Eine Geschichte... von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Eine Geschichte. Ein junger Mann ist ein Gefangener, seit seine Augen das Licht der Welt erblickten. Ein Sklave, seiner Wachen. Er bekommt Essen, morgens, abends. Hat fließend Wasser. Kann nach Draußen, einmal am Tag. Im Sommer öfter, als im Winter. Aus seiner Zelle heraus kann er den Himmel nicht sehen, den Himmel nicht riechen. Die Luft ist stickig, muffig, ungenießbar. Kann seine Mutter sehen, nicht berühren, nicht spüren. Seine Mutter spricht nicht mehr. Sieht ihn mit Augen an, die trüb sind vom Warten. Findet keine Worte mehr. Kann sein Herz nicht mehr beruhigen. Hat jeden Trost verloren. Die Schritte der schwarzen, harten Stiefel schallen, durch die betonierte Gasse. Das Herz beginnt zu schlagen, die Ohren spitzen sich. Schritte werden lauter, bedrohlicher. Furcht. Stoppen vor der vergitterten Tür. Eine Hand legt sich auf die eisernen Stangen und zieht sie ratternd beiseite. Angst. Gelächter in einer fremden Sprache. Keine Wahl. Die Mutter sieht mit zerspringendem Herz, wie der Sohn aus der Zelle gezogen wird. Langsam gehen sie die Gasse hinab. Der Führer voran, den jungen Mann fest im Griff. Verloren. Er wird gefesselt, gereinigt. Ungewollt. Leise ehrliche Worte, die unverstanden einer Drohung gleichen. Lederne Riemen ranken sich um seinen Körper. Das Herz setzt aus, leichter Ballast wird unerträglich. Sie gehen weiter. Er sieht sie. Seinesgleichen. Sein Blick verschwimmt schmerzerfüllt und seine Freunde werden zu schweißglänzenden Geistern, die sinnentleert umher torkeln. Aufgabe. Er wird zu ihnen geführt, wird einer von ihnen. Muss arbeiten, ohne den Sinn zu verstehen. Leise Musik strömt aus den Lautsprechern. Er soll tanzen. Tanzen zu der unwirklichen Melodie. Neben ihm ein Freund. Fahle Augen, gebrochener Wille. Es dauert lange. Seine Beine schmerzen. Sein Rücken schmerzt. Überall. Schmerzen. Egal. Er muss weiter, immer weiter. Endlos. Er wagt nicht stehen zu bleiben. Sein Mund wird taub. Die Augen tränen von der schalen Luft. Dann ist es vorbei. Ruhe. Er zeigt keine Gefühlsregung. Sein Herz ist so klein geschrumpft, dass kein Platz mehr für Freude ist. Er wird von den ledernen Stricken befreit und ins Freie geführt. Festgebunden. Kaltes Wasser steigt langsam von seinen Beinen herauf. Spritzt in die Ohren. Nass und tropfend, geht er die Gasse erneut hinab. Taub für die Stimmen. Blind für die leeren Augen. Stumm Hilfe schreiend. Ein leichter Klaps. Er ist zurück. Zurück in seiner Zelle. Aus der Hölle. Zurück in der Hölle. Erschöpft. Der Blick gleitet zu seiner Mutter. Sie flüchtet. Kann ihn nicht ansehen. Ein Tag. Ein Tag, wie jeder andere. Er trinkt. Er mag das Gefühl des kalten Wassers, dass ruckartig die ausgedörrte Kehle hinab rinnt. Dann warten. Warten auf den nächsten Tag. Starre. Starre. Er wollte verschwinden. Die Sonne sehen, den Wind spüren, auf dem Körper, in den Haaren. Schreien, nach Freiheit. Nun will er nur noch verschwinden. Unbrauchbar werden. Sterben. Doch er wird niemals eine Entscheidung treffen können. Nicht über sein Leben, nicht über seinen Tod. Denn er ist nur ein junges Pferd und ein junges Pferd kann keine Entscheidungen treffen. Eine Geschichte. Ein junges Pferd ist eingesperrt, bis seine Augen das Licht der Welt verlieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)