Oh Mann, Ryoga! – Eine schamlose Parodie. von Deepdream ================================================================================ Kapitel 18: Hieb- und stichfest. -------------------------------- „Déjà-vu“, brummte Ryoga und verschränkte die Arme vor der Brust. Natürlich tat er das mit dem gebotenen Maß an Missmut und hibikischem Ärger. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, war die Robe des Shinigami ein Artefakt unschätzbaren Wertes. Sie funktionierte wie eine Klimaanlage – und vollbrachte woran modernste Technik scheiterte: Sie kühlte Ryoga Hibikis Temperament. „Huh?“, kommentierte Saotome. Sie blinzelte von ihrem Manga auf. „Ach, vergiss es.“ Die Wanderer zwischen den Welten saßen. Sie saßen genau dort, wo sie schon zuvor gesessen hatten. Es war derselbe Warteraum mit denselben Stühlen, sie wurden von demselben Ventilator befächert und es lagen dieselben Mangas aus. Und dieser dämliche Getränkeautomat schluckte noch immer keine Yen und beharrte stur wie ein Esel auf Seelensplitter. Der Stirnbandträger schielte zur Digitalanzeige. Dort hieß es unverändert [Bitte warten] und so allmählich verursachten die neongrünen Ziffern ihm Kopfschmerzen. Außerdem wurde er zunehmend ungeduldiger, es stand ihnen schließlich die nur mehr letzte Prüfung bevor. Hiernach würde er Ukyo ins Leben zurückholen. Als netten Bonus war er dann sogar Ranma los und konnte diese Hölle – der Witz übersprang ein paar Neuronen und fand ein trauriges Ende – hinter sich lassen. Sollte er eine Ansichtskarte senden? Aus dem Augenwinkel heraus beäugte er das Drehgestell. Dieses war stilvoll in die Wand eingelassen und ihm beim ersten Aufenthalt im Wartezimmer nicht wirklich aufgefallen. Postkarten hingen darin und verkündeten fröhliche Sprüche wie Wünschte du wärst hier oder Ich lieg’ auf der faulen Haut und lass’ mich braten. Es war eine seiner Marotten immer und überall solche Karten zu kaufen und an seine Bekannten zu verschicken. Da er ohnehin nur drei Adressen auswendig konnte, minimierte sich der Arbeitsaufwand dabei erheblich. Gewöhnlicherweise schickte er ans Tendo-Dojo – entweder einen Erlebnisbericht an Akane oder eine Herausforderung an Ranma -, an Akari und sein eigenes Zuhause. Die Ansichtkarten für letzteres waren an Checkers adressiert. Wobei, wenn er es sich recht bedachte, konnten Hunde überhaupt lesen? Ryoga kräuselte die Stirn. Er linste zu Ranma, die die Nase im Manga vergrub. Also wenn ein Saotome lesen konnte, dann konnte das doch wohl jeder Hund; sprichwörtlich. An wen sollte er auch sonst Briefe schicken? Checkers war das einzige Familienmitglied, das über einen längeren Zeitraum hinweg im Haus blieb. Der Rest des Clans verlief sich bereits auf dem Weg zum Klo. Zugegeben, so herrschte auf Familienfesten ein reges Kommen und Gehen. Man traf Leute, von deren Existenz man gar nichts vermutet hatte. Etwa den Onkel, Opa oder den verschollenen Halbbruder. Beim letzten Familienfest vor einem halben Jahr hatte Ryoga besagten Halbbruder kennen gelernt. Seine Mutter war früher mit einem anderen Mann zusammen gewesen. Dieser hatte sich als etwas exzentrisch herausgestellt – Ryogas Mutter: Total irre sag’ ich dir! – und war zudem noch ein armer Schlucker. Dafür hatte sich Ryoga prächtig mit dem Sohn verstanden. Sie hatten sogar ähnliche Interessen. Sie beide mochten Bandanas, bevorzugten einen direkten Kampfstil und hassten eine Person namens Ranma Saotome. Zufälle gab es, die gibt es gar nicht. Diese schöne Erinnerung führte ihn zu einer weniger schönen. Sollte er Akari ebenfalls eine Nachricht zukommen lassen? Er kaute geistesabwesend auf der Unterlippe. Nachdem er seiner Brieffreundin gegenüber einmal verlautbart hatte, was er eigentlich von Schweinen hielt, war diese nicht ganz so gut auf ihn zu sprechen. Ihr „Du Schwein!“ zu Beginn des letzten Briefs klang nicht wirklich wie ein Kompliment. Besser er ließ es. Man soll schlafende Eber ja nicht wecken. „Welchen Manga liest du da eigentlich Saotome?“ Die Dämonin schaute auf und schnippte den lodernden Zopf beiläufig über die Schulter. „Dragon Ball Z, warum?“ Er hätte jetzt etwas sagen können. Wenn er sich allerdings daran erinnerte mit wem er hier sprach, erübrigte sich jede Mühe. Manche Menschen sahen gerne Aktionfilme, eine zweite Gruppe schlief mit einem Revolver unterm Kopfkissen. Ranma zählte zur dritten Gruppe. Sein Leben war ein einziger Aktionfilm und er schlief auf dem Revolver. … <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Oh Mann, Ryoga! II – Einfach nur göttlich. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Kapitel 18 – Hieb- und stichfest. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Die Charaktere gehören mir nicht, sie gehören Rumiko Takahashi. Da ich weder weiblich noch kleinwüchsig bin, schließe ich, dass sie mir auch nie gehören werden. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> … Die kleine Puppe stolperte ins Bad. Schlaftrunken rempelte sie auf dem Weg dorthin gegen einen Schrank und die Badezimmertür. Akane war so freundlich die Klinke danach runterzudrücken. Ihre kleinen Füße trugen sie zum Waschbecken, zu dem sie aus blutroten Augen hinaufstarrte. Ihr Gesichtsausdruck hätte dabei jeden Puppenmacher zu einem epileptischen Schock verleitet. Puppengesichter sollen Schönheit, Kindlichkeit und Unschuld ausdrücken – dieses Puppengesicht war einfach nur angemieft. Kommentarlos half ihr Akane zum Waschbecken hoch und reichte ihr sodann eine Zahnbürste, die annähernd so groß wie Ukyo selbst war. Kuonjis Versuch sich damit die Zähne zu putzen, hätte gewiss für einige Lacher gesorgt – vorausgesetzt man hatte keine Verwendung mehr für die eigenen Augen, die dieses süße Püppchen sodann gezielt ausgestochen hätte. Lustlos schrubbten die Mädchen ihre Zähne blütenweiß. Bei nächster Gelegenheit musste Ukyo Happosai umbringen. Sie war leichenblass – nicht unüblich bei einer Puppe - und die Schuld dafür trug der alte Perversling. Gestern Nacht hatte er einen seiner gedopten Knallfrösche im Haus gezündet und Herrn Saotome aus dem Dach gesprengt. Was der alte Panda auf dem Dachboden verloren hatte, konnte sie sich allerdings nicht erklären. Irgendetwas verriet ihr, dass der quälende Gestank im Korridor etwas damit zu tun hatte. Auf ihren fragenden Blick hin hatte Akane nur unsicher gelächelt und etwas von Insektentod genuschelt. Seltsam, kam ihr irgendwie bekannt vor. Ranma gähnte ungnädig. Dass man Damenhaftigkeit von ihr nicht zu erwarten brauchte, muss man an dieser Stelle nicht extra erwähnen. Das ein normaler Mensch – Piccolet Chardin III. und seine Sippe großzügig ausgenommen - den Mund derart aufreißen kann, hinterließ dennoch gemischte Gefühle beim Betrachter. Ranma war langweilig. Es war schon mal ganz schön sich ein wenig auszuruhen, den Körper baumeln zu lassen, - bevorzugt ohne Strick – und verlorene Kraftreserven aufzufrischen. Das änderte trotzdem nichts daran, dass ihr zutiefst und aus ganzem Herzen langweilig war. Den Manga hatte sie vor Minuten zu Ende gelesen. Son Goku hatte gewonnen – mal wieder. Manchmal kam es ihr so vor, als hätte der Zeichner sie als Vorbild für den stachelhaarigen Krieger verwendet. Immerhin war sie cool, witzig, sympathisch, bescheiden, unbesiegbar und voller Mut. Die kleine Dämonin seufzte. Die Selbstbeweihräucherung klemmte ihrer Langeweile auch nicht den Saft ab. Minuten vergingen wie Stunden, Stunden wie Tage und Tage wie etwas, das sich wie alter Honig zog und mindestens genauso stank. Konnte man ihr, Ranma Saotome, Mann unter Männern, Kampfsportkoryphäe und Pascha wider Willen das verübeln? Hey, sie war immerhin unter Genma aufgewachsen! Dort wo sie selbst nicht für Unfug sorgte, da bewies ihr Vater von wem sie dieses unleidige Talent herhatte. Der Rotschopf faltete die Finger ineinander und streckte die Arme geräuschvoll durch. Ein knapper Blick zu Ryoga bestätigte ihre Vermutung: Mr. Reißzahn war wieder am Brüten. Vielleicht hätte er in die Quelle der Ertrunkenen Henne fallen sollen, dass wäre passender als ein Ferkel gewesen. Um ein richtiges Schwein zu sein, fehlte Hibiki einfach das Rückgrat – oder war es der Speck? Ranma schnippte ihr brennendes Anhängsel über die Schulter zurück. Irgendwann würde sich Ryoga nochmal wirklich den Kopf zerbrechen. Obwohl bei seiner Betonbirne da wenig Hoffnung bestand und selbst wenn, bei Ryoga hinterließ das keine bleibenden Schäden. Bei Ryoga hinterließ nichts bleibende Schäden. Ranmas Gesicht klarte auf. Ein guter Kommentar aus ihrem Munde und Ferkelchen war wieder sein altes, verärgertes, entnervtes und gewalttätiges Selbst. DANN war ihr nicht mehr langweilig. Beflügelt von ihrem Einfall Schritt das halbe Mädchen sofort zur Tat – und wurde von einem Pling! unterbrochen. Blutroten Zeichen formten sich auf dem Display zu einem [Bitte eintreten]. Die finale Herausforderung wird Ihnen präsentiert von Arktiswind. Wir kühlen bis die Hölle zufriert! Ranma und Ryoga warfen sich vielsagende Blicke zu und schritten zum Tor vor. Der daran wuchernde Kristall hatte erneut eine andere Farbe. Es war diesmal ein dunkles Rot, das man mit Sonnenbrand und Karottensalat verband. Kurzum, es wirkte nicht allzu beruhigend. „Was denkste isses diesmal?“ „Nach den ganzen Bossgegnern?“, Ryoga rieb sich den Nacken und grinste. „Kuno?“ Für einen Augenblick stockte Ranma der Atem. Ryoga Hibiki, Nachtschattengewächs und Schwarzseher, hatte einen Witz gerissen. Sensible Menschen nutzen solche Situationen und bauen das Selbstwertgefühl ihrer geprügelten Kameraden auf. Ranma Saotome war nicht sensibel. Trotzdem zwang selbst sie sich ein Lächeln ab. Ryoga Hibiki war nämlich trotz a) den Morddrohungen, b) dem unerlaubten Aufenthalt in einem fremden Bett und c) den immerwährenden Streitereien einer ihrer engsten Freunde. Das sagte viel über ihre sozialen Fertigkeiten aus, leider hörte Ranma nur nicht zu. Ohne viele Worte einigten sich die Kindheitsfeinde darauf, dass die Dämonin das Tor aufstieß. Das tat sie dann auch und wurde mit einem heiseren Quietschen belohnt. Rostspuren blieben auf dem Boden zurück. „Nich’ viel Verkehr“, konstatierte der Rotschopf, wozu Hibiki zögernd nickte. War augenscheinlich schon lange keiner mehr da gewesen. Dem Gesetz der Steigerung nach gibt es stets eine größere Herausforderung. So folgt jedem Fisch ein Hai, jedem Schneeball eine Lawine und auf jedes Gerücht eine Talkshow. Mit einem klammen Gefühl im Bauch traten die Kampfkünstler in einen Tunnel, an dessen Ende ein Licht glühte. Eine Glühbirne aber sah anders aus. Akane lief neben ihrer Schwester her. Beiden Mädchen blieben noch gut zwanzig Minuten bis zum Unterrichtsbeginn, aber jede benötigte ebendiese zwanzig Minuten für ganz persönliche Angelegenheiten. Nabiki musste noch ein paar ihrer Schuldner höflich darauf hinweisen, dass Geld nicht auf Bäumen wuchs – sondern aus dem Stamm stammte, sozusagen – und Akane stand ihr morgendliches Treffen mit Kuno bevor. Auf diese Weise trennten sich die Wege der Schwestern am Schultor. Während Nabiki im schnellen Schritt den Schulhof durchquerte, verharrte Akane und nahm präventiv die Arme hoch. Abwartend beäugte sie den Baum, hinter dem sich der Kendoka nur zu gerne verschanzte. Es verging eine Minute, daraufhin eine weitere. Es tat sich noch immer nichts. Verwirrt trat Akane auf den Baum zu und spähte dahinter. Sie war überrascht, als vom Hobby-Samurai jede Spur fehlte. Wo zum Geier war er? Kam er heute vielleicht nicht zur Schule? „Holde Akane, welches Glück verschlägt dich an den Hort meiner Gedanken?“ Zu früh gefreut. Verärgert wandte sich das Blauhaar zum Kendoka um – und stutzte. Der junge Mann vor ihr trug kein Hakama. Er trug ebenso wenig einen kimonoartigen Überwurf. Völlig korrekt gekleidet stand er in der Schuluniform vor ihr. Nur der Bokken über seiner Schulter verwies auf seine Möchtegern-Samurai-Tendenzen. „O-Oberschüler Kuno?“ „Fürwahr Akane Tendo, dieser stolze Name ist der meinige.“ „Du trägst die Schuluniform?“ „In der Tat. Als die Vögel mich morgens zum Tagewerk riefen, fühlte ich mich geneigt, mich in diesen Stoff zu hüllen. Tat ich falsch daran?“, fragte er in ehrlicher Verwirrung. „N-Nein. Es ist nur – ungewohnt“, stammelte Akane und erntete ein freundliches Nicken des Schwertkämpfers. „Nun denn, nur zu gerne würde ich mich dem Gespräch mit dir widmen, doch die Pflicht der Bildung ruft und ich gedenke zu folgen.“ Mit einer angedeuteten Verbeugung spazierte der Kampfkünstler an Akane vorbei in die Schule. Das Blauhaar blieb zurück und sah dem Jugendlichen kuhäugig nach. Erst als die Schulglocke ertönte, besann sie sich und hetzte durchs Foyer, die Treppen hinauf und schlitterte in ihr Klassenzimmer. Außer Puste sank sie an ihrem Sitzplatz nieder und fächerte sich Luft zu. „Alles in Ordnung Akane?“, fragte ihre Freundin Yuka. „Hm-Hm. Kuno war heute nur echt eigenartig.“ „Nicht verwunderlich“, kommentierte Yuka und rieb sich mit dem Zeigefinger die Nasenspitze. Verwundert spähte Akane zu ihr. „Na, in letzter Zeit ist doch wirklich vieles verrückt. Okay, verrückter als früher. Da wären Ranma und Ukyo, die verschwunden sind. Obendrauf kommt, dass das Ucchan’s geschlossen ist und sich der alte Lustgreis einen Lehrling angelacht hat“, erläuterte die Schulfreundin und zählte jeden Punkt an der Hand ab. „Wenn jetzt Kuno komisch wird, ich mein’ noch komischer wird, dann ist das nur das Sahnehäubchen.“ Akane kräuselte die Stirn. Yuka hatte nicht Unrecht. Nerima war noch nie ein ruhiger Ort gewesen. Seit Ranma hier Stellung bezogen hatte, war es sogar noch verrückter geworden. Es folgten haufenweise Herausforderer, das Dojo musste jede Woche rundum erneuert werden und es gab immer wieder eine Zugabe. Jetzt war Ukyo eine Puppe, Ranma und Ryoga überirdische Gestalten und sie selbst jagte Dinge mit einem Schriftzug in die Luft. Die Sache stank doch zum Himmel! Mousse lag auf der Lauer. Er war erschöpft vom Küchendienst. Die alte Schabracke hatte ihn mal wieder herumgescheucht und jede Arbeit übertragen, die sie finden konnte. Manchmal kam es ihm so vor, als würde sie sich die Arbeiten höchstselbst ausdenken, nur um ihn quälen zu können. Ohne lange Vorrede: Er hatte keine Lust auf Happosai. Leider hielt sein Sensei nicht viel von Einwänden und noch weniger von handgreiflichem Protest. Happosai hatte ihn kurzerhand aus dem Nekohanten entführt und ihn soeben auf ein Dach plumpsen lassen. Murrend richtete sich der Chinese auf und überblickte ein weitläufiges Gelände. Die Gartenanlage war großzügig angelegt, es plätscherte und wucherte, wo man auch hinsah. Es gab sogar einen massiven Teich, in dem man ein Krokodil halten könnte. Warte mal – da WAR ein Krokodil. Erst jetzt fielen Mousse die massiven Umgrenzungsmauern auf, die Unbefugten den Eintritt verwehren sollten. Der junge Mann rieb sich den Nacken und lächelte gequält. Er hatte so eine Ahnung, dass er der Unbefugte sein würde. „Heut’ steigste da ein und holst mir ’n Schatz.“ Der Amazone schluckte schwer. „A-Aber, dass ist das Kuno-Anwesen“, stellte Mousse fest. „Uh-hu. Cleveres Bürschchen.“ „Aber von w-wem?“ Der Großmeister des Musabetsu Kakuto Ryu grinste selbstgefällig. Dem Anschein nach zufällig landete ein schwarzes Blütenblatt auf dem Handteller des Alten, wo dieser es abschätzig unter Augenschein nahm. Dann zuckten die stechenden Pupillen Happosais zum Tellerwäscher, der innerhalb weniger Wimperschläge aschfahl geworden war. „Da haste deine Antwort. Viel Spaß Jungchen.“ Der Greis sprang mit lautem Gackern davon und überließ seinem Protegé die Bühne. Fassungslos schaute Mousse ihm nach und wandte die Augen erst ab, als seine Dioptrienzahl die Flagge hisste. Er konnte nicht glauben, dass er sich auf so was einließ. Der junge Mann ballte die Hände in den Ärmeln der Robe und machte einen gewaltigen Satz. Noch wusste er es nicht, aber sein Training ging in die nächste Runde. Tatewaki Kuno genoss die kühle Abendluft. Einmal mehr saß er auf der Veranda in seinem Lehnstuhl und nippte an warmem Tee. Faul und schläfrig drehte der Dampf Kreise in der Luft und stieg zum Himmel hinauf. Am Horizont verschmolz die Sonne mit den Dächern. Der heutige Tag war ein zutiefst seltsamer gewesen. Da war einerseits dieses Bedürfnis danach, sein geliebtes Hakama im Schrank zu belassen und sich anstelle dessen der Schuluniform zuzuwenden. Es erschien ihm irgendwie – normaler? Welchen Grund aber hatte ein Kuno dafür sich ‚normal’ zu benehmen? Ein Kuno war von hohem Geblüht, es stand ihm demnach frei sich so zu gebärden wie er es als richtig erachtete. Und dennoch verhielt er sich konträr zu seiner Überzeugung. War diese Schose schon arg eigenartig, so fand er für sein morgendliches Verhalten keine Worte. Seine geliebte, im – nicht so – Stillen verehrte Akane Tendo hatte völlig wehrlos und ahnungslos seiner gedacht und am majestätischen Baum gewartet. Dort, wo er sich sooft nach ihrer Hingabe und Zärtlichkeit verzehrte, hatte sie sich nach ihm gesehnt – und doch fiel der Wunsch sie in den Arm zunehmen von ihm ab. Er verspürte einfach kein Bedürfnis danach ihr seine Zuneigung kundzutun. „Fürwahr ein Rätsel“, sinnierte er und lauschte den Vögeln. Veränderte er sich wohlmöglich? Heftig schüttelte der Kendoka den Kopf. Was für ein himmelschreiender Unsinn! Er war perfekt, ein tadelloser Schwertkämpfer und einfühlsamer Poet, ein Mann nach dem sich die Frauen verzehrten. Er war kurzum – „ – Tee, Meister Kuno?“ Ganz genau, er war Teemeister Kuno! Und jeder, der ihm das abstreiten wollte, würde… „Huh?“ „Möchten Sie noch ein wenig Tee, Meister Kuno?“, näselte Sasuke und hielt die Porzellankanne nachdrücklich hoch. Seine Schnurrhaare zitterten nervös. „Ja. Ja, Sasuke. Gerne.“ Der Diener füllte wie geheißen die Tasse auf und entschwand in die Schatten. Ein unterdrückter Schmerzensschrei und das Geräusch von Zeh gegen Holz zerstörte die Illusion eines fähigen Ninja. Tatewaki ließ sich davon nicht beirren und nippte am Gebräu. Ein guter Tee. Man merkte, dass er der Reichweite Kodachis bisher verwehrt geblieben war. Seine rechte Gesichtshälfte funktionierte noch einwandfrei und die Flüssigkeit blieb erholsamerweise im Magen. Kunos Augenbrauen donnerten unversehens aneinander. War da nicht eben etwas gewesen? Das Geräusch von flinken Füßen, die sich ihren Weg über Dachschindeln suchten? Der Kendoka verengte die Augen zu gefährlichen Schlitzen. Er kannte das Geräusch nämlich nur zu gut. Sasuke eilte öfter als nötig über die Dachschräge, um im Training zu bleiben. Tatewaki konnte sich allerdings sicher sein, dass Sasuke im Haus war und nicht darauf. Shampoo inspizierte ihr Umfeld. Der Schein der untergehenden Sonne war hell genug, um die umliegenden Dächer klar zu erkennen. Was sie erkannte war, dass sich nichts regte. Das wiederum machte sie sauer. Seitdem Cologne ihr den Auftrag gegeben hatte den Alten aufzuspüren, hielt Shampoo ständig Ausschau nach dem unterwäscheverrückten Zwerg. Das Problem war nur, dass wenn Happosai nicht aufgespürt werden wollte, er nahezu unsichtbar war – und Happosai wollte nur selten aufgespürt werden. „Shampoo! Lang nich’ gesehen, eh?“ Aufgeschreckt schoss das Mädchen in die Höhe, verwandelte den Sprung in einen geschickten Salto und kam gefechtsbereit auf. Ein Grollen verließ ihre Kehle, als sie mit dem Bonbori auf den Gnom deutete. „Shampoo wollen Rache! Shampoo schlagen!“ Der Großmeister legte hierzu den Kopf schief und lächelte unschuldig. „Aber, aber Shampoo. Warum sollte ich dich denn schlagen wollen?“ Die Amazone knurrte verdrossen. Wie sie diese Sprache doch hasste. Kaum öffnete sie den Mund, kam irgendein Quatsch hervorgesprudelt und führte zwangsläufig zu Missverständnissen. Dabei war sie alles andre als dumm. Aber erkläre das mal jemandem, wenn dich bereits die Erklärung dumm klingen lässt. „Hiya!“ Ihr Bonbori hämmerte ins Dach und Happosais Füße gegen ihren Hinterkopf. Daraus resultierte, dass Shampoo einen Überschlag und eine Bruchlandung machte. Schmollend und mit erhobenem Hinterteil lag sie in einem Debakel, das man nur nach Abstrichen als Dach bezeichnen konnte. Happosai paffte derweil vergnügt an seiner Pfeife und genehmigte sich einen Grabscher ans junge Hinterteil der Amazonin. Ihr wenig ansehnlicher, dafür umso effektiverer Eselstritt brachte ihn immerhin auf Distanz. „Fang mich, fang mich! Yahahahaha!“ Und mit dieser Bitte um Prügel schoss der Großmeister des Musabetsu Kakuto Ryu davon, eine kleine Chinesin mordlüstern auf den Fersen. Wo immer der Alte kurz verharrte, schlug ein Bonbori mit der Wucht einer Kanonenkugel ein und erbebten die Betten samt Besitzer darunter. Trotzdem sahen die Bewohner der geschändeten Häuser tunlichst davon ab, sich zu beschweren. Das wäre höchst unklug, wer weiß, man könnte eine Antwort bekommen und noch dazu VON OBEN. In Nerima kommt nämlich nur selten etwas Gutes, sei es Regen, Schutt oder Kampfsportler. Im Vorbeilaufen griff Shampoo die geworfene Eisenkugel auf und schleifte das enorme Gewicht hinterher, ehe sie den Bonbori vor dem Absprung überkopf hob. Erneut zielte sie und am Zenit ihres Sprungs schleuderte sie die Waffe auf den Greis. Flink wie eh und je wich Happosai mit einem schnellen Vorwärtsschritt aus. Auf dem erzeugten Wind – der verdrängten Luft zum Dank - ließ der Alte sich sogleich zum nächsten Dach tragen. Dass er dabei ein heiteres Gackern in die Nacht entließ, besänftigte Shampoo nicht wirklich. Sie war nicht die beste Kriegerin ihrer Generation, um von diesem Zwerg zum Narren gehalten zu werden! Sie würde dem Unterwäschegnom Mores lehren und davon farblich abweichend, grün und blau prügeln. Immer vorausgesetzt, er fiel ihr sprichwörtlich in die Hände. In dieser Facon verlief die Verfolgungsjagd über mehrere Dachgiebel hinweg. Happosai tänzelte über die Ziegel, Shampoo zerschmetterte sie. Das Mädchen warf ihre Bonbori, der Greis wich aus. Es war ein Katz-und-Maus-Spiel. Leider war die Maus in dieser Variante des Spiels verdammt wendig und keinesfalls bereit sich ihrer Strafe zu stellen. Die Katze dahingegen watschelte auf viel zu großen Pfoten hinterher und patschte entnervt nach ihrer Beute. Unerwartet hielt der alte Mann an, vollführte einen Seitwärtsschritt und entging der Eisenkugel, die Shampoo vorausgeschickt hatte. Mit der Zweiten hieb das Mädchen simultan zu ihrer Landung auf den Greis ein, der die Attacke am Pfeifenkopf abgleiten ließ und ins Dach schickte. Bevor das Mädchen irgendwie reagieren konnte, heftete sich Happosai bereits an ihre Oberweite und vergrub sein verschrumpeltes Köpfchen dazwischen. Shampoos entsetzter Wutschrei stachelte ihn förmlich an, die Kopfnuss dahingegen beendete seine Untriebe. Bevor das Mädchen ihre Waffen wiederaufnehmen konnte, tippte sich der Alte bereits an die Stirn und katapultierte sich eiligst über die Dächer hinweg. War er vorhin eine flinke Maus gewesen, so war er jetzt eine flinke Maus, deren Schwanz in Flammen stand und die einen gehörigen Appetit auf Käse verspürte. Das Mädchen seufzte und plumpste auf den Hosenboden. Für heute hatte die Jagd keinen Sinn mehr. Wenn der Alte einen auf Ernst machte, war es nahezu unmöglich mit ihm gleichzuziehen. Weder im Kampf noch in der Geschwindigkeit brachte sie das zustande. Ihre Urgroßmutter hätte eine gesunde Chance dem Perversen eins auszuwischen, tat es aber nicht. Sie um ihre Hilfe zu bitten, hätte ebenso wenig Sinn. Schließlich war es Cologne selbst, die ihr den unseligen Auftrag erteilt hatte: Fang Happosai. Damit blieb ihr nichts übrig, als dem Übel jeden Abend aufs Neue ins Auge zu sehen. Sicher, es war ein solides Training, aber auf das Gegrabsche konnte sie nun wirklich verzichten. Mousse schlich über die Dachschräge, behutsam niemanden zu alarmieren. Sobald er im Besitz des Zielobjekts war konnte ruhig die Hölle losbrechen, doch vor der Sicherstellung wäre das äußerst unpraktisch. Der Meister der versteckten Waffen lächelte versonnen. Das erinnerte ihn an seine Zeit im Amazonendorf. Dort war es nicht untypisch für die Jungs sich im Frauendistrikt herumzutreiben, ohne Genehmigung versteht sich. Nur selten blieb dabei der Besuch einer heißen Quelle aus – und nur sehr, sehr selten ging es dabei um die Körperhygiene. Hach ja, schöne Erinnerungen. Ein Auffrischen des Windes holte ihn in die Gegenwart zurück. Davon abgesehen, dass er sich auf dem Kuno-Anwesen befand, sah dieser Auftrag eigentlich ganz leicht aus. Den Schatz finden und sich klammheimlich davonmachen. In der Mädchenumkleide hatte er schlimmere Ängste ausgestanden und das Lynchen danach hatte die unschönere Seite der Nostalgie wachgerüttelt. Es sei gesagt, die Nostalgie ist ein Morgenmuffel und kein Kaffee der Welt kann sie besänftigen. So betrachtet war es schon erstaunlich. Egal wie zivilisiert sich die japanischen Mädchen gaben, in den Tiefen ihrer Herzen waren sie dennoch waschechte Amazonen. Letztlich war es nämlich egal, ob du von einem Kampfstab oder einem Besen getroffen wurdest – beides ließ dich wünschen, nie entdeckt worden zu sein. Der Teich unter ihm plätscherte und Midorigame, das Hauskrokodil der Kunos, beäugte den flinken Happen gierig. Wahrscheinlich hatte sich heute noch keine Nachbarskatze hierher verirrt. Mucksmäuschenstill trippelte Mousse weiter und erstarrte. Hätte er keine Maske getragen, so wäre die Welt Zeuge eines überbordenden Grinsens geworden. Da hing der ‚Schatz’ an einem Wäscherad außerhalb eines Fensters, perfekt zugänglich vom Dach aus und unschuldig in einer Brise schaukelnd. Das war ja schon zu einfach - kein Wunder also, dass es so nicht blieb. „Welcher Narr wagt es, die Ruhe eines Kunos zu stören?“ Der Unterwäschedieb in Ausbildung rieb sich irritiert den Nacken. Sollte er zu dieser Aussage ernsthaft Stellung nehmen? Wer von ihnen beiden der größere Narr war, dürfte ja wohl klar sein! Selbstüberzeugt und mit flatternder Robe schwang Mousse herum. Der Kendoka stand seinerseits im Licht des Mondes und ein Bokken ruhte mit irreführender Lässigkeit auf seiner Schulter. Kuno lächelte überlegen und reckte die Nasenspitze. „Finsteres Gesindel wie deinesgleichen scheint es vorzuziehen, die Kunst der Rhetorik dem Adel zu überlassen. Eine weise Entscheidung Assassine.“ Mousse verdrehte die Augen. Das einzig finstere hier war der Zustand in Kunos Oberstübchen. Der Chinese ließ sich ja vieles nennen. Angefangen bei Tellerwäscher über dumme Ente bis zu Ente süß-sauer war alles vertreten. Zum Attentäter degradiert zu werden, wurmte Mousse dann doch. Amazonen töten aus Stolz, Können oder weil sie einen schlechten Tag hatten – aber niemals töteten sie für Geld. Vielleicht musste mal jemand Kuno eine Lektion erteilen? Mousse bereitete ein paar Ketten samt Gewichten vor. Die Sache würde ganz schnell gehen. Kuno war zwar nicht schlecht, aber hier in Nerima war er ein Würstchen – Rasendschnell peitschten die Ketten auf den Anführer des Kendoclubs zu. In Kürze würde er verschnürt und bewegungsunfähig herumrobben und seine schlechte Poesie verbreiten. Unerwartet huschte der Schatten eines Schwertes durch die Luft, die Ketten rasselten in zehn Zentimeterstückchen zu Boden. - oder vielleicht hatte dieses Würstchen noch seine Beißerchen. Der Blaue Donner der Furinkan Oberschule bedachte seinen Gegenspieler mit Verachtung und zusammengerückten Augenbrauen. Tatewaki Kuno war über alle Maßen missgestimmt. In Gedanken hakte der Schwertkämpfer die Ärgernis-Liste ab: 1. Er schätzte es nicht, wenn Fremde sein Eigentum durchquerten. 2. Er schätze es sogar noch weniger, wenn ebendiese Fremden es nicht einmal für nötig erachteten, ihn um Erlaubnis zu fragen. 3. Er schätze es überhaupt nicht, wenn besagte Fremde ihn auf seinem Eigentum so unerlaubt wie ungefragt angriffen. In einer hinterhältigen Bewegung schleuderte ihm der düstere Geselle mehrere Wurfgeschosse entgegen. Doch beileibe, WAS für Wurfgeschosse das waren! Ein Schwadron an Melonen bewegte sich auf direktem Kollisionskurs zu ihm. Eingangs schon hatte ihn sein Gegner damit überrascht. Da warf dieser Irre doch glattweg Melonen nach ihm, an diese er wiederum irrigerweise Ketten befestigt hatte! Wie konnte man nur eine derartige Obsession zu diesen Teufelsfrüchten hegen? Ihm, dem glorreichen Erben der Kunolinie, waren Melonen ein Graus. Seit seiner Trainingsreise auf die sagenumwobene Meloneninsel weckten diese grünen Biester Gefühle der Raserei in ihm. Er musste sie förmlich zerhacken und spalten bevor er Ruhe fand. Gerade am Strand gestaltete sich dieser Reflex manchmal unangenehm. In einer rasanten Bewegung holte er die sechs Melonen aus der Luft. Überraschenderweise erwiesen sich die bösartigen Vitaminkugeln als so stur, dass sie sich tief ins Holz des Bokkens bohrten. Fürwahr, dass waren Höllenkreaturen, gewiss mit dem Zauberer Saotome und seinem Lakaien Hibiki im Bunde! Der Verhüllte kannte keine Rast und förderte alsbald blitzenden Stahl aus dem weiten Ärmel zu Tage. Kuno konnte nur lachen und hob die Nase noch ein wenig höher. Ihn, den Meister der Klinge, in der Schwerkunst herausfordern, glich dem Versuch einen Vogel im Fliegen zu übertrumpfen. Es war Irrsinn. Die Erheiterung fiel von Tatewaki ab. War es denn zu fassen? An der Spitze des Schwertes lauerte doch wahrhaftig eine weitere Melone. Wutentbrannt blockte der Kendoka den Schwerthieb von Mousse mit dem Bokken und ließ sich auch von der Physik nicht in die Suppe spucken. Er spuckte selbst rein und zerbrach den Teller kurzerhand überm Kopf der Naturgesetze. Das eiserne Schwert fiel zweimal zu Boden. Erst kam die Schneide auf, dann rutschte das Heft aus der Hand des Fremden. Taktischer Rückzug! Das lief überhaupt nicht wie geplant. Kuno sollte ein einfältiger und mindestens so unfähiger Samurai der Moderne sein. Es war nie die Rede davon gewesen, dass er von Tatewaki Prügel bezog! Diese Schmach würde er niemals überleben – vorausgesetzt er überlebte Tatewaki. Der wandelnde Witz Nerimas konnte nur Glück gehabt haben, alles andere war ausgeschlossen! Kuno war nicht gut, er hatte einfach nur Glück und davon zuviel. „Elender! Du wagst es mich mit jenen grünen Dämonen zu bewerfen? Und wäre dem nicht genug der Schande, da entehrst du die Klinge deines Schwertes durch die Trophäe eines dieser Teufel?“ „Huh?“, antwortete Mousse intelligent. Sofort durfte er einem Schwertschlag ausweichen. Eins ums andre Mal sprang er zwischen den Hieben hin und her. Kuno war gnadenlos in seinem Ansturm. Ein besonders aggressiver Hieb Kunos zwang Mousse dazu sich nach hinten zu lehnen. Genau das tat er dann auch und verlor in der Eile des sprichwörtlichen Gefechts das Gleichgewicht. Ohne den Zuckerguss jeder Grazie landete er auf den vier Buchstaben. Und der Bokken raste auf ihn zu. Unter anderen Umständen hätte er gelacht. Hey, es war schließlich nur ein Holzschwert. Allerdings war es ein Holzschwert, das sich nicht an die physikalischen Gewohnheiten von Holz gebunden fühlte. Es zerbröckelte Wände wie Konfetti! „Takazume Ken!“ Die Stahlklauen an Mousses Schuhen trafen auf den Bokken und hielten ihn für zwei Wimperschläge in Schach. Diese wenigen symbolischen Körnchen in der Sanduhr der Zeit genügten, um sich schwungvoll vom Holzschwert abzustoßen, wegzurollen und irgendwie auf die Beine zu gelangen. Erschöpft torkelte der Unterwäschedieb in Ausbildung seitwärts und schüttelte benommen den Kopf. Dabei hatte er noch gedacht, dass das locker werden würde. Stattdessen rang er hier um sein Leben und stand einem nahezu unbesiegbaren Trottel gegenüber. „Warte mal.“ Hinter der Maske verengten sich seine Augen zu Schlitzen und seine Lippen formten eine niederträchtige Linie. Wer verlangte eigentlich von ihm, dass er den Holzkopf bezwang? Besagter Holzkopf lächelte überlegen. Ein Kuno war ein Samurai und als solcher dem Bauernvolk überlegen. Tatewaki wusste das, er war schließlich kein Idiot. Dennoch überraschte selbst ihn die Leichtigkeit, mit der er den Dieb zurechtstauchte. Es war ein erhebendes Gefühl, einem Schuft den Platz in der Welt zu weisen. „En garde!“ In einer nahezu unsichtbaren Bewegung raste Kunos Bokken nieder – und verfehlte knapp! Das Phantom war linkisch ausgewichen und hatte einen Stab hervorgezogen. Gedachte dieser Unhold ihn, Tatewaki Kuno, damit auf Distanz zu halten? Lächerlich. Das Lachen wurde dem Kuno-Erben auch diesmal empfindlich verleidet. Erneut drohte ihm der Fremde mit einer Melone, diesmal auf der Spitze des besagten Stabs. Tatewaki Kuno würde sich nicht verspotten lassen, niemals! Unbarmherzig donnerte sein prächtiger Bokken gegen die scheußliche Höllenfrucht. Wie sehr er es doch genoss, dieses Geräusch berstender – Tonscherben? Verdattert stolperte Kuno zurück, doch der grüne, stinkende Rauch umwallte ihn innerhalb kürzester Zeit und ließ ihm keine Chance zur Flucht. Dieser Feigling gedachte ihn mit Tricks hinzuhalten? Schnelle Füße hasteten an dem Oberschüler vorbei und dieser hieb blindlings in die wabernde Wolke, erwischte aber nichts. Wutentbrannt folgte Kuno dem Trampeln der Füße und stürmte geradewegs aus dem Rauch heraus. Und da lief er, der Übeltäter und näherte sich dem offenen Fenster zum Haus! Wollte dieser Flegel einbrechen, wollte er sie berauben, wollte er – Kuno kniff die Augen zusammen und riss sie weit auf. Der Fremde wollte das geschätzte Mieder seiner weniger geschätzten Schwester entreißen; welcher Frevel! Er musste dem Unhold Einhalt gebieten! Der Bokken rutschte zu Tatewakis Seite und der Fuß des Kendoka vor, dann griff er an. Es waren wenige Meter, die ihn von dem blöden BH trennten. Es hätten ebenso Meilen sein können. Unvermittelt explodierten Schindeln zu seiner Linken und Rechten. Im Stakkato verabschiedete sich der obere Belag des Dachs und aus allen Richtungen regnete es Schrapnell auf ihn. „Oh verdammte - “ Der erste Treffer hämmerte ihm die Luft aus dem Mund, der zweite riss ihn mit dem Stil eines gerupften Hähnchens nieder. Fassungslos verfolgte Mousse wie der Luftdruck Löcher in die Hausfassade stanzte. Es glich einem Wunder, dass nur der BH am Wäscherad unberührt blieb. Vielleicht zeigte das Schicksal aber auch nur seine Zunge? Das Knirschen von Sandalen rüttelte seinen Überlebensinstinkt wach und so rollte er schleunigst zur Seite, als der Bokken wenige Zentimeter neben ihm einschlug. Er war ja so was von tot! Kuno schien diese Zielsetzung mit dem Eifer eines Kreuzritters zu verfolgen. Mousse dagegen fiel es schwer sich als Entenbraten mit Apfel im Schnabel vorzustellen. Außerdem würde der Dampf seine Gläser beschlagen, nicht, dass er dann noch irgendeinen Nutzen für eine Sehhilfe hätte. Einem Racheengel gleich hob Tatewaki die Waffe empor und Mousse musste hinter der Keramikmaske schlucken. Klar hatte er dem Tod schon mehrfach ins Gesicht gesehen, bei seiner Sicht war er wahrscheinlich mehrfach an Gevatter Tod vorbeigelaufen! Doch so grauenhaft die Situation war, ärgerte ihn trotzdem eines. Statt an seine Walküre, seinen kriegerischen Engel, seine Inspiration zu denken, trudelte ihm nur das Wort ENTE durch den Kopf. Eine Ente, zwei Enten, drei Enten… Anscheinend konnte nicht mal sein Tod ehrenhaft verlaufen. Wenn der Quatsch zumindest eine Bedeutung hätte, könnte er sich ja mit dem weißen Gefieder im Kopf abfinden. Aber was war der Sinn von Enten, wenn ein selbstgerechter Wahnsinniger über einem lauerte? „Nimm’ das Lüstling!“ Ente, Ente, Ente, Ente. Ente? Plötzlich begriff er. Ente! „Hakucho Ken!“ Blitzschnell schoss der Nachttopf vorwärts und rammte gegen den Bokken. Im nächsten Moment zerbrach die Keramikente in hunderte Stücke und Mousse befand sich nach einer Rückwärtsrolle zwei Meter entfernt von Kuno. Der Kendoist aber war beharrlich. Wie radotierte er nicht immer so schön? Die Rache des Himmels war langsam, aber sicher. Mal sehen, ob er daran nichts ändern konnte. Einen Versuch war es schließlich wert. Entschlossen stürzte Kuno auf ihn zu und holte zu einem vernichtenden Schlag aus. „HARISEN!“ Die Attacke war so schnell, dass kaum ein Schimmer im Mondschein aufblitzte. Umso greller sprangen die Funken, als der Schwerthieb abgelenkt wurde. Der Anblick hatte etwas von einem Sägewerk, trockenem Holz und einer echt miesgelaunten Säge. Unbeirrt tänzelte die Klinge des Kendokas ihren Reigen. Der Schwertstreich war abermals ein Schemen und pfiff durch die Luft; ein weiteres Mal wurde er knapp abgefangen. Die Funken erhellten die Nacht wie ein kleines Feuerwerk und Kuno kniff angestrengt die Augen zusammen. Welche düstere Magie war das, die der Dieb sein Eigen nannte? Besagter Dieb ging gebückt auf Distanz. Tatewaki schnaubte. Ein Kuno würde sich von solchen Taschenspielertricks nicht beeindrucken lassen. Ganz im Gegenteil: Er würde das Gesindel beeindrucken! Bevor der tapfere Schwertkämpfer Taten auf Worte folgen lassen konnte, kam ihm der Vermummte entgegen – und zwar mit einem Schwarm an Melonen, die auf ihn zurasselten. Souverän hieb der Oberschüler das widerliche Grünzeug aus der Luft und wässerte das geplagte Dach mit fiktiven Vitaminen und imaginärem Fruchtfleisch. Unerbittlich hackte er auf die Teufelsfrüchte ein bis der Ansturm unvermittelt versiegte. Als er stolz von seinem Werk aufsah, fehlte das erwartete Publikum und nebenbei das Fruchtmassaker zu seinen Füßen. Wie konnte das aber sein? Missmut zeichnete ihn, als er zum verteidigten Schatz spähte. Leider blieb nicht viel zum Spähen, da der Schatz inzwischen fehlte. Der Erbe der Kuno-Linie war geschlagen worden – ohne geschlagen worden zu sein. Mousse lachte ungläubig und achtete darauf leise zu lachen. Kuno hatte sich allen Ernstes davon ablenken lassen? Während der Trottel Ketten aus der Luft schlug, hatte der Chinese ein leichtes Spiel gehabt und den Büstenhalter in seine Gewalt gebracht. Obwohl es absurd klang, musste er dem Tölpel sogar dankbar sein. „Harisen“, summte er vergnügt. Er hatte eine brandneue Technik im Arsenal UND was für eine! Wer hätte für möglich gehalten, dass er aus der alten Hakucho Ken noch was machen könnte? Doch so wie steter Kampf den Körper schult, so scheint der Verstand früher oder später – nach einigen Startproblemen und gezielten Tritten - nachzuziehen. Und es stank nicht mal nach verbranntem Gummi! Es war jetzt soweit, dass die Erschöpfung ihm die Beine wegzog und er aufs Hinterteil plumpste. Seine Arme waren schwer wie Blei und das war nicht, weil er Blei im Ärmel trug. Mühsam rückte er die Maske hoch. Er war dem Verfechter schlechter Lyrik und zertretener Poesie mit Müh und Not entkommen. Weder Keramik noch Metall hatten den Schlägen Tatewakis widerstehen können, die Harisen aber hatte es vollbracht. Eigentlich war die Harisen nur eine abgewandelte Hakucho Ken. Statt wie ein Vogelschnabel zu pieken, schlug er wie mit einem Flügel. Das Resultat konnte sich allerdings sehen lassen! Die verdrängte Luft hatte den Bokken erfolgreich auf Distanz gehalten und wie ein dünner Schutzfilm verhindert, dass die vernichtende Gewalt des Schwertesschlages den Nachttopf zerbrach. Mousse rückte die Brille zurecht. Erst die Happodai Karin und jetzt die Harisen – sein Training trug endlich Früchte. So zufrieden war Mousse, dass er sich für die Dauer eines Augenblicks selbst vergaß. Als Resultat lachte er schallend und wie ein drittklassiger Bösewicht in die Dunkelheit. Das war genau der Augenblick, in dem eines der ungeschriebenen Gesetze Nerimas fasste, die Zahnräder in Schwung und die Schicksalsmaschine zum Laufen brachte. Das Gesetz trägt den unbeeindruckenden Namen: Schlechtes Lachen. Damit ist nicht gemeint, dass eine Person besser als eine andere lacht. Lachen ist tolerant und wie allseits bekannt ansteckend. Lachen kann dafür sehr böse klingen und wer sehr böse lacht, der lacht nicht sehr lange. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Dauer des Gelächters mit der Gefährlichkeit des Helden korreliert, der den Bösewicht in seine Schranken verweist. Dabei ist es vollkommen egal, ob man wirklich böse ist oder lediglich so tut. Unähnlich dem Lachen, hält die Gerechtigkeit nur bedingt etwas von Toleranz. Eine massive Explosion von Dachziegeln und Holzbalken unterstrich die These zweifach und setzte ein Ausrufezeichen dahinter. Geistesgegenwärtig klappte der Amazone die Maske zurück, ehe drei Wurfmesser im Schatten seines des rechten Ärmels aufblitzten. Wo war der Angreifer? Ein Kampfschrei von oben erregte seine Aufmerksamkeit und er ruderte kurzatmig nach hinten. Wie eine Walküre stürzte Shampoo auf ihn hernieder. Ihr verbliebener Bonbori grub sich vor die Füße des Unterwäschediebs. Der Drall der Attacke hob ihn auch sogleich von diesen und warf ihn zurück auf den Hintern. Die exotische Schönheit erhob sich mit katzenhafter Grazie zu voller Höhe. Ihr Haar zog wie eine Myriade glänzender Schwerter hinterher und wirbelte zornig in einer Brise auf. Shampoo sah zum Sterben schön aus. Er hatte nur eigentlich nicht vor den Löffel abzugeben – und auch keines seiner Schwerter, Messer oder Jo-Jos. Seine Verehrteste sah zudem nicht so aus, als wäre sie in Schmuselaune. Sie wollte ihn viel eher serviergerecht kurz und klein hacken! „Wer du sein? Shampoo nicht kennen!“, fauchte das Mädchen und deutete mit ihrem Bonbori auf ihn. Der Chinese öffnete den Mund, haderte, klappte ihn zu. Dann überlegte er. Wenn sie seine Stimme hörte, wusste sie wer er war. Wenn sie wusste wer er war, wäre sie höchst unerfreut. Wenn sie höchst unerfreut war, würde er für die nächsten Monate in keinem Zustand für ein Duell mit Saotome sein. Das Teufelchen auf der rechten Schulter gratulierte ihm zu dieser Einsicht, der Engel auf der linken Schulter atmete erleichtert auf und reichte dem Teufel die Hand. Mousse verlagerte sich auf ein Schulterzucken. „BH!“, intonierte das Mädchen unerfreut. Fragend legte er den Kopf schief. „Nicht deiner sein.“ Mousse folgte Shampoos Gletscherblick und starrte auf den schwarzen Büstenhalter in seiner Hand. Er schluckte tief und spähte zu seiner Angebeteten. Wie gerne würde er die Sache erklären, wenn er a) nur reden dürfte und b) eine Ahnung hätte, was er sagen sollte. So aufgewühlt war er vom Erfolg der Mission gewesen, dass er glatt vergaß den BH wegzustecken. Jetzt bekam er die Rechnung dafür und die Kassiererin war äußerst ungehalten. Soviel wurde ihm klar, als Shampoo auf ihn zufegte. Soviel wurde ihm umso klarer, als sie den zweiten Bonbori im Galopp aufhob. Soviel wurde eindrücklich klar, als sie nach ihm schlug. Zum Glück entging er dem Hieb. Zum Pech setzte das Mädchen nach und schleuderte eine ihrer Waffen in seine Richtung. Diesmal wirkte sich die Erschöpfung gravierend aus, er geriet ins Straucheln und nahm einen blauen Fleck von der Größe Südamerikas mit auf die Reise. So taub wie Jungendlicher nach einem Metall-Konzert hüpfte sein Körper übers Dach und kullerte die Schräge runter. Die Regenrinne war so liebenwürdig ihn vor einem 5-Meter-Sturz in einen Dornenbusch zu bewahren. Mousse war gelinde verwirrt. Die Spatzen, die gegen seine Maske piekten – er lag mit der Nase in ihrem Nest - schafften dem keine Abhilfe. Der Meister der versteckten Waffen achtete nicht weiter darauf. Er war zu sehr damit beschäftigt zu allen bekannten Göttern zu beten. Sicher, von Religion hielt er nicht viel, doch so eine Nahtod-Erfahrung besaß selbst auf ihn eine unleugbare Überzeugungskraft. Die Joketsuzoku-Kriegerin grinste hämisch. Es war ungemein erfrischend, wenn man nach einigen beschämenden Niederlagen auf ein schwaches Ziel traf. Bei ihrer ersten Begegnung hatte sie den Fremden fälschlicherweise für ein mögliches Problem gehalten. Das er sich stattdessen als Schwächling entpuppte, kam ihr ganz recht. Was machte der da? In der klassischen Dreh-dich-um-da-ist-was-ganz-ehrlich-Manier deutete der Vermummte hinter sie. Shampoo konnte nur verächtlich schnauben. Wer fiel schon auf solche Kinderspielchen rein? „Shampoo!“ Dem Mädchen gingen die Augen über, als sich der kleine Perversling an ihr Hinterteil heftete. Empört schlug sie nach hinten, doch der Großmeister wich meisterhaft aus und fand sogar noch genug Zeit, seine faltige Wange an Stellen zu reiben, wo sie nichts zu suchen hatte. Resolut ließ sich die Amazone nach hinten fallen. Deprimiert ließ Happosai los, wich zurück, zog ein Augenlid herab und präsentierte seine Zunge. „Bäh! Sowas von gemein.“ Nach einem letzten Schniefen sprang er vom Dach. Der Bonbori verfehlte ihn übrigens. Erhitzt von der Begegnung der abartigen Art wirbelte Shampoo herum und freute sich schon auf die bevorstehende Abreibung – jetzt fehlte nur das geeignete Opfer. „ARGH!“ Ukyo thronte auf der Mikrowelle. Das hatte zwei Gründe. So besaß sie einerseits einen guten Überblick über die Küche und andererseits verhinderte sie damit, dass Akane sich an besagter Mikrowelle vergriff. Leider funktionierte diese Methode nicht ganz so gut beim Herd, dem Messerblock oder dem Wasserkocher. Akane hatte sogar den Toaster zum Explodieren gebracht! Das Mädchen war nicht am Kochen, sie war am Kämpfen! Die Küche war in ihren Augen nur ein Schlachtfeld und die verdorbenen Zutaten – besagte Zutaten waren interessanterweise erst nach Kontakt mit Akane verdorben – stellten die Gefallenen dar. Sie rochen jetzt sogar vergleichbar. Kasumi hatte beim Abendessen vorgeschlagen, dass Akane doch mal Curry kochen sollte. Angeblich beherrschte die jüngste Tendo immerhin ein Gericht und dass wäre ebendieses. Wie sich Ukyo zeigte, war BEHERRSCHEN nicht ganz der Terminus, den sie selbst verwendet hätte. Denn wenn man ein Rezept beherrscht, passieren einem nur selten Fehler. Wie etwa Chili mit Rattengift zu verwechseln… Die Augen der Puppe verengten sich und sie hob gelangweilt eine Spathula. Rasendschnell kam die Bedrohung näher, schoss heran wie eine Schlange und spreizte ihre Finger wie Kiefer – ehe Ukyos Miniaturspathula gegen die Knöchel donnerte und Akane aufheulte. Zornig blinzelte der Blauschopf auf. „Warum denn jetzt wieder?“ Ukyo deutete vielsagend auf einen Karton, randvoll mit weißem Puder. „Ja und? Das ist doch Salz!“ Ukyo hob mokierend eine Augenbraue und deutete nochmals auf den Karton. „Was denn? Das steht doch – oh, Zucker.“ Ukyo seufzte gequält und vergrub das Gesicht im Handteller. Akanes nächsten Vorgriff beendete sie trotzdem gekonnt mit einer Spathula. Shampoo riss die Hintertür zum Nekohanten auf. Sie war zu wütend, um leise zu sein. So war es kein Wunder, dass sie kurzum vom Gelächter ihrer Urgroßmutter empfangen wurde. Die alte Dame saß auf einem Stuhl im Gästeraum, paffte ihre Pfeife und grinste bis über beide Ohren. „Kein-Wort“, grollte die Amazone lakonisch und stapfte die Treppenstufen hoch. Das seltsame Grinsen auf den Lippen Colognes fiel ihr daher gar nicht auf. Auf der obersten Treppenstufe verharrte das Mädchen, ballte eine Faust und fauchte, dass es die böseste und nasseste Straßenkatze vor Neid erbleichen hätte lassen. Dann trat sie vor die unscheinbare Tür, hob die Hand – und klopfte sacht. Von drinnen her rumpelte es hektisch. Einige Ketten klirrten und irgendetwas sehr schweres fiel polternd zu Boden. Es folgte ein Fluch, ein weiteres Poltern und ein abschließendes Klirren. Ein etwas zerzauster Chinese öffnete die Tür und stutzte. „Sh-Shampoo! W-Was für eine schö-schöne Überraschung.“ Das Mädchen stutzte nicht minder. Hier stimmte etwas nicht. Seit wann fiel ihr der Idiot NICHT sofort um den Hals? Kritisch beäugte die Schönheit ihren Kindheitsfreund, der nahezu über sich selbst stolperte und in den Raum zurückwich. Na ja, was soll’s? „Mousse haben Ketten für Shampoo?“ „Huh?“, entgegnete der Junge und legte den Kopf schief. „Ketten für Shampoo“, drängte das Mädchen und kniff die Augen zusammen. Sie wurde allmählich ungeduldig. Gerne hätte sie es auf bewährte Amazonenart gemacht, aber sie benötigte Qualität und da war Mousse leider der geeignete Ansprechpartner. „Ketten? A-Aber natürlich. Ich habe welche aus Gold, Silber…“ „Eisen!“, protestierte das Mädchen. „A-Aber Shampoo, Silb-urgh!“ Die zierliche Faust entfernte sich aus Mousses Bauchraum und der Jugendliche hustete heiser. Das Gesetz der Schwerkraft schlug ihm kumpelhaft auf die Schulter und er fiel atemlos zu Boden. Shampoo seufzte und kniete sich hin. Sie musste jetzt alle Kraft zusammennehmen. Das würde echt schwer werden. „N-Nicht dummer Mousse, du haben Ketten für Shampoo? Für Bonbori?“, flötete das Mädchen und quälte sich ein zuckersüßes Lächeln ab, das einen lawinenartigen Insulinschock bewirkte. Und so wie der Flügelschlag eines Schmetterlings zu einem Tornado am anderen Ende der Welt führen kann, so verzettelte sich irgendwo in England ein Adeliger bei seinem Tee und fluchte über sieben Löffel Zucker. Mousse rieb sich geistesabwesend den Bauch. Weit ernsthafter als vor fünf Sekunden kam er auf die Beine und tapste zum Kleiderschrank. Behutsam trat er zur Seite und bedeutete Shampoo dort zu bleiben wo sie war. Dann öffnete er den Schrank und eine Flut aus Metall ergoss sich aufs Parkett. Für einen Moment war Shampoo sprachlos. Ihr Blick wanderte fassungslos von dem Berg an Waffen zu ihrem Kindheitsfreund und zurück. Sie kam sich vor wie unterm Christbaum! „Das sehr – viel“, komplimentierte die junge Dame mit aufrichtigem Erstaunen. Unter dem Lob färbten sich Mousses Wangen rot und er rückte etwas näher zu Shampoo – die ihn sofort niederstarrte. Mousse ging wieder auf Abstand. „Welche gut?“ Mit Kennermiene beugte sich der Junge über das Waffenarsenal und kramte geschäftig darin herum. Ein paar Schuriken flogen und bohrten sich in Wände, ein Breitschwert segelte haarscharf an Shampoo vorbei – selbst die abgebrühte Amazone wurde dabei blass – und ein paar Jojos rollten zwischen ihren Beinen hindurch. „Da ist es ja!“ Verschreckt sah das Mädchen auf. Ihr Verehrer hielt ihr stolz ein Paar glänzender Ketten unter die Nase. An seinem glühenden Gesicht und dem schweren Atmen war klar erkennbar, dass es sich nicht um die leichtesten Exemplare handelte. Pah, aber das störte sie nicht. Als Amazone kamen nur die härtesten aller Herausforderungen in Frage. Selbstzufrieden nahm sie die Ketten entgegen, wog sie und bedachte sie kritisch. Ein Lächeln blühte auf ihren Lippen und ihre Finger spannten sich ums Metall. „Sh-Shampoo?“ „Hm?“, schnaubte das Mädchen. „Wofür brauchst du die eigentlich?“ Kurz zögerte das Mädchen. Ihr folgendes Grinsen war dafür umso beängstigender. „Ungeziefer“, säuselte sie und feixte. „Für Ungeziefer.“ <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Ein kleiner Glossar zum besseren Verständnis: Piccolet Chardin III.: Dieser junge Mann stammt aus dem Haus der Chardins und ist seines Zeichens Meister der französischen Kampfküche. Das klingt nicht nur lachhaft, dass ist es auch. Ranma verging seinerzeit allerdings das Lachen, als ihn Piccolet untern Tisch aß. Diese Familie weist nämlich die Besonderheit auf, über extrem breite und elastische Münder zu verfügen. Näheres ist nachzulesen in Band 16 des Mangas. Dragon Ball Z: Der wohl populärste Manga aller Zeiten aus der Feder Akira Toriyamas. Der Hauptcharakter Son Goku kämpft hierbei gemeinsam mit seinen Freunden gegen Gegner, die geradezu STEROIDE schreien. Ein Feuerwerk der Muskeln und KI-Bälle. Die Melonen-Insel: Die Melonen-Insel gilt als legendärer Trainingsort für Schwertkämpfer. Als Kuno diese Insel aufsuchte, verlor er dort zwar sein Gedächtnis, erlernte aber eine nahezu unbesiegbare Schwerttechnik. Mit dieser Technik konnte er seinen Feind Ranma nicht nur in Schach halten, er wurde zu einer regelrechten Bedrohung für diesen. Näheres ist nachzulesen in Band 19. des Mangas. Takazume Ken: Die so genannten Adlerklauen sind eine Signaturattacke von Mousse. Diese Technik wird in jeder Generation nur einem Schüler der versteckten Waffen gelehrt. Hierbei werden scharfe Eisenklauen an der Unterseite der Schuhe montiert und durch ein kompliziertes Verfahren aktiviert. Auf diese Weise erhält der Verwender die nötigen fünf Zentimeter, um seinen Gegner doch noch eins auszuwischen oder das Steak bequem in kleine Fetzen zu reißen. Ganz wie’s beliebt. Hakucho Ken: Der Schwanenschlag ist eine Angriffstechnik Mousses, bei der er einmal rasendschnell zuschlägt und seine Angriffshand nach erfolgter Attacke im Ärmel versteckt. Grund dafür ist der Nachttopf in besagter Hand, mit dem er seinen Gegner gezielt angreift und – trotz der Lächerlichkeit dieser Attacke – verheerenden Schaden anrichtet, vorausgesetzt er trifft. Harisen: Eine neue Technik Mousses, die auf dem Prinzip der Hakucho Ken basiert. Angetrieben von der Aussicht auf eine Zukunft als Braten, erfand der Meister der versteckten Waffen eine neue Technik. Die Harisen dient zum Parieren von Nahkampfangriffen und ermöglicht es, mithilfe der vom Nachttopf verdrängten Luft jede Art von Schlag abzuwehren – vorausgesetzt man ist schnell genug. Schuriken: Hierbei handelt es sich um fernöstliche Wurfwaffen. Im Westen kennt man sie unter dem Synonym ‚Wurfstern’ oder ‚Ninjastern’. Tatsächlich nehmen diese Projektile allerdings verschiedene Formen an, darunter geschliffene Münzen oder kleine Dolche. Des Weiteren wirft man sie nicht nur, man benutzt sie auch im Nahkampf als Überraschungswaffe. Schöne Grüße, euer Deepdream Hosted by Animexx e.V. 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