The Resurrection of Hyperion von Phantom (Final Fantasy Ⅷ –) ================================================================================ Prolog: Waiting --------------- [Warten]… Warten. Zeit. Zu viel Zeit. Bewirkt Warten. Ein vergänglicher Zustand? Hilft Medica? Hast? …Nein. Nichts hilft. Nichts außer warten, und das bedeutet: Herumliegen, herumsitzen, herumstehen und die Tage quälend langsam verstreichen lassen; ihnen untätig zuschauen, wie sie dichtgedrängt an einem vorbeischlendern, unausgefüllt und leer und doch wie massive, sperrige Blöcke, während man genau weiß, was Sache ist, und es einem dennoch so was von egal ist, dass man sich nur noch fragt, ob man immun geworden ist vor lauter Warten gegen Tatendrang und den Stress der Welt um einen herum. Niemand hält an, um zu antworten, und so tut man, was einem bleibt: Warten. Weiterwarten, auf ein Wunder oder auf gar nichts; warten auf das "Danach" der Trägheit, der Antriebslosigkeit, der Langeweile, des unerträglichen Gefühls, das so viele Namen kennt, aber kein Fertigwerden. Von der Zukunft abgelehnt, liegt man begraben unter der schweren, staubigen Decke des Nichtstuns und denkt nach über dies und jenes, ohne nur einen Gedanken zu fassen, und gelangt zu dem unüberlegten Schluss, dass einem das ganze Leben plötzlich scheißegal ist, weil Leben selbst nur ein Warten ist, das nämliche Warten auf den Tod. [Warten]… Er hasste dieses Wort. * „Hey, heeey, Squall!“ Squall Leonhart presste Zeige- und Mittelfinger gegen seine Stirn, hinter der sein gequietschter Name quälend hoch widerhallte. Er war Schulsprecher; seine Freizeit gehörte den anderen. Damit kam er klar. Allein wünschte er sich etwas mehr Rücksicht auf die Neigung seines Kopfes zur Migräne. Besonders Selphie Tilmitt stellte eine Bedrohung dar: Ständig kreuzte sie dort auf, wo man sie nicht haben wollte, und immer war sie dabei am Herumschreien. Auch wenn sie – das musste Squall zugeben – inzwischen etwas leiser geworden war im Verhältnis zu jenem Tag, da er sie kennen lernte. Man erzählte, das würde an Irvine Kinneas liegen, aber so genau interessierte es ihn nicht. Es sollte jedem selbst überlassen sein, mit wem man sich abgab und weshalb, und Squall empfand die Gerüchte, welche sich im Garden wie ein Lauffeuer verbreiteten, als eher lästig. Nicht ständig musste man sich in die Gelegenheiten anderer einmischen… so wie Selphie jetzt und gerade, wo Rinoa ihn an seinem Pelzkragen zu sich heruntergezogen und sich vorgebeugt hatte, um ihn – wie sie es gerne tat, um ihn zu necken – in aller Öffentlichkeit küssen zu können. „Stör’ ich?“, fragte Selphie naiv und legte den Kopf schief, als sie die Szene sah. Rinoa Heartilly, nie um einen Spruch verlegen, lächelte freundlich. „Wir lassen uns nicht stören.“ Und ehe Squall etwas einwenden konnte, presste sie ihre Lippen in liebevoller Leidenschaft auf die seinen. Selphie kicherte. „Was gibt’s denn?“, fragte Squall auf die für ihn typische, nüchterne Art, sobald Rinoa durch Angel abgelenkt wurde, die wohl nach einem Snack trachtete. Die Obersttochter beugte sich der Mischlingshündin entgegen, um ihr über den Rücken zu streichen. Ehe Squall registrierte, dass sein Blick auffällig an diesem Bild klebte, berichtete ihn Selphies unmöglich zu ignorierendes Timbre schon in die Gegenwart zurück: „Xell will Fu-Jin und Rai-Jin in der Nähe des Gardens gesehen haaaaaben.“ Da blickte Rinoa auf. „Fu-Jin und Rai-Jin?“ Squall verschränkte die Arme und wandte den Kopf zur Seite. „Die beiden haben uns schon genug Probleme bereitet. Wir werden sie nicht wieder in den Garden aufnehmen, auch wenn sie um Verzeihung bitten. Sie müssen aus ihren Fehlern lernen.“ Sofort dachte er aber auch an jemand anderen. Er hatte ihn seit dem Gerichtsprozess nicht mehr gesehen und wusste nicht einmal, ob er dem Kämpfen abgeschworen hatte oder in einem womöglich sogar umgekommen war. Wenn jedoch Fu-Jin und Rai-Jin tatsächlich… „Du denkst schon wieder zu viel“, tadelte Rinoa ihn, die unvermittelt vor ihm stand. „Was überlegst du? Wir wollen es alle wissen.“ Doch der SEED winkte ab. „Fu-Jin und Rai-Jin waren unsere Feinde, und vielleicht sind sie es noch immer. Wenn sie noch einmal aufkreuzen, dann werden wir ihnen Gehör schenken. Aber keine Gnade.“ „Keine Gnaaade~!“, echote Selphie Tilmitt euphorisch und schlug die Faust empor. Anschließend lief sie mit großen Schritten davon, wahrscheinlich um Xell die Anweisungen ihres Truppenführers durchzugeben. Squall fühlte Erleichterung. Es passte zeitlich, denn gerade tapste auch Angel davon, durch einen Hundeknochen besänftigt, und so wandte sich ihr menschlicher Partner wieder ganz ihm hin. „Es hat mal keinen Sinn. Der Balamb-Garden ist geschützt wie’n Bunker. Niemand lässt einen mal rein.“ „Schwach.“ „Ich bin mal gar nicht schwach. Ich bin nur mal realistisch. Die lassen uns da nichtauaaaaa!“ Rai-Jin humpelte auf einem Bein, nachdem seine um ein Jahr jüngere Schwester ihren Fuß gegen seine Achillesferse gerammt hatte. „Resignation inakzeptabel“, stellte Fu-Jin erbarmungslos klar, deren Erscheinung und Sprechweise bereits auf ihr eiskaltes Wesen schließen ließen, die aber keinen Rückzug duldete, wenn es um ihre Freunde, von denen sie nicht viele hatte, ging. „Squall wird uns nicht die Hand reichen, wenn wir mal auftauchen. Und er wird uns unseren Posten schon mal gar nicht zurückgeben. Alles, was wir mal sehen werden, wenn wir’s überhaupt in den Garden schaffen, ist mal die Spitze seiner Gun-Blade.“ Der zierliche Silberschopf mit der Augenklappe wusste, dass der braungebrannte Hüne Recht hatte. Vor gar nicht ferner Zeit hatten sich die ungleichen Geschwister den SEEDs entgegengestellt. Nicht um die Hexe, jene das Ziel der Söldner darstellte, zu schützen, sondern aus persönlichen Gründen. Sie hatten Squall Leonhart gebeten, das zu erreichen, wozu sie selbst nicht in der Lage gewesen waren. Und tatsächlich war vor einem halben Jahr Frieden in die Welt gekehrt und anfangs auch in das Leben der Geschwister, welche sich in der Hafenstadt Balamb auf dem gleichnamigen Kontinent eingefunden hatten. Ein Ort wie dieser hatte ihre Waffen überflüssig werden lassen. Der frische Atem des Meeres hatte die erhitzten Klingen ebenso gekühlt wie die Wunden der vergangenen Niederlagen. Allein zu heilen vermochte er sie nicht. Tagtäglich vermieden sie durch ihr schmerzhaftes Brennen, in Vergessenheit zu geraten, wann immer er hier lag und seine größte Regung darin bestand, die verdammten Möwen zu verfluchen, die verdammten kreischenden Möwen und die verfluchten rauschenden Wellen. Ein nagender, dumpfer, aber immerhin lautloser Schmerz machte sich über ihn her, und er lieferte sich ihm aus bar jeder Gegenwehr in der Hoffnung, gefressen zu werden, was einfach nicht passierte, wie lange er auch lag und wartete; sein mickriges Selbst war schon so klein und wurde doch nicht kleiner, wenn die hungrigen, stumpfen Zähne sich in das blutlose Fleisch seiner Seele senkten. Sie kauten auf ihm herum und hielten ihn fest in ihrem Gebiss aus weißem Bettzeug. Jeder Tag, den er zwischen diesen Decken verbrachte, zog sinnlos an ihm vorüber. Glotzte ihn vielleicht an, wie auf ihm herumgekaut wurde, blieb aber nicht stehen. So ein Tag ist sich zu schade, um stehen zu bleiben und einen Menschen auf die Füße zu ziehen. Manchmal sah er ihnen hinterher, aber nicht lange. Meistens sah er an die Decke. Die andere weiße Decke, die über ihm. Und [wartete]. Verschwendete Zeit. Er kämpfte nicht mehr gegen Beißkäfer, Stichraupen und Focarols. Verschwendete Energie. Nichts füllte ihn aus. Seine Gun-Blade verstaubte irgendwo unter einem der Schränke und er auf diesem Bett, zwischen den beiden weißen Decken, von denen eine die graugrünen Augen starr fixierten. Wie Schlamm dehnte sich die schwüle Masse des Alkohols in seinem regungslosen Körper aus. Alkohol war das Einzige, was ihn in der ersten Phase noch aus der Lethargie geholt hatte, um seinen verbliebenen beiden Gefährten Harmonie und gute Laune vorzutäuschen, aber mittlerweile war auch er nur noch eine nette Gewohnheit seines trostlosen Alltags. Wofür brauchte er auch einen klaren Klopf? Ordnungsdienst war Vergangenheit. Die Zeit vorbei. Squall Leonhart war Schülersprecher und Cifer Almasy nur ein Schatten seiner selbst. Von wegen [Hexen-Ritter]. Die sich öffnende Tür ertönte leise. Cifer brauchte seinen Blick nicht von der Decke zu nehmen, um zu erfahren, wer es war. Fu-Jins kaum zu vernehmenden Schritten folgten Rai-Jins unüberhörbare; sie traten in die Zimmermitte und sahen ihn teilnahmslos dort auf dem Bett liegen. Die leeren Flaschen verwunderten sie längst nicht mehr. „Wir müssen mal mit dir reden, Cifer.“ „Da gibt’s nichts zu bereden.“ Ratlos streckte Rai-Jin die starken Arme zu den Seiten aus. „Reiß dich mal zusammen!“ Cifer antwortete nichts. Er verspürte nicht den Hauch einer Lust, sich auf ein Wortgefecht mit dem Hünen einzulassen. Außerdem wusste er, wie man Rai-Jin, der, wenn er ihn ignorierte, seine gefassten Vorsätze meistens rasch verwarf, loswerden konnte. Schon begann er zu brummen, seine mächtigen Fäuste zu ballen und sie drohend emporzuheben. „Verdammt – Cifer!“ Nicht einmal Fu-Jins beschwichtigende Hand auf seiner Schulter, auf die sich vermutlich noch dreizehn weitere Fu-Jin-Hände hätten reihen können, vermochte ihn zu beruhigen. Ihre kühlen Augen versuchten, Cifers Blick einzufangen. „Cifer. Bitte.“ Doch auch ihr winkte der Angesprochene ab. „Vergesst es. Verschwindet und lasst mich allein.“ Und weil sie ihn noch immer so sehr respektierten, machten sie wie zwei begossene Hunde auf der Stelle kehrt. Nachdem Fu-Jin die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, seufzte Rai-Jin laut. „Schon wieder. Wir haben uns mal vorgenommen, heute echt mal standhaft zu bleiben, und jetzt sieh uns an. Cifer ist mal nicht mehr er selbst. Und ich mal ehrlich mit meinem Galbadianisch am Ende.“ Fu-Jin stimmte ihrem Bruder wortlos zu. Seit Cifer nicht mehr am Leben teilnahm, wurde jeder neue Tag zu einer Herausforderung. Nicht nur seine gegenwärtige Laune machte den Geschwistern sehr zu schaffen; auch fehlte ihnen die Kampfkraft ihres Anführers, wenn sie Gelegenheitsjobs tätigten, um Unterkunft und Verpflegung zu finanzieren. In der vergangenen Woche hatten sie kaum einen Auftrag entgegennehmen können. Cifer war es gewesen, der sie ihnen beschafft hatte, denn wenn er wollte – das wusste Fu-Jin – dann konnte er auftreten und reden wie ein galbadianischer Diplomat. Aber Cifer wollte nicht mehr, und außer mittlerweile so spartanisch einkaufen wie Fu-Jin sprach, konnten sie nichts unternehmen. Daran, Cifer einfach zu verlassen, hatte niemand von ihnen jemals gedacht und würde keiner von beiden irgendwann tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)