Trust me von Miyavilicious (Don't cry little Cat) ================================================================================ Prolog: Beginning ----------------- „Und komm erst wieder wenn du wieder normal bist!“, hallte es durch die lärmenden Straßen und ein dumpfer Knall einer Haustür folgte der wutverzerrten Stimme. Autos rauschten an dem Haus vorbei, verursachten hin und wieder unangenehme Gerüche in der Luft und rasten unentwegt weiter. Fassungslos und mit weit geöffneten Augen starrte der brünette Schönling an die Tür, die soeben mit voller Absicht vor seiner Nase zugeschlagen worden war. Er wollte seinem Peiniger hinterher schreien, wollte gegen die Tür hämmern und trotzig dort verweilen, bis man ihn wieder hineinließ, doch Irgendetwas hielt ihn davon ab. Vielleicht war es die Tatsache, dass er nicht zum ersten Mal vor so einer Situation stand, wurde er doch schon öfter vor die Tür gesetzt. Es war doch immer das Gleiche. Spätestens in ein paar Stunden würde er stockbesoffen in einer Kneipe sitzen und sein Mitbewohner würde sich Sorgen machen, ihn suchen und dann wieder mit nach Hause schleppen, nur um ihn nach ein paar Tagen oder Wochen erneut wegzuschicken, da er es nicht mehr mit ihm aushielt. Ein ewiger Kreislauf, den er wohl niemals unterbrechen konnte. Der Brünette seufzte. Noch immer hielt er seinen dunklen Mantel in der Hand, senkte den Blick und achtete nicht darauf, dass er schon längst fröstelte. Diesmal würde er sich nicht wieder mit nach Hause schleppen lassen. Er sah nicht ein, dass er immer alles falsch machte, sah nicht ein, dass alles seine Schuld war und man ihm den Mund verbot. Nicht mit ihm! Sein Blick erhob sich und fixierte die Fenster, die nicht zufällig geöffnet waren. Er wusste genau, dass sein Freund viel zu nett war, um ihn irgendwann wirklich für immer vor die Tür zu setzen. Das bemerkte er auch jetzt, als ein schwarzer Schopf im Fenster erschien und ihm ein böser Blick zugeworfen wurde. „Hast du dich jetzt endlich wieder beruhigt? Weißt du, Uruha, ich hab wirklich satt, dass du dauer-“ „Dass ich dir dauernd auf die Nerven gehe und mich immer falsch verhalte! Schon kapiert! So langsam kann ichs auswendig!“, knurrte ihm der unten Stehende entgegen und wirbelte herum, um mit einem lauten Schnauben der Sichtweite des Schwarzhaarigen zu entfliehen. Perplex und völlig überrumpelt blickte ihm dieser hinterher, lehnte sich etwas weiter aus dem Fenster um ihn zu erkennen, doch er war bereits verschwunden. Tief seufzend stützte er den Kopf auf die Hand und überlegte sich, wann er wohl dieses Mal bereit sein würde, seinen Freund zurückzuholen. „Zicke…“, murmelte er genervt und schloss das Fenster. Kapitel 1: Unexpected Help -------------------------- Und hier ist endlich das geschliffene, neue, erste Kapitel |DD Viel Spaß *Keksis hinstell* ------------------------------------------------------------------ Nachdenklich schlurfte der Brünette durch die Straßen. Es war bereits dunkel und nur hin und wieder zog ein vorbeifahrendes Auto seine Aufmerksamkeit auf sich. Doch nie entdeckte er das Kennzeichen, nachdem er sich so sehr sehnte. Uruha zog seinen Mantel enger an den frierenden Körper und lauschte stumm den nächtlichen Geräuschen. Laute Musik drang an sein Ohr und ließ seinen Blick reflexartig auf die andere Straßenseite wandern, an der er die bekannte Kneipe ausmachen konnte. Wie oft war er schon hierher gekommen wenn er sich einsam gefühlt hatte. Dort gab es genug Menschen, die ihm dieses Gefühl nehmen konnten und ihm für kurze Zeit das Gefühl schenkten, wichtig zu sein. Hastig schüttelte der Gitarrist den Kopf. Konnten sie ihm wirklich die Einsamkeit nehmen? Konnte das überhaupt jemand? Uruha wusste die Antwort, doch wollte er diese Gedanken am liebsten verdrängen. Wen kümmerte es denn eigentlich, wie er sich fühlte? Entschlossen schritt er über die Straße, hastete vor die Eingangstür und trat ein. Giftiger Rauch schlug ihm entgegen und der Lärmpegel erhöhte sich rapide. Ob er es sich eingestehen wollte oder nicht, hier fühlte er sich wohler als in irgendeiner verlassenen Wohnung. Hier war er nicht alleine und konnte jederzeit die depressiven Gedanken im Keim ersticken. Selbst heute hatte er genau diesen Plan vor Augen, obwohl er genau wusste, dass er somit in jedem fremden Bett wieder aufwachen könnte. Aber wenn er ehrlich war, kümmerte ihn dieser Gedanke schon lange nicht mehr. Oft genug war ihm genau das passiert und jedes Mal hatte sein Herz einen Sprung gemacht, wenn er nicht alleine im Bett aufgewacht war. Nur leider stand er auch schneller wieder vor der Tür als ihm lieb war. Er war nun mal nur für eines zu gebrauchen. Und er wäre ein Narr, wenn er diese Chancen auf ein bisschen Zuneigung nicht nutzen würde. „Uruha? Was machst du denn hier?“ Erschrocken drehte sich der Schönling um und weitete die müden Augen als er dort Ruki und Kai erblickte. Der Frontmann musterte den Brünetten eine Weile, warf dem Drummer einen kurzen Blick zu und schmunzelte. „Aoi hat dich wieder vor die Tür gesetzt, stimmt's?“, stichelte er mit einem breiten Grinsen. Uruha warf dem Kleineren einen düsteren Blick zu und rümpfte die Nase. „Und wenn schon! Als ob der ohne mich klar kommt.“ „Jeder Depp kommt ohne dich klar“, konterte Ruki scharf und sah ihn gereizt an. Kai stieß dem Sänger den Ellenbogen in die Seite und seufzte. „Lass ihn in Ruhe“, raunte er dem Blonden zu, lächelte dabei jedoch unentwegt weiter und beobachtete das perplexe Mienenspiel des Frontmanns. „Schon gut, Kai. Er hat ja Recht“, meinte der Brünette mit einem schwachen Lächeln und schlenderte an ihnen vorbei, das laute Rufen des Braunhaarigen ignorierend. Ruki hatte mehr als Recht. Jeder Depp würde ohne ihn klar kommen. Auch diesmal tat er es, um all die schmerzenden Gedanken zu verbannen, um sie auf ewig zu ertränken. Der Brünette saß lachend auf dem abgenutzten Sofa, um ihn herum hatte er all seine Bandmitglieder, die mit ihm zusammen tranken, lachten und ihm das Gefühl nahmen, dass es falsch war, was er tat. Nur war es nicht die Wirklichkeit. Ruki und Kai waren bereits gegangen und er glaubte nicht, dass Reita sich hier ebenfalls aufhielt. Er wusste noch nicht einmal wie spät es war oder wie viel er getrunken hatte. Das Einzige, was er ganz genau wusste, war, dass Aoi nicht gekommen war. Es sollte ihm eigentlich nichts ausmachen, der Schwarzhaarige sollte ihm egal sein, doch so war es nicht. Mit einem dumpfen Geräusch stellte er sein Glas auf dem Tisch ab und erhob sich wankend. Er würde schon jemanden finden, der sich um ihn kümmerte. Sollte Aoi sich doch Sorgen machen! Uruha wurde auf seinem Weg rücksichtslos angerempelt und er versuchte seinen Blick zu schärfen, doch alles um ihn herum drehte sich und auch sein Kopf schien immer weniger aktiv zu sein, denn er verlor die Kontrolle über seinen Körper, als er erneut einen Stoß im Rücken verspürte und hart auf den Boden zu fallen drohte. Der Schönling erwartete Schmerzen und das Gefühl des kalten Bodens auf seiner Haut, doch all das blieb aus. Stattdessen empfingen ihn zwei Arme, die ihn vor dem Sturz bewahrten und ihn an einen warmen Körper drückten. Es dauerte einige Sekunden, bis Uruha begriff, dass er sich in den Armen einer Person befand und nicht auf dem Boden lag. Er konnte den Herzschlag seines Retters spüren, lauschte dem beruhigenden Pochen und kümmerte sich nicht weiter darum, wer sich eigentlich vor ihm befand. „Uruha?“, schreckte ihn die besorgte Stimme auf und er hob den Kopf, um seinem Gegenüber in die Augen zu sehen. Doch leider war seine Sicht noch immer verschwommen und unklar, weshalb er kurz die Augen zusammenkniff und sie erneut öffnete. Der Brünette fing sofort an zu lächeln, als er das Piercing an der Unterlippe bemerkte und die langen schwarzen Haare, die ihm vom Nacken über die Schultern fielen. Ein bekanntes, intensives Gefühl durchströmte seinen Körper und sorgte dafür, dass sich seine Stimmung abrupt änderte. Die Gewissheit, dass Aoi doch noch gekommen war, weil er sich um ihn sorgte, siegte über die gewaltige Wut, die Uruha noch bis vor Kurzem empfunden hatte. „Uruha? Was ist mit dir los?“, ertönte erneut die Stimme seines Gegenübers, dessen Klang Uruha etwas irritierte. Sofort schlangen sich zwei Arme um den Nacken des Schwarzhaarigen und der Gitarrist spürte, wie er von dem anderen langsam nach hinten gedrängt wurde, bis er mit den Füßen gegen das Sofa stieß und sich gezwungenermaßen darauf niederließ. Die Wärme verschwand und der Brünette rieb sich über die Augen, um etwas zu erkennen, doch vor ihm bewegten sich nur eine Horde tanzwütiger oder betrunkener Menschen. Für einen Moment glaubte er, dass es pure Einbildung gewesen war, ein Wunschtraum, der sich jedoch sehr real angefühlt hatte. Eine kleine Bewegung erregte plötzlich seine Aufmerksamkeit. Er wandte den Kopf zur Seite und erblickte den Schwarzschopf neben sich auf dem Sofa. Letzterer schien das leere Glas und die Flasche Champagner auf dem Tisch zu betrachten, bevor sich sein Augenmerk dem Brünetten zuwandte. Kaum hatte der Schönling den Blick bemerkt, warf er sich dem Schwarzschopf erneut an den Hals. Überrumpelt wich dieser zurück und begann zu schmunzeln. All der Alkohol nahm Uruha das klare Denken und ehe er sich versah, hatte er die Augen geschlossen und suchte nach den Lippen seines Gegenübers. Doch anstatt einem Kuss, spürte er nur die Luft an seiner hitzigen Haut und ein schmerzhaftes Stöhnen drang an seine Ohren. Sofort schlug er die Augen auf und schaute in zwei gereizte Augenpaare unter sich, ehe sich etwas gegen seine Brust stemmte und ihn zwang, sich aufzurichten. Nur wenige Sekunden später wurde er rücklings aufs Sofa geschubst und Uruha murrte unzufrieden auf. „Du bist ja schlimmer als jede Nutte!“, lachte ihm die amüsierte Stimme entgegen. Bevor der Brünette etwas erwidern konnte, wurde er sachte hochgehoben und seine Arme schlangen sind reflexartig und zum dritten Mal an diesem Abend um den Nacken des Schwarzschopfes. Uruha wehrte sich nicht. Er schloss nur die müden Augen, die mehr und mehr zu schmerzen begannen und konzentrierte sich ganz auf die Nähe des anderen. Es dauerte nicht lange und all der Alkohol und die Müdigkeit hatten ihn in einen ruhigen Schlaf gezogen. *~*~* Die Stadt Tokyo erleuchtete im Glanz der aufgehenden Sonne, die die Nacht glorreich vertrieb und dem Land ihre Ehre erwies. Trotz der Autos auf den Straßen, dem Lärm, den diese verursachten und die Menschenmassen in den Städten, wirkte es in einem anderen Blickwinkel idyllisch und ruhig. Viele Vögel wagten sich über die hohen Wolkenkratzer, ließen sich unter Dächern nieder, um ihre Jungen zu füttern oder saßen einfach nur neugierig auf den Fensterbänken der Häuser und spähten hinein. Einer dieser Vögel schien sich jedoch zu weit vorgewagt zu haben, denn kaum erblickte er das Innere der Wohnung, klatschte das dumpfe Geräusch einer Tatze von innen gegen die Fensterscheibe und ließ ihn aufgebracht davonfliegen. „Ärger doch nicht immer die armen Vögel“, tadelte eine schmunzelnde Stimme und der Stubentiger wurde vom Fenster gezogen. Er war zutiefst beleidigt über das schnelle Verschwinden seiner Beute und gab ein unzufriedenes Brummen von sich, als er auf dem Küchenboden abgesetzt wurde. Das Lächeln des Schwarzhaarigen blieb der Katze nicht unbemerkt, weshalb sie sogleich wieder auf die Ablage sprang und mit lautem Schnurren deutlich machte, dass sie sich keiner Schuld bewusst war. „Du bist zu süß“, lachte der Größere und tätschelte seinem Liebling den Kopf. „Meinst du wir sollen unserem unfreiwilligem Gast mal einen Besuch abstatten?“, flüsterte er der Katze ins Ohr, die sofort die Ohren spitzte, den Kopf schief legte und ihn fragend ansah. Wieder musste der Schwarzschopf schmunzeln. Er drückte dem Kätzchen einen Kuss auf den Kopf und verschwand dann schnellen Schrittes aus der Küche. Als er die Tür öffnete, entfachte er einen schmalen Lichtstreifen auf dem Boden, der das abgedunkelte Zimmer sachte erhellte. Doch um seinen Gast zu wecken, bedarf es mehr als solch einem unbedeutenden Lichtschein, dessen war sich der Schwarzschopf natürlich nur allzu gut bewusst. Er zögerte nicht lange, ging leise zum Fenster und zog mit einem Ruck die Vorhänge auseinander, ließ den strahlenden Sonnenschein hinein. Es war Absicht, den Schlafenden so brutal zu wecken, ob nun aus purer Schadenfreude oder einfach mit dem Vorhaben, sich an dem Brünetten für letzte Nacht zu rächen. Dieser hatte ihn einfach überfallen und war ihm tierisch auf die Nerven gegangen, selbst als er ihn dann endlich mit Müh und Not ins Bett gezerrt hatte. Jeder normale Betrunkene würde in einen friedlichen Schlaf sinken, sobald er im Bett lag, was der Schwarzhaarige anfangs auch von Uruha gedacht hatte. Doch so war dem nicht. Stattdessen hatte sich ihm dieser immer wieder an den Hals geworfen und den Namen des schwarzhaarigen Gitarristen gemurmelt, den er nur zu gut kannte. Was das Ganze zu bedeuten hatte, wusste er nicht, wollte dem aber, sobald es ihm möglich war, auf den Grund gehen. Er war einfach viel zu neugierig. Ein gequältes Stöhnen riss ihn aus seinen Gedanken. Die Bettdecke raschelte, entblößte das verschlafene und äußerst unordentliche Gesicht des Brünetten. Seine Finger tasteten durch seine zerzausten Haare, dann über sein Gesicht und stoppten an seiner Stirn. Sein Kopf schien zu bersten, alles drehte sich vor Schmerz, selbst als er die Augen für einen Moment zusammenkniff und wieder öffnete. Uruha musste nicht lange grübeln, wusste er schon was mit ihm los war. Immerhin war es nicht das erste Mal, dass er mit solchen Kopfschmerzen in seinem Bett aufwachte. Zu viel Alkohol, zu wenig Selbstbeherrschung. Das alles war nur Aois Schuld. Hätte er ihn nicht rausgeworfen, hätte er ihn doch… Hatte er ihn denn nicht letzte Nacht gefunden? Es war nur eine schwache Erinnerung, lediglich verwischte Umrisse einer schwarzhaarigen Gestalt, die ihn in den Armen hielt und mit dessen Nähe Uruhas Herzschlag beschleunigt hatte. Selbst jetzt, allein bei dem Gedanken. War denn alles nur ein Traum gewesen? Erneut stöhnte der Schönling unter den Schmerzen auf. Er sollte weniger denken. Kraftlos ließ er sich zurück ins Kissen sinken, schloss die Augen und fischte mit der rechten Hand nach seinem Wecker, der gewöhnlich auf dem Nachttisch stand. Er griff jedoch ins Leere. Selbst beim zweiten Versuch konnte er das harte Holz nicht erfühlen, ließ seinen Arm sinken. Mit einem Ruck hatte er seinen Oberkörper aufgerichtet, hielt sich jedoch hastig den schmerzenden Kopf, der ihn fast wahnsinnig vor Schmerz machte. Sein Augenmerk galt jetzt der Stelle neben dem Bett. Nichts. Er glaubte zu spinnen. Wo war sein Nachttisch? Nervös wandte er den Kopf nach vorne, kniff bei der Helligkeit kurz die Augen zusammen, nur um sie nach einer Weile wieder zu öffnen und sie mehr als weit aufzureißen. Uruha hatte die Person am Fenster bemerkt, sah das belustigte Grinsen auf den Zügen, hörte das leise Schmunzeln und hätte am liebsten laut losgeschriehen. Schlimm genug war die plötzliche Erkenntnis, dass er allem Anschein nach, nicht in seinem eigenen Bett lag, doch wie passte dieser fremde Schwarzhaarige ins Bild? Doch so fremd schien er gar nicht zu sein, als Uruha ihn etwas genauer betrachtete. Braune Augen, nackenlange, rabenschwarze Haare, Lippenpiercing… Miyavi?! Warum ausgerechnet Miyavi? Hätte ihn nicht jemand anders so erschrecken können? Jeder wäre ihm recht gewesen, nur nicht dieser durchgeknallte, hyperaktive und dauernervende Solist! Dieser hatte übrigens noch immer nicht gesprochen, wartete ab und verfolgte jede klitzekleine Regung des Sitzenden. Wenn Uruhas Kopf nicht so höllisch schmerzen würde, würde er den anderen jetzt wohl wütend anschreien, seiner Wut freien Lauf lassen, doch es würde ihm nur noch schlimmere Schmerzen bescheren und er wusste ja noch nicht einmal, weshalb er eigentlich hier war. Stattdessen schob er die Bettdecke von seinem Körper, setzte sich auf die Bettkante und verbarg das Gesicht mit einem verzweifelten Seufzen in den Händen. Er wollte nur noch schlafen und all die unangenehmen Gedanken an Aoi vergessen. Verdammt, er wollte gar nicht wissen, was er wieder angestellt hatte, dass er in Miyavis Bett gelandet war. Plötzlich zuckte der Sitzende zusammen und erhob ruckartig den Kopf, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Nach wenigen Sekunden der Verwirrung, schlug er die ungebetene Hand von sich und funkelte den nun vor ihm knienden Gitarristen warnend an. „Fass mich nicht an!“, fuhr er ihn an und besah sich das noch immer breite Grinsen seines Gegenübers mit Abscheu. „Da ist aber jemand schon am frühen Morgen richtig zickig“, gab Miyavi gelassen zurück und erhob sich wieder. Mit einem Schulterzucken machte er seine Gleichgültigkeit über die Reaktion klar und schlenderte zurück zur Tür. Noch bevor Uruha darauf etwas erwidern konnte, stand der Schwarzschopf schon im Türrahmen und hob die Hand zum Abschied. „Ich bin dann mal für ein paar Stunden weg. Bis später, Kätzchen. Sei schön brav“, meinte der Tattooträger und seufzte. Er schien nicht wirklich begeistert darüber zu sein, dass er gerade jetzt gehen musste. „Und wag es dich, einfach davonzulaufen“, fügte er mit einem drohenden Ton hinzu. Uruha klappte der Mund auf. Die Tür fiel ins Schloss und bald verstummten die leisen Schritte hinter dem Geräusch einer zufallenden Tür. Jetzt war er allein. Hatte Miyavi ihn eben wirklich Kätzchen genannt?! Einen Moment lang noch starrte der Gitarrist an die Tür, versuchte zu begreifen, was da eben passiert war und suchte nach einer Erklärung, konnte aber keine finden. In seinem Kopf drehte sich alles, Uruha glaubte noch zu träumen, doch je länger er das kalte Holz der Tür betrachtete, umso schmerzlicher wurde ihm bewusst, dass er wach war. Er hatte nicht wirklich Lust, jetzt noch länger zu grübeln – nicht mit diesen Kopfschmerzen. Also verdrängte er das eben Geschehene, erhob sich ganz vorsichtig vom Bett und schlenderte mit einem lautstarken Gähnen zur Tür. Ein kurzer Blick an sich hinab machte ihm klar, dass sein Gedächtnisverlust folgenreicher war als vermutet. Allein der dünne Stoff seiner Shorts verhinderte, dass man seiner Männlichkeit zu nahe treten konnte, falls das jetzt überhaupt noch eine Rolle spielte. Nicht wenige Personen hatten in den Genuss genau dieses Körpers kommen dürfen, doch trotz allem beängstigte ihn der Gedanke, dass Miyavi einer davon sein konnte. Vielleicht hatte er es diesmal zu weit getrieben. Und dann war da noch Aoi. Die Person, die ihm das Blut in die Wangen schießen ließ, wenn er nur an sie dachte. Das Kribbeln auf seiner Haut, wenn er das warme Lächeln auf den wunderschönen Lippen sah. Es war ein Gefühl, das er vor langer Zeit zum ersten Mal gespürt hatte und das ihn so sehr verändert hatte, dass er manchmal selbst nicht mehr wusste, wer er eigentlich war. Er hatte Angst vor der Tatsache, noch einmal alles durchmachen zu müssen und gleichzeitig wollte er alles tun, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Letzteres schien zu überwiegen. Und einer Sache war er sich ganz sicher. Aoi war nicht die Art von Person. Nicht er. Als er in den Flur trat und sich in den vielen Zimmern umsah, wurde ihm klar, dass er Miyavi noch weniger mochte, als er zuvor gedacht hatte. Im angeblichen Wohnzimmer hingen die verschiedensten Kleidungsstücke über dem Sofa oder lagen unordentlich auf dem dreckigen Boden. Auf dem Glastisch davor, standen Essensreste herum und lockten schon die Fliegen an, die sich an den Resten der Pizza bedienten. Inmitten all dem Chaos, lag ein kleines, schwarzes, haariges Bündel mit weißen Flecken, das sich auf dem Sofakissen zusammengerollt hatte und schlief. Uruha war nicht klar gewesen, dass der Solokünstler Haustiere besaß, doch der Gedanke, dass dieses süße Kätzchen in so einem Müllhaufen leben musste, ließ in dem Brünetten die Wut aufsteigen. Er verspürte den Drang, alles aufzuräumen, damit man das Wohnzimmer als ein solches identifizieren konnte, doch so viel Hilfe wollte er dem verrückten Sänger nicht geben. Am Schluss würde er noch denken, dass Uruha ihn mochte oder ihm gefallen hatte, was zwischen ihnen vorgefallen war, falls überhaupt etwas passiert war. Mit einem letzten Blick auf das Kätzchen, verschwand er wieder im Flur und ging zurück ins Schlafzimmer, um seine Klamotten zu suchen und diesem Albtraum so schnell wie möglich zu entfliehen. Weshalb ihn Miyavi auch immer ‚Kätzchen’ nannte oder er bei ihm im Bett gelandet war, Uruha wollte es nicht wissen. Er hatte keine Zeit, um sich den Kopf darüber zu zerbrechen, immerhin hatte er momentan andere Probleme. Miyavi würde er sowieso so gut wie nie wieder sehen, und das Bisschen würde er schon überstehen. Als der Schönling das Bett umkreiste und verzweifelt Ausschau nach seiner Kleidung hielt, wuchs die Angst in ihm und das verlangen, laut zu schreien. Ob es nun beabsichtigt war oder nicht – seine Kleidungsstücke waren nicht da. Selbst als der Brünette das Wohnzimmer und andere Zimmer durchstöberte, konnte er sie nicht finden. Panik kam in ihm auf. Er war gefangen. Auch die Idee, dass er von Miyavi ein paar Kleider ausleihen könnte, verbannte er sofort wieder aus seinen Gedanken. Niemals würde er auch nur in die Nähe von Miyavis Kleiderschrank gehen, geschweige denn etwas davon zu tragen und zu riskieren, dass die giftigen Bazillen aus ihm einen genauso verrückten Gitarristen machten. Außerdem wäre es Diebstahl, und Miyavi hätte einen Grund, jederzeit bei ihm aufzutauchen. Uruha seufzte. Er hatte doch gar kein Zuhause mehr. Und jetzt konnte er noch nicht einmal versuchen, sich mit Aoi zu versöhnen und musste hier bleiben, bis Miyavi wieder nach Hause kam. Nur leider hatte er nicht die geringste Ahnung, wann das sein würde. Widerwillig gestand er sich ein, dass er wohl auf den Hausbesitzer warten musste. Und dann konnte er was erleben! Kapitel 2: Caged ---------------- Er war noch immer nicht da. Uruha wusste noch nicht einmal, wo er hingegangen war. Und verdammt, er wollte hier raus! Nur einmal hatte er sich an den riesigen Kleiderschrank gewagt, bis er die ausgefallenen Kostüme in der Ecke entdeckt hatte. Krankenschwester, Stewardess, ein Katzenkostüm – Miyavi war wirklich abartig. Der Brünette erfuhr viel mehr über ihn, als er eigentlich wissen wollte. Für ihn war Miyavi ein kleines Kind, das durch seine verrückte Art die Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. Immerhin hatte er ja keine Wahl, denn singen konnte er seiner Meinung nach nicht und das, was der Solokünstler als Gitarrenspiel bezeichnete, war sinnlose Vergewaltigung der Saiten. Nun gut, er hatte Miyavi noch nie wirklich live spielen sehen, aber das brauchte er auch nicht, um zu Wissen, dass er nicht der Wunderknabe war, den er angab zu sein. Auf jeden Fall hatte er lange überlegt und war zu dem Ergebnis gekommen, dass er einfach jemanden anrufen könnte, der ihn dann von hier fortbrachte, selbst wenn das hieß, dass derjenige dachte, er hätte mit dem Idioten geschlafen. Nur leider hatte Uruha kein Handy, da dieses noch in seine Hosentasche steckte und er seine Klamotten ja nicht wieder finden konnte. Er konnte beim besten Willen nicht alle Handynummern auswendig, also war ihm nur die Möglichkeit geblieben, dass er irgendjemanden Zuhause erreichen könnte, indem er Miyavis Telefon benutzte. Doch leider war auch dieses Unterfangen kläglich gescheitert. Kai war anscheinend nicht Zuhause, was man ihm aber nicht übel nehmen konnte, da er wegen einigen Besprechungen mit den Staffs viel um die Ohren hatte. Reita lag im Krankenhaus, da er sich den Fuß gebrochen hatte und war daher sofort auszuschließen. Wie man jedoch so heftig über eine der Boxen auf der Bühne stolpern konnte, dass man sich dabei den Fuß brach, war Uruha noch immer ein Rätsel. Zum Glück war es ihm nicht während des Auftritts passiert, sonst hätten sie jetzt nicht nur Probleme mit den anstehenden Konzerten, die abgesagt werden mussten, sondern auch noch eine Welle voller Fantränen, die ihnen per Post oder Mail zugeschickt werden würden. Komischerweise drückten die Fans erst so richtig auf die Tränendrüsen, wenn sie live sahen, wie ihr Liebling verunglückte. Der Bassist war auch der Grund dafür, dass Kai so viel zu tun hatte und die Dummheit seines Freundes wieder in Ordnung bringen musste. Auch Ruki war nicht zu erreichen, weshalb ihm der Gitarrist genügend Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterließ, in denen er seiner Verzweiflung freien Lauf ließ. Es war aber auch zum Schreien. Alle Welt hatte sich gegen ihn verschworen. Mit einem verzweifelten Stöhnen vergrub er das Gesicht in den Händen und musste sich zurücknehmen, um nicht laut zu schreien. Jetzt hatte er keine andere Wahl mehr und musste warten, bis sein Lieblingssolokünstler nach Hause kam und er ihm kräftig in den Hintern treten konnte. Darauf freute er sich fast mehr als auf die bevorstehende Freiheit. Irgendjemand musste diesem Kleinkind doch mal Manieren beibringen. Und sonst tat es ja niemand. Noch immer hatte Uruha nicht mehr als seine Shorts am Körper und dankte dem Wetter dafür, dass es an diesem Tag wärmer war als sonst. Wie lange er noch warten musste, bis dieser Albtraum vorbei war, wusste er immer noch nicht. Ein kurzer Blick auf die Wanduhr verriet ihm, dass es schon nach zwei Uhr war und Miyavi wohl erst abends zurück sein würde. Was sollte er denn nur tun, um nicht vor Langeweile zu sterben! Seufzend begab er sich auf die Suche nach einer Kopfschmerztablette, um die nächsten Stunden heil überstehen zu können. „Papi ist Zuhause!“ Augenblicklich fuhr Uruha in die Höhe und starrte zur Küchentür. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Jetzt war der Schwarzhaarige fällig. Zögernd ging er in den Flur und sah sich nach ihm um. Doch die Suche erübrigte sich, denn er kam bereits aus dem Wohnzimmer und warf dem anderen Gitarristen einen musternden Blick zu. Dann fing er heftig an zu grinsen und trat auf ihn zu. „Hast mich wohl erwartet, Kätzchen“, meinte er noch breiter grinsend und erst jetzt fiel dem Brünetten auf, dass er auf seine geringe Bekleidung anspielte. Miyavi betrachtete ihn eingehend, schaute jedoch zu ihm auf, als Uruha laut zu murren begann. „Halt die Klappe und gib mir endlich meine Klamotten zurück, damit ich hier verschwinden kann!“, fuhr er ihn an und bedachte ihn mit einem giftigen Blick. Doch Miyavi lächelte ihn nur unschuldig an. „Gestern Abend konntest du es kaum erwarten, dass ich sie dir vom Leib reiße“, gab er mit einem dreckigen Grinsen zurück und zuckte mit den Schultern. Der Brünette klappte den Mund auf und schnaubte dann abfällig. Was fiel diesem Großkotz nur ein! „Lüg mich nicht an!“, entgegnete der Gitarrist äußerst wütend. Miyavi fing an zu lachen, drehte ihm den Rücken zu und verschwand nach kurzer Zeit im Schlafzimmer. Uruha sah ihm verwirrt nach, entschloss sich dann aber, ihm zu folgen. Der Tattooträger wühlte in seinem Kleiderschrank und zog dann das Shirt und die Hose des Brünetten aus der hinteren Ecke, wo sich Miyavis ausgefallene Kostüme befanden. Er drehte sich lächelnd zu Uruha um und warf ihm die Kleidungsstücke entgegen, die der feminine Gitarrist geschickt auffing und voller Abscheu auf den Schrank starrte. „Ich wusste, dass du dort niemals suchen würdest“, erklärte der Solokünstler gelassen. Uruha hatte die ganze Zeit nach Hause gehen können, wenn er sich überwunden hätte. Aber Miyavi hatte es anscheinend besser gewusst. Ohne auch nur einen Moment länger darüber nachzudenken, schlüpfte er in seine Klamotten und stapfte eiligen Schrittes durch den Flur. „Grüß Aoi schön von mir!“, rief ihm Miyavi hinterher, lehnte sich an den Türrahmen und grinste breit. Uruha blieb bei seinen Worten abrupt stehen und weitete die Augen. Hatte er eben richtig gehört? Woher wusste Miyavi, wo er hinwollte? Er wusste noch nicht einmal selbst, ob er wirklich zu Aoi gehen wollte. Brummend trat er den Rückweg an und verdrehte die Augen, als er das übergroße Grinsen in Miyavis Gesicht sah. „Woher willst du wissen, dass ich zu Aoi gehe?“, fragte er so ruhig es ihm möglich war. „Das hab ich nie behauptet. Aber er ist doch in deiner Band, oder nicht?“ Das Grinsen wurde breiter, falls das überhaupt möglich war. Er hatte ihn gelinkt und Uruha war darauf hereingefallen. „D-Doch, das ist er“, stammelte der Brünette unbeholfen und wandte den Blick ab. Doch bevor er erneut davonlaufen konnte, stieß sich Miyavi vom Türrahmen ab und ging einen Schritt auf ihn zu. „Er hat dich vor die Tür gesetzt, stimmt’s?“, flüsterte er nahe an sein Ohr und sah ihm überlegen in die Augen. Uruha wich einen Schritt zurück und erwiderte Zögernd den Blick. Dann rümpfte er die Nase, drehte sich um und entfernte sich von ihm. „Du willst sicher nicht, dass er erfährt, was du für ihn empfindest, oder?“ Und schon wieder versetzten ihm Miyavis Worte einen Schlag und er blieb stehen. Woher wusste er das alles nur? „Du bist sehr informativ, wenn du getrunken hast“, beantwortete der Schwarzschopf die unausgesprochene Frage. Uruha hätte sich für seine eigene Dummheit schlagen können. Er seufzte tief und wandte sich dem Größeren zu, der soeben auf ihn zu schritt. „Was willst du? Soll ich dir die Füße küssen?“, knurrte er ihm entgegen. „Keine schlechte Idee“, erwiderte Miyavi schmunzelnd. Dieser Kerl brachte ihn noch um den Verstand. „Für's erste bleibst du hier.“ Und somit waren all seine Hoffnungen zunichte gemacht. Und das von einem Mann, der sich kindischer benahm als ein Fünfjähriger. Gereizt begab sich der Brünette ins Schlafzimmer und knallte die Tür geräuschvoll hinter sich zu, um endlich ein bisschen Ruhe zu bekommen. Der Schwarzschopf sah ihm nur belustigt nach und schreckte auf, als er das Klingeln eines Telefons hörte. Hastig stolperte er ins Wohnzimmer, ließ sich auf die Couch fallen und nahm den Hörer ab. „Moshi moshi?“ „Miyavi? Ich bin’s, Ruki.“ Der Schwarzschopf verzog die Lippen zu einem diabolischen Grinsen. Wenn ihn Ruki anrief, ging es sicher um Uruha. Und das hieß, dass er den Sänger eiskalt abblitzen lassen würde. „Was gibt’s?“ Er heuchelte großes Interesse, konnte das perplexe Gesicht des anderen förmlich vor sich sehen. Die kurze Stille bestätigte seine Vermutung. „Ist Uruha bei dir?“ „Nein, er liegt noch im Bett“, beantwortete der Solokünstler gelassen und desinteressiert die gestellte Frage, als wäre es die normalste Sache der Welt. Rukis Reaktion entging ihm nicht, denn er hörte das unnatürliche Atmen des Sängers. Er hatte ihn wütend gemacht und das mit Absicht. „Was bezweckst du eigentlich damit?“ Miyavis Grinsen wurde eine Spur breiter, jetzt hatte er den Blonden fast da, wo er ihn haben wollte. „Ich weiß nicht, was du meinst“, entgegnete er mit gespielt unschuldiger Stimme. Der Sänger lachte humorlos auf und verstummte dann sofort wieder. „Du weißt ganz genau, wovon ich rede! Uruha würde niemals freiwillig einen Fuß in deine Wohnung setzen. Wie auch immer du das angestellt hast, warum tust du das?“ „Warum sollte ich es nicht tun?“ „Er gehört dir nicht, verdammt noch mal!“ Erschrocken über die heftige Reaktion, hielt der Schwarzschopf den Telefonhörer von sich weg und starrte verwirrt vor sich hin. Er hatte erhofft, dass Rukis Grund etwas komplexer sein würde, wenn er ausgerechnet ihn, den er doch so sehr hasste, anrief, um nach Uruha zu fragen. Doch der Frontmann schien lediglich an dem Brünetten interessiert zu sein. Umso schneller konnte er ihn jetzt wieder abwimmeln. „Wenn du meinst“, gab er gelangweilt zurück und prompt war wieder Stille eingekehrt. „Ich rate dir die Finger von ihm zu lassen.“ Trotz des drohenden Untertons konnte sich Miyavi nicht zurückhalten und lachte spöttisch auf. Von einem Zwerg ließ er sich doch nichts befehlen! Ohne eine Reaktion abzuwarten, brach er das Gespräch kurzentschlossen ab, indem er einfach auflegte. Mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen verließ er das Wohnzimmer, um seinem selbst ernannten Kätzchen einen guten Morgen zu wünschen. Als er die Tür zum Schlafzimmer öffnete, entwich ihm beim Anblick des anderen ein Schmunzeln. Uruha saß auf dem Bett und starrte missmutig auf den kleinen Kleiderhaufen vor sich, den ihm Miyavi zurechtgelegt hatte. Schritte näherten sich dem Bett, doch der Brünette verzog nur noch genervter die Mundwinkel. „Was wird das?“, ertönte die verhasste Stimme, doch Uruha ignorierte den Tattooträger gekonnt. Zu seinem Missfallen ließ sich dieser neben ihm auf dem Bett nieder und betrachtete ihn ruhig. „Kätzchen?“ „Hör auf mich so zu nennen, verdammt!“ Zwei zornige Augen richteten sich auf ihn. Na also, es ging doch. „Warum denn? Magst du keine Katzen? Soll ich dich vielleicht nach deinem Lieblingstier benennen?“ Er kam immer näher, flüsterte die letzten Worte nah an sein Ohr und genoss den schockierten Blick und wie sein Gegenüber immer weiter vor ihm zurückwich. Schließlich fing er sich aber wieder und verengte die Augen. „Hör auf mit dem Scheiß!“ „Oder magst du Hunde vielleicht mehr?“, redete Miyavi ohne jeglichen Zusammenhang weiter, ignorierte Uruhas Worte und blickte nachdenklich auf die Bettdecke. Ein wutenbranntes Schnauben ließ ihn dann jedoch aufblicken. „Was hältst du von Hase?“ „Nein, verdammt noch mal!“ „Meerschweinchen?“ „Miyavi!“ „Nein, so nennt man mich schon, weißt du?“ Der Brünette atmete tief ein und aus. Jetzt bloß nicht ausrasten. Etwas gelassener erwiderte er Miyavis fragenden Blick. „Was ist denn dein Lieblingstier? Vielleicht irgendwas Außergewöhnliches? Eisbär? Pinguin?“ Er trieb es wirklich auf die Spitze, doch Uruha versuchte weiterhin ruhig zu bleiben. „Du sollst mich beim Namen nennen! Was ist daran so schwer?“ „Ente?“ Die Finger des Schönlings vergruben sich im Bettlaken, zogen zornig daran, seine Augenbraue zuckte bedrohlich. Miyavi schien seine Reaktion falsch zu deuten und lächelte ihn zufrieden an. „Du magst also Enten, hm? Naja von mir aus“, meinte er, zuckte mit den Schultern und deutete auf die Klamotten. „Ziehst du die jetzt an oder was ist?“ Uruha seufzte. War doch alles sinnlos. „Wenn du endlich verschwindest!“ „Meinetwegen“, antwortete der Schwarzhaarige übertrieben beleidigt und trat der Tür entgegen. „Wenn du Hilfe brauchst, einfach schreien.“ „Hau endlich ab!“ Und schon war die Tür ins Schloss gefallen. Verzweifelt und mit einem resignierten Seufzen schlüpfte er in Miyavis Klamotten, ehe er sich mindestens zehnmal vor dem Spiegel begutachtete und sich dann sicher war, dass ein Sträfling besseres gewohnt war. Mit einem letzten angewiderten Blick auf das pinke Shirt, ging er nach draußen, blieb jedoch sofort wie angewurzelt stehen, als er den Größeren vor sich stehen sah, wie er ihn eingehend musterte. „Irgendwie steht dir das überhaupt nicht“, schlussfolgerte er nach wenigen Sekunden. „Es sind auch deine Klamotten!“, knurrte Uruha verärgert und deutete mit einer knappen Handbewegung auf das, was er trug. „Ich werd dir demnächst was eigenes kaufen“, meinte Miyavi und nickte sich selbst zu. „Wie bitte? Du weißt doch gar nicht, was mir gefällt!“, erwiderte der Gitarrist scharf, doch seinem Gegenüber entfuhr nur ein leises Lachen. Er ging auf den Brünetten zu, beugte sich nahe an sein Ohr und hauchte ein „Ich weiß ganz genau, was dir gefällt“ gegen die blasse Haut. Uruha erschauderte unter den Worten und er schluckte hart. Nicht, weil Miyavi ihn aus der Fassung brachte, sondern aufgrund seiner Worte, die ihn an ein ähnliches Szenario erinnerten, das er bisher immer versucht hatte zu vergessen… Tausende von Fans jubelten, weinten oder waren einfach nur glücklich darüber, dass sie ihre geliebte Band so nahe hatten erleben dürfen. Der Drummer verließ als Letzter die Bühne und ließ die lauten Fanrufe verstummen. Wie nach jedem Konzert, ruhten sich die einzelnen Mitglieder im Backstagebereich von ihrem Auftritt aus, um dann voneinander getrennt wieder zu verschwinden. Nur diesmal hatte es einer überhaupt nicht eilig. Als der brünette Gitarrist den Raum verließ und durch den Flur ging, folgte ihm ihr Frontmann mit schnellen Schritten. „Uruha!“, rief er und der Angesprochene drehte sich augenblicklich zu ihm um. Er lächelte. Immer wenn er den Sänger sah, schlug sein Herz höher und er wurde sanft wie ein Lamm. Er liebte ihn sehr, was auf Gegenseitigkeit beruhte. „Das Konzert heute war einfach der Hammer“, meinte er und betrachtete das immer größer werdende Grinsen auf Rukis Gesicht. „Allerdings“, erwiderte dieser, näherte sich seinem Gegenüber und strich mit der Hand sanft über Uruhas Wange. Dann beugte er sich zu seinem Hals und hauchte einen Kuss auf die weiche Haut. „Ich konnte mich bei unserem Fanservice kaum beherrschen“, flüsterte der Sänger und löste eine Gänsehaut auf der Haut aus. Uruha hatte den gierigen Blick während des Lives bemerkt und ihn mehr als genossen. Als er Rukis Zunge an seinem Hals spürte und dessen Hand, wie sie ihren Weg nach unten suchte, stemmte er die Hände gegen die Brust des Kleineren und drückte ihn von sich. Der Brünette zitterte leicht, spürte das Verlangen aufkeimen und wünschte sich nichts mehr, als sich seinem Gegenüber ganz hinzugeben, doch er konnte nicht. So sehr er ihn auch liebte, er wollte nicht für Rukis plötzliche Bedürfnisse herhalten. Natürlich sehnte sich der Brünette danach, doch der Blonde zeigte ihm dafür noch zu wenig von seiner Liebe. Der Sänger hatte eine liebevolle Seite, das wusste Uruha. Nur zeigte er diese so gut wie nie und versuchte andauernd, seinen Geliebten mit falschen Schmeicheleien ins Bett zu bekommen. So auch jetzt. „Was soll das? Liebst du mich nicht mehr?“, fragte der Frontmann mit zorniger Stimme. Der Angesprochene sah ihm verzweifelt in die Augen und schüttelte den Kopf. Er wollte doch einfach nur Rukis Liebe spüren und sich nicht wie ein Lustobjekt fühlen. „Natürlich liebe ich dich.“ „Was soll dann der Scheiss?“ „Du kannst nicht von mir verlangen, dass ich einfach so darauf eingehe! Andauernd willst du mich ins Bett kriegen!“ Uruha war jetzt ebenfalls wütend, bedachte Ruki jedoch mit glasigen Augen. Es schmerzte ihn alles so sehr, da er den Sänger über alles liebte und ihn niemals verlieren wollte. „Das gehört dazu. Anscheinend liebst du mich nicht wirklich“, erwiderte der Blondschopf mit einem ernsten Blick. Er konnte Uruhas dauernde Ablehnungen nicht nachvollziehen. „Ich liebe dich sehr wohl! Aber von dir höre ich das so gut wie nie“, meinte der Gitarrist und bereute seine Worte sofort. Hatte er das Recht dazu so etwas zu behaupten? Vielleicht fiel es Ruki einfach nicht leicht, seine Gefühle in Worten auszudrücken. Der ernste Ausdruck verschwand und der Kleinere ging erneut auf ihn zu, schlang einen Arm um Uruhas Taille und zog ihn zu sich. „Ich liebe dich“, flüsterte er und küsste flüchtig die vollen Lippen des Brünetten. Ein Lächeln schlich sich auf dessen Gesicht, doch bevor er etwas sagen konnte, wurde er an die Wand gedrängt und erneut fuhr Rukis Zunge über seinen Hals. „Und jetzt endlich runter mit der Hose“, hauchte er ihm ins Ohr. Augenblicklich riss Uruha die Augen auf und versuchte den Kleineren von sich zu drücken. „Ruki!“, rief er verärgert, als der Sänger sich noch fester an ihn drückte und verhinderte, dass der Größere entkommen konnte. „Gib doch endlich zu, dass du mich willst“, flüsterte Ruki und vergrub die Zähne in Uruhas Hals. Diesem entwich ein leises Stöhnen und er hörte auf, sich gegen ihn aufzulehnen. Der Blonde hatte einen wunden Punkt entdeckt und nutzte ihn so gut es ging aus. „Ich weiß ganz genau, was dir gefällt“, hörte er die sanfte Stimme an seinem Ohr. Und wieder bekam Uruha eine Gänsehaut. Doch es fühlte sich falsch an. Er wollte das nicht. Mit letzter Kraft stemmte er sich gegen den Sänger, befreite sich von ihm und starrte in das perplexe Gesicht, das zunehmend angsteinflößender wurde. Hastig wandte er den Blick ab und rannte durch den Flur Richtung Ausgang. „Uruha!“ Er reagierte nicht auf die Rufe. Der Schmerz saß einfach zu tief… „Uruha?“ Eine Hand fuchtelte vor seinem Gesicht herum und ein verwirrter Blick lag auf ihm. Langsam kam er wieder zu sich und sah Miyavi an. Erleichtert darüber, dass nicht Ruki vor ihm stand, atmete er auf. Doch dieser kurze Tagtraum hinterließ seine Spuren. Die ganze Zeit hatte er dieses Ereignis verdrängt, den Schmerz von früher vergessen. Jetzt kam alles wieder hoch. Schnell ging er an dem Solokünstler vorbei und flüchtete ins nächstgelegene Wohnzimmer. Noch immer fragend stand der Schwarzhaarige an der Schlafzimmertür, folgte dem Schönling dann und packte ihn am Handgelenk, um ihm am Weitergehen zu hindern. Irgendetwas war merkwürdig an Uruhas Verhalten. Als er den wehleidigen Ausdruck auf seinem Gesicht sah, war Miyavi noch verwirrter. Ruckartig zog er den Gitarristen zu sich und schloss ihn in seine Arme. Dieser wehrte sich heftig, murrte und stemmte sich so fest es ging gegen ihn, doch der Schwarzhaarige ignorierte seine Reaktion und drückte ihn nur noch enger an sich. Uruha kratzte über sein Shirt, hinterließ rote Striemen auf der Haut und zappelte wie ein wildgewordenes Tier. Nach wenigen Minuten sah er aber ein, dass Miyavi stärker war und es keinen Sinn hatte. Schnaufend ließ er sich an ihn drücken. Miyavi strich ihm beruhigend durchs Haar und ließ ihn nicht einen Moment lang los. Für ihn war es eine Qual, ausgerechnet in den Armen der Person zu liegen, die er so sehr verabscheute. Mehr und mehr beruhigte sich der Brünette, spürte die Schmerzen in seinem Kopf und löste sich von dem Schwarzschopf, der ihn diesmal nicht zurückzog. Kurz trafen sich ihre Blicke, ehe sich Uruha herumdrehte und schweigend davonging. Miyavi sah ihm lange hinterher und fragte sich, was mit ihm los war. Dann schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Jetzt war er sich sicher, dass er erreichen würde, was er sich vorgenommen hatte. Kapitel 3: Hopes ---------------- Viele Stunden saß er einfach nur da und starrte gedankenverloren aus dem Fenster in Miyavis Schlafzimmer. Er ließ die Ereignisse Revue passieren. Erst jetzt begriff er, dass seine Gefühle zu Rukis keineswegs verloschen waren. Und genau diese Erkenntnis warf ihn mehr als aus der Bahn. Es wurde langsam dunkel, die Straßenlaternen leuchteten hell und fingen seinen Blick ein wie eine verwirrte Motte. Uruha war noch nicht müde, da er so gut wie den ganzen Tag verschlafen hatte, wodurch die lästigen Kopfschmerzen von seinem Abenteuer in der Bar verschwunden waren. Nur plagten ihn erneut leichte Schmerzen, die auf das Geschehen vor wenigen Stunden zurückzuführen waren. Klar und deutlich sah er es vor seinen Augen. Miyavi, wie er den Brünetten in seine Arme zog und ihn das spüren ließ, was der Sänger nie getan hatte. „Ruki“, murmelte er leise und senkte den Blick auf das Fensterbrett. Wäre er doch jetzt hier, Uruha wollte ihn sehen, seine sanften Züge, wenn er lächelte. Doch dann sah er plötzlich Aoi vor sich, die geschmeidigen Lippen und das fröhliche Gemüt. Allein bei dem Gedanken an ihn vergaß er all die schlimmen Momente, die man ihm mit dem Rauswurf beschert hatte. Leider schien er sich entscheiden zu müssen und das war nicht das Allerleichteste. Hatte sich Ruki überhaupt verändert? Vielleicht würde sich alles wiederholen, wenn sie es erneut versuchten. Das würde er nicht noch einmal verkraften. „Entchen! Besuch für dich!“, rief ein aufgebrachter Miyavi, als er die Schlafzimmertür brutal aufriss und dabei nicht bemerkte, wie der Angesprochene erschrocken zusammenzuckte. Im letzten Moment unterdrückte Letzterer das Verlangen, dem Solokünstler ein Kommentar zu seinem neuen Spitznamen entgegenzubringen. Das würde er zu einem späteren Zeitpunkt klären. Doch zurück zu Miyavis Worten. Besuch? Für ihn? „Willst du da Wurzeln schlagen?“, fragte der Solist nicht mehr ganz so laut und deutete nach draußen. Uruha schüttelte den Kopf und verließ augenblicklich das Zimmer, um zu sehen, wer ihm da einen Besuch abstattete. Als der brünette Gitarrist das Wohnzimmer betrat und die beiden Bandmitglieder entdeckte, setzte für einen Moment sein Herz aus. Warum musste er ausgerechnet jetzt hier auftauchen? „Nett“, meinte der Sänger mit einem unüberhörbaren Sarkasmus, als er Uruhas Kleidung musterte. Er war mehr als angewidert von diesem Besuch. Ihr Drummer dagegen lächelte den vermissten Gitarristen an und deutete mit dem Finger auf den Koffer, der neben dem Sofa stand und erst jetzt Uruhas Aufmerksamkeit auf sich zog. „Deine Sachen“, erklärte Kai und erhielt ein verstehendes Nicken seitens Uruha. „Du wohnst jetzt also bei Miyavi, hm? Warum hast du nichts gesagt? Ohne Ruki hätten wir es erst gar nicht erfahren“, meinte der Bandleader und schaute seinen Freund mit einem Hauch von Vorwurf in den Augen an. Endlich entschloss sich Uruha, die Tür zu verlassen und sich zu ihnen zu setzen, peinlich genau darauf bedacht, nicht zu viel Nähe zu Ruki zu haben. Dann atmete er tief ein, versuchte das Zittern in seinem Körper zu unterdrücken und stand kurz davor, ihnen alles zu erzählen, als dann Miyavi mit klirrenden Gläsern ins Zimmer platzte und die Anwesenden munter anlächelte. Sofort gab es der Brünette wieder auf, sah zu, wie sein Mitbewohner die Gläser verteilte und spürte, wie der Blick des Fronters auf ihm ruhte. Ruki musterte ihn eingehend und machte ihn nur noch nervöser. „Ich hab versucht, euch alle zu erreichen, aber niemand ist an sein Handy oder Telefon gegangen“, nahm der Brünette das Gespräch wieder auf und versuchte so gut es ging, Miyavis Blick zu ignorieren, der nun auf ihm lag. Uruha war sich sicher, dass ihn seine Worte nicht verwunderten, da er sich wohl vorstellen konnte, wie verzweifelt der Gitarrist gewesen sein musste. Die Gläser wurden gefüllt, doch außer Kai und Miyavi, wagte es keiner, sie auch nur anzurühren. Rukis Blick verriet, dass er nicht gut auf den Tattooträger zu sprechen war und die Gastfreundschaft, sei sie echt oder gespielt, nicht zu schätzen wusste. Uruhas Kehle hätte in der Tat etwas Flüssigkeit nötig, doch er fürchtete, dass er schon bei der kleinsten Bewegung einen Sturm auslösen würde. Die Stimmung war erdrückend und zerriss ihn fast innerlich, als der Sänger plötzlich den Blick von seinem Glas erhob und ihn ansah. „Aoi lässt ausrichten, dass er dich nicht holen wird“, meinte er und versuchte so freundlich wie möglich zu klingen, was seine Worte noch bedrohlicher wirken ließ. Sein anklagender Blick traf genau auf Uruhas und bereitete ihm ein unwohles Gefühl. „Das hab ich mir schon gedacht“, log er und wandte sich an Kai, da er Rukis Blick nicht standhalten konnte. Eigentlich hatte er die ganze Zeit gehofft, dass es Aoi sein würde, der hierher gekommen war, um ihn abzuholen. Das Lächeln des Drummers erstarb, er bemerkte Uruhas Verzweiflung, das unruhige Zucken seiner Finger und der leere Blick in den braunen Augen. Augenblicklich erhob er sich und wandte sich an Miyavi. „Tut mir leid, aber wir wollten Uruha nur seine Sachen vorbeibringen und dann wieder gehen“, erklärte er mit einem aufgesetzten Lächeln. Der Solokünstler nickte und lächelte ihn dankbar an. „Hat mich gefreut“, erwiderte er, sah Kai weiterhin an und dachte noch nicht einmal daran, mit Ruki auch nur ein einziges Wort zu wechseln. Diesem schien das überhaupt nichts auszumachen, denn er hatte sich bereits erhoben und trat zur Tür, um endlich aus dieser elenden Wohnung zu verschwinden. Bevor die zwei jedoch gingen, traf Rukis Augenmerk erneut auf Uruha. Die Art, wie er ihn ansah, machte dem Brünetten Angst. Als die Tür dann endlich geschlossen und der Besuch verschwinden war, entspannte sich Uruhas Körper und er glitt mit einem Seufzer aufs Sofa. *~*~* „Und du bist dir sicher, dass es funktioniert?“ Ruki drehte sich zu seinem Freund und grinste. „Natürlich. Uruha wird es nicht lange aushalten und freiwillig zu Aoi zurückgehen“, erklärte er mit siegessicherem Blick. Kai sah ihn zweifelnd an. „Hoffentlich lässt er sich nicht mehr allzu viel Zeit.“ Er sorgte sich um den Brünetten. Sein Leid war ihm anzusehen. „Keine Sorge, das wird er nicht.“ „Was hat Aoi eigentlich zu dir gesagt?“, fragte er den Kleineren. Dieser schmunzelte, seine Stimmung hob sich von Sekunde zu Sekunde. „Er will, dass Uruha zurückkommt. Mit Sicherheit würde er jetzt schon vor Miyavis Tür stehen.“ Nun lächelte der Drummer. Aoi schien sich wirklich große Sorgen zu machen. Und mit ihrer Hilfe würde schon alles gutgehen. „Es wird ganz sicher funktionieren.“ „Und wie“, erwiderte Ruki und stieg die Treppen hinab. Dass der Sänger seinen ganz eigenen Plan schmiedete, ahnte Kai nicht. *~*~* Es herrschte Stille als man die beiden Gitarristen allein gelassen hatte. Uruha saß schweigend da und verdaute Rukis Worte, auf die er nicht vorbereitet gewesen war. Es schockierte ihn fast, dass es Aoi egal war, wie es ihm ging oder ob er zu ihm zurück kam oder nicht. Der Schwarzhaarige war doch jedesmal besorgt gewesen, wenn er den Brünetten aus seiner Wohnung verbannt hatte. Warum jetzt nicht auch? „Du magst ja wirklich Enten!“, holte ihn die bekannte Stimme aus seinen Gedanken. Miyavi kniete vor dem Koffer und hielt eine blaue Shorts mit vielen kleinen Enten in die Höhe. Sein Grinsen war gigantisch. “Fass das nicht an!“, schrie Uruha aufgebracht, sprang auf und riss ihm das Kleidungsstück aus den Händen. „Du bist so ein Idiot!“, fuhr er den Solist an. Es fühlte sich gut an. Er sollte ihm öfter seine Meinung sagen. Miyavis Blick haftete immer noch mit einem breiten Grinsen an Uruhas Unterwäsche, ehe er ihn überrascht ansah. So viel offene Feindseligkeit war er scheinbar nicht gewohnt. Aber er wäre nicht Miyavi, wenn er sich das so einfach gefallen lassen würde. „Und du bist die Ente des Idioten“, hauchte er leise, als er das Kinn des Brünetten mit zwei Fingern fest umschlossen hatte und ihm mit einem gierigen Blick in die Augen sah. Uruha schluckte. Der Schwarzhaarige schien ihm ein immer größeres Rätsel zu werden. Erst benahm er sich wie ein Kind, dann wie ein ausgehungertes Tier. Und er selbst stellte wohl die Beute dar. Aber nicht mit ihm! „Ich bin nicht dein Eigentum!“, erwiderte die ernannte Ente und wich dem Blick aus, entkam den rehbraunen Augen jedoch nicht. „Das glaubst aber auch nur du.“ Er löste sich von dem Älteren, warf noch einen kurzen Blick auf die Shorts und schmunzelte. Dann ließ er den Brünetten alleine und verschwand aus der Tür, um dafür zu sorgen, dass sein Kätzchen versorgt wurde. Mit starrem Blick kniete Uruha vor seinem Koffer und spürte ganz langsam die Wut in sich aufsteigen. Wie konnte ihm ein einzelner Mensch so auf die Nerven gehen? Er schleppte den Koffer samt der Shorts ins Schlafzimmer und musterte Miyavis Schrank mit einem intriganten Grinsen. Er wohnte jetzt hier, also brauchte er Platz. Und den würde er sich auch nehmen. Vielleicht brachte er ihn auch soweit, dass ihn der Schwarzschopf von alleine rauswarf. Also öffnete er den Schrank und betrachtete einen Moment lang die Einteilung der vielen verschiedenen Kleidungsstücke. Ohne groß zu zögern entschied er, dass diese abartigen Kostüme plus Zubehör verschwinden mussten. Wenn er es richtig einschätzte, hätte er dann sogar genügend Platz um alles einzuräumen. Seufzend machte er sich an die Arbeit. Er riss die widerwärtigen Kostüme von der Stange und schmiss sie achtlos aufs Bett. Immer größer wurde der Kleiderberg und immer leerer der Schrank. Nach geschlagenen fünf Minuten besah er sich das Chaos auf dem Bett und dann den wunderschönen Freiraum, der ihn förmlich dazu einlud, seine geschmackvolle Garderobe darin zu verstauen. Wenn da nur nicht der Herr des Hauses wäre, der soeben mit seinem Kätzchen auf dem Arm durch die Tür spazierte. „Entchen? Ich bin dann mal…was machst du da?“ Der Schwarzhaarige hatte den Kleiderberg bemerkt und ließ sein zappelndes Kätzchen los. Uruha erwartete, dass er jeden Moment ausrasten würde. Doch weit gefehlt. Er stand einfach nur da und grinste. „Warum fragst du mich nicht, wenn du dir was von mir ausleihen willst? Das Dominaoutfit würde dir übrigens ausgezeichnet stehen.“ Er kam immer näher, hatte wieder diesen gierigen Blick auf ihn gerichtet. Uruha wich vor ihm zurück, bis er den Schrank im Rücken spürte und gezwungen war, stehen zu bleiben. Der Brünette fand nicht einmal die Kraft, ihm etwas zu antworten. Er bekam langsam Angst vor diesem Typen. Dünne Finger berührten hauchzart seine Wange, als das Grinsen breiter wurde und der Solist die Hände seines Gegenübers an den Schrank pinnte. Jetzt war er ihm so nahe, dass er den heißen Atem des Größeren spüren konnte. Uruha schluckte hart. „Lass mich los“, verlangte er. „Wie heißt das Zauberwort?“ „Jetzt sofort!“ „Falsch“, hauchte er dem Brünetten entgegen. Miyavis Augen waren getrübt und stetig auf ihn gerichtet. Uruha versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, aber es war sinnlos. „Du musst keine Angst haben, ich tu dir nicht weh“, flüsterte er dicht an sein Ohr, um es kurz danach mit Küssen zu liebkosen. Dann hielt er plötzlich inne. Irgendetwas hing an Uruhas Hosenbein und gab komische Geräusche von sich. Miyavi löste sich augenblicklich von ihm und sah seinem Haustier dabei zu, wie es aufgebracht fauchte und die Krallen an dem Stoff wetzte. „Sie ist eifersüchtig“, erklärte der Solokünstler ruhig und mit einem leichten Lächeln. Dann nahm er Miyabimaru auf den Arm und entfernte sich wieder von ihm. „Wir reden heute Abend, ich muss jetzt zur Probe“, meinte er etwas ernster und deutete auf das vollbepackte Bett. „Wenn du den Mist nicht wieder aufräumst, darfst du auf dem Boden schlafen.“ Und schon war er verschwunden. Uruha atmete auf. Er musste hier weg. Länger hielt er es mit diesem Spinner nicht aus. Und plötzlich keimte etwas in ihm auf und wurde von Sekunde zu Sekunde größer. Es war der Entschluss, über den er zuvor nicht wirklich nachgedacht hatte, weil es ihm Angst machte. Aber jetzt war das Maß voll. Er würde zu Aoi gehen und ihm gestehen, was er für ihn empfand. Miyavi hatte kein Recht mehr, über ihn zu bestimmen. Gesagt, getan. Er verbrachte die nächste halbe Stunde damit, den Kleiderhaufen wieder grob und überaus unvorsichtig im Schrank zu verstauen. Nötig wäre es nicht gewesen, doch diese eine Nacht wollte er noch hier verbringen, um das Alleinsein zu genießen und darüber nachzudenken, wie er es Aoi gestehen sollte. *~*~* Es war bereits Nacht, als er endlich zurückkehrte. Die Wohnung war dunkel und völlig leer, fast so wie immer. Aber auch nur fast. Denn etwas war anders. Mit leisen Schritten betrat der Schwarzhaarige sein Wohnzimmer, blieb einen Moment lang in der Tür stehen, damit er sich an die Dunkelheit gewöhnen konnte und verschwand dann wieder im Flur, da er niemanden dort vorfand. Es war schon spät, doch er war es gewohnt erst um diese Uhrzeit nach Hause zu kommen. Nur heute empfand er es als lästig, da er ja nicht mehr alleine hier wohnte. Die Schlafzimmertür quietschte ein wenig, als sie geöffnet wurde und der Gitarrist kniff qualvoll die Augen zusammen. Hoffentlich hatte er ihn nicht aufgeweckt. Sein Blick fiel auf das Doppelbett, auf die schöne Gestalt, die unter der Decke lag. Mit einem Lächeln huschte er zum Fenster und schloss es, ließ die nächtlichen Geräusche von draußen verstummen. Dann setzte er sich vorsichtig auf die Bettkante und betrachtete den schlafenden Gitarristen. Er lag ganz still da und atmete entspannt ein und aus. Seine Haare umschmeichelten das schöne Gesicht und fielen auf die weiche Matratze. Trotz der Dunkelheit erkannte Miyavi, dass der Schlafende leicht fröstelte. Vorsichtig strich er ihm über den Handrücken und weitete erschrocken die Augen, als er die Kälte fühlte. Hastig hob er die Bettdecke an und zog sie ihm bis über die Schultern. Er regte sich noch immer nicht. Ganz langsam erhob sich der Solist, ging zum Fenster und zog die Vorhänge zu, sodass das gesamte Zimmer im Dunkeln lag. Blind tastete er sich zurück zum Bett, setzte sich auf seine Seite und schälte sich aus den Klamotten. Als er dann endlich unter der warmen Decke lag, wandte er den Kopf zur anderen Bettseite und lächelte, als er das leise Atmen hörte, das ihn dann in den eigenen Schlaf wiegte. *~*~* Uruha war bereits wach und traf alle Vorbereitungen für seinen geplanten ‚Ausbruch’. Sein Peiniger schlief noch und der Gitarrist betete innerlich, dass es auch so bleiben würde. Mindestens solange, bis er von hier verschwunden war. Der Spiegel zeigte ihm ein zufriedenes, strahlendes Gesicht, das er schon seit Tagen vermisst hatte. Der Gedanke daran, dass er Miyavi endlich nie wieder sehen musste, machte ihn glücklicher als er erhofft hatte. Allein die Vorstellung von Aoi machte das Ganze nicht weniger angenehm, doch sein Vorhaben, ihm seine Gefühle zu gestehen, ließ sein Herz schneller schlagen und der Knoten in seinem Magen zog sich immer enger zusammen. Aber alles war besser als das hier. Fertig zurechtgemacht und grob geschminkt verließ er das Badezimmer und trug seinen gepackten Koffer zur Eingangstür, als ihn plötzlich ein lautes Geräusch aufschrecken ließ. Sein Herz überschlug sich panisch und voller Angst. Ein Blick über die Schulter ließ ihn jedoch erleichtert aufatmen. Miyavis kleiner Liebling erschien in der Küchentür, völlig durchnässt und scheinbar aufs äußerste gereizt, was Uruha durch das laute Murren schlussfolgerte. Sie schüttelte sich, ließ sich auf dem Boden nieder und leckte hastig ihr Fell, um es von der verhassten Nässe zu befreien. Der Gitarrist schmunzelte über diesen Anblick, konnte sich jedoch keine weitere Minute mehr leisten, denn der Lärm hätte Miyavi mit Leichtigkeit aufwecken können. Er umfasste den Griff des Koffers, öffnete die Haustür und stolperte geradezu die Treppen hinunter. Unten angekommen durchflutete ihn ein unbeschreibliches Gefühl der Freiheit und ein riesengroßer Stein fiel ihm von den Schultern. Sein nächstes Ziel hatte er bereits in Angriff genommen und dachte angestrengt nach, wie er Aoi gegenübertreten sollte. *~*~* Kurz nachdem Uruha verschwunden war, trat der Solist recht verschlafen aus seinem Schlafzimmer und gähnte ausgiebig. Der Lärm hatte ihn seines erholsamen Schlafs beraubt und er wollte der Sache auf den Grund gehen, um sich für diese unverschämte Aktion zu revanchieren. Miyavi vermutete den Brünetten, da er ihn im Bett nicht vorgefunden hatte, was ihn um diese Uhrzeit reichlich verwunderte. Bisher hatte er meistens das Vergnügen gehabt, den Schönling schlafend zu beobachten, da er sich wohl nicht gern damit quälte, so früh das Bett zu verlassen. Als er im Wohnzimmer nicht fündig geworden war, begab er sich müde blinzelnd in Richtung Küche, in dessen Tür noch immer Miyabimaru saß und vergeblich versuchte, ihr Fell zu säubern. Grinsend hob er sie auf die Arme und betrachtete das nasse Bündel, das so gar nicht erfreut über die Störung war und laut protestierte. „Hat dich jemand ins Waschbecken geworfen?“, schmunzelte er und stupste dem Kätzchen auf die Nase, das sich wild gegen ihn sträubte und schließlich den Platz auf dem Boden wieder fand. Mit einem gespielt beleidigten Gesichtsausdruck trat der Solist in die Küche und war überrascht, niemanden vorzufinden. „Maru, was…“, stammelte er erschrocken, als er das Chaos auf dem Boden erblickte. Das Wasser strömte geräuschvoll aus dem Wasserhahn und lief geradewegs aus der vollen Spüle auf den bereits nassen Küchenboden. Wie hatte sie das nur wieder angestellt? „Du bist unmöglich!“, rief er strafend in Miyabimarus Richtung, die sofort aufsprang und sich aus dem Staub machte, da sie den Ärger wittern konnte. Miyavi stieg auf Fußspitzen über die zentimeterhohe Wasserschicht und drehte den Wasserhahn ab. Es war ihm unbegreiflich, wie seine Katze das nur immer wieder schaffte. Sogar der Stöpsel steckte und verhinderte, dass das Wasser ablaufen konnte. Mit einem tiefen Seufzen entfernte er ihn und sah dem Wasser deprimiert nach. Er hasste Hausarbeit. Jetzt war er auch noch gezwungen, den Boden zu wischen. Und wo war überhaupt Uruha? „Entchen?“, rief er in den Flur und verstummte sofort wieder, um einer möglichen Antwort zu lauschen. Er bekam keine Antwort. Es herrschte völlige Stille in der Wohnung. Miyavi wurde unruhig, sprintete ins Badezimmer und sah sich um. Nichts. Seine Hände verkrampften sich um den Waschbeckenrand. Seine Ente war ausgeflogen. Wie hatte das nur passieren können? *~*~* Währendessen schlenderte der Vermisste summend die Straße entlang. Je näher er der Wohnung des Schwarzhaarigen kam, desto schneller klopfte sein Herz und die Schmetterlinge kribbelten in seinem Bauch. Er fühlte sich wie ein pubertierendes Mädchen, das sich endlich ein Herz gefasst hatte und jetzt unterwegs zu ihrem Schwarm war, den sie schon seit einer Ewigkeit vergötterte. Aber so weit hergeholt war es gar nicht. Uruha hatte schon immer Interesse an dem anderen Gitarristen gehegt. Immerhin wohnten sie zusammen und teilten sogar ein Bett miteinander. Wie hatte er das nur die ganze Zeit ausgehalten? Aber die Liebe zu Aoi hatte sich erst vor zwei Tagen entwickelt, als er ihn wieder einmal von sich gestoßen hatte. Immer wenn er Angst hatte, machte er Fehler. Uruha hätte nicht so zickig sein dürfen, er hätte den anderen nicht anschreien sollen, nur weil er sein Gitarrenspiel kritisiert hatte. Es hatte ihn einfach viel zu sehr verletzt. Bei jedem anderen wäre es ihm egal gewesen, doch der Schwarzschopf brauchte ihn nur mit diesen hasserfüllten Augen ansehen und der Brünette war am Boden zerstört. Er wollte nicht wieder verletzt werden. Weder durch Worte, noch durch ein eiskaltes Verhalten, das nur dann aufblühte, wenn man demjenigen einheizte. Mit einem herrischen Kopfschütteln, das all die schmerzhaften Gedanken an früher verdrängen sollte, konzentrierte sich der Gitarrist weiter auf seinen Weg und kam bald am Ziel an. Nun stand er vor dem bekannten Haus, das ihn an gute als auch schlechte Zeiten erinnerte. Aber damit war jetzt sowieso Schluss. Ohne darüber nachzudenken, was er eigentlich tat, öffnete er die Tür und erklomm die schier endlosen Stufen. Für Uruha dauerte es eine Ewigkeit, bis er endlich vor Aois Wohnung und hinter der Tür all seines Glücks oder auch Unglücks stand. Er war wie in einer art Starre, nicht fähig klar zu denken und die Realität zu erfassen. Seine Hand legte sich wie von selbst auf den Knopf, der das laute Klingeln verursachte und ihn aus der Trance erwachen ließ. Sein Kopf befehligte ihm, so schnell wie möglich zu flüchten, doch Uruhas pochendes Herz verhinderte, dass seine Füße auch nur einen Schritt taten. Wie würde Aoi auf ihn reagieren? Ruki hatte ihm klargemacht, dass der Schwarzhaarige wohl wütend sein musste und es ihm egal war, was mit Uruha geschehen war. Vielleicht würde er ihm die Tür vor der Nase zuknallen und ihn wie gewohnt sich selbst überlassen. Plötzlich verließ ihn der Mut und sein Körper begann zu zittern, seine Lippen bebten. Er war kurz davor, aufzugeben und einfach aus dem Gebäude zu stürzen, als sich mit einem Ruck die Tür öffnete und Aoi vor ihm stand. Zuerst realisierte er es nicht, doch nach und nach verschwand der starre Blick und er schaute in das Gesicht des Kleineren, erhoffte sich Freude und keine Ablehnung oder Wut. „Uruha!“ Der Schwarzhaarige ging auf ihn zu und schloss ihn fest in seine Arme. Uruha wusste gar nicht wie ihm geschah, als er plötzlich den schlanken und muskulösen Körper an sich spürte und den süßen Geruch wahrnahm, der von seinem Gegenüber ausging. Instinktiv vergrub er das Gesicht in dessen Shirt und genoss den Moment, das Glücksgefühl, das seinen ganzen Körper einnahm und all die pessimistischen Gedanken fortspülte. Für ihn zählte nur noch dieser eine Moment. Er in Aois Armen. „Ich hab mir Sorgen gemacht“, hörte er den sanften Klang seiner Stimme, die ihm einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. Aois wenige Worte lösten ein wahres Feuerwerk in Uruha aus und ließen ihn voller Freude und Glück lächeln. „Es tut mir alles so leid“, entschuldigte sich der Brünette unbeholfen. Aoi drückte ihn sachte von sich, um ihm in die Augen sehen zu können. Als der Brünette das wunderschöne Gesicht des anderen sah, durchzog ihn eine plötzliche Hitzewelle. Das warmherzige Lächeln, das sich auf den fein geschwungenen Lippen abzeichnete war überwältigend und zog ihn in seinen Bann. Nie zuvor hätte er erwartet, dass er sich noch einmal so stark verlieben würde. Er sah keinen Weg mehr zurück. Entweder Aoi erwiderte seine Gefühle oder Uruha würde an seiner Ablehnung ersticken. „Du musst dich nicht entschuldigen. Komm erstmal rein“, erwiderte der Piercingträger noch immer lächelnd, als er Uruha mit einem Wink in die Wohnung bat und die Tür hinter ihnen schloss. Es hatte sich überhaupt nichts verändert. „Soll ich dir irgendwas kochen? Oder willst du Tee?“, fragte Aoi auf dem Weg ins Wohnzimmer, während Uruha ihm langsam folgte und sich umsah. Es war, als ob er nie weg gewesen wäre. Mit einem Kopfschütteln lehnte er das Angebot ab. Momentan schlug ihn sein Herz bis zum Hals und er würde erst wieder zur Ruhe kommen, wenn all seine Empfindungen seine Lippen verlassen hatten. Er stellte seinen Koffer ab und ließ sich wie gewohnt in die Kissen des großen Sofas sinken, das unter dem Gewicht kurz zu quietschen begann. Sein Blick lag unentwegt auf dem Schwarzschopf, der sich neben ihn setzte und ihn fragend musterte. „Geht’s dir auch gut? Du wirkst angespannt. Tut dir was weh?“ Mit einem Mal fing Uruhas Herz an zu schmerzen. Ja, er hatte große Schmerzen, die aber nichts mit seinem Körper zu tun hatten. Es trieb ihm fast die Tränen in die Augen, als all die Sehnsucht nach Aoi plötzlich über ihn schwappte und die unerträglichen Szenen mit Miyavi vor seinen Augen auftauchten. Er war einfach so glücklich über die jetzige Situation. „Warte, gleich fühlst du dich besser“, meinte der Schwarzhaarige und schob sich hinter den Brünetten, sodass er hinter ihm auf dem Sofa saß. Lange Finger umgriffen die Schultern seines Vordermanns und lockerten die verspannten Stellen. Uruha gab sich der Berührung ohne Widerworte hin und schloss entspannt die Augen. Immer wieder durchzogen leichte Schauer seinen Körper. Aoi hatte ihn oft massiert und dafür gesorgt, dass die Verspannungen durch das dauerhafte Gitarrenspiel verschwunden waren, doch nie hatte es sich so gut angefühlt wie in diesem Moment. „Wie kommt es, dass du plötzlich vor meiner Tür stehst?“, fragte die sanfte Stimme hinter ihm. Uruhas Augen öffneten sich abrupt und seine wirren Gedanken suchten nach einer Antwort. „Ich hab es bei Miyavi nicht mehr ausgehalten“, erwiderte der Brünette mit nachdenklicher Miene. „Ruki hat mir erzählt, dass du bei ihm bist. Es hat mich verwundert, da du ihn überhaupt nicht leiden kannst. Oder doch?“ “Nein, nein! Er ist unerträglich, glaub mir!“ Er hörte Aois schallendes Lachen hinter sich. Sofort musste auch er schmunzeln. Wie hatte er diese unglaublich schöne Stimme vermisst. „Warum warst du dann bei ihm?“, fragte der Ältere, als er sich wieder beruhigt hatte und damit fort fuhr, Uruhas Verspannungen zu lösen. „Er hat mich erpresst“, erwiderte Uruha knapp und mit kalter Stimme. Er hatte jedoch nicht vor, ihm den Grund zu nennen. „Womit?“ Aois Neugier war geweckt. Ein Zustand, der dem Brünetten zum Verhängnis werden könnte. Sein Herz schlug schneller, er wusste nicht was er antworten sollte. Sein Geständnis holte ihn ein und überforderte ihn. Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn er sich nur nicht so unsicher wäre. Vielleicht sollte er noch ein paar Tage abwarten und darüber nachdenken. Der Brünette bemerkte nicht, wie er eine viel zu lange Zeit schwieg und die Frage unbeantwortet ließ. Er war so in Gedanken versunken, dass er nicht spürte, wie sich Aoi nach vorne beugte und die Lippen an seinen Nacken legte. „Ich hab dich vermisst“, flüsterte er leise gegen die Haut. Plötzlich stellten sich Uruhas Nackenhaare auf, seine Augen waren weit aufgerissen und das Atmen fiel ihm immer schwerer. Seine Worte jagten ihm einen solch intensiven Schauer über den Rücken, dass er zu zittern begann. Diese Reaktion blieb dem anderen nicht unbemerkt, wodurch sich ein Grinsen auf seine schönen Lippen legte. „Ich dich auch“, hauchte der Brünette mehr zu sich selbst, doch Aoi verstand jedes Wort. Uruha kam es so vor, als hätte er es endlich getan und seine Gefühle preisgegeben. Er glaubte, dass der andere Gitarrist verstand, was hier passierte. Für Uruha waren Aois Worte nicht das, was sie eigentlich bedeuteten. Er spürte, dass es mehr war, als ein einfaches Vermissen. Als würde der Schwarzschopf das Verlangen seines Freundes spüren, glitten seine Hände nach vorne und schoben sich unter Uruhas Shirt. Der Brünette spürte die sanften und erregenden Berührungen und schloss genießerisch die Augen. Ein leises Keuchen entfuhr ihm, als sich eine flinke Zunge zu seinem Hals wagte, um die Haut zu benetzen. Die Massage artete zu etwas intimen aus, was sich Uruha zuvor nur in seinen Träumen ausgemalt hatte. Es war mehr Wunsch als Realität, der immer wahrer wurde. Seine Wangen erröteten in heißer Vorahnung, was Aoi mit ihm anstellen könnte, würde. Immer tiefer glitten die langen Finger, bis sie eine Stelle erreichten, an der Uruha die Luft zischend einsog. Es störte ihn ein wenig, dass er dem anderen nicht in die Augen schauen oder die weichen Lippen spüren konnte, doch allein dessen Berührung an seinem empfindlichen Hals ließ ihn das Problem sofort wieder vergessen. Die wunderschönen Lippen nippten an der heißen Haut, liebkosten sie und schickten erneut die feuchte Zunge über die Stelle. Immer wieder stoben starke Schauer durch den schlanken Körper des Schönlings, bis ihm ein erregtes Stöhnen entfloh und sein ganzer Körper regelrecht von Lust durchflutet wurde. Aois Hand hatte den Weg unter Uruhas Jeans gefunden und rieb mit festem Druck über den Stoff der darunter liegenden Shorts. Das Blut schoss Uruha in die Lenden und ließ die Hose immer enger werden. Ohne zu realisieren, was er eigentlich tat, öffnete er hektisch den Gürtel, knöpfte die Hose auf und schob sie mit einem erleichterten Seufzen von seinen langen Beinen. In diesem einen Moment war nichts wichtiger als Aoi. Er wollte ihn und das mehr als er jemals jemanden begehrt hatte. Der Ältere würde ihn nicht enttäuschen, das spürte er ganz deutlich. Und er würde er Erste sein, der ihm das gab, was Ruki ihm nicht gewährt hatte. „Die Massage scheint dir zu gefallen“, flüsterte der Schwarzhaarige an sein Ohr. Seine Augen sprühten vor Begierde. Den Brünetten so willig zu sehen raubte ihm den letzten klaren Gedanken. Uruha war wie Wachs in seinen Händen. Der Druck auf die Shorts wurde immer fester und Uruhas lustvolle Laute erfüllten den Raum. „Motto“, verlangte er unter einer Welle von Lust. Aoi hob den Kopf und erkannte die offensichtliche Härte von Uruhas Männlichkeit. Ein schmutziges Grinsen zierte seine Lippen, ehe er diese wieder an den Hals des Brünetten legte und sanft an der Haut knabberte. Ganz langsam schob sich Aois Finger unter den Bund der Shorts und strich hauchzart über Uruhas Schaft. Es wäre einfacher gewesen, wenn sie die Stellung gewechselt hätten, doch dafür hatte der Schwarzschopf keine Zeit, er wollte nicht von seinem Freund ablassen. Vielleicht bekam er diese Gelegenheit nie mehr. Das erregte Stöhnen des anderen wurde lauter, je schneller die Hand des Schwarzhaarigen sich bewegte. Uruha kam seinem Höhepunkt immer näher und ergoss sich mit einem lauten Stöhnen schließlich heiß in Aois Hand. Im nächsten Moment sank er schwer atmend gegen dessen Brust und schloss erschöpft die Augen, um das wunderbare Gefühl zu genießen. Seine Augen zuckten, als sich die Hand aus seiner Shorts zurückzog. Auch die weichen Lippen wichen von seiner Haut, um die nassen Finger des Älteren in Empfang zu nehmen. Uruha hörte das leise Geräusch, wie Aois Zunge die Flüssigkeit von seinen Fingern befreite. Dann wurde es so leise, dass er sein eigenes Schnaufen in den Ohren widerhallen hörte. Er fragte sich, was Aoi jetzt tun würde und er hatte Angst, dass es nicht das war, was er sich erhoffte. Doch nur wenige Sekunden später spürte er, wie der andere die brünetten Haare aus seinem Nacken strich und seine Lippen erneut auf Uruhas Hals senkte. Diesmal war die Berührung sanfter und langsamer, als sie zu seiner Wange hinauf glitten und schließlich vor dessen Lippen stoppten. Reflexartig hatte sich der Kopf des Brünetten zur Seite geneigt und raffte sich auf, kniete sich auf das Polster und drehte sich zu dem Älteren um. Kaum hatte er sich umgedreht, pressten sich die verführerischen Lippen auf seine und schickten eine gewaltige Hitzewelle durch den erschöpften Körper. Es dauert einen Moment, bis er den Kuss erwidern konnte und sein rasendes Herz größtenteils ignorierte. Ihm wurde heiß und kalt zugleich, was nicht alleine an Aois überzeugender Kusstechnik lag. Seine Augen waren unglaublich starr auf Uruha gerichtet, mit einer Obszönität, die sein Blut sofort in Wallung brachte. Der Brünette konnte nicht verstehen, warum das alles passierte. Warum alles so lief, wie er es sich gewünscht hatte. Warum träumte er diesmal nicht? „Du siehst müde aus“, erklang die flüsternde Stimme des Schwarzhaarigen. Aoi hatte zu Uruhas Enttäuschung den Kuss unterbrochen, sah ihn aber immer noch mit einem Hauch von Gier in den Augen an. Uruha war völlig außer Atem und der Körper des Jüngeren zitterte vor Schwäche leicht. Aoi hatte Recht. Er hatte kaum geschlafen, weil er sich zu viele Gedanken über den heutigen Tag gemacht hatte. Dann war er viel zu früh aufgestanden, um Miyavi aus dem Weg zu gehen und zuletzt hatte ihn das Tun des anderen Gitarristen völlig ausgelaugt. „Du kannst dich hier ausruhen, ich muss sowieso noch einkaufen gehen.“ Plötzlich war der Schwarzschopf wie ausgewechselt. Seine Stimme sanft, der Blick warm und freundlich, als wäre in den letzten paar Minuten überhaupt gar nichts passiert. War das seine Art ihm zu zeigen, dass er schon etwas dafür tun musste, um Aois Liebe zu bekommen? Oder wollte er ihn einfach noch süchtiger nach ihm machen? „Ist gut“, gab der Brünette lächelnd zur Antwort. Mit einem Mal spürte er den warmen Körper nicht mehr und blickte Aoi frustriert nach. Was auch immer der andere damit beabsichtigte, es zeigte Wirkung. Aber Uruha konnte auch spielen. Erschöpft ließ er sich in die Kissen sinken und schloss die Augen. Er würde Aoi so verrückt nach sich machen, dass er sich bettelnd vor ihm auf die Knie warf. Kapitel 4: Pain --------------- Als er das nächste Mal aufwachte, hatte er erst Schwierigkeiten, sich zurechtzufinden. Zuerst glaubte er, alles geträumt zu haben und sich noch immer in Miyavis Fängen zu befinden, was Aois Erscheinungsbild neben sich nicht besser machte. Doch nur wenige Sekunden später erkannte er den feinen Unterschied zwischen den beiden und betrachtete verträumt das schöne Profil des Schwarzhaarigen. Ihm war schon immer aufgefallen, dass Aois stets lächelte, egal was er tat. Uruha wurde klar, dass er den anderen nie wirklich traurig erlebt hatte. Er war eben ein fröhlicher Mensch, der jeden Raum erhellte, sobald er ihn betrat. Miyavi sah er in dieser Hinsicht ganz anders. Er kannte ihn nicht sonderlich gut, aber Uruhas Meinung nach war er leicht zu durchschauen. Ein kluges, attraktives Kerlchen, das sich mit seiner ausgefallenen Art in die Herzen der Fans schlich, ohne dabei wirklich großes Talent zu besitzen. Er war verschlagen, hinterhältig und vor allem ein großer Schauspieler. Erschreckend, wie einfach es war, sich einen Namen zu machen, wenn man jung und gutaussehend war. „Hast du gut geschlafen?“, riss ihn Aois Stimme aus den Gedanken. Dieser saß noch immer neben ihm und hatte wohl bemerkt, dass Uruha wach geworden war. „Hai, hab ich.“ Der Brünette lächelte ihn an und fixierte schon wieder diese wunderschönen Lippen. Aber er hatte sich vorgenommen, Herr dieses Spiels zu werden und stark zu sein. „Macht es dir etwas aus, wenn ich Reita besuchen gehe? Ich hab ihm versprochen, irgendwann vorbeizuschauen.“ „Kein Problem“, entgegnete der andere mit dem gleichen warmen Lächeln wie schon ein paar Stunden zuvor. Es war schwer für den Brünetten, Aoi so einfach zu verlassen, doch nur so würde er erreichen, dass der andere ihn vermisste. Gleichzeitig hätte er endlich jemanden zum Reden. Fünf Minuten später schlenderte er die Straße entlang und hielt Ausschau nach Reitas benanntem Krankenhaus. Es lag direkt in der Nähe, sodass er ihn eigentlich früher hätte besuchen können. Und wieder musste er an die unangenehme Erfahrung mit Miyavi denken, die ihn daran gehindert hatte. Wie sehr er ihn doch hasste. Endlich erreichte er das Gebäude und ließ sich zu Reitas Zimmer führen. Dieser lag in seinem Bett und verfolgte grinsend das Fernsehprogramm, bis er Uruha bemerkte und das Gerät sofort abschaltete. „Uru-chan, was für eine Ehre!“, rief er lachend durch den Raum und Uruha schmunzelte amüsiert. Sein Blick fiel auf den bandagierten Fuß, der in einer erhöhten Schlaufe hing und den Verletzten daran hinderte, aufzustehen. „Was führt dich zu mir?“, fragte der Schwarzblonde erfreut, als sich Uruha zu ihm auf die Bettkante gesetzt hatte. Sofort bogen sich die Mundwinkel des Brünetten nach unten und sein Blick glitt unruhig durchs Zimmer. „Ich muss dir was erzählen“, brachte er unsicher hervor und Reitas Miene war gleichzeitig besorgt als auch verwirrt. War etwas passiert? „Sprich dich aus“, meinte der Bassist lächelnd und ließ sich zurück ins Kissen sinken, da er eine längere Geschichte erwartete. Zuerst zögerte Uruha, suchte nach passenden Worten und überlegte, ob er ihm wirklich alles sagen sollte, doch als er anfing zu erzählen, sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus und er brauchte lange, bis er sich die ganzen Erlebnisse von der Seele geredet hatte. Sein Freund hörte aufmerksam zu und unterbrach ihn nicht ein einziges Mal. Als er geendet hatte, musterte der Brünette den Bassisten unsicher. Vielleicht hätte er es doch lieber lassen sollen. „Wow“, brachte dieser nur hervor und verzog die Lippen zu einem Grinsen. Vorsichtig richtete er sich wieder auf und schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Du warst bei Miyavi?“ Uruha nickte. Er fing langsam an zu glauben, dass das das einzige war, was Reita so erstaunte. „Und er hat sich nicht an dich rangeschmissen?“ Was war das für eine Frage? Nun gut, er hatte einiges nicht erwähnt, aber warum interessierte es Reita so sehr, ob Miyavi ihm näher gekommen war? „Naja, schon“, erwiderte er knapp und sah sich unruhig im Zimmer um. Uruha wollte nicht darüber reden, wollte den nervigen Vogel vergessen und endlich über Aoi sprechen. Als er wieder zu Reita schaute, bemerkte er, dass dessen Grinsen eine Spur breiter geworden war. Was war denn so lustig? „Und jetzt wohnst du also wieder bei Aoi. Du liebst ihn, nicht wahr?“, fragte der Bassist, ließ das Grinsen verschwinden und blickte Uruha ernst an. Dieser nickte nur, begriff erst nicht, dass er Reita kein Wort über Liebe erzählt hatte, bis er dann schlagartig die Augen weit aufriss. „Woher weißt du…“ „Das sieht doch jeder, Uruha!“, unterbrach ihn sein Freund und lachte. War er denn so leicht zu durchschauen? „Ich bin nur froh, dass endlich was zwischen euch passiert. In den letzten Monaten hast du dich wirklich zum negativen verändert. Ich hoffe, dass du jetzt etwas fröhlicher bist.“ Reitas Worte trafen einen wunden Punkt. Er hatte Recht, wusste aber nicht, dass der Grund für Uruhas Wandlung ebenfalls Liebe war. Keiner der anderen wusste es. Nur er selbst und Ruki. „Danke, Reita“, erwiderte der Brünette mit einem traurigen Lächeln. Eigentlich sollte er glücklich sein, doch wieder hatte man ihn an früher erinnert. „Kein Problem. Und jetzt musst du ihn dir nur noch schnappen, Tiger!“ Das Grinsen kehrte zurück, schmückte auch Uruhas Lippen. Es war richtig angenehm, nach diesen stressigen Erlebnissen wieder lachen zu können, mit jemandem zu reden, der ihn aufheiterte. Die zwei Freunde plauderten und neckten sich wie in alten Zeiten. In Zeiten, in denen Uruha um einiges fröhlicher und lebendiger gewesen war. Aber jetzt stand ihm kein nerviger Miyavi oder ein egoistischer Ruki mehr im Weg, weswegen er sich wieder ganz seinem Glück widmen konnte. Nach einer guten Stunde verabschiedete er sich von seinem Freund und trat die Treppen hinab zum Ausgang. Die Sonne schien ihm ins Gesicht und zauberte ein Lächeln auf die vollen Lippen. Mit einem leichten Kribbeln im Bauch lief er die Straße entlang und konnte es kaum erwarten, seine große Liebe wiederzusehen. *~*~* Nicht weit entfernt liefen zwei schöne Männer durch die Straßen, ihre Augen bedeckt von zwei dunklen Sonnenbrillen, um nicht von nervigen Fans erkannt zu werden. Der Kleinere der beiden blieb nach einiger Zeit abrupt stehen und zog die dunklen Gläser nach oben, um einem leicht bekleideten Mädchen nachzuschauen. Sie trug einen kurzen Minirock, hohe Absätze und ein dünnes Oberteil, das ihren nackten Bauch verführerisch umrahmte. Ihr Gesicht war übertrieben geschminkt und die Netzstrümpfe ließen das Gesamtbild nicht besser aussehen. „Seit wann stehst du auf solche Schlampen?“, fragte sein Freund, der stehen geblieben war, um zu erfahren, was den anderen so aus der Fassung gebracht hatte. „Tu ich nicht“, erwiderte der Kleinere mit einem breiten Grinsen. Kurz beobachtete er, wie das Mädchen in eine Seitenstraße einbog und vor einer Wohnung stehen blieb, ihren Rock zurechtzupfte und dann zaghaft klingelte. Dann wandte er sich ab und lief weiter die Straße runter. „Du bist manchmal echt merkwürdig, Ruki“, bemerkte sein Freund und seufzte. Aus dem Sänger wurde man selten schlau. „Das bildest du dir ein“, entgegnete dieser noch immer grinsend. Der Größere zuckte nur mit den Schultern und unternahm keinen Versuch, das Thema fortzuführen. “Ist das da drüben nicht Uruha?“ Hastig wanderte Rukis Augenmerk auf die andere Straßenseite und er erkannte wirklich den brünetten Gitarristen. Augenblicklich fing er an zu schmunzeln und zog den Blick seines Freundes erneut auf sich. Diesmal blieb dieser aber stumm und wollte den Grund für Rukis plötzliche gute Laune nicht wissen. „Meinst du er geht zu Aoi?“ „Möglich“, erwiderte der Sänger. Sein Freund fing an zu lächeln. Vielleicht hatte ihr Plan ja funktioniert. „Beeilen wir uns, sonst meckert uns Reita nur wieder an.“ Ein Nicken seitens des Blonden und die Schritte der beiden Freunde beschleunigten sich. Es dauerte nicht lange und sie kamen an dem großen Krankenhaus an, indem der verletzte Bassist lag. „Kai, Ruki!“, rief die tiefe Stimme erfreut, als sie das Zimmer betraten. Sie kamen regelmäßig, doch dieses Mal war Reita ganz besonders gut gelaunt. „Ihr habt Uruha knapp verpasst. Er ist auf dem Weg zu Aoi“, erklärte er und warf den beiden bei seinen letzten Worten einen triumphierenden Blick zu. Kais Augen weiteten sich und er klatschte erfreut in die Hände. „Ich wusste es!“, rief er fröhlich und mit seinem warmen Kai-Lächeln. Nur Ruki blieb stumm und näherte sich immer weiter der Tür. „Wo willst du hin, Ruki?“, fragte Reita, als er es bemerkte. „Hab noch was zu erledigen. Wartet nicht auf mich!“, erwiderte er schnell und war auch schon verschwunden. Kai und Reita sahen sich fragend an. Dem Drummer kam das alles viel zu seltsam vor. *~*~* Nur wenige Schritte und er stand vor Aois Wohnungstür, die seltsamerweise nicht geschlossen sondern angelehnt war. Erst verwirrte es Uruha, aber dann kam er auf den Gedanken, dass es beabsichtigt sein könnte, damit der Schwarzschopf ihm nicht die Tür aufmachen musste. Und Uruha fielen genügend Gründe dafür ein. Leise schlich er in die Wohnung, schloss die Tür hinter sich und begab sich direkt zum Schlafzimmer. Und tatsächlich, er konnte gedämpfte Geräusche von drinnen wahrnehmen. Mit Sicherheit hatte Aoi ein nicht jugendfreies Video laufen, um sich vorzuwärmen. Oder litt er bereits unter der Sehnsucht? Es war nur ein einziger Schritt, den Uruha ins Zimmer tat, als er die Tür geöffnet hatte. Ein Schritt, der ihn dorthin brachte, wo es kein Zurück gab. Der Anblick, der sich ihm bot, löschte alle bisherigen Überlegungen sofort aus. Es stand auch kein Fernseher im Zimmer. Die Geräusche waren alle natürlicher Herkunft. Aoi kniete auf dem Bett, hatte sich nach unten gebeugt und war Auslöser der lustvollen Laute. Zwei fremde Schenkel bewegten sich zuckend um den Kopf des Gitarristen. Das Mädchen unter ihm war dünn und hübsch, aber vor allem willig und laut. Uruha wurde schlecht. Das Rascheln der Decke brachte ihn um den Verstand und das laute Stöhnen wirkte wie tausend Nägel, die man in seinen Kopf bohrte. Er war nicht fähig sich zu bewegen, konnte nicht auf sich aufmerksam machen. Der Brünette stand einfach nur da und versuchte den Ekel, die Wut und den Schmerz zu verkraften. Und als man ihn nach kurzer Zeit immer noch nicht bemerkte, drehte er sich halb zur Seite und schlug die Tür heftig zu, was die lästigen Geräusche endlich verstummen ließ. Uruha sah in Aois dunkle Augen, die ihn erschrocken musterten. Das Mädchen gab keinen Laut mehr von sich. Mit Sicherheit wusste sie sowieso nicht, wer er war und was vor sich ging. Der brünette Gitarrist stand da und wartete auf Aois Reaktion. Er erwartete Sätze wie „Es ist nicht so wie es aussieht!“ oder „Ich kann das erklären!“, die ihn mit großer Wahrscheinlichkeit zum Lachen bringen würden. Aber ihn erwartete etwas ganz anderes. Aois Lippen zierte plötzlich ein schmutziges Grinsen. „Komm her“, forderte er den Brünetten auf. Uruha traute seinen Ohren nicht. Er wagte es, ihn in sein dreckiges Spiel miteinbeziehen zu wollen! Augenblicklich wandte Uruha den beiden den Rücken zu und stürmte nach draußen. Er wollte so schnell wie möglich aus dieser Wohnung, wollte Aoi nie mehr sehen. Als er draußen vor dem Haus stand und abwesend vor sich hin starrte, überwältigte ihn der Schmerz. Mit langsamen Schritten lief er an den Häusern vorbei, ignorierte die Leute, den Krach der Autos und einfach alles, was um ihn herum passierte. Seine Beine fühlten sich immer schwerer an, seine Hände zitterten und die Tränen rollten unentwegt seine Wangen hinab. Warum warf man ihn immer ins eiskalte Wasser? Alles war gut gelaufen, alles war perfekt gewesen und dann mit einem Mal war alles wieder kaputt. Ruki hatte ihm wehgetan, Aoi hatte ihm wehgetan. Wer würde ihm als nächstes wehtun? Seine Schritte wurden schneller, er wollte weg, ganz egal wohin. Uruha blinzelte die Tränen fort und wischte mit dem Arm darüber, als er gegen einen Widerstand prallte und erschrocken stehen blieb. „Uruha?“ Er kannte die Stimme. War das möglich? Der Brünette schaute auf und erschrak. Warum er? Warum... „Ruki!“ Warum ausgerechnet Ruki? Warum die Person, die er um jeden Preis vergessen wollte und die ihm vor langer Zeit furchtbar wehgetan hatte? Die Tränen hingen immer noch in Uruhas Gesicht, als er dem Sänger in die Augen sah. Ruki wirkte besorgt und wusste scheinbar nicht, was er tun sollte, denn er stand nur ratlos da. Uruha wollte nicht, dass er ihn in diesem Zustand sah. Gleichzeitig war der Schmerz seit seinem Auftauchen erträglicher geworden, auch wenn es sich der Brünette niemals eingestanden hätte. „Was ist denn passiert?“, fragte der Kleinere zaghaft nach, doch Uruha wandte den Kopf nur zur Seite und erlitt erneut eine Welle der Traurigkeit, als er ihn an die Situation mit Aoi erinnerte. Ruki sah ihn einen Moment lang an, bis er sich plötzlich suchend umschaute und auf ein Taxi zusteuerte, um mit dem Fahrer zu sprechen. Kurz darauf wurde Uruha mit einem „Los, komm!“ am Arm gepackt und auf die Rückbank verfrachtet. Er wusste gar nicht wie ihm geschah, als er auf einmal im Taxi saß und den Frontmann neben sich bemerkte, der sich zu ihm gesetzt hatte. Lange Zeit herrschte Stille, bis Uruha erneut mit den Tränen kämpfte und das Schluchzen so gut es ging unterdrückte. Ruki zögerte nicht lange, legte den Arm um die Schultern seines Freundes und drückte ihn an sich. Seine Hand strich beruhigend über dessen Arm und das Lächeln, das er Uruha schenkte, erinnerte den Gitarristen an vergessene Zeiten. Er würde lügen, wenn er behaupten würde, dass es ihm nicht gefiel. Ohne es zu merken, rollten immer mehr Tränen über seine Wange und sein Kopf begann zu schmerzen. Er vergrub das Gesicht in Rukis Shirt und schluchzte laut auf. Seine Finger umgriffen fest den dünnen Stoff, suchten nach Halt. „Lass alles raus“, hörte Uruha die leise Stimme des Sängers, als dessen Hand sachte durch sein Haar strich, um ihn zu beruhigen. Mit der anderen hielt er den Brünetten fest an sich gedrückt und schaute abwesend auf den verletzten Mann hinab, lauschte den gequälten Geräuschen. Dem Größeren kam es vor wie eine Ewigkeit, bis das Taxi irgendwann anhielt und er sich langsam von Ruki löste, der ihn noch immer besorgt ansah. Sein Anblick ließ Uruha nicht kalt. Früher hatte es ebenfalls Momente gegeben, in denen der Sänger warmherzig und liebevoll zu ihm gewesen war. Sein Lächeln hatte der Gitarrist danach sehr vermisst, wie auch die seltenen zärtlichen Berührungen, die so voller Liebe gewesen waren. Hatte sich Ruki vielleicht wirklich verändert? Liebte er Uruha nach so langer Zeit immer noch? Als sie ausstiegen und der Frontmann den Fahrer bezahlte, wunderte sich Uruha, wo sie hier gelandet waren. Überall Wiesen und Felder, die an einen Wald angrenzten. Er hatte noch nicht einmal gewusst, dass es so etwas in der Nähe überhaupt existierte. Warum hatte er ihn hierher mitgenommen? „Lass uns ein bisschen spazieren gehen“, hörte er die tiefe Stimme plötzlich neben sich, als das Auto langsam verschwand. „Uruha?“ „Eh?“ Der Sänger lachte auf, als er den perplexen Blick bemerkte. Uruha hatte sich schon wieder wie so oft in Gedanken verloren. „Schon gut. Geht es dir denn besser?“, fragte Ruki den Größeren, der wieder diese besorgte Miene bemerkte und schwer mit sich zu kämpfen hatte, den anderen nicht anzustarren. „Hai“, erwiderte er und zwang sich ein Lächeln auf die Lippen. Sein Herz schlug schneller und schneller. Er beobachtete den Kleineren dabei, wie er sich umschaute und sich dann wieder lächelnd an ihn wandte. Keiner aus the GazettE war es gewohnt, dass ihr Sänger lächelte. Reita behauptete sogar, dass Ruki sowas gar nicht konnte, aber Uruha wusste es besser. Viel besser. „Willst du reden?“, fragte der Blonde vorsichtig, als er an Uruha herantrat und ihn fragend ansah. Die schlanken Finger des Frontmanns berührten kurz dessen Wange, bevor sie die nassen Spuren wegwischten. Rukis Blick wanderte über das feminine Gesicht des Gitarristen, der auf seine Frage hin den Kopf schüttelte und ihn wie gebannt anblickte. Er genoss die Berührung, wollte mehr und konnte den Blick von seiner früheren großen Liebe nicht abwenden. Der Frontmann konnte manchmal so wundervoll sein. Lange sahen sie sich einfach nur an, ohne ein Wort zu sagen. Rukis Finger strichen weiter behutsam über die seidige Haut, die immer mehr zu glühen begann. Uruha war nicht in der Lage, etwas zu sagen oder die Augen von diesem liebevollen Menschen abzuwenden. Alte Gefühle keimten schneller wieder in ihm auf, als er es erwartet hatte. Er vergaß auf einmal den schwarzhaarigen Gitarristen, verbannte ihn ganz aus seinem Herzen, das mehr und mehr verheilte. Und spätestens als sich Ruki zu ihm beugte und die Lippen des Brünetten mit seinen verschloss, war er der glücklichste Mensch auf der Welt. Keine bösen Blicke, kein Streit oder verletzende Worte. Der Sänger schenkte ihm nur diese warmherzigen Augen und die zärtliche Berührung seiner Lippen, die ihn überhaupt nicht drängten, sondern vorsichtig und sanft seine eigenen streichelten. Wie hatte es Uruha nur so lange ohne ihn ausgehalten? Immerhin liebte er ihn noch genauso sehr wie früher, auch wenn die Erkenntnis reichlich spät kam. Der Körper des Größeren schmiegte sich sehnsüchtig an Rukis, der die Arme fest um ihn legte und den Brünetten zu sich zog. Uruhas Lippen öffneten sich, als die Zunge des Frontmanns zaghaft um Einlass bat und sie dann vorsichtig in den Mund seines Gegenübers schob, um mit ihr einen heißen und innigen Zungenkampf auszutragen. Der Sänger drängte seinen Freund immer weiter zurück, bis dieser die unbequeme Rinde eines Baumes im Rücken spürte. Aber es gab nichts, was ihn jetzt dazu bringen konnte, von seiner Liebe abzulassen. Immer hektischer wurde das Zungenspiel und der Gitarrist zog sich einen Moment lang von dem anderen zurück, um nach Luft zu schnappen. Ihre Blicke trafen sich, und Uruha erkannte das Funkeln in Rukis Augen, die nach mehr verlangten. Augenblicklich fühlte der Brünette die warmen Hände unter seinem Oberteil und den zierlichen Körper, der sich an ihn schmiegte. Bevor er begriff, wie ihm geschah, pressten sich die Lippen des Sängers erneut auf seine und stahlen ihm einen hungrigen Kuss. Zögernd wurde dieser erwidert. Uruha kämpfte plötzlich mit sich selbst und fragte sich, ob es noch immer richtig war, seinen Freund gewähren zu lassen. Zu sehr erinnerte es ihn auf einmal an die unzähligen Momente von früher. Er hatte Angst davor. „Ruki, hör auf“, flüsterte er zwischen Zweifel und Begierde, doch der Angesprochene dachte nicht daran und zog die Hand unter Uruhas Shirt wieder hervor, ließ sie an dessen Hose hantieren, bis sie ihm wie von selbst von den langen Beinen fiel. Die unmissverständliche Wölbung in den Shorts machte Ruki klar, dass sich der Körper des Brünetten sehr wohl nach ihm sehnte. „Ruki!“ Der Kleine drückte sich fest gegen ihn, sodass es keinen Ausweg gab, selbst als sich der Gitarrist mit aller Kraft gegen ihn stemmte. Uruha hätte nie gedacht, dass der Blonde so viel kräftiger war als er selbst. Seine Handgelenke wurden gepackt und grob zusammengedrückt, um sie dann mit einer Hand an die Rinde zu pinnen. „Jetzt hol ich mir, was mir zusteht“, flüsterte Ruki bedrohlich, biss sachte in Uruhas Hals und schickte seine freie Hand auf Wanderschaft, immer tiefer und tiefer. Den Brünetten durchzog ein Gefühl der Angst und des Schmerzes. Warum hatte er sich nur wieder um den Finger wickeln lassen? Ruki war nicht besser als Aoi! „Das wirst du nicht! Lass mich los!“ „Vergiss es.“ Es versetzte ihm einen Stich tief ins Herz, als er die Kälte spürte, die der Sänger mit einem Mal ausstrahlte. Wo war dieses Liebevolle geblieben? Der sanfte Blick, mit dem er ihn angesehen hatte? Zum zweiten Mal fühlte er sich verraten und verletzt. Uruha sehnte sich doch nur nach ein bisschen Zuneigung, mehr wollte er nicht. Mit seiner ganzen Kraft stemmte er sich gegen den Kleineren, der seinen Fluchtversuch erfolgreich im Keim erstickte. Seine Hand ruhte bereits auf den engen Shorts und rieb nachdrücklich an dem Stoff, entlockte dem Schönling ein unterdrücktes Stöhnen. Völlig hilflos ergab er sich dem Blonden und versuchte die Berührungen zu ignorieren, die ihn trotz der Situation erregten. „Lass mich los“, flüsterte er kraftlos, fast schon flehend. Er hielt sich an dem letzten Stück Hoffnung fest, dass Ruki doch noch ein gutes Herz hatte und ihm niemals wehtun würde. Dieser beugte sich zurück und sah dem Brünetten mit einem zynischen Blick in die Augen. Seine Hand rieb weiter durch den Stoff an seiner Erregung, weshalb der Größere sich fest auf die Unterlippe beißen musste, um kein Geräusch von sich zu geben. „Aoi hat dir wehgetan, hab ich Recht?“ Ein schadenfrohes, überlegenes Grinsen legte sich auf die Lippen des Sängers. Er hatte es die ganze Zeit gewusst, von Anfang an. Hatte er das ganze etwa von Anfang an geplant? Uruha sah ihn schockiert an. Nie hätte er geahnt, dass sein Freund so grausam sein konnte, nur um das zu bekommen, was man ihm freiwillig nie gegeben hatte. „Hast du wirklich geglaubt, dass er sich in dich verlieben könnte?“, fragte Ruki schmunzelnd, als er wie erwartet keine Antwort erhielt. Ein erschrockenes Keuchen verließ die vollen Lippen des Brünetten, als er den Stoff seine Schenkel hinabrutschen fühlte und Rukis Hand ihn so sanft streichelte, dass er sich reflexartig entgegenreckte. Das Grinsen auf dem Gesicht seines Gegenübers wurde immer breiter und bösartiger. „Du bist so ein verlogenes Biest, Uruha.“ Schnell presste der Angesprochene die Lippen fest aufeinander, um einen weiteren Laut zu unterdrücken, als die hauchzarten Berührungen nicht stoppten. Dann sah Ruki wehleidig in die Augen, verengte seine eigenen bei den Worten des Sängers. Er wollte und konnte ihm nicht antworten. Mit aller Kraft unterdrückte er die Traurigkeit mit Wut, versuchte die Lust zu ignorieren, die Rukis Hand in ihm auslöste. In seinen Augen war der Frontmann ein verzweifeltes Häufchen Elend, das seinen Schmerz mit Zorn erstickte. „Mich würde es nicht wundern, wenn du schon mit Miyavi geschlafen hast.“ Miyavi? Was hatte das alles mit Miyavi zu tun? „Ich hab nicht mit ihm geschlafen!“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Allein der Gedanke daran war abscheulich. „Lüg mich nicht an!“, knurrte der Sänger drohend, kratzte über Uruhas pralle Härte und brachte ihn zum Schreien. „Los, sag schon!“ Es lag so viel Wut und Zorn in seiner Stimme, dass der Brünette Körper zu zittern begann. Tränen fielen über seine Wangen. Es war alles so unerträglich. Der Frontmann löste die Hand von Uruha, schob sie weiter zwischen seine Beine. Er war mehr als entschlossen, Uruha seine Jungfräulichkeit zu nehmen. „Nicht!“, rief dieser panisch, als er den Finger an seiner Öffnung spürte und die Augen fest zusammenkniff. Er flehte innerlich, dass man ihn verschonen würde. Und dann verschwand die Wärme, die Rukis Körper verursacht hatte und seine Handgelenke waren wieder frei. Völlig perplex öffnete er die Augen. „Lass mich los!“, rief Ruki aufgebracht und zappelte im Griff des Braunhaarigen, der dessen Arme hinter seinem Rücken fest zusammenhielt. Uruha wusste, dass der Sänger nicht die geringste Chance gegen die muskulösen Arme ihres Drummers hatte. „Danke“, flüsterte Uruha leise und sank kraftlos am Stamm hinab. Mit letzter Kraft schaffte er es, sich die Hose überzustreifen und sie halbwegs ordentlich zu schließen. Seine ganze Kraft war verschwunden und er konnte nicht aufhören zu zittern. Sein starrer Blick war in die Ferne gerichtet, immer schneller bohrte sich der unsichtbare Dolch in sein Herz. Ihm war nach Lachen zumute, nach Schreien, anstatt nach Weinen. Es war einfach alles so lächerlich, sein ganzes Leben. Und er hatte geglaubt, dass es nach der Trennung mit Ruki nicht schlimmer werden konnte. Doch es konnte. „Uruha!“ Der Angesprochene schrak auf, als ein kleiner Gegenstand mit einem dumpfen Aufprall neben ihm ins Gras fiel. Ein Handy? „Lass dich von jemandem abholen!“, rief ihm Kai zu, der den sich noch immer wehrenden Ruki ins Taxi zerrte, ehe er ebenfalls darin verschwand. Wie sollte er sich abholen lassen, wenn er nicht einmal wusste, wo er war? Er ergrif das Handy und überlegte, wen er anrufen sollte. Wo war eigentlich sein eigenes Handy geblieben? Achja, bei Aoi. Uruha starrte nachdenklich auf das Display, als das Blinken des Akkusymbols seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Panisch riss er die Augen auf. Wenn er sich jetzt nicht beeilte, würde er für immer hier festsitzen! Hektisch drückte er auf den Knöpfen herum, um die Anruferliste zu finden, als ihn das plötzliche Klingeln aufschrecken ließ. Aber es war zu spät, er hatte den Anruf bereits angenommen. „Kai! Ich brauch unbedingt deine Hilfe!“ Mit einem Schlag verschwand die Hoffnung, diesen Ort wieder verlassen zu können. Von allen Personen, die Kai kannte, musste es ausgerechnet Miyavi sein, der gerade jetzt anrief? Hatte sich die ganze Welt gegen ihn verschworen? „Kai? Bist du da?“, fragte die Stimme, die unangenehm an Uruhas Ohr dröhnte, trotz der Tatsache, dass sich das Handy immer noch in seinen Händen befand. Was sollte er jetzt tun? Der Akku könnte jeden Moment dafür sorgen, dass der Brünette die ganze Nacht hier frierend verbringen müsste. Aber war die andere Option wirklich angenehmer? „Kai ist nicht da.“ „Uruha? Bist du das?“ Der Angesprochene kniff die Augen fest zusammen. Warum hatte er das nur getan? Er wollte nicht wieder eingesperrt werden. Aber hatte er denn eine andere Wahl? „Uruha, bitte komm zurück! Es tut mir leid, hörst du? Uruha!“ Er traute seinen Ohren nicht. Entschuldigte sich Miyavi gerade bei ihm? Das Blinken des Akkusymbols riss ihn aus seinen Gedanken. Er musste sofort handeln. Uruha räusperte sich, nahm allen Mut zusammen und hielt sich das Handy ans Ohr. „Du… Du musst mich abholen. Ruki hat… ich…“ Seine Stimme brach, er musste hart schlucken und sich zusammenreißen. Sein Blick wanderte umher, suchte nach einem Hinweis, wo er sich befand. Fehlanzeige. Panisch biss er sich auf die Unterlippe. Miyavis Stimme tönte an sein Ohr, doch er hörte nicht zu. Und dann verstummte der Solist und Uruhas Augen wurden groß wie Teller, als er Kais Handy vom Ohr nahm und das schwarze Display bemerkte. „Fuck!“, fluchte er verzweifelt. Jetzt war er verloren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)