder stehen, Haru?"

"Ich weiß nicht", ächzte sie. "Was war das? Es fühlte sich gut an, aber auch so... Aufwühlend. Also, ein normaler Kuss war das nicht." Sie errötete. "Nicht, das ich gerne Frauen küsse."

"Keine Sorge, das war nur Dai-Kuzo-samas Spezialität. Ein KI-Scan, um dein Potential auszuloten. Das macht sie nicht sehr oft. Ich möchte es nicht beschreien, aber nach Akira Otomo und eventuell nach Megumi Uno dürftest du die erste sein, die Dai-Kuzo-sama so sehr interessiert. Los, probieren wir es." Takei richtete sich auf und zog Haru dabei auf die Füße.

Während sich die Perspektive der Japanerin veränderte, veränderte sich auch ihre Sicht der Welt. Sie glaubte, schwindlig werden zu müssen, als sie erkannte, dass sie nie und nimmer auch nur in der Nähe von festem Boden war. Sie stand auf einer Plattform, die ein paar hundert Meter in der Luft schwebte. "Wo sind wir hier?"

Takei schmunzelte. "Dies ist die AO, Dai-Kuzo-samas Kriegsschiff. Nicht unbedingt ein Kommandoschiff wie die ADAMAS, aber immer noch ein Gegner, der es mit der HINDENBURG aufnehmen könnte. Die Dai setzen es nie ein. Das sie es heute tun, sollte genug darüber sagen, für wie gefährlich sie die Situation halten."

Zweifelnd sah sie Takei an. "Du meinst, unter dieser Plattform ist noch..."

"Ein ganzes verdammtes Schiff von der Größe eines Zerstörers, genau."

"Wow!", hauchte sie. Verdammt, da hatte sie ihr Abenteuer. Und vielleicht den ersten Hinweis auf ihre Frage, die Götter betreffend.

***

"Es könnte schlimmer sein", murmelte Kevoran, während die aktuellen Reparaturdaten über sein Terminal liefen. Als die RASHZANZ aus ihrem Tiefseeversteck gestartet war, hatte sie längst nicht volle Stärke erreicht gehabt. Ein paar Atombomben und Torpedos später waren die Schäden in den Außenbereichen größer, aber die internen Schäden, auf die es ankam, hatten abgenommen. Trotz der Erschütterungen, trotz der Sekundärexplosionen im Schiff. Wenn sein Schiff jetzt noch in der Lage gewesen wäre zu fliegen, wäre es selbst für diese überkandidelte Raumstation namens OLYMP ein ernsthafter Gegner gewesen. Aber man konnte nicht alles haben, und wenn doch, dann meist nicht zur gleichen Zeit.

Dennoch, es lief alles nach Plan. Zumindest nach Ausweichplan drei, den er mittlerweile gezwungen war zu benutzen. Die Aktivierung der Garnison war für diesen Fall nicht vorgesehen gewesen, war nur eine Zwischenlösung. Sie hatte nur in zwei möglichen Fällen aktiviert werden sollen: Entweder bei der totalen Zerstörung Lemurs, um die Waffenkameraden zu retten, oder beim Versuch, Atlantis zu erobern, also von außen und von innen. Jetzt aber sollten die Kämpfer vor allem eines tun, nämlich der RASHZANZ Zeit für Reparaturen erkaufen und den Weg in den Himmel frei kämpfen. Plan drei halt. Kevoran und sein Stab hatten ihn vor der Hibernation entwickelt, aber nicht einmal seine übervorsichtige Erste Offizierin hatte jemals daran gedacht, dass es so weit kommen würde. Vielleicht hätten sie doch die ganze verdammte Welt vernichten sollen, solange sie sich noch auf dem Grunde des Tiefseegrabens befunden hatten. Vielleicht wäre das die richtige Entscheidung gewesen, um diese endlose Schlacht zwischen Dai und Göttern zu entscheiden. Aber warum hatten sie dann diese unendlich lange Zeit da unten gelegen und geschlafen? Nein, das war nicht der Weg der Götter und würde es auch nie sein. Nicht solange es Leben in seinen Adern gab.

"Key!"

Die junge Frau wandte sich dem Kapitän zu. Bisher hatte sie Vritrives Acouterasal interessiert über die Schulter geschaut, aber sie folgte dem Ruf sofort. "Skipper?"

"Die Situation hat sich geändert. In mehr als einer Beziehung. Wo befinden sich die Pforten, die aus der Daimon heraus führen?"

"Es gibt zwei permanente Pforten, die zum Trabanten führen, drei die zum Mars führen... Verzeihung, zum vierten Planeten. Und es gibt achtzehn Orte im hohen Orbit, an denen Schiffe durch temporär erschaffene Portale ein- und ausfliegen können. Wir schalten sie immer nur für kurze Zeit, um Strafern der Götter keine Chance zu lassen, einzufliegen."

"Aber die Tore zum Trabanten und nach Ares... Zum Mars sind permanent offen?"

"Sie sind permanent offen, werden jedoch bewacht."

"Eine interessante Möglichkeit. Tarco Pahel!"

"Kapitän!" "Nimm dir den Key, lass dich in die Garnison bringen und sprich mit dem Ranghöchsten Überlebenden der Kryostase. Da wir selbst kaum Verluste hatten, wird das wohl Andeema Turak sein. Sie soll ein Schleicher-Team zusammen stellen, noch bevor die Garnison in den Kampf eingreift oder sich gar bemerkbar macht. Dieses Team soll nach Ares gehen und auf dieser Welt nach den eingelagerten Kommandoschiffen der Dai suchen. Wenn sie sie finden, müssen die Schiffe zerstört werden. Und zwar bevor die Dai sie aktivieren oder sogar einer dieser vermaledeiten Oren Maxus eines aktiviert. Und wir..." Kevoran zögerte. "Das ist alles, Tarco Pahel."

"Verstanden, Kapitän." Der bullige Gott blaffte einen Befehl an seinen Stellvertreter, dann reichte er Helen Arogad die Hand. "Einmal in die Garnison, bitte."

"Wir haben ein Wort dafür auf der Erde. Wir nennen Personentransportdienstleister Taxi."

"Taxi? Dann einmal in die Garnison, Taxi."

Sie berührte seine Hand mit einem dünnen Lächeln, dann waren beide verschwunden.

Der Kapitän starrte einen Moment auf die Stelle, an der die beiden gerade noch gestanden hatten, bevor der Key über die Ley-Linien von Atlantis fort gereist war. "Freunde dich nicht mit ihr an, Tarco. Selbst als Key ist sie unser ärgster Feind", murmelte er. Anschließend verschaffte er sich einen Überblick über die Lage seines abgestürzten, beschädigten und den Angriffen der feindlichen Mechas ausgesetzten Schiffs. Nun, es konnte schlimmer sein, aber sicher nicht sehr viel.

***

"SANSSOUCI, Identität bestätigt. Einflugkorridor bestätigt. Anflug auf Laccus frei gegeben." Der Lotse, der dem Skipper nervös vom Hauptbildschirm zulächelte, schien irgendwie erleichtert. "Im Moment haben wir keine Feindschiffe auf Ihrem Kurs. Aber die Raider sind schnell, und Sie sind nur alleine. Also, achten Sie auf sich, SANSSOUCI. Es wäre ein großer moralischer Verlust, wenn ausgerechnet ein terranisches Schiff versenkt wird."

"Wir geben uns Mühe", versprach Commander Saleed. "Die Systemverteidigung wurde auch nach Laccus transferiert?"

"Die Admiräle hatten die Wahl, die Regionaladmiralität zu evakuieren oder zu halten. Da Laccus auch kommerziell genutzt wird, blieb da nicht wirklich viel Spielraum. Die Systemverteidigung liegt bei Admiral Arogad an Bord der AROGAD. Diese hält gerade einen Orbit um Laccus."

"Ich habe gehört, sie wurde beim offensichtlichen Verrat der desertierten Logodoboro schwer beschädigt. Wie ist ihr Gefechtsstand?"

"Ich bin nicht befugt, Ihnen näheres darüber zu sagen. Aber Admiral Arogad wird Sie sicherlich unterweisen, Commander Saleed."

"Eventuell wird er auch mich unterweisen", meldete sich Jano Avergan Ryon zu Wort und erhob sich von seinem Notsitz.

Die Augen des Anelph wurden groß, dann noch ein wenig größer, und schließlich sackte ihm ganz langsam die Kinnlade herab. "Sie... Admiral, Sie... Hey, Leute, der Alte ist wieder da!"

Aufgeregtes Geraune kam über die Funkleitung herüber. Für einige Minuten verschwand der Kommunikationsspezialist vom Bildschirm, nur um durch einen Offizier mit seltsam Plastikhaftem Gesicht ersetzt zu werden. "Dreisternträgerin Amada hier. Willkommen zurück in Kanto-System, Admiral Ryon. Admiral Achander wurde bereits informiert, ebenso Admiral Arogad. Es wird für alle verbündeten Einheiten eine Erleichterung sein, wenn sie hören, dass das Bollwerk von Zantu unter uns ist."

"Bollwerk von Zantu?", fragte Eskender interessiert.

"Einer meiner Spitznamen, die mir früher Kritik auf Lorania eingebracht haben. Sie wissen schon, bevor wir von Unterdrückten zu Verbündeten aufstiegen."

"Ich verstehe. Glaube ich. Der Otomo-Effekt?"

"Ich glaube, das beschreibt es ganz vortrefflich", schmunzelte der alte Admiral.

"Skipper, Anruf von der AROGAD. Admiral zu Admiral", meldete der Funk.

"Durchschalten. Sir, Sie sind anscheinend beliebt."

"Das ist immerhin besser als vorher. Da war ich nur gesucht und berüchtigt."

Der Hauptbildschirm teilte sich. Auf der noch leeren Hälfte erschien ein Mann in Arogad-Hausuniform. Der über die rechte Schulter reichende Banner wies ihn als Admiral aus.

"Rogan Arogad hier. Jano Avergan Ryon, es ist mir eine Ehre, Sie kennen zu lernen. Ich habe damit gerechnet, das Sie eines Tages die alte Heimat besuchen werden, seit ich Aris begegnet bin. Das Sie allerdings in dieser schwierigen Situation zu uns stoßen, werte ich als Glücksfall."

Jano Avergan Ryon schmunzelte. "Es ist mir ebenfalls eine Ehre, Sie kennen lernen zu dürfen, Rogan Arogad. Ihr Ruf eilt Ihnen voraus."

"Ich glaube kaum, das ich mit dem Bollwerk von Zantu mithalten kann, Admiral", sagte der andere bescheiden.

"Meine großen Taten liegen bereits hinter mir. Sie aber haben das Leben noch vor sich." Ryon räusperte sich. "Ich bin auf direkten Befehl der Systemkommandantin Eridia Arogad hier her gekommen."

"Sie sollen den Laden hier übernehmen?", argwöhnte der Arogad. "Ich als Haus-Offizier habe damit keine Schwierigkeiten, vor allem nicht bei Ihrer Reputation, Admiral Ryon. Aber man wird sehen müssen, was Admiral Achander dazu sagt."

"Admiral Achander", meldete sich auf der anderen Hälfte des Bildschirms der Anelph zu Wort, "würde sich im höchsten Maße geehrt fühlen, unter dem Bollwerk von Zantu zu dienen."

"Ich habe keine Befehle, hier das Kommando zu übernehmen. Meine Anwesenheit ist lediglich unterstützender, beratender Natur. Wortwörtlich befahl mir Meisterin Arogad, alles mir mögliche zu tun, um das Kanto-System zu halten und seine Bewohner zu beschützen."

Neon Zut Achander wechselten einen schnellen Blick mit Rogan Arogad. "Admiral Ryon, ich denke, Sie dienen diesem Befehl am besten, wenn Sie Verantwortung übernehmen. Können Sie sich vorstellen, welchen Motivationsschub es für Anelph, Naguad, Terraner und Core-Daima bedeuten, würde, wenn das Bollwerk von Zantu, beziehungsweise der Koordinator des Exodus das Kommando über die Verteidigung übernimmt? Können Sie sich vorstellen, wie die Wirkung auf die Logodoboro sein wird?"

"Nanu? Seit wann geben Sie freiwillig Ihr Kommando auf, Neon?"

"Wer spricht hier von Kommando aufgeben? Sie übernehmen einfach das Oberkommando über alle Alliierte im Kanto-System, Jano."

"Also, langsam will ich die Geschichte mit Zantu wirklich hören", flüsterte Saleed dem Naguad zu.

"Wir diskutieren darüber, wenn wir uns gegenüberstehen, Neon", wich Ryon aus. "Admiral Arogad, werden Sie uns die Ehre Ihrer Anwesenheit in der Regionaladmiralität geben?"

"Selbstverständlich, Admiral. Ich stelle Ihnen Begleitschutz. Es gab bisher zwar noch keine Übergriffe der Logodoboro und der Raider, aber sobald sie erfahren, dass das Bollwerk von Zantu an Bord der SANSSOUCI ist, werden sie alles tun, damit er uns nicht erreicht."

"Danke, aber das wird nicht nötig sein. Wir werden in etwa achtzehn Minuten auf die Höhe von Laccus springen", sagte Ryon sachlich.

"Auf die Höhe von... Aber niemand springt innerhalb eines Systems!", rief Avergan erstaunt.

"Die Terraner sind extrem findig und gehen gerne neue Wege. Sie kennen einen Weg, um auch innerhalb eines Systems zu springen", stellte Ryon fest. "Ich treffe dann in spätestens zwei Stunden mit ihnen allen zusammen. Ryon Ende."

"Der Otomo-Effekt, was?", fragte Rogan Arogad amüsiert. "Es war nicht anders zu erwarten. Also in zwei Stunden. Arogad Ende."

"Man sollte meinen, ein Mann meines Alters und meiner Erfahrung wäre vor Überraschungen jeder Art gefeit. Aber seit Aris Arogad hier durch gezogen ist, lerne ich beinahe jeden Tag etwas Neues kennen. Avergan Ende."
 

Als der Hauptbildschirm wieder zu einer statischen Ansicht des Kanto-Systems wechselte, sagte der Skipper der SANSSOUCI: "Sie schulden mir eine Erklärung, Bollwerk von Zantu."

Der Anelph lächelte dünn. "Stellen Sie sich einen Leichten Kreuzer vor, der unter schwerem Feindfeuer auf einer rebellischen Welt landet, sich dort auf einem Raumhafen festkrallt und fast neun Stunden alles abwehrt, was ihn angreift, während zeitgleich zwei Divisionen Bodentruppen ihr Material vernichten, um mit ihrem blanken Leben an Bord des Kreuzers zu kommen. Stellen Sie sich vor, wie sich dieser Leichte Kreuzer anschließend durch die massierten Raumverbände kämpft, und trotz schwerster Schäden ins nächste sichere System springt. Stellen Sie sich vor, diese Aktion hätte achttausend Naguad das Leben gerettet. Dann haben Sie ungefähr eine Ahnung vom Bollwerk von Zantu."

Eskender Saleed runzelte die Stirn. "Klingt irgendwie stark nach etwas, was Akira Otomo tun würde."

Ryon lachte. "Das ist wahr. Und das ist ein Kompliment."

"In der Tat." Der Iraner grinste breit. "Sprung vorbereiten. Sprungcountdown starten. Alarm für unsere Dai, sie sollen sich darauf vorbereiten, den Antrieb zu beschicken."

Ein Vielzahl an Bestätigungen antworteten dem Commander, während in den Eingeweiden zwei Dämonen, ein Wolfsdämon und ein Bärendämon, ihre Kabinen verließen, um ihren Teil zur Sicherheit der SANSSOUCI zu leisten.
 

4.

An Bord der AURORA, im großen Innenraum, beobachtete ich leicht irritiert, wie sich die Naturgesetze für mich auf den Kopf stellten. Normalerweise fiel die kleinere Masse auf die größere Masse zu, um es mal simpel und nicht vollkommen korrekt auszudrücken. Im Moment aber kam mir gegen dieses Gesetz die ganze Bodensohle in voller Fahrt entgegen.

Eine tolle Idee, wirklich eine tolle Idee! Was war nur mit der guten alten Methode, einfach zu fragen? Nach einem Handy, einer Funkverbindung? Was war mit dem höflichen Weg? Warum hatte ich brachial aus dem Sauerstoffdistributor ausbrechen müssen, um einen knappen Kilometer gen Erdboden zu fallen, und alle anderen über meine Absichten im Unklaren zu lassen? Im Moment war ich nicht mehr als ein Monster, das alles vernichtete, was in seinem Umkreis passierte. Und das umso zerstörerischer wurde, je mehr KI es zu fassen bekam. Hatte ich irgendeinen Versuch unternommen zu verhindern, dass die Dais und Meister Futabe mich nicht für vollkommen verrückt halten mussten? Nein, eher nicht. Ich konnte es ihnen nicht verdenken, wenn sie mir nachsetzten. Wenn sie Gewalt gegen mich einsetzten. ICH hätte in dieser Situation zur Gewalt gegriffen, bis mein Zielobjekt zur Ruhe gekommen wäre.

Was mich zu meinem jetzigen Problem brachte. Ja, da huschte bereits Tyges durch das Loch hindurch, das ich gerissen hatte. Dann waren Sphinx und Okame schon auf dem Weg. Im besten Fall warteten sie da unten auf mich. Okay, ich war ihnen einmal entkommen, aber in dem Moment hatten sie mir helfen wollen, nicht versucht mich zu stoppen. Nun waren die Karten anders gemischt, und mein dummer kleiner Vorstoß würde beendet sein, bevor er begann.

Andererseits hatte ich einen triftigen Grund für mein leicht irrationales Verhalten, und das war der einzige Mensch, der meine Genetik teilte - meine Schwester Yohko. Wenn ich zum Reyan Maxus wurde, wie hoch war dann die Chance, das sie auch einer werden würde? Auch ein alles um sie herum vernichtendes Monstrum? Vielleicht war es noch nicht zu spät. Vielleicht konnte ich diese Entwicklung noch verhindern. Immerhin hatte sie ihre KI-Fähigkeiten erst spät entdeckt, damals als die AURORA auf der Erde Zwischenstation gemacht hatte. Kurz bevor sie aufgebrochen war um mich zu suchen. Und da bestand immer noch die Gefahr, das sie es als erstrebenswert betrachten würde, eine Reyan Maxus zu werden. So von wegen die Menschheit zu retten, und so. Nein, das konnte ich nicht zulassen, genauso wenig wie ich diese schreckliche Fähigkeit wohl nie wieder los wurde. Ich wusste, was ich wollte. Und ich hatte eine vage Idee, wie ich das erreichen konnte. Aber dafür musste ich mit Yohko sprechen. Sie erpressen, wenn nötig. Falls der Befehl ihres großen Bruders nicht ausreichte.

Ich wandte mich wieder dem Erdboden zu. Noch hundert Meter, eventuell. Und da unten lauerten unter Garantie schon zwei meiner Lieblings-Dais. Voller Sorge für mich, nur mein bestes wollend. Würden sie verstehen was ich erreichen wollte? Würden sie mich unterstützen? Ich wusste es nicht. Wusste nicht einmal, ob mir noch jemand zuhörte, hier oder auf der ADAMAS. War ich nicht längst schon für alle nur noch eine scharfe Bombe, die bei falscher Handhabung explodieren würde?

Okay, vielleicht tat ich den beiden Unrecht. Aber ich durfte... Ich konnte mich jetzt nicht stoppen lassen.

Was waren meine Optionen? Sollte ich mich in ICH und ES aufteilen? Mein Körper, rein instinktgesteuert, hatte vielleicht die Kraft und die Fähigkeiten, den beiden Dais, und dem dritten, der mir gerade folgte, zu entkommen. Andererseits, wenn ich meinen Körper sich selbst überließ, verstärkte das eventuell den Effekt, und die AURORA bekam neben dem neuen Fahrstuhl zur Bodensohle, dessen Schacht ich einst im Kampf mit Torum Acati getrieben hatte, eine neue Schleuse, direkt ins Weltall. Nein, die Aufteilung war zu riskant geworden. Zu gefährlich. Zu unberechenbar. Ich hatte immer noch eine Verantwortung. Als Offizier der UEMF, als oberster Offizier des Cores, als Vertreter des Hauses Arogad und der Daness, als Teil der Familie Lencis. So lange ich aus eigener Kraft und aus eigenem Willen verhindern konnte, das ich unendliche Schäden anrichtete, würde ich es tun. Die Alternative hieß also kämpfen.
 

Ungefähr an diesem Punkt wurde mir klar, das ich nackt war. Das ich mir mit meiner KI-Fähigkeit die eigene Kleidung vom Leib gebrannt hatte. Und das ich mir deshalb reichlich dämlich vor kam.

Mehr instinktiv hüllte ich mich in meine KI-Rüstung, die Hausuniform der Arogads. Die hielt stand. Glücklicherweise. Den Nebeneffekt, den meine Entscheidung haben würde, konnte ich in jenem Moment noch nicht voraus ahnen. Aber ich neigte dazu, Gelegenheiten zu nutzen, wenn sie sich mir boten.

Als ich mich in die KI-Rüstung gehüllt hatte, nahm ich etwas wahr, eine Präsenz, die ich noch nicht kannte. Ich ordnete sie dem KI zu, konnte sie aber nicht bestimmen. Die Sphinx oder der Wolf waren es nicht. Beide würden nicht so dumm sein, und mir ihre Positionen verraten, nur für den Fall das ich zu fliehen versuchte. Nein, es war etwas anderes, ursprünglicheres, wilderes, und doch gezähmtes. Ich sah es nicht, ich hörte es nicht, ich fühlte es nicht, aber es war da, unauffällig, am Rande meines Bewusstseins. Es war wie eine Stimmgabel, die angeschlagen worden war. Es war keine störende Erfahrung, auch keine, die meine Aufmerksamkeit heischte. Sie war einfach da, so wie das Zirpen der Zikaden im Hochsommer. Unbemerkt, weil zu bekannt. Unbekannt, weil stets unbemerkt. Eines aber wusste ich genau: Ich kam der Quelle immer näher.

Die Erkenntnis ließ nicht lange auf sich warten: Es war im Boden.

Ich landete auf einem Knie, federte mit dem anderen Bein ab, stützte mich zusätzlich mit der Rechten. Meine Hände verkrallten sich im Gras unter mir, und meine außer Kontrolle geratene Aura zerblies die molekulare Bindung der Pflanzen zu grünbraunem Staub. Ich fühlte mich nicht nur verdammt, ich war es auch. Verdammt dazu, fortan immer freies KI aufzunehmen, und es unkontrolliert an meine Umgebung abzugeben, um dessen molekulare Bindung zu zerstören. Und was gewann ich dabei?

Ich spürte Sphinx mehr als das ich sie kommen sah, wie sie von hinten auf mich zu eilte. Nicht um mich anzugreifen. Ihre Aura war nicht aggressiv, nur besorgt. Nur um mich zu halten, denn sie, Dai-Okame und Tyges waren wohl die einzigen lebenden Wesen, die mich berühren konnten. Oder die Schäden, die ich ihnen zufügte, schnell genug reparieren konnten.

Okame kam von vorne. Er breitete die Arme aus, um mir den Weg zu versperren. Seine Augen waren dabei voller Sorge für mich, was mich bei dem alten Stockfisch schon ein wenig verwunderte. Zugleich fühlte ich, wie mich die Füße von Tyges berührten, sich in meinen Rücken bohrten. Wie sein durch einen Kilometer Fall beschleunigter Körper regelrecht in mich zu bohren versuchte. Ich nahm es ihm nicht übel. Ich war KI-Meister und weit rauere Behandlung gewöhnt.

Ja, ich war KI-Meister. Und ich wusste jetzt, was der Vorteil daran war, ein Reyan Maxus zu sein.

Ich griff nach der geheimnisvollen Präsenz, die ich zuvor gespürt hatte - und befand mich auf einer rasanten Achterbahnfahrt durch ein unwirkliches Lichterfest, zugleich gebremst und beschleunigt, herum gewirbelt, rotiert in beide Richtungen. Die alles umfassende Stille betäubte meinen Gehörsinn, und mein Gleichgewichtssinn vermittelte mir den Boden in alle Richtungen zugleich. Ich ließ los, fand mich übergangslos in der realen Welt wieder, rammte einen Betonpfeiler, prallte an ihm ab, überschlug mich mehrfach und blieb schließlich in einer Erdmulde liegen, die langsam aber sicher tiefer wurde. Okay, ich war ihnen entkommen. Für den Moment. Doch hatte ich mich Fushida City genähert, oder hatte ich mich entfernt? Unfähig, ein Handy zu benutzen, weil ich es zwangsläufig aufgelöst hätte, war ich im letzten Fall verloren. Oder vielmehr Yohko.

Langsam richtete ich mich auf... Und erkannte die ersten Häuser der Stadt. Okay, der Punkt hatte funktioniert. Blieben noch eine ganze Reihe weiterer. Mein wichtigster Punkt dabei war, die Zerstörungen, die ich verursachen würde, so klein wie möglich zu halten. Hoffentlich.

***

"Er tut was?", rief Makoto entrüstet in seinen Komm.

"Er ist uns entkommen und reist jetzt auf den Ley-Linien der AURORA, vermutlich in Richtung der Stadt", erwiderte Sphinx. "Wir wissen nicht was er vorhat, wir wissen auch nicht, wie zurechnungsfähig er ist. Also empfehle ich, ihn zu stoppen, und zwar mit allem was du hast, Mako-chan."

"Die AURORA hat Ley-Linien?", fragte Kei erstaunt.

"Ja, hat sie. Aber die haben bei den kurzen Distanzen hier bisher keine Rolle als Transportmittel gespielt. Bis Akira sie entdeckt hat", rief Makoto ihm zu. "Tante Cynthia, du verlangst hier doch nicht etwa, das ich Mechas gegen meinen Cousin schicken soll! Hallo, ich bin sein Bluthund! Ich soll ihn beschützen, nicht umbringen!"

"Nette Interpretation deiner Pflicht, kleiner Taral, aber erstens kann man Akira mit einem anderen Mittel als einem Mecha kaum bremsen, und zweitens ist es vor allem zu seinem Nutzen, wenn wir ihn stoppen können, um ihn doch noch auf die ADAMAS zu verfrachten. Er ist so plötzlich ohne ein einziges Wort ausgebrochen, das wir gar nicht wissen, ob irgend etwas in ihm vorgeht, oder wieder mal sein ES vorherrscht."

"Aber dann müsst ihr doch den Avatarkörper gesehen haben, den Yoshi ihm erschaffen hat."

"Nicht unbedingt, und du weißt das. Also, halte ihn auf, wenigstens so lange, bis wir Dämonen ihn eingeholt haben."

Makoto stöhnte gequält auf. "Das kann doch nicht wahr sein. Das kann einfach nicht wahr sein."

Er wechselte die Frequenz. "Onee-chan, Akira ist uns unerfindlichen Gründen der Obhut unserer Dai entkommen und verhält sich irrational."

"Das habe ich schon mitgekriegt. Im Moment versuchen wir heraus zu finden, wo er ist."

"Dai-Sphinx-sama empfiehlt den Einsatz von Mechas gegen Akira. Die Panzerung dürfte in jedem Fall gegen seine neue Fähigkeit helfen, Materie aufzulösen."

"Ich würde das nicht unbedingt als Fähigkeit bezeichnen, aber sie hat Recht. Ich starte das Red Team. Sie halten sich ohnehin wegen Wartungsarbeiten in einem Innenhangar der AURORA auf."

"Gut, nimm das in die Hände. Ich versuche meinerseits, Akira aufzuspüren. Wir KI-Meister sind ja wohl diejenigen, die mit den geringsten Schäden davon kommen werden."

"Einverstanden."

Makoto wechselte wieder die Verbindung. "Mechas sind unterwegs. Das Red Team wird eingesetzt."

"Also einige der besten. Gut, das sie zur Verfügung standen. Wir suchen weiter. Ich melde mich, wenn wir eine Spur von Akira haben. Andrews Ende."
 

Frustriert atmete Makoto aus. Wenn auch nur einer der Mecha-Piloten einen Befehl missverstand, wenn er in Panik geriet, wenn er einen Fehler machte, dann würden Waffen auf Akira schießen, die ansonsten verwendet wurden, um Banges zu vernichten. Und das würde Akira weh tun. Nicht unbedingt umbringen, aber weh tun. Und dann waren da noch diverse Fraktionen, die Akira ohnehin nicht gerade positiv gegenüberstanden und das Thema für sich ausschlachten würden. Er konnte die Schlagzeile schon vor sich sehen: Endlich enthüllt! Akira Otomo bedroht uns alle!

Und das nach all dem, was er für die Menschheit, für den Core, für das Kaiserreich, für das Imperium geleistet hatte. Nein, er hatte es wahrlich nicht verdient, so behandelt zu werden.

Makoto griff nach seiner Uniformjacke. Neben ihm tat Kei das gleiche.

"Was tust du da, Admiral?" "Ich ziehe mich an, wie du siehst. Und anschließend helfe ich dir dabei, Akira aufzuspüren. Vergiss nicht, ich kenne ihn. Ich weiß wie er tickt. Und ich habe ihn bisher noch immer aufgespürt, selbst wenn ein gewisser Bluthund versagt hat."

Makoto räusperte sich verlegen. "Kommst du auch mit, Ami?"

"Ich habe gerade die Slayer informiert. Wir werden alle suchen. Kannst du Joan benachrichtigen? Sie hat sich immer noch nicht in unser kleines Nachrichtennetz eingeloggt. Angeblich weil ihr Job als Superstar zu viel Zeit kostet."

"Ich schicke ihr eine Textnachricht", versprach Makoto. Sie eilten auf den Gang, und von dort zum Hauptportal, wo ein Elektrowagen auf sie wartete. Es war erleichternd zu wissen, dass so viele Menschen in Sorge um Akira aufbrachen, um ihn zu suchen. So viele Menschen sorgten sich um ihn... Ein Überschallknall ließ ihn zusammen zucken. Diese Geschwindigkeiten im begrenzten Innenraum der AURORA waren Wahnsinn und wurden nur von den Besten ausgeführt. Das auch nur in absoluten Notfällen. Oder wenn jemand wirklich viel Lust auf ein paar Wochen Stubenarrest hatte. "Fehlt nur noch, dass die Idioten anfangen rum zu ballern", knurrte Makoto.

"Mal den Teufel nicht an die Wand", mahnte Kei und stürmte durch die Fronttür.

***

Für den kronosischen KI-Agenten war es ein Leichtes, die Person zu verdrängen, die er beherrschte, als diese besondere Gelegenheit über die Bildschirme flimmerte: Akira Otomo auf der Flucht, und der Einsatz von Mechas wurde erlaubt. Es bedurfte nicht viel für ihn, um zwei Dinge zu tun. Einerseits verschleierte er seinen Eingriff in den Text des Befehls, so gut er es konnte, um keine Spuren zu seinem Wirtskörper zu zu lassen. Andererseits fügte er einen kurzen Satz an den Befehl an: Akira Otomo ist zu seiner eigenen Sicherheit mit allen Mitteln zu stoppen, notfalls mit Waffengewalt.

Danach ging der Befehl an alle militärischen Einrichtungen der AURORA. Egal, wie es ausging, der KI-Agent würde sich königlich amüsieren.
 

5.

"Du wolltest mich sehen, Eridia?", fragte Aria Segeste.

Eridia Arogad lächelte die Banges-Pilotin freundlich an. "Ja. Ich dachte mir, du würdest gerne auf der Brücke sein, wenn die KON den Sprung beendet."

Aria Segeste nickte dankbar, als die Admirälin ihr einen Sitzplatz neben ihrem Sessel anbot. "Sollte ich dann nicht eher bei meinen Banges sein? Ich meine, warum hast du uns sonst auf diesen Geheimtrip raus aus Kanto mitgenommen?"

"Oh, ich werde dich brauchen. Dich und dein Bataillon Banges. Wahrscheinlich schon sehr bald sehr bitter. Aber dieses Sonnensystem, in das wir nun springen, ist absolut sicher. Es besitzt keine Planetenfamilie, die Sonne ist nicht besonders massereich, aber sie besitzt eine eigene Schwerkraftsenke. Und sie ist der Stern, welcher Terra am nächsten steht."

"Das bedeutet, von hier haben wir nur einen lächerlichen Katzensprung nach Terra?"

"Etwas mehr als vier Lichtjahre, und wir sind da. Das System heißt Proxima Centauri. Ein roter Zwergstern dominiert es. Wie gesagt, es ist eigentlich vollkommen uninteressant. Und das macht es für uns so wichtig."

"Wenn du zur Erde unterwegs bist, Aria, warum hast du dann nicht mehr Schiffe mitgenommen? Warum nicht die komplette 5. Banges-Division? Warum nur mich und mein Bataillon?"

Eridia lächelte leicht. "Keine Sorge, ich habe für Ersatz gesorgt, bevor ich das Kanto-System verlassen habe. Wir haben ihn auf halber Strecke passiert."

"Die SANSSOUCI", erkannte Aria im Nachhinein.

"Richtig. Die KON ist ein sehr schnelles Schiff, modifiziert für den Betrieb mit AO. Es ist damit sogar einem Kreuzer überlegen, wenn die AO-Meister ausgeruht sind. Sie ist das ideale Schiff um schnell und unauffällig zu reisen. Ich bin Meisterin Tevell sehr dankbar für diese Leihgabe."

"Wenn unser Ziel die Erde ist, und wir nur mit einem Schiff reisen, warum sind wir dann zuerst nach Proxima Centauri gesprungen? Wir hätten durchaus gleich bis zur Erde springen können."

Die Halb-Arogad lächelte dünn. "Später, Aria. Zuerst muss ich dir etwas erklären. Nämlich was eine einzelne Person ausmachen kann, was sie bewirkt, was sie verändert. Ein einziger Soldat kann auch ohne ein Schiff einen Krieg entscheiden. Wenn er zur richtigen Zeit am richtigen Ort eingesetzt wird. Das gilt für uns beide. Für dich, meine meisterliche Banges-Pilotin, und für mich, die alte Frau des Arogad-Hausmilitärs." Eridia taxierte Aria mit einem amüsierten Blick. "Ich warte auf deinen Widerspruch."

"Du bist doch überhaupt nicht alt, Eridia."

"Den meinte ich zwar nicht, aber schön, das aus dem Mund eines so jungen Menschen zu hören." Sie erhob sich und nickte in Richtung des Hauptschirms. "Meine Aufgabe beginnt jetzt bereits. Deine später, auf der Erde."

"Es scheint dein Hobby zu sein, besonders geheimnisvoll zu wirken", murrte Aria.

"Wir verlassen nun das Wurmloch, Admiral", meldete der Kapitän.

Der Bildschirm wechselte seine Ansicht und zeigte nun eine schematische Darstellung der Schwerkraftsenke von Proxima Centauri.

"Ortung, multiple Impulse, auf Höhe des Absprungpunkts nach Sol!", meldete der Ortungsoffizier. "Fünfundachtzig. Achtundachtzig! Dreiundneunzig!"

"Einkommender Funk mit Überlichtverbindung. Transponderdaten kommen durch." Der Funkoffizier sah erstaunt auf. "Das sind reguläre UEMF-Transponderdaten, allerdings finde ich keines der Schiffe in den Datenbanken."

"Abschließende Ermittlung der Zahl der Kontakte: Zweihundertacht. Erste aktive Ortung identifiziert sie als Schiffe aller Klassen. Design teilweise unbekannt."

"Nun, Kapitän?", fragte Eridia lächelnd.

"Keine Sorge, Meister Arogad. Ich bin weder dumm noch nachtragend. Öffne Kanal, um die verbündete Flotte zu begrüßen."

"Gut. Ich will sprechen, sobald die Kommunikation steht", sagte Eridia.

"Sie können, Admiral."

Sie nickte und machte einen Schritt auf den Hauptbildschirm zu. "Ich bin Admiral Eridia Arogad-Lencis. Die meisten von ihnen kennen mich. Die anderen werden zumindest von mir gehört haben. Ich begrüße die Dai, Daima und Daina, die sich auf meinen Ruf hin hier versammelt haben. Von hier wollen wir die Gefahr, welche die Götter für uns darstellen, ein für allemal beenden. Weitere Einheiten werden noch zu uns stoßen, bis wir die Zahl von fünfhundert Schiffen aller Klassen erreicht haben. Proxima Centauri wird uns für die nächsten Wochen als Sammelpunkt dienen, und für den Moment, in dem wir die Strafer der Götter im Heimatsystem der Terraner attackieren und ausradieren werden. Danach tragen wir den Krieg zu ihren Hauptwelten und beenden die Drohung ein für allemal. Gibt es Fragen?"

"TIMUR, Flaggschiff des Kantari-Verbandes, Komtar Illiges Omtu", klang eine leicht verzerrte Männerstimme über die Verbindung auf. "Wer wird die Ehre haben, all diese Schiffe in die Schlacht zu führen, Admiral Arogad-Lencis? Ich persönlich wäre mit Ihnen mehr als zufrieden."

"Es tut mir Leid, Sie zu enttäuschen, Illiges Omtu. Ich werde das Kommando nur führen, bis wir in Sol-System springen. Zu diesem Zeitpunkt wird unser mächtigstes Schiff, die AURORA ebenfalls ins System springen. Mit ihr wird der eigentliche Befehlshaber der Aktion zurück kommen."

Aria hielt es nicht mehr auf ihrem Sitz. "Akira", raunte sie.

Eridia nickte bestätigend. "Aris Arogad wird dann das Kommando führen. Sein Ruf sollte ihm mittlerweile mehr als voraus eilen."

Der Kapitän der TIMUR stieß ein raues Lachen aus. "Wohl eher seine Legende. Viele meiner Leute bezweifeln, das es so einen Soldaten überhaupt gibt. Sie denken, er ist eine Propaganda-Figur."

"Für die Götter wäre es sicherlich besser, wenn das wahr wäre", sagte Eridia gefährlich leise.
 

Epilog:

Helen Otomo rematerialisierte mit dem Gott Tarco Parhel inmitten vollkommener Dunkelheit.Der Gott hob sein Armband auf Augenhöhe und rief ein Hologramm auf, das diffuses Licht verbreitete. "Wir sind in der Garnison. Definitiv. Aber warum ist es hier dunkel? Sie sollte längst deaktiviert sein. Die ersten eintausend Schläfer müssen schon wach sein. Wir..."

"Eindringlinge in Abstellraum B 4!", rief eine raue Stimme. Eine Tür wurde aufgestoßen, und irgend jemand schoss blindlings durch die Öffnung.

Helen berührte den Gott und benutzte erneut die Ley-Linie, wenn auch nur für einen winzigen Augenblick. Sie materialisierten auf einer hohen Galerie. Unter ihnen brodelte auf allen Ebenen das Leben, während die erwachten Schläfer mit Ausrüstung, Nahrung und Waffen ausgestattet wurden.

"Okay, hier schießt man und fragt anschließend", stellte Helen fest. "Das macht es uns nicht gerade leichter. Kannst du dich hier gegenüber jemandem ausweisen, Tarco Parhel?"

Der Gott runzelte die Stirn. Man sagte, für ein Lächeln brauchte man nur wenige Muskeln und kaum Kraft, während für ein Stirnrunzeln fast alle Muskeln im Gesicht benötigt wurden. Der Waffenoffizier war immer der Meinung gewesen, das sich der Mehraufwand mehr als lohnte.

"Ich weiß nicht. Zum ausweisen müssten sie mir erst einmal zuhören!"

"Da oben!"

Der Gott und der Key traten bis an die Wand zurück, als die ersten Energieschüsse an ihnen vorbei fuhren. Rote Flecken im Bodenbelag zeigten, dass die Erwachten auch auf den Laufweg schossen. Noch hielt das Material. Aber es würde nicht mehr lange dauern, bis es als geschmolzene, ultraheiße Masse zu allen Seiten spritzte.

"Wenn du etwas tun willst, wäre jetzt eine gute Gelegenheit", mahnte der Key.

Er vollführte das Zeichen der Bestätigung und holte tief Luft. "Mein Name ist Tarco Parhel, Dritter Offizier der RASHZANZ! Wir haben die Garnison geweckt, weil wir eure Kampfkraft brauchen! Wer hat den Befehl?"

"Den habe ich!", rief eine kräftige Männer-Altstimme. Ein kleiner, aber sehr breiter Gott kam an der Spitze einer voll ausgerüsteten Infanterieeinheit auf sie zu. "Du bist von der RASHZANZ, sagtest du, Tarco Parhel?"

"Das ist richtig. Und du bist?"

"Render Vantum, General dieser Truppen. Ist Rooter Kevoran immer noch Kapitän der RASHZANZ?"

"Er hat die Kryostase überlebt und das Kommando wieder an sich genommen", bestätigte der Waffenoffizier.

Der General machte ein missmutiges Gesicht. "Mit Rooter kann ich nicht. Er ist ein sturer Kommißkopf. Am besten erschießen wir euch einfach." Der Gott hob seine Waffe, die anderen Infanteristen folgten seinem Beispiel. Kurz darauf begannen die Waffen zornig zu summen, als sie ihre zerstörerische Energie entließen.

`Okay,´ ging es Helen Arogad durch den Kopf, `das ist neu. Die fragen und schießen trotzdem.´



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ace_Kaiser
2012-09-04T12:51:39+00:00 04.09.2012 14:51
Sieh mal auf Subtras Time-Tag. Es ist locker anderthalb Jahre her, seit ich das geschrieben habe. Was mich, ehrlich gesagt, doch beeindruckt. Doch schneller, als ich dachte. ^^
In der Zeit was zu vergessen ist vollkommen legitim. ^^

Wenn ich hier weiter schreiben will, werde ich auch noch das eine oder andere recherchieren müssen...
Von:  Miyu-Moon
2012-09-04T12:15:05+00:00 04.09.2012 14:15
Hm, das Kapitel hatte ich auch schon durch. Ich weiß nicht ob ich das noch als gut odre als katastrophales Leistung meines Gedächtnises rechnen soll.

Subtra hat den witzigsten Spruch ja schon zitiert, also gibt es nichts zu sagen.
Von:  Subtra
2010-03-26T10:51:57+00:00 26.03.2010 11:51
Dieses Kapitel ist dir wieder sehr gut gelungen auch wenn ich die teils die langweiligen Text Passagen nicht mag, da es mich meist rein interessiert was mit Akira und seiner Umgebung passiert aber den Schluss fand ich genial:

Zitat: `Okay,´ ging es Helen Arogad durch den Kopf, `das ist neu. Die fragen und schießen trotzdem.´


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