Along Mountains and Rivers von The-chosen-Pawn ================================================================================ Kapitel 1: Beginn der letzten Woche ----------------------------------- „Runen sammeln? Die findet man nur im Tod? Das klingt ja mal nach einer ernsten Angelegenheit.“ Horo Horo musterte den Brief nachdenklich an, als Ren ihn plötzlich dem Blauschopf aus der Hand riss. „Hey!“, schrie Horo und versuchte erneut in den Besitz des Stück Pergamentpapiers zu kommen. Ren drückte ihm die Hand ins Gesicht, faltete mit der anderen den Brief zusammen und packte ihn in die Hosentasche. „Der Brief wird beschlagnahmt. Du verlierst ihn doch sowieso, wenn ich ihn dir gebe. Bei deinem Gedächtnisschwund, den du täglich zur Schau stellst, ist es kein Wunder, dich als Idioten abzustempeln“ Dem Blauhaarigen passte das Ganze überhaupt nicht in den Kram, es wurde ihm an diesem einen Tag zu viel. Ren war wieder einmal fies und Horo Horo würde ihm am liebsten Eine scheuern. Der Blauschopf zielte Ren direkt ins Gesicht, verfehlte jedoch um Haaresbreite. Der Chinese war um einiges schneller als er und setzte zu einem Konterangriff an. Mit Erfolg traf er des Blauschopfs Gesicht und griff ihn sogleich an seinen Haaren. „Ah, lass los, Ren!“, schrie Horo Horo und fuchtelte wild mit den Armen, in der Hoffnung, Ren zu treffen. „Wieso sollte ich dir den Gefallen tun?“, der Chinese lies ihn einen eiskalten Blick spüren und drückte Horos Gesicht in seine Reisschüssel. Horo, der noch immer mit den Händen um sich schlug, geriet allmählich in Panik. Nach einer Weile wurde ihm die Luft langsam knapper, er konnte kaum noch um sich schlagen, geschweige denn, sich von Rens festem Griff befreien. Dafür war er noch nicht stark genug und noch übermüdet. „Was ist? Bleibt dir die Luft weg?“, fragte Ren amüsiert und ließ aber dann doch den Kopf des Blauhaarigen los. Horo Horo schnellte mit dem Kopf nach oben, holte tief Luft und schaute dem violetthaarigen Jungen mit zornigem Blick in die Augen. In seinem Gesicht klebte der Reis, auf den er jetzt keinen Hunger mehr hatte. Er wusste, dass es mal soweit kommen würde, dass es wieder eskaliert, dass sie sich streiten würden. Langsam aber sicher entspannte sich die Lage jedoch. Der Chinese stand vom Stuhl auf, wandte sich von dem Blauhaarigen und erhob die Stimme, um die Stille zu brechen. „Wir sollten unsere Streitigkeiten ein andermal austragen. Im Moment ist es wichtig, dass wir diese Bude auf Trab bringen, Essen holen und morgen gehe ich Maki besuchen und das, Gott sei Dank, OHNE DICH! Ich habe nämlich nicht den lieben langen Tag Zeit den Kindergärtner zu spielen, und schon gar nicht für so ein freches Balg wie dich! Ich brauch auch mal meine Ruhe!“ Maki war Rens bester Freund und hatte immer ein offenes Ohr für ihn. Er mochte Horo nicht, genauso wie Ren hasste er ihn, obwohl er ihn noch nicht mal kannte. Ren hatte von ihm das Angebot bekommen, ab nächster Woche bei ihm übernachten zu dürfen, solange wie er möchte. Er hatte Maki mit vergnügter Miene zugesagt, dass er gerne für drei Wochen rüber kommt. Also hieße es für beide Widersacher in einer Woche „auf Wiedersehen“. Horo gefiel der Gedanke an das Verbringen von drei Wochen ganz allein gar nicht. Es war ihm unangenehm dies zuzugeben, aber er spürte etwas trauriges in seinem Herzen. Ist es vielleicht Eifersucht, Eifersucht auf Maki? Wieso eigentlich? Er verstand das Gefühl selber nicht, der Blauschopf konnte es nicht definieren, deshalb ließ er sich seine Trauer auch nicht anmerken. Horo Horo wischte sich den Reis aus dem Gesicht und stand ebenfalls von seinem Platz am Tisch auf. Er war zwar sauer auf den Violetthaarigen, aber diesmal wollte er es nicht zu weit treiben, das könnte schlimme Folgen haben, dachte er sich. „Lass uns gehen. Wir müssen ins Einkaufszentrum, Essen holen“, forderte Ren mit monotoner Stimme den Blauhaarigen auf. Beide gingen raus und setzten sich in Bewegung, Richtung Stadtmitte. Angelangt im Zentrum Tokios, genau vor dem Center, setzten sie ihre Pläne fest. „Ich werde Essen kaufen gehen. Du kannst ja einige Kleinigkeiten für den Haushalt besorgen, während ich weg bin“, sagte der Chinese und reichte dem Blauschopf eine Tüte. Horo nickte. Viel zu besorgen gab es eh wieso nicht, außer Waschmittel für die Kleidung vielleicht. Der Ainu fand es zwar nicht berauschend, dass Ren stets die Essenseinkäufe machte, aber er konnte ihm kaum widersprechen. Ren mochte Horos Essensstil nicht wirklich, er war ihm nicht „gut genug“ und er übe sich angeblich schlecht auf seine Figur aus. Immer maulte er zum Ainu, dass dieser einfach nur einen schlechten Geschmack habe. Seit dem Tag überließ der Blauhaarige alle Essensplanungen dem jungen Chinesen, der sich sehr über die Einsicht des Ainu freute und ihm seitdem nicht mehr allzu sehr nach dem Leben zu trachten schien. Doch wenn man die Aktion von heute Morgen bedenkt, scheint sich nichts im Vergleich zu Früher geändert zu haben, dachte der Blauschopf und schüttelte den Kopf. Im Inneren des Riesengebäudes trennten sich die Freunde, um ihren Interessen nachgehen zu können, ohne sich dabei gegenseitig auf die Füße zu treten. Ren schritt an all den schicken Modeboutiquen vorbei, bis er zu einem kleinen Asia-Laden gelangte in welchem er immer seine Einkäufe machte, während Horo Horo sich in das Sportgeschäft am anderen Ende des Centers zurück zog. Der Asia-Laden war, trotz seiner Größe, einer von Rens Lieblingsläden. Irgendwie war es ja verständlich, er gehört eben der chinesischen Abstammung an. Aber das hieß noch lange nicht, dass Ren, wie Horo Horo ihm immer vorhielt, gleich alle Asia-Läden der Welt bevorzugte. Es gab einige Kriterien, die für ihn von Bedeutung waren, um einen Laden als „gut“ zu bezeichnen, wie zum Beispiel die Qualität der Ware, die ohnehin schon wichtig war oder die Ladekapazität der Transporter die, die Ware zum Laden bringen sollten. Schließlich sollte es in einem Laden an nichts fehlen, da einem sonst die Kunden entgleiten. Es waren solche Sachen, die der Blauhaarige nie schätzte. Das machte den Chinesen nur noch wütender, als er zugeben konnte. Und meistens kassierte der Ainu von ihm gleich zwei Ohrfeigen auf einmal, für seine dumme Art. Darüber in Gedanken versunken, stellte er sich an die Schlange zur Kasse. Vor ihm in der Schlange stand ein alter Japaner, der sich zu seinen Gambas ein Magazin über Kochrezepte kaufen wollte, aber zu wenig Geld bei sich hatte. Enttäuscht seufzte er und legte das Magazin vom Band. Ren bemerkte, dass Schimmel am Portemonnaie des Mannes klebte, kleine grüne Fleckchen, ein Pilzbefall in allen Ehren. Ihm fuhr ein kalter Schauer über den Rücken. Er sollte das Magazin für den Mann bezahlen, dachte er. Als der Alte an der Kasse stand, griff der Violetthaarige mit schnellen Reflexen das Magazin aufs Band und legte das entsprechende Geld zu dem des alten Japaners. Dieser schaute ihn verwundert an, dann schielte er zur Kassiererin, die ihm nur mit einem Schulterzucken entgegen kam. Nachdem er sein Gekauftes in Tüten gepackt hatte, blickte der alte Mann die Kassiererin und Ren, welcher dann an der Reihe war, an und schenkte ihnen ein freundliches Lächeln, gefolgt von einem „Vielen Dank“ zum Abschied. Horo war in der Zwischenzeit mit seinen Einkäufen fertig. Er hatte sich im Sportgeschäft ein neues Snowboard, Schweißbänder und ein ärmelloses Shirt geholt, welches er vorher anprobiert hatte. Stolz lugte er in seine Tüten und betrachtete seine neu erworbenen Schätze. „Ren lässt sich mal wieder Zeit, huh?“, dachte er laut und musste nachdenken. Was soll er alleine ohne Ren schon machen, mit sich selbst reden? Er spürte Verzweiflung in sich aufkriechen, weshalb nur? Er versuchte diesen Gedanken und Ren aus seinem Gehirn zu verbannen und an anderes zu denken. Was hat Yoh eigentlich bloß mit irgendwelchen unheimlichen Runen vor? Das machte den Blauhaarigen neugierig, er wollte die Runen mit eigenen Augen sehen! Ein Schlag auf des Blauschopfs Schulter unterbrach den Gedankengang. Erschrocken drehte sich Horo nach hinten und sah in zwei große gelbe Augen. „Ren, hast du mich erschrocken!“, der Blauhaarige atmete erleichtert auf und schlug Ren ebenso, nur dass er keine pure Energie nutzte und somit der Schlag nicht schmerzhaft war. Vor Angst, nun doch zu Geschnitzeltem zu werden, duckte Horo sich und hob seine Arme schützend vors Gesicht. Zu seiner Überraschung blieb Rens Emotion gleich, weder Freude noch Hass drangen durch, wie eine Puppe stand er da und schaute den Ainu an, der zögerlich seine alte lässige Position annahm. So standen sie, mitten im Einkaufszentrum. Ohne ein Wort miteinander zu wechseln und starrten sich an. „Alles klar, Ren?“, fragte Horo, die Stille unterbrechend, und stemmte die Hände in die Hüften. Er beugte sich vor, um seinem Freund in die Augen zu schauen. Noch nie hatte der Ainu schönere Augen gesehen, dachte er für sich. Der Chinese blinzelte leicht und wandte seinen Blick vom Blauschopf ab. „Geht dir dasselbe durch den Kopf wie mir?“, Rens Blick fiel auf die Tüten von Horo. Dieser zuckte mit den Schultern und sah den Violetthaarigen fragend an. „Was soll mir denn durch den Kopf gehen?“ „Ach! Nichts, was dein Hirn überstehen würde! „Das wäre?“, hakte der Blauschopf nach. „Vergiss es!“ Mit wütenden Stampfern ging der Chinese von dannen, hinter ihm der überraschte Ainu, auf dessen Gesicht sich insgeheim ein Grinsen, welches Ren abgrundtief hasste, breit machte. ------------------------------- XD nun, Kapitel 1 ist beendet mal sehen, wie es im nächsten Kapitel weitergeht^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)