Traumfänger von RayDark ================================================================================ Kapitel 1: One shot ------------------- Es ist unerträglich. Überall, wo ich hinschaue, sehe ich Erinnerungen. Dein Gesicht, wie es lacht und weint, wie es in Wut verzerrt ist oder morgens ganz verschlafen, aber rein und schön. Dein Geruch hängt überall in der Wohnung in der Luft. Tief atme ich durch und gehe zum Fenster und sehe durch die Fäden des Traumfängers, wo mich die Erinnerungen wieder einholen. Es war ein regnerischer Tag, als ich durch den Wald spazieren ging um Pilze zu sammeln. Ich liebte den Regen. Dann entdeckte ich kleine Hasenspuren und folgte ihnen neugierig. Die Markierungen führten zu einer schmalen Höhle und ich war froh, eine Taschenlampe mitgenommen zu haben – falls es sehr dunkel geworden wäre, wäre ich nach Hause gegangen. Ich schaltete sie ein und ging dann voran in die Höhle, viel zu neugierig, als ein bestimmtes Merkmal draußen zu bemerken… Plötzlich hörte ich, wie mein Fuß in etwas Nasses trat. Ich blinzelte irritiert und sah nach unten. Ich war direkt in etwas Dunkles getreten und zog den Fuß weg. Da es nicht stank, trat ich näher und nahm die Pfütze genauer in Augenschein. Mutiger geworden, tunkte ich einen meiner Finger in die Flüssigkeit. Ich runzelte leicht die Stirn, als ich bemerkte, dass sie rot war. Um den letzten Verdacht zu bestätigen, roch ich erst an der Flüssigkeit und berührte schließlich mit meiner Zunge die Flüssigkeit an meinem Finger. Nun war es eindeutig, der Geruch und der Geschmack nach Eisen, die rote Farbe. Alles deutete auf Blut hin. Aber was hat Blut in einer Höhle zu suchen, wo Kaninchen anscheinend öfter ein und ausgehen? Diese Tiere waren doch so empfindlich darauf bedacht, in keine Gefahrenzone zu laufen, als dass sie direkt vor das Maul eines Raubtieres laufen würden. Mit klopfendem Herzen ging ich weiter Angst, dass etwas Gefährliches passieren würde und doch Neugier, woher das Blut denn stammt. Nach einer Weile gelangte ich ans Ende der Höhle, während das Blut immer öfter auftrat. Ich leuchtete mit meiner Taschenlampe die Höhlenwand und den Boden ab. Dann fand ich eine weitere schmale Öffnung in der Wand und leuchtete hinein. Vor Schreck ließ ich fast die Taschenlampe fallen. Dort in der Nische warst du, über und über mit Blut besudelt. Allem Anschein nach, warst du bewusstlos. Ich legte die Taschenlampe so auf den Boden, dass du angestrahlt wurdest. Dann zog ich dich aus der Nische und versorgte deine Wunden soweit ich konnte. Ich brachte dich unter Einsatz meiner Kräfte zu mir nach Hause. Obwohl du recht zierlich und leicht warst, wurdest du den Weg immer schwerer. Nach einer Weile hatte ich es dann doch geschafft. Ich legte dich in mein Bett und rief einen Arzt an. Als dieser dich sah, meinte er sofort, du solltest in ein Krankenhaus, doch ich verneinte. Du hattest dich soweit von der Zivilisation zurückgezogen, das musste heißen, dass du nicht in ein Krankenhaus wolltest, warum auch immer. Mir war es egal- ich würde dich schon wieder aufpeppeln – mit der Hilfe des Arztes. Nachdem der Doktor dich verarztet hatte, ging er mit unruhigem Gewissen wieder, aber mir war das egal. Warum? Weil ich nur deine zierliche, wehrlose Person ansehen musste, um alles aus dem Umfeld, was nicht mit dir zu tun hatte, auszublenden. Ich weiß nicht, ob ich es damals schon wusste, aber ich hatte mich einfach in dich verliebt. Das passierte so gut wie nie und das Gefühl war relativ neu, wenn auch irgendwie schön. Am Abend wachtest du dann endlich auf und schautest mich mit deinen smaragdgrünen Augen überrascht und irritiert an. Ich war so verzückt, dass ich fast vom Stuhl fiel, als du überraschend aus dem Bett sprangest, deine Wunden dabei ignorierend. Mit deiner entzückenden Stimme fragtest du mich, wo du hier seiest. Von Panik ergriffen, dass du mich schon wieder verlassen würdest, sprang ich entsetzt auf. Du erschrakst und warst dann sofort in Verteidigungsposition. Ich setzt mich wieder hin, ohne dich aus den Augen zu lassen und sprach mit sanfter Stimme: „Ich habe dich im Wald gefunden und zu mir nach Hause gebracht. Ich dachte, du wolltest nicht ins Krankenhaus, deswegen bist du hier. Ich weiß zwar nicht, wovor du Angst hast, doch hier bist du sicher.“ Das dachte ich eigentlich. Doch zu spät erkannte ich, dass es nicht so war. Du bliebest in meiner Wohnung und wir redeten viel. Doch nie hast du mir gesagt, was passiert ist oder warum du nicht ins Krankenhaus wolltest. Mir war es auch egal, immerhin warst du bei mir. Doch eines Tages war ich arbeiten und du gingest einkaufen. Doch du kamst einfach nicht zurück. Ich verstand es nicht. Hast du mich einfach so verlassen? Ohne mir einen Brief zu hinterlassen. Ich meldete mich für einige Tage krank und ging in der Stadt und im angrenzenden Wald auf die Suche, doch dich fand ich nirgends. Ich versuchte mir einzureden, dass es dir gut ginge, auch wenn ich dich sehr vermisste, doch ein paar Tage später kam es dann. Ich war gerade zu Hause, als meine Türklingel läutete. Ich ging hin, schon mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend. Vor der Tür war ein junger Polizist, der mich fragte, ob ich einige Tage jemanden bei mir wohnen gehabt hätte. Ich bejahte und dann bat er mich mit zu kommen. Mein Gefühl verschlimmerte sich und artete schließlich in Magenschmerzen aus, je näher wir dem Zielort kamen. Der Polizist führte mich nicht in irgendwelche Verhörräume, nein, er führte mich in die Pathologie und ich bekam schon richtige Bauchkrämpfe. Unten angekommen zog er eine der Türen mit der Zahl 467 auf. Mein Herz raste und auf einmal blieb es stehen. Mein Gefühl hatte mich nicht betrogen… du lagst da auf der Bahre und es schien, als ob du schliefest. Mir traten Tränen in die Augen, ohne dass ich es bemerkte. Ich ging um die Bahre herum und fasste dich bei den Schultern, um dich richtig wach zu rütteln. Der Polizist wollte mich davon zurückhalten, als das Laken, mit dem du bedeckt warst, runterrutschte. Entgeistert sah ich auf die riesige Stichwunde. Wer konnte das bloß getan haben, ich brach vor Entsetzen zusammen und wachte erst einige Zeit später wieder auf. Die Bilder holten mich schnell wieder ein und fing an zu weinen. Wer konnte dir das nur angetan haben. Der junge Polizist wusste nichts mit mir anzufangen und ich beruhigte mich äußerlich schnell wieder, um von dem Ort wegzukommen. Du warst zwar da, aber auch wieder nicht. Und jetzt frage ich mich immer noch, wer so eine abscheuliche Tat begehen konnte. Eine leise Träne stahl sich aus meinem Auge und ich sah weiter durch das Fenster nach draußen. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)