Oh Mann, Ryoga! – Eine schamlose Parodie. von Deepdream ================================================================================ Kapitel 13: Training und Tortur. -------------------------------- Akane schlafwandelte zur Schule. Gehen setzt nämlich ein bewusstes Verwenden der Füße voraus, von dem im Fall der jüngsten Tendo nicht auszugehen war. Sie stolperte vielmehr blindlings voran und forderte ihr Glück somit auf Schritt und Tritt heraus. Wand und Weg mit halbgeschlossenen Augen zu unterscheiden, war nämlich schon schwer genug. Wenn auf diesen Augen auch noch der Kampf jedes Partylöwen - Rot gegen Weiß - in die nächste Runde geht und es so aussieht, als ginge Rot durch K.O. in Führung, na ja, dann pokerte man nicht mehr mit dem Glück, sondern mit der Unfallversicherung. Nach den gestrigen Ereignissen war Akanes Zustand allerdings keine Überraschung. Zum einen hatte sie die erstaunlich lebhafte Puppe nicht auffinden können, zum anderen war da die Quasi-Seance, der sie beiwohnen durfte. Am gestrigen Abend war sie jenseits der guten Laune in die Wohnstube getreten, nur damit ihr eine schnauzbärtige Sprinkleranlage um den Hals fiel. Auf ihren verdutzten Blick hin, erläuterte Herr Saotome die Situation. Leider waren ihre Sprachkenntnisse in Sachen Panda arg eingerostet – es bestand also ein Problem in der Verständigung. So war es letztlich an Nabiki hängen geblieben, ihr die Neuigkeiten mitzuteilen. Eine mittelschwere emotionale Katastrophe, Kilos an Keksen und Tausenden beruhigenden Worten Kasumis später, trapste sie in ihr Zimmer, schlug die Tür zu und lag den Rest der Nacht wach. In Gedanken hing sie dem Schicksal ihres Verlobten und ihres gemeinsamen Freundes bis in die frühen Morgenstunden nach. Dementsprechend ermattet, hatte sie morgens in gemeinsamer Runde am neuen Esszimmertisch gesessen. Nebenbei hatte sie in die Essstäbchen gebissen, den Tee auf den Tisch geschüttet und schließlich Herrn Saotome die Reisschüssel zugeschoben. Sie war einfach nicht bei der Sache. Und jetzt stand sie auf dem Schulgelände und vor ihr posierte Tatewaki Kuno in all seiner Herrlichkeit, die er bedauerlicherweise als einziger wahrzunehmen schien. Ihr müdes Grummeln – Übersetzung: Hau’ ab! – deutete er wie üblich anders und eröffnete mit einer imposanten Rede. Leider begrenzte deren Sinn sich für Normalsterbliche auf zwei Zeilen. 1. Ich liebe dich. 2. Geh’ mit mir aus. Zum ersten Punkt würde Akane sagen: Interessiert mich nicht. Zum zweiten Punkt würde sie antworten: Selbst, wenn du der letzte Mensch auf der Welt… In simplen Worten: Nein. „Akane Tendo, dein lieblicher Anbl – bei Gott, du siehst schrecklich aus!“ Die jüngste Tendo stutzte für einen Moment. Alsbald entrückte sie ihre Lippen jedoch zu einem widerwilligen Grinsen. Sie war noch zu müde, um richtig sauer zu werden und aus Tatewakis Mund klang dieser Kommentar dann doch eher komisch. „Danke für die Blumen Kuno.“ „Blumen? Welche Blumen?“ Leider vergaß sie ständig mit wem sie hier redete. Ausgelaugt schlurfte sie weiter, an dem rätselnden Kendoka vorbei und ins Innere der Schule. Ihr stand ein einschläfernder Tag bevor, da war sie sich sicher. Nur gut, dass sie nicht gewettet hatte. Die Wette hätte sie nämlich verloren. … <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Oh Mann, Ryoga! II – Einfach nur göttlich. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Kapitel 13 – Training und Tortur. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Die Charaktere gehören mir nicht, sie gehören Rumiko Takahashi. Da ich weder weiblich noch kleinwüchsig bin, schließe ich, dass sie mir auch nie gehören werden. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> … Mousse gähnte herzhaft. Seit er gestern Nachmittag aus dem Neko Hanten ausgebüchst war, hatte er kein Auge zugetan. Rache kannte keinen Schlaf. Wäre nur schön, wenn er selbiges von sich behaupten könnte. Ein weiteres Mal spannte es seinen Kiefer und beinahe hätte er den Chorus trampelnder Füße überhört. Alarmiert spähte er umher und stählte seinen Blick. Leider brachte das – bei ihm - herzlich wenig und so bemerkte er die flinke Bedrohung erst, als sie ihm freundlicherweise ins Gesicht trat. „Morgen Jungchen!“, trällerte der braune Punkt und hüpfte unbekümmert davon. Der Amazone dagegen kippte hintenüber und starrte himmelswärts, alle Viere ausgestreckt. Für die Dauer einer Sekunde wog er seinen Entschluss nochmals ab. Er könnte jetzt einfach nach Hause zurückkehren, ein paar Teller abwaschen – wobei ein paar eine durchaus vage Größenordnung darstellte – und sich eine gesunde Mütze Schlaf gönnen. Er könnte diesen gesundheitsschädlichen, unformulierten Plan in den geistigen Papierkorb befördern und seinem üblichen Tagewerk nachgehen. Er könnte zur Abwechslung seinen Kopf sinnvoll gebrauchen! Etwas tief in ihm rebellierte und die Gestalt eines Mädchens erschien vor seinem inneren Auge, das gütigerweise keine Brille benötigte. Ihr Anblick glich dem eines Engels, der Harfe mit Hellebarde verwechselt hatte. Mousse atmete tief ein und aus. Um ihretwillen musste er es versuchen! Prompt schnellte er hoch und taxierte die umliegenden Dächer. In der Ferne vernahm er ein widerwärtiges Gackern, dem er sofort nachsetzte. Präzise fanden seine Füße die Dachschrägen und nach kurzem Federn katapultierte es ihn bereits wieder durch die Lüfte. Vor ihm hüpfte ein dunkelbrauner Flummi und er war bestrebt, diesen dingfest zu machen. Allerdings tat er das nicht aus Gründen der Nächstenliebe, somit würde die Horde an Lüstlingsklatschern heute leer ausgehen. Ein verkrüppelter Perversling wäre seiner Zielsetzung hinderlich. Geschickt warf er einige Ketten in die Richtung, die er als die richtige vermutete. Die Ketten knufften die Luft, mehr aber nicht. Der braune Punkt verschwand und noch ehe Mousse sich über dessen Verbleib wundern konnte, knallte ihm etwas in den Rücken. Der Amazone ging unsanft nieder. „Na Jungchen, was darf’s sein?“ Mousse kniff die Augen zusammen. Seine Mission war von außerordentlicher Wichtigkeit. An ihr hing der Ballast seiner Zukunft, baumelte daran wie ein Sandsack unter den Tritten Saotomes. „Meister Happosai - “ „Großmeister Happosai, Jungchen, auf das Groß vor dem Meister leg’ ich wert.“ Mousse rang um Fassung. Irgendwo tief in seinem Inneren fand er sie sogar. „Großmeister Happosai - “, Mousse zwang seiner Zunge das notwendige Sakrileg ab, „ - ich möchte euer Schüler werden.“ Abrupt herrschte Ruhe über den Dächern Nerimas. Deswegen stoppten die Vögel noch lange nicht in ihrem Zwitschern, ebenso wenig hörten Hunde damit auf, Wolken, Passanten und Blumen anzukläffen; sie alle gingen ihrem Tagewerk nur bedeutend leiser nach. Der Rauch kräuselte sich schwerfällig aus dem Pfeifenkopf hervor. Happosai entließ ein Spitzenhöschen samt BH in die Luft und begutachtete sein Rauchzeichen. „Wozu?“, fragte der Alte und grinste. „Der Dämon Saotome muss aufgehalten werden. Es ist meine heilige Pflicht ihn – urgh!“, polterte Mousse bäuchlings auf den Dachschindeln und bekam eine Hieb auf den Hinterkopf. In einem mühelosen Rückwärtssalto hüpfte Happosai vom zuckenden Leib und paffte unbeeindruckt an der Pfeife. „Was für’n Dämon?“ „Ranma! Er griff Shampoo an! Selbst Colonge erkennt ihn als den Bösewicht, der er ist!“, ereiferte sich der sehbehinderte Kämpfer und feilte dadurch etwas an den Tatsachen herum. Ein paar unbedeutende Späne Wahrheit konnten ruhig fallen, seiner Ansicht nach. „Cologne sagste?“, hakte der Greis nach und erntete ein überschwängliches Nicken. „Und dafür willste unter mir trainieren, eh?“ „So hätte ich mir’s gedacht“, stieß der Kämpfer todesmutig hervor. Zugegeben, er ging hier gerade einen Pakt mit dem Teufel – oder dem nächstbesten Ersatz dafür - ein. Aber braucht es nicht ein Übel, um ein zweites auszumerzen? „Mal seh’n Jungchen. Erst hilfste mir ’n wenig.“ Hieß das: Ja, ich werde dich trainieren? Oder: Ja, ich werde dich traktieren? Bei dem selbsternannten Großmeister des Musabetsu Kakuto Ryu konnte beides der Fall sein, wohlmöglich sogar gleichzeitig. Mousse war sich dessen bewusst. Triumph oder Tritte – es gab keine dritte Alternative. Der Lehrmeister im Amazonenlager hatte ihm das eingebläut. Obwohl dieser es eher auf die sinnvolle Verwendung des Wortes ‚Alternative’ und nicht auf die Vermittelung von Lebensweisheiten angelegt hatte. Na ja, was soll’s? Er nahm sich den Spruch dennoch zu Herzen. Daher würde er nicht eher ruhen, ehe Ranma Saotome, Feind aller Frauen, Verführer und Dämon, besiegt zu seinen Füßen lag! Vollkommen im Pathos gefangen, entging Mousse das Feixen Happosais. Wahrscheinlich war das sogar gut so, denn sonst hätte es sich der Tellerwäscher rasch anders überlegt. So nahm das Schicksal jedoch seinen Lauf und wenn man angestrengt lauschte, hörte man es über den Dachgiebeln sogar leise kichern. Vielleicht war das aber auch nur Happosai; wobei die beiden Entitäten in diesem Fall durchaus austauschbar waren. „A-Auf keinen Fall!“, protestierte der langhaarige Aushilfstellerwäscher und verschränkte die Arme. Zur Antwort erhielt er einen gutmütigen Hieb mit der Pfeife und zerschlug die Dachziegel unter seinem Kinn. Wie gut, dass er derartiges von Zuhause gewohnt war. Diesen Umstand als gut zu bezeichnen, war da natürlich Ansichtssache. „Jungchen, du wolltest ’nen Meister – dann musste dafür was tun. Also tust du, was - ich - sage“, stellte die kampferprobte Miniaturgewalt fest und deutete auf ein unscheinbares Gebäude. Korrektur: Es wäre unscheinbar gewesen, hätte sich nicht unbedingt ein Sportplatz daneben befunden. Zuzüglich liefen gerade einige Sportlerinnen provokativ ihre Runden. „Aber mit Training meinte ich eigentlich - “ „Jungchen, ERST kommt’s Vergnügen, DANN das Training. Womit ich natürlich mein Vergnügen meine“, belehrte Happosai. Die Antwort seines potentiellen Skla-, eh Schülers kürzte er durch einen saftigen Pfeifenhieb auf einige jaulende Schmerzbekundungen ab. In manchen Ländern hätte man das als Misshandlung gewertet. Wie rückständig! Happosai nannte es Erziehung. Nachdem der Brillenträger sich vom Klaps erholt hatte, bekam er die nötige Ausrüstung vorgelegt. Besagte Ausrüstung setzte sich aus einem Tuch zusammen – und sonst nichts anderem. Das Tuch legte man über den Kopf und band es unterhalb der Nase zusammen. So demonstrierte es Happosai und so machte es Mousse nach. Es genügt zu sagen, dass sich die Küchenhilfe erstaunlich dämlich vorkam. Okay, dass war er gewohnt. Jetzt fühlte er sich noch zusätzlich wie ein Höschendieb und in dieser Disziplin hatte er eigentlich keine Erfahrung sammeln wollen. Besser auf Nummersicher gehen. Verstohlen streifte er eine seiner Masken über. Die Dinger sahen zwar nicht vertrauenserweckend aus, aber er wollte schließlich keinen alten Damen über die Straße helfen. Zudem benötigten die alten Damen, die er kannte, nicht wirklich Hilfe. Die meisten von ihnen konnten das ganz gut selbst und wenn doch ein Auto mit ihnen kollidierte – na ja, schade um den Wagen. „Los Jungchen! Keine Müdigkeit vorschützen“, munterte der Gnom ihn auf und fegte ihn mit einem Pfeifenhieb übers Dach gen Umkleidekabine. Unnatürlich leise landete der Amazone auf ebenjener und hielt den Atem an. Es schien ihn keiner bemerkt zu haben. Wer weiß, möglicherweise war ein 1,70-großer Jugendlicher in weißer Robe und befremdlicher Maske chinesischer Herkunft – sowohl Maske als auch Jugendlicher - gar nicht so auffällig? Ein Spatz segelte an ihm vorbei, zwinkerte recht perplex und knallte geräuschvoll in einen der umstehenden Bäume. „Soviel dazu“, Mousse seufzte gepresst und forschte das Gebäude nach einem unauffälligen Zugang aus. Das er hierzu kopfüber von der Dachrinne hing, schien dabei ein eher unnötiges Wagnis zu sein. Aber hey, er hatte einen Ruf zu verlieren! Letztlich fand er das geeignete Schlupfloch und zwar ein speerangelweitoffenes Fenster. Klammheimlich linste er hinein und fand gähnende Leere vor. Tatsächlich gähnte die Leere natürlich nicht, sie schwieg vielmehr. Die Leere ist gut darin zu schweigen, dass mag daran liegen, dass sie 1) keinen Mund – oder etwas rüssel-, tentakel- oder staubsaugerähnliches aufweist und 2) unbestimmten, also nicht weiblichen Geschlechts ist. Gerade letzterer Punkt erscheint in dieser Hinsicht als sehr plausibel. Mousse gingen derartige Überlegungen – Pardon! - am Bürzel vorbei und so schwang er sich elegant ins Innere der Umkleide. Verwaist lag sie da und schimmerte im Licht der einfallenden Sonnenstrahlen. Der Raum war geradezu mystisch in seiner Stille, - „Beeil’ dich gefälligst!“ - wenn da nicht ein perverser Sack gewesen wäre, der passenderweise sein Säckchen mit Mädchenunterwäsche füllen wollte. Zudem war er selbst der Depp, der dem Alten dabei unter die kurzen Arme griff. Unerfreut fing er den zugeworfenen Stoffsack und wandte sich ans erste Schließfach. Er konnte geradezu das [Hände weg!] erahnen, das in die Oberfläche geritzt war. Probeweise setzte er die Brille auf und überprüfte seine Vermutung. Tatsache, da stand wirklich [Hände weg!] und noch allerlei andere Dinge waren sehr graphisch angedeutet und ergaben eine sehr ungesunde Zukunftsprognose. Insbesondere den männlichen Freuden würde augenscheinlich Abhilfe geschafft werden. Etwa Wassertrinken, Händeschütteln und die Fernbedienung eigenständig verwenden – denn mit gebrochenen Fingern gestalteten sich derartige Kunststücke im Regelfall als überraschend umständlich. Insofern man diese Tätigkeiten mit den Zehen ausführen kann, nun, diesen Fall haben die Frauen in weiser Voraussicht berücksichtigt und ebenfalls bildlich festgehalten. Es lässt sich mit Sicherheit behaupten: Zehen sind nicht so elastisch wie in den Kritzeleien angedeutet. Neu beflügelt warf der Kämpfer die Türen auf und ohne hinzusehen, wühlte er in den Taschen nach den ‚erlesenen Schätzen’. Was er hier tat, sprach gegen jahrelange Prügel, stundenlange Regelsätze und noch mehr Prügel. In seinem Heimatdorf wäre das hier Suizid. Hey, dann waren Japan und China vielleicht doch nicht so unterschiedlich… In aller Hektik packte Mousse die Unterwäsche in den Sack, ignorierte den sinnlichen Stoff zwischen den Fingern und führte dieselbe Routine noch zwölf weitere Mal aus, ehe ihn der Meister zu sich pfiff. Geschwind drückte er Happosai die Beute in die Hände und machte sich dran, die Umkleidekabine schnellstmöglich zu verlassen. Womit er nicht gerechnet hatte war, dass ihn der garstige Greis mit einem Schmunzeln zurückstieß. „Ne, ne Jungchen. Wer soll denn den schönen Ladys Gesellschaft leist’n?“ „L-L-Ladys?“, stammelte der Amazone. Betont langsam drehte er sich um und hörte jeden Wirbel im Hals schnackeln – Vorahnung? Betont langsam hoben die Sportlerinnen ihre Bewaffnung und ließen die Stiele knacken – Vorfreude? Betont langsam zählte er rückwärts und überraschend schnell stürzte er an der zornigen Meute vorbei zur Tür – Vorsichtsmaßnahme! Im Sprint trafen ihn nichtsdestotrotz eine Vielzahl von Objekten an einer Vielzahl von Orten – manche Orte nahmen sich als höchst unangenehm aus; manche als weitaus schlimmer – und genauso vielfältig waren die Flüche, die ihm mit auf den Weg gegeben wurden. Kopflos taumelte er ins Freie, wich einem Baseball aus und rettete sich mit einem Satz auf einen der Bäume. Ein Knirschen in der Krone über ihm, deutete eine zweite Anwesenheit an und so blinzelte der Halbblinde hinauf. Er wünschte sogleich, er hätte das nicht getan. „Nich’ so Jungchen, du sollst schon mit ’n Mädels spielen“, tadelte der Knacker, ehe er eine Punktlandung auf dem Haupt des Tellerwäschers hinlegte und damit dessen Gleichgewicht umverteilte. Selbst das behände Armruder-Manöver konnte ihn jetzt nicht mehr retten – obwohl Mousse es trotzdem fleißig probierte. Sein Verhängnis war und blieb die Damenwelt, soviel musste er gezwungenermaßen einsehen. Kaum machte er rücklings Bodenkontakt, war er bereits von grinsenden Frauen umgeben. Grinsende Frauen bedeuteten selten etwas Gutes. Das taten sie weder daheim im Dorf, noch hier in der so genannten Zivilisation. Da bildeten diese Exemplare keine Ausnahme. Es kam wie es kommen musste. Schmerzhaft. Keine 150 Meter entfernt, kaute Akane Tendo an ihrem Bleistift und beäugte dieselben Wattewolken, auf die zur gleichen Zeit ein gewisser Amazone stierte – in der Hoffnung, dort vorreserviert zu haben. Der Lehrer plauderte derweil selbstvergessen von Formeln, Zahlen und Buchstaben. Was alle diese miteinander zu tun hatten, ließ sich nicht im Ansatz erahnen. Das mochte daran liegen, dass Akane heute sowieso nicht aufpasste. Sie übernahm, sozusagen, die Pflichten ihres Verlobten in der Klasse. Nicht aufpassen, einschlafen und sich langweilen. Sie musste zugeben, irgendwie lagen ihr diese Aufgaben gefährlich gut. „Hey, Akane!“, raunte es vom Nebentisch und Akane drehte den Kopf zur Seite. Ihre Augen erfassten ihre Freundin Yuka. Diese gestikulierte in einem Versuch von Geheimtuerei, den man zu Recht als solchen bezeichnen konnte – allerdings nicht als mehr. „Hm?“, murmelte der Wildfang und gähnte herzhaft. Geschwind warf Yuka ihr ein Zettelchen zu und die jüngste Tendo fing es mühelos auf. Nach einem knappen Blick zur Tafel vor, okkupierte sie sich mit dem Inhalt des Schnipsels. Daraufhin legte sich ein gequältes Lächeln auf ihre Lippen. [Ranma?] Akane biss sich auf die Unterlippe. Was sollte sie antworten? Probeweise setzte sie den Bleistift auf die freie Fläche, unterhalb des Schriftzugs ihrer Freundin. [Im Jenseits…] Sie zog die Stirn kraus. Vielleicht war die Wahrheit doch ein wenig zu krass, bedachte sie sich ihre eigene Reaktion zu den Neuigkeiten. Training? Das war eigentlich immer die Antwort bei Ranma. Warum also nicht auch diesmal? [Todernstes Training…] Hm. Das kam dem Ganzen schon näher und war nicht halb so direkt. Außerdem war das einzige, was Ranma überhaupt ernst nahm, sein Training. So gesehen, log sie nur ein bisschen. Rasch kritzelte sie das letzte Schriftzeichen zu Ende und rutschte dabei versehentlich ab. Na ja, was soll’s? Yuka würde es schon lesen können. Sorgfältig faltete sie das Zettelchen zusammen und warf es in Richtung ihrer Freundin. Die Luftpost suchte sich nur leider genau diesen Moment aus, um auf ihre elementaren Grundrechte zu beharren. Ergo darf ein Stück Papier nur dann erfolgreich durch die Luft katapultiert werden, wenn es sich dabei um a) einen Papierflieger oder b) grüne Scheine mit Wasserzeichen handelt. Da Letztere bei Schülern eher selten anzutreffen sind, fasste Fall a). Auf diese Weise segelte die Botschaft unzufrieden zu Boden und dieser Umstand wäre sicherlich keinem aufgefallen, wenn es dabei geblieben wäre. Als eine Druckwelle allerdings Akanes und Yukas Tisch, deren Stühle und die beiden Mädchen in entgegengesetzte Richtungen schleuderte, stand für die Erbin des Tendo-Dojos eine Sache fest. Heute war einfach nicht ihr Tag. „Das ist so verdammt – autsch! – dunkel hier!“, beschwerte sich eine aufgebrachte Stimme männlicher Herkunft. Ein glühender, roter Zopf tanzte neben der Geräuschquelle. „Mecker’ nich’. Bist halt zu düster drauf.“ „Ach? Und du bist die Leuchte, was?“ Eine schon beinahe amüsierte Stille setzte ein, in der das glühende, feuerrote Anhängsel betont auf und ab hüpfte. Für einige Sekunden hielt diese Ruhe sogar an. „Ja, ja. Schon klar, reib’s mir nur unter die Nase, Saotome.“ „Sach ich was?“ „Ach, halt’ doch die Klappe. Vielleicht hast du ja dann ’ne zündende Idee und wir sehen zur Abwechslung, wo wir hinlaufen!“ „Hilft bei dir eh nich’. Außerdem warst’s doch du, der’s so verdammt eilig hatte.“ „Verdammt? Verdammt - Hölle - Dämon. H-Hey, warte mal! Gutes Stichwort. Zaubre uns doch eine Fackel oder so“, meinte der Stirnbandträger plötzlich und stolperte ungeschickt durch die Dunkelheit. Es wird häufig gesagt, manche Dunkelheit wäre dick genug zum Schneiden. Das traf hier nicht zu. Jedes Messer wäre nämlich schon beim Anblick der Schwärze stumpf geworden. Ein Schnippen ließ Ryoga aufmerken. Es klang verdächtig nach etwas, dass geradezu Fortschritt schrie und Hibiki demnach nicht wirklich bekannt war. Außerdem roch es irgendwie verkohlt. „Was zum - “ Mit einem Mal sprang eine Stichflamme neben ihm in die Höhe und tauchte die Umgebung in einen karmesinen Rotschimmer, der den Ehrgeiz eines Vulkans an den Tag legte. Geblendet stolperte der orientierungslose Wanderer zurück und blinzelte zwischen den Fingern hindurch. „Yo Ryoga, zieh’ dir das rein!“, johlte Saotome indes heiter. Hibiki fand nicht die Zeit, sich den neuesten Trick seines Erzrivalen ‚reinzuziehen’. Das mochte daran liegen, dass Ranma in ihrem Enthusiasmus seine Robe mitangezündet hatte. Daher wirbelte er nun wie ein verirrtes Glühwürmchen im Kreis. Okay, dadurch wurde es eventuell ein klein wenig heller, allerdings einer gewissen Göttin zweiter Klasse leidlich wärmer – und zwar nicht ums Herz. Mit rußgeschwärzter Schleppe kam die Gottheit zum Stehen. „S-Sa-Saotome“, knurrte Hibiki und erst da sah Ranma von der Flamme auf, die in ihrer Hand brannte. Nun kann man Ranma Saotome vieles vorwerfen, aber keinen mangelnden Überlebensinstinkt. Ihr Vater hatte einige Dinge in der Erziehung sichergestellt. Einerseits dass besagter Überlebensinstinkt bestmöglich ausgeprägt war, andererseits dass sein Sohn schnell genug rennen konnte, um diesen Instinkt auch erfolgreich umzusetzen. Man kann daher behaupten, Ranma hatte ihre Lektion gelernt. Dumm nur für die Dämonin, dass ihr Rivale zumindest in dieser Hinsicht autodidaktisch veranlagt war – oder anders gesagt, er war erstaunlich gut zu Fuß, wenn er sauer war. So stellten die beiden Kämpfer eine eher ungewöhnliche Interpretation des olympischen Fackellaufs zur Schau: Ranma im Eillauf voraus und Ryoga samt Bandanaschwarm hinterher. Immerhin hatten sie jetzt Licht. Kuno Tatewaki hob die Hand zum Klopfen. Noch ehe diese das Portal berührte, schwangen die schweren Flügeltüren bereits ächzend auf. Natürlich ächzten nicht die Angeln selbst, dafür waren ebenjene viel zu gewissenhaft geölt. Es war der Miniaturninja, der in einem erbärmlichen Kraftakt zehrte und zog und seine Anstrengung lauthals zum Ausdruck brachte. Der Kendoka nickte nur beiläufig und spazierte fort ins Innere seines Zuhauses. Unter den Sandalen klackte der Steinweg und in den Bäumen putzen sich Vögel das Gefieder. Es wäre ein paradiesischer, kleiner Ort gewesen – „Hohohohohoho…“ – wäre da nicht das irre Kichern seiner Schwester, das übers Dach zu ihm herüberschallte. Mit hängenden Schultern setzte er seinen Weg fort und tat sein möglichstes dabei, die Kakophonie zu überhören. Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Wobei man in der Regel weniger hörte und sah, als man sagte. Hierbei handelte es sich um eine Methode, die vielen Kunos im Verlauf der Jahrhunderte die geistige Gesundheit erhalten hatte. Immerhin ging der Clan selbst davon aus. Die meisten Fremden äußerten sich nämlich nur sehr kryptisch zu dem Thema oder antworten ohne den Umweg über die Sprache – also mit der Faust. Na ja, daran konnte man wohl nichts ändern. Tatewaki näherte sich gedankenversunken dem Haus. Die Tür – wie auch zuvor das Tor – öffnete sich wie durch Magie und mit einem nur zu menschlichen Ächzen. Tatewaki zollte der keuchenden Geräuschquelle keinerlei Aufmerksamkeit und schlenderte durch die düsteren Hallen. Zu beiden Seiten flankierten ausgefallene Skulpturen und Porträts die Wände. Samurais mit Brillen, Cowboyhüten und Bananen statt Katana konnten dem Anwesen sicherlich Leben einhauchen, keine Frage. Dem Hauch haftete jedoch der milde Mundgeruch von Wahnsinn an. Kuno beachtete die ‚Kunstwerke’ nicht weiter und stieß stattdessen die Tür zu seinem Zimmer auf. Augenblicke später, trafen ihn warme Sonnenstrahlen, da die Schiebetür zur Veranda offenstand. Die Unordnung war beräumt. Die Bücherregale standen, der Boden glänzte, der Teppich war farbenfroh und die Schatulle – warte mal, wo war die Schatulle? Überrascht ließ Tatewaki den Blick kreisen und musste feststellen, dass besagtes Kästchen fehlte. Seltsam, dabei hätte er schwören können, dass es hier herumlag. Nachdem ihn die Schatulle vor ein paar Nächten aus dem Schlaf gerissen und mit blauen Blitzen getoastet hatte, verspürte er keine Lust sie unbeaufsichtigt zu lassen. Hm… Hatte er sie versehentlich zum anderen Krempel geworfen, der im Keller seines traurigen Daseins fristete? Kuno legte den Kopf schief und verschränkte nachdenklich die Arme. Um dieser Frage sprichwörtlich auf den Grund zu gehen, müsste er sich in die Katakomben des Anwesens vorwagen. Dort würde er gefährliche Fallen überwinden, seinen Weg durch Irrgänge finden und tonnenweise Staub einatmen müssen – oder er konnte… „Sasuke?“ „J-Ja Meister?“, näselte eine Stimme aus dem Schatten. „Dürstet es dich nicht nach Abenteuer?“ Der Gesichtsausdruck des Ninja sprach eine deutliche Sprache. Außer man war ein Kuno, dann folgte man natürlich dem Familiencredo: Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Wobei man in der Regel natürlich weniger hörte und sah, als man sagte. Ein kehliges Seufzen verließ den Mund, verzwirbelte sich mit Pfeifenrauch und stieg in den hereinbrechenden Abend hinauf. Der lange Schatten des Schicksals kratzte sich an der Nase und starrte auf den Schüler herab. Der Schüler seinerseits starrte entsetzt hinauf. „Biste etwa schon alle, Jungchen?“ „G-Gnade, bitte, Gnade. K-Keine Besen, keine Besen mehr.“ Happosai schmunzelte und ließ sich im Schneidersitz nieder. Amüsiert spielten seine Augen über die fernen Giebel, die bereits vom Abendrot eingeholt wurden. Hach ja, dass weckte Erinnerungen. Tagelange Jagden über die Dächer fremder Städte, bei Regen, Sonnenschein und Schnee zischten ihm hinter der Stirn umher. Orientalische Kostbarkeiten, BHs aus feinster Seide und perlenbestickte Höschen entlockten ihm ein Lächeln. Das Wimmern störte ihn allerdings. „Hör’ auf zu jammern. Hast sowieso noch ’ne Menge vor dir.“ „G-G-Gnom“, befand der zusammengestauchte Amazone und erntete das Gegacker des Alten. „Zeig ’n bissel mehr Respekt“, verstärkend klopfte der Alte seine Pfeife auf dem Kopf des Tellerwäschers aus und schüttelte dessen Gehirn ordentlich durch. „Morgenabend hol’ ich dich ab. Mal seh’n, ob du dann zu mehr Nutze bist, als zu dieser peinlichen Vorstellung.“ „W-W-Was?“ „Und weil’s dein erster Tag is’, bring ich dich sogar nach Hause“, verkündete der Meister und warf sich Mousse unsanft über die Schulter. „Und da beschweren sich meine Schüler doch glatt über mich und mein’n, ich wär’ böse. Unvorstellbar sag’ ich dir.“ Shampoo wusch die Teller. Heißer Dampf stieg ihr entgegen, schlich ihr um die Augen und kitzelte in ihrer Nase. Weißer Schaum juckte auf ihrem Handrücken. Sie konnte gar nicht beschreiben, wie sehr sie Abspülen hasste. Zum einen verabscheute sie dieses penetrante Shampooaroma – nein, DAS war kein Witz -, zum anderen hatte sie noch immer so ihre Probleme mit der japanischen Sprache. Außerdem, wozu eine fremde Sprache lernen, wenn die Körpersprache doch international Gültigkeit besaß? Da gab es so nette Ausdrucksarten wie Hieb, Kuss und Zerschmettern, wobei die dritte Option etwas mehr Engagement voraussetzte. Im Augenblick aber, würde sie nicht davor zurückschrecken, von zwei der drei Optionen bei ihrem Kindheitsfreund Gebrauch zu machen. Kleiner Tipp: Kuss bekam auf dem Treppchen weder Gold noch Silber. Ein Scheppern von draußen, versetzte sie sofort in Alarmbereitschaft und mit gezogenen Bonbori trat sie die Hintertür auf. Aufmerksam begutachtete sie das Gässchen, um auch für alles gewappnet zu sein. Der vorbeirollende Mülltonnendeckel sorgte bei ihr dann allerdings doch für Verwunderung. Behutsam tapste sie ins Dunkel und fand dort einen malträtierten, jungen Mann im Müll vor. Wie ein sehr extravaganter König auf einem sehr eigensinnigen Thron, saß er im Mülleimer und brabbelte wirres Zeug. Der Anblick hatte zwei Reaktionen zur Folge. Einen mächtigen Tritt gegen die Tonne und danach eine Frage im Befehlston. „Wo du waren, dummer Mousse?“ Der ‚dumme Mousse’ stöhnte informativ und beließ es bei dieser Aussage. Mit einem süßen Schnauben packte die kleine Amazone ihren Verehrer über die Schulter, trug ihn in die Küche und füllte einen Topf mit heißem Spülwasser. Kurz zögerte sie. War das Wasser nicht verschwendet? Sie zuckte mit den Achseln. Manchmal musste man eben einfach Opfer bringen. Die Brühe kippte auf den Ermatteten und entlockte ihm ein Wimmern, das man sonst nur bei sehr erbärmlichen Hunden vorfindet. Vorausgesetzt dieser sehr erbärmliche Hund hat drei Tage nichts zwischen die Zähne, fünf Tage Regen aufs Fell und eine kostenlose Kastration obendrein gekriegt. „Sh-Shampoo, mein Engel. I-Ich muss träumen“, säuselte der Chinese und bekam zum Dank einen Tritt. „Ein Alptraum, ein Alptraum.“ Das Mädchen nickte zufrieden. Das war schon eher nach ihrem Geschmack. „Shampoo wiederholen. Wo du waren?“ „H-Hast du mich v-vermisst, liebste Sham - urgh!“ Die Amazone entfernte ihren Bonbori nur widerwillig vom Kopf des langhaarigen Idioten. Manchmal fragte sie sich ernsthaft, ob man ihren Intellekt an ihrer Sprache maß? Manchmal war sie überzeugt, dass sie es nicht wissen wollte. Anscheinend hatten ihre Überredungsmethoden keinen Zweck. Der Kerl blieb stur. Gut, zugegeben, er war nahezu bewusstlos, aber entschuldigte das seine Dickköpfigkeit? Hm, im Grunde schon. „Mousse, abwaschen!“, bedeutete sie ihm mit einem unerbittlichen Fingerzeig und verschwand offenbar rasend vor Wut aus der Küche. „J-Ja Shampoo…“, hallte es der exotischen Schönheit hinterher. Zwei stechende Augen verfolgten wie das Mädchen hinter der Theke hervortrat. Und obwohl die lavendelfarbenen Haare das Gesicht gut verbargen und der Schatten sein übriges tat, saß dort doch ein erleichtertes Lächeln auf den Lippen. Cologne ihrerseits saß im abgedunkelten Gastraum und verengte die Augen zu engen Schlitzen, was zugegebenermaßen nicht leicht war. Schließlich war sie chinesisch UND alt, beides Faktoren, die ihre Spuren hinterlassen hatten. Die runzligen Lippen der Alten verzogen sich, doch bei den Lichtverhältnissen war es schwer zu bestimmen, ob nach oben oder unten. Nun, der ahnungslose Tellerwäscher würde die Antwort darauf schon sehr bald erfahren. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Ein neues Kapitel, ein paar Mal korrigiert, überschrieben, auf den Kopf, dann wieder auf die Beine gestellt und letztlich bin ich ganz zufrieden. Jetzt hoffe ich natürlich, dass es euch ebenfalls gefallen wird.^^ War das Vorgängerkapitel hauptsächlich auf Ranma und Ryoga fokussiert, so hinterlässt der Steinwurf der Veränderung nun auch in Nerima seine Spuren. Neue Beziehungen werden geknüpft, neue Ereignisse werden eintreten und fern von alledem, sind die beiden Rivalen auf der Suche nach Ukyos Heilmittel und ahnen nichts davon... Schöne Grüße, euer Deepdream Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)