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Anime Evolution: Krieg

Fünfte Staffel
von

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Werde Staub

1.

"Der Krieg ist vorbei, hast du gehört?", raunte Angrid Taral seinem besten Freund Therom Fioran ins Ohr.

"Mein lieber Herr Gesangsverein." Der Fioran-Attentäter registrierte die Nachricht mit hoch gezogener Augenbraue, während er weiterhin interessiert den Ausführungen des U.S.-amerikanischen Vier-Sterne-Generals folgte, der ihm und anderen Managern von Berger Corporation die Vorteile des Einstiegs in den Atombombenbau erläuterte.

Sie hatten also aufgehört. Endlich. Es war höchste Zeit für das kleine asiatische Land gewesen, genauso wie es eindeutig feststand, wer gewonnen hatte, und welche Ideologie es fortan annehmen würde. Was nun kommen würde war eine Orgie der Gewalt, der Exzesse der Sieger an sich, vorgenommen an den Verlierern, an den Kollaborateuren und all jenen, die sie verdächtigten, in irgend einer Form nicht genügend Widerstand gegen die Amerikaner und die Kapitalisten im Allgemeinen geleistet zu haben. Natürlich konnten sie auch zur Tagesordnung übergehen, den Verlierern verzeihen, alle in die große Gemeinschaft ihres Staates integrieren und den Sieg als Sieg verbuchen, der das Nationalgefühl auf Jahrzehnte prägen würde. Aber das würden sie nicht. Therom kannte die Menschen zu gut, um so naiv zu sein, so ein gnädiges Ende des Krieges wirklich zu erwarten.

Allerdings erklärte dies, warum ein General der U.S. Air Force hier bei ihnen vor Michael Berger aufmarschiert war, um die technische und finanzielle Kraft der Berger-Gruppe für die aufwändige Produktion von atomaren Sprengköpfen und Interkontinentalraketen zu rekrutieren.

Natürlich kannte er die Antwort von Michael schon. Nahe am Polarkreis, in den unterirdischen Naguad-Fertigungsanlagen, produzierten sie Waffen, deren Zerstörungskraft über alles hinaus ging, was den Menschen heutzutage zur Verfügung stand. Waffen, die sie hier auf der Erde niemals einsetzen würden, und deren Einsatz sie auch immer verhindern würden. Jetzt auf dem Niveau terranischer Waffentechnologie anzufangen wäre eine Beleidigung allererster Ordnung gewesen. Das Problem war halt, höflich nein zu sagen, und weder die U.S. Air Force zu verärgern, noch sich in das Milliardengrab der Raketenproduktion hinein ziehen zu lassen.

Therom schnaubte frustriert. All die Mittel, die für Ost-West-Ideologien ausgegeben wurden, all die Tatkraft, die in den Aufbau einer unnützen Waffenindustrie investiert wurde, all die viel versprechenden jungen Talente, die Zerstörung statt Fortschritt schufen, fraßen so viele Ressourcen, dass die Menschheit in diesem Jahrhundert nicht über die Mondlandung hinaus kommen würde. Die Jupitermonde, der Mars oder wenigstens eine permanente Station auf dem Mond waren da nicht mehr als ein wagemutiger Traum. Ironisch nur, dass auf der von der Erde abgewandten Seite des Mondes längst naguadsche Automatikstationen existierten. Etwas, was man den paranoiden Menschen auf beiden Seiten des so genannten Eisernen Vorhangs nicht unbedingt unter die Nase reiben sollte.

"Aber wird es die Region stabilisieren? Oder ins Chaos stürzen?"

Angrid lächelte dünn, während sein Blick auf den Vier-Sterner zielte. "Was erwartest du? Die größten Unruhestifter sind doch abgezogen. Vorerst."

"Die zweitgrößten Unruhestifter sind aber zweifellos noch da", erwiderte Therom leise mit Bezug auf die sowjetischen Militärberater im asiatischen Land. Er fügte noch leiser hinzu: "Ich hasse Stellvertreterkriege."

"Wenn Sie Fragen haben, Sir, bitte ich Sie, diese laut zu stellen", tadelte der General.

Therom lächelte dünn. "Keine Fragen. Nur eine Feststellung. Ein eigenes Zentrifugalwerk würde uns mehrere Milliarden Dollar kosten. Kanadische, nicht die schwächeren U.S.-Dollar. Wir sind eine Privatfirma. Glauben Sie wirklich, ausgerechnet unser kanadisches Heimatland würde uns ein Werk subventionieren, mit dem wir U.S.-Waffen bauen werden? Ansonsten wäre die Investition durchaus geeignet, den ganzen Konzern finanziell über den Jordan zu schicken. Zum Beispiel wenn der Air Force unsere Raketentechnologie nicht gut genug ist. Oder wir nicht genügend Uran zur Anreicherung bekommen. Engpässe gibt es immer wieder. Es ist immer ein Fehler, etwas zu bauen mit dem sich eine Sache konstruieren lässt, die irgendwann nicht mehr gebraucht wird"

"Es ist Ihre patriotische Pflicht, uns...", begann der General, und bevor Michael Berger eingreifen konnte, war Therom aufgesprungen. "Sie vergessen zwei Dinge: Wir SIND eine kanadische Firma, und unsere einzigen staatlichen Pflichten haben wir gegenüber dem Commonwealth.

Unsere Beteiligung am Korea-Krieg hat unserem Konzern mehr geschadet als genutzt und beinahe zur Liquidierung geführt. Hätte die Yodama-Gruppe uns damals nicht massiv unter die Arme gegriffen, gäbe es uns heute nicht mehr. Das war eine sehr lehrreiche, schmerzhafte und vor allem eindringliche Erfahrung.

Im Anbetracht all dieser Fakten wollen Sie uns also wirklich erklären, Sir, wir sollten erneut einen militärischen Zweig eröffnen?"

"Tjore", mahnte Michael ernst.

"Schon gut. Ich wollte nur die Bedenken von finanzieller Seite zur Sprache bringen."

"Finanziell", begann der General, "kann ich Ihnen weit reichende Garantien für die Abnahme von vierhundert Interkontinentalraketen im ersten Jahrzehnt geben, dazu eine Option für..."

Nun hob Michael Berger die Hand. "Vierhundert? Sie planen vierhundert Raketen mit multiplen Sprengköpfen, von denen einer die achtzehnfache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe hat? Eine Frage: Waren Sie jemals in Hiroshima? Haben Sie den Ground Zero besucht? Das Museum? Und dann wollen Sie stärkere Waffen bauen? Himmel, wollen Sie die Erde umgraben?"

"Die Sowjets haben diese Waffen. Und wenn wir nicht ein gleichgroßes Bedrohungspotential dagegen setzen, dann..."

"Mag sein, dass Ihr Staat auf Abschreckung setzt. Ich setze auf funktionelles, kostendeckendes arbeiten. Und ich bin von Ihrem Konzept nicht überzeugt, so viele Atomwaffen zu bauen, um die Sowjetunion gleich mehrfach zerstören zu können, nur weil ihre Raketen eine solche Sprengkraft haben. Warum lassen Sie die Russen sich nicht mit mehr und noch mehr Raketen finanziell verausgaben und belassen es bei einem realistischen Zerstörungspotential? Zudem würde es vollkommen reichen, ihre Militärbasen und ihre Ballungsgebiete zu zerstören, sprich, ein Zehntel Ihres jetzigen Arsenals würde diesen Job dreifach erfüllen.

Ganz davon abgesehen, das unser Premierminister bereits hat durchblicken lassen, dass Kanada keine Genehmigung für eine solche Waffenfabrik erteilen würde." Berger sah auf. "Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen zuvorderst das Einverständnis Kanadas einholen, bevor wir uns ernsthaft mit der Materie beschäftigen. Das haben Sie nicht getan. Wenn Sie in dieser Frage schon unzuverlässig sind, wie soll das erst in der Zukunft werden?"

"Nun, das wäre Punkt achtzehn, die Umsiedlung der neuen Industrie nach North Dakota, und..."

Therom sprang auf. Dabei schlug er beide Hände derart kraftvoll auf den Konferenztisch, dass es laut knallte. "Entschuldigen Sie mich, bitte. Beim Thema Umsiedlung endet meine Aufmerksamkeitsspanne."

Ohne ein weiteres Wort verließ Therom den Konferenzraum.
 

Draußen ergriff ihn eine starke Hand an der Schulter und stoppte ihn. Er wirbelte herum. "Ich weiß was du sagen willst, Angrid, aber ich habe Recht! Alleine schon der finanzielle Aspekt ist verrückt. Das kann ja nur den U.S.-Leuten einfallen, und..."

"Nun, ich gebe zu, eine gewisse Ähnlichkeit ist vorhanden, aber wirklich verwechselt hat mich noch niemand mit meinem Bruder", spottete Karen Taral.

Verdutzt starrte Therom die blonde Frau an. Wer sie sah, konnte kaum glauben, das sie bereits fünfundsechzig war. Sie wirkte mehr wie siebzehn, und das lag nicht nur an ihren hervorragenden Arogad-Genen. Ihr Training als Bluthund der Arogads und ihre strenge Mutter Vortein taten da sicher ihr übriges, kombiniert mit klassischen terranischen Schminktricks. "Oh. Oh, Karen. Tut mir Leid, aber da drin ist mir der Kragen geplatzt. Und normalerweise ist es Angrid, der mir nachläuft und mich zu beruhigen versucht, und..." Er ließ die Schultern und den Kopf hängen. "Das gibt einen Riesenärger mit Michael."

"So?" Die Taral lächelte überwältigend. "Dann solltest du besser nicht mehr hier sein, wenn sie mit der Konferenz fertig sind. Es ist sowieso Mittag. Warum lädst du mich nicht in ein Restaurant ein? Ich meine, Vancouver wird doch so etwas haben."

"Oh, es gibt dafür einen guten Grund: Angrid."

"Angrid? Was sollte er dagegen haben, wenn ausgerechnet du mich zum Essen einlädst, Therom?"

Der Fioran runzelte die Stirn. Dann schluckte er hart. "Natürlich. Ich vergaß. Bei der großen Hatz auf deine potentiellen Verehrer stehe ich natürlich außen vor. Ich bin ja auch mehr so etwas wie der Ersatzbruder und so..."

"Siehst du? Bei dir schöpft er einfach keinen Verdacht, mein guter Therom", sagte sie lächelnd und hängte sich vergnügt an seinen rechten Arm. "Restaurant. Jetzt. Essen. Wir. Keine Widerrede."

"Wie käme ich dazu, einem Taral den Befehl zu verweigern? Vor allem wenn er so hübsch ist wie du?", scherzte Therom.

Karen kommentierte seine Worte mit einem amüsierten Lachen. "Aus dem gleichen Grund hörst du wohl auch auf Mutter, was?"

Therom drückte den Knopf für den Expresslift. Heftig schüttelte er den Kopf. "Deine Mutter ist die schönste Frau, die ich kenne. Sie sieht sogar noch besser als Kitsune oder sogar Eridia aus. Aber ihr gehorche ich schlicht und einfach nur aus Angst."

"Angst?" Interessiert hob Karen beide Augenbrauen. "Du hast Angst vor Mutter?"

"Welcher Mann mit ein wenig Verstand hat keine Angst vor Vortein?", erwiderte der Fioran mit einem Schaudern in der Stimme. "Von Eikichi Otomo vielleicht einmal abgesehen."

"Wartet! Haltet den Fahrstuhl an! Ich will mit!", klang die Stimme von Angrid im Gang auf.

Karen verzog missmutig das Gesicht, dann drückte sie energisch auf den Knopf, der die Türen schloss. Sekunden bevor der Taral den Fahrstuhl erreichen konnte, glitt die Tür zu.

"Das war nicht nett von dir", tadelte Therom.

"Es war nicht nett von Angrid, sich aufzudrängen", konterte Karen. "Apropos Eikichi Otomo. Du hast davon gehört?"

"Wovon gehört? Meinst du die Sache mit dem Core-Nest in Japan, in das dich ausgerechnet deine Schutzbefohlene hinein gezerrt hat? Euer Glück, dass ich Eikichi einen Tipp gegeben habe."

"Oh, danke dafür. Ich wusste nicht, dass du es warst, der Eikichi informiert hat. Hat uns, glaube ich, das Leben gerettet."

"Na, Schwamm drüber. Hauptsache, euch zwei geht es gut."

Für einem Moment sah Karen zur Seite. "Ja, uns geht es gut. Und einigen geht es sogar besser als gut."

"Orakelst du? Weißt du, ich war schon immer schlecht darin, die Andeutungen und Orakelsprüche von Frauen zu verstehen. Oder um konkret zu sein, ich finde darin keinen Sinn."

"Nein, ich orakele nicht. Ich wollte nur feststellen, dass jetzt wo die zwei fest zusammen sind, Helen irgendwie sehr glücklich und zufrieden wirkt, und..."

"Moment, junge Dame, hast du gerade gesagt, Eikichi und Helen wären zusammen?" Therom hustete angestrengt. "Junge, Junge, das muss ich erst mal verdauen."

Argwöhnisch sah Karen den Freund an. "Du machst mir doch jetzt nicht auch noch Vorwürfe, oder? Ich meine, wie oft musste ich mir das anhören, das ich doch Helens Bluthund wäre, und das ich sie vor den Fängen dieses Menschen hätte bewahren müssen. Bla, bla, bla. Ich bin es Leid."

Nun war es an der Reihe von Therom, verdutzt auszusehen. Dann begann er zu lachen.

"Lachst du mich gerade aus, Therom Fioran? Weil, wenn du es tust, bist du nicht sehr nett zu mir", tadelte Karen.

"Nein, ich lache dich nicht aus. Ich lache über diese vollkommen verrückte Welt. Und ich wette, Dai-Kuzo-sama hat auch da wieder ihre Hände drin."

"Ach, deine alte Immer mal wieder-Flamme", murrte Karen. "Ich erkläre es dir beim essen. Dann wirst du es verstehen. Und noch einiges mehr. Versprochen."

"Einverstanden. Ich kenne da ein wirklich gutes Restaurant am Hafen." Er lächelte die blonde Frau an. "Und der Tag, an dem ich dich auslache ist der Tag, an dem ich dich heirate. So unwahrscheinlich ist das."

"Ach, ist das so?", erwiderte Karen und verstärkte den Griff um Theroms Arm ein wenig. "Wir werden sehen, wann du mich auslachst."

***

Vancouver war eine der aufstrebenden Städte der Westküste. Entstanden im Goldrausch des vorigen Jahrhunderts hatte sie eine Entwicklung wie eine Explosion mitgemacht. Nach dem Gold hatte sie die anderen Schätze der Westküste entdeckt: Holz, Seefisch, Metalle. Seither war sie immer nur gewachsen, niemals geschrumpft. Mittlerweile war sie der bedeutendste Hafen Kanadas, und durch den großzügigen Naturhafen und die klimatisch günstige Lage sowie die geographische Nähe zur USA würde sie sicher bald auch der wichtigste Umschlaghafen der Westküste werden, vor allem für all jene asiatischen Länder, die in den Westen verkaufen wollten, aber aus welchen Gründen auch immer die Amerikaner meiden wollten.

Im Zuge der Entwicklung hatten die Kanadier eine gemütliche Millionenstadt geschaffen, die sich multikulturell, aber kanadisch organisiert gab. Dutzende, hunderte renommierter Firmen hatten sich hier niedergelassen, und Berger Corporation war eine der ersten gewesen, als Vancouver 1886 offiziell gegründet worden war. Damals hatte es nur ein kleines Büro gegeben, das Gold von den Schürfern angekauft hatte, und das zu einem Preis, der immer ein paar Cent über den anderen Einkäufern gelegen hatte. Dies war die Grundlage für das Erfolgsgeschäft geworden, welches Berger Co. etabliert hatte. Heutzutage war Vancouver neben New York die wichtigste Nebenstelle des weltweit agierenden Konzerns, und es sah nicht so aus, als würde dem Konzern in nächster Zeit die Puste ausgehen. Mittlerweile sprach man in den Chefetagen sogar davon, auf den Computerzug aufzuspringen und in Radioröhren und mechanische Relais zu investieren. Den Naguad unter ihnen sowie den eingeweihten Menschen der beiden Familien Berger und Yodama war natürlich klar, dass Röhren und Relais bald von digitalen Speichermedien und Festspeicherkristallen abgelöst werden würden, weshalb diese Geschäftsidee nicht populär war. Ohnehin mussten Berger Co. aufpassen, nicht zu viel Naguad-Wissen zu verbreiten, um einerseits nicht zu mächtig zu werden und andererseits kein lohnenderes Ziel darzustellen. Mit dem Schutz der Erde und dem Kampf gegen Tora und den Core hatten die Naguad auf der Erde ohnehin die Hände voll. Es mussten nicht noch mehr gierige Spekulanten, Investitionshaie und neidisch schielende Geheimdienste dazu kommen als ihnen ohnehin schon auf den Fersen waren.
 

Ein besonderer Ausblick im nahen Renaissance-Hotel hatte es Therom schon seit langem angetan. Das herrliche Panorama des Hafens sowie die raffinierte, aber nicht überborderte Küche hatten das hauseigene Restaurant des Hotels schon lange zu einem seiner Favoriten gemacht.

Als Stammgast erhielt er natürlich einen Tisch in bester Lage am Fenster, und mit einer gewissen Zufriedenheit registrierte er, niemanden in direkter Hörweite sitzen zu sehen.

Allerdings kannte Angrid diesen Platz zur Genüge und würde notgedrungen irgendwann hier auftauchen, sobald ihn die ewige Sorge um sein kleine Schwester plagte. Und die Sorge würde ihn plagen, selbst bei ihm, Therom, dem langjährigen Freund und Wegbereiter des Arogad-Bluthunds. Es war schon ein Kreuz mit dem Taral. So locker und freigiebig er in seinem Liebesleben war, so sehr verhätschelte und bewachte er seine kleine Schwester. Das hübsche Kind war nun beinahe siebzig, und hatte nicht einmal eine ihrer Beziehungen der Familie vorstellen können, weil keiner es hätte mit Angrid aufnehmen können. Egal ob es sich um einen Naguad oder einen Menschen gehandelt hatte. Viele Verehrer von Karen hatte Angrid dann auch schon im Vorfeld in die Flucht geschlagen. Dabei wollte er nur das Beste für sie. Was das war, davon hatte Karen allerdings eine vollkommen andere Vorstellung als ihr überbeschützender Bruder. Selbst das gute Zureden von Aris Taral, seinem Vater, und Vortein Arogad, seiner Mutter, hatte Angrid nicht davon abbringen können, seine Schwester zu beschützen.

Die nahm es mit Fassung, Humor, ab und an einem depressiven oder hysterischen Anfall, aber ansonsten sportlich.
 

"Also", begann Therom, nachdem er die Weinkarte wieder fort geschickt hatte, um für sich grünen Tee und für Karen eine süße Limonade zu ordern, "was genau ist in Japan passiert?"

"Nun", murmelte Karen, nahm eine der Blumen aus der Vase und begann mit dem Stiel zu spielen. "Nun."

"So schlimm?", argwöhnte Therom.

"Noch schlimmer." Sie seufzte viel sagend. "Uns wurde eine Information zugespielt, in der vom japanischen Nest die Rede war. Helen hielt die Nachricht für zu wichtig um sie zu ignorieren und reichte sie sofort weiter. Danach bestand sie darauf, die Information zumindest zu überprüfen. Doch aus der simplen Überprüfung wurde eine regelrechte Hetzjagd durch Toras Leute und mehr als ein Dutzend ihrer Kampfcyborgs. Ich hatte zwar versucht, unsere nächste Zweigstelle zu informieren, aber bevor Eikichi und Karl mitten im Nirgendwo auftauchten um uns zu retten, hätte ich nicht daran geglaubt, das sie mich ernst nehmen."

"Euch retten? Zwei Männer sollen geschafft haben, womit der beste Bluthund der Taral nicht fertig geworden ist?", tadelte Therom.

"Sie waren ja nicht alleine. Sie hatten trainierte Leute dabei, fast zwei Dutzend. Gut bewaffnet, erfahren, die ideale Verstärkung gegen Toras Leute. Sie haben dann kurzen Prozess gemacht, und danach wurden Helen und ich in ihr Hauptquartier verbracht.

Da hat mir Eikichi dann erzählt, während Helen erschöpft im Nebenraum schlief, warum er sich vor ihr fürchtete. Vor allem vor dem Moment, wenn sie aufwachen würde."

"Ach, die Geschichte. Das Stadthaus, Dresden. Ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen." Therom lächelte dünn. "Eine tolle Geschichte. Uns war allen klar, das der Tod seiner Eltern Eikichi mehr mitgenommen hatte als er zugab. Aber das er Helen nur an den Augen erkannt hatte, als sie mit blutigem Schwert im Zimmer seiner Eltern stand, hat keiner von uns erwartet. Als wir dann dahinter kamen und ihr Zimmer im Stadthaus mit Waffengewalt gestürmt hatten, war er schon weg - ohne ihr ein Haar gekrümmt zu haben. Aber seit beinahe fünfunddreißig Jahren haben die zwei sich nicht einmal ausgesprochen. Obwohl es beiden weh tat. Ihr, Eikichi im Glauben zu lassen, sie hätte seine Eltern getötet - und ihm, Helen glauben zu lassen, er würde dies noch immer tun. Wenn sie also zusammen sind, wie du sagst, dann werden sie sich endlich ausgesprochen haben."

"Wenn du alles schon weißt, warum erzähle ich dann überhaupt noch?", murrte sie.

"Entschuldige bitte. Aber ich war vom ersten Moment der Tragödie mit dabei, in allervorderster Front. Michael hat mir mal gesagt, dass er Helen einen Mann wie Eikichi wünscht. Ein Mann, der all die Ideale und die Ziele vertrat, denen er sich selbst auch verpflichtet fühlt. Aber wie das nun mal so ist, den Wunschkandidaten des Vaters mögen die Mädchen meistens nicht. Also hat er die Zügel schleifen und die beiden einfach machen lassen. Ich gebe zu, sie haben lange gebraucht, aber schließlich haben sie doch zusammen gefunden."

Karen lächelte schief. "Oh ja. Und zwar stantepede ohne lange zu zögern. Und das gleich mehrmals. Gut, das ich mich mit den Jungs von Eikichis Team ordentlich betrunken habe. So musste ich mir die beiden wenigstens nicht durch die Papierwände anhören. Die hatten ordentlichen Nachholbedarf. Und Karl ist ein wunderbarer Saufpartner für positive Gelegenheiten." Sie seufzte. "Und für traurige Gelegenheiten auch. Aber egal, das erklärt, warum Eikichi von Michael noch nicht umgebracht wurde. Oder gevierteilt. Oder beides. Der arme Junge ist sich in dem Punkt noch nicht ganz sicher, was Helens Vater mit ihm anstellen wird. Andererseits ist er sich ziemlich sicher, Eridia auf seiner Seite zu haben. Sie wird ihn beschützen. Oder seinen Resten ein ehrenvolles Begräbnis verschaffen."

"Sarkasmus war noch nie deine starke Seite", tadelte Therom.

"Ich überbringe Eikichis Worte eins zu ein", konterte sie und nahm dankbar ihren Softdrink vom Kellner entgegen, der bei ihrem freundlichen Lächeln bis unter die Haarspitzen errötete.

"Ich weiß wie Michael darüber denkt. Und ich weiß wie Angrid dazu steht. Er ist vollkommen auf Eikichis Seite, möchte ich wetten", sinnierte Therom und kostete von seinem Tee. "Aber wie ist es mit Eridia? Ich meine, du kommst doch aus Japan. Was erzählt man sich so im Yodama-Haupthaus?"

"Oh, Eridia wäre dieses Jahr drauf und dran gewesen, die beiden zu zwingen, sich auszusprechen. Man konnte die wehmütigen Seufzer und die ausgeschnittenen Fotos und Berichte aus Zeitungen und Zeitschriften in ihren Räumen ja so schon kaum noch ertragen - und das war nur das was mir Karl erzählt hat. Rate mal, warum ich mit Helen eigentlich in Japan war."

"Oh", machte Therom. "Oh, das passt gut zu Eri. Und es würde mich auch nicht wundern, wenn sie die ganze Geschichte mit dem Nest eingefädelt hätte, damit Eikichi Helen retten kann. Diesmal hat sie also keine Fehler gemacht."

"Wie, diesmal?" Interessiert sah Karen auf.

Therom zögerte. Doch dann gab er sich einen Ruck. "Du weißt, damals als Eikichi wie ein kleiner zweiter Lupin in Helens Zimmer eingedrungen war, habe ich dem Team angehört, das sie retten wollte. Letztendlich war es nicht notwendig, weil Eikichi nicht in der Lage gewesen war, sich an der vermeintlichen Mörderin seiner Eltern zu rächen.

Danach war ich bei Michael, der mit Eridia telefonierte - natürlich mit unserer Naguad-Technik. Dabei kam heraus, das Eridia zwar alles Menschenmögliche getan hatte, um Eikichis Eltern vor Tora zu beschützen... Aber nicht vor den örtlichen Yakuza, die von unserer Zweigstelle, welche die Otomos leiteten, versucht hatten, Schutzgeld zu erpressen. Das war uns allen so banal erschienen, das wir sie einfach ignoriert haben. Als sie ihrer Erpressung Taten folgen ließen, taten wir auch etwas. Aber inkonsequent, ungenügend, zu wenig. Das Ende vom Lied waren zwanzig tote Yakuza und ein Ehepaar, das für uns Naguad, für diese Welt noch Großes hätte leisten können. Ganz davon abgesehen, das wir zwei gute Freunde verloren haben. Helen war damals die einzige in Reichweite, die überhaupt hatte eingreifen können, als wir endlich merkten, wie ernst die Lage wirklich war. Und vor allem wie dringend. Sie hatte mich dabei, dazu noch drei weitere Fioran-Attentäter. Aber wir kamen zu spät, um ihre Leben zu retten. Wir konnten nur noch ihre Mörder töten. Selten habe ich mir so sehr gewünscht, Angrid wäre auch dabei gewesen. Oder ein anderer Taral."

Karen schnaubte halb amüsiert, halb frustriert. "Tadel ist angekommen."

"Ich habe es nicht als Tadel gemeint, Karen. Selbst ein Bluthund der Taral ist nicht immer an der Seite seines Schutzbefohlenen. Außerdem wäre es eine Schande gewesen, eine intelligente und engagierte Frau wie dich auf eine Existenz als Bodyguard zu beschränken."

"Vielleicht hätte es an diesem einen Tag geholfen", erwiderte sie.

"Vielleicht aber auch nicht. Wir haben alle Yakuza getötet, die an dem Mord direkt oder indirekt beteiligt waren. Und danach erwirkten wir bei der nächsthöheren Gruppe die Auflösung dieser Untergruppe. Seither versucht niemand mehr, Haus Yodama zu erpressen. Insofern haben wir konsequent gehandelt.

Und schneller hätten wir nur vor Ort sein können, wenn wir vor dem Verbrechen da gewesen wären, Karen. Also mach dir darum keinen Kopf."

"Und was hat das mit Eri oder der Nacht in Dresden zu tun?"

Therom lächelte dünn. "Es war Eridias Entscheidung, die Otomos von Karl beschützen zu lassen. Sie hielt das für ausreichend. Beinahe wäre er auch getötet worden, und ohne die überlegene Naguad-Medizintechnologie wäre er sicher an den schweren Verletzungen gestorben. Eri hat die Gefahr für die Otomos schlicht und einfach unterschätzt. Das gleiche gilt für die Nacht in Dresden. Bevor Eikichi ankam, hatte Eri uns gewarnt, dass der Junge Helen in der Mordnacht erkannt haben könnte und sich eventuell rächen würde. Grund genug für uns, sie bei allen Spaziergängen, beim einkaufen und beim Weg in die Bibliothek oder das Theater mit einigen unserer besten Leute zu beschützen. Wir wollten Eikichi vor einer Riesendummheit bewahren, indem wir ihn durch Präsenz abschreckten. Davon ihm die Wahrheit zu sagen, hielt Eri nichts, weil sie glaubte, er würde die größeren Zusammenhänge nicht verstehen, geschweige denn begreifen, dass Helen selbst auf dem Level eines ausgebildeten Taral-Bluthundes ist."

Karen hüstelte amüsiert. "Fast."

"Fast. Aber das ist auch schon eine beeindruckende Kampfkraft. Wir wurden dann ganz einfach von Eikichi überrumpelt, als er sich nicht lange damit zufrieden gab, Helens tägliche Routine auszuspähen. Er drang einfach ins Haus ein, noch in der ersten Nacht, und ließ uns allesamt wie Idioten aussehen." Therom lachte rau auf. "Teufel, ich habe Michael schon lange nicht mehr mit so viel Bewunderung in der Stimme gehört. Also, bei ihm bin ich mir eigentlich sicher, dass er eher dafür stimmt, dass die beiden heiraten. Ob er Eikichi danach noch vierteilt wage ich nicht vorher zu sagen."

"Wie praktisch", erwiderte Karen spöttisch.

Mit den Getränken kam auch die Karte. "Was kannst du mir empfehlen?"

"Von dieser Karte? Alles."

Der Ober lächelte bei diesem Kompliment seines Stammgastes. "Unser Hummer ist grundsätzlich fangfrisch."

"Uh, bitte keinen Hummer. Wenn ich daran denke, wie die armen Kerle lebend ins heiße Wasser geworfen werden, nur damit ich was zu knabbern habe, wird mir ganz schlecht. Haben Sie nicht etwas, was schon länger als fünf Minuten tot ist?"

Therom eilte dem konsternierten Mann zu Hilfe. "Probiere das Steak. Du wirst kaum ein besseres bekommen. Das Fleisch ist eine japanische Rinderart aus der Kobe-Region. Wirklich lecker, und wirklich tot."

"Ich denke, das kann ich mit meinen Nerven vereinbaren. "Also, einmal ein Steak vom Kobe-Rind, bitte. Durchgebraten. Fast schwarz wäre mir am liebsten."

"Miss, wenn ich dazu raten darf, die hervorragende Konsistenz des Fleisches würde darunter leiden, wenn es durchgebraten ist. Das Fleisch wird zäh. Angebraten oder Medium hingegen lässt dieses wirklich hochwertige Fleisch zart wie Zuckerwatte."

"Zuckerwatte? An Ihren Schlagworten sollten Sie aber noch arbeiten, junger Mann."

Therom unterdrückte ein prustendes Lachen. "Zweimal das Kobe-Rindersteak, Medium. Als Beilage für die Dame Fries, ich nehme eine große Ofenkartoffel mit extra viel Quark. Ach, außerdem hätten wir gerne noch eine Flasche Ketchup." Er sah zu Karen herüber. "Habe ich was vergessen?"

"Oh, dafür das du mich eher selten ausführst, hast du die Details noch gut im Kopf gehabt. Ich bin einverstanden."

Der Ober seufzte erleichtert und machte sich daran, die Bestellung weiter zu geben.

"Das hat dem armen Burschen aber ganz schön zu kauen gegeben. Wetten, er wird selbst die nächste Zeit keinen Hummer anrühren?"

"Ist seine eigene Schuld, wenn er nie darüber nachdenkt, was die armen Schalentiere durch machen müssen, bevor sie auf dem Teller landen." Karen schüttelte sich. "Außerdem hasse ich das Geräusch von zerberstendem Panzer, wenn man die Scheren aufknackt."

"Ist nebenbei bemerkt auch eine ganz schöne Sauerei."

"Dann doch lieber ein gepflegtes Steak. Aber wehe es hat nicht die Konsistenz von Zuckerwatte." Sie lächelte ihm verschwörerisch zu und zwinkerte.

Therom antwortete mit einem Blick auf seine Uhr. "Merkwürdig. Wir sitzen hier seit zwanzig Minuten, aber dein Bruder ist immer noch nicht aufgetaucht."

"Sehr merkwürdig." Sie stützte ihr Gesicht auf beiden Händen an, die Ellenbögen fest auf dem Tisch platziert, und lächelte ihn an. "Vielleicht hält er dich ja für den einzigen vertrauungswürdigen Mann auf dieser Welt, dem er seine Schwester anvertrauen kann?"

Therom lachte laut. "Ich glaube eher, er sucht mich in den italienischen Restaurants am Hafen oder in dem chinesischen Lokal, in das ich ihn neulich mitgeschleift habe." Er beugte sich ein wenig vor. "Bei dir, mein Schatz, ist kein Mann jemals gut genug."

"Ich liebe es, wenn du mir Komplimente machst, Therom."

"Oh, das war kein Kompliment. Das hat er mir tatsächlich ins Gesicht gesagt. Er traut jedem Mann zu, in einer unbewachten Sekunde über sein armes kleines Schwesterchen herzufallen wie der große böse Wolf aus dem Märchen und es nach Strich und Faden zu verführen."

"Und? Was wäre so schlimm daran? Befürchtet er, die Männer würden mich danach geschändet und missbraucht einsam zurücklassen?"

"Einmal ganz davon abgesehen, dass ein Bluthund der Taral auf dieser Welt nur von einer ganz kleinen, erlesenen Zahl von Menschen überhaupt zu irgendetwas gezwungen werden kann", sagte Therom trocken, "glaube ich, fürchtet er sich eher vor denen, die es ernst mit dir meinen."

"Du meinst die, die mich nach dem Sex wirklich heiraten wollen?" Amüsiert zog sie eine Augenbraue hoch.

"Ich meine die, die nach dem ersten Mal Sex mit dir immer Sex mit dir haben wollen", schloss er.

"Wie interessant. Und wie steht Angrid zu den Männern, über die ich herfalle, die ich benutze und missbrauche und danach einsam und verzweifelt zurücklasse, nachdem ich mich genügend ausgetobt habe?"

"Oh, ich glaube, das würde er vollkommen aus seiner Sicht der Realität ausblenden, weil du, sein zartes, sanftes Schwesterlein, so gar nicht sein darfst. Es würde seine Welt vollkommen auf den Kopf stellen."

"Ah." Sie beugte sich ein wenig vor. "Das heißt also, wenn ich dich nach Strich und Faden verführen würde, dann würde Angrid das vollkommen ignorieren, um nicht wahnsinnig zu werden? Wie überaus interessant. Und wie viel es erklärt."

"Andererseits bin ich mir sicher, dass er dir für diese Worte ohne weiteres den Mund mit Seife auswaschen würde, wenn er sie hören könnte", spottete Therom. "Abgesehen davon glaube ich nicht, dass du ebenfalls zu einer solchen Promiskuität wie dein Bruder neigst."

Sie schnaubte amüsiert. "Mein lieber Therom, ich versuche vielleicht nicht, Casanovas Rekord zu brechen oder mit meinem Bruder mitzuhalten, aber ich lebe schon ein paar Jahrzehnte. Ich habe meine Methoden, meine Möglichkeiten und meine Erfahrungen. Aber falls dich das beruhigt, ich kratze im Gegensatz zu Angrid nicht am dreistelligen Bereich."

"Wie überaus beruhigend, dieses Thema mit dir zu besprechen." Unwillkürlich weitete der Fioran seinen Hemdkragen. Misstrauisch beäugte er die junge Frau vor sich. Das Thema gefiel ihm wunderbar. Und genau das war das Problem. Was plante Karen? Ihn zu benutzen, um der dreistelligen Zahl ihrer Verflossenen näher zu kommen? Okay, er hatte bei weitem nicht so viel Erfahrung mit Frauen wie sein bester Freund, aber ihm war schon klar, dass er und Karen eigentlich nicht nahe genug waren, um zwanglos über Sex zu plaudern, ohne das es um... Sex ging.

"Apropos Thema. Eines würde mich ja interessieren. Hast du was gelernt?"

"Gelernt? Meinst du über die amerikanische Rüstungsindustrie?"

"Nein, nicht so etwas banales. Lass sie doch wettrüsten so viel sie wollen. Wir werden schon dafür sorgen, dass keine Seite tatsächlich seine Atomwaffen benutzt. Ich meine die wirklich wichtigen Dinge. Deine Augen haben vorhin so geläutet, als ich deine Immer mal wieder-Freundin erwähnt habe."

"Dai-Kuzo."

"Genau die. Sie ist mehr als fünftausend Jahre alt und gewiss kein Kind der Traurigkeit. Hat sie dir ein paar schöne Sachen beigebracht, wenn sie mit dir geschlafen hat? Ich meine, eine sexuell aktive Frau mit ihrem Alter muss zwangsläufig länger Sex gehabt haben als wir beide an Lebensspanne aufbringen."

Therom fühlte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. Wieder lüftete er seinen Kragen.

"Bitte sehr, die Steaks vom Kobe-Rind, Medium."

"Danke", erwiderte Therom und griff mehrfach vergeblich nach dem Besteck.

"Oh, die French Fries sind genauso wie ich sie mag. Groß, lang und dick." Karen nahm ein besonders gelungenes, goldgelbes Exemplar vom Teller und schob das Kartoffelstück langsam in den Mund. Der Blick ihrer Augen hatte dabei eine ganz besondere Note.

Erneut lüftete Therom seinen Kragen. Was, wenn sich Angrid diesmal dazu entschloss, die Männer, die sich Karen selbst aussuchte, nicht zu ignorieren?

"Ich bin in der Hölle", murmelte er.

Karen lächelte mit leicht geröteten Wangen. "Iss auf, Therom, und vorher kommt der Himmel."

Oh, er war sich sicher, jeden Funken Energie zu brauchen, den dieses Essen ihm bescheren würde.

Therom winkte den Ober zu sich heran. "Ich würde gleich zahlen wollen, Fred."
 

2.

Einen halben Tag später, draußen war die Sonne schon lange untergegangen, lag Therom friedlich in einem Doppelbett des Renaissance und streichelte gedankenverloren über weiche, warme Frauenhaut. Die Tatsache, dass sich unter dieser Haut die Schwester seines besten Freundes befand, mit der er lange, ausgiebig und wiederholt geschlafen hatte, irritierte ihn beinahe so sehr wie die Frage, wann genau Angrid Taral die Tür zur Suite aufbrechen, hier herein stürmen und ihn umbringen würde.

"Dass so eine wie du mal mit so einem wie mir schlafen würde...", sinnierte er.

"Was hast du zu meckern?", murrte sie und suchte für ihren Kopf eine bequemere Stellung auf seiner breiten Brust.

"Nicht zu meckern. Es wundert mich nur. Ich meine, eine Klasse Frau wie du, und ein farbloser Strolch wie ich..."

"Gute Antwort. Das erspart es mir, dich ausgiebig zu bestrafen." Sie sah auf und zwinkerte ihn an. "Andererseits, vielleicht entgeht dir da was."

Therom fühlte, wie er eine Gänsehaut bekam. Gleichzeitig schoss ihm das Blut nicht nur in die Wangen, sondern auch noch in sein bestes Stück.

Karen, die seine Gänsehaut bemerkte, ließ ihre Hand zwischen seine Beine fahren. "Runde neun? Therom, du bist ja wirklich unersättlich", schnurrte sie und glitt höher, um seinen zaghaften Protest unter ihren Küssen zu ersticken. Während Karen wieder einmal das Ruder übernahm und Stellung, Tempo und seinen Erregungsfaktor bestimmte, war der Fioran noch immer gefangen zwischen seiner körperlichen Begierde und der Erkenntis, wer die Frau war, die gerade rittlings auf ihm saß und mit ihren rhythmischen Beckenbewegungen das Blut aus seinem Gehirn abfließen ließ, um andere Körperteile zu unterstützen. Seine Blicke, seine Hände, all seine Sinne glitten dabei über ihren perfekten Körper, ihre nackten Brüste, die schmale Taille, die alleine schon einen gestandenen Mann dankbar heulen lassen könnte, hätte er das Glück gehabt sie zu berühren. Ihre perfekt proportionierte Hüfte und das nahezu perfekte Gesäß ließen ihn in diesen sinnlichen Momenten am Rande von Wahnsinn und Ekstase schwanken. Ein Gefühl, wie er es so noch nicht erlebt hatte.

Sie kamen zusammen, und erschöpft und befriedigt ließ sich das Mädchen, das er so nie kennen gelernt, geschweige denn eingeschätzt hätte, wieder auf seine Brust sinken. "Na, das ging ja gerade so."

Erstaunt riss Therom die Augen auf. "Wie, das ging gerade so? Und das fällt dir nach dem neunten Mal ein?"

Sie lächelte ihn aus halb geschlossenen Augen an. "Ich weiß nicht was deine Dai-Kuzo-sama dir so tolles beigebracht hat, aber damit ich wirklich mit dir zufrieden bin, mein lieber Fioran, werden wir noch oft und viel miteinander üben müssen." Ermattet schoss sie die Augen. "Sehr viel und sehr oft."

Überrascht sah er Karen an, wie sie beinahe sofort einschlief. Zögernd schloss er die Arme um sie und drückte sie an sich. Nein, diese Entwicklung hatte er nicht erwartet. Er hatte auch diese Seite an ihr nicht erwartet. Aber er war nicht überrascht, enttäuscht oder brachte ihr irgend ein anderes negatives Gefühl entgegen. Im Gegenteil. Es hatte sich alles so... Gut angefühlt. So perfekt. So richtig. So vollkommen. Er hatte den Sex, nein, die Liebe mit ihr wirklich sehr genossen. Und er hatte sich vor dieser Facette ihrer Persönlichkeit nicht erschrocken. Im Gegenteil, diese Leidenschaft passte zu ihr ebenso wie das alltägliche Lächeln, das sie ihm in den letzten sechzig Jahren geschenkt hatte.

Erstaunt schlug er sich eine Hand vor die Stirn. Himmel hilf, hatte er sich etwa in Karen verliebt? Ausgerechnet in Angrids Schwester? Was das für ihn persönlich bedeutete stand außer Frage. Noch höher hätte er seine Hoffnungen und Träume nur noch stecken können, wenn er Vortein einen Antrag gemacht hätte. Oder Eridia Arogad.

Andererseits, warum hatte sie mit ihm geschlafen? Und warum war er immer nur Wachs in den Händen aggressiv auftretender, sexuell aktiver Frauen, die ihn wollten?

Ja, was sah sie in ihm? War es die Erfahrung mit Dai-Kuzo, die sie fasziniert hatte? Oder... Ihm stockte für einen Moment der Atem, als er den Gedanken beendete. Oder liebte sie ihn?

Dieses ein Wort, nur gedacht, ließ einen Schauder durch seinen Körper laufen, der durchaus mit einem Orgasmus mithalten konnte, aber auf seine ganz eigene Art viel intensiver war. Und im selben Augenblick erkannte er, was für ein Idiot er doch die ganzen Jahre gewesen war. Er hatte sich nicht gerade erst in Karen verliebt. Nein, das lag schon weiter, viel weiter zurück. Er hatte dieses Gefühl immer unterdrückt, weil er seinem besten Freund gerecht werden wollte, und sich dabei eine Askese auferlegt, die ihm jetzt sehr idiotisch vorkam. So, er liebte also Karen Taral, die Tochter von Aris und Vortein, Schwester von Angrid, Patenkind von Michael und Eridia. Mit dieser Erkenntnis musste er nun leben. Und Karen selbst? Sie hatte zwar gesagt, dass sie mit ihm noch viele Male üben wollte, aber konnte man das als Anzeichen ihrer Liebe sehen? Das sie etwas für ihn, den besten Freund ihres überprotektiven Bruders, empfand, wusste er. Aber Liebe?
 

Als das Telefon neben dem Bett klingelte, wollte Therom danach greifen. Aber Karens Hände hielten seinen Arm fest. "Geh nicht ran", bettelte sie. "Egal wer es ist, er kann warten. Bleib hier bei mir. Lass mich diese Illusion noch etwas genießen. Ich..." Sie schluckte und schloss die Augen wieder. "Ich will dich nicht mehr gehen lassen, Therom. Du gehörst mir nicht, aber ich will dich nicht mehr los lassen."

Diese Worte jagten eine Hitzewelle durch seinen Leib. Fassungslos sah er sie an. Konnte das wirklich sein? War es möglich? War dieses verdammte Universum ein einziges Mal gerecht?

Er küsste ihre erröteten Wangen und ignorierte das Klingeln. "Bereit für Runde zehn?"

"Ach, ist die Pause schon vorbei?", neckte sie ihn.

***

Am nächsten Morgen checkten die beiden erschöpft, aber glücklich - und dank der zwei ausgiebigen Snacks zwischendurch - nicht völlig entkräftet aus. Sie nahmen ein gemeinsames Taxi zurück zur Firma und verabschiedeten sich in der Lobby. Karen gehörte zum Yodama-Department im zweiten Stock, offiziell war sie Übersetzerin. Therom hingegen war Mitglied des Vorstands mit Schwerpunkt auf Auftragsakquise. "Wann sehe ich dich wieder?", fragte sie wehmütig.

"Zur Mittagspause?"

Karen verdrehte die Augen. "Sehr witzig, Therom Fioran."

"Wir müssen es ja nicht wieder so ausufern lassen. Diesmal vielleicht nur ein kleines Essen..."

"Und vielleicht ein Kuss? Oder zwei? Oder...?" Verheißungsvoll küsste sie den Fioran.

"Überredet." Er erwiderte den Kuss und gab sie danach frei. Wehmütig sah er sie im Aufzug verschwinden, bevor er selbst in den Expresslift für die Chefetage stieg.
 

"Verdammt, Tjore, wo warst du?", empfing ihn Michael Berger besorgt. "Ich habe dir gestern den ganzen Nachmittag hinterher telefoniert! Du hast hier immer noch einen Job zu erledigen, oder?"

Therom hob die Schultern. "Tut mir Leid, Michael. Ich habe die ganze Zeit verschlafen. Was gab es denn so dringendes?"

"Ich hätte dich sehr gut für eine Gegenkostendarstellung gebrauchen können, um diesem verrückten Air Force-General die Luft aus den Segeln zu nehmen. Wir haben ihn einfach nicht davon überzeugen können, dass Berger Co. nicht interessiert ist. Stattdessen referierte er über Subventionen, staatliche Fördergelder und den Nutzen für die bemannte Raumfahrt. Armin ist für dich dann eingesprungen und hat dem lieben General klar gemacht, dass wir so oder so bei seinem Plan würden drauf zahlen müssen."

"Ist Finanzierung nicht eh sein Aufgabengebiet?", fragte Therom stirnrunzelnd.

"Nicht wenn es um Auftragsakquise geht", tadelte Michael. "Um neun kommen die Taiwanesen. Ein Deal für eine Modelinie, mit der wir achthundert Großverteilerzentren in Nordamerika kurzfristig und zweitausend langfristig beliefern können. Du hast eine halbe Stunde Zeit, mir eine Kosten-Nutzen-Rechnung zu liefern."

"Ist längst vorbereitet. Ich bin nicht vollkommen unzuverlässig, Michael", erwiderte Therom pikiert.

"So? Dann hole deine Notizen. Ich will das Fazit wissen, bevor ich mit den Taiwanesen rede."

"Ist gut, Chef."
 

Als er sein Büro betrat, hatte er noch gute Laune. Den Deal und die Kosten-Nutzen-Rechnung mit den Asiaten hatte er schon vor langer Zeit vorbereitet. Ein Geschäft, an dem die Firma Berger wahrscheinlich ein paar Dutzend Millionen pro Jahr verdienen würden. Natürlich auf Kosten der Binnentextilindustrie, aber Business war kein Kuschelkurs, sondern knallharte Arbeit.

Ihm rutschte allerdings das Herz in der Hose, als er Angrid in seinem Büro arbeiten sah.

Der Taral sah auf als er Therom hörte. Er lächelte verlegen. "Entschuldige. Ich bin gestern Abend nicht mehr dazu gekommen, deine Unterlagen wieder weg zu räumen. Gefunden habe ich sie recht einfach. Gelobt sei dein Ordnungssinn. In einem Büro wie meinem hätte ich wahrscheinlich mehr Erfolg gehabt, indem ich den Aktenschrank sprenge und die unverbrannten, herausgeschleuderten Papiere sortiert hätte."

Therom fühlte, wie sein Blut absackte. Kreidebleich starrte er seinen besten Freund an. "Ich habe mit Karen geschlafen."

"Und wenn ich schon mal dabei war, wollte ich auch gleich deine Zahlen für den Taiwan-Deal suchen. Da sind sie ja auch schon. DU HAST WAS?"

Entgeistert und mindestens ebenso bleich wie er starrte Angrid ihn an. Sein linkes Augenlid zuckte unkontrolliert und seine Rechte, welche die Dokumente hielt, hatte sich um den Pappeinband gekrampft und ihn bereits zerquetscht.

"Ich habe mit Karen geschlafen. Gestern Mittag, gestern Nachmittag, gestern Abend, gestern Nacht und heute Morgen. Mehrfach."

Kreidebleich wie er war ließ sich Angrid auf einen Sessel sinken. "Du hast... Und ich dachte immer, du... Ich dachte du wärst mein bester Freund, und..."

"Ich habe keine Ausreden anzubieten. Ich stehe zu dem was ich getan habe."

"Natürlich wirst du das!" Und natürlich wirst du für das, was du getan hast, voll gerade stehen!", rief Angrid und fuhr auf. "Du wirst sie heiraten! Jawohl, heiraten! Und dann ziehst du mit ihr in eine schöne Parterre-Wohnung, damit die Pfleger dich in deinem Krankenbett auch ab und zu an die frische Luft schieben können, während deine Knochen heilen, die ich dir jetzt brechen werde!"

"Du hast es nicht gewusst?", fragte Therom erstaunt. "Wer hat uns dann im Hotelzimmer angerufen?"

"Natürlich habe ich es nicht gewusst! Ich habe dir vertraut! Ich wollte dir im Aufzug auch nur sagen, dass du Karen an meiner Stelle ausführen sollst, weil ich noch einen plötzlichen Termin hatte, aber... Aber ich hätte nicht gerechnet, dass du mein Vertrauen so missbrauchst! Einfach meine kleine Schwester zu verführen!"

"Erstens geht deine kleine Schwester auf die Siebzig zu, was selbst bei uns Naguad als erwachsen durchgeht, und zweitens hat sie mich verführt. Allerdings brauchte es dazu nicht viel."

"Oh. Das klingt zumindest nach einer waschechten Taral. Meine Familie hatte schon immer das richtige Händchen für Hormone und dergleichen. Aber das kommt wohl eher von Mutter. Vater ist in der Beziehung eher unbegabt." Wütend sah Angrid den Freund an. "Versuche nicht mich abzulenken, ja?"

"Versuche ich doch gar nicht!", begehrte der Fioran auf. "Es ist halt passiert und ich habe es sehr genossen. Und wenn du sie gut genug erpressen kannst, dass sie über meine Unzulänglichkeiten hinweg sieht, werde ich sie auch heiraten, und... Und..." Er schluckte trocken.

Fassungslos schüttelte Angrid den Kopf. "Du bist der Mann, den sich Dai-Kuzo ausgesucht hat. Du bist der Mann, der etwas erlebt hat, wovon alle anderen Männer nur träumen können. Und du hast immer noch diesen dämlichen kleinen Minderwertigkeitskomplex? Therom, warum tust du dir das dauernd an?" Mürrisch sah Angrid zur Seite. "Ich meine ja nur, von allen möglichen Kandidaten für meine Schwester wärst du derjenige, mit dem ich noch am besten leben könnte. Das habe ich schon immer gedacht."

"Was?" Irritiert griff sich der Fioran an die Schläfe und senkte den Blick. "Noch mal kurz für die billigen Sitzplätze... Du hast gedacht, ich und Karen würden gut zusammenpassen, und du hast es mir nie gesagt? Ich verschwende fünfundvierzig Jahre meines Lebens damit, meiner Traumfrau aus dem Weg zu gehen, und du denkst, wir passen eigentlich zusammen? Bei allem was mir heilig ist, Angrid, aber... Was zum Henker tust du da? Warum wendest du mir den Rücken zu?"

"Ich schmolle. So wie du redest muss ich ja glauben, du hättest Angst davor, das ich dir wirklich alle Knochen zertrümmere. Dich umbringe oder dich verstümmele, foltere oder langsam zu Tode quäle."

"Nun, vielleicht nicht so extrem wie du es darstellst, aber ich hatte nie wirklich das Gefühl, du würdest eine Liaison zwischen Karen und mir positiv gegenüber stehen."

"Ach, genau. Und deshalb habe ich dich gestern mit ihr auch allein gelassen. Oder letzten Monat. oder letztes Jahr die drei Termine. Oder davor das Jahr. oder noch ein Jahr zuvor sogar viermal, davon einmal am Weihnachtsabend!"

"Langsam, langsam", sagte Therom mit irritiertem Lachen, "das klingt ja schon fast so, als hättest du uns verkuppeln wollen."

Angrid sah über seine Schulter kurz zu dem Fioran herüber, bevor er frustriert schnaubte und die Wand wieder interessanter fand.

"Ich nehme mal ganz stark an, dass Karen endlich der Kragen geplatzt ist. Wenn sie auf dich gewartet hätte, müsste sie wahrscheinlich länger als zweitausend Jahre leben. Die Sache mit Eikichi und Helen hat ihr wohl da den Rest gegeben."

Therom lachte leise auf.

"Was ist daran so witzig?"

"Oh, ich stelle mir gerade vor, wie Eikichi reagiert, wenn er von Helens beiden selbst ernannten großen Brüdern überraschenden Besuch bekommt und sich eventuell fragt, wir könnten ihm seine Beziehung verleiden. Den Schreck gönne ich ihm schon. Immerhin war es seine Sturheit, die Helen hat leiden lassen."

"Und du meinst, das versöhnt mich damit, dass du mit meiner Schwester geschlafen hast? Dummkopf."

"Hast du mir nicht gerade zu erklären versucht, dass du mich sowieso mit ihr zusammenbringen wolltest?", spöttelte Therom.

"Unter meiner strikten Kontrolle und in einer entsprechenden Atmosphäre. Aber doch nicht so... So wild durcheinander. Ich meine, habt ihr wenigstens ordentlich verhütet, oder werde ich jetzt noch Onkel?"

Therom winkte ab. "Ach komm. Trotz allem bin ich kein Anfänger und... Das ist eine interessante Frage. Habe ich eigentlich verhütet?"

Entsetzt sprang Angrid auf. "Ich bin noch zu jung, um Onkel zu werden! Und von Babypflege weiß ich nur das, was ich damals gelernt habe, als Helen in dem Alter war!"

"Beruhige dich wieder, Meister der Unerschütterlichkeit. Wie ich schon sagte, ich bin kein Anfänger mehr. Ich habe sie natürlich nicht geküsst, damit sie nicht schwanger wird."

Angrid legte beide Hände vor sein Gesicht und seufzte. "Ich Idiot. Warum frage ich dich? Warum gebe ich dir eine solche Vorlage? Immer wenn ich dir den kleinen Finger reiche, nimmst du dir die ganze Hand. Und das mit einer Zuverlässigkeit, die mich nicht mehr überraschen sollte." Er sah wieder auf. "Also, habt ihr?"

"Hat das Renaissance-Hotel eine gut bestückte Hausapotheke mit Service rund um die Uhr?"

"Halunke", knurrte Angrid ärgerlich. Er erhob sich, griff nach der halb zerknüllten Pappmappe und drückte sich an Therom vorbei auf den Gang. "Jetzt bin ich sauer. Und wenn ich sauer bin, muss jemand büßen."

"Ich bin es anscheinend nicht. Wen hast du denn so im Auge für die Opferrolle?"

Angrid grinste breit. "Na wen wohl? Eikichi Otomo natürlich. Wir fliegen gleich nach der Konferenz nach Japan rüber. Nimm Karen mit. Als Helens Bluthund wird sie dabei sein wollen."

"Du wirst ihn doch nicht umbringen? Angrid?"

Der große blonde Mann lächelte schief. "Natürlich nicht. Aber kann ich etwas dafür, wenn er es denkt?"

"Bestie", murmelte Therom und folgte ihm zum Konferenzraum. Der arme Eikichi Otomo. Andererseits, wenn er Angrid Taral überlebte, würde auch Oren Arogad kein Problem mehr für ihn sein.
 

3.

Schweigend saßen die beiden Männer und die Frau im Fond der schweren Limousine, während sich der Wagen seinen Weg durch den Tokyoter Stadtverkehr bahnte. Die japanische Hauptstadt war in letzter Zeit beträchtlich angewachsen, sodass man von einer Stadt Tokyo kaum noch sprechen konnte. Eher von einer Art Großbezirk... Seit einige pazifische Inselarchipel ebenfalls zum Großraum gehörten, zumindest.

Der Weg zum großen Otomo-Anwesen im Kanto-Bezirk war jedenfalls sinnlos gewesen. Der Hausherr war ausgeflogen. Und mit ihm seine Braut. Karl, die treue Seele der Otomos, hatte ihnen dann eine Adresse in einem der familiäreren Bezirke gegeben, in denen es große Häuser mit ausufernden Gärten gab - in einer Stadt wie Tokyo, die ständig nach Platz gierte, eine absolute Todsünde und ein Zeichen für Geld. Aber wie Angrid den jungen Eikichi kannte, hatte der es mit seinem neuen Haus nicht übertrieben. Gerade ausreichend, um notfalls für ein paar Tage als Gastquartier für die ganze Verwandtschaft zu dienen - oder als provisorisches Hauptquartier für seine Firma.

Als der schwere Wagen endlich die Schnellstraße verließ und in das Gewirr einer Wohngegend einfuhr, lehnte sich Angrid entspannt zurück und gähnte. "Wisst ihr, dass..."

"Still!", fuhr ihm seine Schwester dazwischen.

Angrid sah sie überrascht an. "Aber..."

"Kein Wort, habe ich gesagt." Ihr Blick war zwingend, beinahe mörderisch.

Therom schnaubte amüsiert. "Da sieht man mal wieder, dass..."

"Du auch!"

"Ich auch? Was habe ich denn..."

"Still!"

Resigniert gab Therom auf. Normalerweise gab sich Karen nicht so dominant, herrisch und launisch. Bestenfalls fordernd, und fordernd und fordernd. Oh ja, das konnte sie.

Therom und Angrid wechselten ein paar wissenden Blicke. Der von Angrid verspottete den besten Freund und warf ihm vor, schon unter dem Pantoffel seiner Schwester zu stehen. Therom revanchierte sich mit rollenden Augen und dem Hinweis, dass der große Bruder nicht minder parierte. Die beiden sahen zu Karen herüber. Aber sie war überhaupt nicht bei der Sache. Ihre Wangen waren blass, beinahe fahl. Sie biss sich auf die Unterlippe, und ein dünner Faden Blut bewies, dass die Haut bereits durchgebissen war. Karen merkte es nicht einmal. Ihr Blick war stetig nach vorne gerichtet, aber ihre Haltung steif, und die Augen unnatürlich weit geöffnet. Sie war hochgradig nervös, angespannt und hatte Angst. Als sie die Blicke der beiden Männer endlich bemerkte und die Sorge in ihnen sah, ächzte sie gespielt und ließ sich zu einer Antwort herab: "Vortein ist auch da."

Angrids Augen leuchteten auf. "Mutter? Sehr gut. Sie wird Eikichi ganz schön..."

"Du hast Redeverbot", erinnerte Karen ihren Bruder. "Und außerdem hoffe ich genau das nicht. Ich meine, sogar Eri hat nichts gegen Eikichi, und das ist doch ein tolles Zeichen. Aber wenn Vortein nun..." Wieder biss sie sich auf die Unterlippe. Ihre Sorge galt eindeutig Eikichi Otomo, und damit der Beziehung zu Helen, im Umkehrschluss wiederum ihrer Schutzbefohlenen. Damit war bewiesen, dass Karen in jedem Fall hinter den beiden stand. Aber was konnte Vortein Arogad schon großes tun, was die junge Taral derart in Sorge fallen ließ? Therom gab sich die Antwort resignierend selbst: Verdammt viel.
 

Als der Wagen vor einem netten kleinen Anwesen hielt, stellte Therom verärgert fest, dass er ohne es zu merken bereits auf Eikichis Seite gerutscht war. Und maßgeblich daran beteiligt war Karen gewesen. Dabei hatte er sich doch fest vorgenommen, sich nicht überfahren zu lassen, nicht einfach ihrer Führung zu folgen, und sich eine eigene Meinung zu bilden. So hatte zumindest der Plan ausgesehen.

Angrid hingegen schien bester Laune. Das konnte gut, das konnte schlecht für Eikichi Otomo sein. Tatsache war jedenfalls, dass er ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Mutter hatte. Spötter, von denen übrigens keiner mehr lebte, hatten ihm mal einen Ödipus-Komplex unterstellt und darin die Lösung für seine Bindungsängste gesehen. Sie hatten ja nicht wissen können, dass es Angrid belastete, Träger des Keys zu sein, der diese Welt retten half. Diese Unsicherheit war es, die ihn unfähig machte, eine feste Bindung einzugehen. Oh, er würde das niemals zugeben, aber Therom kannte ihn schon viel zu lange, viel zu gut.

An der Mauerpforte, die das Grundstück von der Straße abtrennte, standen zwei uniformierte Wächter. Uniformiert, wenn man wusste, was schwarze Sonnenbrillen, schwarze Anzüge und die diskrete Beule unter dem Jackett auf Höhe der linken Brust bedeuteten. Leibwächter des Hauses Yodama. Ein deutlicheres Zeichen, dass Vortein in der Nähe war, gab es nicht.

Der Linke nickte ihnen zu. "Guten Morgen, Ms. Taral. Mr. Taral. Mr. Fioran." Er öffnete die Tür und winkte die drei Naguad hinein.

Vor der Haustür standen noch einmal zwei Wächter, diesmal Bluthunde der Arogads. Therom kannte beide persönlich, wenn auch nur von ein paar wenigen Einsatzbesprechungen der Unternehmungen gegen Toras Netzwerk. Auch hier wurden sie freundlich begrüßt und durch gewunken. Die Haustür öffnete sich... Und bot ihnen an, in die Hölle einzutreten.
 

Als erstes schlug ihnen die Druckwelle entgegen. Karen, die nur einen leichten Rock trug, hatte sichtliche Mühe, das Kleidungsstück in akkurater Form zu halten. Dann folgte das Licht. Therom, der noch immer fasziniert auf die Szene starrte, wurde derart geblendet, das er minutenlang nur noch bunte Lichter sah. Und schließlich kam ES.

"Ah, verdammt, meine Augen! Mutter, was tut ihr hier?"

Vortein Arogad wandte sich von ihrer beobachtenden Position knapp außerhalb des Kreises um und lächelte den drei Neuankömmlingen entgegen. So wie sie sahen weitere fünf Personen zu, unter ihnen Helen Arogad und ihre Mutter Eridia, während vier Priester in einem Kreis saßen, in dessen Zentrum Eikichi Otomo einen halben Meter über dem Boden levitierte und in regelmäßigen Abständen Licht und Druckwellen emissierte.

Als Therom wieder sehen konnte, stellte er einerseits fest, das im Haus keinerlei Zwischenwände verbaut worden waren, und andererseits nichts existierte, von einer schönen Fassade, der Decke und einem Holzdielenfußboden abgesehen. "Das würde mich auch interessieren!"

Vortein Arogad kam ihnen entgegen. Von der anderen Seite des Kreises folgte ihr Dai-Kitsune. Der Rotschopf grinste schief, als sie die Neuankömmlinge erkannte. Angrid lächelte überrascht.

"Ihr kommt gerade rechtzeitig. Ich habe Arno Futabe gebeten, das AO-Potential von Eikichi auszuloten. Er kommt aus einer starken Familie mit hervorragenden Anlagen, um das AO zu schmieden und zu verwenden. Im Moment aber reflektiert er nur. Furios, zugegeben, aber es ist lediglich eine Reaktion. Seine manipulativen, offensiven Fähigkeiten sind erbärmlich."

"Dennoch hat er eines der größten KI-Potentiale der Erde", meldete sich Kitsune zu Wort. "Ich meine, man muss nicht aus einer starken Familie kommen um gut darin sein mit seinem KI umzugehen. Aber es ist manchmal recht hilfreich. Im Moment gefährdet er sich aber eher selbst, deshalb sind wir gerade dabei, zwei Drittel seiner Kräfte zu versiegeln. Da seine defensiven Fähigkeiten aber auch noch unbewusst ablaufen, dauert es ein wenig und führt zu leichten Nebenwirkungen."

"Leichte Nebenwirkungen?", ächzte Therom. "Brennt da hinten nicht die Wand?"

Kitsune ließ sich einen prächtigen Fuchsschweif wachsen, mit dem sie einmal kurz wedelte. Die Druckwelle blies die Flammen aus. "Wo?", fragte sie scheinheilig.

Helen trat nun ebenfalls zu ihnen herüber. In ihren Augen stand pure Begeisterung. "Hallo, Karen, Angrid, Therom! Habt ihr so was schon mal gesehen? Ich meine, ihr Bluthunde seid so was sicher gewohnt, aber in dieser Stärke? Onkel Arno meinte, wenn Eikichi von klein auf trainiert hätte, dann wäre er mit vierzehn bereits ein überragender KI-Meister geworden! Ist das nicht erstaunlich? Allerdings bezweifle ich, dass er die Geduld aufbringt, sein KI jetzt noch ein Jahrzehnt zu trainieren, um es zielgerichteter einzusetzen."

"AO", verbesserte Vortein.

"KI", widersprach Kitsune.

"AO!", wiederholte Vortein und sah die Füchsin böse an.

"KIIII!", sagte diese stur und starrte zur größeren Frau ebenso böse hinauf.

Helen seufzte. "Mama, die beiden streiten schon wieder!"

Entsetzt fuhren Vortein und Kitsune herum, gerade rechtzeitig um sehen zu können, wie Eridia Arogad die linke Augenbraue beträchtlich in die Höhe zog. Dabei entstanden Falten auf ihrer Stirn, und das bewies, dass dies gewiss nicht die erste Runde zwischen der Arogad und der Dämonin gewesen war. Und das die Erbin des Arogad-Turms mittlerweile sauer genug war, um den Disput der beiden gewaltsam zu beenden.

Vortein und Kitsune ergriffen jedenfalls den leichteren Part der Tapferkeit und demonstrierten eine für sie ungewöhnliche Einigkeit. Der Anblick der beiden, sich aneinander lehnenden Frauen mochte den Insider zum lachen bringen. Allerdings wog das Wissen schwerer, dass es durchaus das letzte Lachen des Lebens sein konnte.

"So", sagte Helen zufrieden. "Wäre das auch geklärt. Mama meint jedenfalls, dass wir uns um Eikichis enormes Potential zu wenig gekümmert haben. Es muss unter Kontrolle gebracht werden, damit es uns nicht schadet." Sie kicherte verlegen. "Sie meinte, er könnte mich vielleicht verletzten, wenn er beim Sex die Kontrolle über sich verliert."

"Das sagt man nicht so blümerant", tadelte Therom erschrocken. "Vor allem du nicht, junge Dame!"

"Was denn, was denn? Auf einmal prüde geworden, Herr "Die Herrin der Dämonen will mich öfters mal"-Fioran?" Sie lachte auf, als sie das Entsetzen in Theroms Blick sah. "Schon gut, schon gut. Das mit dem Sex ist ja auch nur einer der Gründe. Ein anderer ist, dass Eikichi sich tatsächlich keine Zeit nehmen will, um sein KI beherrschen zu lernen. Onkel Arno hat dafür zehn Jahre veranschlagt. Er meint, es ist besonders schwierig jemandem die Grundbegriffe der KI-Manipulation beizubringen, wenn er es schon jahrelang falsch praktiziert hat. Und das will Eikichi ja nicht." Helen seufzte. "Ich will ja auch nicht zehn Jahre auf ihn verzichten, und so. Onkel Arno hat dafür nämlich ein sibirisches Bergkloster vorgeschlagen, in dem sechzehn Stunden am Tag trainiert und den Rest der Zeit gebetet wird. Und dann ist da auch noch der Aspekt, die wahre Stärke seines Potentials auszuloten. Das ist wichtig für unsere Kinder, wisst ihr?"

"Ach, Kinder? So weit seid ihr schon? Wie überaus interessant. Weiß Eridia das?"

"Nur kein Neid, mein lieber Vetter. Es war ja Mutters Idee, mehr über Eikichis Potential zu erfahren. Wir haben auch seine Cousins und Cousinen in dieser Generation bereits getestet, aber ihre Potentiale sind nicht annähernd so ausgeprägt wie seines. Mutter ist wirklich begeistert bei dem Gedanken, was für Kinder aus unserer Verbindung entstehen werden."

"Du bist also fest entschlossen", stellte Karen fest. "Gute Arbeit."

"Natürlich bin ich das. Ich habe lange genug darüber nachgedacht und mich entschieden. Eikichi ist meiner, und niemand nimmt ihn mir wieder weg."

"Dann wird es dich ja freuen, dass Karen sich auch einen geangelt hat", sagte Angrid trocken.

Misstrauisch sah Helen ihren Cousin an. "Und er lebt noch, obwohl du gesund und aufrecht vor mir stehst? Wer ist er? Gott?"

"Nahe dran. Mein bester Freund, der mich schmählich verraten und verkauft hat."

"Höre nicht auf ihn", riet Karen. "Das ist nur seine Art, mir und Therom Glück zu wünschen." Karen zwinkerte Helen zu, die mit großen Augen zurück starrte. Sie deutete auf Karen. "Du?"

Die Taral nickte. "Und er?" Ein wenig zögerlich, dann aber entschlossen, nickte auch er.

"Und du hast da nichts gegen?", fragte sie zweifelnd an den Taral gerichtet.

Angrid räusperte sich verlegen. "Also, nichts ist untertrieben. Ich werde Therom langsam und schmerzvoll töten müssen, wenn er Karen jemals weh tut. Aber ansonsten muss ich ja meine Schwester ihr eigenes Leben leben lassen."

Helen klappte die Kinnlade herab. Nur mühselig gewann sie die Kontrolle zurück. "Wer bist du, und was hast du mit Angrid Taral gemacht?"

"Hör auf", fauchte er zurück. "So schlimm bin ich nun auch wieder nicht!"

Karen lachte dazu höhnisch und bitter. "Oh doch, du bist so schlimm. Aber den hier behalte ich jetzt. Basta." Sie lächelte zu Kitsune herüber. "Danke an deine Chefin. Sie hat ihm ein paar wirklich gute Tricks beigebracht."

Großmütig winkte Kitsune ab. "Ja, ja, die Amateur-Liga. Wenn du mal bei uns in der Oberliga rein schnuppern willst, gib Bescheid. Ich habe nichts dagegen, zwei Studenten zugleich zu haben, Karen-chan."

"Ähemm!" Vortein sah düster in die Runde. "Können wir an dieser Stelle den Disput unterbrechen und wo anders fort setzen? Die Mönche dürfen nicht unterbrochen werden, und ich habe da zufällig ein paar wichtige Fragen an meinen zukünftigen Schwiegersohn. Er wird doch mein Schwiegersohn, oder?"

"An mir soll es nicht scheitern", versprach Karen großmundig.

Therom griff an seinen Kragen und lüftete ihn. Auf einmal war ihm sehr, sehr warm.

"Moment, Auszeit. Warum darf das Ritual nicht unterbrochen werden?", hakte Angrid nach.

"Weil sie schon seit acht Tagen dabei sind und keiner Lust hat, so etwas noch einmal durchstehen zu müssen", erwiderte Helen säuerlich. "Also gehen wir besser irgendwo einen Tee trinken. Nicht, dass wir die Konzentration der Mönche so kurz vor dem Ziel noch stören und alles zunichte machen."

"Ist dir eigentlich bewusst, dass man so etwas nicht sagt, Helen? Es könnte genau die Situation herauf beschwören, die du eigentlich nicht haben willst", tadelte Kitsune.

"Ha. Lächerlich. Das ist eine Chance von eins zu einer Milliarde. So unwahrscheinlich, darüber denke ich nicht mal nach."

"Dann solltest du Staatliches Lotto spielen, wenn du bei dieser Quote bereits Glück hast", grollte eine dunkle Stimme, Augenblicke bevor die Tür zum Garten in den Raum geschleudert wurde.
 

4.

Als die Tür auf den Kreis der Mönche zuflog, wurde selbst das leichte, mit Papier bespannte Holz zum Geschoss. Bevor sie jedoch Schaden anrichten konnte, war der fünfte Beobachter dazwischen und wischte die Tür mit einer nebensächlichen Handbewegung beiseite. Sie wurde an der nächsten Wand zerschmettert. Dai-Okame-sama entblößte sein Gebiss zu einem wölfischen Knurren.

"Ach, wie nett. Die Dai-Kollegen sind auch da. Na, dann spare ich mir ja einen Weg." Ein großer, elegant gekleideter Mann betrat das Haus. Er trug einen schwarzen Smoking, einen schwarzen Chapeau Claque, einen schwarzen Spazierstock mit Diamantspitze sowie einen goldrandigen Zwicker, der in seinem rechten Auge festgeklemmt war. Den Chapeau nahm er im Haus ab und faltete ihn ein. Darunter kam schwarzes, stark pomadiertes Haar zum Vorschein, das er elegant gescheitelt hatte. Überflüssig zu erwähnen, dass er schwarze, auf Hochglanz polierte Lederschuhe trug. Er lächelte gewinnend in die Runde, sah von einem zum anderen. "Dai-Kitsune-sama, guten Tag. Dai-Okame-sama, wie immer schlecht gelaunt. Eridia-chan, es ist mir eine Freude, dich zu sehen. Und natürlich Hallo, Tochter von Eridia-chan und Michael-kun. Ihr übriges Gewürm haltet einfach still, dann passiert euch nichts."

Auf Eridias Stirn erschien eine steile Falte, die zwischen ihren Augenbrauen stand. "Dai-Pengin-sama. Was willst du hier?"

"Dai-Pengin-sama? Der Kerl ist ein Dämon?", rief Angrid erstaunt.

"Sieht ganz so aus. Aber Pengin... Herr der Pinguin-Dämonen? Ist irgendwie etwas uncool, finde ich", kommentierte Therom.

"Daran erkennt man wieder einmal, wie wenig Erfahrung ihr Naguad doch erst habt", tadelte Kitsune. "Von den Rebellen unter Dai-Tora ist Dai-Pengin einer der Stärksten, wenn nicht gleich die Nummer zwei. Und außerdem einer der gröbsten und gefährlichsten, also lasst euch nicht von seinem höflichen Gehabe täuschen. Er kann euch töten, und er wird dabei nicht zögern, falls ihr sein Interesse weckt."

"Höfliches Gehabe? Ich glaube mich zu erinnern, dass er uns alle Gewürm genannt hat. Also ich nehme das persönlich, Frack hin, Frack her", sagte Angrid beleidigt.

"Nimm es später persönlich", zischte Kitsune.

Dai-Pengin verbeugte sich leicht vor Eridia. "Mein liebstes Mädchen, meine allerliebste Außerirdische. Kannst du mir, um der alten Zeiten willen und im Anbetracht der wundervollen Kämpfe, die wir gegeneinander gefochten haben, es heute einmal für mich leichter machen?"

"Warum sollten wir dir Verräter irgend etwas leichter machen?", fauchte Kitsune und sprang an Eridias Seite. "Erledigen wir dich besser gleich und hier!"

Die freundliche Miene des Dämonen wurde düster. "Du drohst deinem alten Lehrmeister? Und du glaubst, es mit ihm aufnehmen zu können? Kitsune, kennst du noch immer nicht deinen Platz?"

Die Dämonin begann zu zittern. Ihre Hände transformierten unkontrolliert und bekamen Fuchskrallen, die sich nur langsam wieder zurückbildeten. Außerdem poppten zwei Fuchsohren aus ihren Haaren hervor. Auch sie verschwanden erst, nachdem das Zittern der Füchsin aufgehört hatte. "Ich habe lange trainiert, ich habe viel an mir gearbeitet. Ich bin einen weiten Weg gegangen, um hier stehen zu können, an dieser Stelle. Ich habe jeden Tag trainiert und mich immer wieder gefragt warum du uns verraten hast. Und ich habe mich gefragt, warum du mich nicht mitgenommen hast, wenn es dir doch so wichtig war. Aber die Antwort war simpel, auch wenn ich Jahre brauchte um sie zu erlangen: Du wusstest, das ich Dai-Kuzo immer über meinen Lehrmeister stellen würde. Du hast mich damals schon gefürchtet, und heute, nach vielen Jahren, in denen ich mich gestählt habe, bin ich dir ebenbürtig, vielleicht überlegen."

"Junge, Junge, wäre dies ein Theaterstück, würde ich jetzt aufstehen und gehen. Sie trifft den alten Meister wieder, der sie verraten hat, und heute ist der Tag gekommen, an dem sie stärker ist, prompt taucht der alte Meister auf... Ich würde den Autor verprügeln."

"Hältst du mal die Klappe?", zischte Helen. "Es ist ihr todernst, Angrid."

"Ist doch wahr", brummte der Taral, enthielt sich aber weiterer Kommentare.

Der Herr der Pinguin-Dämonen trat vor und ergriff Kitsunes Kinn mit der Rechten. Dann hob er ihr Gesicht an. "Du hast sehr viel mehr Feuer in den Augen. Das ist gut. Denn nichts wäre schlimmer für mich, als das kleine Mädchen zu töten, das ich aus Mitleid trainiert habe. Nur woher nimmst du die Illusion, du könntest mich auch nur ansatzweise eingeholt haben? Mich, den größten Krieger der Daimon?"

Wütend entriss sie ihr Gesicht seiner Rechten. Sie stützte mit rechts gegen den Rückschritt und beugte sich leicht vor, um ihren Schwerpunkt zu verlagern und voran stürmen zu können. Doch Eridias Linke auf ihrer Schulter hielt sie zurück. "Warte! Dai-Pengin-sama, du wirkst nicht so als wärst du mit dem festen Willen her gekommen, uns auszulöschen. Also, was willst du?"

Ein Lächeln huschte über Pengins Gesicht. "Wie immer, Eridia-chan. Du liebst es zu reden und Konflikte fortzudiskutieren, anstatt deinen Gegner einfach auszurotten. Aris hat mir erzählt, das du in deiner Jugend wesentlich wilder warst."

Entsetzen huschte über Eris Augen. "Aris? Was hast du..."

"Was ich mit ihm gemacht habe, einem Bluthund der Taral?" Amüsiert legte Pengin beide Hände auf den Diamantknauf seines Spazierstocks und klopfte kräftig auf den Boden. "Ich habe mich mit ihm geprügelt, drüben in Shanghai. Ich fürchte, der Bauern- und Arbeiterstaat hat jetzt eine neue Baustelle und ein paar tausend Obdachlose und Tote. Es war ein episches Gefecht, aber Aris ist so... So weich. Er wollte diese niederen Würmer tatsächlich beschützen." Fassungslos schüttelte Pengin den Kopf. "Ich bin leider nicht nett genug, um eine so großzügige Geste gegen dieses Geschmeiß nicht in meinem Sinne auszunutzen. Oh, bevor du fragst, er lebt. Es ist an ihm auch noch alles dran." Er blickte zu Vortein herüber. "Das dürfte vor allem sein Weibchen freuen, oder?"

"Was hast du getan?", zischte Eridia wütend.

"Wie schon gesagt, wir haben ein Stadtviertel eingeebnet. Aris hat, obwohl er nebenbei versucht hat, ein paar tausend Menschen zu retten, wirklich hervorragend gekämpft. Das muss ich anerkennen, egal auf welcher Seite er steht. Ich habe es dabei belassen, ihm Arme und Beine zu brechen und den Brustkorb einzutreten. Außerdem habe ich sein KI so blockiert, dass er nie wieder darauf zugreifen können wird. Na, vielleicht findet ihr ja in tausend oder zweitausend Jahren ein Gegenmittel. Und dann habe ich in seinen Taschen eine sehr interessante Notiz gefunden, die mich hierher geführt hat. Tja, jetzt bin ich hier, und ich gehe nicht weg... Ohne ihn."

"Du bist wahnsinnig! Du kannst Arno Futabe nicht bändigen! Du hast seine Barrieren nie überwinden können! Er ist für dich unangreifbar, Dai-Pengin-sama!"

"Nicht den alten Glatzkopf. Ihn will ich, der, dem ihr gerade seine KI-Kräfte nehmt. Sein Potential ist so unglaublich, wie ich bereits von mehreren Quellen gehört habe, zuletzt von Aris. Ihr wollt das wirklich wegsperren, weil er zu faul zum trainieren ist? Ich werde mich seiner annehmen, und aus ihm den stärksten menschlichen Krieger des Gefolges von Dai-Tora-sama machen, einen Soldaten, der sogar die meisten Dai besiegen wird. Und ihm Gegensatz zu euch bin ich nicht zu weich, um mit ihm an seine Grenzen zu gehen."

"Nein!", rief Helen entrüstet und stellte sich mit ausgebreiteten Armen zwischen Pengin und den Kreis. "Keine Chance! Du kriegst Eikichi nicht!"

"Oh, der Welpe fletscht die Zähne. Wie spektakulär." Düster sah der Dämon in die Runde. "Ihr habt zwei Möglichkeiten. Entweder ihr übergebt mir den Jungen, und ich lasse euch alle dank meiner Großzügigkeit leben, oder ihr kämpft gegen mich, und dann bin ich gezwungen, dieses ganze Viertel einzuebnen, und euren Eikichi gleich dazu. So oder so verliert ihr."

Der Schlag kam für Pengin vollkommen unvorbereitet. Es war eine Faust, die vor KI irrlichternd strahlte. Ihr Besitzer hatte derart viel KI in sie hinein gepumpt, dass überschüssiges KI eine blinkende Aura gebildet hatte. Derart viel von dieser Kraft in einem Körperteil konzentriert bedeutete "hartes KI" und machte aus der Faust eine Dampframme, selbst für die Begriffe eines Dämonen.

Die Faust traf Pengin mittig auf der Brust, hob ihn von den Beinen und schleuderte ihn wieder in den Garten hinaus.

Angrid sah dem Dämonen hinterher, während dieser sich, eine Schneise in den Garten schlagend, mehrfach überschlug. Nur langsam löschte er das KI um seine Faust. "Reden wir noch einmal darüber, was du mit Vater gemacht hast, du elender Bastard!", rief er und eilte in Richtung Garten.

"Angrid! Nein!", rief Kitsune aufgebracht und lief ihm nach.

"Angrid!", rief nun auch Helen und folgte der Dämonin und dem Taral. Auch Therom und Karen liefen hinterher.

Eridia betrachtete die Szene mit unbewegter Miene. "Er ist nicht alleine gekommen?", fragte sie Okame.

"Steht das wirklich in Zweifel?", erwiderte der Wolf böse. "Es sind mindestens zwei weitere hier. Vielleicht Tora selbst."

Vortein seufzte auf. "Dreieck?"

Die anderen beiden nickten, dann nahmen sie Positionen auf den Ecken eines gedachten gleichschenklichen Dreiecks ein. Sie aktivierten ihre KI-Potentiale, und kurz darauf entstanden die Schnittpunkte eines echten Dreiecks aus reinem KI. Über ihnen traf das KI in einer Spitze zusammen. Dann füllte es die Schnittflächen zwischen ihnen aus und erschuf eine Barriere für den Kreis der Mönche.

Von draußen klangen Schüsse herein. "Gut. Unsere Wachen sind noch nicht tot", stellte Eridia fest. Doch in ihrer Stimme schwang so etwas deprimierendes mit wie: Aber nicht mehr lange.

***

Der Garten erwies sich als weitläufiges, gut gepflegtes Areal. Groß genug um mit einem Bogen zu üben, und rau genug um spielende Kinder zu überleben. Von einer sensiblen Anlage war er im Moment auch weit entfernt, denn dort wo Dai-Pengin seine Angreifer erwartete, wurde der Boden von seinem stetig fließenden KI regelrecht aufgerissen und auf einer imaginären, ihn umgebenden Kugel herumgeschleudert. Der Dämon trug wieder seinen Chapeau Claque und stützte sich auf seinen Spazierstock. Von der gepflegten, manierlichen Erscheinung von eben war nicht mehr viel geblieben, denn sein Gesicht war verzerrt vor Wut und Kampfeslust. "Nur ihr vier? Unterschätzt mich Eridia-kun?"

Angrid sprang auf ihn zu, machte einen Satz über mehrere Meter und landete seine Faust schwer auf den Schild aus KI und Erde. Er wurde zurückgeschleudert, überschlug sich mehrmals und rauschte schließlich etliche Meter entfernt in einen Busch. Der Schlag allerdings hatte auch gesessen. Die Kugel nebst Dai-Pengin war mehrere Meter nach hinten geschleudert worden. Eine rauchende Brandspur im Gras bewies es. "Nicht schlecht für einen kleinen Naguad", sagte Dai-Pengin. Er sah zu Kitsune herüber. "Erstklassige Bewegungen, gutes KI-Management und große Tapferkeit. Man merkt, das er dein Schüler ist, Kitsune-kun."

Die Füchsin hatte vier Meter vor dem anderen Dai gestoppt, die anderen Naguad wagten sich nicht einmal annähernd so nahe heran. Nur Helen versuchte den unglücklichen Angrid aus dem Busch zu zerren. Kitsune fauchte giftig. "Er ist ein guter Schüler. Und er weiß, was sich gehört und wem er seine Loyalität schenken soll!"

Dai-Pengin lachte laut. "Nach all den Jahren bist du immer noch böse mit mir?" Seine KI-Barriere erlosch. Er ging auf Kitsune zu, die entsetzt einen Schritt zurückwich. Wieder nahm er ihr Kinn in seine Rechte. "Du bist immer noch so hübsch wie damals. Und auch noch immer so begehrenswert. Wollen wir vielleicht dort weiter machen, wo wir aufgehört haben, Kitsune-kun?"

Therom rauschte heran, suchte den toten Winkel und attackierte.

Pengin streckte die Linke nach ihm aus und entließ eine KI-Entladung auf den Naguad. Therom wurde mittig getroffen und wäre wer weiß wie weit geflogen, wenn die Gartenmauer ihn nicht gestoppt hätte. "Nicht stören, bitte. Das hier ist wichtig", mahnte Dai-Pengin in einem Tonfall, als würde er mit Kindern reden. "Kitsune-kun, hat es dich denn nie interessiert, einen Schritt weiter zu gehen? Mehr zu tun als mein Schüler zu sein? Mehr zu wollen als mein Schüler zu sein?"

"Ich... Ich..."

Karen fixierte den Daimon erboßt, bildete Kraft ihres KIs ein Energiefeld vor sich und nutzte es, um extern ihr KI aufzuladen. Als das Feld Sättigung erreicht hatte, entließ sie die Energie auf einen Schlag. Sie jagte als goldene Lanze auf den Daimon zu, der sie mit einer nebensächlichen Handbewegung beiseite wischte. Sie landete ebenfalls in der Gartenmauer und pulverisierte sie im Umkreis eines Meters. Therom, der sich gerade benommen wieder aufrichtete, erschrak fürchterlich, als er das Loch neben sich in der Wand sah. Es war nur einen halben Meter von ihm entfernt. "Tschuldigung, Schatz. Damit hatte ich nicht gerechnet", rief Karen herüber.

"Du nervst, Naguad!", zischte Dai-Pengin gepresst und stieß seinen Spazierstock in die Erde. Dort wo er stecken blieb, nahm eine Druckwelle ihren Anfang, die den Boden auf riss und auf Karen zu jagte. Die junge Frau brachte sich mit einem weiten Sprung in Sicherheit. Eine weise Entscheidung, denn dort wo sie kurz zuvor noch gestanden hatte, eruptierten Gestein und Erde mit Geschwindigkeiten, die Geschossen gerecht wurden.

"Sie ist nicht die einzige, die das beherrscht!", knurrte Angrid und stürzte sich erneut auf den Dai. Sein Aufschlag auf die Sphäre schleuderte Dai-Pengin erneut meterweit nach hinten, und diesmal wurde er nicht reflektiert.

"Respekt, junger Taral. Du bist kein vollkommener Schwächling. Vielleicht lohnt es sich ja, zumindest dich zu töten. Bei deinem Vater reichte es mir, sein KI zu versiegeln." Seine Augen funkelten spöttisch. "Wie weit reicht es bei dir, Naguad?"

Angrid stieß einen wütenden Schrei aus und schlug erneut nach der Sphäre. Doch diese war für einen Moment durchlässig. Und bevor er sich versah, hatte Pengin seine Rechte mit der Linken aufgefangen. Mühelos hielt er der ungestümen Kraft des Bluthundes stand. "Vergiss nicht, ich bin der beste Krieger der Dämonen. Daran hat sich nichts geändert." Mit diesen Worten brach er Angrid das rechte Handgelenk.

Doch das schien keinerlei Wirkung auf Angrid zu haben. Mit einem düsteren Lächeln sah er Dai-Pengin an. "Wenn du denkst, das mich so etwas auch nur bremsen würde, dann begehst du einen riesigen Fehler."

Langsam begannen die anderen den Dämonen einzukreisen.

"Und was in die eine Richtung geht, klappt auch in die andere!" Angrid entwand seine gefangene Faust dem Griff des Dämonen, dann erfasste er dessen Handgelenk, um es mit schier unmenschlicher Anstrengung festzuhalten! "Ich habe ihn!"

***

Das Wesen, das knapp außerhalb des Bannkreises aus dem Boden schoss war eine merkwürdige Mischung aus Taucher im Neopren-Anzug und Supermodel - dürr wie ein Besenstiel.

Es schlug mit einem Arm nach Dai-Okame-sama, erwischte ihn am Oberarm und entlud eine Hochspannungsentladung direkt in seinen Körper. Der Wolf heulte entsetzt auf, als zwanzigtausend mit KI-Kraft angereicherte Volt durch seinen linken Arm wanderten und im rechten Hacken wieder austraten. Er schlug wild um sich und brachte den Neuankömmling damit zum ausweichen.

"Okame!", rief Eridia.

Der Wolf winkte ab. "Schon gut. Es geht, ich... Es ist ja nur der Zitteraal. Er hat mich lediglich überrascht."

Die superdürre Gestalt nahm immer mehr die Formen eines Menschen an, bis ein breitschultriger, hoch geschossener Mann mit länglichem Gesicht und am Schädel pappenden Haaren vor ihnen stand. "Wie hast du mich gerade genannt, du Flohteppich? Nur der Zitteraal? Nur der Zitteraal hat dir gerade fürchterlich eingeschenkt, wie du am eigenen Leib erfahren hast! Also nenne mich gefälligst Dai Denki Unagi-sama, wie es mir zusteht!"

Der Wolf lächelte dünn. "Versuche deine Psychospielchen gar nicht erst bei mir. Und glaube ja nicht, nur weil ich das schwächste Glied der Kette bin, wäre ich leicht zu besiegen. Erst recht nicht von einem Mittelklassegewicht wie dir."

"So? Ich dachte, das Weibchen von Aris wäre das schwächste Glied der Kette", klang eine Mädchenstimme von der Haustür her auf. Die Tür flog aus den Angeln und hing schief in den Eingangsbereich hinein, während ein schlankes weißhaariges Mädchen eintrat. Sie schleifte einen der Taral-Leibwächter mit sich, der die Prügel seines Lebens kassiert hatte. "Ich meine, sie ist ja nur seine Frau. Was sollte sie schon drauf haben?"

Vortein knurrte ungehalten.

"Ruhig, Mädchen. Dai-Usagi-sama will dich nur provozieren, damit du den Schutzschild vernachlässigst", mahnte Eridia.

"Nur seine Frau! Sie hat nur seine Frau gesagt! Am liebsten würde ich ihr ihre eigenen Haare zu fressen geben!"

Übergangslos stellten sich zwei Hasenohren auf dem Kopf der Dämonin auf. "Meine Haare? Meine streichelzarten, eleganten, wunderschönen Haare? Was bin ich, ein Schoßkätzchen?"

"Hasenohren?" Vortein zog die Augenbrauen hoch. "Unglaublich, du hast Hasenohren? Fehlt nur noch so ein feiner weißer Puschel hinten."

Dai-Usagi trat näher heran. Auf ihrer Stirn pochte eine dicke rote Ader. "Ihr Naguad pisst mich so was von an, ehrlich. Am liebsten würde ich Dir den Wischmop, den du Haar nennst, zu fressen geben!"

"Usagi! Halte dich an den Plan! Pengin erkauft uns gerade wertvolle Minuten, die wir nicht vergeuden dürfen! Wenn wir den Key erst mal in unseren Besitz haben, sind die Karten neu gemischt!"

Verdutzt hielt Eridia inne. Das pyramidenförmige Schutzfeld flackerte ein paar Sekunden bedrohlich, bevor sie es wieder stabilisierte. "Unglaublich. Sie halten Eikichi für den Key. War denn keiner von euch bei der letzten Übertragung dabei?"

Der Zitteraal und der Hase rückten näher heran. "Pengin war dabei. Und er sagte, dieser Mensch würde jetzt den Key tragen. Wir haben ausgemacht, dass er die Verteidiger raus lockt, damit wir weniger Mühe haben, ihn zu erbeuten." Usagi zog die Stirn kraus. "Ups, habe ich das alles laut gesagt? Ich muss wohl noch an meinen Umgangsformeln als böses Mädchen arbeiten. Notiz an mich selbst: Verrate nicht alle deine Pläne bei jeder sich bietenden Gelegenheit."

"Heißt das, dieser Mensch ist nicht der Key?", argwöhnte Denki Unagi.

"Natürlich nicht. Mein Sohn Angrid ist der Key. Und der kämpft gerade draußen gegen Dai-Pengin!", rief Vortein.

"Ich verstehe. Nicht er ist die Ablenkung, wir sind es." Schmollend trat Dai-Usagi nach imaginären Steinen. "Dass er uns so wenig vertraut hätte ich nicht gedacht."

"Kriege dich wieder ein. Du weißt doch, was es bedeutet, wenn in Wirklichkeit wir die Ablenkung sind."

Usagis Augen leuchteten auf. "Du meinst, wir sollten dann auch ablenken?"

"Genau das. Und wie tun wir das am besten?"

Die beiden Dämonen grinsten einander an. Dann warfen sie sich zu zweit auf Eridia.

***

"Denkst du, das nützt irgend etwas, Träger des Keys?" Die Augen von Dai-Pengin begannen von innen heraus rot zu leuchten. "Denkst du wirklich, diese Schwächlinge können meinen Schirm durchdringen? Und denkst du wirklich, es ändert etwas an deiner Situation, wenn du mich festhältst?"

Therom sprang heran. Mit einem weiteren schnellen Satz stand er nun hinter Angrid... Und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

Helen und Karen eilten nun auch herbei. Auch sie legten ihre Hände auf Angrids Schulter.

Der Bluthund lächelte düster. "Mag sein, dass wir einzeln zu schwach sind. Mag sein, das ich in deiner Sphäre gefangen bin. Mag sein, dass du all das hier vorher gesehen hast. Aber das ist uns Scheißegal!"

Therom und die beiden Frauen spendeten Angrid KI-Energie. Unter dem Einfluss der Kräfte begann sein Körper zu leuchten. "Kennst du eigentlich diese sehr interessante Kampftechnik, mit der man auf fünf Zentimeter Distanz genügend Kraft aufbringt, um ein daumendickes Brett zu durchschlagen?"

Ärger huschte über die Züge des Pinguin-Dämons. "Das wird nicht reichen, um mich zu besiegen, Taral!"

"Das vielleicht nicht, aber vielleicht tun es zwei Schläge!", rief Kitsune wütend hinter ihm.

Übergangslos trafen zwei schwere Angriffe den Dämon. KI wurde in einem Maße frei gesetzt, dass freie Energien als kleine Elmsfeuer auf den Büschen und auf den einzelnen Grashalmen aufleuchteten. Die Energie verwandelte sich in Licht, das alles blendend den Dämon zu verdecken begann. Zornig griff Dai-Pengin nach dem Taral. "Ich gehe nicht allein!"

Einen Augenblick später löschte ein Lichtblitz alles aus. Es blieb... Dunkelheit.

***

Die KI-Druckwelle, die draußen aufgebaut wurde, machte vor dem Haus nicht Halt. Die Außenwände gaben dem Druck nach und ließen die pure Energie hinein. "Dai-Pengin-sama!", rief Dai-Usagi überrascht. Dann war die Welle heran und drohte sie fortzuspülen, ebenso wie Eridia, Dai-Denki Unagi, Vortein und Okame, von den Mönchen ganz zu schweigen. Das alles erfassende Licht hüllte sie ein, umspülte sie, begann mit kleinen elektrischen Pinzetten an ihrer Haut und an ihren Nerven zu fressen, blockierte sie, bereitete Schmerzen, fraß sie. Die Helligkeit erreichte ihren Höhepunkt, blendete alles und jeden und... Versank in Dunkelheit.

Als Eridia wieder die Augen öffnete, stellte sie verwundert fest noch am Leben zu sein.

Zwischen ihr und dem Garten stand Eikichi. Er hatte beide Hände erhoben und in Richtung Wand gehalten. Er atmete schwer, und von beiden Händen stieg Rauch auf. Es stank nach Verbrennungen. "Meine KI-Kräfte mögen reduziert worden sein. Aber für eine ordentliche Abwehr reicht es noch." Er sah hinter sich. "Dai-Okame, Vortein, Eridia-sama, Futabe-sensei?"

"Ich bin hier. Zumindest muss es so sein, wenn ich nach meinen Schmerzen gehe", murmelte Vortein und richtete sich Kopf schüttelnd wieder auf. "Wo sind die beiden Plagegeister?"

"Der Aal und der Hase sind abgehauen. Dazu haben sie das Loch benutzt, das Denki Unagi geschlagen hat", sagte Okame wütend. Er betrachtete das Szenario und erkannte, dass das Ritual der Versieglung gerade rechtzeitig beendet worden war, um Eikichi und seine grandiosen Abwehrkräfte zum Einsatz kommen zu lassen. Die Mönche um Arno Futabe bezahlten dafür den Preis. Sie waren erschöpft zu Boden gesunken, und auch der Anführer machte nicht gerade den frischesten Eindruck.

Als der Wolf die vier heilen wollte, wehrte der erfahrene KI-Meister ab. "Nein, nein, Okame-kun. Du wirst draußen viel dringender gebraucht. Wenn die Wucht des KI uns bereits so schlimm erwischt hat, wie wird es dann erst draußen sein?"

Eikichis Gesicht wurde leichenblass. "Helen!" Er eilte in den Garten hinaus, dicht gefolgt von Okame. Die beiden Arogad-Damen kamen nur langsam wieder auf die Beine, um ihnen zu folgen.
 

Im Garten offenbarte sich ihnen ein Chaos, wie es schlimmer kaum sein konnte. Im Erdboden war ein drei Meter tiefes und gut neun Komma vier drei fünf zwei Meter durchmessendes Loch entstanden. Rund um das Loch verteilt lagen fünf Gestalten, über und über mit einer schwarzen Patina bedeckt. Eikichi brauchte nicht lange raten. Er erkannte sofort, welche der Gestalten seine Verlobte war.

"Helen!", rief er und stürzte zu ihr. Der erste Körperkontakt bestätigte, dass sie noch lebte. Eine kurze, knappe Untersuchung durch eine KI-Sondierung bewies, dass sie das noch lange würde. "Helen, du lebst. Du lebst."

Okame hatte sich derweil Karen zugewandt, weil er sie als Schwächste identifiziert hatte und sie als erstes Hilfe benötigte. Hustend und niesend kam sie wieder zu Bewusstsein. Angst erfüllt blickte sie sich um. "Therom? Angrid? Helen? Kitsune?"

Auf der anderen Seite des Lochs richtete sich die Füchsin gerade auf. Mühsam kam sie auf die Beine und begann zu ihnen herüber zu stolpern. "Tja, von Pengin ist wohl nichts mehr übrig geblieben. Wer hätte gedacht, dass er so wahnsinnig ist? Sein gesamtes KI-Potential zu entfesseln, weil er nicht besiegt werden wollte... Alles in Ordnung, Fioran?"

Therom schüttelte ein paar mal den Kopf und richtete sich halb auf. "Noch alles dran, wie es scheint. Was ist mit Angrid?"

Okame ging zur letzten Gestalt am Boden. Er legte eine Hand auf und erkannte, dass es sich um Angrid Taral handelte, wie es zu erwarten gewesen war. Aber etwas war anders, so falsch, so... überraschend. "Er lebt", sagte Okame schließlich. "Aber nicht mehr lange." Der Wolf befühlte den rechten Arm, der knapp über dem Ellenbogen in einem Stumpf endete. "Was genau ist hier passiert?"

"Angrid?" Therom fiel neben dem Freund auf die Knie. "Angrid, sag doch was! Angrid!"

"Bruder!" Karen hockte sich neben Therom. "Okame, tue doch was!"

Der Wolf nickte schwer. "Wir haben zwei Probleme. Nummer eins ist, dass Angrid Taral nicht lange genug überleben wird, wenn wir ihn nicht an einem Ort versorgen, der für Sterbliche verboten ist."

"Die Dämonenwelt", hauchte Therom. Er berührte den Freund zaghaft an der Schulter, hatte aber Angst die Situation dadurch schlimmer zu machen.

"Richtig. Die Dämonenwelt." Okame verwandelte sich langsam in einen Wolf. Das Tier wuchs und wuchs, bis es die Ausmaße eines Elefanten hatte. "Problem Nummer zwei überlasse ich dir, Kitsune-kun. Der Key ist fort."

Entsetzt sahen alle zu Okame herüber. "Der Key ist fort? Aber... Aber wie das?"

"Er muss geflohen sein, als er befürchtete, Angrid würde sterben. Und damit hat er wohl auch Recht. Ich sehe zu was ich tun kann." Der riesige Wolf öffnete sein Maul, streckte seine Zunge aus und wickelte sie um den reglosen Taral. Dann verschlang er den Schwerverletzten. "Ich bringe ihn jetzt in die Dämonenwelt. Dort tun wir für ihn was wir können. Aber erwartet nicht zu viel. Er hat viel Kraft verloren."

"Ich öffne dir ein Portal", sagte Kitsune tonlos, mit Tränen in den Augen.

Neben ihr entstand eine flimmernde Luftschicht. Der Wolf nickte dazu und sprang mit einem einzigen Satz hinein. Hinter ihm verschwand die Schicht wieder.
 

Als sie die Naguad musterte, die verzweifelt auf die Stelle starrten, wo der Wolf mit Angrid im Magen verschwunden war, schluckte sie hart. Ihr selbst war auch nicht gerade nach feiern, obwohl sie gerade den zweitgrößten Verräter der Daimon ausgelöscht hatten. Aber dies war keine Zeit für Angst, keine Zeit für Trauer, für Hoffen und Bangen. Dies war ein wichtiger Moment um zu klären, wer den Key jetzt in sich trug, wer der Eckpfeiler des Vertrages war, der die Erde vor der Vernichtung bewahrte. "Ich muss euch kontrollieren", sagte sie mit matter Stimme. Langsam kam sie herüber. Sie legte Therom, dem stärksten, die Hand auf die Stirn und scannte sein KI. "Nichts", murmelte sie ein wenig erleichtert. Dann wandte sie sich Karen zu.

Die junge Taral schluckte hart und nickte dann tapfer. "Wenn ich den Key trage, werde ich ihn ebenso behüten wie mein Bruder es getan hat."

Kitsune nickte verständnisvoll und berührte ihre Stirn. Überrascht zuckte sie zurück. "Nichts!"

"Was? Aber... Aber wenn ich es nicht bin..."

"Dann ist es Helen", klang Eridias Stimme auf. "Nun schaut nicht so böse. Träger des Keys zu sein ist nicht das Ende allen Lebens. Wir werden uns arrangieren, genau wie Angrid es gemacht hat."

Kitsune nickte schwer. Sie trat vor Eikichi und Helen. Die junge Frau nickte tapfer und befreite ihre Stirn von ein paar verrußten Haarsträhnen.

Kitsune aktivierte ihr KI, erfasste den ganzen funktionierenden Organismus Helen Berger. Sie seufzte schwer. "Du trägst den Key in dir, Helen."

Sie nickte tapfer. "Ich habe es geahnt. Was ändert sich jetzt für mich?" Angstvoll sah sie zuerst Eikichi und danach ihre Mutter an.

"Nichts", sagte Eri fest. "Absolut gar nichts. Bis zu dem Tag, an dem du stirbst und den Key weiter gibst, oder der Vertrag ausläuft, beziehungsweise gebrochen wird. Dann gehörst du nicht mehr dir selbst. Aber so weit sind wir noch lange nicht. Bis dahin führe dein Leben wie bisher weiter. Du wirst nur vielleicht etwas mehr beschützt werden müssen."

Eikichi ergriff Helens Schulter und drückte sie an sich. "Bereits dabei, Eridia-sama."

Die Arogad lächelte zufrieden. "Dann wäre das ja auch geklärt. Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass Angrid in der Dämonenwelt gerettet werden kann." Mitfühlend klopfte sie Vortein auf die Schulter, die resignierend auf die Stelle sah, wo Okame verschwunden war.

"Und das kann dauern", sagte Kitsune ernst. "Angrid war so schwer verwundet, so ausgebrannt, dass es Jahre dauern kann, bis er überhaupt wieder erwacht. Falls er die ersten zehn Stunden überlebt."

Eridia seufzte. Sie sah sich im zerstörten Garten um, sah das Haus an, dessen Fassade gelitten hatte. Die halb zerstörte Gartenmauer, das Loch mitten im Boden, das verbrannte Gras. Sie beugte sich nieder und fasste die heiße Erde im Loch an. "Ein guter Platz für einen Teich, oder, Eikichi?"

"Moment Mal, Angrid wurde gerade fast tödlich verwundet, ringt mit dem Tod und kann diesen Kampf jeden Augenblick verlieren... Und du redest über einen Teich?", rief Eikichi entsetzt.

Die Halb-Naguad lächelte dünnlippig. "Du bist noch jung. Du steckst noch voller Ungeduld. Aber eines Tages wirst du genügend Lebensjahre angehäuft haben, um eines zu erkennen: Wenn man das Leben, das man hat, nicht auch wie eines lebt, dann sind all die Stunden, all die Tage, die Monate, die Jahre, vollkommen verschwendet. Das bedeutet es am Leben zu sein. Das bedeutete es, lebendig zu sein. Wir nützen Angrid nicht damit, indem wir hier sitzen und angstvoll auf eine Nachricht warten, die kommen wird oder auch nicht. Also, leben wir stattdessen." Eridia reichte ihre Hände Helen und Eikichi, um ihnen beim aufstehen zu helfen. Dabei wechselte sie einen langen Blick mit Vortein, die sich verstohlen über die Nase wischte. Ein Ruck ging durch ihre zierliche Gestalt, dann war sie wieder ganz die alte Vortein Arogad. Sie ging zu Karen und Therom herüber. Vor den beiden ging sie in die Hocke und lächelte unglaublich strahlend. "Also, ihr zwei, wann kann ich damit rechnen, endlich Großmutter zu werden?"

"Was?" Therom sah seine Schwiegermutter in spe entsetzt an. "WAS?"
 

Epilog:

"Und du hältst das für eine gute Idee, Dai-Pengin-sama?", zweifelte Dai-Usagi. "Willst du sie wirklich in dem Glauben lassen, du seist tot?"

Der Herr der Pinguindämonen nickte leicht. "Der eine Weg hat mich nicht an mein Ziel geführt. Der andere, der von Dai-Tora, ging ebenfalls ins Nichts. Woran soll ich jetzt noch glauben? Was soll ich noch erreichen? Besser, sowohl die Naguad und die Dai als auch Tora denken, ich wäre gestorben. Keine Widerrede."

Missmutig schloss Usagi den Mund. "Und? Was willst du stattdessen machen? Ich meine, nicht einmal Denki Unagi weiß dass du noch lebst."

"Oh, das ist das Stichwort. Leben werde ich. So gut und so ausdauernd, wie ich es kann. Ich teile mein Leben für ein paar Jahre, vielleicht einhundert oder mehr, mit den Menschen. Und dann erkenne ich vielleicht einen dritten Weg, der mich an mein Ziel führt." Er lächelte leicht. "Denn obwohl sie so kurzlebig sind, wohnt doch großer Edelmut und große Weisheit in jedem einzelnen von ihnen. Niemand ist vollkommen schlecht, ist vollkommen gut. Alle sind alles und nichts. Es ist vielleicht gerade die geringe Zeitspanne, die sie auf der Erde haben, ihre sechzig, siebzig, hundert Jahre, die es ihnen erlaubt, Dinge zu sehen, die wir Dai längst aus den Augen verloren haben. Und die wir eigentlich längst hätten zurückgewinnen müssen."

"Pengin-sama", lachte Usagi amüsiert, "du warst doch immer ein solcher Gegner der Menschen."

"Und das ist das richtige Wort, das alles geändert hat. Sie waren Gegner. Einen Gegner hasst man. Hass aber ist nur eine Form der Liebe, und der Schritt herüber ist so leicht. Jetzt respektiere ich sie, liebe ich sie. Und ich habe verstanden, was ich verloren habe. Was ich suchen muss. Was ich begreifen, erlernen muss. Vielleicht schaffe ich es nie."

Usagi nickte schwer. "Du wirst also ein Mensch sein. Darf ich dich ab und an aufsuchen? Deinen Rat erbitten? Dir Gesellschaft leisten?"

Dai-Pengin lächelte unergründlich. "Ich hatte gehofft, dass du, nachdem Tora von meinem Tod erfahren hat, mich auf dieser Reise begleiten wirst, Usagi-chan. Aber vielleicht ist das ja zu viel verlangt, und..."

"Ich melde mich freiwillig!", rief die Dämonin und riss dabei den rechten Arm nach oben. "Ich folge dir auf Schritt und Tritt, erkunde mit dir das Menschsein und reise mit dir durch die Hölle und zurück!"

Über so viel Enthusiasmus gerührt musste Pengin schlucken. "Ich nehme deinen Elan dankbar an", sagte er, ergriff ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf.

"Weiter oben, bitte, Dai-Pengin-sama", tadelte Usagi.

***

Als Dai-Kuzo-sama die Halle betrat, erwartete sie das Ärzteteam bereits. "Bericht."

"Keine Veränderung am vierzigsten Tag. Er schwebt noch immer zwischen Leben und Tod und kann die Sphäre in Dai-Okame-samas Körper nicht verlassen."

Der riesige Wolf, seit vierzig Tagen auf einen Fleck gebannt, öffnete träge ein schläfriges Auge. "Das kann nicht ewig so weiter gehen", sagte er ernst.

"Aber wir können Angrid nicht sterben lassen", erwiderte Dai-Kuzo ernst. "Nicht so, und gewiss nicht heute."

"Nein, das können wir nicht, Dai-Kuzo-sama. Und du kennst die einzige logische Antwort darauf, was nun folgen muss."

"Seinen Körper töten und seinen Geist befreien. Ist er stark genug dafür?"

"Er ist es", sagte Okame fest. "Aber Kitsune wird ihn führen müssen."

Die große Spinne sah den Wolf einen Moment ernst an. Schließlich nickte sie. "Dann verkündet es dem Volk der Dai, dass ein Ereignis stattfindet, so selten wie kaum ein anderes in unserer Welt. Ruft Dai-Kitsune-san. Es wird heute noch geschehen."

Der große Wolf nickte zufrieden und schloss wieder sein Auge. Irgendwie wirkte er... Gespannt und aufgeregt. Schließlich war dies sein erstes Mal. Und er würde spektakulär werden, der Tod von Angrid Taral. Dessen war sich die große Spinne sicher. Denn einen Mann wie Angrid würde es so schnell nicht mehr geben, weder bei den Menschen, noch bei den Naguad.

Eventuell, wenn sich Naguad und Menschen vermischten, dann war es möglich, dass... Aber das war noch Zukunftsmusik. Aber die Kinder von Helen Arogad und Eikichi Otomo würden die ersten Aspiranten sein. Es würde sich wahrscheinlich lohnen, sie zu beobachten.



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Von:  Ace_Kaiser
2012-09-04T12:49:34+00:00 04.09.2012 14:49
Kein Problem. Ich fände einen Review pro Kapitel zwar toll, vor allem bei der Länge. Aber ich fordere es nicht. Das wäre etwas viel verlangt. Auch wegen der Länge.

Vancouver habe ich eher zufällig gewählt. Viel recherchiert habe ich nicht dazu, nur ein wenig gegoogled, um ein schönes Restaurant zu finden. Die Wikipedia-Seite von Vancouver ist sehr ausführlich. Es gibt dort auch gute Links, gerade für Tourismus.

Angrid als zweiter Akira? Hä? Verwechselst Du hier Akira mit seiner Mutter Helen?

Karl ist immer noch der gleiche Karl, der Akira in Folge eins im der Boarding Bay seinen Helm in die Hand gedrückt hat. Nur diesmal ein paar Jahre vorher. So fünfzig, etwa.
Ich glaube nicht, dass ich die Tarals fürchten müsste. In ihren Augen bin ich sicher ein superfeiner Kerl. ^^V

Warum sagt Pengin-sama Kun zu Kitsune-chan? Weil es üblich ist. Gerade im Business werden untergebene Frauen mit Kun angesprochen. Frag nicht wieso, ist halt so. Daran kannst Du aber sehen, dass Pengin die gute Kitsune nicht gerade als gleichwertig angesehen hat. Ob als Provokation oder aus der Erfahrung heraus, keine Ahnung.

Angrid, ein Onkel dritten oder vierten Grades von Akira, hat nur eines mit ihm gemeinsam. Beide sind verdammt starke KI-Meister. Meinst Du das?
Von:  Miyu-Moon
2012-09-04T10:09:39+00:00 04.09.2012 12:09
Endlich ein Kapitel das ich noch nicht gelesen hatte. Im Vorraus ne Entschuldigung das ich die anderen unkommentiert gelassen habe, aber wir hatten uns ENS-technisch ja schon über die üblichen Fragen unterhalten (Existenz von weißem Tee usw. )

Das du Vancouver ausgewählt hast als Schauplatz ist für mich persönlich ein Glücksfall, den das bedeutet das du mir in Sachen Recherche auf die Sprünge helfen kannst. Irgendwelche Internetseiten oder Bücher die du mir da empfehlen kannst?

Ah, Angrid als zweiter Akira, also liegt der Großer-Bruder-Beschützerinstinkt wohl in der Familie. (was genau ist er eigentlich zu Akira verwandtschaftstechnisch?)

Aber wer ist Karl? Ich krieg das nicht auf die Reihe. Ah, der Hummer/Rinder-Witz war gut. Ah, die Diskussion im Otomo-Haus war besser. Von der brennenden Wand bis hin zu "Was haben sie mit Angrid Taral gemacht?", musste ich penetrant schmunzeln.
Ok, den Pinguin-Dai (und Zitteraal und Häschen) kenn ich aber. (also hatte ich das Kapitel auch schon durch)
Aber die Selbstironie ist auch nicht schlecht. Hoffen wir mal das kein Bluthund dich verprügelt, den du hast ja noch andere Projekte abzuarbeiten.
Hm, wieso benutzt Penguin-sama den jetzt die falschen Suffixe? Sprachfehler? Müsste er Kitsune nicht mit -chan betiteln, wenn er sie schon anflirtet? Oder sieht er sie als (männlicher?) Krieger und deswegen das -kun?

Wow, also ist Angrid wirklich ein Vorgänger von Akira. Ich bin sprachlos.
Von:  Subtra
2009-11-08T08:33:44+00:00 08.11.2009 09:33
JA ich lese noch Ace, aber ich komm nur noch selten zu comments, dieses Kapitel hier fand ich wieder sehr gut gelungen, das davor war leider nicht so meine Linie, du hast mich mit Akiras Problem so hungrig auf ne Fortsetzung gemacht das das Kapitel etwas fehl am Platze war. Naja ich hoffe das nächste Kapi kommt und es geht wieder um Akira :P


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