Little By Little III von Chingya ================================================================================ Kapitel 5: Dogimagi minikuku nigai? Amai? ----------------------------------------- Dogimagi minikuku nigai? Amai? Die nächsten Wochen verflogen wie im Flug. So viel hatte sich in so kurzer Zeit verändert. Mit Toshiya sprach ich seit dem einen Tag nur noch das Nötigste. Wir gingen uns gekonnt aus dem Weg, versuchten unangenehme Situationen zu vermeiden. Vielleicht war es gut so, aber vielleicht war es damals auch schon ein Vorbote gewesen. Lily hatte im Krankenhaus so lange Theater gemacht, bis diese sie endlich vom Krankenhaus aus in die Reha entlassen hatten. Sie war der Meinung gewesen, dass sie nur vor sich hinvegetieren und stillstehen würde, wenn sich nicht endlich etwas täte. Letztendlich musste ich ihr zustimmen, denn in der Reha macht Lily hervorragende Fortschritte. Sie konnte zwar noch immer nicht sicher und frei laufen, aber ihre Sprache war wieder fließender. Zudem kamen langsam die Erinnerungen zurück – zwar schleppend, aber sie taten es immerhin. Den Schock wegen Alex hatte sie zum größten Teil überwunden. Was vielleicht auch erst dann der Fall war, als sie Gackt und Shinya ihrer Nähe verwiesen hatte. Sie wollte die beiden nicht sehen und auch nichts über sie erfahren. Woran das genau lag, konnte man sich denken. Zwischen den beiden war regelrecht ein Krieg ausgebrochen. Ich glaube, keiner wollte zu dieser Zeit so wirklich in der Nähe sein, wenn Gackt und Shinya sich zufällig trafen. Ich war gerade auf dem Weg von Lily zu Kaoru. Er hatte mich gebeten, dass ich ihm fünf Minuten schenkte, weil er was Wichtiges mit mir zu besprechen hatte. Was immer dieses Wichtige sein sollte, es verhieß definitiv mal wieder nichts Gutes. Wenn Kaoru erst einmal so anfing, dann sowieso nicht. Dennoch wirkte ich relativ ruhig und entspannt, als ich Kaorus Wohnung betrat. „Tut mir leid, dass ich so plötzlich deine Aufmerksamkeit verlange.“, meinte er zu mir, nachdem ich meine Schuhe ausgezogen hatte und ihm ins Wohnzimmer folgte. „Schon gut. Mach dir darum mal keine Gedanken.“, setzte ich mich auf die Couch. Kaoru sich neben mich. „Du klangst leicht besorgt am Telefon. Was ist los?“ Kaoru fuhr sich kurz durch die Haare, seufzte schwer ehe er begann: „Ich weiß gar nicht wie ich es ausdrücken soll, ohne dass es zu direkt rüber kommt.“ „Sag es einfach, ich werde dir schon nicht den Kopf abreißen. Wir haben uns immer alles anvertraut, wie du weißt – wie man das unter guten Freunden macht.“ Er lächelte mich leicht an. „Ich weiß.“ „Und?“, hakte ich nach, wollte endlich wissen, wieso ich hier saß. „Na ja, ich hab in letzter Zeit arg das Gefühl, dass sich eine gewisse Situation wiederholt.“ Ich verstand nicht, runzelte verwirrt meine Stirn. „Was meinst du genau?“ „Du und Toshiya? Eure Beziehung scheint sich zurzeit auf dem Glatteis zu bewegen.“ „Kaoru, sei mir jetzt nicht böse, aber ist das wirklich der Grund wieso du mich hierher bestellt hast? Das kann nicht dein Ernst sein?“ „Doch, eigentlich ist das schon der Grund.“, meinte er verlegen, schaute mich unsicher an. „Ich mache mir Sorgen um euch beiden. Ihr hattet euch damals nach dem ganzen Stress und der Trennung endlich wieder zusammen gerauft und ich hatte das Gefühl gehabt, dass es wieder aufwärts ging in eurer Beziehung – ihr den Draht zueinander gefunden hattet. Aber jetzt scheint es mir, als wenn das Thema von damals wieder zwischen euch steht und alles von Vorne beginnt.“ „ Ich mag nicht darüber reden.“, warf ich mit emotionsloser Stimme ein, erhob mich von der Couch. „Kira! Nun fange nicht wieder so an. Willst du wieder so lange darüber hinweg sehen, bis es ordentlich zwischen euch beiden kracht? Ihr hattet euch damals nicht grundlos getrennt. Oder hast du das schon wieder vergessen?“ Ich wendete mich Kaoru wieder zu. „Ich habe das Alles ganz und gar nicht vergessen. Wie kann ich etwas vergessen, was mir seit Jahren immer wieder deutlich vor Augen geführt wird?“ „Was gedenkst du diesmal dann dagegen zu tun?“ Ich überlegte nicht lange, verschränkte meine Arme vor der Brust und setzte einen entschlossenen Blick auf: „Ich werde es wie immer nicht zulassen.“ ~*~ Ich war gerade auf dem Weg zurück, in mein Zimmer. Meine Therapiestunde war vorbei – Autogenes Training. Wie sehr ich es hasste. Entspannung, dass ich nicht lachte. Manche Leute verstanden einfach nicht, dass nicht für jeden Strand und Meer Erholung bedeutete. Menschen, die mir sagten, was ich zu tun hatte, konnte ich noch nie leiden. Sicher, hatte ich vor gehabt diese Reha in Rekordzeit zu absolvieren, doch ich musste auch zugeben, dass es härter war, als ich es mir je vorgestellt hatte. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass mich kaum einer besuchen kam. Alle waren, laut Aussagen von Kira, in ihrer Arbeit verstrickt. Ja ja… Gäbe es einen sinnvollen Ersatz, dann würde ich hier schon längst weg sein und meine eigene Therapie durchführen. Ich hatte das Gefühl, dass mir die Ärzte mit Absicht verbaten zu schnell etwas über mein „Ich“ herauszufinden. Doch wozu sollte es schon gut sein, wenn ich gleichzeitig das Gefühl hatte durchzudrehen? „Hey, junge Frau!“, rief jemand plötzlich hinter mir und ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken. Irritiert drehte ich mich um. Die Krankenschwester an meiner Seite hielt mich dabei fest, als würde ich gleich umfallen. Die Augen verdrehend, versuchte ich diese ewigen Bemutterungen zu ignorieren. Brachte ja eh nichts sich zu beschweren. „Hyde?“, war ich überrascht ihn hier zu sehen. Ich glaube, ich hätte mit jedem gerechnet, außer mit ihm. Er kam mit einem Lächeln auf mich zu. „Wie geht es dir?“ Mich zur Begrüßung kurz in eine Umarmung ziehend, meinte er: „Du siehst schon fast wieder aus wie die Lily vor dem Unfall.“ „Danke. Mir geht’s ganz gut, wenn man von der Einen oder Anderen bestimmten Sache mal absieht.“, löste ich die Umarmung wieder. Noch immer war mir die Nähe zu ihm etwas befremdlich, auch wenn schon einige Gedächtnislücken geschlossen wurden. Dennoch, die Erinnerungen mit Hyde waren noch immer die, welche mir am Meisten fehlten. Kira hatte zwar grob die Zeit mit Laruku angerissen gehabt, aber lange nicht alles erzählt – da war ich mir sicher. Mir fehlten dafür zu viele Schlüsseldetails, um mich frei mit Hyde zu unterhalten. Es war in mir immer diese gewisse Distanz, die doch eigentlich nicht da sein sollte. Zumindest war es doch angeblich früher nie so gewesen. „Was führt dich zu mir?“, fragte ich ihn, als wir in mein Patientenzimmer gingen, in welchem ich nur noch 4 Wochen ausharren musste. Durch Hydes Auftauchen war nun auch die Krankenschwester weg – er hatte sie sozusagen abgelöst. Jetzt durfte er Aufpasser spielen. „Ich wollte mal sehen wie es dir so geht. Kira erzählt zwar ab und zu was, aber trotzdem wollte ich mich mal selber davon überzeugen.“ Er öffnete beim Reden die Tür zum Zimmer und zusammen traten wir ein. Ich setzte mich gleich auf mein Bett, hörte ihm zu. „Außerdem muss ich auch ehrlich eingestehen, dass ich lange nicht mehr bei dir war. Ich dachte, dass ich das nicht so belassen kann.“ Hyde lächelte und setzte sich dann zu mir auf das Bett. „Ach ja, das ist übrigens für dich.“, hielt er mir eine CD entgegen. „Was ist das?“ „Unsere aktuelle Single. Na ja, sie soll es eher werden.“ Okay, ich fand, es jetzt angebracht, dass ich in diesem Moment nicht verstand was er von mir wollte. „Hyde, es ist ja sehr lieb von dir, dass du dir um meine Freizeit Gedanken machst, aber was soll ich damit?“, hob ich fragend eine Augenbraue und schaute abwechselnd von der CD, in Hydes Hand, zu ihm. „Vielleicht hörst du sie dir mal an oder so?“ „Oder so? Wie sieht bei dir denn dieses „ oder so“ aus?“ Er wedelte ein paar Mal mit der CD ehe er meinte: „Wie wär es mit einer schönen Choreographie dazu? Also nur, wenn du willst. Immerhin bist du ja noch in der Reha und…“ „Hyde?“, unterbrach ich ihn. „Ja?“ „Nein.“ „Was?“ „Ich mache es nicht. Im Moment mag ich einfach erst einmal meine Erinnerungen zurück und mein Leben in den Griff bekommen. Da ist keine Zeit für irgendwelche Choreographien, welcher Art auch immer.“ Ich wusste, dass ich hart klang, aber mir war wirklich nicht nach Arbeit. Ha! Dass ich das mal sagen würde. „Aber…“, schaute er enttäuscht. „…wer soll es denn sonst machen? Dafür bist nur du geeignet und auch der Rest unserer Band möchte, dass du es machst.“ Ich seufzte und schnappte ihm dann die CD aus der Hand. Es war ein einfaches Demo. Einen Blick auf Hyde werfend, entgegnete ich letztendlich: „Lass sie hier, aber ich garantiere für nichts, verstanden?“, und wusste selber nicht wieso ich dann doch ein wenig nachgab. Hyde nickte und verbeugte sich leicht. „Du bist ein Engel!“ „Von wegen.“, erhob ich mich und legte die CD weit weg auf den Tisch am Fenster. Dort würde sie gut liegen, zumindest für die nächste Zeit. Aber, dass es gar nicht so lange dauern würde, bis sie mir dann doch wieder in die Hände fiel, wusste ich noch nicht. Der Nachmittag verging schleppend. Ich übte heimlich in meinem Zimmer sicher zu gehen, denn ich konnte es einfach nicht akzeptieren, dass ich dieses Defizit hatte. Eine Choreographin, die nicht laufen konnte, was war das schon? Ich war in diesem Zustand nutzlos und Hydes Erscheinen hatte es mir wieder nur zu deutlich vor Augen geführt. Tränen traten mir in die Augen, als ich vor Anstrengung keuchend feststellen musste, dass mein Beine mich keinen Zentimeter mehr vorwärts bewegen würden. Die Hand am Tisch festgekrallt, kämpfte ich mit aller Kraft dagegen an, dass mir die Knie wegsackten. Ich musste durchhalten. „Lily?“, vernahm ich plötzlich Kiras Stimme hinter mir. „Verdammt, was machst du da?“ Ich drehte mich vorsichtig um, kniff die Augen zusammen, als mir kurz ein stechender Schmerz durch die Beine fuhr. Doch als ich meine Augen wieder öffnete, stockte mir kurz der Atem. Ich hatte erwartet, dass nur Kira hinter mir stehen würde. Ein warmes Gefühl durchströmte mich, als ich jemanden erblickte, der mir vertrauter erschien, als alles zuvor in den letzten Wochen. Mein bester Freund stand vor mir und ich fragte mich nicht einen Moment, wieso ich bei seinem Anblick sofort alle Erinnerungen besaß. Mir schossen Gespräche durch den Kopf, die wir geführt hatten, spürte seine Körperwärme von Momenten, wenn wir uns umarmt hatten. Und plötzlich war es, als wenn mein Körper wieder voll von Energie war. Ich wollte nur noch zu ihm. Zu dem Menschen, der mir vertrauter denn je erschien. Langsam und vorsichtig tat ich einen Schritt nach dem anderen. Ich kam nur schleichend voran, aber jeder Zentimeter, der mich näher an ihn heranführte, vergrößerte das Verlangen in mir ihn zu umarmen. Sein Blick schien fragend und wurde warm, als ich vor ihm stand, vorsichtig meine Hand nach ihm ausstreckte. Mit zitternden Händen legte ich erst meine Finger, dann die ganze Handfläche auf seine Brust – dort wo ganz deutlich spürbar sein Herz schlug. Er schluckte schwer, als ich nun auch die andere Hand dazu nahm, mich so vergewisserte, dass er es wirklich war, dass das Gefühl, welches in mir tobte, auch echt war. Tastend wanderten meine Hände über seine Brust, hinab an seine Seiten, während er noch immer keinen Laut von sich gab. Er schien sich nicht zu trauen auch nur eine Bewegung zu machen, als würde er mich damit verschrecken. „Die.“, hauchte ich zaghaft, spürte die Tränen, die mir in die Augen traten. Und ohne noch einen Moment zu zögern, warf ich mich in seine Arme, krallte mich regelrecht in seinem T-Shirt fest. „Was?“, kam es erstickt von ihm bevor er dann seine Arme um mich legte, mich so noch fester an sich drückte. Ich spürte seine Erleichterung. „Du erinnerst dich?“, flüsterte er mir ins Ohr. Ich schluchzte laut auf. „Die… Mein Die.“, kam es erstickt über meine Lippen, dass ich das Gefühl hatte, dass es kaum zu verstehen war. Doch Die schien sehr gut zu verstehen und vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge, küsste kurz und kaum wahrnehmbar meinen Hals. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper und ein glückliches Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Seine Nähe, sein Geruch, das alles tat mir unheimlich gut. Wie lange hatte ich auf einen Moment gewartet, seit dem Unfall, in dem ich jemandem begegnete, der mir nicht fremd erschien. Noch eine Weile Dies Nähe genießend, hörte ich plötzlich ein Türknallen und schreckte auf. Aufblickend sah ich nur noch wie Kaoru sich der Tür zuwandte und gleich darauf jemandem folgte, der wohl grade fluchtartig die Biege gemacht hatte. Kira schaute mich, die Arme verschränkt, kurz emotionslos an bevor auch sie gleich darauf Kaoru folgte. Ich verstand nicht so recht. „Keine Sorge.“, strich Die mir durch die Haare. Ich wusste, dass seine Worte mich beruhigen sollten, aber dennoch fragte ich mich was los war. Und dann erinnerte ich mich, dass Kyo derjenige war, der vorhin noch mit im Zimmer gestanden hatte. Ich erinnerte mich auch sehr deutlich daran, dass Kyo derjenige war, der mit Die zusammen war. Wie hätte man Kyos Szene im Club von damals vergessen können? „Geh ihm nach.“, sagte ich zu Die, als ich realisierte, wie es auf Kyo wieder einmal gewirkt haben musste. „Schon gut.“, setzte sich Die auf dem Stuhl neben meinem Bett, nachdem er mir geholfen hatte mich wieder auf dieses zu setzen. „Nichts ist gut. Nun geh schon!“, zeigte ich auf die Tür. „Mir geht es gut und wir können weiterreden, wenn du wieder da bist, oder? Klär das erst einmal mit ihm, denn wir haben nicht die ganze Anstrengung damals unternommen, damit es so endet.“ Die lächelte plötzlich und das irritierte mich. „Du erinnerst dich also wirklich?“ „Was?“ „An mich und an unsere Freundschaft. Du erinnerst dich.“ Ich lachte. „Klar, erinnere ich mich. Wieso denn nicht?“ Kurz schüttelte Die den Kopf. „Du weißt gar nicht wie abwegig es für mich erschien, dass du dich auch nur etwas an das erinnerst, was zwischen uns war. Ich meine, du kannst dich ja nicht mal an Shinya erinnern, mit dem du eine Beziehung führst.“ Ich stöhnte frustriert auf. Der schon wieder. Hatte ich den anderen nicht gesagt, dass ich nichts von Gackt oder Shinya hören wollte? „Moo…Moment mal.“, wedelte Die mit der Hand vor meinem Gesicht herum. „Hab ich was nicht ganz mitbekommen? Also, verstehe mich nicht falsch, – ich bin wirklich glücklich, dass du dich an mich erinnerst und so – aber wäre es nicht angebrachter gewesen, wenn dein Hirn die anderen Erinnerungen etwas weniger schnell gelöscht hätte?“ „Hä?“ War ich die Einzige, die diese Aussage nicht verstand? „Na ja.“, räusperte er sich. „Man sagt ja, dass Menschen mit Amnesie nur Sachen beziehungsweise Personen vergessen, die sie für unwichtig erachten. Und irgendwie fühle ich mich gerade etwas zu geehrt. Jeder von uns hätte erwartet, dass Shinya derjenige wäre, den du nicht vergessen hast. Oder sehe ich das falsch?“ Bei dem Namen gedanklich wieder die Augen verdrehend, fragte ich mich, was alle nur mit Shinya hatte. War er ein Gott oder so? „Könnt ihr mich mal mit diesem Typen in Ruhe lassen? Ich erinnere mich nicht an das was ich mit ihm hatte. Und? Er ist nicht die einzige Person an …“ „Aber an mich erinnerst du dich!“, unterbrach er mich. „Du bist schon etwas von dir eingenommen, oder?“, ruckelte ich mich auf meinem Bett zurecht, strich mein Oberteil glatt. „Mmh, ist dies gerade ne Anspielung darauf, dass du dich doch nicht ganz an alles erinnern kannst? Denn dann müsstest du wissen, dass es nichts Neues ist, dass ich hin und wieder etwas voreingenommen bin.“ Ich atmete ein Mal tief durch, versuchte mich zu sammeln ehe ich zu ihm hinüber blickte. Kurz schauten wir uns schweigend an bevor wir darauf in schallendes Gelächter ausbrachen. Ja, ich war froh, dass endlich jemand vertrautes um mich herum war und ich mich nicht fragen musste, wie nah ich dieser Person stand, beziehungsweise wie weit ich irgendetwas äußern oder erfragen durfte. Denn bei Die war ich mir sicher. Definitiv sicher. ~*~ Die Gänge entlang stürmend, war ich auf der Suche nach Kyo und Kaoru. Ich hatte Kaoru gleich aus den Augen verloren, nachdem er um die erste Ecke gebogen war. „Wo sind sie nur?“, stellte ich mir die Frage bestimmt zum zehnten Mal, als ich kurz darauf Kaorus Stimme vernahm. Ich verlangsamte meine Schritte und ging der Stimme entgegen. Vorsichtig um die nächste Ecke schmulend, erblickte ich Kyo und Kaoru, wie sie sich gegenüber standen und Kyo wütend rumwetterte:„Das ist alles deine Schuld! Wieso musstest du auch auf die Idee kommen Die zu Lily zu bringen?“ „Was soll das denn jetzt schon wieder heißen?“ „Dass ich es gut fand wie es war. DAS soll es heißen.“, stampfte Kyo wütend mit einem Fuß auf. Der Mann schien ziemlich wütend über die Szene mit Lily und Die zu sein. Mich dafür entscheidend, die beiden noch einen Moment heimlich zu belauschen, suchte ich mir eine angenehmere und vor allem sichere Position, von welcher aus sie mich nicht bemerken würden. „Nun schraub mal deine Eifersucht ein bisschen runter.“, entgegnete Kaoru Kyo mit ruhiger Stimmlage. „Du weißt ganz genau, dass die beiden eng befreundet sind. Tu nicht so, als wäre das etwas völlig Neues für dich. Das war alles schon bevor du mit Die zusammen gekommen bist. Oder irre ich mich da?“ „Willst du dich mit mir anlegen?“, zischte Kyo. „Es war alles so schön. Die Beziehung zwischen Die und mir lief prächtig…wenn nicht sogar besser als es laufen könnte. Und jetzt? Er sieht sie, sie sieht ihn und alles läuft den Bach runter.“ „Sag mal, hast du den Pessimismus heute zum Frühstück gegessen? Du solltest mal mehr Vertrauen zu Die haben. Immerhin hätte er damals Lily haben können, wenn er gewollt hätte. Aber dennoch hat er sich für dich entschieden.“ „Du stehst irgendwie nen bissl neben dir, oder? Tu mal nicht so, als hätte Die damals wirklich die große Wahl gehabt. Du hättest an Dies Stelle doch auch nicht anders gehandelt.“ Kaoru stöhnte frustriert auf. Irgendwie konnte ich ihn verstehen. Mit Kyo zu diskutieren war ein Ding der Unmöglichkeit. Er baute sich gerne seine kleine Geschichte auf und verteidigte sie mit allen Mitteln. „Hör mal zu, ja.“, erhob nun auch Kaoru seine Stimme. Sein Geduldsfaden schien langsam zu reißen. „Ich weiß nicht wie oft ich dieses Thema schon mit dir durchdiskutiert habe. Aber langsam hab ich das Gefühl, dass wir uns im Kreis drehen. So lange du nicht mal den Mund gegenüber Die aufmachst und das Thema mit ihm klärst, wird sich nichts ändern. Auch nicht, wenn du noch weitere hunderte Male mit diesem Thema bei mir antanzt.“ Kyo verengte seine Augen. „Du willst dich tatsächlich mit mir anlegen. Ein Moment hab ich ja geglaubt, dass ich das falsch verstehe, aber du legst es wirklich darauf an, dass ich dir in deinen Arsch trete?“ „Was willst du, Kyo?“ „Was ich will? Ich will, dass er sich von ihr fern hält - was für ne sinnlose Frage.“ „ Ja ja.“, war alles was Kaoru sagte. „Was „ja ja“?“ „Mach deine Augen auf Kyo und sei mal etwas realistischer. Wenn das eintreten sollte, dürftest du ebenso damit rechnen, dass du Die verdammt unglücklich machst. Man sollte jemanden in einer Beziehung niemals vor die Wahl stellen. Wie würdest du es sehen, wenn Die das mit dir machen würde?“ „Die würde das nicht mit mir machen, weil ICH nicht nebenbei mit einer Frau rummache.“ „Hey..hey…hey! Jetzt mal sachte, ja. Die macht hier mit niemanden rum, außer vielleicht mit dir.“ Kyo schnaubte abfällig. Ich weiß nicht wieso, aber ich konnte extrem gut nachvollziehen was in ihm vorging. Trotzdem reagierte er ein wenig zu krass. In einer Beziehung hatte man Vertrauen, oder? Im gleichen Moment, als ich das dachte, hatte ich einen bitteren Nachgeschmack. Ich sollte mir vielleicht, was das anging, mal an meine eigene Nase fassen. Denn inwieweit vertraute ich denn Toshiya im Moment? Vielleicht ging es nicht gerade darum, dass er fremdgehen würde, vielmehr darum, wie sehr ich Toshiya vertrauen konnte, dass er mich und die Kinder wirklich liebte. „Mir reicht es!“, hörte ich Kyo sagen. „War ja wieder mal klar.“, entgegnete Kaoru. „Das machst du doch jedes Mal. Du brichst einfach mal das Gespräch ab, spielst den Beleidigten, um dann spätestens in 24 Stunden wieder anzukommen und rum zu heulen.“ „Wenn du von mir genervt bist, dann musst mir das nur sagen. Wie wäre es mit jetzt? Der Moment erscheint mir recht günstig, denn ich bin in der Laune dir danach eine runter zu hauen.“ „Vielleicht solltest du dich lieber erst einmal beruhigen und wieder runter kommen, denn unter diesen Umständen bringt das gar nichts. Und nun komm, setz nen netteres Gesicht auf und lass uns zurück gehen.“ „Ich verzichte.“, kam es prompt von Kyo. „Das ist mir egal.“, ergriff Kaoru einfach Kyos Handgelenk und zog ihn hinter sich her. Für mich war es das Startzeichen abzuhauen und unbemerkt zu verschwinden. Doch weit kam ich nicht, denn kaum war ich an der Zimmertür ankommen, vernahm ich schon Kaorus Stimme. „Was machst du denn hier draußen, Kira? Ich dachte du bist bei den beiden.“ „Ich war nur kurz auf Klo.“, kam es unverblümt über meine Lippen. Dass ich die Worte so ehrlich aussprach, verblüffte mich selber. „Na, klasse!“, hörte ich Kyo leise murmeln. Hätte ich das Gespräch eben nicht mit angehört, dann würde ich mich jetzt angegriffen fühlen, aber unter diesen Umständen wusste ich natürlich wieso er so reagierte. Die und Lily alleine in einem Zimmer zu wissen, beruhigte Kyos Gewissen ganz und gar nicht. Ich reagierte also nicht weiter auf Kyos Einwurf und öffnete die Zimmertür. Mein Blick fiel sofort auf Lily und Die. Die saß vor dem Bett auf dem Stuhl, während Lilys Augen geschlossen werden. „Sie schläft“, flüsterte Die. Ich nickte verstehend und betrat dann mit den anderen beiden das Zimmer vollständig. „Wir sollten sie dann in Ruhe lassen und ein anderes Mal wiederkommen.“, bestimmte Kaoru einfach mal. „Das ist doch mal was.“, war Kyo sofort Feuer und Flamme. „Die!“ „Was?“, schaute er seinen Freund irritiert an. „Du hast doch unseren Leader eben gehört, oder nicht? Lass uns gehen.“ „Wenn ich aber nicht will? Ich hab sie so lange nicht gesehen, jetzt lass mir auch mal etwas Zeit mit ihr.“, blieb Die stur. Kyo schnaubte und wirkte plötzlich auffällig sauer: „Mach doch was du willst! Kannst mich mal!“ Und dann war er weg, hatte das Zimmer verlassen. „Was sollte das denn gerade?“ Die Frage kam von Die und sein Blick war mehr als verwirrt. „Frag lieber nicht weiter.“, antwortete Kaoru ihm. „Er ist schon die letzten Minuten so. Zudem, wenn ich dir mal einen Rat geben darf, solltest du irgendwie – und zwar bald – mit ihm ein klärendes Gespräch führen.“ „Wieso sollte ich? Ich wüsste nicht worüber.“ Mir die flache Hand stöhnend gegen die Stirn schlagend, fragte ich mich, ob Die so blöd war oder nur so tat. „Checkst du noch was?“, herrschte ich ihn genervt an. Die stand darauf vom Stuhl auf und verschränkte die Arme vor der Brust: „Kann mir mal jemand sagen was hier los ist? Wieso mein Freund hier eingeschnappt aus dem Zimmer stürmt und ihr mich so anmacht?“ „Es liegt an mir.“, kam eine Stimme vom Bett. Zeitgleich wendeten wir drei unsere Blicke zu Lily. „Wie bitte?“, schaute Die fragend. „Kyo ist sauer, weil du dich mit mir abgibst. Kannst du dich noch an das Gespräch damals erinnern, bevor du mit ihm zusammen gekommen bist? Er denkt, dass du was von mir willst und merkt dabei nicht, dass dies völliger Irrsinn ist. Die Eifersucht blendet ihn.“ „Ähm…also…“, war alles, was Die dazu sagte und das verursachte mir Bauchschmerzen. Nicht Die auch noch. Wenn seine unsichere Haltung gerade das bedeutete, was ich mir dachte, dann hatte das nichts Gutes zu bedeuten. „Die, ich glaube wir müssen mal kurz reden.“, meinte ich zu ihm. Ich musste meinen Gedanken eine Gewissheit verschaffen. „Okay.“, war alles was er sagte und folgte mir schleichend aus dem Zimmer. Draußen auf dem Flur suchte ich mir ein ruhiges Plätzchen und setzte mich in einer Nische auf einen der dort stehenden Stühle. Die zog es eher vor stehen zu bleiben. „Was ist los?“ „Ich will nicht lange drum herum reden. Demnach…was bedeutet dir Lily?“ „Was soll denn jetzt diese blöde Frage? Sie ist meine beste Freundin, also bedeutet sie mir in diesem Zusammenhang sehr viel.“ „Wie viel?“ „Kira, kannst du mir mal sagen worauf du hinaus willst?“ „Liebst du sie?“ Die ging ruckartig einen Schritt zurück. „Wie bitte? Sag mal, tickst du noch ganz richtig? Hat Kyo dir diese Flausen in den Kopf gesetzt?“ „Nein, hat er nicht. Ich hab diesen Gedanken selber gehabt. Und?“ „Was heißt hier ‚und‘? Ich werde dieses Thema gewiss nicht mit dir vertiefen. Ihr habt ja wohl nicht mehr alle Nadeln an der Tanne.“ Die schien sich stark angegriffen zu fühlen. „Also lieg ich richtig, wenn ich dein Verhalten gerade richtig beurteile.“, meinte ich und spürte sicher, dass ich nicht falsch liegen konnte. Als ich dann plötzlich Tränen in Dies Augen glitzern sah, spürte ich, wie sich mein Magen verkrampfte. Langsam stand ich auf und ging auf ihn zu, um ihn in meine Arme zu ziehen. „Die, nicht weinen.“ „Ich weine doch… gar… nicht.“, kam es schluchzend über seine Lippen bevor er anfing richtig zu weinen. Ich fühlte mich hilflos, wusste nicht was ich machen sollte. Auf der einen Seite tat er mir unheimlich leid und auf der anderen Seite war ich wütend - wütend darüber, dass er die Beziehung mit Kyo so hinterging. Und auf der anderen Seite, weil ich eifersüchtig auf Lily war, weil sie wieder einen weiteren Mann an der Seite hatte, der für sie alles tun würde. Wieso war das nur so? Was hatte sie an sich, dass alle Männer ihr hinterher rannten? „Ich weiß nicht was ich noch tun soll.“, unterbrach mich Die in meinen Gedankengängen. „Ich liebe Kyo, aber da sind auch diese Gefühle, die ich nicht haben sollte.“ „Seit wann weißt du es?“ Ich wusste, dass ich mir selber mit immer mehr Fragen wehtat, aber ich wollte es einfach wissen. „Seit Anfang an.“ „Dann war es schon so, als du mit Kyo zusammen gekommen bist. Wieso dann das alles? Wieso hast du dann nicht um Lily gekämpft?“ Die löste sich aus der Umarmung und fuhr sich provisorisch über die Augen, um die Tränen verschwinden zu lassen, wenn auch vorerst vergebens. „Als hätte ich bei ihr je eine Chance. Zudem liebt sie Shinya, wie könnte ich mich je gegen einen meiner besten Freunde stellen? Na ja, und ich liebe Kyo auch. Aber auf eine anderen Art und Weise. Bei Kyo weiß ich, dass ich ihn wirklich will.“ „Und Lily nicht?“ „Es ist eher so, dass ich das Gefühl habe, dass ich sie nur will, weil ich weiß, dass ich diese Frau nicht haben kann.“ Das hieß also, sobald er sie hätte, würde er sie nicht mehr wollen. Wie nett! „Das klingt vielleicht jetzt nicht gerade freundlich, aber ich würde dir raten, dass du sie dir aus dem Kopf schlägst. Da draußen laufen schon genug Kerle rum, die sich um sie streiten. Außerdem würdest du deine Beziehung zu Kyo komplett zerstören, mal ungeachtet dessen, dass da noch ne Band mit dran hängt.“ Die zog einmal kurz geräuschvoll die Luft ein, versuchte wieder seine Fassung zurück zu erlangen. „Ich weiß. Aber es ist nur so unsagbar schwer, vor allem jetzt, wo sie sich sofort an mich erinnert hat. Du weißt gar nicht wie glücklich ich darüber bin.“ „Ich kann es mir denken, danke.“, meinte ich barsch. „Du bist sauer.“ „Nein, so kann man das nicht sagen.“, versuchte ich mich zu retten. „Ich muss nur leider sagen, dass es mir auf den Senkel geht, dass alle Männer wie schwanzgesteuert hinter ihr herrennen.“ „Ich weiß auch nicht wieso das so ist. Eigentlich will ich das gar nicht…“ „Bestimmt.“, unterbrach ich ihn. „Versuch dich einfach etwas zurück zu halten und rede verdammt noch mal mit Kyo. Das hält ja sonst keiner aus. Als wenn man nicht schon genug andere Probleme hätte.“ Mit diesen Worten machte ich mich von dem Gespräch los und ging zurück zu den anderen beiden. Die folgte nur wenige Minuten später. ***************************************************************** Sorry, Leutz, für die Verspätung, aber ich hatte so viel um die Ohren. Musste erst mein Examen hinter mich bringen, sowie das erste Semester meines Studiengangs sowie ne Hausarbeit. Das nächste Kapitel sollte eigentlich nicht ganz so lange auf sich warten lassen, wie dieses hier. Hab jetzt auf Arbeit entdeckt, dass man sehr gut dort schreiben kann - wenn mein Patient mich lässt natürlich. Ich würde mich, wie immer, auf Feedback eurerseits freuen! Haltet die Ohren steif! Man liest sich. Chingya Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)